Kieferorthopädie up to date -  - E-Book

Kieferorthopädie up to date E-Book

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Beschreibung

Für dieses Buch wurden ausgewählte Beiträge der Zeitschrift KIEFERORTHOPÄDIE aus den Jahrgängen 2021 und 2022 zu den Themen Erwachsenenkieferorthopädie, Digitale Kieferorthopädie, Biomechanik, Klinische Kieferorthopädie sowie Differenzialdiagnostisch interessante Patientenbeispiele und radiologische Verdachtsdiagnosen zusammengestellt. Im Sinne eines Jahrbuchs können den Leserinnen und Lesern aktuelle Themen kurzfristig zur Verfügung gestellt werden und damit dem Wandel in der Kieferorthopädie gerecht werden.

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Seitenzahl: 457

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Kieferorthopädie up to date

Ein Buch – ein Baum: Für jedes verkaufte Buch pflanzt Quintessenz gemeinsam mit der Organisation „One Tree Planted“ einen Baum, um damit die weltweite Wiederaufforstung zu unterstützen (https://onetreeplanted.org/).

Die Kapitel des Buchs basieren auf Originalpublikationen der Zeitschrift KIEFERORTHOPÄDIE aus den Jahren 2021 und 2022.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <https://dnb.de> abrufbar.

Postfach 42 04 52; D–12064 Berlin

Ifenpfad 2–4, D–12107 Berlin

© 2023 Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Lektorat, Herstellung und Reproduktionen:

Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

ISBN: 978-3-86867-660-0

Printed in Germany

Kieferorthopädie up to date – das Jahrbuch der praktischen Kieferorthopädie

Dies ist das erste Jahrbuch der Zeitschrift KIEFERORTHOPÄDIE und beinhaltet ausgewählte Artikel der Jahrgänge 2021 und 2022. Diese Zusammenstellung soll dem enormen Wandel in der Zahnheilkunde und Kieferorthopädie gerecht werden.

Um den aktuellen Herausforderungen, wie Behandlungen von Erwachsenen, Personalmangel oder wirtschaftlichem Druck, gewachsen zu sein, ist die digitale Kieferorthopädie eine willkommene Lösung. Trotzdem ist das Wissen über klassische kieferorthopädische Prinzipien und Biomechanik unumgänglich. Und natürlich bleibt es ein Beruf, bei dem die Weitergabe von individuellen Erfahrungen, Tipps und Tricks sowie prägenden Behandlungsbeispielen unerlässlich ist. Final dürfen wir aber nicht vergessen, dass auch die Kieferorthopädie ein Teilberiech der Medizin ist und sich jeder auch differenzialdiagnostisch und radiologisch weiterbilden muss. Aus diesen Gründen haben wir das vorliegende Buch in die Kapitel Erwachsenenkieferorthopädie, digitale Kieferorthopädie, Biomechanik, klinische Kieferorthopädie (Techniken, Patientenbeispiele, klinische Perlen) und differenzialdiagnostisch interessante Patientenbeispiele sowie radiologische Verdachtsdiagnosen unterteilt, damit Sie, liebe Leserinnen und Leser, kieferorthopädisch up to date bleiben.

Die Zukunft der Zahnmedizin sollte geprägt sein durch Bildung, Wissen und Ethik – und dies geschlechtergerecht, evidenzbasiert, digital und mit Freude am Beruf. Persönlich sehen wir eine untrennbare Verbindung von wissenschaftlicher Forschung, klinischen Techniken, Patientenversorgung, zunehmender Digitalisierung und Ethik. Wir brauchen einen zahnmedizinischen Generationenvertrag, um unser Fach nicht nur weiterzuentwickeln, sondern auch zu bewahren. Dafür müssen wir die nächste Generation durch Mentoring und Coaching begleiten und unterstützen. Kurz gesagt: Wir müssen Vorbild sein! Wir sind daher stolz, dass wir in den letzten zwei Jahren – neben etablierten Autorinnen und Autoren – auch viele junge Kolleginnen und Kollegen im Team der Zeitschrift Kieferorthopädie begrüßen durften. Ich danke all den fleißigen Autorinnen und Autoren, denn diese freiwillige Zusatzbelastung neben der täglichen Arbeit zu erfüllen ist bewundernswert und in der aktuell schwierigen Zeit unseres Faches wichtiger denn je: Unser Kompliment für dieses Engagement!

Ihre

Björn Ludwig und Jens J. Bock

Autoren

Khaled Aboulazm

Prof. Dr., M.Sc., PhD

Vorsitzender der Abteilung für Kieferorthopädie an der Pharos Privatuniversität, Alexandria, Ägypten

Carolien A. J. Bauer

Weiterbildungsassistentin Kieferorthopädie

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Heidelberg

Leonie Berger

Dr. med. dent.

Fachzahnärztin für Kieferorthopädie, Poliklinik für Kieferorthopädie, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg

Alexandra Binger

Dr. med. Dr. med. dent.

Kieferorthopädische Praxis, 66869 Kusel

Thomas Binger

Dr. med. Dr. med. dent.

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Klinikum Saarbrücken, 66119 Saarbrücken

Henriette Luise Bock

Am Schlossgarten 1, 36037 Fulda

Jens Johannes Bock

Dr. med. dent.

Kieferorthopädische Praxis, Am Schlossgarten 1, 36037 Fulda

Paul-Georg Jost-Brinkmann

Prof. Dr. med. dent.

CharitéCentrum CC03, Institut für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Abteilung für Kieferorthopädie, Orthodontie und Kinderzahnmedizin, Aßmannshauser Straße 4–6, 4197 Berlin

Natascha Bruhn

Zahnärztin

Poliklinik für Kieferorthopädie, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg

Alex Bruno

Zahntechniker

Kieferorthopädisches Dentallabor Ortotec, Via Roma 279, 33019 Tricesimo (Udine), Italien

Tamer Büyükyılmaz

DDS, MSD, PhD

Atatürk Bulvarı 86/10, Seyhan 01120, Adana, Türkei

Bruno Di Leonardo

DDS MS

Privat Praxis Arco, Via Francesco II di Borbone 18, Arco, Italien

Jesper Delfs

Dr. med. dent. Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Katharina Dobbertin

Dr. med. dent.

Zentrum für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

Department of Dentistry, Faculty of Medicine and Dentistry

Danube Private University, Steiner Landstrasse 124, 3500 Krems, Österreich

Dieter Drescher

Prof. Dr. med. dent.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Isabel Emsermann

Dr. med. dent.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20251 Hamburg

Padhraig S. Fleming

Institute of Dentistry

Barts and The London School of Medicine and Dentistry, Queen Mary University of London, London, Vereinigtes Königkreich

Vera U. Fuhrmann

Dr. med. dent.

Weiterbildungsassistentin, Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Christian Gehrke

Zahntechniker

Kieferorthopädische Praxis, Dr. Ludwig, Dr. Glasl, Traben-Trarbach

Toralf Gertzen†

Fachzahnarzt

Kieferorthopädische Fachpraxis, Modersohn-Becker-Ring 14, 38446 Wolfsburg

Simon Graf

Dr. med. dent.

Praxis für Kieferorthopädie, Smile AG, Eichenweg 23, 3123 Belp

Schweiz

Lutz D. Hodecker

Oberarzt

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Heidelberg

Lea Hoffmann

Dr. med. dent.

Weiterbildungsassistentin der Poliklinik für Kieferorthopädie, Ludwig-Maximilians-Universität München, Goethestraße 70, 80336 München

Bärbel Kahl-Nieke

Prof. Dr. med. dent., Kieferorthopädin

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Fabian Karbach

Dr. (Promovierter Chemiker)

SCHEU-DENTAL GmbH, Am Burgberg 20, 58642 Iserlohn

Philipp Kauffmann

PD. Dr. Dr.

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, 37073 Göttingen

Christos Katsaros

Klinik für Kieferorthopädie, Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern, Bern, Schweiz

Alexander Keller

Dr. med. dent.

Oberarzt der Poliklinik für Kieferorthopädie, Ludwig-Maximilians-Universität München, Goethestraße 70, 80336 München

Gero Kinzinger

Apl.-Prof. Dr. med. dent.

Willicher Str. 12, 47918 Tönisvorst und

Klinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Kirrberger Str. 100, 66424 Homburg / Saar

Larissa Knocks

Dr. med. dent.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Göttingen

Vanessa Knode

Dr. med. dent.

Praxis für Zahnheilkunde, Benediktinerstraße 45, 54292 Trier

Petra Julia Koch

Fachzahnärztin für Kieferorthopädie

CharitéCentrum CC03, Institut für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Abteilung für Kieferorthopädie, Orthodontie und Kinderzahnmedizin, Aßmannshauser Straße 4–6, 4197 Berlin

Sarah Koller

Dr. med. dent.

Klinik für Kieferorthopädie der Uniklinik RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen

Inge Kiegel-Koller

Dr. med. dent.

