Koan - Jutta Jorzik-Oels - E-Book

Koan E-Book

Jutta Jorzik-Oels

0,0
9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Koan ist anders als andere Kinder. Er redet mit Tieren und versteht die Sprache der Bäume und Blumen. In der neuen Schule findet er gute Freunde. Eines Tages begegnet ihnen ein geheimnisvolles Wesen, das Koan um Hilfe bittet. Finstere Wesen wollen die Freude in der Welt vernichten, aber nur Kinder mit hellem Herzen können die dunklen Wesen besiegen. Aber der Kampf erfordert riesengroßen Mut von den Freunden, denn sie müssen immer wieder ihre Angst aushalten und überwinden. Wird es Koan gelingen, die Gefahr abzuwenden? Leseempfehlung 8 - 10

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Jutta Jorzik-Oels

Koan

der Junge mit dem hellen Herzen

Ein hochsensibler Junge erlebt mit seinen Freunden mystische Abenteuer

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Koan

der Junge mit dem hellen Herzen

Für Leon und Noel

und alle Kinder mit einem hellen Herzen

Text und Copyright ©:

Jutta Jorzik-Oels

Breslauer Ring 6

59348 Lüdinghausen

https://hauptsacheherzbewegt.de

erschienen 2023 im Selfpublishing

Covergestaltung

Bevor es losgeht

Bevor es losgeht, sollst Du wissen, dass es Koan wirklich gibt. Er ist keine erfundene Figur wie Jim Knopf oder Kalle Blomquist! Ich kenne ihn nämlich gut. Er besucht mich oft und hat mich gebeten, seine Abenteuer für Dich aufzuschreiben.

Bevor es nun aber beginnt, stelle ich Dir alle diejenigen vor, die Du hier kennenlernen wirst:

die Kinder:

Koan - der Held dieses Buches

Menal - Koans bester Freund

Kendra - eine neue Freundin

Jordi und Morun - Koans kleine Geschwister

Runil, Aigri - freundliche Klassenkameraden

Suni, Jaolin, Mainda - freundliche Mitschülerinnen

Hirot und Ibri - zwei unangenehme Mitschüler

Algrun - ein naseweises Mädchen

Mascha und Discha - Jordis und Moruns geheime Freunde

Aidilin - ein geheimnisvoller Junge

die Erwachsenen:

Holdemein und Willegud Lindulin - die Eltern von Koan, Jordi und Morun

Frau Mindel - die Klassenlehrerin

Frau Sigilu - Kunstlehrerin

Frau Sangal - Sportlehrerin

und ein mächtiger König

die Helfer:

Djondo - eine Fee

Djöndir - eine Wächterfee

Löbin - ein Ritter

Ajoeh - ein Hüter

Djandali - eine Landschaftsfee

die Tiere

Doma - eine Krähe

Windkorn - eine Krähe

Singli - ein Wiesel

die Bäume

Aarud, Erilis, Iradil - drei Birken

Dundradil - ein Pflaumenbaum

Emogh - eine Eiche

die Unwesen:

Tonker

Bliisis

1. Kapitel - Koans Abreise

Es war einmal ein kleiner Junge, der hieß Koan.

Falsch. Eigentlich war Koan kein kleiner Junge. Koan war vielmehr ein junger Junge.

Wieder falsch. Denn eigentlich war Koan ein Prinz. Aber das wusste fast niemand, nur er selbst.

Koans Vater war ein mächtiger König, Herrscher eines riesigen Reiches.

Koan verbrachte seine Tage damit – nun ja, womit Jungen eben so ihre Tage verbringen: Im Wald rumlaufen und nach Fuchsspuren Ausschau halten. Auf Bäume klettern. Wilde Spiele mit seinen Kameraden machen. Auf einem Stein sitzen und denken. Den Fröschen zuhören. Bücher lesen. Manchmal auch gefährlichen Unsinn machen, wie.... nein, stop! Das erzählen wir hier nicht.

