Klassiker der Erotik 53: Bekenntnisse der Mademoiselle Sappho - Anonymus - E-Book

Klassiker der Erotik 53: Bekenntnisse der Mademoiselle Sappho E-Book

Anonymus

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Beschreibung

Ich war ein großes Mädchen geworden, und mit den Jahren hatten alle meine Fehler zugenommen. Bald traten zu diesen noch neue hinzu: ich wurde außerordentlich wollüstig. Ich wußte nicht warum, ich wußte nicht, was ich tat, noch was ich wollte — aber genug, ich zog mich nackt aus, sowie ich allein war; wohlgefällig betrachtete ich mich, betastete alle Teile meines Körpers, liebkoste meinen Busen, meine Schenkel, meinen Leib. Ich spielte mit den schwarzen Härchen, die bereits das Heiligtum der Liebe umschatteten, ich kitzelte leise dessen Eingang, aber ich wagte nicht tiefer einzudringen: es schien mir so eng, so klein zu sein, daß ich mich zu verletzen fürchtete. Indessen, ich fühlte an diesem Teil ein verzehrendes Feuer; mit Entzücken rieb ich mich ...

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Anonymus

Bekenntnisse der Mademoiselle Sappho

Inhalt

Vorwort

Beichte eines jungen Mädchens

ERSTER TEIL

ZWEITER TEIL

DRITTER TEIL

ZWEITER BRIEF über die Bekenntnisse des Fräulein Sappho

Schluß der Beichte eines jungen Mädchens

Vorwort

In den siebziger Jahren des XVIII. Jahrhunderts erschienen unter dem Titel L’espion anglais angebliche Briefe eines Mylord All‘ Eye an einen Mylord All’Ear. Den Inhalt bilden Berichte über Politik, Kunst und Literatur. In dem zehnten und letzten Bande dieses Werkes befindet sich eines der seltsamsten und wichtigsten Dokumente zur Sittengeschichte jener Epoche, die „Bekenntnisse eines jungen Mädchens", die unter den Titeln „Anandria" oder „Bekenntnisse der Mademoiselle Sappho" dann auch mehrfach in Einzelausgaben erschienen sind.

Es ist die Geschichte eines fünfzehnjährigen jungen Landmädchens, das der berüchtigten Kupplerin Frau Gourdan in die Hände fiel und von dieser an eine hochstehende Dame „geliefert“ wurde. Auf diese Weise geriet „Fräulein Sappho“ in einen Kreis von Lesbierinnen hinein, die in einem eigens dazu eingerichteten Tempel einen mysteriösen Kultus feierten und zugleich den Drang ihrer Sinne befriedigten.

Dieser Lesbierinnenbund war einer der zahlreichen Klubs, die, wie historisch feststeht, zu jener Zeit in Paris der Verwirklichung erotischer Phantasien geweiht waren. Die Schilderung gipfelt in einer großen Rede, worin die berühmte Schauspielerin Raucourt die lesbische Liebe preist. Die Rede bringt wohl das interessanteste und gediegenste Material, das wir überhaupt zum Thema der lesbischen Liebe besitzen.

Der außerordentliche Wert des Werkes beruht darauf, daß es sich nicht etwa um freie Erfindung oder tendenziöse Übertreibungen handelt, sondern um historisch beglaubigte Vorgänge und Persönlichkeiten, die den höchsten Kreisen der Pariser Gesellschaft angehören und zum Teil sogar Prinzessinnen von Geblüt sind.

Die Namen sind nach der Mode jener Zeit in sehr durchsichtiger Weise verhüllt. So ist zum Beispiel die Herzogin von Villeroi als Prinzessin Urbsrex angeführt.

Ein besonderes historisches und menschliches Interesse bieten unter den in der Erzählung vorkommenden Lesbierinnen besonders die beiden berühmten Schauspielerinnen Mademoiselle Arnould und Mademoiselle Raucourt.

