Keeva McCullen 6 - Der Wiedergänger - Nathan R. Corwyn - E-Book

Keeva McCullen 6 - Der Wiedergänger E-Book

Nathan R. Corwyn

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Beschreibung

Inhalt: Auch im 6. Teil der Serie müssen die beiden jungen Dämonenjäger Keeva und Shane wieder gegen Wesen aus der Hölle kämpfen. Die Jagd nach der zweiten Hälfte der Box der Pandora führt die beiden in den ländlichen Norden Englands - in den Lake District. Eine geheimnisvolle Krankheit tötet in einem winzigen Ort im hintersten Winkel des Districts reihenweise alte und schwache Menschen. Der Dorfarzt, Nachkomme einer einst mächtigen weißen Hexe, versucht auf eigene Faust, gegen die übernatürliche Ursache für dieses Sterben vorzugehen - und gerät dabei in tödliche Gefahr. Gelingt es Keeva und Shane, den Mann zu retten und das Dorf von der unheimlichen Plage zu befreien? Und findet die junge Dämonenjägerin im Nachlass der alten Hexe möglicherweise die Lösung für all ihre Probleme?

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Seitenzahl: 142

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Nathan R. Corwyn

Keeva McCullen 6 - Der Wiedergänger

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Hauptpersonen

Der Wiedergänger

Informationen zur Romanreihe

Impressum neobooks

Hauptpersonen

Keeva McCullen

Tochter von Liam McCullen, Enkelin von Robert Paddock

Ist von ihrem Großvater heimlich - gegen den Willen ihres Vaters - zur Dämonenjägerin ausgebildet worden. Nachdem sie dies bei einem Streit zugegeben hat, ist sie in den Norden Englands aufgebrochen, ohne ein weiteres, klärendes Gespräch mit ihrem Vater zu führen.

Shane Truax

Vierteldämon, Enkel von Theobald Truax

Freischaffender Dämonenjäger, mit Keeva befreundet.

Theobald Truax

Abtrünniger Dämon, Großvater von Shane

Hat vor über fünfzig Jahren der Dämonenwelt den Rücken gekehrt.

Liam McCullen

Vater von Keeva, Schwiegersohn von Robert Paddock

Ehemals sehr erfolgreicher Dämonenjäger; hat vor zehn Jahren seine Frau Rachel bei einem Kampf gegen einen Erzdämon verloren, sein Sohn Gabriel - Keevas Zwillingsbruder - wurde dabei entführt und befindet sich seither in der Gewalt des Oberdämons; Liam hat dieses Wissen bisher geheimgehalten, lediglich sein Freund Edward und jetzt auch sein Schwiegervater Robert sind eingeweiht; Keeva ahnt noch nichts vom Schicksal ihres Bruders.

Robert Paddock

Keevas Großvater und heimlicher Lehrmeister

Dämonenjäger in Rente; hat sein Wissen vor vielen Jahren an Liam McCullen weitergegeben, seinem späteren Schwiegersohn; nach dem Tod seiner Tochter hat Robert seine Einstellung zur Ausbildung von Frauen geändert und Keeva von ihrem zehnten Lebensjahr an trainiert.

Edward Skeffington

Kriminalbeamter bei New Scotland Yard

Seit vielen Jahren mit Liam McCullen befreundet; hat zu Liams aktiver Zeit häufig hinter ihm „aufgeräumt“, d.h. Indizien, die auf dämonische Aktivität hinweisen, möglichst diskret behandelt; wendet sich an seinen Freund, wenn er Fragen zu übersinnlichen Themen hat.

Liekk-Baoth

Gestaltwandler und rechte Hand des Erzdämons

Der Wiedergänger

Das fahle Licht des Mondes leuchtete hell.

Die schwarzen Schatten, die von den verkrüppelt wirkenden Bäumen auf den Boden des Erdweges geworfen wurden, boten dem Wesen jedoch ausreichend Deckung. Langsam stolperte es mit unbeholfenen Bewegungen durch die Nacht.

Es war still. Bis auf den gelegentlichen Schrei eines einsamen Käuzchens hörte man nur leises Schlurfen, manchmal auch ein kurzes Klacken, wenn das Wesen mit müdem Schritt gegen einen Kieselstein trat und diesen über den harten Erdboden stieß.

Es war kein Atemgeräusch zu vernehmen. Die Zeiten, in denen das Wesen noch Luft zum Überleben gebraucht hatte, lagen lange zurück. Doch jetzt entrang sich seiner Kehle ein Laut, der wie ein klagendes Stöhnen klang. Sein Hunger war quälend, so wie jede Nacht, und wollte gestillt werden.

