Klassiker der Erotik 63: Das goldene Zeitalter des kleinen Cupido - Anonymus - E-Book

Klassiker der Erotik 63: Das goldene Zeitalter des kleinen Cupido E-Book

Anonymus

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Beschreibung

17 Novellen unbekannter Autoren, deren Motive stellenweise von Boccaccio und Lafontaine angeregt wurden, stellen ein faszinierendes Lesebuch der Vielfältigkeit und Farbe deutschsprachiger Erotik dar.

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Seitenzahl: 240

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Das goldene Zeitalter des kleinen Cupido

Inhalt

Prolog

Erste Gunstbezeugung

Zweite Gunstbezeugung

Dritte Gunstbezeugung

Vierte Gunstbezeugung

Fünfte Gunstbezeugung

Sechste Gunstbezeugung

Siebte Gunstbezeugung

Achte Gunstbezeugung

Neunte Gunstbezeugung

Zehnte Gunstbezeugung

Elfte Gunstbezeugung

Zwölfte Gunstbezeugung

Dreizehnte Gunstbezeugung

Vierzehnte Gunstbezeugung

Fünfzehnte Gunstbezeugung

Sechzehnte Gunstbezeugung

Siebzehnte Gunstbezeugung

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Prolog

Die Romane, oder vielmehr die Herren, welche sie schreiben, erdenken sich so wunderbare Geschichten, daß sie beinahe jeden Glauben übersteigen und an das Reich der Unmöglichkeiten zu grenzen scheinen. Die gegenwärtigen Erzählungen aus dem Reich der Liebe und Galanterie sind freilich auch wunderbar und scheinen eine Fiktion des Verstandes zu sein. Allein sie verdienen um so mehr Glauben, weil sie nicht bloß von sehr glaubwürdigen Personen erzählt werden, sondern weil sich ähnliche Geschichten in dem gewöhnlichen Menschenleben beinahe täglich zuzutragen pflegen.

Erste Gunstbezeugung

Ein bekannter, ehrlicher, rechtschaffener Kaufmann in Ferrara sah sich genötigt, seiner Geschäfte wegen eine Reise nach Verona zu machen. Er nahm hierzu einen von seinen Dienern mit. Kaum war er einige Schritte außerhalb der Tore von Ferrara, als ihm einige Kavaliere begegneten, die nach dem äußeren Schein zu urteilen nicht bloß rechtschaffene Männer, sondern auch Leute von hoher Geburt waren. Im Grunde waren es aber, deutsch gesprochen, Straßenräuber.

Diese Gauner gaben anfangs vor, ehrliche Leute zu sein, und der Kaufmann betrachtete es als ein großes Glück, in so guter Gesellschaft seine Reise fortsetzen zu können. Sie sprachen in einem sehr freundschaftlichen, offenherzigen und verbindlichen Ton mit dem Kaufmann, so daß dieser durchaus nichts Arges vermuten konnte. Sie waren so dienstfertig und verbindlich, daß der Kaufmann im stillen sich wegen dieser Bekanntschaft beglückwünschte, die er ebenso schnell wie unerwartet gemacht hatte. Die Fremden, die dem Kaufmann völlig unbekannt waren, erboten sich, ihm alle Gefälligkeiten zu erweisen und baten ihn um die Erlaubnis, die Reise in seiner Gesellschaft machen zu dürfen. Dies Anerbieten wurde vom Kaufmann mit Vergnügen angenommen. Sie setzten zusammen ihre Reise fort. Doch die Gauner waren nur darauf bedacht, den Kaufmann auszuplündern. Sie warteten nur noch auf den richtigen Zeitpunkt und eine passende Gelegenheit, weil sie voraussetzten, daß ein Mann von seinem Stande nicht ohne eine beträchtliche Geldsumme reisen würde. Auf der Reise ist es dann wohl durchgängig Sitte, daß man sich zum Zeitvertreib über allerlei Dinge unterhält, und dieses Mal kam gerade, ich weiß selbst nicht wie, das Gespräch auf das Gebet, das jeder von der Gesellschaft am Morgen und am Abend zu beten pflegte.

„Was pflegen Sie denn zu beten, mein Herr?“ sagte einer von den drei Räubern zu dem ehrlichen Kaufmann.