Eines Tages rief der König Koan zu sich. „Koan“, sagte er, „es wird Zeit, dass du deinen Rucksack packst und dich auf den Weg machst.“

Koan wusste nicht recht, ob er sich darüber freuen sollte. Natürlich hatte er gewusst, dass er, wie alle seine Brüder und Schwestern, vom König auf die Reise geschickt würde. Aber gerade jetzt war es so wunderbar, jeden Tag mit seinen Freunden schwimmen und tauchen zu gehen.

„Wann soll ich denn losziehen?“, fragte er. „Schon sehr bald, geh jetzt und packe. Aber nimm nicht zu viel mit, damit der Rucksack nicht zu voll wird und zu schwer, du musst ihn einen weiten Weg tragen.“ - „Weit? Darf ich über die Grenze bis nach Nawali?“ - „Viel, viel weiter“, antwortete der König. „Du reist weiter als jedes deiner Geschwister, in ferne Welten, denn du hast eine wichtige Aufgabe zu erfüllen!“

Nun erwachte die Abenteuerlust in Koan. „Wie komme ich dort hin, wenn es so weit ist? Darf ich mit dem Schwanenschlitten fliegen?“, fragte er. - „Nein, dafür ist die Reise viel zu weit, so hoch und weit kann der Schlitten nicht fliegen. Ich werde dir eine der Schlosskrähen schicken, die wird dich dorthin bringen.“ - Koan überlegte. „Können Krähen denn weiter fliegen als die Schwäne?“, fragte er. „Mach dir keine Gedanken, du wirst schon sehen. Vertrau einfach der Krähe. - Und jetzt müssen wir Abschied nehmen, mein Sohn.“

Der König nahm Koan in die Arme und sagte: “Du wirst viele Abenteuer erleben, viele Begegnungen haben und auch viel lernen. Nicht alles wird dir dort gefallen, einiges wirst du ganz gruselig finden, und manches wird sehr schwer für dich sein. Aber ich weiß, dass du tapfer und stark bist und jede Schwierigkeit bewältigen wirst! Und nun zieh los.” Koan drückte seinen Vater noch mal und ging dann seinen Rucksack packen. Bald wurde es dunkel, Koan schaute noch einmal aus dem Fenster zu seinem liebsten Kletterbaum.

Kurze Zeit später hörte er ein ganz leises Klopfen am Fenster. Er sah nach und bemerkte Doma, die Krähe, auf dem Fensterbrett. Koan freute sich, sie zu sehen. Er kannte Doma schon viele Jahre; Doma hatte ihn oft begleitet auf seinen Ausflügen.

„Bist du bereit, Koan?“, fragte Doma. „Ja!“, rief Koan. „Geht es jetzt los? Was soll ich tun?“ - „Schnall dir den Rucksack fest auf den Rücken, und dann lege deine Hand auf meinen Flügel“, erklärte Doma. - „Das ist alles?“, wunderte Koan sich. „Was passiert dann?“ - „Lass mich nur machen!“, antwortete Doma.

Koan schnallte seinen Rucksack um, sah sich noch mal im Zimmer um, - wer weiß, wann er es wiedersehen würde! Und ging zum Fensterbrett, wo Doma wartete. Er legte seine Hand auf Domas Flügel, und sofort breitete Doma die Flügel aus und flog mit ihm davon. Das fühlte ich sehr merkwürdig an; plötzlich war Koan oben in der Luft und sah hinab auf das Schloss und den Garten. Er hatte ein ganz kleines bisschen Angst. Aber dann ging es noch höher hinauf. Jetzt wurde ihm schwindlig, und er schloss die Augen.

