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Der Klassiker unter den Seefahrerepen: Horatio Hornblowers viertes Abenteuer. Horatio soll die Trauerparade für den gefallenen Seehelden Lord Nelson befehligen. Eine Aufgabe, die für den jungen Kapitän mit so viel Ehre wie Schmerz verbunden ist – zumal er seine Frau und den kleinen Sohn verlassen muss. Doch als er sich schon wieder im Kreis seiner Familie wähnt, wird er auf eine gefährliche Mission entsandt, die ihn ins Mittelmeer verschlägt. Der vierte Band der berühmten Romanserie um Horatio Hornblower, einem Meilenstein der maritimen Literatur, ist ein großes Seeabenteuer und ein Lesevergnügen, das bereits Generationen von Lesern begeistert hat.
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Seitenzahl: 555
Veröffentlichungsjahr: 2012
Cecil Scott Forester
Horatio Hornblower Band 4
Hornblower erhält eine ebenso schmerzliche wie ehrenvolle Aufgabe, als ihn die Admiralität beruft, die Trauerparade für den bei Trafalgar gefallenen Seehelden Lord Nelson zu befehligen. Nur ungern verlässt er seine Frau und den kleinen Sohn, hofft aber, bald zu ihnen zurückkehren zu dürfen. Stattdessen führt ihn ein geheimer Auftrag weit weg von seiner Heimat. Als Kommandant der ›Atropos‹ soll er einen Goldschatz aus der Marmaris-Bucht bergen. Nachdem er seine gefährliche Mission erfolgreich abgeschlossen hat, wird er vor eine schwere Entscheidung gestellt. Aber seine ungebrochene Treue zu England lässt ihn keine Sekunde zögern. Er kehrt zurück in die Heimat – zu seiner Familie und der neugeborenen Tochter.
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Cecil Scott Forester wurde 1899 in Kairo als Sohn eines ägyptischen Regierungsbeamten geboren. Schon bald schickte ihn der Vater ins weit entfernte England, wo er neben dem Medizinstudium zunehmend Gedichte verfasste, bis er der Medizin schließlich den Rücken wandte, um sich ausschließlich der Literatur zu widmen. Mit dem Zyklus seiner Seeabenteuerromane um Horatio Hornblower schuf Forester ein unvergängliches Epos, das ihm Weltruhm einbrachte und ihn bis heute zu einem der großen Erzähler des 20. Jahrhunderts macht. Während des Zweiten Weltkrieges ging Forester nach Hollywood, wo er 1966 starb.
Die Gesamtserie um Horatio Hornblower:1 ›Fähnrich Hornblower‹2 ›Leutnant Hornblower‹3 ›Hornblower auf der Hotspur‹4 ›Kommandant Hornblower‹5 ›Der Kapitän‹6 ›An Spaniens Küsten‹7 ›Unter wehender Flagge‹8 ›Der Kommodore‹9 ›Lord Hornblower‹10 ›Hornblower in Westindien‹11 ›Zapfenstreich‹
1 HORNBLOWER ÜBERNIMMT DAS RUDER
2 THEMSEABWÄRTS
3 BEFEHLSHABER DER LEICHENPARADE
4 VON DEPTFORD BIS WESTMINSTER
5 DIE UHR
6 AUDIENZ BEIM KÖNIG
7 SEEKLAR
8 IN DEN DOWNS
9 ZUR MITTELMEERFLOTTE
10 BARON VON EISENBEISS
11 DIE MARMARIS-BUCHT
12 McCULLUM WIRD OPERIERT
13 TAUCHER AN DER ARBEIT
14 WÜNSCHE DES MUDIRS
15 SPRENGUNG DES WRACKS
16 GOLD UND SILBER
17 TÜRKISCHE TAKTIK
18 NÄCHTLICHE FLUCHT
19 GELUNGENE TÄUSCHUNG
20 KAPERUNG DER CASTILLA
21 EIN SCHWERER SCHLAG
Karten
ERKLÄRUNG SEEMÄNNISCHER AUSDRÜCKE
VORBEMERKUNG
RANGFOLGE ZUR ZEIT HORNBLOWERS
DIENSTSTELLUNGEN
Das Kanalschiff war Schleuse um Schleuse bergan geklettert und wand sich nun durch die liebliche Landschaft der Cotswold Hills. Hornblower war in bester Stimmung; er war unterwegs zu einem neuen Kommando, lernte dabei ein ihm unbekanntes Stück England kennen und reiste obendrein auf eine ganz neue, ungewöhnliche Art. Zu alledem hatte ihm die Sphinx des englischen Wetters heute, mitten im Dezember, sogar einen klaren, leuchtenden Sonnentag beschert. So war es, trotz der Kälte, eine wahre Lust zu reisen.
»Darf ich dich einen Augenblick stören, Liebste?« sagte Hornblower.
Maria, den schlafenden kleinen Horatio im Arm, seufzte ein wenig über die Unrast ihres Gatten und nahm dann schweigend die Knie beiseite, um ihn vorüberzulassen. Hornblower erhob sich in der niedrigen Kajüte Erster Klasse vorsichtig von seinem Platz und trat durch den vorderen Eingang in den offenen Bugraum des Passagierschiffs hinaus. Wenn er sich hier auf seine Seekiste stellte, konnte er gut nach allen Seiten Umschau halten. Das Fahrzeug, auf dem er sich befand, bot einen seltsamen Anblick: Auf eine Länge von vollen siebzig Fuß kamen, wenn man vergleichend nach achtern sah, kaum fünf Fuß Breite – das war das gleiche Verhältnis, wie er es von den kippligen Einbäumen in Westindien her kannte. Der Tiefgang des Fahrzeuges konnte nicht einmal einen Fuß betragen, das wurde einem klar, wenn man sah, wie es hinter den trabenden Pferden mit einer Fahrt von gut und gern acht Knoten dahinraste. Acht Knoten – er rechnete rasch um –, das waren auf die hier übliche Weise ausgedrückt neun Meilen in der Stunde.
Das Passagierschiff benutzte für die Fahrt von Gloucester nach London den Themse-Severn-Kanal; es bot eine bedeutend angenehmere Beförderung als die Postkutsche, dabei war es kaum langsamer als diese, und bei einem Fahrpreis von einem Penny für die Meile sogar Erster Klasse entschieden billiger. Er selbst, Maria und das Kind waren die einzigen Fahrgäste Erster Klasse. Als Hornblower den Fahrpreis zahlte, hatte der Schiffer allerdings mit einem Blick auf Marias offenkundigen Zustand bemerkt, von Rechts wegen hätten sie für zwei Kinder zu bezahlen. Maria hatte sich über den ungehobelten Burschen heftig entrüstet, zumal die Zuhörerschaft den Witz mit rohem Gelächter quittierte.