„Mein Gebet als Kaufmann ist gewöhnlich ganz kurz, da ich mehr zum Handeln als zum Beten geboren bin“, erwiderte er. „Ich habe es schon lange zur Gewohnheit gemacht, daß ich ein Vaterunser und ein Ave Maria bete, um mich Gott und dem heiligen Julian zu empfehlen, damit er mir die Gnade erweise, bei meinen Reisen jeden Abend ein gutes Quartier zu bekommen. So kurz auch dieses Gebet ist, so kann ich Ihnen doch versichern, daß ich schon mehr als einmal dessen günstige Wirkung verspürt habe, ja, daß ich öfters dadurch den größten Gefahren entgangen bin, die meinem Leben und meinem Vermögen drohten. Daher glaube ich, daß der heilige Julian, zu dessen Ehre ich eben das Vaterunser und das Ave Maria bete, mein größter Gönner ist, der mich vor so vielen Gefahren gerettet und mir ein gutes Nachtquartier verschafft hat. Ich bin genau darauf bedacht, es noch vor meiner Abreise zu beten, weil ich glaube, ein großes Verbrechen zu begehen, wenn ich die Wiederholung desselben nur ein einziges Mal unterließe.“

„Wir werden sehen“, sagte der Räuber, „ob Ihr Schutzpatron Sie auch diesmal retten wird. Ich wenigstens will Ihren Geldbeutel in Verwahrung nehmen, ehe Sie sich zu Bett legen.“

Indessen waren sie unvermerkt an einen einsamen Ort gekommen, der von vielen Sträuchern eingeschlossen war. Überdies mußte man noch über einen kleinen Fluß gehen, dessen Übergang mit einigen Schwierigkeiten verbunden war. Dieser Ort war für die Absichten der Räuber außerordentlich günstig. Alle drei Räuber überfielen hier den guten, ehrlichen Mann, der an so etwas am wenigsten dachte. Von seiner Seite war an keine Verteidigung zu denken, noch weniger an eine Rettung, und er mußte es sich gefallen lassen, daß man ihm alles, sogar sein Pferd wegnahm.

Sie ließen ihm weiter nichts als sein Hemd und gaben ihm zu verstehen, daß er es noch für eine Gnade ansehen müßte, wenn sie ihm das Leben schenkten. Nun könne er sich ein Nachtquartier suchen, das ihm der heilige Julian aufgehoben habe. Sie müßten sich keine Sorgen machen, weil sie ja seine schönen Goldstücke besäßen.

Der ehrliche Kaufmann war in der traurigsten Lage von der Welt. Überdies hatte ihn noch sein Diener verlassen, der wie ein Feigling die Flucht ergriffen hatte, sobald er sah, daß man seinen Herrn anfiel. Anstatt sich zu verteidigen, wußte er nicht, wozu er sich entschließen sollte.

Die Jahreszeit war gerade damals äußerst rauh. Es war eine grimmige Kälte, und der arme Schelm hatte weder Stiefel an noch einen Hut auf. Seine ganze Kleidung bestand nur aus einem Hemd. In der Nähe befand sich nicht ein einziges Haus, weil durch den Krieg alles zerstört und verwüstet war. Die Not trieb ihn nun an, sich irgendeine Unterkunft zu suchen, ehe er ganz nackt im Freien die Nacht durchbringen wollte. Er machte sich auf den Weg, um noch vor Anbruch der Nacht eine kleine Stadt zu erreichen, weil er hoffte, dort einen Bekannten anzutreffen, der sich seiner erbarmte und ihn als einen Unglücklichen aufnahm.

Er strengte all seine Kräfte an. Doch als er an die Stadt kam, waren die Tore bereits fest verschlossen, und es war unmöglich, hineinzukommen. Einige Male ging er um die Stadtmauer herum, um irgendein Loch oder eine Öffnung zu finden, wo er durchkriechen konnte. Doch all seine Bemühungen waren vergeblich. Nicht einmal eine Katze konnte hineinkommen. Da sah er sich wenigstens nach einem Winkel um, wo weder Schnee noch Regen ihn treffen könnten.

Er hatte auf dem Wall ein Haus bemerkt, das äußerlich einen guten Eindruck machte. Hier befand sich von außen ein heimlicher Eingang, und unter dessen Verdachung stellte er sich hin, um wenigstens gegen die rauhe Witterung geschützt zu sein. Hier saß er nun und hatte sich damit abgefunden, daß er noch vor Anbruch des Tages vor Kälte erfrieren würde, denn die Nächte waren in dieser Jahreszeit lang und kalt.

