Kleine Gottgefälligkeiten - Heinz Brauchart - E-Book

Kleine Gottgefälligkeiten E-Book

Heinz Brauchart

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Beschreibung

Die "Kleinen Gottgefälligkeiten" bringen auf unterhaltsame, humorvolle und engagierte Weise Themen des Lebens, der Spiritualität und des christlichen Glaubens zur Sprache. Ursprünglich sind sie als Kolumnen in den "Schaffhauser Nachrichten" erschienen. Der reformierte Pfarrer Heinz Brauchart erzählt von Begegnungen und Erlebnissen aus dem Alltag, reflektiert über das politisch-gesellschaftliche Tagesgeschehen und gibt Ein- und Ausblicke, die zum Nachdenken anregen.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Im Kirchenjahr

Die neue Agenda

Schneeglöckchen

Verbesserung

Tod und Leben

Advent, Advent ...

Das Lächeln der Maria

Weihnachtlich bis ins Knochenmark

In dieser Nacht

Ochs und Esel

Gottes Herberge

Theologisches

100 Namen für Schnee

Aussen und innen

Beten hilft

Betroffenheit und Mut

Das Auge Gottes

Der Lehrling

Gott kennen

Gott wacht

Im Falle eines Falles

„Mitten im Leben ...

„Was es nicht alles gibt!“

Weltuntergang

Unterwegs

Der Weg und das Ziel

Es piept, singt und gurrt

Gutes Brot

Putzerfische für die Seele

Plan und Ordnung

Alles Gute kommt von oben

Der Weg ist das Ziel

Prosit Neujahr

Kirche und Gesellschaft

Aus Prinzip

„Cousin“ der Araber

Der gute Pfarrer

Die alte Schachtel

Eine Luke öffnen

Es wird einem nichts erspart

Evangelisch-katholisch

Im Licht des Lebenden

Religiöses Kabarett?

Menschliches

Brett vor dem Kopf

Bruder Franz

Der Cola-Mann

Ein buntes Alter?

Elend und Barmherzigkeit

Engel mit Bart

Stimme aus dem Jenseits

Schmerz und Erlösung

Philosophisches

Das Schaffhauser Strassenverzeichnis

Grüsse aus Genua

Tatsachen und Wirklichkeit

Sex, Tod und Gott

Glockenläuten

Geschenkte Zeit

Freiheit

Hinter der Maske

Gelassenheit

Ich brauche es nicht mehr

Kurzbiographie von Heinz Brauchart

Vorwort

Die «Gottgefälligkeiten» erschienen vor einiger Zeit als Kolumnen in den «Schaffhauser Nachrichten». Ich war damals Gemeindepfarrer in der Kirchgemeinde St. Johann-Münster in der Stadt Schaffhausen. Die Texte entstanden aus einer Not heraus – aus der Not an der Volkskirche mit all ihren menschlichen und allzu menschlichen Seiten, so wie ich sie als Pfarrer erlebe und wie sie auch gewöhnlich in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Auf eine unterhaltsame, humorvolle, engagierte und tiefsinnige Art wollte ich vor einer breiten Leserschaft Themen des Lebens, der Religion, der Spiritualität und des christlichen Glaubens aus meiner Sicht zur Sprache bringen. Begegnungen, Alltagserlebnisse, Reflexionen und Meditationen sowie aktuelle politische und gesellschaftliche Ereignisse sind in den teilweise sehr spontan entstandenen Texten widergespiegelt.

Dass die «Kleinen Gottgefälligkeiten» als Büchlein erscheinen, geht auf die Initiative von Jaqueline und Peter Joos aus Beckenried zurück. Ich bin den beiden für Ihre Mitarbeit und Unterstützung zutiefst dankbar.

Schön, dass die «Gottgefälligkeiten» nun im kleinen, aber feinen Buchformat vorliegen. Ich hoffe, dass sie viele Leserinnen und Leser zum Schmunzeln und Nachdenken anregen!

Buochs, im Oktober 2018

Im Kirchenjahr

Die neue Agenda

Irgendwann im November habe ich mir eine neue Agenda fürs kommende Jahr gekauft: „Kalender der evangelischen Kirchen der Schweiz“. Stolzes Format, stolzer Preis. Informativ und übersichtlich. Leider ein Auslaufmodell wie so Manches in der Kirche.

Zuerst habe ich mir in grüner Farbe die Ferien eingetragen: vier Wochen plus zweimal drei Tage Kompensation wegen den Feiertagsdiensten. Dann eine Woche Konfirmandenlager, eine Woche Seniorenferien und ein paar Tage Weiterbildung.

Anschliessend habe ich die Sonntagsgottesdienste notiert, die Gottesdienste in den Altersheimen, verschiedene Anlässe im Bereich Senioren- und Jungseniorenarbeit, Meditation, Erwachsenenbildung, diverse Treffen und Sitzungen und den Hauptteil der anstehenden Konvents-, Kirchenstands- und Pfarrkapitelsitzungen.