Von seiner Seekiste aus sah Hornblower über die Kanalböschungen hinweg über das Land, wo graue steinerne Bauernhöfe hinter ihren ebenso grauen Umfassungsmauern träumten. Das rhythmische Hufgeklapper der trabenden Treidelpferde unterstrich noch die sanfte Ruhe der Fahrt, denn das Schiff selbst glitt fast ohne jedes Geräusch über das stille Wasser hin. Hornblower bemerkte bald, daß der Schiffer sich darauf verstand, sein Fahrzeug durch eine plötzliche Beschleunigung der Fahrt mit dem Bug auf die Welle aufgleiten zu lassen, die es vor sich herschob, und es dann dort zu halten. So wurde das Wasser des Kanals kaum noch aufgewühlt, und man sah erst ganz weit achtern, wie sich das Uferschilf noch einmal neigte und wieder aufrichtete, nachdem sie längst vorüber waren. Nur diesem Kniff war auch die geradezu märchenhafte Fahrt zu verdanken, die das Schiff erreichte. Die trabenden Pferde hielten das Neunmeilentempo ohne Unterbrechung durch, bis sie gewechselt wurden, was jede halbe Stunde geschah. Sie schleppten an zwei Leinen, von denen die eine vorn, die andere achtern an einem Poller festgemacht war. Ein Schiffer ritt als Postillion auf dem hinteren Pferd und trieb das vordere mit Zuruf und Peitschenknallen an, der zweite saß mit verdrossener Miene am Heck seines Fahrzeugs. Seine linke Hand fehlte und war durch einen eisernen Haken ersetzt, mit der rechten führte er die Pinne und steuerte sein Schiff mit einer Geschicklichkeit durch die Kurven, die Hornblower geradezu erstaunlich fand.
Plötzlich klangen die Hufe hart auf Stein und warnten ihn dadurch noch eben zur rechten Zeit vor einer nahenden Gefahr. Die Pferde trabten grade mit unvermindertem Tempo unter einer niedrigen Brücke hindurch, obwohl ihnen dort der Treidelpfad, eingeengt zwischen Wasser und Brückenjoch, kaum noch genügend Raum bot. Der berittene Schifferknecht begrub seinen Kopf in der Mähne seines Gauls, um durchzuschlüpfen, Hornblower fand eben noch Zeit, von seiner Seekiste herabzuspringen und sich niederzukauern, als die Brücke auch schon über ihn hinwegglitt. Es ärgerte ihn ein bißchen, daß der Mann am anderen Ende über seine eilige Flucht in ein lautes Gelächter ausbrach.
»Ja, ja, auf einem Kanalschiff lernt man die Beine in die Hand nehmen, Käpt’n!« rief er jetzt von seinem Platz am Ruder nach vorn. »Wer als letzter von der Rah kommt, kriegt ein Dutzend hinten drauf! Nicht wahr, so heißt’s doch? Aber hier in den Cotswold Hills gibt’s das nicht, Käpt’n, hier heißt’s für Sie Augen auf, oder es gibt ein Loch in den Kopf. Ha ha!«
»Laß dir doch diese Unverschämtheiten nicht gefallen, Horatio!« mahnte Maria aus der Kajüte. »Kannst du dem Kerl nicht den Mund verbieten?«
»Das ist nicht so einfach, Liebling«, antwortete Hornblower, »er ist hier Kapitän, und ich bin nur ein gewöhnlicher Passagier.«
»Wenn du ihm seine Reden schon nicht untersagen kannst, dann komm wenigstens herein, hier bist du vor dem Flegel sicher.«
»Ja, Liebling, gleich.«
Aber Hornblower nahm lieber die Frechheit des Schiffers in Kauf, als daß er auf seinen Aussichtsplatz verzichtet hätte; hatte er doch noch nie eine so gute Gelegenheit gehabt, den Betrieb auf einem der Kanäle kennenzulernen, die in den letzten dreißig Jahren das Gesicht der englischen Landschaft so gründlich verändert hatten. Zumal sie sich jetzt dem Sapperton-Tunnel näherten, jenem Wunderwerk der Neuzeit, das als Meisterstück moderner Ingenieurkunst galt. Ihn wollte er unter allen Umständen sehen. Sollte sich der Steuermann dahinten bucklig lachen, ihm war es gleich. Das war natürlich ein alter Marinemann, der wegen des Verlustes seiner Hand als dienstuntauglich entlassen war. Da hatte er begreiflicherweise einen Riesenspaß daran, einmal einen richtigen Kapitän der Royal Navy unter seinem Kommando zu haben.
Voraus kam jetzt der graue steinerne Turm eines Schleusenhauses in Sicht, davor die winzige Gestalt des Wärters, der bereits die Tore öffnete. Ein lauter Zuruf des Postillionschiffers stoppte die Gangart der Pferde, das Schiff glitt weiter, aber seine Fahrt verminderte sich rasch, als der Bug vom Kamm der Stauwelle herabsank. Sobald es die Schleuse erreichte, sprang der einhändige Steuerer mit einer Leine an Land und nahm geschickt ein paar Törns um einen Poller, ein-, zweimal schrickte er, dann war die Fahrt fast ganz heraus; nun rannte er mit seiner Leine ein Stück nach vorn und machte sie am nächsten Poller fest.
»Schmeiß die Vorleine, Käpt’n!« schrie er, und Hornblower nahm sie gehorsam auf und warf sie ihm hinüber, daß er sie festmachen konnte, wie es sich gehörte. Das Gesetz der See galt auch auf diesen Binnengewässern: zuerst kam immer das Schiff und dann nach einer ganzen Weile erst der persönliche Anspruch auf Achtung und Würde.
Schon schloß der Schleusenwärter hinter ihnen die Tore, seine Frau zog die Schütze am oberen Ende auf, und das Wasser strömte wirbelnd in die Kammer. Unter dem wachsenden Druck klappte das untere Tor mit einem lauten Knall vollends zu, dann stieg das Schiff mit dem gurgelnden Wasser in die Höhe. Die Pferde waren im Nu gewechselt, der Postillion kletterte wieder in den Sattel und hatte, bis die Schleuse gefüllt war, grade noch Zeit, eine schwarze Flasche andächtig an die Lippen zu setzen. Der Rudergänger warf die Leine los – Hornblower holte die Vorleine ein –, dann stieß die Frau des Schleusenwärters die eine Seite des oberen Tores auf, während ihr Mann schon angerannt kam, um die andere zu bedienen. Der Postillion schrie und knallte mit der Peitsche, das Schiff ruckte ab, während der Schiffer noch ans Ruder eilte, und schon waren sie ohne eine Sekunde Zeitverlust wieder unterwegs. Dieser Kanalverkehr war nach allgemeinem Urteil ein wahres Wunder des Fortschritts, und es war wirklich ein Genuß, an Bord dieses schnellsten aller Kanalschiffe, der Queen Charlotte, zu reisen, die allen anderen Fahrzeugen gegenüber das Recht der Vorfahrt genoß. Als stolzes Wahrzeichen dieses Vorrechts trug sie am Bug ein scharfes blitzendes Sichelblatt, mit dem sie die Schleppleinen jener durchtrennen konnte, die bei ihrer Annäherung nicht sofort loswarfen, um ihr den Weg zum Überholen freizugeben. Die paar Dutzend Bauersfrauen und Mädchen, die mit ihren Hühnern, Enten, Eiern und Butterwecken die Zweite Klasse bevölkerten, reisten volle zwanzig Meilen weit zum Markt und konnten doch sicher damit rechnen, noch am gleichen Abend wieder zu Hause zu sein. Das war, weiß Gott, erstaunlich!