Zeppelinstr. 22, 50126 Bergheim

Karl-Friedrich Krey

Prof. Dr. med. dent., MME

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Greifswald,Walther-Rathenau-Str. 42a, 17489 Greifswald

Anna-Lena Liaci

Dr. med. dent.

Fachzahnärztin für Kieferorthopädie, Poliklinik für Kieferorthopädie, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg

Thomas Lietz

Dr. med.

DENTAURUM GmbH & Co. KG, Turnstr. 31, 75228 Ispringen

Björn Ludwig

Dr. med. dent.

Kieferorthopädische Praxis, Am Bahnhof 54, 56841 Traben-Trarbach

Christopher J. Lux

Ärztlicher Direktor

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Heidelberg

Philipp Meyer-Marcotty

Prof. Dr. med. dent.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen

Florian Meereis

Dr. med. dent.

Rosenheimer Landstraße 87, 85521 Ottobrunn

Mhd Said Mourad

M.Sc.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Greifswald, Walther-Rathenau-Str. 42a, 17489 Greifswald

Martin Müller

Dr. med. dent.

Kieferorthopädie am Botanischen Garten, Grimmer Str. 86, 17489 Greifswald

Magali Mujagic

Privatpraxis, 3, rue Rousselet, 75007 Paris, Frankreich und Klinik für Kieferorthopädie, Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern, Bern, Schweiz

Ahmed Othman

Ass. Prof. Dr., M.Sc.

Assistenzprofessor, Zentrum Digitale Technologien in der Zahnmedizin und CAD/CAM

Department of Dentistry, Faculty of Medicine and Dentistry Danube Private University, Steiner Landstrasse 124, 3500 Krems, Österreich

Nikolaos Pandis

Klinik für Kieferorthopädie, Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern, Bern, Schweiz

Inka Pröve

Dr. med. dent.

Klinik für Kieferorthopädie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover und Kieferorthopädische Fachpraxis, Modersohn-Becker-Ring 14, 38446 Wolfsburg

Franziska Oberbillig

Dr. med. dent.

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Klinikum Saarbrücken, 66119 Saarbrücken

Anja Quast

Dr. med. dent.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen

Giuseppe Perinetti

PhD

Forschungsstipendiat, Kieferorthopädische Privatpraxis, Via San Lorenzo 69/1, 65010 Nocciano (Pescara), Italien

Anja Ratzmann

Dr. med. dent., M.Sc.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Greifswald

Christoph J. Roser

Oberarzt

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Heidelberg

Petra Santander

Dr. med. dent.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Göttingen

Henning Schliephake

Prof. Dr. med. Dr. med. dent.

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, 7073 Göttingen

Carmen U. Schmid-Herrmann

Dr. med. dent.

Fachzahnärztin für Kieferorthopädie, Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20251 Hamburg und bioBite Kieferorthopädie, Innsbrucker Straße 2, 83435 Bad Reichenhall

Gerhard Schwartz

Dr. med. Dr. med. dent.

Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Praxis MKG am Tibarg, Hamburg

Rainer Schwestka-Polly

Prof. Dr. med. dent.

Klinik für Kieferorthopädie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover

Franz-Peter Schwindling

Dr. med. dent.

Waldstraße 21, 66663 Merzig

Constantin von See

Prof. Dr., MaHM

Direktor des Zentrums Digitale Technologien in der Zahnmedizin und CAD/CAM, Department of Dentistry, Faculty of Medicine and Dentistry

Danube Private University, Steiner Landstrasse 124, 3500 Krems, Österreich

Dragan Alexander Ströbele

Dr. med. dent.

Zentrum Digitale Technologien in der Zahnmedizin und CAD/CAM

Department of Dentistry, Faculty of Medicine and Dentistry, Danube Private University, Steiner Landstrasse 124, 3500 Krems, Österreich

Julia Süpple

Zahnärztin

CharitéCentrum CC03, Institut für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Abteilung für Kieferorthopädie, Orthodontie und Kinderzahnmedizin, Aßmannshauser Straße 4–6, 4197 Berlin

Paolo Tonini

Zahntechniker

Kieferorthopädisches Dentallabor Ortotec, Via Roma 279, 33019 Tricesimo (Udine), Italien

Johanna Trautmann

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, 37073 Göttingen

Sarah Watzlaw

Dr. med. dent.

Weiterbildungsassistentin bei Watzlaw Kieferorthopädie

Department of Dentistry, Faculty of Medicine and Dentistry

Danube Private University, Steiner Landstrasse 124, 3500 Krems, Österreich

Bernhard Wiechens

Dr. med. dent

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, 37073 Göttingen

Dirk Wiechmann

Prof. Dr. med. dent. Dr. h. c.

Prof. Wiechmann, Dr. Beyling und Kollegen, Lindenstraße 44, 49152 Bad Essen

Lynn Wilhelmy

Dr. med. dent.

Praxis in Duisburg, Lindenstraße 5a, 47249 Duisburg

Jan Willmann

Dr. med. dent.

Praxis in Duisburg, Lindenstraße 5a, 47249 Duisburg

Benedict Wilmes

Prof. Dr. med. dent.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf

Johanna Wiessner

Dr. med. dent.

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsmedizin Göttingen,Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen

Seung-Woo Yoo

Dr. med. dent.

Kieferorthopädie Neu-Isenburg, Frankfurter Str. 181, 63263 Neu-Isenburg

Inhalt

Vorwort

Autoren

ERWACHSENEN-KIEFERORTHOPÄDIE

Philipp Meyer-Marcotty, Anja Quast

Was ist die Motivation erwachsener Patienten zur kieferorthopädischen Therapie?

Ein Patientenbeispiel

Johanna Trautmann, Anja Quast, Bernhard Wiechens, Philipp Kaufmann, Henning Schliephake, Philipp Meyer-Marcotty

Gelenkprotektive Dysgnathietherapie

Einsatz moderner 3-D-Methodik zur Sicherung der Kondylenposition bei kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgischer Therapie

Johanna Wiessner, Anja Quast, Petra Santander, Larissa Knocks, Henning Schliephake, Philipp Meyer-Marcotty

Kieferorthopädisch dentoalveoläre Dekompensation im Rahmen der Dysgnathietherapie

Ein Patientenbeispiel

DIGITALE KIEFERORTHOPÄDIE

Carolien A. J. Bauer, Christoph J. Roser, Christopher J. Lux, Lutz D. Hodecker

Die kieferorthopädische Extrusion im digitalen Zeitalter

Sarah Watzlaw, Ahmed Othman, Dragan Alexander Ströbele, Khaled Aboulazm, Katharina Dobbertin, Constantin von See

Vergleichende Bewertung der Präzision zwischen digitalem und laborgefertigtem indirektem kieferorthopädischem Bonding

In-vitro-Studie

Karl-Friedrich Krey, Martin Müller, Anja Ratzmann

Prototyp einer Biegemaschine für orthodontische Bögen

Florian Meereis

Der digitale Arbeitsablauf zum FKO-Gerät ohne Wachsbiss und Gips

Jens Johannes Bock, Christian Gehrke, Björn Ludwig

Indirekte Herstellung frontaler Aufbisse mittels digitaler Kieferorthopädie

Benedict Wilmes, Jan Willmann, Lynn Wilhelmy, Dieter Drescher

Mesialslider und Aligner für den Lückenschluss im Oberkieferseitenzahngebiet – CAD/CAM oder konventionell?

Vanessa Knode, Bruno Di Leonardo, Jens Johannes Bock, Christian Gehrke, Björn Ludwig

Modifizierte Hybrid-Hyrax-Apparatur

Komplikationen, Risiken und mechanische Prüfung

Giuseppe Perinetti, Paolo Tonini, Alex Bruno

Schablonengeführte Insertion kieferorthopädischer Miniimplantate

Das REPLICA-Planungsverfahren

Jens Johannes Bock, Christian Gehrke

Indirekte Herstellung festsitzender Retainer mittels digitaler Kieferorthopädie

Thomas Lietz, Sarah Koller, Inge Kiegel-Koller

Maßanfertigung statt Stangenware – prime4me RETAIN3R

Ein Erfahrungsbericht

Jens Johannes Bock, Henriette Luise Bock, Christian Gehrke

Intraorale Scans in der digitalen Kieferorthopädie

Anwenderorientierter Vergleich zweier Scansysteme eines Herstellers

Fabian Karbach, Jens Johannes Bock

Materialeigenschaften und klinische Aspekte einer neuartigen Alignerfolie

Björn Ludwig, Jens J. Bock, Simon Graf, Dirk Wiechmann

CAD/CAM: Die nächste Evolutionsstufe für das Herbst-Geschiebe

Alexander Keller, Lea Hoffmann

Die Dehnplatte im digitalen Zeitalter

Vom Intraoralscan zur 3-D-gedruckten Dehnplatte: Der volldigitale Workflow

Gero Kinzinger, Jens Bock, Christian Gehrke, Björn Ludwig

Der Functional Mandibular Advancer im digitalen Zeitalter

Seung-Woo Yoo

CAD/CAM- und SLM-Technik in der Kieferorthopädie

Karl-Friedrich Krey, Mhd Said Mourad, Anja Ratzmann

Fused Filament Fabrication 3-D-Druck in der Praxis – mehr als Modelle

Julia Süpple, Paul-Georg Jost-Brinkmann, Petra Julia Koch

Konventionell trifft digital: Indirektes Kleben mit 3-D-gedruckten Bracket-Transfermodellen

