Knuffel - Martina Kast - E-Book
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Knuffel E-Book

Martina Kast

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Beschreibung

Kennt ihr auch die Lagerfeuergeschichten rund um die Gruffel? Sie gelten als gefährlich und sie bewegen sich fast lautlos im Wald. Gruffel tarnen sich so gut, dass sie beinahe unsichtbar sind – bis es zu spät ist! Der alleinerziehende Papa Chris will sich in diesem Jahr besonders viel Mühe geben, die Sommerferien spannend zu gestalten. Bei einem Ausflug in den Wald erzählt er seinem Sohn Nick von den Gruffel, ohne jedoch selbst zu glauben, dass es sie gibt. Doch schon am ersten Ferientag geschieht Unglaubliches: Nick trifft auf einen echten Gruffel, der nicht nur lila und ziemlich tollpatschig ist, sondern auch seine Familie verloren hat. Papa und Sohn wollen helfen und geraten dabei von einem Abenteuer ins nächste!

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Edition Paashaas Verlag

Herausgeber: Martina Kast

Cover-Motive: privat

Cover designed by Michael Frädrich

©Edition Paashaas Verlag, Hattingen

Printausgabe: ISBN: 978-3-96174-056-7

März 2020

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Knuffel

1

Nick steckte den Schlüssel ins Schloss der Wohnungstür und öffnete. Schon während er die Wohnung betrat, ließ er den Schulranzen von den Schultern gleiten. Als er mit der einen Hand die Türe wieder ins Schloss beförderte, schmiss er mit der anderen seinen Schulrucksack in die Garderobe, die sich gleich neben der Wohnungstür befand. Mit einer fließenden Bewegung hatte er erst den einen Schuh und gleich darauf den anderen von den Füßen gestreift und trat beide Schuhe in dieselbe Ecke wie den Rucksack. Auf Socken schlurfte er lustlos in die Küche. In der Wohnung war es ruhig. Wie immer. Nur das nervige Tick, Tick, Tick ... der Küchenuhr durchbrach die absolute Stille. Automatisch führte ihn sein Weg direkt zur Mikrowelle. Eigentlich hatte er gar keinen Hunger, aber wusste, dass sein Vater Wert darauf legte, dass er nach der Schule etwas aß. Er schaute nicht nach, was ihn heute zu Mittag erwartete, sondern schaltete die Mikrowelle auf 1:30 Minuten. Den Zettel, den sein Vater ihm jeden Tag auf den Tisch legte, nahm er ungelesen in die Hand, zerknüllte ihn und warf ihn quer über die Anrichte. Er würde ihn später in den Müll werfen, nahm er sich vor. Kurz darauf saß er am Tisch und löffelte Ravioli in sich hinein. Danach spülte er den Teller schnell ab und räumte ihn weg. Voll ätzend, dachte Nick, aber es war noch um einiges ätzender, sich eine Standpauke von Papa geben zu lassen. Also tat er, was getan werden musste.

Nick schlurfte lustlos rüber in sein Zimmer und machte es sich dort, inmitten seiner gepflegten Unordnung, bequem. Hier musste er nicht ständig aufräumen. Er nahm einige Autos und spielte gedankenverloren ein paar Minuten damit. Dann kroch er rüber zu seinem Hochbett, unter dem eine Musikanlage stand. Er machte die Anlage an und startete die sich darin befindliche CD: Die drei ???, eine neue Folge. Dann kletterte er die Leiter zu seinem Bett hoch und legte sich hin – mit den Armen unter seinem Kopf verschränkt. Er starrte die Decke an und träumte mit offenen Augen davon, auch mal eine spannende Geschichte zu erleben. Mal mitten drin zu sein. Einen Dieb zu überführen, oder eine Verfolgungsjagd anzuführen. Ein richtiges Abenteuer eben. Nick seufzte. Wie sollte er je ein Abenteuer erleben? Er war erst neun Jahre alt und Freunde hatte er keine. Er war ein Schlüsselkind – und mit so einem wollte keiner spielen. Er hatte ja nicht mal eine Mutter. Als wenn er etwas dafürkönnte ... Sein Vater war jeden Tag auf der Arbeit und hatte kaum Zeit für ihn. Dieser Gedanke brachte ihn erneut dazu, zu seufzen. Ab heute waren Ferien. Toll. Sechs Wochen allein zu Hause rumgammeln ... Nick verdrehte bei diesem Gedanken die Augen. Das waren keine so tollen Aussichten und spannend war das auf jeden Fall auch nicht.

