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Ein Buch für Leser, die tiefer in das Thema Hochsensibilität einsteigen wollen und mehr über die Hintergründe wissen wollen. Hier wird Hochsensibilität ganzheitlich betrachtet, auch unter spirituellen Aspekten. Welche Rolle spielt Hochsensibilität in der Kultur? Aus dem Inhalt: - Die verschiedenen Typen von Hochsensibilität, Abgrenzung von Hochsensibilität zu anderen Persönlichkeitsbildern; versteckte Hochsensibilität; die energetischen Grundlagen für Hochsensibilität, welche Bedeutung hat Hochsensibilität für die soziale Kultur
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
Teil I
Was ist Hochsensibilität?
1. Was genau ist Hochsensibilität
2. Fakten und Irrtümer
3. Die Grundtypen der Hochsensibilität
4. Typisch hochsensibel
5. Womit Hochsensibilität verwechselt wird
6. Hochsensibel ist nicht gleich hochbegabt
7. Hochsensibel oder hypervigilant?
8. Versteckte Hochsensibilität
9. Wie entsteht Hochsensibilität?
10. Hochsensibilität ist eine Gabe
Teil II
Hochsensibilität aus spiritueller Sicht
11. Über Spiritualität
12. Die zwölf Sinne
13. Die geistig-seelische Organisation des Menschen
14. Imagination, Inspiration, Intuition
15. Die Funktion der Chakren
16. Herzdenken
Teil III
Umgang mit Hochsensibilität
17. Negative Aspekte
18. Stärke die Stärken
19. Die Wirkung von Traumata
20. Hochsensibel im Alltag
Teil IV
Hochsensibilität und Gesellschaft
21. Der Stellenwert der Hochsensibilität
22. Die Kultur von morgen
23. Hochsensibilität als Chance
Epilog
Anhang
Checkliste - Bin ich hochsensibel
Arbeitsblatt
Ist mein Kind hochsensibel?
Chakraübungen
Hinweise
Über die Autorin
Zur Balance zwischen hochsensibler Wahrnehmung und Abgrenzung, 2021
Ein Kurs für Hochsensible mit 8 Übungen zur inneren und äußeren Abgrenzung
Text und Copyright ©:
Jutta Jorzik-Oels
Osuuskunnantie 9D
00680 Helsinki, Finnland
https://hauptsacheherzbewegt.de
erschienen 2022 im Selfpublishing
Liebe Leserin, lieber Leser,
Mit diesem Buch möchte ich dazu beitragen, dass das Konstrukt der Hochsensibilität - manchmal auch als Hochsensitivität oder Neurosensitivität bezeichnet - in der Öffentlichkeit bekannter und vor allem besser verstanden wird.
Vor allem aber hoffe ich, dass Hochsensibilität als eine wunderbare Begabung erkannt wird!
Denn noch immer gibt es sehr viele falsche Vorstellungen über Hochsensibilität.
Was genau ist Hochsensibilität?
Ist jeder, der in einigen Bereichen hochsensibel reagiert, auch hochsensibel?
Warum leiden so viele Menschen unter ihrer vorgeblichen Hochsensibilität?
Welche Folgen hat Hochsensibilität im Alltag?
Dieses Buch ist das Ergebnis jahrelanger, nicht-akademischer Forschung nach hunderten von Gesprächen mit hochsensiblen und scheinbar hochsensiblen Menschen.
Sehr viele von ihnen fanden sich wenig bis gar nicht in den üblichen Veröffentlichungen und Foren über Hochsensibilität. Fast alle berichteten von außersinnlichen Wahrnehmungen.
All denjenigen widme ich diese Arbeit.
Das Buch ist in vier Teile gegliedert:
Teil I Was ist Hochsensibilität - hier geht es um Fakten; um die Ergebnisse meiner Recherchen, nachvollziehbar für jeden.