BIOMECHANIK

Franz-Peter Schwindling

Kleine NiTi-Kragarme: Eine große Hilfe beim Nivellieren

Franz-Peter Schwindling

Über die körperliche Zahnbewegung

Franz-Peter Schwindling

Statisches Gleichgewicht in der Kieferorthopädie

Franz-Peter Schwindling

Kleine Sozialkunde für Brackets

Franz-Peter Schwindling

Frontaler Lückenschluss und axiale Intrusion

Franz-Peter Schwindling

Biomechanische Prinzipien der Molarenaufrichtung zweiter Ordnung

KLINISCHE KIEFERORTHOPÄDIE: TECHNIKEN, PATIENTENBEISPIELE, KLINISCHE PERLEN

Tamer Büyükyılmaz, Jens Johannes Bock, Björn Ludwig

Zahnbewegung über die maxilläre Mitte

Ein Patientenbeispiel

Inka Pröve, Rainer Schwestka-Polly, Toralf Gertzen†

Dauer der Bisshebung mittels anteriorer Aufbissplatte (Schweizer-Aufbiss)

Eine Pilotstudie

Magali Mujagic, Nikolaos Pandis, Padhraig S. Fleming, Christos Katsaros

Die Herbst-Apparatur kombiniert mit einer vollständig individuellen lingualen Apparatur

Retrospektive Kohortenstudie zu den Behandlungsergebnissen unter Verwendung des objektiven Bewertungssystems des American Board of Orthodontics

DIFFERENZIALDIAGNOSTISCH INTERESSANTE PATIENTENBEISPIELE UND RADIOLOGISCHE VERDACHTSDIAGNOSEN

Thomas Binger, Franziska Oberbillig, Alexandra Binger

Seltene Differenzialdiagnose zur CMD als Zufallsbefund

Carmen U. Schmid, Vera U. Fuhrmann, Gerhard Schwartz, Björn Ludwig, Christian Gehrke, Bärbel Kahl-Nieke

Die radiologische Verdachtsdiagnose

Carmen U. Schmid-Herrmann, Anna-Lena Liaci, Jesper Delfs, Bärbel Kahl-Nieke

Die radiologische Verdachtsdiagnose

Nebenbefunde im Fernröntgenseitenbild

Isabel Emsermann, Bärbel Kahl-Nieke, Carmen U. Schmid-Herrmann

Die radiologische Verdachtsdiagnose

Fehler im Fernröntgenseitenbild

Natascha Bruhn, Leonie Berger, Anna-Lena Liaci, Bärbel Kahl-Nieke, Carmen U. Schmid-Herrmann

Die radiologische Verdachtsdiagnose

Kondylusresorptionen

Erwachsenenkieferorthopädie

Philipp Meyer-Marcotty, Anja Quast

Was ist die Motivation erwachsener Patienten zur kieferorthopädischen Therapie?

Ein Patientenbeispiel

INDIZES

Kieferorthopädische Erwachsenenbehandlung, Motivation, Informationsstand, Parodontitis

ZUSAMMENFASSUNG

Der Anteil Erwachsener am kieferorthopädischen Patientenklientel nimmt stetig zu. Vor dem Hintergrund parodontitis-assoziierter Zahnwanderungen ist insbesondere bei Patienten, die über 40 Jahre alt sind, von einem erhöhten kieferorthopädischen Behandlungsbedarf auszugehen. Ein starkes Motiv zur Therapie stellt in dieser Altersgruppe der Wunsch nach einem möglichst langen Erhalt der eigenen Zähne dar. Trotz diesem grundlegenden Interesse an einer Behandlung, wurde ein Großteil der Patienten noch nie von einem Zahnmediziner über die Möglichkeiten der Kieferorthopädie aufgeklärt. Es liegt daher an uns Kieferorthopäden, allgemeintätige Zahnärzte und potenzielle Patienten über das Spektrum der Erwachsenenkieferorthopädie weiter aufzuklären.

Einleitung

Die kieferorthopädische Therapie erwachsener Patienten gehört mittlerweile zum Standardrepertoire eines jeden Praktikers1. Sie reicht von kompletten okklusalen Rekonstruktionen der gesamten Dentition über kombiniert kieferorthopädisch/kieferchirurgische Korrekturen bishin zu synoptisch interdisziplinären Therapien mittels segmentierter Behandlungsansätze2,3. Zahlreiche neue Entwicklungen in der Diagnostik und Therapie unterstützen beziehungsweise erleichtern uns Kieferorthopäden heutzutage die Ausweitung unseres Behandlungsspektrums.

Diese Entwicklungen führen zu einer größeren Wahrnehmung kieferorthopädischer Behandlungsmöglichkeiten in der allgemeinen zahnmedizinischen Versorgung erwachsener Patienten4. Somit wird automatisch zukünftig mit einem höheren Anteil erwachsener Patienten in der kieferorthopädischen Praxis zu rechnen sein5,6.

Ein weiterer Aspekt, der dafür spricht, das kieferorthopädische „Know-How“ auf die erwachsenen Patienten auszuweiten, ist die zukünftige demographische Entwicklung in Deutschland. So zeigt der aktuelle Bericht des statistischen Bundesamtes zur koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung7, dass 1990 16,1 Millionen Menschen zu der Gruppe von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre gezählt wurden (entspricht 20 % der Gesamtbevölkerung in 1990). In 2018 sank die Anzahl der Kinder und Jugendlichen auf knapp 14,4 (= 17 % der Gesamtbevölkerung) und wird bei Annahme einer niedrigen Geburtenrate (1,4 Kinder/Frau) in 2040 auf knapp 13 Millionen sinken (= 16 % der Gesamtbevölkerung). Die Gruppe der Erwachsenen zeigt in der Alterspanne zwischen 18 bis 39 Jahren einen prozentualen Rückgang an der Gesamtbevölkerung von 11 % (1990: 33 % Anteil an der Gesamtbevölkerung; 2040: 22 %). Einzig die Gruppe der 40 bis 66-Jährigen zeigt einen stabilen Wert von 33 % im Jahr 1990 und 34 % prognostiziert für das Jahr 2040. Die Gruppe der Senioren ab 66 Jahre wird nach Hochrechnung im selben Zeitraum von 14 % auf 28 % zunehmen. Allein aus diesen Zahlen ist abzulesen, wie wichtig es für die Kieferorthopädie sein wird, sich die Gruppe der 40-Jährigen und älter näher anzuschauen8.

Zusätzlich wird dies durch die Zahlen aus der aktuellen fünften Mundgesundheitsstudie unterstrichen9. Demnach wird im Erwachsenenalter eine altersassoziierte Parodontalerkrankung beschrieben, wobei 52 % der Erwachsenen mit einem durchschnittlichen Alter von 40 Jahren eine moderate bis schwere PA-Erkrankung aufweisen. Pathologische Zahnwanderung infolge der PA-Erkrankung sind die Folge10. Eine epidemiologische Untersuchung zeigt, dass 56 % der Patienten im Alter von > 40 Jahren pathologische Zahnwanderungen mit Lückenbildung im Oberkieferfrontzahnbereich aufweisen11. Infolgedessen ist bei den Patienten 40+ von einem hohen kieferorthopädischen Behandlungsbedarf auszugehen12.

Daher ist es interessant zu wissen, wie hoch der Informationsstand über kieferorthopädische Maßnahmen im Erwachsenenalter bzw. die Motivation erwachsener Patienten für eine kieferorthopädische Therapie ist. Diese Aspekte sollen nachfolgend näher beleuchtet werden.

Informationsstand über kieferorthopädische Maßnahmen bzw. Motivation für eine KFO-Therapie bei erwachsenen Patienten

In einer Befragung eigener Patienten aus der Poliklinik für Kieferorthopädie (118 Patienten, davon 51 männlich, 67 weiblich) mit einem Alter von > 40 Jahren (mittleres Alter: 58,03 Jahre) wurden anhand standardisierter Fragebögen der generelle Informationsstand über die Möglichkeit einer kieferorthopädischen Therapie im Erwachsenenalter bzw. die Motivation zu einer kieferorthopädischen Therapie analysiert.

Hinsichtlich des Informationsstandes zeigte sich, dass 44 % aller Patienten im Vorfeld noch nie über die Möglichkeit einer kieferorthopädischen Behandlung im Erwachsenenalter aufgeklärt worden waren. Durch den Zahnarzt waren 36 % der Patienten über die Option einer kieferorthopädischen Therapie informiert. Einen Kontakt zum Kieferorthopäden selbst hatten bereits 11 %. Jeweils 3 % der Patienten wurden durch eigene Kinder, durch Bekannte und Verwandte sowie Medien und Internet über die Behandlungsmöglichkeiten im Erwachsenenalter aufmerksam gemacht (Abb. 1).