Der Rest kommt noch. Die meisten Termine im Pfarramt lassen sich nicht vorausplanen: Seelsorgegespräche, Haus- und Spitalbesuche, Teambesprechungen, Unterricht, Exkursionen, Aufnahmen fürs Radio, Abgabetermine für Publikationen verschiedenster Art und vor allem und immer wieder: Trauergespräche, Abdankungsfeiern, Nachbetreuung.

Meine Agenda für das kommende Jahr ist zwar schon mit zahlreichen Terminen und Notizen bestückt. Aber zum Glück gibt es auch viele leere Stellen, die erst das Leben füllen wird. Ich bin wie immer vorsichtig optimistisch und offen für das, was in Zukunft sowohl im privaten wie auch im beruflichen Leben auf mich zukommt und zu tun sein wird.

„Was zu tun ist“: Dies ist die Bedeutung hinter dem lateinischen Wort „Agenda“. Die „agenda“: das sind die Dinge, die zu tun, zu machen, zu vollbringen, zu verwirklichen sind.

In der 1281 erstmals verfassten Lebensregel des Karmeliterordens wird gesagt: „Was immer ihr zu tun habt – quecumque vobis agenda sunt – geschehe im Wort des Herrn.“

Die Regel bezieht sich auf ein Wort des Apostels Paulus im Brief an die Kolosser: „Alles, was ihr tut, im Wort und im Werk, alles tut im Namen des Herrn und sagt Gott, dem Vater, Dank durch ihn.“

Man braucht nicht fromm oder gläubig zu sein, um anzuerkennen, dass Dankbarkeit und das Einhalten ethischer Richtlinien, wie sie auch in der Bibel festgehalten sind, zum Guten dienen. Ich habe mir den Grundsatz der Karmeliter jedenfalls ins Herz und in die neue Agenda geschrieben.

„Was immer ihr zu tun habt, geschehe im Wort des Herrn.“

Schneeglöckchen

„Es hat sicher schon Schneeglöckchen“, sagte meine Frau vor einigen Wochen, als nach meinem Empfinden noch tiefster Winter herrschte. „Unsinn“, gab ich zurück, „es ist zu früh.“ Kurz darauf meinte sie erneut: „Ich glaube, man könnte in den Gärten bereits Schneeglöckchen sehen.“ Und ich: „Ah was, glaub ich nicht.“

Einen Tag später schaue ich absichtslos aus dem Wohnzimmerfenster, und was sehe ich genau vor meiner Nase? Schneeglöckchen! Ich hatte sie übersehen, weil sie so nah an der Hauswand wachsen. Eine sehnsüchtige Rührung erfasste mich: Bald Frühling! Ich musste mich wundern, dass ich die zarten, der Kälte tapfer trotzenden Blüten nur deshalb nicht wahrgenommen hatte, weil sie so nahe vor mir standen!

Ist es nicht oft so im Leben? Wenn man’s nicht sehen will, sieht man’s auch nicht. Man sieht’s nicht, weil es so nah ist. Das könnte ein japanisches Koan sein auf dem Weg zur Erleuchtung! Die Schneeglöckchen vor meinem Fenster werden bald wieder verblüht sein. Andere Blumen kommen nach und vergehen wieder.

Ich habe mir vorgenommen, in Zukunft vorurteilsfreier und absichtsloser zu sein, um mehr Achtsamkeit zu haben für das, was in meiner nächsten Nähe lebendig ist und blüht.

Man sieht’s nicht, weil es so nah ist: Irgendwie, glaube ich, hat dies mit Ostern und dem Wunder der Auferstehung zu tun – nicht nur im Garten.

Verbesserung

Ich war ein schlecht erzogenes Kind – zumindest gab es Leute, die so über mich dachten, zum Beispiel mein Deutschlehrer im Progymnasium, der mir zwei- oder dreimal ein Date mit dem Schuldirektor vermittelte.

Heute denke ich, es sind nicht die Kinder, die gut oder schlecht sind. Es ist die Erziehung, die sich entweder am Guten oder am Schlechten orientiert. Meine Mutter jedenfalls orientierte sich am Guten. Sie glaubte an das Gute, und diesen Glauben bekam ich irgendwie mit – Deutschlehrer hin oder her.

Immerhin gab er mir meistens Noten bei den Prüfungen, die nicht schlecht waren, und dies, obwohl er nach eigener Aussage nicht begriff, wie ein solcher Bengel in Punkto Grammatik, Aufsatz, Rechtschreibung usw. so gute Leistungen erbringen konnte.

Leider war trotzdem nicht immer alles fehlerlos, was ich da als Teeny ablieferte. Und Fehler mussten wir verbessern. Eisern. Sorgfältig. Dann stand da im Deutschheft unter dem mangelhaften Aufsatz in «Schnürlischrift» und mit Tinte und Lineal unterstrichen das bedeutsame Wort: „Verbesserung“.