2. Kapitel - Die neue Schule

Als er die Augen wieder öffnete, lag er in seinem Bett. Die Sonne schien durchs Fenster direkt in seine Augen. Er sah sich um. Komisch, irgendwas war anders. Aber was? Alles war an seinem Platz. Der Schrank mit der halboffenen Tür, die er nie richtig schloss. Der Schreibtisch, der Stuhl davor, das Bücherregal, seine Spielzeugkisten. Koan guckte die Bücher im Regal an. Hatte jemand hier umgeräumt? Nein, sein Lieblingsbuch vom roten Ritter stand genau da, wo er es gestern Abend hingestellt hatte; daneben lag sein Fernglas. Alles sah aus wie immer und irgendwie doch ganz fremd. - Wie spät war es wohl? Und was für ein Tag war heute? Langsam setzt er sich. Was hatte er nur für einen komischen Traum gehabt? Er konnte sich nicht genau erinnern. Da war... - „Koan!“, hörte er da seine Mutter rufen. „Du sollst jetzt wirklich aufstehen! Dein Kakao ist schon fertig!“

Koan stand auf und ging in die Küche. „Guten Morgen!“, sagte Mama zu ihm, „Hast du gut geschlafen?“ - „Hab was Komisches geträumt, kann mich nicht mehr richtig erinnern...“ - „Na komm, setz dich und trinke deinen Kakao, und dann mach dich fertig. Heute ist doch dein erster Schultag in der neuen Schule, das hast du ja wohl nicht vergessen!“ Doch, das hatte Koan tatsächlich vergessen. Es fiel ihm schwer, sich auf den vor ihm liegenden Schultag zu konzentrieren. Er war immer noch halb im Traum, erinnerte sich an einen Garten und... „Träum nicht!“, sagte da Mama, „Jetzt aber voran, dass du ja nicht am ersten Tag zu spät kommst!“

Noch zwei Mal ermahnte Mama ihn, sich zu beeilen. Koan war genervt. Er beeilte sich doch die ganze Zeit, nur musste er doch zwischendurch auch ein wenig innehalten, um nachzudenken. Was war nur so anders? Alles sah anders aus als gestern und war doch gleich; auch die Stimmen waren anders, und trotzdem gleich, und irgendwie roch es auch anders. Schließlich war er aber fertig. Na gut, er hatte gemogelt im Bad und die Zähne nicht geputzt; aber wenn Mama auch ständig drängelte! - Als er seine Jacke anzog, stand Mama schon an der Tür. Sie wollte ihn heute, am ersten Tag in der neuen Schule, begleiten.

Auf dem Schulhof begegnete ihnen Menal, der auch von seiner Mutter begleitet wurde. Koan drehte sich zu seiner Mutter und sagte: „Jetzt kannst du aber gehen, das wäre ja total peinlich, wenn meine Mutter mit mir bis zur Klasse kommt.“ Menals Mutter winkte ihnen schon zu; und Mama sagte: „Hab einen guten Anfang, mein Sohn!“ Damit drehte sie sich um und wandte sich Menals Mutter zu. Menal grinste Koan an. Er war seit den ersten Schultagen sein bester Freund. Zusammen betraten sie das Schulhaus, das um einiges größer war als die frühere Schule. Schnell fanden sie ihre Klasse, in der schon viele Schüler waren. Sie suchten einen Platz, wo sie nebeneinander sitzen konnten.

Einige Schüler kannten sie von früher, einige waren neu. Aber was war das für eine alte Frau da vorne? Koan sah sich um. Er war sehr neugierig auf die anderen Schüler. Würde er hier neue Freunde finden?

Endlich hatten alle einen Platz gefunden, und die alte Frau stellte sich vorn an den Lehrertisch und sagte: „Guten Morgen! Herzlich willkommen in der Oberstufe! Ich bin Frau Mindel, eure Klassenlehrerin in diesem Jahr. Ihr gehört jetzt zu den älteren Schülern, und ich erwarte von euch anständiges und höfliches Benehmen! Dann werden wir gut miteinander auskommen. Und jetzt....“