Hinsichtlich der Motivation bzw. Erwartungen an eine kieferorthopädische Behandlung zeigte sich, dass die Patienten unabhängig von dem Grad des parodontalen Zustandes den Fokus auf den langfristigen Erhalt der eigenen Dentition legten: 69 % der Patienten ohne parodontale Erkrankung gaben an, hohe Erwartungen an eine kieferorthopädische Therapie zu haben, wenn es um den Erhalt der eigenen Zähne geht. Bei Patienten mit moderater und schwerer Parodontitis lag die Zahl sogar bei 77 % bzw. 82 % (Abb. 2).

Insgesamt zeigt sich damit, dass zum einen 53 % der Patienten noch nie von einem Zahnmediziner über Möglichkeiten einer kieferorthopädischen Therapie im Erwachsenenalter aufgeklärt worden waren, zum anderen besteht eine hohe Motivation zur kieferorthopädischen Therapie sowohl bei Patienten ohne als auch mit PA-Erkrankung für den langfristigen Erhalt der eigenen Zähne.

Kasuistik

Patientenhistorie/Anamnese

Die 46-jährige Patientin stellte sich aus Eigeninitiative im Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen vor. Das Hauptanliegen war ihr „Fehlbiss“ mit asymmetrischer Schlussbisssituation: „Immer wenn ich meinen Mund schließe und zubeiße, rutscht mein Kiefer auf die rechte Seite ab.“ Zusätzlich sorgte sie sich um den Erhalt ihrer Frontzähne im Ober- und Unterkiefer aufgrund des erhöhten Abnutzungsgrades: „Meine Zähne sind bereits stark abgeschliffen“. Darüber hinaus hatte die Patientin eine vermehrte Wanderung ihrer Zähne in den letzten zwei Jahren beobachtet: „Meine Zähne werden schief“. Sie war kieferorthopädisch noch nie behandelt worden und wurde mit der Bitte um Beratung/Therapie in die Poliklinik für Kieferorthopädie überwiesen.

Allgemeinanamnestisch lag keine Kontraindikation für eine kieferorthopädische Therapie vor. Der parodontale Befund zeigte einen PSI von 2, sowie keine erhöhten Taschensondierungstiefen und keinen Hinweis auf einen ausgeprägten Knochenabbau. Die Erstuntersuchung ergab folgende Befunde:

Klinisch/Funktioneller Befund

Im Oberkiefer zeigte sich eine retrudierte Front, Engstand, Hypoplasie in Regio 12/22, Supraposition der Zähne 11/21, Mesialwanderung des Zahns 16 um ca. 5 mm, Verlust von Zahn 27, Lücke in Regio 27 geschlossen, Mesialkippung des Zahns 28, Platzverhältnisse insgesamt: -5,5 mm.

Im Unterkiefer stand die Front achsengerecht, Engstand, Supraposition der Zähne 33/32, Verlust des Zahns 34, Lücke in Regio 34 betrug 6,5 mm, Implantat in Regio 46, Speekurve flach, Platzverhältnisse insgesamt: -1 mm.

Funktionell zeigte sich eine asymmetrische Mundöffnung mit Deflektion nach links >2 mm, Zwangsbiss nach rechts in der Schlussbisssituation (initialer Zahnkontakt zu maximalem Schlussbiss), Gelenkgeräusche links bei Mundöffnung, Grenzbewegung des Unterkiefers nicht eingeschränkt, M. masseter rechts ausgeprägt, Abrasionen der Frontzähne insbesondere palatinal an den Zähnen 11/21 (Abb. 3a bis e).

Abb. 3a bis e Klinischer Ausgangsbefund mit initialer Planung der Mittenkorrektur im Oberkiefer (Extraktion des Zahns 15 und Lückenversorgung eines Implantats in Regio 35).

Therapieplanung

Im Rahmen der Therapieplanung wurde zunächst ein diagnostisches Set-up erstellt. Somit konnte das spätere Resultat der kieferorthopädischen Therapie kontrolliert und die Ausgangsbasis für eine sich anschließende prothetische Neuversorgung visualisiert werden (Abb. 4a bis c). Zur Initiierung des interdisziplinären Behandlungsteams wurden die Unterlagen mit Arztbrief an den Hauszahnarzt und den Chirurgen gesendet. Somit war eine umfassende Kommunikation vor der Behandlungsplanung gewährleistet. Die kieferorthopädische Therapie konnte in eine Vorbehandlung und eine Hauptbehandlung unterteilt werden.

Abb. 4a bis c Diagnostisches Set-up.

Kieferorthopädische Vorbehandlung

Die Vorbehandlung umfasste zunächst die Insertion zweier Minischrauben im anterioren Gaumen zur Aufnahme eines Benesliders im Oberkiefer und die Extraktion von Zahn 15 mit Einsatz einer Segmenttherapie in der rechten Stützzone (09/2016). Durch die Vorbehandlung mit skelettaler Verankerung konnte zunächst auf den Einsatz einer kompletten MB-Apparatur verzichtet werden (Abb. 5a und b). Nach Erreichen des Zwischenzieles der Mittenkorrektur schloss sich die Phase der Hauptbehandlung an.

Abb. 5a und b Einleitende Behandlung: Eckzahnretraktion, initiale Mittenkorrektur. Einsatz einer Segmentapparatur; Extraktion des Zahns 15, Distalisierung der Zähne 14 und 13 mit Teilbögen (017x025 TMA).

Kieferorthopädische Hauptbehandlung

In 04/2017 wurde eine komplette MB-Apparatur im Oberkiefer/Unterkiefer (22“ System) eingesetzt zur weiteren Korrektur der Zahnbögen mit gleichzeitiger Bisshebung. Die konventionelle Nivellierung mittels NITI-Bögen wurde ergänzt durch den Einsatz eines Intrusionsbogens (017x025 TMA) im Oberkiefer (Abb. 6a bis d). Die Führungsphase erfolgte mit 018x025 SS bzw. 019x025 SS-Bögen. Zusätzlich wurden intermaxilläre Klasse II-Gummizüge und Tie-backs beidseitig eingesetzt (Abb. 7a bis c).

Abb. 6a bis d Hauptbehandlung Phase I: Nivellierung, Korrektur des Overbite (Bisshebung). Einsatz einer kompletten MB-Apparatur im Oberkiefer/Unterkiefer; zusätzlich 017x025 TMA zur Intrusion + palatinale Aufbisse an den Zähnen 11/21.

Abb. 7a bis c Hauptbehandlung Phase II: Korrektur des Overjet, Kontraktionsphase mit Tie-backs beidseitig und intermaxillären Klasse II-Gummizügen.

Nach 12 Monaten festsitzender MB-Apparatur im Ober- und Unterkiefer konnten gleiche Lücken distal in Regio 12/22 eingestellt, die Bisshebung mit Mittenkorrektur erreicht und die MB-Apparatur in 05/18 entfernt werden (Abb. 8a und b). Es folgte die prothetisch, konservierende Versorgung mit odontoplastischem Aufbau und der Einsatz eines 3-3 Retainers im Ober- und Unterkiefer (Abb. 9a bis e).

Abb. 8a und b Zustand nach Entfernung der MB-Apparatur und lückiger Einstellung distal in Regio 12/22 zur späteren odontoplastischen Rekonstruktion.

Abb. 9a bis e Prothetisch/konservierende Versorgung mit odontoplastischem Kompositaufbau an Zahn 12 und Kronenversorgung an Zahn 22 sowie Implantatversorgung an Zahn 35 und Krone an Zahn 46.

Diskussion

Im Rahmen der exemplarisch vorgestellten Daten soll der Informationsstand und die Motivation erwachsener Patienten ab dem Alter 40+ vorgestellt werden. Bislang sind kaum kieferorthopädische Publikationen veröffentlicht, die sich mit einem Patientenklientel älter als 40 Jahre beschäftigen13. Der Großteil der Studien über kieferorthopädische Erwachsenentherapie beinhaltet ein weitaus jüngeres Patientenklientel mit einem Alter von 20 bis 30 Jahren14. So beschreibt eine Umfrage der „British Orthodontic Society“ von 2008, dass der Anteil Erwachsener in kieferorthopädischen Praxen bei 17 % liegt, wobei der Großteil dem Altersspektrum 18 bis 30 Jahre zuzuordnen ist15. Ebenso zeigt eine Studie aus Südkorea, dass in der überwiegenden Anzahl kieferorthopädischer Praxen nur max. 5 % der Patienten über 40 Jahre alt sind16. Diesen nur gering vorhandenen Daten steht die demographische Entwicklung entgegen mit einem potenziellen Zuwachs erwachsener Patienten 40+ und dem allgemeinen Anstieg erwachsener Patienten in den kieferorthopädischen Praxen, speziell in der letzten Dekade. Darüber hinaus existieren nur äußerst wenige internationale Publikationen, die über den Informationsstand und die Motivation von älteren erwachsenen Patienten berichten17.