Teil II Spirituelle Aspekte der Hochsensibilität - Ergebnisse der geistigen Forschung
Teil III Umgang mit Hochsensibilität im Alltag
Teil IV Hochsensibilität in der Gesellschaft heute
Zum Schluss noch ein Hinweis:
Ich verzichte ausdrücklich auf wissenschaftlichen Anspruch.
Denn die Erfüllung wissenschaftlicher Standards bei der Erforschung der Hochsensibilität ist leider auch die Ursache für das verzerrte Bild von hochsensiblen Menschen.
Der Umgang mit den für die physischen Augen unsichtbaren Welten ist vor allem für die jüngeren Hochsensiblen vollkommen selbstverständlich. DIeser Aspekt der Hochsensibilität wird allerdings in den allermeisten Publikationen sowie in der Forschung über Hochsensibilität ausgeklammert.
Hochsensibilität ist viel mehr als hochsensibel zu reagieren!
Elaine Aron ist eine US-amerikanische Psychologin, die als Pionierin der Hochsensibilität gilt.
Sie ist nicht die Entdeckerin der Hochsensibilität, die schon sehr viel früher immer wieder beschrieben wurde, aber sie gab dieser neurophysiologischen Besonderheit einen Namen und machte sie bekannt.
Dafür sei ihr an dieser Stelle herzlich gedankt!
Elaine Aron, geboren 1944, entdeckte der Legende nach 1987 während einer Psychotherapie ihre eigene Hochsensibilität. 1991 begann sie mit ihren Forschungen an der Universität in Santa Cruz gemeinsam mit ihrem Mann Arthur Aron. Dafür suchte sie über Aushänge und Flyer nach Menschen, die sich selbst als besonders empfänglich für äußere Reize bezeichneten. So fand Aron zahlreiche Menschen mit sehr unterschiedlichem Hintergrund, denen allen gemeinsam die hohe Sensibilität für äußere Reize aller Art war. (1)
In ihrer Forschungsarbeit kam Aron zu dem Schluss, dass etwa 15-20% der Menschheit hochsensibel seien.
Sie stellte fest, dass Hochsensibilität eine genetisch veranlagte, angeborene Besonderheit ist. Dennoch mag sie nicht ausschließen, dass eine gewisse Anzahl hochsensibler Menschen ihre Hochsensibilität im Laufe ihres Lebens durch dauernden Stress oder Traumata erworben haben.
Die Entstehung von Hochsensibilität wird von Aron mit der fehlenden oder mangelhaften Filterfunktion des Thalamus begründet, wodurch mehr Reize ins Bewusstsein gelangen.
Für ihre Forschung entwickelte und nutzte Aron einen Test, der bis heute als Grundlage zum Erkennen von Hochsensibilität gilt. (2)
Aron sprach zunächst von High sensitive processing, abgekürzt HSP. - Der Begriff High-sensitive-processing (hochsensibler Prozess) beschreibt das Phänomen treffender als die deutsche Übersetzung Hochsensibilität. Aron selbst verwendet die Abkürzung HSP sowohl für High sensitive processing als auch für highly sensitive person. Der Begriff der hochsensiblen Person, kurz HSP, hat sich auch im deutschen eingebürgert.
1996 erschien E. Arons Werk The highly sensitive Person. Die deutsche Übersetzung wurde 2005 unter dem Titel “Sind Sie hochsensibel” veröffentlicht. Der Begriff der Hochsensibilität wurde im deutschsprachigen Raum erst allmählich bekannt ab 2010. Das Interesse der Öffentlichkeit wurde endgültig geweckt durch ein Interview mit Elaine Aron, das am 1.3.2015 in der Tageszeitung “Welt” veröffentlicht wurde.
Aron unterschied 3 Grundtypen von Hochsensibilität:
- Sensorisch Hochsensible (hochsensibel für Sinneseindrücke)
- Emotional Hochsensible (sehr mitfühlend und emphatisch)
- Kognitiv Hochsensible (laterales, komplexes Denken)
Es gibt einige Universitäten, in denen an der weiteren Erforschung von Hochsensibilität gearbeitet wird. Die Grundlage für alle Forschungen ist dabei die Arbeit von Elaine Aron.