Koan wusste nicht, ob er lachen sollte oder schreien. Wie konnte so eine uralte Frau Lehrerin sein, die war doch mindestens 63 einhalb. Und dann der Name – Mindel! So einen unsinnigen Namen hatte er noch nie gehört. Mindel, Mindel, olle Spindel.. Und wie sie aussah! Graugelbe Haare in einem Knäuel hinten am Kopf festgesteckt; eine riesige Brille im Gesicht mit so dicken Gläsern, dass man die Augen gar nicht richtig sehen konnte. Und die Kleidung erst! Ein dunkelgrauer enger Rock bis über die Knie – konnte man mit so einem Rock richtig laufen? - ein dunkelgrauer Pullover, und Schuhe – nein, so was hatte er noch nie gesehen – sie saßen wie riesige Klumpen an ihren Füssen und hatten genau dieselbe Farbe wie der Rock. Aber es war lustig, ihr beim Sprechen zuzusehen. Manche Wörter fielen wie schwere kleine Wolken aus ihrem Mund, aber manche Wörter waren bunt und schillernd und tanzten einige Zeit vor ihrem Gesicht herum.

Koan erschrak, denn plötzlich zeigte Frau Mindel mit dem Finger nach ihm und rief seinen Namen. “Koan! Du bist doch Koan, oder nicht?“ Koan konnte nur nicken. „In der ersten Schulstunde träumst du schon! Hast du nicht gehört, ich habe dich gefragt, ob du im Sportunterricht lieber in die Geräteturnen-Gruppe oder in die Mannschaftssportarten-Gruppe möchtest!“ - „Geräteturnen“, murmelte Koan. Er war wütend. Er hatte doch überhaupt nicht geträumt! So eine dumme Lehrerin! Er blickte angestrengt auf den Tisch, denn er hatte oft genug die Erfahrung gemacht, dass es Ärger gab, wenn die Erwachsenen sahen, dass er wütend war.

Da spürte er am Rücken einen ganz zarten, feinen Klang. Was war das? Er traute sich nicht, sich umzudrehen, und schielte vorsichtig zur Seite zu Menal, ob der auch etwas bemerkt hatte. Nein, offensichtlich hörte er nichts; denn er schaute konzentriert nach vorn mit diesem Blick, der Koan sagte, dass Menal keineswegs zuhörte, sondern an etwas ganz anderes dachte. Koan lauschte auf den Klang an seinem Rücken. Wie ein zarter Windhauch fühlte sich das an. Da traf ihn ein stechender Blick aus den Brillengläsern von Frau MIndel. “Haben alle den Stundenplan abgeschrieben?”, fragte sie. Koan wagte nicht, sich nach diesem Klang umzudrehen. Ärger mit dieser Lehrerin würde er noch früh genug bekommen. Er seufzte ganz leise und schrieb auf, was Frau Mindel diktierte.

3. Kapitel - Das Mädchen mit den Feenhaaren

Endlich erklang der Ton zum Ende der letzten Stunde. Die meisten Kinder sprangen auf der Stelle auf, packten ihre Schreibutensilien sorglos in die Taschen und stürmten so schnell wie möglich aus dem Raum.

Koan blieb ruhig sitzen und packte seine Sachen sehr gemächlich. Er hasste es, etwas in Eile tun zu müssen; aber mindestens genauso hasste er das Gedränge, das nun an der Tür entstand. Als er schließlich aufstand, hatte Menal bereits die Klasse verlassen, aber Koan wusste, dass er draußen auf ihn warten würde.

Als Koan auf den Schulhof kam, waren die anderen Schüler bereits verschwunden. Mitten auf dem leeren Hof stand Menal und wartete auf ihn. Etwas weiter hinten stand ein Mädchen, das Koan nicht kannte; auch sie schien auf jemanden zu warten. Sie sah irgendwie seltsam aus, wie sie dort stand und Koan anblickte. Sie hatte sehr freundliche Augen und ein zartes, feines Gesicht. Aber ihre Haare! Noch nie hatte Koan solche Haare gesehen. Lang waren sie und wuselig, wie eine Wolke hüllten sie den Körper ein bis zu den Oberschenkeln. Aber am ungewöhnlichsten war die Farbe: Die schien sich zu ändern, je länger man sie anschaute. Zu allererst sahen sie ganz hellblond, fast weißblond aus. Aber dann wurden sie beinahe durchsichtig und begannen, grünlich zu schimmern. ‘Sie sieht aus wie eine Fee!’ dachte Koan. In diesem Augenblick fuhr ein leichter Wind über den Schulhof, die Haare des Mädchens bewegten sich, und ein zarter Klang wehte herüber. Diesen Klang hatte Koan in der langweiligen Unterrichtsstunde hinter sich gehört! Also war dieses Mädchen eine neue Klassenkameradin.