Das dargestellte Patientenbeispiel spiegelt exemplarisch die aktuelle Situation über die kieferorthopädische Therapie erwachsener Patienten 40+ wider: Die Patientin kam aus Eigeninitiative, war noch nie kieferorthopädisch behandelt worden und hatte keine Vorinformation über kieferorthopädische Behandlungsmöglichkeiten. Damit ist sie zur Mehrheit der Patienten zu zählen, welche noch nie über die Möglichkeiten einer kieferorthopädischen Therapie im Erwachsenenalter aufgeklärt worden sind. Dies verdeutlicht, dass nach wie vor ein dringender Aufklärungsbedarf in der Zahnmedizin hinsichtlich kieferorthopädischer Therapiemöglichkeiten im Erwachsenenalter existiert. Obwohl über diesen Mangel an Information bereits vor über 30 Jahren berichtet wurde18, wird nach wie vor das Defizit des Informationsstandes über die Erwachsenentherapie deutlich.

Patienten in einem Alter 40+ geben häufig als Vorbehalt gegen eine kieferorthopädische Therapie an, dass sie „zu alt seien“16 und eine kieferorthopädische Therapie „nicht mehr gehen würde“17. Dies zeigt ebenfalls die dringende Notwendigkeit einer öffentlichen Darstellung, dass eine korrekt durchgeführte fachzahnärztliche kieferorthopädische Therapie, eingebettet in ein zahnmedizinsches Gesamtkonzept, zur Erhaltung/Optimierung der Mundgesundheit führt, einen klaren Nutzen nach sich zieht und keine Altersgrenze dafür existiert.

Im Gegensatz zu Kindern und Jugendlichen, die meist aufgrund eines externen Motivators (Eltern/Angehörige) zu einer kieferorthopädischen Therapie geführt werden, ist bei Erwachsenen von einer internen Motivation auszugehen. Dies beinhaltet einen weitaus differenzierteren Behandlungswunsch und Behandlungsansatz. Dabei ist natürlich ein Aspekt für eine kieferorthopädische Therapie die Verbesserung der Ästhetik19. Allerdings ist es ein zu simples Modell, die Motivation Erwachsener allein auf diesen einzigen Parameter zu reduzieren. So zeigt sich im Rahmen einer Querschnittsstudie an 598 Patienten, dass mit zunehmendem Alter ab 40+ das Interese an einer kieferorthopädischen Therapie zum einen mit bis zu 46 % als sehr hoch eingestuft werden kann und zusätzlich ein funktioneller Ansatz zur kieferorthopädischen Therapie gegenüber ästhetischen Aspekten überwiegt. So werden Punkte wie Optimierung der Bisssituation, Verbesserung der Aussprache oder Optimierung der Zahnpflege bei bis zu 40 % der älteren Patienten als Grund für eine kieferorthopädische Behandlung angegeben17. Dies wird durch die dargestellen Zahlen bestätigt, wonach zwischen 69 % und 82 % der Erwachsenen über 40+ – je nach parodontaler Vorerkrankung – als ein Hauptmotiv für die kieferorthopädische Therapie den langfristigen Zahnerhalt angaben.

Schlussfolgerung

Insgesamt kann von einem hohen Interesse Erwachsener in einem Alter über 40 an einer kieferorthopädischen Therapie ausgegangen werden. Ein Hauptmotiv für eine Therapie stellt dabei die Verbesserung/Wiederherstellung der Funktion dar. Bezeichnend ist allerdings der persistierend geringe Informationstand im Erwachsenenalter über Möglichkeiten kieferorthopädischer Maßnahmen. Demnach müssen wir Kieferorthopäden uns weiter bemühen, allgemeintätige Zahnärzte sowie potenzielle Patienten über das Spektrum der Erwachsenenkieferorthopädie aufzuklären.

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Johanna Trautmann, Anja Quast, Bernhard Wiechens, Philipp Kaufmann, Henning Schliephake, Philipp Meyer-Marcotty

Gelenkprotektive Dysgnathietherapie

Einsatz moderner 3-D-Methodik zur Sicherung der Kondylenposition bei kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgischer Therapie

INDIZES

Dysgnathien, kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie, digitale Operationsplanung, interdisziplinär, Kondylenposition

ZUSAMMENFASSUNG

Durch das gestiegene Interesse erwachsener Patienten an einer kieferorthopädischen Behandlung wird auch die kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie im kieferorthopädischen Alltag immer präsenter. Trotz rapider Fortschritte im Bereich der Dysgnathietherapie und modernster Technik spielt insbesondere das skelettale Rezidiv noch immer eine große Rolle. Um ein vorhersehbares und stabiles Ergebnis zu erzielen, stehen die zentrische Kondylenposition und deren intraoperative Sicherung immer wieder zur Diskussion. Hierfür steht zwar eine Vielzahl von Hilfsmitteln zur Verfügung, deren Einsatz hat sich klinisch jedoch noch nicht etabliert. Auf Basis von Studienergebnissen und Erfahrungen aus dem klinischen Alltag, ist die intraoperative Sicherung der Kondylenposition unter Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln empfehlenswert. Besonders in Kliniken mit einer Vielzahl von Behandlern mit unterschiedlichen Erfahrungswerten scheint dieser Einsatz behandlerindividuelle Unterschiede zu reduzieren.

Einleitung

Die kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie gehört heute zu einer der Standardvorgehensweisen zur Korrektur ausgeprägter skelettaler Anomalien. Seit den Anfängen der Dysgnathiechirurgie durch Angle1, Blair2 und Whipple3, die ohne kieferorthopädische Begleittherapie operierten, hat sich viel verändert. Die wichtigsten Errungenschaften sind neben der modernen Anästhesie und Antibiotikatherapie sicherlich die Operationsmethoden nach Obwegeser4, Dal Pont5 oder Hunsuck6 und die funktionsstabile Osteosynthese. All diese Entwicklungen ermöglichen heutzutage eine sichere und vorhersagbare chirurgische Therapie. Ein weiterer zentraler Baustein ist die gute interdisziplinäre Zusammenarbeit der beiden Fachbereiche Kieferorthopädie und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie: Die kieferorthopädische Behandlung im Rahmen der chirurgischen Umstellungsosteotomie ermöglicht zum einen durch dentoalveoläre Dekompensation die optimale operative Kieferverlagerung; zum anderen werden mittels Einstellung einer physiologischen Verzahnung das Outcome und die Langzeitstabilität des Ergebnisses verbessert7.

Während für den Behandler besonders die Herstellung der Kaufunktion und eine stabile Okklusion ein Hauptfokus der Dysgnathiechirurgie ist, spielen für den Patienten zunehmend Ästhetik und psychosoziale Aspekte eine große Rolle. Besonders weibliche Patienten, die sich deutlich häufiger dieser Therapie unterziehen (Verhältnis 2:1), scheinen den Wunsch nach einer ästhetischen Verbesserung zu haben8–10. Zudem steigt das Interesse von erwachsenen Patienten an einer kieferorthopädischen Behandlung11, daher kann zukünftig mit einer Zunahme dieser Patienten in kieferorthopädischen Praxen gerechnet werden.

Trotz aller Innovationen stehen wir noch heute vor einem schwerwiegenden Problem, dem skelettalen Rezidiv. Besonders stark betroffen sind Patienten, die eine isolierte Unterkiefervorverlagerung erhalten7. Neben großen Verlagerungsstrecken oder starker Muskelspannung ist besonders häufig die Position des Kiefergelenkes in der Diskussion als Parameter für ein instabiles Ergebnis. Der Einfluss des Gelenks auf die postoperative Langzeitstabilität ist unumstritten12–15. Eine unphysiologische Positionierung des Kiefergelenkes kann postoperativ zu Früh- und Spätrezidiven sowie atypischen kondylären Resorptionen führen. Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit an einer CMD zu erkranken bei inkorrekter Gelenkpositionierung erhöht16–21.

Um diese Risiken zu minimieren, stehen verschiedene Hilfsmittel zur intraoperativen Positionierung der Kondylen zur Verfügung. Eine der bekanntesten Vorgehensweisen ist sicherlich die Nutzung von okklusalen Registrierungen (Splinten)12,22. Allerdings hat sich der Einsatz solcher Hilfsmittel noch nicht flächendeckend klinisch etabliert23,24. Nach wie vor ist unklar, wie eine möglichst gelenkprotektive Position der Kondylen im Rahmen einer Dysgnathietherapie erzielt werden kann.

Die Frage der optimalen Positionierung der Kiefergelenke bei einer kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Therapie ist in der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) bereits durch die historisch enge Interdisziplinarität seit Jahrzenten entstanden. Heutzutage werden zur Sicherung der Gelenkposition im Rahmen eines modernen standardisierten Protokolls digital designte Splinte genutzt.