Hochsensibilität als neurophysiologisches Syndrom ist bis heute kein wissenschaftlich anerkannter Begriff.
In der breiten Öffentlichkeit wird Hochsensibilität heute weitgehend gleichgesetzt mit dem Typ der sensorischen Hochsensibilität.
Emotional Hochsensible werden dagegen oft für psychisch gestört oder sogar krank gehalten.
Kognitive Hochsensibilität wird häufig gleichgesetzt mit Hochbegabung oder mit ihr verwechselt.
Aber was ist Hochsensibilität?
Diese Frage kann niemand eindeutig beantworten.
Es ist viel leichter zu sagen, was Hochsensibilität nicht ist.
Hochsensibilität ist keineswegs die Steigerung von sehr-sensibel-sein! Fließende Übergänge von Sensibilität zu Hochsensibilität gibt es nicht; niemand ist “ein bischen hochsensibel”. Ein noch so sensibler, aber ansonsten neurotypischer Mensch unterscheidet sich in vieler Hinsicht von einem Hochsensiblen.
Hochsensibilität ist eine neurologische Variante; kein Persönlichkeitsmerkmal oder gar ein fünftes Temperament, wie früher angenommen wurde!
Hochsensibilität ist keine Krankheit und keine Störung; - auch wenn einige Ärzte und Psychologen sie noch immer als solche betrachten.
Verständlich ist das allerdings, denn meistens wird Hochsensibilität beschrieben wie ein Syndrom: Nämlich anhand der Eigenschaften, die als Symptome betrachtet werden: Wenn von einer Liste mit xx Eigenschaften x auf dich zutreffen, handelt es sich um Hochsensibilität.
Das ist falsch.
Hochsensibilität lässt sich nicht an Eigenschaften festmachen! Das ist einer der folgenschwersten Irrtümer, der weitere Missverständnisse nach sich zieht.
Was man bis heute sicher sagen kann:
Hochsensibilität ist immer angeboren. Immer!
Die Eigenschaften der Hochsensibilität entstehen dadurch, dass sich die neuronale Vernetzung im Gehirn von der von Nicht-Hochsensiblen unterscheidet.
Das Problem bei dieser Definition ist, dass niemand weiss, wie er neuronal vernetzt ist; nachweisen lässt sich das nur mit einem Hirnscan oder einer Magnetresonanztomographie.
Die offizielle Forschung geht davon aus, dass der Grund für Hochsensibilität im Thalamus liegt. Es wurde nachgewiesen, dass der Thalamus bei Hochsensiblen weniger Reize filtert. Aber weder beweist diese Tatsache, wie Hochsensibilität entsteht, noch erklärt es diese.
Damit ist nur bewiesen, dass einige Menschen mehr Reize als andere wahrnehmen, denn die Weiterleitung äußerer Sinnesreize kann man recht gut messen.
Psychologie ist eben keine Naturwissenschaft, bei der mit nachweisbaren Fakten gearbeitet wird, sondern eine empirische, also eine auf Erfahrungen oder Beobachtungen basierende Wissenschaft. Deshalb wird sie von einigen Naturwissenschaftlern gar nicht als Wissenschaft anerkannt.
Denn was sich physikalisch oder chemisch, sprich mit naturwissenschaftlichen Methoden, nicht nachweisen lässt, gilt unter Naturwissenschaftlern als nicht vorhanden. Und das macht es so schwierig für die Psychologen, die zum Thema Hochsensibilität forschen, die zum Teil sehr unterschiedliche Ansätze haben und sich auch teilweise widersprechen. Die meisten bemühen sich, so naturwissenschaftlich wie möglich zu arbeiten.