Ich gab mir Mühe.

Zu kämpfen hatte ich, wenn ich anderer Meinung war als der Lehrer, oder wenn ich eine Verbesserung der Verbesserung machen musste. Dann kam das schlecht erzogene Kind in mir hoch. Also doch. Aller Protest half nichts. Verbessern musste ich trotzdem. Eisern. Sorgfältig.

Im Grunde genommen hat sich bis heute nicht viel geändert – das mit der Verbesserung meine ich. Nur dass die verbesserungswürdigen Zustände oder Dinge in meinem Leben viel komplizierter geworden sind. Zum Glück glaube ich an das Gute. So glaube ich, dass jeder Mensch sich bessern kann. Sogar ich. Ob schlecht erzogen oder nicht.

„Besser“ aber heisst auf Altdeutsch „bass“. Damit sprachlich verwandt ist das so oft missbrauchte und missverstandene Wort „Busse“. «Tut Busse», sagt Jesus. Busse tun bedeutet: sich bessern, etwas zum Besseren verändern, eine Verbesserung machen – und wenn nötig eine Verbesserung der Verbesserung, selbst wenn es schwerfällt.

Die vierzigtägige Buss- und Fastenzeit vor Ostern, in der wir uns befinden, ist eine gute Gelegenheit dazu.

Tod und Leben

Es gibt vieles im Leben, das ich nicht verstehe. Noch viel weniger verstehe ich über den Tod.

Wenn ich mir vorstelle, dass ich auf einem Stahlseil balanciere, das vierhundert Meter über dem Boden gespannt ist und plötzlich an beiden Enden gekappt wird und mich in die Tiefe stürzen lässt, dann wüsste ich während einigen Sekunden: das ist mein Tod. Wenn ich mir aber gleichzeitig vorstelle, ich fiele dabei in die unsichtbaren Arme Gottes, der mich auffängt, dann wäre dies mein Leben.

„Werft euch in Gott“ lautet ein Ratschlag des Dominikanermönches Meister Eckart, der an der Schwelle vom 13. zum 14. Jahrhundert lebte. Trotz seiner teilweise unkonventionellen Ideen und Formulierungen war ihm viel daran gelegen, ein „treuer Sohn der Kirche“ zu sein.

„Sich in Gott werfen“ heisst, sich aller Konzepte des Numinosen zu entledigen.

Auch im Sufismus gibt es diese Bewegung auf Gott hin - eine Bewegung, die als Fallen oder als Stürzen beschrieben wird.

Der islamische Mystiker Mohammed Hafiz schreibt fast zur gleichen Zeit wie Meister Eckart: „Den Stuhl unter deinem Geist wegziehen und zuschauen, wie du auf Gott fällst – es gibt nichts auf der Welt, das Hafiz irgendwie mehr Vergnügen bereitet hätte.“

Die Gott-Suchenden sollen sich in Gott werfen, meinte in diesem Sinne Meister Eckart. Sie sollen sich in den Bereich des Undenkbaren, Unvorstellbaren, Transzendenten „fallen“ lassen. Sie sollen sich und die Dinge loslassen, um Gelassenheit und Gottvertrauen zu finden. Wie weit dieses Loslassen und In-Gott-Fallen gehen kann, zeigt das Ärgernis des Kreuzes: bis in den Tod.

Jesus von Nazareth hatte sich „in Gott geworfen“. Er hatte sich ihm ganz und gar anvertraut, und er wurde von ihm „aufgefangen“. Am dritten Tage «auferweckt». Wer loslässt, wird gehalten.

An Ostern feiern wir die unsichtbaren «Auffangkräfte» Gottes.

Sie können noch die grösste Not und den tiefsten Schmerz umarmen und im Kleinen wie im Grossen neues Leben schaffen. Meister Eckart sagt: „Gott, dem stirbt nichts, alle Dinge leben in ihm.“

Advent, Advent ...

… ein Kerzlein brennt. Eines? Tausende!

Tausende, ja Abertausende von Kerzlein, LED-Lämpchen und andere, meist elektrischen Lichter brennen im Advent und fördern nicht nur die Andacht, sondern auch Geschäft und Kommerz.

Weihnachtsdekorationen, Leuchtgirlanden, Feiertagsbeleuchtungen aller Art bringen Glanz und Gloria in die Einkaufszentren. Sie erinnern daran, dass bald Weihnachten und anschliessend Schlussverkauf ist.

Ob die zahllosen, zum Teil kunstvoll miteinander verkabelten Glühbirnen nicht das eine heilige Licht überblenden, aus dem die Weihnacht ihren ursprünglichen Glanz hat – das Licht, das in die Welt gekommen ist, um „jeden Menschen zu erleuchten»?