Während sie jetzt der Scheitelhöhe des Kanals zustrebten, passierten sie in rascher Folge eine Schleuse nach der anderen. Bei jedem Halt führte der Postillion seine schwarze Flasche an den Mund, sein Geschrei wurde von Mal zu Mal heiserer, sein Peitschenknall ausdauernder. Hornblower bediente immer wieder gehorsam die Vorleine, obwohl sich Maria alle Mühe gab, ihn davon abzubringen.
»Aber Liebste«, meinte Hornblower, »wir sparen doch Zeit, wenn ich ein bißchen helfe.«
»Dennoch gehört es sich nicht«, sagte Maria. »Der Mann weiß doch, daß du Kapitän der Royal Navy bist.«
»Das weiß er nur zu genau«, sagte Hornblower mit einem schiefen Lächeln, »aber schließlich möchte ich so bald wie möglich mein Kommando übernehmen.«
»Als ob dein Kommando nicht ein bißchen warten könnte«, brummte Maria. Es war schwer, Maria klarzumachen, daß das Kommando für einen Kapitän schlechthin alles bedeutete; daß er – Hornblower – keine Stunde, keine Minute auf dieser Reise vergeuden wollte, die ihn zu seinem Schiff, seiner auf dem London River liegenden Korvette führen konnte. Er wollte endlich sehen, wie diese Atropos aussah; er sehnte sich nach ihrem Anblick mit jenem aus Hoffnung und Besorgnis gemischten Gefühl, das auch einen Bräutigam des Ostens überkommen mochte, wenn er mit seiner hinter dem Schleier verborgenen Braut versprochen wurde. … Aber dieser Vergleich würde Maria nicht gefallen, es war bestimmt klüger, wenn er ihn für sich behielt.
Endlich durchfuhren sie den Scheitelabschnitt des Kanals; sein Bett schnitt tiefer und tiefer ins Land, das Echo der Pferdehufe hallte von den felsigen Böschungen wider. Hinter der nächsten flachen Krümmung begann gewiß der Sapperton-Tunnel. (Vgl. (1) Karte ›Von Gloucester nach Deptford‹)
»Halt ihn, Charlie!« schrie da plötzlich der Mann am Ruder. Gleich darauf sprang er an die Achterleine und versuchte sie loszuwerfen, aber schon herrschte an Land das wildeste Durcheinander; Geschrei, Gewieher und lautes Hufgeklapper. Hornblower sah, wie das vordere Zugpferd ganz außer sich vor Angst den Hang der Böschung emporstrebte – grade vor ihm tat sich die zinnengekrönte, düstere Öffnung des Tunnels auf, so daß ihm kein anderer Ausweg blieb, als es davor scheute und kehrtmachen wollte. Die Queen Charlotte holte gefährlich über, als sie hart gegen das Ufer stieß, und aus der Zweiten Klasse ertönte dazu das laute Gekreisch der Weiber. Auch Hornblower glaubte im ersten Augenblick, daß sie kentern würden, aber dann richtete sich das Fahrzeug doch wieder auf und kam mit losen Schleppleinen zum Stillstand. Das zweite Zugpferd hatte sich in beide Leinen verwickelt und schlug wie rasend um sich, bis es endlich davon frei war. Derweile war der Schiffer hastig an Land geklettert und hatte die Achterleine an einem Poller festgemacht.
»Da haben wir den Salat«, meinte er.
Gleich darauf kam ein Mann die Böschung herabgerannt, von deren Höhe die Ersatzpferde wiehernd auf die Szene niederäugten. Er trat sofort auf die aufgeregten Tiere der Queen Charlotte zu und faßte sie an den Köpfen. Zu seinen Füßen aber lag still und mit blutüberströmtem Gesicht der Schiffer und Postillion Charlie.
»Macht, daß ihr wieder hineinkommt!« schrie der Steuermann das Weibervolk an, das aus der Zweiten Klasse herausquoll. »Es ist alles in Ordnung, marsch hinein! Läßt man sie einmal an Land laufen«, fügte er zu Hornblower gewandt hinzu, »dann sind sie schwerer wieder einzufangen als ihre eigenen Hühner.«
»Was ist eigentlich los, Horatio?« fragte Maria. Sie stand mit dem Kind auf dem Arm in der Tür der Kajüte Erster Klasse.
»Kein Grund zur Aufregung, Liebling«, sagte Hornblower.
»Laß dich bitte nicht aus der Ruhe bringen, das ist in deinem Zustand nicht gut.«
Als er sich wieder zum Ufer wandte, sah er, wie der einarmige Schiffer sich soeben prüfend über Charlie beugte; er faßte ihn mit seinem Haken beim Rockaufschlag und hob ihn etwas an, aber Charlies Kopf sank kraftlos zurück und das Blut strömte ihm über die Wangen.
»Der kann uns nicht mehr viel nützen«, bemerkte der Schiffer und ließ ihn ohne viel Umstände wieder zu Boden fallen. Schließlich ging Hornblower selbst an Land, um sich von dem Zustand des Mannes zu überzeugen. Als er sich über ihn beugte, strömte ihm von den blutenden Lippen schon auf drei Fuß Entfernung ein kräftiger Schnapsdunst entgegegen. Aha, dachte er, halb benommen, halb betrunken – vielleicht sogar von beidem etwas mehr als halb.
»Wir müssen uns durch den Tunnel stemmen«, sagte der Schiffer. »Ist im Tunnelhaus jemand zu finden?«
»Kein Mensch mehr da«, erwiderte der Pferdewärter. »Der ganze Verkehr ist schon am Morgen durch.«
Der Schiffer stieß einen leisen Pfiff aus.
»Dann mußt du mit uns fahren.«
»Ausgeschlossen«, sagte der Pferdeknecht. »Ich habe sechzehn Pferde zu versorgen, mit diesen beiden achtzehn, die kann ich unmöglich allein lassen.«
Der Schiffer stieß ein paar so haarsträubende Flüche aus, daß selbst Hornblower aufhorchte, obwohl er doch einiges gewöhnt war.
»Was verstehen Sie eigentlich unter diesem ›Stemmen‹ durch den Tunnel?« fragte Hornblower.
Der Schiffer wies mit seiner Hakenhand nach dem schwarzen, unheimlichen Tunnelloch mit seiner zinnengekrönten Einfassung.
»Natürlich gibt’s da drinnen keinen Treidelweg, Käpt’n«, sagte er, »also lassen wir die Pferde hier und stemmen uns durch. Dazu machen wir vorn am Bug zu beiden Seiten ›Ausleger‹ fest, ähnlich wie die Kranbalken auf einem Seeschiff. Charlie legt sich auf den einen, ich auf den anderen, die Köpfe binnenbords, die Füße gegen die Tunnelwand gestemmt. Dann fangen wir sozusagen an zu ›gehen‹ und drücken das Schiff damit voran. Am anderen, südlichen Ende kriegen wir wieder Pferde.«
»Jetzt verstehe ich«, sagte Hornblower.