Indessen saß sein Knecht, der in die Stadt geflüchtet war, vergnügt bei einem Kaminfeuer, aß eine gute Mahlzeit mit bestem Appetit und legte sich in ein weiches Bett, ohne sich um seinen Herrn zu kümmern, der zur Abwechslung herumsprang, um durch ständige Bewegung das Blut vor dem Erstarren zu bewahren. Der arme, ehrliche Schelm sagte schon sein „in Manus“, nachdem er vielleicht mehr als hundertmal das Confiteor ganz ehrerbietig gebetet hatte. Er klapperte mit den Zähnen wie ein Affe, der Nüsse aufknackt, und vertrieb sich seine Zeit damit, Triller zu schlagen, wozu der Frost den Menschen unwiderstehliche antreibt, wenn er auch sonst nicht musikalisch ist.

Da er eine so traurige Rolle spielen mußte, war ihm das Glück auf der anderen Seite günstig. Der Marquis von X liebte eine gewisse junge Witwe leidenschaftlich. Er war gerade an demselben Tag in die Stadt gekommen, um sich mit seiner Geliebten zu vergnügen. Deshalb hatte er sich besonders ein Bad und eine vortreffliche Abendmahlzeit bereiten lassen. Er wollte dadurch all seine Sinne mit einemmal befriedigen, um sich dann dem Genuß des schönsten Weibes mit aller Wollust hinzugeben.

Doch der Mensch nimmt sich manchmal etwas vor, und ein höheres Wesen lenkt die Sache ganz anders. So geschah es auch dieses Mal. Der Marquis erhielt gerade an dem Tag, wo er den Gipfel seiner Wünsche zu erreichen glaubte, eine so wichtige Nachricht, die es notwendig machte, daß er noch vor Anbruch der Nacht die Stadt verlassen mußte.

So hatte die Witwe das Bad und das Abendessen allein für sich und konnte damit machen, was sie wollte. Aber es war ihr nicht gleichgültig, daß sie einen solchen Tröster wie den Marquis wenigstens für diese Nacht verloren hatte. Doch was konnte sie machen? Sie ging selbst in das stärkende Bad, das eigentlich für ihren Liebhaber bereitet war, und wollte hierauf das Abendessen einnehmen. Sie war entschlossen, sich ins Bett zu legen und auf einen günstigeren Augenblick zu warten, um die reinen und himmlischen Freuden der Liebe zu genießen.

Kaum hatte sie diesen Entschluß gefaßt, so war sie auch daraufbedacht, ihn auszuführen. Nachdem ein Kammermädchen das Nötige besorgt hatte, stieg ihre gnädige Frau in das Bad. Kaum war sie dort, als sie ein gewisses Ächzen hörte, das sie für das Geschrei eines Storches hielt. Einen solchen Lärm machte der arme, beklagenswerte Kaufmann mit den Bewegungen seines Mundes und seiner Zähne. Da durch dieses Geschrei ihre Neugierde geweckt wurde, befahl sie ihrem Kammermädchen, sich nach der Ursache desselben zu erkundigen und sich von der Mauer herab umzuschauen. Schon die Neugierde trieb das Mädchen an, dies zu tun. Nun kam noch der Befehl ihrer Gebieterin hinzu, und sie erledigte diesen Auftrag ebenso gern als schnell. Sie erfuhr sogleich von unserem Unglücklichen, wer er war und warum er sich in einer solchen Lage befand.

Der Kaufmann flehte seine Retterin um Mitleid an und bat sie, man möge ihn doch nicht vor Kälte und Hunger sterben lassen. Das Mädchen, von Mitleid gerührt, erzählte ihrer Gebieterin diesen so sonderbaren Vorfall in einem Ton, daß ihre Herrschaft dadurch ebenfalls gerührt wurde und den Befehl gab, daß man den Unglücklichen, der vor Frost erstarrt war, einlassen und ohne Geräusch in das Vorgemach des Bades bringen solle, wo er sich erholen und erwärmen könne. Indessen sollten ihm einige gute Kleidungsstücke von dem Marquis zu seiner Bedeckung gegeben werden.

Dieser christliche Auftrag wurde von dem mitleidigen Mädchen sogleich vollzogen. Sie sah einen jungen, gutgebauten Mann mit bestem Anstand vor sich, der beinahe ganz nackt und vor Kälte erstarrt war. Durch seine Anrede verriet er, daß er ein Mann mit Erziehung und dem besten Herzen war. Das Mädchen stattete ihrer Gebieterin einen vollständigen Bericht von den äußeren und inneren Gaben des Unglücklichen ab, der dann auch den besten Erfolg hatte. Die Zofe bekam sogleich einen neuen Befehl. Sie solle alles menschenmögliche tun, um den Erfrorenen wiederherzustellen. In dem entblößten Zustand, worin sich der arme Mann befand, genierte er sich freilich anfangs, sich von einem Mädchen bedienen zu lassen. Doch die Not zwang ihn dazu, daß er alles mit sich machen ließ, was man nur wollte, und gern den Platz des Marquis einnahm.