Mitten in seinen trübsinnigen Gedanken hörte Nick plötzlich, wie die Wohnungstüre aufging. Mit einem Satz schwang er sich die Leiter hinunter. Er hielt kurz inne, um zu hören, wer das sein könnte. Es konnte unmöglich sein Vater sein. Der würde frühestens in zwei Stunden kommen. Aber es waren eindeutig Schritte zu hören. Hektisch sah er sich im Zimmer um. Wie sollte er sich verteidigen? Er schaffte es, mit wenigen Schritten zu seinem Kleiderschrank zu gelangen, ohne auf ein Lego-Teil oder ein Auto zu treten. Leise öffnete er die Schranktür und zog zwei schwere Holzbügel heraus. Die Hemden warf er achtlos auf den Boden. Dann platzierte er sich hinter der Zimmertür. So würde ihn der Einbrecher nicht sehen, wenn er hineinkäme. Dann hatte Nick das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Er würde dem Einbrecher mit den Bügeln eins überbraten, dass dem Hören und Sehen verging.

Mit zusammengekniffenen Lippen und kampfbereit stand Nick wartend hinter der Tür, als er die Schritte näherkommen hörte. Sein Herz schlug wild vor Aufregung. Die Türklinke wurde nach unten gedrückt und Nick blieb fast der Atem weg. Er hob die Bügel mit beiden Händen über seinen Kopf – bereit, zuzuschlagen, wenn der Typ ins Zimmer käme. Plötzlich fühlte er sich wie in einer der Detektivgeschichten, die er so gern hörte. Aber er wusste nicht so recht, ob ihm das auch wirklich gefiel. Ihm war ganz flau im Magen.

Die Türe wurde erst einen Spalt und dann etwas weiter geöffnet. Nick hörte den Einbrecher ins Zimmer kommen und konnte schon den Hinterkopf des Mannes erkennen. Wenn der sich jetzt rumdrehte und ihn entdeckte, dann würde er zuschlagen. Ja, das würde er. Entschlossen packte er die Bügel noch etwas fester.

„Nick?“, hörte er plötzlich die Stimme seines Vaters laut fragen. „Wo bist du?“

Nick stockte der Atem.

„Papa?“, flüsterte er ungläubig.

Der drehte sich auch gleich herum, als er die Stimme seines Sohnes hinter sich hörte und erschrak. Da stand sein Sohn, mit Kleiderbügeln bewaffnet, hinter der Türe, bereit zuzuschlagen.

„Hey, ich bin‘s. Alles gut, du kannst die Kleiderbügel wieder runterlassen.“ Er sah in das bleiche Gesicht seines Jungen, der vor Angst schwer atmete. „Alles gut. Ich nehme dir die Dinger mal ab. Die sehen ganz schön schwer aus.“ Er griff nach den Waffen und nahm sie Nick langsam aus den Händen.

Nick begriff plötzlich, dass es wirklich sein Vater war, der da in der Tür stand und ließ sich die Bügel bereitwillig aus den Händen nehmen. Einzig und allein die Wut auf seinen Vater, weil er ihn so erschreckt hatte, hielt ihn davon ab, in Tränen auszubrechen. Er schämte sich irgendwie, dass er mit Kleiderbügeln bewaffnet hinter der Türe gestanden hatte.

Der Vater begriff, dass er jetzt ein bisschen Fingerspitzengefühl brauchte. Er hatte seinen Sohn erschreckt und damit in eine schlimme Situation gebracht. Er legte die Kleiderbügel auf den Fußboden. „Wow. Jetzt hast du mir aber mächtig Angst gemacht. Ich dachte schon, ich bekomme die harten Dinger von dir über den Schädel gezogen. Du weißt aber, wie man sich verteidigt! Gute Arbeit. Auf die Idee mit den Kleiderbügeln wäre ich an deiner Stelle wahrscheinlich gar nicht gekommen. Ich hätte mich sicher im Schrank versteckt“, lobte er ihn anerkennend und klopfte ihm auf die Schulter. „Meinst du, du bist noch nicht zu erwachsen, um mich mal in den Arm zu nehmen? Dann würde ich mich gleich viel besser fühlen. Ich hab mich nämlich sehr erschreckt.“ Mit den Worten kniete er sich vor seinen Sohn und breitete die Arme aus.