»Ich will den Saufaus da mit ein paar Pützen Wasser behandeln«, sagte der Schiffer, »vielleicht macht ihn das wieder munter.«
»Möglich ist es«, meinte Hornblower.
Aber die Dusche machte auf den bewußtlosen Charlie nicht den geringsten Eindruck, er hatte eben doch eine richtige Gehirnerschütterung davongetragen. Das Blut begann ihm gleich wieder langsam über das rein gespülte Gesicht zu rieseln. Wieder stieß der Fischer ein paar kräftige Flüche aus.
»Es kommen doch bald andere Schiffe hinter dir her«, meinte der Pferdewärter. »Ich schätze, daß du höchstens zwei Stunden zu warten brauchst.«
Die Antwort des Schiffers bestand nur in einer neuen Serie von Flüchen.
»Wir brauchen Tageslicht, um die Stauwehre auf der Themse zu passieren«, erklärte er schließlich. »Da soll ich zwei Stunden warten? Nur wenn wir sofort fahren, schaffen wir’s noch.«
Er warf einen langen, wütenden Blick auf den friedlichen Kanal, das dunkle Loch des Tunnels, die schwatzenden Weiber auf seinem Schiff und die paar alten Leutchen, die sich inzwischen zu einem kleinen Klatsch bei ihnen eingefunden hatten.
»Zwölf Stunden Verspätung gibt das«, knurrte er verärgert. Und ich komme einen Tag zu spät auf mein Schiff, dachte Hornblower.
»Ach was«, sagte er dann, »ich helfe Ihnen durchstemmen.«
»Das wäre schön, Sir«, sagte der Schiffer – er hatte unversehens statt der formlos kameradschaftlichen Anrede Käpt’n das bisher sorgfältig vermiedene Sir gewählt. »Aber glauben Sie, daß Sie es können?«
»Das möchte ich doch annehmen«, sagte Hornblower.
»Dann wollen wir gleich die Ausleger klarmachen«, sagte der Schiffer kurz entschlossen.
Die Ausleger waren kleine Plattformen, die zu beiden Seiten des Bugs nach außenbords ragten.
»Mein Gott, Horatio!« rief Maria aus der Kajüte. »Was in aller Welt treibst du da?«
Natürlich, das mußte kommen! Maria konnte eben nicht anders. Am liebsten hätte er geantwortet: Ich melke einen Vogel Strauß, wie er es auf der Renown einmal jemand hatte sagen hören; aber am Ende war es besser, wenn er sich beherrschte.
»Ich helfe dem Schiffer, Liebste«, sagte er geduldig.
»Du müßtest wirklich mehr an deine Stellung denken.«
Hornblower war nun schon eine ganze Weile verheiratet und hatte längst gelernt, daß es sich lohnte, die Frau reden zu lassen, wie sie wollte, solange er selbst weiterhin tun konnte, was er wollte. Nachdem die Ausleger festgemacht waren, traten er und der Schiffer an Bord, der Pferdewärter an Land, an die Reling der Queen Charlotte und gaben ihr durch eine kräftige gemeinsame Anstrengung so viel Fahrt, daß sie in der Mitte des Kanals der Tunnelmündung zustrebte.
»Hauptsache ist, daß wir immer in Fahrt bleiben, Sir«, sagte der Schiffer und eilte so schnell er konnte nach vorn zum Backbordausleger. Selbstverständlich war es viel besser, das Schiff in stetiger langsamer Fahrt zu halten, als zu warten, bis es ganz zum Stillstand kam, und es dann mit großem Kraftaufwand von neuem in Gang zu bringen. Auch Hornblower eilte daher zum Steuerbordausleger und legte sich darauf, als der Bug gerade in den düsteren Schatten des Tunnels glitt. Er lag auf seiner rechten Seite, den Kopf binnenbords, und merkte sofort, daß seine Sohlen an der Ziegelmauer des Tunnels Halt fanden. Jetzt galt es nur fest anzudrücken, dann konnte man das Schiff durch einfaches Rückwärtsschreiten langsam und stetig voranschieben.
»Nun heißt es durchhalten«, meinte der Schiffer – er lag mit seinem Gesicht unmittelbar neben Hornblower. »Wir haben reichlich zwei Meilen vor uns.«
Zwei Meilen lang war dieser Tunnel, der durch die massiven Felsen der Cotswold Hills führte! Da sprach man wohl mit Recht von einem Wunder der modernen Technik. Was waren gegen diese Leistung die Aquädukte der alten Römer? Immer tiefer gelangten sie in den Tunnel hinein, immer tiefer wurde auch die Dunkelheit, die sie umfing. Zuletzt herrschte ringsum schwärzeste, undurchdringlichste Finsternis, in der das Auge auch bei größter Anstrengung nichts, aber auch rein gar nichts mehr wahrnahm. Bei der Einfahrt hatten die Weiber achtern noch geschwatzt, gelacht und Rufe ausgestoßen, um das Echo von den Tunnelwänden zu hören.
»Dumme Gänse«, hatte der Schiffer gebrummt.
Jetzt waren sie alle still geworden, weil ihnen die Finsternis unheimlich war, nur Maria ließ sich noch vernehmen.
»Horatio«, sagte sie, »denkst du auch daran, daß du deine besten Sachen anhast?«
»Natürlich, Liebste«, antwortete er und freute sich diebisch darüber, daß sie ihn unmöglich sehen konnte.
Sicher war diese Betätigung nichts weniger als standesgemäß und bestimmt alles andere als bequem. Schon nach wenigen Minuten kam ihm zum Bewußtsein, wie hart er auf dieser Plattform lag, und bald begannen auch seine Beine gegen die Anstrengung zu rebellieren, die ihnen hier plötzlich zugemutet wurde. Er versuchte seine Lage ein wenig zu verändern, andere Muskeln in Tätigkeit zu bringen und sein Gewicht auf andere Körperteile zu verlagern; aber er machte bald die Erfahrung, daß er dazu genau den rechten Augenblick wählen mußte, wenn der Rhythmus der Bewegung nicht darunter leiden sollte. Der Schiffer neben ihm stieß sofort ein unzufriedenes Brummen aus, als er nur einmal mit dem rechten Fuß einen Stoß verpaßte und das Schiff dadurch um ein weniges aus dem Kurs brachte.
»Fahrt, Sir, Fahrt!« mahnte er immer wieder.
So fuhren sie weiter und immer weiter durch die Nacht, die sie umgab, wie Gefangene in einem magischen Alptraum, schwebend in schwarzer Finsternis und lautloser Stille, da die geringe Fahrt der Queen Charlotte nicht einmal ausreichte, das Wasser vor ihrem Bug zu kräuseln. Hornblower stieß und stieß mit seinen Beinen, und seine Fußsohlen verrieten ihm, daß der Tunnel nicht mehr ausgemauert war. Seine Füße preßten sich jetzt gegen den nackten Fels, der so rauh und kantig war, wie ihn die Tunnelbauer mit ihren Spitzhacken ausgehauen und mit ihren Pulverladungen gesprengt hatten. Das steigerte die Last seiner Aufgabe noch um ein erkleckliches.