Die Arnould wurde ebenso sehr durch ihren glänzenden Witz berühmt wie durch ihre Bühnenkunst. Ihre Liebesverhältnisse waren zahllos. Zuerst war sie die anerkannte Geliebte des Grafen Lauragnais, von dem sie drei Kinder hatte. Natürlich teilte der Graf sein Glück mit vielen anderen Kavalieren. Als er aber im Jahre 1761 während einer Abwesenheit seine Geliebte dem Generalkontrolleur Berlin anvertraute, hatte er geradezu den Bock zum Gärtner gemacht, denn sie wurde nun die Maitresse dieses Herrn, der aber dann bald neuen Liebhabern Platz machen mußte. Übrigens scheinen ihre körperlichen Reize sehr zweifelhafter Art gewesen zu sein. Denn in einem Polizeibericht aus jener Zeit heißt es: „Man muß wohl annehmen, daß die Herren von den Talenten des Fräuleins angezogen werden, denn ich kann an ihr sonst nichts sehr anziehendes erblicken. Ich sah sie aus dem Bett steigen: sie hat eine außerordentlich dunkle und trockene Haut und ihr Mund ist stets voll von Speichel, so daß man beim Sprechen die Sahne ihrer Rede ins Gesicht bekommt." Trotzdem machte sie aber immer neue Eroberungen. 1770 war sie die Geliebte des Fürsten Henin, auf dessen erotischem Theater sie die skandalösesten Szenen zur Darstellung brachte. Schließlich betrog sie ihn und steckte ihn mit einer galanten Krankheit an. Am 6. Januar 1780 meldeten die Mémoires secrets, daß der Fürst von der Arnould genug hatte; er wurde ihr gerade von ihrer besten Freundin, der Raucourt, abspenstig gemacht, die nun bis zur Schreckenszeit die Favoritin des Fürsten blieb. Im Jahre 1778 zog die Arnould sich von der Bühne zurück und hielt nun einen Salon, in welchem Künstler, Politiker, Schriftsteller u. A. sich trafen. In der Revolutionszeit geriet sie in ärmliche Verhältnisse. Als sie am 22. Oktober 1802 starb, kümmerte sich niemand um ihr Leichenbegängnis. Über ihre tribadischen Neigungen schreiben die Goncourts: „Die Mémoires secrets de la République des lettres berichten am 11. Juli 1774: Das Laster der Tribadie kommt jetzt bei unseren Fräuleins von der Oper sehr in Mode. Fräulein Arnould, die doch auf dem anderen Liebesgebiet ihre Proben abgelegt hat — denn sie hat ja mehrere Kinder — ergibt sich jetzt im reiferen Alter diesen neuen Freuden. Sie bediente sich dazu eines Mädchens, Namens Virginie; diese hat aber kürzlich ihren Platz gewechselt und ist bei Fräulein Raucourt von der Comédie Française eingetreten. Als neulich im Palais Royal ein Herr von Veuiet Bemerkungen über Fräulein Virginies Untreue machte, gab Fräulein Arnould, die es gehört hatte, dem Spötter eine kräftige Ohrfeige. Er nahm sie wohl oder übel lachend hin und bat die liebenswürdige Tribade um Entschuldigung. — Sophie Arnould hatte allwöchentlich zwei Empfangstage, Dienstag und Donnerstag. Davon waren die letzteren nur für Damen bestimmt; es erschienen alle bekannten Tribaden von Paris, und es scheinen ganz schlimme Orgien vorgekommen zu sein. — Plötzlich aber trat eine Spaltung ein, die bei den „filles du haut style de la capitale“ gewaltiges Aufsehen machte. Die Lesbierinnen teilten sich in zwei Sekten: die eine, an deren Spitze Fräulein Arnould stand, wollte durchaus nur von Weibern wissen, die andere, unter Fräulein Raucourt, ließ auch Männer zu, unter der Bedingung, daß diese bei den Liebeskämpfen sich nur nach Weiberart betätigen durften. Diesen Eklektizismus verwarf die Arnould durchaus; sie sagte: Eine soll entweder Hure oder Tribade sein. Von Ketzereien wollen wir nichts wissen.“