Diesbezüglich sollte anhand der Daten von 120 Kiefergelenken untersucht werden, ob reproduzierbar eine protektive Kondylenposition prä- respektiv intraoperativ bei Patienten mit ausgeprägter skelettaler Dysgnathie eingestellt werden kann. Zusätzlich wurde der klinische Aspekt untersucht, ob ggf. die Muskelrelaxierung im Rahmen der kieferverlagernden Operation Auswirkung auf die Kondylenposition hat, und in wieweit eine intraoperative Sicherung der Kondylenposition notwendig ist25.

Dreidimensionale Analyse der Gelenkposition

Im Rahmen der Studie wurden die zentrischen Kondylenpositionen von 30 Dysgnathiepatienten (insgesamt 120 untersuchte Kondylenpositionen) zu zwei Zeitpunkten – präoperativ und intraoperativ – unter Einfluss der Allgemeinanästhesie untersucht. Dieser klinisch orientierte Bericht basiert auf Daten einer Originalarbeit von Quast et al. aus dem Jahr 202025.

Um die intraoperative Position der Kiefergelenke zu analysieren, erfolgte eine zweite zentrische Bissnahme aller Patienten unter Allgemeinanästhesie direkt vor Beginn der Operation. Mittels Überführung dieser intraoperativen Bissnahme in den digitalen Datensatz des Patienten und nachfolgender Rekonstruktion der Kondylenposition ließen sich beide Zeitpunkte a) präoperativ und b) intraoperativ anhand zweidimensionaler und dreidimensional volumetrischer Parameter miteinander vergleichen.

Die Abbildungen 1a bis c zeigen die Hauptparameter der linearen Gelenkspaltanalyse, die Abbildungen 2a bis c die Bestimmung der Differenzvolumina prä- versus intraoperativer Registrierung. Die Ergebnisse verdeutlichten folgendes:

Abb. 1a bis c Darstellung der linearen Messwerte: anteriorer Gelenkspalt (a), superiorer Gelenkspalt (b), posteriorer Gelenkspalt (c).

Abb. 2a bis c präoperative, zentrische Kondylenposition in rosa, intraoperative zentrische Kondylenposition in grau (a). Heat-Map der überlagerten Kondylenpositionen (b), überlagertes Differenzvolumen beider Oberflächen zueinander (c).

Auf dentoalveolärer Ebene konnte bei allen Patienten keine Veränderung zwischen prä- und intraoperativer Situation nachgewiesen werden: Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den linearen Messwerten.

Die dreidimensionale volumetrische Analyse der Kondylenposition zeigte jedoch signifikante Abweichung mit deutlicher Verschiebung der Kondylenposition (

Abb. 2a

bis

c

).

Intraoperativ war bei 19/30 Patienten ein Absinken der Kondylen nach inferior-posterior während der intraoperativen Phase unter Allgemeinanästhesie zu bemerken.

Insgesamt ließ sich aus den Ergebnissen schlussfolgern, dass sich Bewegungen auf kondylärer Ebene anhand der Okklusion nicht sicher detektieren lassen. Ursächlich für die kondyläre Bewegung scheint die Auswirkung der Allgemeinanästhesie auf die Muskelspannung zu sein26, auch wenn keine Barbiturate zum Einsatz kommen26. Da Patienten mit einer skelettalen Anomalie besonders häufig atypische Muskelfunktionen aufweisen, kann der Einfluss während der Dysgnathieoperation besonders ausgeprägt sein27. Zwar ist die Auswirkung auf die Kondylenposition umstritten28 und laut früheren Studien nur für Patienten mit skelettaler Klasse II relevant29, jedoch basieren diese Untersuchungen alle auf der Analyse von dentalen Verhältnissen. Die hier durchgeführte Studie nutzt jedoch eine neue dreidimensionale, volumetrische Methodik zur Detektion der Veränderungen auf kondylärer Ebene und zeigt einen signifikanten Unterschied zwischen den okklusalen Verhältnissen und der Kondylusposition25.

Klinisch sind daher der Einsatz einer fachgerechten präoperativen Registrierung der Kiefergelenkposition und die Herstellung von Hilfsmitteln zur intraoperativen Positionierung unumgänglich. Zusätzlich scheint eine intraoperative freihändige Einstellung der Zentrik unter Allgemeinanästhesie nicht empfehlenswert zu sein. Im Folgenden wird das an der Universitätsmedizin Göttingen standardisierte Registrierungs- und Positionierungskonzept anhand eines klinischen Fallbeispiels vorgestellt.

Kasuistik

Die 35-jährige Patientin stellte sich nach Überweisung einer niedergelassenen Kollegin bei uns in der interdisziplinären Dysgnathiesprechstunde vor. Im Rahmen dieser Sprechstunde werden sowohl von kieferorthopädischer als auch kieferchirurgischer Seite der Ablauf, das Zeitintervall und insbesondere die Risiken der Behandlung dargelegt. Da es sich um eine lange und für den Patienten anspruchsvolle Therapie handelt, muss das Ausmaß bereits vor Beginn der Behandlung besprochen werden.

Die kieferorthopädische Behandlung erfolgte auf Wunsch der Patientin in der Poliklinik für Kieferorthopädie der UMG. Eine funktionelle Vorbehandlung mit Schienentherapie wurde alio loco im Vorfeld durchgeführt.

Für die Patientin standen die ästhetische Verbesserung ihres Profils und die Optimierung der Abbeißfunktion im Fokus.

Klinischer Befund

Extraoral fielen die Einlagerung der Unterlippe, das stark konvexe Profil und das verkürzte Untergesicht auf. Zudem zeigten sich eine stark ausgeprägte Supramentalfalte, eine negative Lippentreppe, eine schmale Ober- und Unterlippe sowie ein geringes Frontzahndisplay beim Lachen. Die Kinnprominenz war gering ausgeprägt, zudem zeigte das Kinn eine Asymmetrie rechtsseitig (Abb. 3).

Abb. 3 Intra- und extraoraler Anfangsbefund.

Die allgemeine intraorale Untersuchung zeigte ein gut gepflegtes, konservierend versorgtes Gebiss. Der klinisch kieferorthopädische Befund ergab als Hauptparameter einen vergrößerten Overjet mit 11,5 mm, sowie einen Tiefbiss mit traumatischem Gingivakontakt bei einem Overbite von 7 mm. Im Oberkiefer fielen die stark protrudierte Oberkieferfront mit Lückenbildung und die spitz zulaufende, schmale Zahnbogenform auf. In der Unterkieferfront bestand ein leichter Engstand, die Speekurve war stark ausgeprägt.

Die Messung der Parodontaltaschen zeigte erhöhte Sondierungstiefen im Bereich der Molaren, sodass die Patientin zunächst zur weiteren Diagnostik einer parodontalen Erkrankung zu ihrem Hauszahnarzt überwiesen wurde.

Der CMD-Kurzcheck nach Ahlers/Jakstat30 ergab ein reziprokes Knacken im Kiefergelenk rechtsseitig, sowie ein sporadisches Knacken linksseitig. Der Bereich des M. Masseter war verhärtet jedoch nicht druckdolent. Die darauffolgende eingehende Funktionsanalyse ermittelte keine Indikation für eine prätherapeutische Schienenbehandlung.

Röntgenologischer Befund

Im Rahmen der kieferorthopädischen Planerstellung wurden ein OPG und ein FRS angefertigt (Abb. 4 und 5).

Abb. 4 OPG Anfangsbefund.

Abb. 5a und b Anfangs-FRS mit relevanten Variablen.

Das OPG zeigte 29 angelegte permanente Zähne. Der Zahn 38 war retiniert. Die Entfernung retinierter dritter Molaren sollte mindestens sechs Monate vor der Umstellungsosteotomie erfolgen31. Besonders die Zähne 38 und 48 liegen häufig im Bereich der Osteotomielinie und können dort zu einem intraoperativen „bad split“, Wundheilungsstörungen oder Schwächung der Osteosynthese führen32.

Zudem war ein generalisierter horizontaler Knochenabbau im Ober- und Unterkiefer, besonders im Bereich der Molaren zu erkennen.

Die kephalometrische Analyse bestätigte das intra- und extraorale Erscheinungsbild der Patientin. Es lag ein orthognath, disharmonischer Gesichtstyp mit einer Relation nach Hasund von T3 vor33. Während die Kieferbasen orthognath waren, lag eine sagittale Abweichung der Basen zueinander, mit einer vertikal tiefen Konfiguration vor. Die Oberkieferfrontzähne standen protrudiert, wogegen die Unterkieferfrontzähne eine stark retrudierte Achsenneigung vorwiesen (Abb. 5).

Folgende Hauptparameter (Key-Facts) ließen sich aus der Initialdiagnostik ableiten:

Skelettale Klasse II mit stark vergrößertem Overjet und Overbite,

protrudierte Oberkieferfrontzähne,

retrudierte Unterkieferfrontzähne,

parodontale Vorerkrankung,

CMD-Kurzcheck positiv.