In der Ferne hörte man jetzt ein leises Geräusch; es klang wie Gemurmel und war zuerst so schwach, daß er sich noch nicht einmal darüber Rechenschaft gab. Erst als es lauter wurde, merkte er, daß es schon eine Weile dagewesen war. Allmählich nahm es an Lautstärke zu, bis es zu starkem Rauschen angeschwollen war. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was der Lärm bedeuten konnte; da sich aber der Schiffer neben ihm offenbar nichts daraus machte, konnte er sich nicht entschließen, ihn danach zu fragen.
»Stop einen Augenblick, Sir«, sagte der Schiffer. Hornblower ließ verwundert seine müden Beine ruhen, sein Gefährte aber begann neben ihm, immer noch liegend, heftig an irgendeinem Gegenstand zu zerren. Gleich darauf hatte er auch schon eine Persenning über sie beide gebreitet, die sie, abgesehen von den unter den Rändern herausragenden Beinen, vollständig bedeckte. Unter dieser Persenning war es nicht dunkler als außerhalb, nur die Luft war zum Ersticken.
»Weiter, Sir«, sagte der Schiffer, und Hornblower begann wie vorher die Wand mit seinen Füßen zu bearbeiten. Das Rauschen, das er zuvor gehört hatte, klang unter der Persenning ein wenig gedämpft.
»Jetzt geht’s los«, bemerkte der Schiffer unter der Persenning.
Eine unterirdische Quelle brach hier durch die Decke des Tunnels und ergoß sich rauschend in den Kanal. Das Wasser sauste in betäubenden Sturzbächen auf sie herab, es donnerte auf die Dächer der Kajüten und übertönte sogar das Gekreisch der Frauen unter Deck. Unter seinem Gewicht lastete die Persenning schwer wie Blei auf den beiden Männern. Dann, ganz allmählich, ließ die Wucht der Wassermassen nach, der Strom versiegte zu harmlosem Getröpfel, und schließlich waren sie durch.
»Nur einmal müssen wir noch durch«, sagte der Schiffer unter der stickigen Persenning. »Wenn der Sommer recht trocken war, ist es nicht so schlimm.«
»Bist du naß, Horatio«, ließ sich Maria vernehmen.
»Nein, Liebling«, sagte Hornblower, und diese bündige Verneinung hatte offenbar die gewünschte beruhigende Wirkung, denn alle weiteren Vorstellungen blieben aus.
In Wirklichkeit hatte er natürlich nasse Füße, aber nach elf Jahren Seefahrt empfand er das nicht mehr als besonders aufregend. Viel größeren Kummer machte ihm die zunehmende Müdigkeit in den Beinen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis neues Wassergeplätscher und die Ankündigung des Schiffers: »Jetzt geht’s wieder los«, den zweiten Sturzbach vermeldeten. Im Schneckentempo krochen sie auch unter ihm hindurch, und dann zog der Schiffer endlich mit zufriedenem Gebrumm die Persenning weg. Befreit atmete Hornblower auf und verrenkte sich gleich den Hals, um auszuspähen. War da nicht weit, weit voraus etwas zu sehen? Seine Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt, und mitten in dieser fast greifbaren Finsternis leuchtete jetzt unendlich fern und noch kaum sandkorngroß ein heller Punkt: die andere Mündung des Tunnels! Die Entdeckung gab ihm neue Kraft, unverdrossen schob er sich weiter voran. Die lichte Stelle wurde größer, das Sandkorn wuchs zur Erbse, und endlich formte sich daraus der Halbmond der gemauerten Öffnung. Zugleich wurde es, wenn auch unendlich langsam, heller um ihn her; schon unterschied er das tiefere Schwarz der Wasserfläche, schon erkannte er die rauhe felsige Fläche des Tunnelgewölbes. Nun hörte der blanke Fels auf, die Wände bestanden wieder aus Ziegeln – kam man da wirklich so viel leichter voran, oder wollte es einem nur so scheinen?
»Schluß!« rief der Schiffer erlöst mit einem letzten kräftigen Stoß.
Hornblower schien es unfaßbar, daß er seine Beine wirklich ruhen lassen durfte, daß es endlich wieder Tag um ihn wurde, daß er nicht mehr unter einer erstickenden Persenning zu liegen brauchte, um sich vor den Fluten unterirdischer Quellen zu schützen. Ganz langsam glitt das Schiff aus der Tunnelmündung heraus; aber trotz dieses sachten Übergangs aus dem Dunkel ins Helle und trotz der schwachen Leuchtkraft der Wintersonne war er für eine Weile ganz blind. Das Geschnatter der Passagiere schwoll zu einem Lärm, der fast so stark war wie vorhin das Brausen der Wasserstürze auf der Persenning. Hornblower setzte sich auf und sah sich blinzelnd um. Auf dem Treidelpfad stand ein Pferdehalter mit zwei Pferden; er fing die Leine auf, die ihm der Schiffer zuwarf, und dann holten sie das Schiff mit vereinten Kräften ans Ufer. Hier stiegen eine ganze Anzahl Passagiere aus und machten sich sogleich, beladen mit ihrem Gepäck und ihren Hühnern, auf den Weg. Andere standen bereits wartend am Ufer und kamen nun an Bord.
Maria trat aus der Kajüte Erster Klasse, der kleine Horatio war jetzt wach und wimmerte leise vor sich hin.
»Horatio …«, begann sie.
»Ja, Liebste?«
Hornblower wußte, daß sie jetzt mit einem einzigen Blick feststellte, wie unordentlich er aussah. Dann folgte natürlich eine Strafpredigt; sie bürstete ihn aus und behandelte ihn wieder einmal, als ob sie über ihn das gleiche mütterliche Verfügungsrecht besäße wie über seinen Sohn. Dazu durfte es nicht kommen, jetzt nicht, er hätte es in diesem Augenblick nicht ertragen, daß ein anderer Mensch über ihn verfügte.
»Verzeih, Liebling, ich bin gleich wieder da«, sagte er, sprang mit einem gewandten Satz an Land und stieg die Böschung zum Treidelpfad hinauf. Dort gesellte er sich zu dem Schiffer, der sich eben mit dem Pferdehalter besprach.
»Wir haben wirklich niemand hier«, betonte dieser grade, »ich möchte wetten, daß du vor Oxford keinen Ersatzmann findest.«
Der Schiffer erhob wieder die gleichen Vorstellungen wie drüben auf der anderen Seite des Tunnels.
»Ja, ja, aber da läßt sich eben nichts machen«, meinte der Pferdehalter weise. »Du mußt schon warten, bis das nächste Fahrzeug kommt.«
»Gibt es denn hier auch keine Ersatzleute?« fragte Hornblower.
»Keinen einzigen, Sir«, sagte der Schiffer und fügte dann nach kurzem Zögern hinzu: »Sie werden wohl keine besondere Lust haben, ein paar Pferde zu kutschieren, wie?«
»Nein, weiß Gott nicht«, gab Hornblower eilig zur Antwort – die Frage hatte ihn so überrascht, daß er gar nicht versuchte, sein Entsetzen über diese Zumutung zu verbergen. Er sollte wie der gestürzte Charlie mit Geschrei und Peitschengeknall durch die Gegend traben? Niemals! Aber dann fiel ihm gleich eine Lösung ein, die geeignet war, sein Ansehen bei den Männern wiederherzustellen, und nebenbei den Zweck erfüllte, ihn der ständigen Bemutterung durch Maria zu entziehen.