In dem Moment sagte Menal: “Nun komm endlich! Ich warte hier schon fast zehn Minuten. Was machen wir heute Nachmittag, hast du eine Idee?” Bevor Koan antworten konnte, kam das Mädchen einige Schritte Koan entgegen, bis sie neben Menal stand, und sagte: “ Kann ich mitmachen? Ihr beiden gefallt mir. Ihr habt beide so eine schöne Stirn, und außerdem seid ihr nicht so laut wie die anderen. Ich bin übrigens Kendra. Und ihr heisst Koan und Menal, nicht wahr?”

Menal blickte verblüfft; er schien sie vorher überhaupt nicht bemerkt zu haben. Koan überlegte nicht lange und antwortete: “Ja, klar! Zu dritt ist es sicher noch lustiger!” - “Aber erst muss ich nach Hause und essen; mein Vater kommt heute extra zum Mittagessen nach Hause, um zu hören, wie die neue Schule so ist”, sagte Menal. "Stimmt", meinte Koan, “bei uns hat meine Mutter versprochen, mein Lieblingsessen Kartoffelpüree mit Spinat zu machen.” Kendra guckte etwas enttäuscht. “Echt, eure Mütter sind zu Hause und kochen für euch?” - “Nicht immer”, sagte Menal, “nur solange unsere kleinen Geschwister noch Ferien haben.” - “Ich habe meine Mutter schon lange nicht gesehen”, erzählte Kendra. “Ich hoffe, sie kommt in den Weihnachtsferien nach Hause.” - “Das ist ja noch ‘ne Ewigkeit bis dahin! Wo ist denn deine Mutter?”, fragte Koan. Kendra antwortete: “Meine Mutter ist in Jaibalito, bei den Mayas, und sucht dort Obsidiane.” Koan und Menal schwiegen, sie hatten beide keine Ahnung, wo Jaibalito liegt, und warum dort jemand nach Steinen sucht. Kendra redete weiter: “Für die Mayas dort in Guatemala sind Obsidiane heilige Steine, sie benutzen sie für Zauberrituale. Mama hat versprochen, mir einen Obsidian mitzubringen, wenn sie kommt.” Alle drei waren einen Moment still, bis Menal sagte: “Also los, gehen wir nach Hause und treffen uns dann - in einer Stunde? Da hinten an der Kreuzung mit den drei tanzenden Birken? Weißt du, wo ich meine, Kendra? Da treffen Koan und ich uns fast immer.” - “Ja, die Kreuzung kenne ich”, antwortete Kendra. “Fein, dann bis später!”, rief Koan und machte sich auf den Heimweg.

Nach etwas mehr als einer Stunde trafen Koan, Menal und Kendra sich an der Wegkreuzung, an der die drei Birken tanzten. Heute standen sie allerdings still und bewegten nur ihre Zweige ein wenig, als ob sie die Kinder begrüßen wollten. “Was wollen wir machen?”, rief Menal. Alle überlegten eine kleine Weile. Dann schlug Koan vor: “Wir können runter zum Fluss zu den Stromschnellen gehen. Da kann man auf den Steinen bis mitten in die Stromschnelle balancieren und da auf dem Felsen hocken und dem Wasser zuschauen, und wir können uns was erzählen.” Da niemand eine bessere Idee hatte, gingen die drei durch den Wald zum Fluss hinunter. Tatsächlich war jetzt im Sommer das Wasser so niedrig, dass man gut auf einigen großen Steinen bis mitten in die Stromschnelle balancieren konnte, wie Koan gesagt hatte. Auf dem riesigen Felsen dort war Platz genug für die drei. Eine Zeit lang saßen sie still, schauten dem wirbelnden Wasser zu und lauschten den vielen verschiedenen Tönen, die das Wasser machte.