Es spürte einen tiefen, nagenden Schmerz, ausgelöst durch die Gier nach Lebenskraft - nicht nach Blut, sondern nach der unstofflichen Materie, aus der das Leben selbst bestand. Ein Hunger, der niemals ganz verschwand.

Das Wesen kam an eine Wegkreuzung, verharrte regungslos und hob den missgestalteten Kopf. Es witterte, konnte jedoch keine menschlichen Wesen in unmittelbarer Umgebung riechen. Es wusste, es näherte sich einer Siedlung, und sollte nun vorsichtig sein. Es musste auf jeden Fall unentdeckt bleiben, denn für einen direkten Kampf war es einfach zu schwach.

Wenn nur der Weg nicht immer so weit wäre …

Es lebten immer weniger Menschen in diesem Landstrich, und um seinen Hunger stillen zu können, musste das Wesen nachts immer weitere Strecken zurücklegen. Vielleicht sollte es sich doch wieder nach einem neuen Unterschlupf umsehen, so wie es vor einigen Monaten auch erst hierher gekommen war, auf der Suche nach Nahrung ...

Es grunzte unwillig, schüttelte den Kopf und setzte seinen langsamen, schleifenden Gang fort. Noch gab es ein paar Bewohner hier. Genug für die nächsten Wochen, vielleicht auch Monate. Und länger wollte es jetzt nicht vorausplanen. Nicht mit diesem saugenden, aushöhlenden Schmerz in seinem Leib.

Ein Hofhund bellte und das Wesen stockte, hob den Kopf und witterte erneut. Nichts.

Es duckte sich noch mehr und achtete jetzt ganz besonders darauf, im Schatten der vor ihm aus der Dunkelheit auftauchenden, niedrigen Häuser zu bleiben.

Früher, vor unzähligen Monaten, als es noch ein lebender, fühlender Mensch mit warmem Fleisch und einem klopfenden Herzen gewesen war, wäre ihm die Idylle dieses Ortes aufgefallen. Er bestand aus einer Handvoll Häuser, die wie zufällig verstreut in einem sanft geschwungenen Tal lagen - alle aus grauem Stein gebaut, mit dunklem Schiefer gedeckt und mit selten mehr als einem Stockwerk. Die niedrige Bauweise der Häuser dieser Gegend war beabsichtigt. Sie schmiegten sich an den Boden, um Stürmen und eisigen Wintern zu trotzen.

Jetzt aber war es Sommer. In den Gärten der Ansiedlung blühten die verschiedensten Gräser und Kräuter, und ein betörender Duft lag in der Luft. Das Wesen interessierte sich zwar schon lange nicht mehr für solche Dinge, doch trotzdem liebte es diese Jahreszeit ebenfalls. Wenngleich auch aus einem gänzlich anderen Grund: offene Fenster.

Im Winter waren diese nämlich - natürlich - geschlossen, nachts oft noch zusätzlich mit Fensterläden verrammelt. Das machte es schwer bis unmöglich, einem der Bewohner die Lebensenergie abzuzapfen. Der Winter war somit auch für das Wesen hart, eine Zeit des Hungers und der Entbehrung - doch im Sommer wurde es dafür ausreichend entschädigt … wenn das Problem mit der immer dünner werdenden Besiedelung nicht wäre.

Zum wiederholten Mal verscheuchte das Wesen diesen unangenehmen Gedanken aus seinem Kopf. Es wollte sich lieber auf seine unmittelbar bevorstehende Mahlzeit freuen, denn sein Ziel lag gleich vor ihm, auf der Rückseite des nächsten Hauses.

Als das Wesen um die Ecke schlurfte, sah es, dass auch heute die Fenster wieder weit geöffnet waren. So etwas wie ein Grinsen stahl sich über sein zerstörtes Gesicht. Es schlich näher, kauerte sich direkt unter die dunkle Fensteröffnung, legte den Kopf weit in den Nacken, schloss die Augen und konzentrierte sich. Sein Geist - oder das, was davon übrig war - sondierte, fand … und langsam begann die geraubte Lebensenergie zu fließen.

Endlich ließ der grässliche Schmerz in seinem Inneren etwas nach. Mit einem leisen Bedauern nahm das Wesen zur Kenntnis, dass seine Quelle nur noch sehr wenig dieses wertvollen Saftes führte … sie würde bald versiegen, wahrscheinlich sogar noch diese Nacht.