»Ich könnte das Ruder nehmen.«
»Warum nicht, Sir?« antwortete der Schiffer. »Sie haben sicher schon oft genug eine Pinne in der Hand gehabt und verstehen sich auf das Geschäft. Und ich kutschiere die beiden Gäule – soll mir trotz meiner künstlichen Pfote hier nichts ausmachen.«
Er warf dabei einen Blick auf den stählernen Haken, der ihm die fehlende Hand ersetzte.
»Abgemacht«, sagte Hornblower.
»Ich bin Ihnen wirklich dankbar, Sir«, sagte der Schiffer, »das können Sie mir glauben.« Er bekräftigte die Aufrichtigkeit seines Gefühls mit einer Reihe herzhafter Flüche. »Für diese Reise stehe ich nämlich unter Zeitkontrakt – dort vorne sind ein paar Kisten Tee verstaut, letzte Ernte, die müssen pünktlich in London sein. Ja, Sir, Sie retten mir durch Ihre Hilfe gute Pfunde und meinen Ruf als Schiffer dazu. Und ob ich Ihnen dafür dankbar bin, sonst sollte mich doch gleich …«
Und wieder bekräftigte er ausführlich seine aufrichtige Gesinnung.
»Reden wir nicht weiter darüber«, sagte Hornblower. »Je eher wir aufbrechen, desto eher kommen wir ans Ziel. Aber sagen Sie doch erst noch, wie Sie heißen.«
»Jenkins, Sir, Tom Jenkins – sonst Schiffer, heute Postillion, wie’s eben der Zufall bringt, Großtoppsgast auf der alten Superb unter Käpt’n Keates, Sir.«
»Schön, Jenkins, machen wir uns auf den Weg.«
Der Pferdehalter war bereits dabei, die Schleppleinen am Geschirr seiner Pferde festzumachen, Jenkins warf die Vorleine los, Hornblower löste die Achterleine bis auf einen Törn, den er klar zum Loswerfen festhielt. Mittlerweile war Jenkins gewandt in den Sattel geklettert und hatte die Zügel um einen Haken geschlungen.
»Aber Horatio«, rief Maria, »was hast du eigentlich im Sinn?«
»Daß wir möglichst bald nach London kommen, Liebling«, sagte Hornblower. Im gleichen Augenblick knallte auch schon die Peitsche, und die Schleppleinen kamen steif.
Die Leine noch in der Hand, mußte Hornblower ans Heck rennen und schleunigst nach der Pinne greifen. Vielleicht machte ihm Maria immer noch Vorwürfe, aber er hatte jetzt keine Zeit mehr, auf ihre Worte zu achten. Es war erstaunlich, wie rasch die Queen Charlotte Fahrt aufnahm, als die sofort antrabenden Pferde ihren Bug erst auf die Stauwelle gehoben hatten. Aus dem Trab wurde bald ein kurzer Galopp, und nun ging es rasend schnell dahin, unheimlich schnell vor allem für Hornblower, der nun am Ruder stand und das Schauspiel nicht mehr als Passagier ohne Verantwortung genießen durfte. Die Ufer flogen nur so vorüber, und es war ein Glück, daß der Kanal in dem tiefen Einschnitt auf seiner Scheitelhöhe schnurgerade verlief, denn das Steuern war eben doch nicht ganz so einfach. Die beiden Schleppleinen, eine am Bug und eine am Heck, hielten das Schiff mit kleinsten Ruderhilfen parallel zum Ufer – eine kräftesparende Lösung, die dem mathematisch denkenden Hornblower besonders gut gefiel. Aber grade diese Anordnung gab ihm andererseits beim Steuern ein recht unnatürliches Gefühl, wie er alsbald feststellen konnte, als er die Pinne probeweise ein wenig bewegte.
Darum sah er auch der nächsten Biegung des Kanals mit einiger Besorgnis entgegen. Als sie ihr näher kamen, wanderten seine Blicke prüfend von einem Ufer zum anderen, um sich zu versichern, daß er auch wirklich genau die Mitte hielt. Und gleich hinter dieser Biegung kam auch schon die erste Brücke, sie waren bereits dicht davor, als sie auftauchte. Auch ihre Spannweite war wie die aller anderen aus Gründen der Sparsamkeit so teuflisch eng, daß sich der Treidelweg unter ihren Jochen ins Fahrwasser vorbog. Dieser Umstand erschwerte es ungemein, die Mitte des stark verengten Kanalbetts richtig anzuvisieren. Ausgerechnet in diesem Augenblick rief ihm Maria etwas zu, und auch der kleine Horatio brüllte wieder einmal wie am Spieß, aber er hatte in diesen Sekunden weder einen Blick noch einen Gedanken für die beiden übrig. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Aufgabe, das Schiff durch die Biegung zu steuern. Schon klapperten die Hufe des vorderen Gauls über das Pflaster unter dem Brückenbogen. Himmel! Er war ja ganz an die Seite geraten. Hastig riß er an der Pinne, um den Fehler auszugleichen. Zu viel! Jetzt war er glücklich auf der anderen Seite.
Wieder korrigierte er und war immer noch dabei, das Schiff auf geraden Kurs zu bringen, als es schon mit dem Bug in die Enge unter der Brücke einlief. Zwar hatte er ihm noch rasch den richtigen Dreh gegeben, nur leider nicht genug, denn ehe er sich’s versah, bumste es Steuerbord achtern, grade da, wo er stand, heftig gegen die vorspringende Kanalwand, die hier aus festem Mauerwerk bestand. Glücklicherweise war die Bordwand, vermutlich zum Schutz gegen ähnliche Vorkommnisse, an dieser Stelle mit einem dicken Taufender bewehrt, der den Stoß abfing. Der war auch nicht stark genug gewesen, um die Passagiere in der Kajüte von ihren Sitzen zu schleudern, nur Hornblower selbst wäre beinahe aufs Gesicht gefallen, als er zusammengekauert neben dem Ruder hockte, um seinen Kopf vor der niedrigen Brücke zu bergen. Aber es blieb ihm keine Zeit, sich jetzt um andere Dinge zu kümmern, er fragte nicht einmal nach seinem kleinen Horatio, obwohl der Junge wahrscheinlich einen tüchtigen Schreck bekommen hatte, denn das Gebrüll aus der vorderen Kajüte klang jetzt noch mörderischer als zuvor. Der Kanal bog gleich wieder in die frühere Richtung zurück, und er hatte nur die Pflicht, die Queen Charlotte wohlbehalten um die neue Biegung zu steuern.
Klitsch – klatsch –, klitsch – klatsch – das war Jenkins mit seiner Peitsche. Ging es ihm immer noch nicht schnell genug? Hinter der Biegung kam ihnen ein anderes Kanalschiff entgegen, das, von einem einzigen Pferd geschleppt, in friedlichem Schneckentempo seinem Ziel zustrebte. Hornblower sagte sich jetzt, daß Jenkins’ viermaliges Peitschenknallen für den anderen die Aufforderung bedeutete, ihnen die Bahn freizugeben. Er hoffte brennend, daß jener nun auch tat, was man von ihm verlangte, denn das Passagierboot raste immer noch mit unverminderter Geschwindigkeit auf den Frachtkahn zu.