4. Kapitel - Was das Wasser erzählt

Es gluckste, rauschte, gluckerte. Dann klang es, als ob jemand rülpst. Und jetzt klatschte es, so als ob jemand ein nasses Handtuch gegen die Steine patschen würde. Dort hinten hörte man leise “plitsch, plitsch”. Immer mehr verschiedene Klänge hörten die drei Freunde. Es war, als ob im Wasser eine unsichtbare Gesellschaft wäre, die da zusammen feiern, lachen, singen und sich was erzählen würde. Je mehr die Kinder lauschten, desto mehr verstanden sie, was von dort unten zu ihnen herauf klang:

“Seid gegrüßt! Seid gegrüßt!", wisperten viele feine Stimmen. - ‘Wer spricht dort?’, dachte Koan, und im selben Moment antworteten die Stimmen:

“Wir sind der Fluss. Wir sind Wassertropfen. Wir sind viele. Wir sind unzählige. Wir sind alle eins. Wir sind noch jung. Und wir sind uralt. Wir haben vor kurzem erst unsere Reise angetreten. Nicht weit von hier sind wir der Quelle entsprungen. Tief im warmen dunklen Erdboden ruhten wir für lange Zeit, bis die Quelle uns rief und lockte. ‘Kommt herauf, ins Sonnenlicht, es ist nun die Zeit für euch, zu tanzen!’, gluckerte sie uns zu. Und wir sprangen hinauf, voller Freude, wieder auf die Reise zu gehen mit den unzähligen anderen Tropfen. Auf die Reise, auf der wir alle gemeinsam tanzen und singen. Auf die Reise, wo wir als Fluss immer größer und stärker werden. Und bald schon, bald kommen wir zur See! Ach, wird das eine Freude sein. Welche Freude! Welch große Freude wird das sein! Mit unzähligen anderen werden wir eins mit der See. Als Wellen wiegen und wogen wir, weiter fort, immer weiter, bis wir als See das große Weltmeer treffen. Das Weltmeer, wo wir alle, alle unsere Brüder und Schwestern treffen und zu einem Wasser werden.”

‘Und dann?’, dachte Koan fasziniert, ‘was passiert dann?’

“Dann,”, gluckste das Wasser, “dann wiegen wir für lange, lange Zeit gemeinsam hin und her, erzählen, berichten uns gegenseitig, was wir auf unseren Reisen erlebt haben. - Ach, wie wird das schön, wie wird das schön, wenn wir unseren Brüdern und Schwestern davon erzählen, wie wir als junger Fluss hier entlang getanzt sind! Dort hinten durch das Schilf, wo wir mit den jungen Enten gespielt haben. Und dann am sumpfigen Ufer entlang, wo die Schwertlilien blühen. Vom Gespräch mit den Schwertlilien werden wir berichten, von ihrer Freude, Freude, von uns umflossen zu sein, so sind sie geschützt vor groben Menschenhänden. Und da, da hinten, die Sumpfdotterblumen, sie winken uns schon zu, haben eine Botschaft für uns. Alles, alles hören wir, behalten wir im Gedächtnis, um uns auszutauschen mit den Wasser -Geschwistern. Alles, was geschieht, erfahren wir. Die Waldvögel zwitschern Geschichten vom Frühling, vom Fuchs, der in der Nacht kommt, von den Mäusen, die sich immer verstecken müssen. Die Bäume raunen vom langen Winter. Die Erde, über die wir da hinten geflossen sind, gluckste von den drei jungen Rehen, die jeden Abend zum Trinken kommen. Die uralten Steine haben so viel erlebt. Schon zu Zeiten, als hier noch keine Menschen lebten, waren sie hier. Und von euch, von euch drei Freunden, werden wir erzählen! Wie schön, wie schön ist das, drei Freunde, die ihre Ohren öffnen und dem Wasser lauschen! Und noch so unendlich viel werden wir erleben, werden wir berichten. Irgendwo werden die Regentropfen zu uns kommen. Auch sie sind weit gereist in den Wolken; sie werden uns erzählen von fernen, fernen Ländern,von Ländern, wo der Ozean nicht hin kommt. Alles, alles, was geschieht, was geschehen ist, erfahren wir. Wir bewegen es in uns, und dann übergeben wir es dem Meeresboden. Irgendwann werden auch wir müde, müde, und sickern in den Meeresboden hinein, um eine Zeit zu schlafen. Zu schlafen, bis wir irgendwann in einer neuen Zeit wieder den tönenden Lockgesang einer Quelle hören. Aber jetzt sind wir jung, sind jung, tanzen und springen, hüpfen und singen, glucksen und blubbern! - Dort, silbernes Fischlein, hörst du? Hörst du, was das Fischlein redet? Schau, hinter dir am Ufer, ein Stück von einer Angelschnur hängt dort fest im Gras, das würgt, würgt das Gras, würgt die Vögel, die sich dort niederlassen, ist Gefahr für Silberfische. Kommt, Brüder, wir müssen wirbeln dort, sprudeln, gluckern und strudeln, wir nehmen die Schnur, fort von dort, hier zum Stein, hier kann sie sein, tut nicht mehr weh!”