Die Raucourt war 1756 in Nancy geboren, kam früh zur Bühne und feierte bereits mit zwölf Jahren in Spanien Triumphe. Im Jahre 1779 wurde sie an das Théâtre Français berufen; sie blieb dort bis zur Revolution. Unter der Schreckensherrschaft wurde sie nebst anderen Schauspielern angeklagt und mußte sechs Monate im Gefängnis zubringen. Als sie schließlich freigelassen wurde, gründete sie ein zweites Théâtre Français, das aber bald wieder einging. Später wurde sie von Napoleon protegiert; sie erhielt den Auftrag, französische Schauspielergesellschaften zu organisieren und mit diesen Italien zu bereisen. Sie starb in Paris im Jahre 1815. Ihren Hang zur Tribadie behandelt folgendes Epigramm:

Pour te feter, belle Raucourt

Que n’ai-je obtenu la puissance

De changer vingt fois en un jour

Et de sexe et de jouissance!

Oui, je voudrais, pour t’exprimer,

Jusqu’à quel dégré tu m’es chère

Etre jeune homme pour t’aimer

Et jeune fille pour te plaire.

Beichte eines jungen Mädchens

In der Weihnachtsnacht hatte es ein wenig gefroren; dadurch hatten wir einen schönen Tag bekommen. Am Morgen war das Wetter ruhig, der Himmel heiter, die Sonne durchwärmte die Luft. Gegen Mittag war eine große Menschenmenge in den Tuilerien zusammengeströmt und bewegte sich auf der Terrasse des Feuillants, dem gewöhnlichen Spaziergang zu dieser Jahreszeit, wo auch der Graf d’Aranda regelmäßig mindestens einmal täglich frische Luft schöpft. Ich hatte den hohen Herrn dort getroffen und plauderte mit ihm, als wir plötzlich am unteren Ende der Terrasse einen Auflauf bemerkten. Von allen Seiten eilten die Schweizer und Parkwächter herbei und eine große Menschenmenge strömte ihnen nach. Wir traten näher und erkannten deutlich die kleine Gräfin. Sie werden sich erinnern, daß man bei Hofe, wo man alles im milden Lichte sieht, mit diesem Namen Madame Gourdan bezeichnet, jene berühmte Kupplerin, von der ich Sie bereits mehrere Male unterhalten habe. In ihrer Gesellschaft befand sich eine sehr gut gekleidete, sehr hübsche und sehr junge Nymphe — in Wirklichkeit noch ein Kind. Die Kleider dieser letzteren befanden sich in einer gewissen Unordnung, und sie weinte bitterlich; die andere zeterte und fluchte mit zornrotem Gesicht und tobte wie eine Megäre. Bei ihnen befand sich ein alter Mann, dessen edle Gesichtszüge einen Ausdruck des Schmerzes und des Schreckens trugen; er war wie ein Landmann gekleidet. Bald verbreitete sich das Gerücht, der Landmann habe seine Tochter gesucht, die seit einiger Zeit aus ihrem Dorf verschwunden sei, und habe sie trotz der eleganten Kleidung, in der er sie früher niemals gesehen, wiederzuerkennen geglaubt; er sei auf sie zugegangen, habe sie mit harten Worten angeredet und sich ihrer bemächtigen wollen, um sie wieder nach Hause zu nehmen. Dieser Absicht hätte sich jedoch einerseits die Frau Äbtissin Gourdan, und andererseits noch mehr das Mädchen selber widersetzt. Diese hätte sich gestellt, wie wenn sie gar nicht wüßte, wer er wäre, wovon er redete und was er von ihr verlangte. Der Bauer wäre in Wut geraten, daß sein eigenes Fleisch und Blut ihn verleugnete und hätte dem Mädchen ein paar Ohrfeigen gegeben.