Der Kahnschiffer brachte seinen am Zügel geführten Gaul zum Stehen und zog ihn, um Platz zu machen, in das Strauchwerk neben dem Treidelpfad; seine Frau legte das Ruder über, und der Kahn schmiegte sich mit seiner restlichen Fahrt langsam und majestätisch gegen den Schilfstreifen am gegenüberliegenden Ufer. Die Schleppleine vom Pferd zum Kahn sank dabei lose auf den Treidelweg und in einer tiefen Bucht auf den Grund des Kanals. Alsbald sprengten Jenkins’ Pferde im Galopp darüber hinweg, und Hornblower hielt mit seinem Schiff genau Kurs auf die enge Lücke zwischen Kahn und Treidelpfad. Unmittelbar neben dem Pfad war das Wasser sicherlich flach, es kam also darauf an, sich so dicht wie möglich an dem Kahn zu halten. Dabei hatte ihm die Schiffersfrau ohnehin nur so viel Platz gelassen, wie unbedingt nötig war, weil sie damit rechnen konnte, daß hier nur erfahrene und geschickte Steuerleute des Weges kamen. Hornblower war auf dem besten Wege, vollends den Kopf zu verlieren, als sein Schiff mit unverminderter Fahrt auf das Hindernis zuraste.
Steuerbord! – Stütz! Backbord – Stütz! Er gab sich selbst die Kommandos, wie er es zu seinem Rudergänger getan hätte; plötzlich aber ging ihm mitten in der dunklen Verwirrung, die sich seiner bemächtigen wollte, wie ein Blitz die Erkenntnis auf, daß mit solchen Befehlen so gut wie nichts erreicht war. Wohl konnte er sie sich selber geben; durfte er sich aber darauf verlassen, daß er sie mit seinen ungeübten Händen auch ebenso zuverlässig und genau ausführte wie ein tüchtiger Rudergänger? Jetzt ging es mit voller Fahrt in die schmale Lücke, das Heck wollte noch herumschwingen, erst im allerletzten Augenblick gelang es ihm, den Dreh durch Gegenruder aufzuheben. Der Frachtkahn schien förmlich vorbeizufliegen, am Rande seines Gesichtsfeldes glaubte er zu erkennen, daß die Schiffersfrau herüberwinkte und überrascht innehielt, als sie am Ruder der Queen Charlotte einen wildfremden Mann erblickte. Sie rief ihm etwas zu, aber er faßte kein Wort von dem auf, was sie zu ihm sagte; für den Austausch höflicher Reden hatte er jetzt, weiß Gott, keinen Sinn.
Sie waren durch, es war gegangen wie der Blitz, und jetzt konnte er wieder atmen, wieder lächeln, wieder froh sein. War das Leben nicht wunderbar, wenn man ein Passagierschiff mit vollen neun Meilen Fahrt durch den Themse-Severn-Kanal steuern durfte? Aber da stieß Jenkins wieder einen Schrei aus, er zügelte sein Pferd, und gleichzeitig kam voraus der graue Turm eines Schleusenhauses in Sicht. Die Tore waren offen, der Schleusenwärter stand daneben. Hornblower steuerte die Einfahrt an, wobei ihm besonders zustatten kam, daß die Queen Charlotte plötzlich stark an Fahrt verlor, als ihr die Stauwelle davonlief. Hornblower griff nach der Achterleine, machte einen Satz an Land und blieb dabei wie durch ein Wunder auf den Beinen. Der Poller war zehn Fuß weiter vorn, er rannte hin, nahm einen Törn und schrickte, als Kraft auf die Leine kam. Nach den Regeln der Kunst galt es, beim ersten Abstoppen die Fahrt bis auf einen kleinen Rest aus dem Schiff zu bringen, so daß es eben noch langsam in die Schleuse glitt, und es beim nächsten Poller zum Stehen zu bringen.
Aber man konnte wohl kaum erwarten, daß Hornblower dieses Manöver gleich beim ersten Male in seiner Vollendung gelingen würde. Er ließ die Leine langsam durch die Hände gleiten und achtete dabei genau auf die Fahrt des Schiffes; dann aber beging er den Fehler, zu plötzlich festzuhalten. Die Folge war, daß Leine und Poller unter der Beanspruchung knirschten und krachten und daß die Queen Charlotte mit dem Bug quer über die Schleuse schwenkte und auf der anderen Seite hart gegen die Mauer schlug. Da lag sie nun, halb drinnen und halb draußen, hilflos und ohne Fahrt, und die Frau des Schleusenwärters mußte vom anderen Schleusentor her zu Hilfe eilen. Sie setzte den Bug von der Schleusenmauer frei, griff nach der Vorleine, legte sie über ihre kräftige Schulter und holte das Schiff daran die letzten zwölf Yard in die Schleusenkammer herein. Das gab natürlich einen minutenlangen und durchaus überflüssigen Zeitverlust. Es war jedoch für Hornblower noch nicht die letzte Lehre, die er empfing. Da sie jetzt die Scheitelhöhe des Kanals hinter sich hatten, führte diese Schleuse zum ersten Male abwärts. Diesen Übergang zum Abstieg hatte er nicht in Rechnung gezogen, und er war daher überrascht, als die Queen Charlotte nach dem Öffnen der Schütze plötzlich und rasch mit dem fallenden Wasserspiegel in die Tiefe sank. So blieb ihm grade noch Zeit, um zuzuspringen und die Achterleine zu fieren, als sich das Schiff schon daran aufzuhängen drohte.
»Alles, was recht ist, Mann, aber vom Schippern versteht Ihr nicht viel«, meinte die Frau des Schleusenwärters, und Hornblowers Ohren brannten vor Verlegenheit über diese Blamage. Er dachte an seine Prüfungen in Navigation und Seemannschaft, er dachte an die vielen schwierigen Wendemanöver, die ihm mit einem Monstrum von Linienschiff auch bei schwerem Wetter gelungen waren. Aber mit dieser ganzen seemännischen Erfahrung war hier mitten in Gloucestershire – oder war es schon Oxfordshire – offenbar nichts anzufangen. Wie dem auch war, die Schleuse war schon leer, die Tore gingen auf, und die Schleppleinen kamen bereits steif. Höchste Zeit, die sechs Fuß und mehr auf das schon anfahrende Schiff hinunterzuspringen und daran zu denken, daß er die Achterleine mitnehmen mußte. Er kam zwar damit zu Rande, aber er benahm sich dabei offenbar höchst ungewandt, das verriet ihm das herzhafte Gelächter der Schleusenwärterin, als er unter ihr davonglitt. Sie schickte ihm wohl auch noch eine Bemerkung nach, aber er konnte gar nicht hinhören, weil er gleich in aller Eile nach der Pinne greifen mußte, um das immer rascher dahineilende Fahrzeug sicher unter der Schleusenbrücke hindurchzustemmen. Dabei war ihm erst heute morgen, als er den Fahrpreis erlegte, das Leben eines Kanalschiffers so ruhig und angenehm erschienen wie kein anderer Beruf. Hilf der Himmel! Zu allem Überfluß hatte Maria den Weg durch die Kajüte Zweiter Klasse nach achtern gefunden und tauchte jetzt plötzlich neben ihm auf.