Das Wesen seufzte und wurde kurzzeitig von seinem Mahl abgelenkt. Es würde sich morgen eine neue Quelle suchen müssen. Es wusste, nur zwei Häuser weiter gab es ein krankes Mädchen, das schwach genug sein müsste, um ihm als neue Quelle dienen zu können. Und weiter hinten lebte noch ein ziemlich alter Mann - aber danach?

Es schüttelte sich. Sein Hunger wollte gestillt sein, hier und jetzt. Und über das Morgen konnte es sich … nun ja … morgen Gedanken machen. Es fletschte die Zähne zu einer Grimasse und seine halb verweste Zunge strich über den Rest seiner Unterlippe. Manchmal kam es vor, dass es so etwas wie Mitleid mit seinen Opfern fühlte - wenn auch nur selten und immer nur dann, wenn es sich gerade gesättigt hatte. Niemals jedoch in solchen Momenten wie jetzt - niemals, wenn die Gier es beherrschte.

Das Wesen hob seinen linken Arm zum Mund und begann, sanft an der Kante seiner Hand zu nagen. Erneut konzentrierte es sich auf die Quelle auf der anderen Seite der Mauer und ließ die noch übrige Lebensenergie zu sich fließen - schnell und immer schneller.

Aus dem Zimmer war noch minutenlang das Geräusch von mühseligem, rasselndem Atem zu vernehmen - doch schließlich, als das Wesen vor dem Fenster sich endlich gesättigt hatte und lautlos zurück in der Dunkelheit verschwand, erklang ein leises Seufzen … und dann nichts mehr.

*

James Morgan fiel erst auf, wie erschreckend winzig die Tote war, als die beiden Angestellten des örtlichen Leichenbestatters sie, zugedeckt und auf einer Bahre liegend, an ihm vorbei aus dem Haus trugen.

Sicher, die Frau war immer schon eine sehr zierliche Person gewesen, das hohe Alter, das zu erreichen sie das Glück hatte, hatte sie zusätzlich ausgezehrt und gebeugt - aber die Umrisse unter dem weißen Leichentuch erinnerten eher an die eines Kindes, denn an die einer erwachsenen Frau …

„Wenigstens ist sie im Schlaf gestorben“, riss ihn eine Stimme aus seinen Gedanken. „Und so ganz unerwartet kam es ja nun auch nicht. Siebenundachtzig ist ein stattliches Alter ...“

James drehte sich zu der Person um, der die Stimme gehörte. Es handelte sich um die Tochter der Toten - und ihren gefassten Worte zum Trotz war ihr die Trauer um die verstorbene Mutter deutlich anzusehen.

„Siebenundachtzig ist in der Tat ein hohes Alter“, stimmte er zu und lächelte. „Nicht jedem ist es vergönnt, so alt zu werden. Noch dazu in so guter Gesundheit, bis zum Schluss.“

Und genau das macht mir Sorgen, dachte er, sprach es jedoch nicht aus. Als einziger Arzt dieser kleinen Gemeinde im wohl entlegensten Winkel des Lake Districts hatte er die Verstorbene natürlich gekannt. Er hatte sie regelmäßig untersucht und ihr ab und zu Vitamintabletten verschrieben - mehr jedoch war nie nötig gewesen, die alte Dame war erstaunlich gut in Form gewesen.

Bis vor knapp einem Monat. Von da an war es mit ihr steil bergab gegangen, ohne dass er eine Krankheit diagnostizieren oder eine andere, medizinische Ursache hätte finden können. Die Familie der Frau hatte deren raschen körperlichen Abbau auf ihr fortgeschrittenes Alter geschoben - die Lebensuhr war eben abgelaufen - und James hatte so getan, als wenn er dem zustimmte. Insgeheim jedoch hatte er es mit der Angst zu tun bekommen. Der Verfall der Greisin war einfach viel zu schnell vonstatten gegangen, vor allem, wenn man ihre robuste Gesundheit mit in Betracht zog. Es hatte eher so gewirkt, als wäre ihr das Leben richtiggehend abgesaugt worden …

James Morgan drehte sich um und übergab dem Leichenbestatter die nötigen Papiere. Er war heute sehr früh am Morgen telefonisch benachrichtigt worden, dass er doch bitte kommen möge, die Großmutter sei in der Nacht verstorben. Als James das Schlafzimmer der Großmutter betreten hatte, hatte er dort eine sehr friedlich wirkende Tote in ihrem Bett vorgefunden. Eine umfangreiche Untersuchung der Leiche hatte nichts Ungewöhnliches zu Tage gefördert. Sie war im Schlaf gestorben, höchstwahrscheinlich schmerzlos und ohne noch einmal aufzuwachen.