Hierdurch war der ganze Auflauf veranlaßt worden. Man führte sie ins Schloß, um die Befehle des Herrn Gouverneurs oder des wachthabenden Offiziers einzuholen.

Der spanische Grande ist ein Liebhaber kurioser Geschichten, und wie Sie wissen, gebe ich ihm hierin nichts nach. Wir nahmen Anteil an dem Schicksal des jungen Mädchens und bemühten uns eifrig zu erfahren, was man über sie beschließen würde. ln diesem Augenblick sah ich den Generalleutnant der Profossen des Königlichen Schlosses, Herrn Clos, die Promenade verlassen, und sich eilig nach dem Palast begeben; ich bezweifelte nicht, daß er in dieser Angelegenheit dienstlich zu tun haben würde. Der Zufall wollte, daß ich gerade an diesem Tage bei dem Marquis de Villette, in dessen Hause er wohnt, mit ihm zusammen speisen sollte. Ich wünschte mir Glück dazu und versprach dem Grafen, ihn am nächsten Tage auf der Terrasse, wo wir uns wieder treffen wollten, über das ganze Abenteuer gründlich zu unterrichten.

Ich hatte richtig geraten: als wir ankamen, bestätigte Herr Clos uns die Wahrheit des im Publikum verbreiteten Gerüchtes. Er sagte uns: er zweifle durchaus nicht daran, daß das junge Mädchen die Tochter des Bauern sei; aber die Züchtigung, die der unglückliche Vater ihr verabfolgt habe, sei schon an und für sich ein schweres Vergehen, noch mehr aber in Anbetracht des Umstandes, daß er es in dem Königlichen Garten begangen habe. So gerecht im Grunde der Anspruch des Landmannes sei, habe dieser doch ins Gefängnis geschickt werden müssen, während man die beiden Frauen frei gelassen habe; dieselben hätten jedoch Befehl erhalten, sich um fünf Uhr in seiner Amtswohnung zum Verhör einzufinden. Sie können sich denken, wie neugierig alle Gäste waren, das Ergebnis dieses Verhörs zu erfahren; Herr Clos machte uns Hoffnung, er würde unsern Wunsch befriedigen können; auf alle Fälle würde er wiederkommen, um uns Bescheid zu sagen. Wir warteten auf ihn, und gegen neun Uhr kam er wirklich und sagte uns, die Geschichte habe mit einer Versöhnung geendet, die er auf der Stelle zustande gebracht habe; es sei jedoch zu diesem Zwecke viel Hinundherlaufen notwendig gewesen, und dadurch sei er solange aufgehalten worden. Nach seiner Erzählung war das Mädchen wirklich die Tochter jenes Bauern; aber sie hatte einen solchen Hang zum leichtfertigen Leben, daß es ihr nicht mehr möglich war, es in ihrem Dorfe und im Elternhaus auszuhalten. Außerdem aber war sie schwanger, und da sie sich bereits in einem vorgerückten Stadium befand, hätte ihr Aufenthalt unter dem Strohdache eines Bauernhauses ein zu ärgerliches Schauspiel geboten. Außerdem hätte sie sich unter den Schutz der Königlichen Musik-Akademie gestellt, indem sie sich als überzählige Schülerin bei der Oper einschreiben ließ; infolgedessen hätten ihr Vater und ihre Mutter kein Anrecht mehr auf sie. Der alte Bauer war ein vernünftiger Mann; er hatte sich daher schließlich den Gründen der Vernunft gefügt und einer Autorität entsagt, die er nur zum Unglück seiner Tochter und folglich auch zu seinem eigenen hätte ausüben können. Als Entschädigung hatte Herr Clos verlangt, daß Madame Gourdan ihm eine Summe von fünfundzwanzig Louis als Ersatz seiner Reisekosten gäbe; aber der Bauer hatte diese mit Entsetzen zurückgewiesen und erklärt, er wolle nichts haben, denn die Schande lasse sich mit Geld nicht zudecken; es bleibe ihm nichts anderes übrig als zu vergessen, daß er jemals eine Tochter besessen habe.