Der Gott der Liebe, der die ganze Geschichte leitete, trug alles dazu bei, ihn zur Vollkommenheit zu bringen. Deshalb öffnete er zuerst die Augen der Dame und der Zofe. Sie fanden diesen jungen Mann ganz nach ihrem Geschmack, sowohl was seine körperlichen als auch seine seelischen Kräfte anbelangte. Sie erwiesen ihm daher gern die kleine Gefälligkeit, an ihrem Abendessen teilzunehmen.

Sobald er sich gehörig erwärmt, gereinigt und gekleidet hatte, mußte er in den Saal kommen, wo bereits eine wohlbesetzte Tafel aufgeschlagen war. Die Hausherrin empfing ihn mit einer Freundlichkeit, die mehr als bloße Höflichkeit zu versprechen schien. Mitleid mit seinem unglücklichen und bedauernswerten Zustand sagte sie, habe sie bewogen, ihn in ihr Haus aufzunehmen, und eben dieses Mitleid bestimme sie auch, ihn an ihre Tafel zu ziehen. Man kann sich leicht denken, daß ein solches gefälliges Anerbieten nicht ausgeschlagen wurde. Der leere Magen des Kaufmanns hatte nicht viele Aufmunterungen nötig, sich mit den besten Gerichten zu sättigen und sich mit den schönsten Weinen zu stärken. Er tat dabei wirklich seine Schuldigkeit und hielt sich für den glücklichsten Mann von der Welt, ohne nur daran zu denken, daß ihm ein noch weit größeres Glück bevorstehen würde.

Die Dame, die weniger an das Gegenwärtige als vielmehr an das Zukünftige dachte, betrachtete mit unverwandtem Blick den unglücklichen Beraubten. So sah sie, daß er ausnehmend gut zu einem gewissen Geschäft taugte. Obgleich er nicht ein Marquis, sondern ein bloßer Kaufmann sei, könne er den Wechselbrief ebensogut bezahlen, als der, welcher sie aushielt. Dem Anschein nach mußte sie allerdings glauben, daß ihr Kapital weit besser angelegt sei, bei dem Großen, der sie zu seinem Vergnügen hatte.

Sie war auch nicht so dumm, daß es ihr an Mut und Entschlossenheit gefehlt hatte, ihm das anzubieten, was er selbst vielleicht gern haben wollte. Auf diese Weise entschädigte sie sich für den Bankrott, den ihr Liebhaber ihr an diesem Abend gespielt hatte. Ihr Verlangen war sehr groß, und ihre Wünsche waren unermeßlich. Sie seufzte und wagte es doch nicht, den geliebten Gegenstand ihrer Leiden zu entdecken. Ihre Unruhe war sehr groß und zwang ihr wider ihren Willen gewisse Mienen ab, die sie gewiß würde unterdrückt haben, sobald es in ihrem Vermögen gestanden hätte.

Sie war verdrießlich und aß nur sehr wenig. Dies gab ihrer treuen Gespielin und Vertrauten die Gelegenheit, sich von ihrer bloßen Vermutung ganz zu überzeugen und sie insgeheim nach der Ursache einer so plötzlichen Veränderung zu fragen, obwohl sie ihn durch die sichtbarsten Merkmale zu ergründen glaubte.

Die Dame war anfangs etwas zurückhaltend, indem sie zu befürchten glaubte, daß sie es nicht wagen dürfe, ihrer Dienerin die verborgensten Geheimnisse ihres Herzens zu entdecken. Doch sie sah voraus, daß sie dieses Geheimnis doch nicht immer bei sich behalten konnte und bei dessen Verheimlichung noch weit mehr wagte. Daher offenbarte sie ihrer Zofe ihre ganze Lage und all ihre Leiden und bat sie zugleich dringend, daß sie ihr behilflich sein möge, in dieser Nacht ganz in einem Meer von Freuden und Wollust zu schwimmen. Denn das Glück habe ihr ein so ganz unvermutetes Gut in die Hände gespielt, welches ihr vielleicht in ihrem ganzen Leben nicht wieder begegnen werde.

Die Versicherung der Dame, daß sie diesen Dienst tätig belohnen wollte, die heiligsten Versprechungen ihres beständigen Schutzes und ihres Wohlwollens und die Beteuerung, daß sie all ihre Wünsche erfüllen würde, wenn es nur irgendwie möglich wäre, kurz alles, was man nur in ähnlichen Fällen versprechen kann, bestimmten das Mädchen, ihrer Herrin in allen Stücken zu willfahren, obgleich sie der Marquis gewissermaßen als Aufseherin und Argus in dies Haus gesetzt hatte.