Trotzdem …

Hör auf, dir etwas einzureden, es lag nur am Alter, schalt er sich in Gedanken. Menschen starben nun einmal. Und wenn diese bis zum Schluss agil und beweglich blieben und der Verfall sich dann nicht quälend langsam über Monate oder gar Jahre hinwegzog, sondern schnell über die Bühne ging - dann war das doch nur wünschenswert, oder nicht?

Allerdings war das gerade in letzter Zeit hier im Dorf ein wenig zu oft vorgekommen. Vollkommen gesunde und bis auf eine leichte Altersschwäche sehr fitte Bewohner verloren binnen kürzester Zeit - und ohne erkennbare Ursache - an Lebensenergie und starben. Die alte Dame heute Nacht war bereits die siebte in dieser Reihe. Und bald gab es keine alten Menschen mehr im Dorf ...

So langsam konnte er nicht mehr darüber hinwegsehen, dass hier etwas vorzugehen schien, was sich mit seinen schulmedizinischen Kenntnissen nicht so einfach erklären ließ. Er betreute diese Gemeinde als Arzt seit nun schon bald dreißig Jahren - und hatte so etwas noch nie zuvor erlebt.

Ehe er selbst zum Arzt ausgebildet worden war, hatte sich seine inzwischen verstorbene Großmutter als eine Art Kräuterhexe um die gesundheitlichen und seelischen Belange der Menschen in diesem einsamen Tal gekümmert. James war klar, dass Abigail Morgan jetzt sicherlich von irgendeiner bösen Macht als Ursache für dieses unerklärliche Sterben gesprochen hätte. Aber sie war ja schließlich auch eine weiße Hexe gewesen - und hatte die irrwitzigsten Dinge für möglich gehalten. Er nicht. Er war schließlich Arzt und glaubte nicht an solchen Hokuspokus …

Dennoch, etwas in seinem Innersten sagte ihm, dass er hier mit den üblichen Behandlungsmethoden nicht mehr weiter kommen würde. Und er wusste ebenso, dass sich sein verfluchtes Innerstes in dieser Hinsicht selten irrte. Denn wenn er eines von seiner Großmutter geerbt hatte, dann war das ihre angeborene magische Begabung - auch wenn er das damals, vor vierzig Jahren, als sie ihn zu ihrem Nachfolger ausbilden wollte, vehement geleugnet hatte.

„Du trägst diese Magie in dir, James“, hatte sie gesagt. „Nicht wie dein Vater, den hat die Erbfolge anscheinend übersprungen. Aber bei dir ist sie stark. Du musst diese Erkenntnis nur zulassen ...“

Er hatte es nicht getan.

Stattdessen hatte er sich der reinen Schulmedizin zugewandt, den Fakten und nachvollziehbaren Ergebnissen - und war damit bisher ziemlich gut gefahren. Auch wenn ihm, zugegebenermaßen, seine rudimentären magischen Fähigkeiten auch recht oft bei der Diagnose von Krankheiten geholfen hatten. Allerdings nannte er es lieber ausgeprägte Intuition.

Aber jetzt ging es nicht nur um irgendeine Diagnose. Jetzt musste er sich darüber klar werden, ob er es hier nicht vielleicht wirklich mit einer bösen Macht zu tun hatte, die den alten und schwachen Menschen dieses Ortes die Lebenskraft raubte. Denn wenn das so sein sollte … dann war er höchstwahrscheinlich auch der einzige Mensch hier weit und breit, der etwas dagegen unternehmen konnte. Schließlich war er der - wenn auch unwillige - Erbe der Kräuterhexe Abigail Morgan ...

Er seufzte und wandte sich wieder seinen aktuellen Pflichten zu, bis der Leichenwagen schließlich abgefahren war und es hier nichts mehr zu tun gab. Er verabschiedete sich von der Tochter der Verstorbenen, die noch immer mühsam ihre Tränen zurückhielt, und ging langsam nachhause.

Er wohnte nur zwei Hausnummern weiter, aber der Abstand zwischen den einzelnen Gebäuden war hier sehr groß - Platz gab es schließlich genug - und so dauerte es doch einige Minuten, bis er durch die Tür in die Küche seines Hauses trat, die auch gleichzeitig als ein Art Sprechzimmer fungierte. Phoebe, seine Frau, erwartete ihn bereits.