Nick fiel seinem Papa in die Arme. Er war heilfroh darüber, dass es nur Papa und kein Einbrecher gewesen war. Und Papa schien auch gar nicht böse zu sein. Im Gegenteil. Er hatte ihn sogar gelobt. Nick fühlte sich gleich viel besser. Er löste sich aus der Umarmung und sah seinen Papa ernst an. „Man, hast du ein Glück, dass ich dich nicht k.o. gehauen hab. Warum bist du denn schon zu Hause? Du kommst doch sonst später.“

„Hast du denn nicht den Zettel auf dem Tisch gesehen? Ich hab dir doch von der Überraschung geschrieben. Auf dem Zettel, in der Küche.“ Nicks Papa Christopher, der eigentlich nur Chris genannt wurde, stand auf.

„Doch, doch“, log Nick schuldbewusst und erinnerte sich daran, dass er den Zettel zerknüllt auf die Anrichte geworfen hatte. Ungelesen lag er dort immer noch. „Woher sollte ich denn wissen, was deine Überraschung ist?“, fragte er schlagfertig.

„Hmm, ja. Da hast du nicht ganz unrecht. Aber wenn ich es draufgeschrieben hätte, wäre es ja keine Überraschung gewesen – richtig?“ Chris kratzte sich am Hinterkopf. Das tat er immer, wenn er verlegen war oder scharf nachdachte.

„Auch wieder wahr“, bestätigte Nick nachdenklich.

„Ach, Schwamm drüber“, lachte Chris und packte seinen Sohn unter den Armen, um ihn hochzuheben. „Jetzt bin ich hier und weißt du was? Ich habe Urlaub. Wir können ganz viel Zeit miteinander verbringen.“ Und während Chris sich mit seinem Sohn in den Armen drehte, lachte dieser vor Freude und Spaß so laut, dass es die ganze Wohnung erfüllte.

Letztendlich wurde beiden schwindelig und sie setzten sich auf den Fußboden, bis sich der Schwindel gelegt hatte. Dann räumten sie gemeinsam die Kleiderbügel samt Hemden wieder in den Schrank.

„Heute machen wir erst mal einen Männerabend“, verkündete Chris, „mit Pizza und Cola und ein paar tollen Filmen.“

Nicks Augen leuchteten. So fingen die Ferien doch noch toll an. Das hatte er nicht erwartet.

Später am Abend saßen beide im Wohnzimmer auf der Couch. Pizzareste im Karton und halbleere Cola-Gläser zierten den Wohnzimmertisch. Chris war eingeschlafen und saß mit geschlossenen Augen und ausgestreckten Beinen neben Nick, der sich den Schluss von “Taran und der Zauberkessel“ ansah. Ja, es war ein alter Film, aber Nick liebte ihn. Der schlaksige Junge, dem niemand etwas zutraute, erinnerte ihn an sich selbst. Es begeisterte ihn, wie Taran in dem Film all die gefährlichen Abenteuer übersteht und schließlich doch zum Helden wird.

„Papa, Papa, hör mal.“ Nick wollte seinen Vater gern etwas fragen. Jetzt wo der Film aus war, fragte Nick sich, was der Papa denn so für die Ferien geplant hatte. Ob er mit ihm in den Urlaub fahren würde? Das hatten sie schon sehr lange nicht gemacht.

Aber Papa schlief tief und fest. Also stupste Nick ihn an. „Papa!“

Chris fuhr wie von der Tarantel gestochen in die Höhe. „Was? Ist was? Ich komme“, stammelte er herum.

Die Augen waren zwar weit offen, aber sein Gehirn schien erst noch aus dem Traum herausfinden zu müssen. Dann begriff er aber, dass er noch im Wohnzimmer saß und von Nick geweckt worden war. Er rieb sich schlaftrunken über die Augen und sein Gesicht, um etwas wacher zu werden. „Nick, was ist denn? Ist der Film aus?“

„Ja, Papa, der Film ist zu Ende.“ Nick lachte. Sein Papa hatte alles verschlafen. Aber das machte nichts. So konnte er ungestört fernsehen. Aber jetzt brannte ihm noch die Frage auf der Zunge, was der Papa denn so geplant hatte, in den Ferien.