Sie versprach ihr, nicht bloß treu zu sein und das Geheimnis bei sich zu bewahren, sondern sich auch eifrig darum zu bemühen, um ihr zum Genuß dieses geliebten Gegenstandes, zu verhelfen. Sie erfüllte auch wirklich ihr Geschäft mit so viel Geschicklichkeit und dem besten Erfolg, daß sie in der Folge dadurch ihr Glück machte und ihre Mühe reichlich belohnt wurde. Ich will nicht von der Art und Weise reden, wie diese feine Unterhändlerin das Liebesgeschäft betrieb, und von den Schritten, die sie unternahm, um die Gesinnung des Kaufmanns zu erforschen. Für meine Leser ist es schon hinreichend zu wissen, daß diese Dame kaum in ihr Schlafzimmer und in ihrem Bett war, als ihre getreue Zofe eintrat und aus ihrer Kladde Rechnung auf das genaueste ablegte.

Der gute Kaufmann wollte freilich nicht sogleich in dieses Kontor hineingehen, weil er nicht so ganz sicher war, ob man ihn gut aufnehmen werde. Er verlangte daher, die Dame selbst sollte ihn rufen, um nicht Gefahr zu laufen, von dem Mädchen hintergangen zu werden. Eben deshalb bat er diese treue Unterhändlerin, daß ihre Gebieterin ihm gewisse untrügliche Beweise ihres Wunsches geben möchte. Dies ließ sich die Dame gern gefallen. Sie gab ihrem künftigen Liebhaber von ihrer guten Gesinnung gegen ihn den besten Beweis, indem sie im Hemd aufstand, ihn bei der Tür empfing und bei der Hand in ihr Kabinett hineinführte und sagte: „Obgleich Ihr Stand mich anfänglich unschlüssig machte, ob ich Ihnen die letzte Gunstbezeugung erweisen sollte, so sagt mir doch Ihr Gesichtsausdruck, daß Sie ein galanter Mann sind und wirklich die höchste Liebe einer Frau verdienen. Das Schicksal bringt Sie hierher, nachdem Ihr Mißgeschick so übel mit Ihnen gespielt hat. Der Gott der Liebe hat sich Ihrer angenommen, indem er Ihnen eine Wirtin gab, die nicht damit zufrieden ist, Ihnen Zutritt in ihr Haus und einen Platz an ihrer Tafel zu geben, sondern sie Ihnen auch einen Platz in ihrem Bett anweisen will. Diese Prozedur wird Ihnen seltsam erscheinen, weil sich ein solcher Fall nur selten ereignet. Aber die Achtung und Neigung, die ich einmal zu Ihnen gefaßt habe, erlaubt mir nicht, auf eine andere Art zu handeln. Ich bitte Sie, meine Liebe zu erwidern und in meinen Armen eine Seligkeit zu genießen, wonach die ganze Welt lüstern sein muß.“

Der Kaufmann, der frisches Fleisch ebenso sehr liebte, wie eine alte Dorfkatze den Fisch, sah nun wohl, daß er hier ein Glück genießen sollte, an das er nie zu denken gewagt hatte. Da er nicht die kostbare Zeit mit langen Reden zubringen und seiner Dame in einem gezierten Stil danksagen wollte, faßte er sich kurz und sagte nur: „Ich weiß nicht Worte genug, um Ihnen mit aller Wärme für das Gute zu danken, was Sie mir bereits erwiesen haben. Sie gehen noch weiter und halten mich sogar des höchsten Glücks würdig, das nur einem Sterblichen zuteil werden kann. Da kann ich denn nichts weiter sagen, als daß mein Herz Ihnen schon ganz zugetan gewesen ist, ehe ich Ihre Gesinnung erfahren habe. Sie dürfen mir als meine Gebieterin befehlen, und ich werde als Ihr getreuer Diener gehorchen.“

Diese Erklärung genügte für den Zweck, wozu sie bestimmt war. Ohne erst lange die Zeit mit Plaudern zu verlieren, führte er sie an das Bett. Sie legte sich zuerst hinein und fing mit Liebkosungen an, die von dem Kaufmann erwidert wurden. Die köstlichen Speisen und die vortrefflichen Weine, die bei der Tafel aufgetragen und genossen wurden, gaben unserem neuen Athleten eine ganz ungewöhnliche Kraft. Er fühlte ganz ungewöhnliche Bewegungen, die ihm nach so vielen ausgestandenen Leiden noch ungewöhnlicher Vorkommen mußten. Aber eine so schöne Italienerin wie seine Gebieterin mußte selbst dem Mann von der kältesten Natur neues Leben geben, aber noch mehr einem jungen, kraftvollen Mann, der sich durch keine Ausschweifungen geschwächt hatte. Hier war keine Zeit zu verlieren. Er mußte seine Manneskraft seiner edlen Wohltäterin zeigen.