Zuletzt war das Glucksen immer lauter geworden, der Strudel schneller und wilder. Es klatschte auf den Felsen, auf dem die Freunde saßen, und direkt neben Koan landete das Ende einer Angelschnur. Koan zog daran, bis die ganze Schnur neben ihm auf dem Felsen lag. Grashalme waren darum gewickelt und auch eine kleine Feder.

Plötzlich rief jemand laut im Waldstück am Ufer. “Moro! Moro!” Ein großer weißer Hund sprang zwischen den Bäumen hervor und machte einen Satz ins Wasser, genau an der Stelle, wo noch einen Augenblick zuvor die Angelschnur verheddert gewesen war. Der Hund paddelte begeistert hin und her und schnappte nach dem Schaum. Das Wasser gluckste laut; es hörte sich an, als ob es lachte. Jetzt tauchte ein Mann am Ufer auf. Er lächelte, als er den Hund im Wasser sah.

Koan, Menal und Kendra schauten jetzt dem Hund zu, der mit den Wellen spielte. “Komm raus, Moro, jetzt ist’s genug!”, sagte der Mann. Moro kehrte folgsam ans Ufer zurück und schüttelte sich so heftig, dass die fliegenden Tropfen einen Regenbogen bildeten. Der Mann lachte, sagte “na komm!”, und schon verschwanden die beiden wieder zwischen den Bäumen.

“Wir sollten vielleicht auch gehen, es ist schon spät. Wie lange haben wir hier eigentlich gesessen?”, fragte Menal. “Keine Ahnung, aber ich bin todmüde”, meinte Koan. “Ja”, sagte Kendra, “lasst uns nach Hause gehen. Das war wunderbar, hier mitten auf dem Fluss zu sitzen und dem Wasser zu lauschen. Morgen kann ich euch meinen Lieblingsplatz zeigen, wenn ihr wollt.” - “Klar!” - “Super, darauf freue ich mich schon!”, riefen Menal und Koan.

Und dann gingen sie alle nach Hause.

Später lag Koan im Bett und dachte darüber nach, wie merkwürdig dieser Tag gewesen war. So viel Neues! Die neue Schule, neue Klassenkameraden, eine neue Lehrerin - und eine neue Freundin! Der Nachmittag am Wasser mit seinem besten Freund Menal und Kendra, die jetzt mit dazugehörte, so viel stand fest! Und dann das Abendessen mit der Familie.