„Okay, dann ist jetzt aber Bettzeit. Morgen ist auch noch ein Tag.“ Chris streckte sich und gähnte genüsslich.

„Papa, ich will aber noch nicht ins Bett. Eigentlich wollte ich von dir wissen, was wir in den Ferien tun. Fahren wir weg? Wohin fahren wir denn? Fahren wir mit dem Zug oder mit dem Auto? Boah, oder fliegen wir etwa mit dem Flugzeug ans Meer?“ Nick hüpfte aufgeregt auf dem Sofa herum.

Chris stöhnte. So viele Fragen. Dabei war er doch noch gar nicht ganz wach. Außerdem hatte er noch gar nichts geplant. Aber das konnte er Nick jetzt so nicht sagen. „Nick, komm mal runter“, seufzte er. „Es ist schon spät. Hör einfach mal auf, da rumzuspringen. Mir wird schon ganz schlecht von dem Gewackel.“

Nick ließ sich auf den Po fallen. Das Sofa war weich und federte die Landung gut ab. Jetzt saß er wieder neben seinem Papa und sah ihn erwartungsvoll an. „Und?“, fragte er.

„Bitte lass uns morgen darüber reden. Ich bin jetzt einfach zu müde. Okay? Jetzt geht es ins Bett. Zähne kannst du morgen früh putzen.“ Chris griff zur Fernbedienung und beendete die Werbung, die im Fernseher lief, mit einem Kopfdruck.

„Och man.“ Nick schlurfte enttäuscht in sein Zimmer.

Chris, der ihm gefolgt war, nahm seinen Sohn noch einmal in die Arme. „Gute Nacht, Tiger. Wir besprechen morgen alles. Versprochen. Schlaf gut.“ Dann küsste er ihn auf die Stirn und hob ihn direkt ins Bett.

Nick legte sich hin. „Ich bin aber gar nicht müde ...“, protestierte er halbherzig. Dann gähnte er herzhaft. „Gute Nacht, Papa. Bis morgen.“

Noch bevor Chris die Türe hinter sich geschlossen hatte, schlief sein kleiner Sohn tief und fest.

Chris war ebenfalls müde und steuerte sofort sein Schlafzimmer an, das direkt neben dem Kinderzimmer liegt. Er ließ sich erschöpft auf sein Bett fallen, zog sich die Bettdecke bis ans Kinn und drehte sich rechtsrum, dann linksrum und versuchte sogar auf dem Rücken zu schlafen. Doch er fand keine Ruhe. Schließlich blieb er auf dem Rücken liegen und starrte ins Nichts. Sein Zimmer war so dunkel, dass er nicht einmal die Zimmerdecke erkennen konnte. Stattdessen sah er vor seinem geistigen Auge das enttäuschte Gesicht seines Sohnes und seine hoffnungsvoll blickenden Augen. Chris hatte Gewissensbisse. Ja, er hatte sich dieses Jahr extra Urlaub in den Ferien genommen, damit er mit Nick Zeit verbringen konnte – aber einen Plan, womit sie die nächsten Wochen ihre Zeit verbringen sollten, hatte er nicht. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Sie gehen zusammen einkaufen und sehen fern? Sein Sohn war fast neun Jahre alt, da konnte er das wirklich nicht erwarten. Das hätte ihm klar sein müssen. Er hatte sich seit dem Tod von Pia, seiner Frau, fast nur noch um seine Arbeit gekümmert. Dabei hatte er ganz versäumt, sich um die Interessen und Bedürfnisse seines Sohnes zu kümmern. Das wurde ihm jetzt schmerzlich bewusst. Essen, Schule, ein sauberes Heim – das war eben nicht alles im Leben eines Neunjährigen. Pia hätte sicher schon lange alles geplant und sie bräuchten nur noch loszulegen. Bei diesem Gedanken machte sich ein dicker Kloß in seinem Hals breit und er musste ein paar Mal tief Luft holen, um das Gefühl zu haben, wieder richtig atmen zu können. Er vermisste sie so sehr... Und Nick … ihm erging es sicher auch so. Chris nahm sich fest vor, seinem Sohn tolle Sommerferien zu verschaffen. Sein Sohn sollte glücklich sein, doch bevor er einen weiteren Gedanken fassen konnte, übermannte ihn dann doch plötzlich der Schlaf.

---ENDE DER LESEPROBE---