Geht es um Mitgefühl, gar um ”Energien” zwischen Menschen, oder zwischen Menschen und Tieren – wird das als die individuelle Reaktion auf einen Sinnesreiz betrachtet: eine neuronale Schaltung.
Ist gar die Rede von Hochsensiblen mit noch feineren Wahrnehmungen, die landläufig in den spirituellen Bereich gehören, wird das radikal abgelehnt aus Angst, überhaupt nicht mehr ernstgenommen zu werden in wissenschaftlichen Kreisen.
Alle mir bekannten Tests basieren auf dem von Elaine Aron entwickelten Test (2), auch wenn sie zum Teil modifiziert sind.
In diesen Tests bezieht sich ein sehr großer Teil der Fragen auf die sensorische Wahrnehmung, andere Fragen betreffen soziale Fähigkeiten bzw. Interaktionen.
Die Testergebnisse sagen über Hochsensibilität aber eher wenig aus, sie geben lediglich grobe Hinweise - auch wenn etwas anderes behauptet wird.
Denn maßgeblich ist bis jetzt lediglich der Arontest.
Obwohl es als Antwortoptionen nur „ja“ oder ”nein” gibt. Alle neueren Tests wurden mehr oder weniger aus Arons Test abgeleitet und stellen die sensorische Hochsensibilität in den Mittelpunkt.
Der von Elaine Aron erstellte Test (2) enthält 27 Fragen, deren erste lautet:
”Ich fühle mich leicht überwältigt durch starke Sinneseindrücke”.
Was ist denn ein “starker” Sinneseindruck?
Die Antworten, die von jeder Testperson nach ihrer eigenen Wahrnehmung und Einschätzung gegeben werden, können nur höchst subjektiv sein. Ein auch nur halbwegs objektiver Vergleich mit der Reaktion anderer, wie empfindlich ich auf Sinneseindrücke reagiere, ist zwar im Labor möglich, findet aber in der Praxis nicht statt. Noch schwieriger wird es bei Fragen nach der Empathie.
Und wenn ein Psychologe einen solchen Test durchführt? Es kommt darauf an, wie vertraut der Psychologe mit Hochsensibilität ist. Das sind bisher meist nur diejenigen, die selbst hochsensibel sind.
Es sind vor allem diese Tests, die zu dem Zerrbild von Hochsensibilität beigetragen haben.
Deshalb: Nur du selbst kannst beurteilen, ob du hochsensibel bist oder nicht.
Im Anhang gibt es eine Checkliste*, die die einzelnen Testfragen des Arontests behandelt und die etwas mehr Klarheit gibt.
Speziell für Kinder und Jugendliche findet sich dort ein Arbeitsblatt.**
Als klassische Tests sollen diese nicht verstanden werden! Denn eine sicher zutreffende Aussage, ob tatsächlich Hochsensibilität vorliegt, kann niemals durch solche Tests getroffen werden!
* Anhang: Checkliste “Bin ich hochsensibel”
** Anhang: Ist mein Kind hochsensibel?
Noch mal zurück zum wissenschaftlichen Ansatz einer Erklärung: Die Thalamus-Theorie.
Die Tatsache, dass bei Hochsensiblen weniger Informationen gefiltert werden als bei neurotypischen Menschen, wird als Ursache für Hochsensibilität angesehen.
Aber was beweist diese Theorie in Wirklichkeit? Nur eins: Nämlich, dass wir in unserem physischen Körper eine Entsprechung für einen Wesenszug finden.
Oder bedingt diese Thalamusfunktion tatsächlich die Hochsensibilität?
Es ist die alte Frage nach dem Huhn und dem Ei. Was war zuerst: Geist oder Materie? Schafft die Materie den Geist, oder doch der Geist die Materie?
Für mich ist diese Frage so absurd und abwegig, wie: Glaubst du an die Nacht, bzw. an das Dunkel? Man sieht es nicht mal! Glaubst du, dass du lebst? Beweise das!