Die Eltern legten großen Wert darauf, dass die ganze Familie sich zum Abendessen traf. Koan fand es oft anstrengend; Papa fragte immer “und wie war dein Tag? Erzähl mal!” Oft mochte er aber nicht erzählen, weil er erst in Ruhe darüber nachdenken musste, was er erlebt hatte. Heute hatten zum Glück die Zwillinge Jordi und Morun sofort angefangen zu reden. Sie erzählten so aufgeregt beide gleichzeitig von ihrem Ausflug mit Mama ins Wildgehege, dass sogar Papa danach erschöpft war und sich mit Koans sehr kurzem Bericht über den Nachmittag zufrieden gab. Er war erleichtert, dass Papa nicht nach seiner neuen Schule und der neuen Lehrerin gefragt hatte. Was hätte er sagen sollen? Dass seine neue Klassenlehrerin so komisch spricht, dass manche Worte wie plumpe Steine aus ihrem Mund fallen? Papa hätte das nicht verstanden. Er verstand solche Dinge nie. Koan wunderte sich wirklich, wie Erwachsene im Leben zurechtkommen, die so wenig sehen und hören.

Aber nun lag er endlich in seinem Bett und konnte in Ruhe über den Tag nachdenken. Das war wirklich ein seltsamer Tag gewesen heute! Irgendwie so lang - Koan überlegte, was er gestern gemacht hatte. Da waren noch Ferien gewesen. Aber so intensiv er auch nachdachte, er konnte sich einfach nicht erinnern. Sein Kopf war so voll. Es fühlte sich so an, als wäre er verreist gewesen. Plötzlich fiel ihm ein, wie komisch fremd ihm am Morgen alles vorgekommen war. Vielleicht hatte er was ganz Aufregendes geträumt in der letzten Nacht?

Koan seufzte. Zwecklos, darüber nachzudenken. Lieber dachte er an seine neue Gefährtin Kendra und seinen lieben alten Freund Menal. Wunderbare Abenteuer würden sie zusammen erleben! Darauf freute er sich schon sehr!

5. Kapitel - Das Blumenfeld

“Hei, wann treffen wir uns heute?”, rief Menal am nächsten Tag nach Schulschluss. “Du wolltest uns heute deinen Lieblingsplatz zeigen, Kendra!” - “Von mir aus wieder in einer Stunde. Wann macht ihr denn immer eure Hausaufgaben?”, fragte Kendra. “Immer erst abends!”, sagte Menal. “Ich auch, nach dem Abendessen”, fügte Koan hinzu. - “Fein! Also dann in einer Stunde!”, rief Kendra und rannte davon.

Koan war ein bisschen aufgeregt, als sie sich später trafen. Er war sehr gespannt auf Kendras Lieblingsplatz.

“Los, wir müssen ein ganzes Stück laufen, bis da hinten zum Sumpfgebiet!”, sagte Kendra und marschierte bereits los. Koan war ein wenig enttäuscht und blickte Menal an. Ein Sumpf? Was sollte da Besonderes sein? Menal zuckte die Schultern und lief hinter Kendra her. Sie rannte fast, Koan und Menal hatten Mühe, nicht zurück zu bleiben.

Als sie zum Sumpfgebiet kamen, lief Kendra eine Weile durch dichtes Gebüsch am Rand des Sumpfes entlang. Dann kamen sie zu einem Weg, von dem aus ein schmaler Steg aus Holzplanken durch den Sumpf führte. Kendra betrat den Steg, guckte sich nach Koan und Menal um und sagte: “Passt auf, ist ein bisschen wackelig hier”, und lief weiter. Ja, die Planken wackelten ganz schön heftig durch die Schritte der anderen. Man musste wirklich sehr aufpassen, weil der Steg so schmal war, dass man nicht abrutschte bei der Wackelei. Und dabei sollte man sich auch noch beeilen! Man merkte, dass Kendra es gewohnt war, hierher zu laufen. Mehrmals blieb sie stehen und wartete ungeduldig auf Koan und Menal, die lange nicht so schnell wie sie auf den Brettern laufen konnten. “Ist es noch weit?”, fragte Menal. “ - “Ein Stück noch”, antwortete Kendra und rannte weiter.

Nach einer Ewigkeit kamen sie endlich zum Ende vom Sumpf und des anstrengenden Plankenweges.

---ENDE DER LESEPROBE---