Er küßte sie mit großer Leidenschaft, sah mit verliebten Blicken und heißer Wollust all ihre Schönheiten an und befühlte ihren ganzen Körper. Nachdem er sich so erregt hatte, gab er ihr in voller Glut das ganze übervolle Maß seiner Ware, die er vor sich trug. Beide verloren in diesem kritischen Zeitpunkt ihr Bewußtsein und blieben eine ganze Weile in diesem Zustand der Unempfindlichkeit, wo man glaubt, in den dritten Himmel versetzt zu sein, sich in Wollust badet und nichts mehr wünscht, als in diesem Zustand sterben zu können. Der erste Gang war nun vorüber. Nach einer kurzen Erholungspause begann der Kampf zum zweitenmal mit erneuerter Wollust und mit frischer jugendlicher Kraft. Leib an Leib fest angeschlossen, vereinigten sie sich mit einer Wärme und einer Liebesglut, daß beide nur ein Wesen zu sein schienen. Die Stunden wurden ihnen zu Minuten.

So verging die Nacht unter den angenehmsten Beschäftigungen und Übungen. Der Tag brach zum großen Leidwesen der Dame an, welche die Bank des Kaufmanns weit reizender als den Hof des Marquis fand. Man mußte sich trennen. Man sagt, die Götter hätten den kleinen Amor darüber sehr empfindliche Strafen diktiert. Aber diese Strafe - ich meine die Trennung - war für die Dame als auch für ihren Günstling noch weit empfindlicher.

Doch es mußte einmal geschehen. Ja, man mußte sogar noch befürchten, daß auf ein so kurzes Vergnügen ein noch viel größeres Mißvergnügen erfolgen könnte, wenn nämlich diese Geschichte bekannt werden sollte. Die Not siegte hier über die Neigung. Man suchte sich auf die angenehmste Art hiervon loszuwinden und nahm zu einer List seine Zuflucht.

Man trug nun das Frühstück auf, und die Dame gab ihrem Kammermädchen Befehl, ihr ein gewisses Kleid von ihrem verstorbenen Mann nebst allen dazugehörigen männlichen Kleidungsstücken zu holen, um den damit zu bekleiden, der dessen Platz die letzte Nacht so ehrenvoll eingenommen hatte. Nachdem er auf diese Weise mit einer herrlichen Kleidung ausstaffiert, gefüttert und gepflegt war, bequemte er sich endlich zum Abschied und wollte nun seinen Knecht suchen. Doch die Dame verlangte noch einen anderen Dank als bloße Worte und wollte, daß er seine Rechnung auf dem Bett bezahlen sollte. Das letzte Lebwohl sollte er ihr mit dem Schnabel und dem Schwanz geben. Dies tat er denn auch auf eine so befriedigende Art, daß das Kammermädchen, die gerade Zuschauerin dieser Szene war, Lust bekam, auch einen ähnlichen Gang mit dem derben Ritter zu machen.

Die Dame kostete es nicht viel Mühe zu bemerken, wo ihre treue Gespielin der Schuh drückte. Ihre traurige und niedergeschlagene Miene verriet ihr, daß sie auf dieselbe Weise wie ihre Gebieterin bedient zu werden wünschte. Welches Mädchen bekam bei einer solchen Szene nicht Lust? Am meisten ein so zärtliches, empfindsames und gefühlvolles Mädchen.

Sowohl Freundschaft als auch Furcht bestimmten die Dame, ihren Günstling zu bitten, ob er nicht so gut sein wolle, ihrer Freundin nach dem Tod ihrer Violine ein ähnliches Frühstück zu bringen, als sie von ihm soeben empfangen hatte. Er sollte ihr den Mund stopfen, indem er das Loch mit einem Zapfen vernagelte. Der Kaufmann hatte beinahe sein ganzes Magazin erschöpft und wußte zuerst nicht, was er zu diesem Vorschlag sagen sollte. Er fühlte, daß er erschöpft war und kein Schrot mehr im Horn war. Deshalb gestand er sein Unvermögen ein, da er sich in der vorigen Nacht so sehr erschöpft hatte.