Prächirurgischer Behandlungsverlauf

Das Hauptziel der kieferorthopädischen Vorbehandlung ist die Dekompensation und Ausformung der Zahnbögen auf ihren jeweiligen Kieferbasen.

Zur transversalen Erweiterung wurde der Patientin eine Quadhelix mit mesialen Ausläufern im Oberkiefer eingesetzt und zeitgleich eine Multibracketapparatur eingegliedert. Genutzt wurde die Segmentbogentechnik nach Burston mit Overlay zur Intrusion des Frontzahnsegmentes34. Der Unterkiefer wurde leicht zeitverzögert beklebt, auch hier kam ein Overlaybogen zur Intrusion der Zähne 32 bis 42 zum Einsatz (Abb. 6a bis c). Die Lücken im Oberkiefer wurden reziprok geschlossen, um die spätere intraoperative Verlagerungsstrecke nicht zu stark zu reduzieren. Erst wenn die Zahnbögen ausreichend dekompensiert sind, ist eine Dysgnathiechirurgie mit stabiler postoperativer Okklusion möglich35.

Abb. 6a bis c Dreigeteilte Intrusionsmechanik nach Burston im Ober- und Unterkiefer.

Prächirurgische Vorbereitung und Modelloperation

Nach der kieferorthopädischen Vorbehandlung erfolgte die Operationsvorbereitung an der Patientin in der Poliklinik für Kieferorthopädie. Im Rahmen dieses Termines werden alle für die virtuelle OP-Planung notwendigen Unterlagen angefertigt. Das klinische Prozedere umfasst: digitale Scans oder Abformungen im Ober- und Unterkiefer mit Alginat, extra- und intraorale Fotos sowie nochmals einen CMD-Kurzcheck nach Ahlers/Jakstat, einen 3-D-Weichteilscan sowie ein DVT des Schädels mit einem FOV von 24 × 19 cm.

Registrierung der Gelenkposition

Ein Hauptaugenmerk der vorbereitenden Maßnahmen liegt auf der Registrierung der zentrischen Kondylenposition. Diese wird von der DGZMK36 als „kranio-ventrale, nicht seitenverschobene Position beider Kondylen bei physiologischer Kondylus-Diskus-Relation“ definiert. Hierzu wird das Bissregistrierungsmaterial Primobyte (Fa. Primodent, Bad Homburg) verwendet, ein lichthärtendes Kombinationsmaterial aus individueller Registrierplatte und einer formbaren Detailpaste (Abb. 7a bis d).

Abb. 7a bis d Herstellung eines Zentrikregistrates für einen Angle Klasse III-Patienten mit Primobyte.

Die individuelle Registrierplatte wird im Labor auf dem Oberkiefermodell anpasst und ausgehärtet. Anschließend wird die Platte soweit ausgedünnt, dass keine vertikale Bisserhöhung mehr vorliegt. Eine Kontrolle erfolgt intraoral. Die Detailpaste wird zunächst im Bereich der Eckzähne aufgetragen und der Patient mittels Kinnführungsgriff37 drucklos in die Zentrik geführt. Speziell Klasse II-Patienten fällt das Zulassen einer solchen Führung schwer. Hier empfiehlt es sich, mit dem Patienten Lockerungsübungen durchzuführen. Dasselbe Prozedere wird für die Detailregistrierung im Bereich der Molaren durchgeführt. Anschließend wird die Reproduzierbarkeit der Position überprüft.

Digitalisierung der Patientendaten

Die Modelle der dentalen Situation werden anschließend vom kieferorthopädischen Behandler in die gewünschte Zielokklusion geführt und fixiert. Diese Überführung der Ist-Situation in die Zielokklusion wird haptisch durchgeführt. Auch im Rahmen eines digitalen Ablaufs scheint die händische dreidimensionale Zuordnung im Rahmen eines Lehrbetriebes noch deutlich einfacher und fehlerresistenter zu sein. Im Anschluss erfolgt die Digitalisierung der Zielokklusion (S300 Ortho Scanners, Fa. Zirkonzahn, Gais, Italien).

Zur Generierung des virtuellen Patienten erfolgt die Fusion aller Datensätze: Anhand der DICOM-Datensätze wird mit Mimics InPrint 3.0 (Fa. Materialise, Leuven, Belgien) ein dreidimensionales Schädelmodell mit separiertem Ober- und Unterkiefer des Patienten angefertigt. In ProPlan CMF 3.0 (DePuy Synthes CMF; Fa. Materialise) erfolgt das Matchen der digitalen Modelle und des dreidimensionalen Fotos auf die skelettale Rekonstruktion.

Virtuelle Operationsplanung

Die anschließende virtuelle Operationssimulation erfolgt entlang der konventionellen Schnittführungen der bilateralen sagittalen Spaltosteotomie nach Obwegser/Dal-Pont4,5 und einer Osteotomielinie für die Genioplastik (Abb. 8a bis d). Die gewünschten knöchernen Verlagerungen können eingestellt werden und das postoperative Ergebnis mittels Weichteilmodulierungen prognostiziert werden. Dieser Schritt ermöglicht zum einen eine Feinjustierung der operativen Vorgehensweise und zum anderen kann dem Patienten der weitere Behandlungsverlauf einfacher dargestellt werden.

Abb. 8a bis d Skelettale präoperative Situation und präoperative Weichteilsimulation (a und b), geplante Modelloperation und dazugehörige Weichteilsimulation (c und d).

Die Abbildungen 8a bis d zeigen die mithilfe der Weichteilsimulation gestaltete Prognose der potenziellen postoperativen Situation.

Auch die Modelloperation wird interdisziplinär besprochen, um ein optimales, chirurgisch umsetzbares Ergebnis für die Patientin zu erreichen. Bei der Patientin wurde eine isolierte Unterkiefervorverlagerung geplant, wobei der Unterkiefer um 7 mm nach anterior verschoben und die Mittellinie an die Oberkiefermitte angepasst wurde. Zur Optimierung der Lippenfunktion und Streckung der unteren Gesichtshöhe wurde zusätzlich eine funktionelle Genioplastik geplant mit anteriorer und kaudaler Verlagerung des knöchernen Kinns (Abb. 8a bis d). Eine funktionelle Genioplastik ist besonders für solche Patienten empfehlenswert, die zwar in eine optimale Okklusion eingestellt werden können, jedoch weiterhin ein defizitäres Kinn oder eine Asymmetrie im Kinnbereich aufweisen38,39. Positive Auswirkungen hat die Genioplastik zudem auf die Langzeitstabilität, so zeigen Patienten, die zusätzlich zur Unterkiefervorverlagerung eine Korrektur des Kinns erhalten haben, die geringsten postoperativen Rezidive40. Zusätzlich ist die Verbesserung des Profilverlaufs bereits in der Planung deutlich ersichtlich.

3-D-Druck der OP-Splinte

Die Operationssplinte wurden digital designt und mit einem Stereolithografie-Drucker der Firma Formlabs GmbH (Berlin) angefertigt (Abb. 9a bis c). Für die Patientin wurde ein Doppelimpressionensplint hergestellt, der die zentrische Kondylenposition sichert und die postoperative Unterkieferlage festlegt. Zudem erhielt die Patientin einen Finalsplint, der postoperativ als Übungssplint fungiert.

Abb. 9a bis c Workflow des Splintdesigns: Überlagerung des Finalsplintes (blau) und des Doppelimpressionensplintes (grau) (a), Stereolithografiedruck des Doppelimpressionensplintes mit Stützstrukturen auf der Druckplattform (b), Lichthärtung des Splintes (c).

Der Doppelimpressionensplint enthält „Balkone“ im Bereich der Molaren. Das Design dieses Splintes ist an die von Luhr et al. 1991 vorgestellte Methodik angelehnt und digital umgesetzt: Während der Operation werden zunächst die Kiefer in der zentrischen Impression intermaxillär immobilisiert und der gelenktragende Teil der Mandibula mithilfe einer Osteosyntheseplatte am Balkon des Splintes fixiert, bevor der Unterkiefer in seine geplante Position versetzt wird41. Der Splint sichert somit kontinuierlich die korrekte Position des Kiefergelenkes.

Postoperative Behandlungsphase

Postoperativ blieb der Übungssplint drei Tage über intermaxilläre Gummizüge permanent in situ. Anschließend wurde der Splint noch eine weitere Woche über Klasse II-Gummizüge 22 bis 23 Std. getragen und von der Patientin selbstständig ein- und ausgegliedert. Die postoperative kieferorthopädische Therapie begann direkt am zweiten Tag nach der Umstellungsosteotomie. Die direkte kieferorthopädische Weiterbehandlung ermöglicht ein schnelles Anpassen der dentalen Situation an die neu erreichte Kieferlage.

Drei Tage postoperativ wurde routinemäßig ein DVT der Patientin angefertigt. Die Untersuchung der Kondylen zeigte die gewünschte zentrische Position, die präoperativ festgelegt wurde (Abb. 10). Postoperativ kann es, bedingt durch die ödematöse Schwellung im Gesichtsbereich, häufig zu einer leichten Distraktion im Gelenkspalt kommen, die sich bei der dargestellten Patientin jedoch zügig zurückgebildet hatte.