1. Hochsensibilität ist eine genetische Variante. Hochsensibilität ist immer angeboren!
2. Hochsensibilität ist unveränderlich. Man ist entweder hochsensibel sein ganzes Leben lang, oder eben nicht.
3. Hochsensibilität ist eine neurodiverse Spielart; Hochsensible sind neuronal anders vernetzt als neurotypische Menschen.
4. Hochsensibilität ist ein breites Spektrum. Es gibt viele Schnittstellen zu Nicht-Hochsensiblen, sogenannten neurotypischen Menschen, aber auch zu Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen. Vor allem diese Schnittstellen und Abgrenzungen sind sehr wenig erforscht, weswegen es leider sehr häufig zu Fehleinschätzungen bzw. Diagnosen seitens der Psychologen kommt.
Aber: Der wichtigste Unterschied zwischen Hochsensiblen und Nicht-Hochsensiblen ist:
Hochsensible nehmen nicht immer mehr wahr, aber sie nehmen immer anders wahr!
Andreas arbeitet im Großraumbüro. Eines Tages kommt eine neue Kollegin, Nicole. Ist sie hochsensibel?
Bereits am ersten Arbeitstag bittet sie darum, das Radio auszustellen; sie könne sich sonst nicht konzentrieren. Als nächstes lässt sie die Jalousien herunter, weil es sie stört, dass Sonnenlicht in den Raum kommt.
In der Mittagspause ist die Neue Gesprächsthema: Ganz klar, sie ist hochsensibel! Ist doch bekannt; Hochsensible mögen keine starke Geräuschkulisse und auch kein grelles Licht, alles muss immer leise und gedämmt sein.
Andreas sitzt dabei und sagt kein Wort; was nicht weiter auffällt, da er für seine zurückhaltende Art bekannt ist. Er ist sehr verunsichert über diese Unterhaltung. Denn er liebt die Sonne, die durch die Fenster scheint, auch wenn sie blendet. Und auch das ständige Radiogedudel im Hintergrund mochte er immer. Er ist seit einiger Zeit davon überzeugt, hochsensibel zu sein, denn er reagiert sehr stark auf die Gefühle und Gedanken seiner Mitmenschen. Allerdings reagiert er auf Geräusche und Licht kaum anders als alle anderen; und nun weiss er nicht recht:
Ist er wirklich hochsensibel, obwohl er nicht stärker als alle anderen auf Sinnesreize reagiert?
Abends wendet er sich mit seinen Zweifeln an ein Online-Forum für Hochsensible und schildert die Situation. Die Reaktionen sind recht eindeutig: Vermutlich sei Nicole hochsensibel, aber nur aufgrund dieser beiden genannten Symptome sei das vielleicht ein etwas voreiliger Schluss. Mal sehen, wie sie denn zurecht käme bzw. ob sie überhaupt zurecht käme in einer solchen Umgebung, mit vielen Kollegen, Computern, Telefonen im selben Raum.
Aber wie er, Andreas, denn darauf käme, hochsensibel zu sein? Ein Hochsensibler, der im Großraumbüro arbeitet, schon seit zwei Jahren? Sehr unwahrscheinlich. Was habe er denn für hochsensible Symptome? Andreas antwortet, dass er von Kind an alle Gefühle viel tiefer empfunden habe als seine Geschwister. Dass das jetzt manchmal ein Problem mit seiner Partnerin sei, mit der er seit einem halben Jahr zusammenlebt. Und dass er ausserdem manchmal die menschliche Aura wahrnehme; das sei doch typisch für Hochsensibilität, dass man auch außersinnliche Wahrnehmungen hat.
Die Meinung der Mitglieder dieses Forums ist einhellig: Von Hochsensibilität könne bei Andreas wohl keine Rede sein. Zwar reagieren viele Hochsensible auch emotional sehr sensitiv, aber bei ihm als einziges Merkmal klinge das eher nach psychischer Überlastung.