Doch die inständigen Bitten der Dame siegten sogar über seine Schwachheit. Er versprach einen neuen Versuch mit ihrer Freundin zu wagen und es mit ihr ebenso wie mit seiner Gebieterin zu machen. Vorher bat er sich aber etwas Ruhe aus, aß etwas Backwerk und trank ein gutes Glas Wein dazu. Sogleich spürte er die neuen Kräfte. Er spannte die Sehne seines Instrumentes, legte das Mädchen auf das Bett, und so begann ein Tanz, der dem Mädchen unendliches Vergnügen bereitete.

Der rüstige Kumpan schien jetzt an dieser Verbindung ein ganz besonderes Vergnügen zu finden. Es kann sein, daß ihm die Dame nicht so gut gefiel wie das Mädchen, weil es mit den Regeln des Hebens und der zuckenden Bewegung besser bekannt war. Kurzum, das Mädchen kitzelte und erregte ihn so sehr, daß er nicht umhin konnte, mit ihr denselben Tanz noch einmal vorzunehmen. Gerade wollte er diesen neuen Gang zum zweitenmal beginnen, als die Dame sagte, daß es nun Zeit zur Abreise sei. Das Mädchen sagte hierauf in einem zärtlichen, bittenden und äußerst schmeichelhaften Ton: „Leihen Sie mir, gnädige Frau, die Pfeife dieses Mannes nur für eine Viertelstunde, die Ihnen die ganze Nacht so viel Vergnügen gemacht hat! Erlauben Sie mir die Überreste zu essen, den Markknochen bloß abzulecken, dessen Mark Sie verschlungen haben. Sie werden mir ja nicht einen Augenblick Vergnügen mißgönnen, da Sie ganze Stunden es beinahe bis zum Übermaß genossen haben.“

„Gut, mir ist es recht“, sagte die Dame, „aber macht es hurtig, denn die Zeit ist kurz. Du mußt bedenken, daß dies kein geringer Beweis meiner Freundschaft ist, wenn ich dir einen Bissen von dem lasse, was mir selbst so gut geschmeckt hat.“

Sie ging hierauf fort, ließ sie allein ihre Sache treiben und war ziemlich unmutig, daß sie selbst keinen solchen Tröster hatte.

Um zwei Uhr mußte man endlich an den Abschied denken. Er nahm seine Kleider in Empfang, die man ihm geschenkt hatte, und verabschiedete sich von diesen beiden Frauen. Sie wünschten sich jetzt unter den Pol, wo die Nächte sechs Monate dauern, um noch länger jene Seligkeiten zu genießen, die sie mit so vielem Behagen gekostet hatten. Doch die Lage der Umstände war von der Art, daß sie in diese für sie so unangenehme Trennung einwilligen mußten.

Ich muß wohl nicht erst sagen, wie viele Tränen vergossen wurden. Denn man kann sich leicht selbst überzeugen, dass man ein solches Vergnügen nur mit der äußersten Betrübnis verläßt. Die beiden Frauen küßten mehr als einmal ihren Beglücker, und der Bewirtete umarmte tausendmal seine Wohltäterinnen. Die Dame bat ihren Gast, sie nie zu vergessen und sich zu bemühen, ähnliche Abenteuer zu bestehen. Der Kaufmann versprach, solche Gelegenheiten aufzusuchen, wo er ähnliche Nächte auf eine ebenso angenehme Art zubringen könnte. Endlich trennten sich diese so glücklichen Liebhaber und schworen sich einander ewige Treue und ewige Verschwiegenheit. Die verborgene Hintertür, welche ihm den Eingang zu diesem Liebesnest verschaffte, wurde nun wieder geöffnet, um unseren glücklich Erretteten längs der Mauer hinunterzulassen. Er suchte seinen Knecht und fand ihn im Bett, indem er sich wenig um das Unglück kümmerte, das seinem Herrn begegnet war. Man kann sich leicht vorstellen, was der Herr zu ihm sagte. Doch nach einigen unerheblichen Entschuldigungen des Knechtes war sein Zorn sehr bald wieder gestillt, und er konnte sich auch sehr leicht über das von ihm gewissermaßen verursachte Unglück trösten, weil ihm dadurch so viele Vorteile entstanden sind. Noch größer war seine Freude, als er in seiner Tasche einen Beutel mit Geld fand, den die Dame ohne sein Wissen hineingesteckt hatte.