Abb. 10a und b Kondylenposition links: präoperativ; rechts: drei Tage postoperativ.

Bei Entbänderung zeigte sich ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis (Abb. 11). Die Hauptprobleme der Patientin konnten gut gelöst werden. Die Patientin wirkt deutlich verjüngt, mit einem harmonischen extraoralen Erscheinungsbild und einem ansprechenden Profil. Es besteht eine beidseitige Angle Klasse I, zudem konnte eine stabile Frontzahnabstützung mit physiologischem Overjet und Overbite erzielt werden.

Abb. 11 Ergebnis bei Entbänderung.

Der postoperative CMD-Kurzcheck zeigte keine Auffälligkeiten.

Insgesamt war die Patientin sehr zufrieden mit dem Ergebnis, was bei der Bewertung des Behandlungserfolges nicht außer Acht gelassen werden sollte.

Schlussfolgerung

Die Notwendigkeit von Hilfsmitteln zur intraoperativen Kondylenposition ist umstritten. Der klinische Aufwand ist hoch und teilweise nur schwierig in den Praxisalltag zu integrieren.

Aus unserer Erfahrung und den Ergebnissen der durchgeführten Studie ist die präoperative Bestimmung der Zentrik und Übertragung auf Hilfsmittel jedoch dringend empfehlenswert. Sie verhindern patientenindividuelle Abweichungen sowie Behandlerfehler und ermöglichen eine vorhersagbare und stabile postoperative Position der Kondylen.

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Johanna Wiessner, Anja Quast, Petra Santander, Larissa Knocks, Henning Schliephake, Philipp Meyer-Marcotty

Kieferorthopädisch dentoalveoläre Dekompensation im Rahmen der Dysgnathietherapie

Ein Patientenbeispiel

INDIZES

Erwachsene, kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgisch, Dysgnathie, Dekompensation, interdisziplinär

ZUSAMMENFASSUNG

Aufgrund des Anstiegs von kieferorthopädischen Erwachsenenbehandlungen und den damit einhergehenden steigenden Zahlen an durchgeführten Dysgnathieoperationen wird die kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie im kieferorthopädischen Alltag zunehmend präsenter. Während dieser interdisziplinären Behandlung stellt die dentoalveoläre Dekompensation der initial kompensierten Malokklusion einen zentralen Behandlungsschritt dar. Für das praktische Vorgehen sollte der Zusammenhang zwischen der achsengerechten Ausrichtung der Front- und Seitenzähne und den operativ umsetzbaren Verlagerungsstrecken der skelettalen Basen in allen drei Dimensionen beachtet werden. Denn eine optimale Ausformung auf dentoalveolärer Ebene durch uns Kieferorthopäden ermöglicht überhaupt erst eine optimale skelettale Verlagerung durch den Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, um insgesamt ein gutes Behandlungsresultat für den Patienten zu liefern.

Einleitung

Die Anzahl kieferorthopädischer Behandlungen bei erwachsenen Patienten ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen1–4. So veröffentlichte das Journal of Clinical Orthodontics Praxisdaten von 1981 bis 2013, die einen Anstieg der Erwachsenenbehandlungen von 15,4 % auf 23 % aufzeigten5,6. Die steigenden Möglichkeiten wenig sichtbarer Behandlungsapparaturen lassen auch zukünftig eine Zunahme kieferorthopädischer Therapien bei volljährigen Patienten erwarten7,8. Gleichzeitig schränkt das fehlende Wachstum die Behandlungsoptionen bei erwachsenen Patienten häufig ein9. Dies ist insbesondere bei Patienten mit ausgeprägten skelettalen Dysgnathien zu beobachten. Hier gilt es in Zusammenarbeit mit Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen zwischen Patienten mit Indikation zur kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Therapie und non-operativen, rein kieferorthopädisch behandelbaren Kasuistiken zu unterscheiden10,11. Dabei ist zu beachten, dass die Option der kompensatorischen, non-operativen Behandlung und die der operativen Korrektur zwei vollkommen unterschiedliche Ziele verfolgen. Während im Rahmen der non-operativen Behandlung die dentoalveoläre Kompensation der skelettalen Dysgnathie erfolgt, muss bei der operativen Therapie diese Camouflage für ein erfolgreiches Operationsergebnis in allen drei Dimensionen dekompensiert und die Frontzähne orthoaxial auf der Kieferbasis ausgerichtet werden12,13.

Orthodontics First versus Surgery First

Die Dekompensation kann entweder vor (= Surgery First) oder nach (= Orthodontics First) der Dysgnathieoperation erfolgen, wobei beide Konzepte Vor- und Nachteile aufweisen. Im Rahmen des seit Jahrzehnten etablierten Therapiekonzepts „Orthodontics First“ (OF) erfolgt durch die ideale Ausformung der Zahnbögen eine temporäre Verstärkung der Malokklusion14,15. Allerdings kann durch präoperativ ideal ausgerichtete Zahnbögen eine optimale chirurgische Ausrichtung des maxillomandibulären Komplexes unter maximaler Interkuspidation erfolgen12,16. Dies soll zugleich der Rezidivprophylaxe dienen und vermeidet funktionelle Einschränkungen aufgrund einer postoperativ instabilen Verzahnung15,17. Eine erfolgreiche dekompensatorische Vorbehandlung kann so durch Erreichen einer stabilen Okklusion – ähnlich einem Übungssplint – die postoperative Umorientierung der Bänder und Muskeln unterstützen18,19.

Vorteile des „Surgery First“ (SF)-Konzepts werden in einer verkürzten aktiven Therapiedauer sowie der sofortigen Verbesserung der Kaufunktion und des Profils gesehen20,21. Das Indikationsspektrum wird allerdings in Abhängigkeit des Schweregrades der Dysgnathie als deutlich begrenzter als bei dem OF-Ansatz in der Literatur beschrieben22,23. Zusätzlich wird bei bestimmten Therapiefällen (offener Biss, skelettale Klasse III) eine erhöhte Rezidivwahrscheinlichkeit diskutiert20,22.

Beide Konzepte sind mit Vor-und Nachteilen behaftet. Es wäre daher unsinnig, eine der beiden Vorgehensweisen als überlegen darzustellen. Vielmehr ist ein medizinisch basiertes Abwägen nötig, um für den Patienten ein optimal zugeschnittenes Therapieregime auszuwählen.

Dentoalveoläre Dekompensation

Die dentoalveoläre Dekompensation bei kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgischer Therapie bedeutet eine möglichst achsengerechte Einstellung der Front- und Seitenzähne in allen drei Dimensionen – sagittal, vertikal, transversal – unabhängig von der zugrundeliegenden skelettalen Fehlstellung. Sie ist primär unabhängig von dem gewählten Grundkonzept (OF vs. SF). An der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) wird nach Indikationsstellung zur kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Therapie eines der beiden Grundkonzepte für den individuellen Patientenfall interdisziplinär ausgewählt.

Für das kieferorthopädisch, praktische Vorgehen sollte dabei beachtet werden, dass die dentoalveoläre Dekompensation der Malokklusion direkt mit den operativ umsetzbaren Verlagerungsstrecken korreliert (Abb. 1 und 2), egal ob die chirurgische Intervention vor oder während der kieferorthopädischen Behandlungsphase erfolgt.

Abb. 1a bis c Patientenbeispiel mit ausgeprägter skelettaler Klasse III und bignather Umstellungsosteotomie. Vor Behandlungsbeginn (T1) zeigte sich die dentoalveoläre Kompensation der skelettalen Fehlstellung mit Labialstellung der Frontzähne im Oberkiefer und Retrusion der Frontzähne im Unterkiefer (a). Präoperativ (T2) wurde die dentoalveoläre Dekompensation durch eine Retrusion der OK-Front bzw. des gesamten Zahnbogens mittels skelettaler Verankerung erreicht (b). Nach Entfernung der Multibandapparatur (T4) ist eine skelettale Klasse I eingestellt worden mit radiologisch nachweisbarer verbesserte Ober-/Unterkiefer-Frontzahnstellung; auch die klinische Situation zeigte eine Klasse-I-Relation (c).

Abb. 2a bis c Patientenbeispiel mit ebenfalls ausgeprägter skelettaler Klasse III und bignather Umstellungsosteotomie. Nach Abschluss der Therapie ist radiologisch eine verbesserte skelettale Relation zu sehen. Auch klinisch kann bei Nachweis einer dentalen Klasse-I-Relation von einem ansprechenden Resultat ausgegangen werden. Die Analyse der Frontzahnachsen zeigte indes nach wie vor eine ungünstige Frontzahnstellung mit Labialstand der Oberkieferfront. Vor Behandlungsbeginn (T1) (a), präoperativ (T2) (b), nach Entfernung der Multibandapparatur (T4) (c).