Und Aura sehen? Gehört ins Reich der Mythen und Phantasie, am besten ginge er mal zu einem guten Psychologen; vielleicht auch zum Augenarzt - es gibt ja wohl Sehstörungen, die mit derartigen Erscheinungen einhergehen.
Andreas bedankt sich höflich und denkt nach. Er ist sicher, ein psychisch sehr ausgeglichener Mensch zu sein. Sollte er sich so falsch eingeschätzt haben?
Keineswegs! Andreas ist vor allem emotional und außerdem energetisch (geistig) hochsensibel.
Sprich, viele akustische Eindrücke, direktes Licht; aber auch Gerüche, sowie typischerweise die Wirkung von Kaffee, Tee und Wein wesentlich schlechter zu vertragen als das Gros der Menschheit.
Das stimmt nicht! Richtig ist, dass das zwar für viele Hochsensible zutrifft. Aber für viele eben nicht! Es gibt viele Hochsensible, die mit einem Besuch im Einkaufszentrum keine Probleme haben. Ebenso wie es viele neurotypisch Sensible gibt, die nach einem Shoppingtag in der City fix und fertig sind. Es gibt viele Hochsensible, die es lieben, wenn ihnen die Sonne direkt in die Augen scheint – und ebenso viele ganz normal bis weniger Sensible, die sofort das Zimmer verdunkeln, wenn ein Sonnenstrahl den Tisch trifft.
Wahrscheinlich ist dies der folgenschwerste Irrtum.
Noch immer wird Hochsensibilität gleichgesetzt mit sensorischer Hochsensibilität.
Die sensorische Hochsensibilität tritt aber auch, in viel stärkerem Ausmaß, bei manchen Störungen und Krankheiten auf.
Eine Sonderform der Hochsensiblen sind die sog. High Sensation Seekers (HSS). Diese sind meist introvertiert, haben aber immer wieder Phasen, in denen sie sehr starke Sinneseindrücke suchen und diese auch sehr geniessen.
Auch das stimmt nicht! Hochsensible Menschen sind keineswegs immer mitfühlender und rücksichtsvoller als Normalsensible.
Nur etwa 65 - 70% der Hochsensiblen sind introvertiert.
Ab einem IQ von 130 ist ein Mensch hochbegabt. das trifft auf 1 - 2% der Menschheit zu. Es gibt also deutlich mehr Hochsensible als Hochbegabte. Hochsensibilität kommt zudem auch bei sog. Geistig-Behinderten vor.
Nein! Es handelt sich um eine genetisch veranlagte neuronale Spielart. Hochsensible sind völlig normal entwickelt.
Wieso sollten hochsensible Menschen weniger individuell sein als Normalsensible?
Es gibt introvertierte und extrovertierte Hochsensible (obwohl die introvertierten deutlich in der Mehrzahl sind).
Es gibt phlegmatische Hochsensible, und es gibt Choleriker unter ihnen.
Manche reden gern und viel, andere nur, wenn sie dazu aufgefordert werden.
Einige sind künstlerisch sehr begabt, andere gar nicht.
Es gibt sowohl hochintelligente Hochsensible als auch geistig behinderte Hochsensible.
Nicht jeder Hochsensible reagiert extrem auf äußere Sinneseindrücke.
Nicht jeder Hochsensible ist zutiefst mitfühlend.
Hochsensible sind ganz unterschiedliche Menschen, so individuell, mit verschiedenen Temperamenten wie alle Menschen.
Mit anderen Worten: Bei Hochsensiblen findet man die ganze Bandbreite an Eigenschaften und Begabungen wie bei Normalsensiblen, den sog. Neurotypen, auch.
Hochsensible Menschen unterscheiden sich oft in der Art ihrer Hochsensibilität so sehr voneinander, dass es sinnvoll ist, die diversen Typen von Hochsensibilität zu differenzieren.