„Schon wieder?“, fragte sie - und er wusste sofort, was sie damit meinte.

„Ja“, bestätigte er müde und setzte sich an den Küchentisch.

„Das kann so nicht weitergehen“, sagte Phoebe, hörbar aufgebracht, goss eine Tasse des frisch aufgebrühten Tees ein und reichte sie ihm.

Dankbar nahm er das dampfende Getränk entgegen.

„Schläft Charlotte noch?“, versuchte er das Thema zu wechseln.

„Ja, sie schläft noch“, antwortete Phoebe, aber er konnte ihrem Gesichtsausdruck entnehmen, dass sie sein Manöver durchschaute - und nicht daran dachte, sich ablenken zu lassen.

„Und genau wegen Charlotte musst du endlich etwas unternehmen“, sprach sie weiter. „Du weißt, wie schwach sie noch ist.“

Ja, James wusste das. Er dachte praktisch an nichts anderes mehr. Seine Tochter hatte ihre Blutkrebserkrankung glücklicherweise überwunden, doch das hatte sie all ihre Kraft gekostet. Ihre Rekonvaleszenz würde noch einige Monate in Anspruch nehmen. Und wenn tatsächlich ein übernatürliches Wesen am Tod dieser alten Frau schuld gewesen sein sollte - wen würde es sich wohl jetzt, da die alte Frau tot war, als nächstes Opfer suchen?

Seine Frau setzte sich neben ihn an den Tisch, nahm seine Hand und streichelte sie sanft.

„Schatz, ich würde dir diese Bürde so gerne abnehmen“, sagte sie mit Ernst in der Stimme. „Ich habe in Abigails Buch gelesen und bin überzeugt, dass wir es mit einer Art Wiedergänger zu tun haben. Irgendeinem vampirischen Wesen, dass den Menschen hier in der Gegend die Lebenskraft aussaugt ...“

Sie stockte und sah ihn zweifelnd an. Wahrscheinlich rechnete sie damit, er würde das alles wieder in das Reich der Phantasie verweisen - oder von der grauen Vorzeit sprechen, jener Zeit, in der die alten Schamanen mit viel Brimborium und einigen Placebos durch die Kraft des Glaubens Krankheiten geheilt hatten, ehe die moderne Medizin die nötigen Medikamente dafür entwickelt hatte.

Er hatte das in solchen Gesprächen schon oft getan, doch heute sagte er nichts. Weil sie recht hatte. Auch er glaubte ja schon seit einer geraumen Weile nicht mehr an ein Problem, dass sich mit Pillen oder Tropfen lösen ließ - auch wenn es ihm noch immer sehr schwer fiel, das zuzugeben …

Durch sein Schweigen ermutigt, fuhr sie fort: „Glaube mir, wenn ich nur einen Funken deiner magischer Begabung in mir tragen würde, dann würde ich diese Rituale durchführen. Aber ich kann es nun einmal nicht. Du bist derjenige ...“

Er atmete tief ein, tätschelte ihre Hand, stand auf und wanderte unruhig durch das Zimmer. Sie beobachtete ihn stumm, aber er konnte die Angst und Sorge in ihren Augen lesen. Schließlich blieb er stehen und nickte langsam.

„Nun gut“, sagte er. „Ich werde es tun. Aber ich brauche dafür noch einige Dinge. Ich fahre morgen gleich hinüber nach Keswick und besorge alles, sobald ich in Abigails Buch nachgelesen ...“

„Ich hole es für dich!“, unterbrach Phoebe ihn aufgeregt, sprang auf und eilte aus dem Zimmer.

James sah ihr hinterher.

Es rührte ihn, dass seine Frau so ein großes Vertrauen in seine magische Begabung zu besitzen schien, dass sie nun erleichtert war, weil er das Ritual die Hand nehmen würde.

Er selbst fühlte allerdings nur eines: abgrundtiefe Angst.

*

Nervös trommelte Robert Paddock auf das Lenkrad seines Wagens, den er gerade vorsichtig durch den abendlichen Londoner Stadtverkehr manövrierte. Wie immer um diese Zeit waren die Straßen hoffnungslos überfüllt, ein Stau folgte dem nächsten - und so hatte er genügend Muße, den heutigen Tag noch einmal Revue passieren zu lassen.

Es war einfach so viel geschehen in den vergangenen Stunden …