Man bewunderte den starken Charakter des Bauern, den Edelmut seiner Weigerung; man stellte Betrachtungen an über seinen Unstern, der ihn veranlaßt habe, sein Haus zu verlassen, um den Spuren seiner Tochter zu folgen; den Unstern, der ihn sie habe finden lassen, ohne sie doch mit nach Hause nehmen und ihr liederliches Betragen bändigen zu können, und der ihn schließlich zum Lohn für alle überstandene Sorge und Not nur ins Gefängnis gebracht habe. Diese philosophischen Betrachtungen wichen jedoch bald der lebhaftesten und natürlichsten Teilnahme für das junge Mädchen. Die Neugier der Gäste wuchs, und Herr Clos wurde von ihnen mit stürmischen Fragen bedrängt. Schließlich lächelte er und sagte: Meine Herren, ich habe eine angenehme Überraschung, auf die Sie gewiß nicht gerechnet haben, für Sie in Bereitschaft gehalten: ich habe Madame Gourdan fortgeschickt, um ihren Geschäften nachzugehen, und habe Fräulein Sappho — so heißt die kleine Nymphe — bei mir behalten; wenn Sie mir folgen und mit mir nach oben kommen wollen, können Sie mit ihr soupieren.

Wir fanden bei Herrn Clos das reizendste Geschöpf, das man sich denken kann; ihre Schwangerschaft war nicht zu bemerken, und auf ihren Gesichtszügen lag die ganze Unschuld eines Kindes. Sie war noch erregt von dem Auftritt, der am Vormittag stattgefunden hatte; Tränen standen ihr in den Augen, denn in ihrem zarten Alter konnte sie noch nicht alle Liebe zu ihrem Vater verloren haben, den sie so grausam gekränkt hatte. Komplimente, Schmeicheleien und Liebkosungen verscheuchten jedoch schnell diese Traurigkeit, und sie gewann ihre heitere Stimmung wieder. Wir alle nahmen im Kreise um das Kaminfeuer Platz, sie setzte sich in die Mitte, und nun begann sie ihre Geschichte zu erzählen:

Ich stamme aus dem Dorfe Villiers-le-Bel; mein Vater ist dort Landmann und verdient durch seine und seiner Frau und Kinder Arbeit einen ziemlich guten Lebensunterhalt. Mir aber sind die landwirtschaftlichen Arbeiten stets zuwider gewesen; während die andern auf dem Felde waren, ließ man mich daheim, um den Haushalt zu besorgen; ich besorgte ihn oft sehr schlecht und wurde dafür ausgezankt und geschlagen. Ich bin von Natur kokett; schon als ich ein kleines Kind war, machte es mir das größte Vergnügen, mich in einem Bach oder in einem Eimer Wasser zu spiegeln. Wenn ich zum Herrn Pfarrer ging, konnte ich mich gar nicht vom Spiegel trennen. Ich war denn auch sehr sauber: oft wusch ich mir das Gesicht, reinigte mir die Hände, ordnete meine Haare und putzte meine Haube heraus, so gut ich nur konnte. Ich war entzückt, wenn ich in meiner Nähe jemanden sagen hörte: sie ist hübsch, sie wird einmal bezaubernd sein.

Die ganze Woche seufzte ich nach den Sonntagen: denn an diesem Tage gab man mir ein weißes Hemd, ein braunes Mieder, das meine schlanke Figur vorteilhaft zeigte und meine weiße Haut hervorhob; außerdem bekam ich neue Schuhe und eine schmale Spitze an meine Leinwandhaube. Wenn ich das goldene Kreuz meiner Mutter, ihren Ring und ihre silbernen Schuhschnallen anlegen durfte, war ich vor Freude außer mir. Außerdem brauchte ich sonntags gar nichts zu tun: ich hatte nur spazieren zu gehen, im Dorfe herum zu laufen und zu tanzen.