Elaine Aron unterscheidet drei Typen von Hochsensibilität:
- Sensorische Hochsensibilität
- Emotionale Hochsensibilität
- Kognitive Hochsensibilität
Es gibt allerdings noch weitere Typen:
- Geistige Hochsensibilität
- Ethische Hochsensibilität
Diese Grundtypen treten in sehr unterschiedlichem Ausmaß in Erscheinung.
Viele Hochsensible gehören zu allen fünf Typen, einige nur zu zwei, drei oder vier.
Als sicher annehmen kann man, dass alle Hochsensiblen emotional hochsensibel und in wenigstens einem Bereich sensorisch hochsensibel sind.
Ein Mensch, der sich ausschliesslich in nur einem dieser beiden Grundtypen wiederfindet, ist mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht hochsensibel! Vor allem die sensorische Hochsensitivität tritt sehr häufig als Symptomatik eines durch bestimmte Ursachen überreizten Nervensystems auf.
Nicht ganz so klar ist es mit der kognitiven Hochsensibilität. Möglicherweise ist sie bei vielen nicht so stark entwickelt; oder sie ist bewusst oder unbewusst abtrainiert worden, um sich in der Arbeits- und Lernwelt besser zurechtzufinden. Denn linear denken können alle Hochsensiblen ebenfalls.
Die geistige Hochsensibilität ist allen hochsensiblen Kindern zu eigen! Es ist nicht sicher, ob sie tatsächlich bei einigen nach und nach verschwindet; oder ob sie auch „abtrainiert“ wird durch fehlendes Verständnis der Erwachsenen.
Die ethische Hochsensibilität kommt bei jedem Hochsensiblen vor, mit dem ich jemals gesprochen habe; weswegen ich sie hier als eigenen Untertyp erwähne.
Bei der sensorischen Hochsensibilität sind selten alle Sinnesorgane gleichermaßen betroffen; meistens zwei oder drei. Bei einigen ist die sensorische Hochsensibilität insgesamt so schwach ausgeprägt, dass sie von den Betroffenen kaum als solche empfunden wird.
Die Wahrnehmungen sind bei sensorisch Hochsensiblen feiner und wesentlich differenzierter als bei neurotypischen Menschen. Die hohe Erregbarkeit und die daraus folgende schnelle Überreizung, unter der viele Hochsensible leiden, ist auch der Grund, dass leider viele Menschen mit sensorischer Hochsensibilität lieber heute als morgen am liebsten neurotypisch und damit normalsensibel wären.
Die allermeisten sensorisch-Hochsensiblen sind akustisch-sensitiv. Das heisst jedoch nicht, dass diese Menschen besonders lärmempfindlich sind. Viele Hochsensible hören gerne Musik in ohrenbetäubender Lautstärke!
Beispielsweise kann ein Hochsensibler u.U. gut arbeiten, während durch das geöffnete Fenster ständig Baustellenlärm hereindringt oder ab und zu der an- und abschwellende Lärm eines Fußballspiels in der Nähe.
Dagegen kann das leise Brummen einer Stubenfliege einen fast um den Verstand bringen.
Interessanterweise gibt es offenbar einige Geräusche, die fast alle akustisch-sensitiven Hochsensiblen unerträglich finden:
Zum Beispiel das leise Summen einer Leuchtstoffröhre, das von anderen überhaupt nicht wahrgenommen wird. Es scheint so zu sein, dass einige sich in unregelmäßigen Abständen wiederholende Geräusche in bestimmten Frequenzen ganz unerträglich sind.
Visuell hochsensible Menschen reagieren vor allem auf Licht: Viele vertragen keine direkte Sonneneinstrahlung, sind sehr schnell geblendet, mögen generell kein helles Licht. Sie fühlen sich am wohlsten in Räumen, in denen sich das einfallende Licht durch Jalousien regulieren lässt und gehen zu allen Jahreszeiten auch bei bedecktem Himmel nur mit Sonnenbrille nach draussen. Bei anderen ist es dagegen genau umgekehrt; sie brauchen eine bestimmte Menge Tageslicht bzw. direktes Sonnenlicht, um sich wohl zu fühlen.