In seiner Seele empfand er jetzt ganz außerordentliche Empfindungen der Achtung und der Zärtlichkeit für diese großmütige Schöne, die ihm nicht nur das Leben rettete und ihn mit so viel Gunstbeweisen überhäufte, sondern ihm auch noch ein so ansehnliches Geschenk verehrte. Er wünschte tausendmal ihr seine Dankbarkeit bei seinen zukünftigen Reisen zu beweisen, und vergaß es nie, sooft er nur konnte, bei seinen wiederholten Durchreisen seiner Wohltäterin den wärmsten Dank zu sagen.

So kann oft die Liebe ihre Günstlinge beglücken, gerade wenn sie am wenigsten daran denken.

Zweite Gunstbezeugung

Ein Unglück, es ist wahr, pflegt gewöhnlich mehrere Unglücksfälle nach sich zu ziehen. Aber ebenso wahr ist es, daß es auch zuweilen angenehme Folgen haben kann, welche das Übel verringern. Folgende kleine Erzählung mag zum Beweis dienen, daß sich die Leiden in Freuden und das Unglück in Glück verwandeln können.

Ein deutscher Edelmann, der in der Vorzeit sich in einem Krieg gegen die Türken tapfer gehalten hatte, wollte jetzt zurück in sein Vaterland und in den Schoß seiner Familie reisen, nachdem der Frieden geschlossen worden war. Er hatte - ich weiß selbst nicht durch welchen Unglücksfall - seine Equipage verloren, und es blieb ihm nur wenig Geld zur Fortsetzung seiner Reise und ein Pferd übrig, das ihn an den Ort seiner Bestimmung bringen sollte.

Dieser junge Kriegsheld war eine vollkommene Mannsperson. Sein gutes Ansehen, sein freies Wesen und seine blühende Gesundheit in dem jugendlichsten Alter waren für ihn die besten Empfehlungen. Von allen ward er geschätzt und geliebt. Da er dies sehr gut wußte, so glaubte er, daß die Göttin Fortuna ihm bei seiner Reise nicht feindlich gesonnen sein würde. Überdies hatte sie ihn ja mit so vielen körperlichen und geistigen Gaben ausgestattet. Da er alles Beste von einer so guten Mutter erwartete, begab er sich getrost auf den Weg, obwohl er schlecht ausstaffiert war.

Er hatte ungefähr drei bis fünf Tagesreisen zurückgelegt, als sein Geldbeutel völlig ausgeleert war. Daher mußte er Standespersonen um ein Reisegeld ansprechen.

Nur an wenigen Orten wurde seinen Bitten nicht entsprochen. Er hatte noch ein gutes Pferd und eine gute Waffenausrüstung. Man glaubte es ihm also auf sein Wort, daß er aus dem Türkenkrieg komme, und wenn man ihn sprechen hörte, so mußte man seine Kenntnisse und seinen Verstand bewundern. So hätte er recht gut seine Reise fortsetzen können, wenn ihm nicht unterwegs ein Unglück begegnet wäre.

Er reiste an einem Morgen von dem Gut eines Edelmannes ab, wo er die beste Aufnahme gehabt hatte. Sein Weg führte ihn durch einen Wald, wo sich eine große Räuberbande aufhielt. Dies geschah zu diesem Zeitpunkt, wo sogar die Landleute sich unter dem Vorwand auf das Rauben verlegten, daß sie bloß Soldaten plünderten, die ihre Ländereien verwüstet hätten.

Unser Edelmann war kaum an einem gewissen einsamen Ort angekommen, wo man dergleichen Verbrechen sehr leicht ungestraft begehen konnte, als er sich von Räubern - oder besser gesagt von Bauern - umringt sah, die ihn anfänglich für einen Franzosen hielten. Deshalb wollten sie ihn umbringen. Weil sie aber bald durch seine Anrede und seine Bitten über ihren Irrtum aufgeklärt wurden, begnügten sie sich damit, ihm sein Pferd und seine Kleider zu nehmen. Es blieb ihm deshalb weiter nichts übrig, als sein Hemd und seine Stiefel. Er mußte noch Gott danken, daß sie ihm diese und sein Leben ließen.

Dieser für ihn so unglückliche Tag war noch nicht vorüber, als ihm ein neues Unglück begegnen sollte. Denn eine Weile von diesem Ort entfernt, wurde er von anderen Räubern angegriffen, als er gerade aus diesem verwünschten Wald gehen wollte. Sie konnten ihm freilich nichts weiter nehmen. Doch aus Rache verprügelten sie ihn jämmerlich, und sie würden ihn umgebracht haben, wenn er sich ihnen nicht offenbart hätte. Die Bauern hielten ihn nämlich für einen fremden Deserteur.