Einige reagieren sehr stark auf Unruhe in ihrem Gesichtsfeld, wie hektische Bewegungen oder flackernde Lampen.
Bei manchen Hochsensiblen ist der Geruchssinn fast so empfindlich wie bei Tieren. Sie können die Stimmung eines anderen Menschen riechen; beispielsweise Angst oder Stress. Sie wittern Elektrizität in der Luft lange vor Ausbruch eines Gewitters. Einige können problemlos an der Garderobe Mäntel, Jacken und Schuhe durch den anhaftenden natürlichen Körpergeruch den Besitzern zuordnen.
Manche Hochsensible schmecken schon Tage vor dem Verfallsdatum, dass Nahrungsmittel nicht mehr 100-prozentig einwandfrei sind. Sie schmecken winzigste Mengen an Schimmelsporen oder Fäulnisbakterien heraus, lange bevor irgend jemand sonst etwas bemerkt oder das Brot oder die Frucht Aussehen oder Geruch verändert.
Insgesamt spielt der Geschmackssinn jedoch eher eine untergeordnete Rolle bei Hochsensibilität.
Bei vielen Hochsensiblen ist die Haut das mit Abstand empfindlichste Sinnesorgan. Die Sensitivität bezieht sich unter anderem auf direkte Reize wie Nähte und Etiketten in der Kleidung und kann extreme Ausmaße annehmen. Eltern hochsensibler Kinder berichten, dass ihre Kinder keine Jeans tragen, weil bei den dicken Stoffen die Nähte an der Haut scheuern. Andere tragen keine Strümpfe und keine Unterwäsche, oder nur Unterhosen, die keine Nähte haben. Jeder winzige Fremdkörper wird wahrgenommen und als störend empfunden, wie zum Beispiel eine ausgefallene Wimper, die in den Halsausschnitt gerutscht ist. Eine winzige Daune, die sich durch das Inlett und den Bezug gearbeitet hat, wird zum Folterwerkzeug. (Ein klassisches Beispiel in der Literatur ist die Prinzessin auf der Erbse.)
Bei Kindern ist das Fremdkörpergefühl meist auch im Mund stark ausgeprägt: Püriertes Essen muss wirklich ganz fein sein, findet sich ein einziger gröberer Krümel darin, wird das Essen verweigert.
Die meisten taktil-Hochsensitiven reagieren außerdem sehr stark auf Luftbewegungen. Sie vertragen keinen Wind, vor allem keinen Zug im Raum. Der ständige Luftzug von Klimaanlagen ist ein absolutes No-Go.
Zur taktilen Sensitivität gehört das erhöhte Schmerzempfinden durch äußere Einwirkungen (ärztliche Untersuchungen, Stösse, Blutentnahme).
Hochsensible Kinder empfinden manchmal Schmerzen beim Schneiden der Fuss- und Fingernägel, manchmal sogar beim Haare schneiden. Einige nehmen auch Bewegungen innerhalb des Körpers wahr, welche bei Normalsensiblen vollkommen außerhalb des bewussten Bereichs liegen; beispielsweise das Kippen der Augäpfel nach oben beim Einschlafen.
Die hochsensible Reaktion auf Kälte- und Wärmereize ist eigentlich ebenfalls ein Bereich der taktilen Sensitivität. Sie ist aber so häufig, dass ich sie extra erwähne. Die meisten Hochsensiblen mögen und vertragen keine Hitze und keine Kälte. Die Wohlfühltemperatur liegt meist bei 22 - 24 Grad; schon Abweichungen von 1 Grad werden als viel zu kalt oder viel zu heiß empfunden. Dasselbe gilt auch für die Temperatur des Essens: Es darf
keinesfalls zu heiß oder zu kalt sein; einige mögen am liebsten alle Speisen lauwarm, sogar Eis muss vor dem Verzehr halb geschmolzen sein.