»Wie kannst du es nur dulden, daß diese Leute so unverschämte Reden führen?« fragte sie. »Warum sagst du ihnen nicht, wer du bist?«
»Liebling«, begann Hornblower, aber er unterbrach sich mitten in der Rede. Wenn Maria nicht einsah, wie schlecht es einem Kapitän der Kriegsmarine anstand, ein gewöhnliches Kanalschiff so stümperhaft zu hantieren, dann war eben nicht mit ihr zu rechten. Außerdem konnte er ihr beim besten Willen nicht zuhören, solange die Queen Charlotte hinter den galoppierenden Pferden in diesem Tempo dahinschoß.
»Du hast es doch, bei Gott, nicht nötig, dich so zu erniedrigen«, fuhr Maria fort, »warum machst du dich nur mit diesen Leuten so gemein? Und wozu denn diese Eile? Haben wir denn nicht genügend Zeit?«
Hornblower steuerte das Schiff eben um eine Biegung des Kanals, er war stolz darauf, daß er nun schon das richtige Gefühl dafür bekam.
»Warum gibst du mir keine Antwort?« fragte Maria. »Ich habe das Dinner für dich und den kleinen Horatio hergerichtet.«
Sie redete auf ihn ein wie die Stimme des Gewissens; ja, das war, weiß Gott, die Rolle, die sie spielte.
»Hör zu, Maria«, knirschte er, »geh nach vorn, ich sage dir, geh nach vorn. Geh doch in deine Kajüte!«
»Aber Liebling, was …«
»Geh nach vorn, sage ich!«
Zuletzt hatte er sie richtig angeschrien, denn schon kam ihnen wieder ein Frachtkahn entgegen. Er hatte jetzt einfach keine Zeit für ein liebenswürdiges Gespräch mit seiner Frau.
»Du bist wirklich herzlos mit mir, Horatio«, sagte Maria, »und das bei meinem Zustand.«
War er herzlos? Nun ja, vielleicht hatte sie recht, aber vor allem waren ihm jetzt grade andere Dinge wichtig. Er widmete seine ganze Aufmerksamkeit wieder dem Steuern. Maria drückte sich ihr Taschentuch an die Augen und kehrte ihm beleidigt den Rücken, so gut ihr diese rasche Bewegung noch gelingen wollte. Dann tauchte sie in der Kajüte Zweiter Klasse unter. Die Queen Charlotte schoß indessen sauber durch die Lücke zwischen Frachtkahn und Treidelweg, und Hornblower fand sogar Zeit, den Gruß der Schiffersfrau winkend zu erwidern. Ebenso hatte er jetzt Zeit für ein paar Gewissensbisse wegen der Behandlung, die er seiner Maria angedeihen ließ; aber die hielten nur eine kurze Weile vor, denn noch hatte er das Schiff zu steuern.
Es war immer noch heller Tag, als sie in das Themsetal gelangten. Hornblower entdeckte an Steuerbord den Fluß, der hier sozusagen noch ein Kind war, obwohl er um diese Winterszeit schon einen recht ausgewachsenen Eindruck machte.
Mit jeder Biegung, jeder Schleuse des Kanals kamen sie ihm näher, bis sie endlich in Inglesham die Einmündung erreichten, als eben der Kirchturm von Lechlade voraus in Sicht kam. In der Schleuse von Inglesham stieg Jenkins von seinem Pferd, um mit Hornblower zu sprechen. (Vgl. (2) Karte ›Von Gloucester nach Deptford‹)
»Jetzt kommen gleich drei Nadelwehre, über die wir hinunter müssen«, sagte er.
Hornblower hatte keine Ahnung, wie so ein Nadelwehr aussah, und hätte doch gern Näheres darüber gewußt, ehe er über ein solches Hindernis ›hinunter mußte‹, aber es widerstrebte ihm, dem anderen seine Unwissenheit zu verraten. Vielleicht fühlte Jenkins mit angeborenem Takt dieses Dilemma heraus, jedenfalls gab er gleich von selbst die gewünschte Erklärung.
»Das sind Stauwehre, die quer über den ganzen Fluß reichen, Sir«, erklärte er Hornblower. »Um diese Jahreszeit führt der Fluß eine Menge Wasser, da werden einige der Schütze an der Seite des Treidelweges ständig offengehalten. Das Wasser fällt dort fünf bis sechs Fuß.«
»Wie, fünf bis sechs Fuß?« fragte Hornblower ganz erschrocken.
»Jawohl, Sir, ungefähr soviel. Damit Sie mich richtig verstehen, Sir, ein Wasserfall ist das natürlich nicht, es geht nur etwas steil nach unten.«
»Und da müssen wir hinunterfahren?«
»Jawohl, Sir, es ist gar nichts dabei – wenigstens oben.«
»Und unten?«
»Da ist natürlich ein Wirbel – kann ja gar nicht anders sein. Aber Sie brauchen nur Kurs zu halten, dann holen meine Gäule Sie ohne weiteres durch.«
»Ich werde meinen Kurs schon halten.«
»Klar, Sir.«
»Was sollen denn eigentlich diese dummen Wehre?«
»Sie stauen das Wasser für die Mühlen und für die Schifffahrt, Sir.«
»Warum baut man da keine Schleusen?«
Jenkins breitete seine Hand und seinen Haken aus und deutete damit an, daß er es nicht wisse.
»Das weiß ich nicht, Sir. Erst von Oxford abwärts gibt es Schleusen. Diese Wehre sind eine wahre Landplage, manchmal brauche ich sechs Pferde, um die alte Queen Charlotte stromaufwärts darüber zu bringen.«
Hornblower war in seinen Überlegungen noch nicht so weit gekommen, darüber nachzudenken, wie man diese Wehre flußaufwärts überwand, und ärgerte sich ein wenig, daß er diese Frage nicht selbst angeschnitten hatte. Aber er brachte es doch fertig, Jenkins’ Klagen mit verständnisvollem Nicken anzuhören.
»Was, sechs Pferde«, sagte er. »Na, auf dieser Reise brauchen wir uns ja nicht darum zu kümmern.«
»Nein, Sir«, sagte Jenkins. Er zeigte flußabwärts: »Der erste Durchlaß liegt eine halbe Meile unterhalb der Brücke von Lechlade, ganz auf der Backbordseite. Sie können ihn gar nicht verfehlen, Sir.«
Hornblower hoffte nur, daß der Mann damit recht hatte. Er nahm wieder seinen Platz am Heck ein und griff mit dem kühnen Entschluß nach der Pinne, sich seine Unsicherheit auf keinen Fall anmerken zu lassen. Als das Schiff in rascher Fahrt aus der Schleuse glitt, fand er Zeit, dem Schleusenwärter zuzuwinken. So weit war er nun doch schon in dem neuen Handwerk fortgeschritten, daß er diese kleine Höflichkeit nicht mehr verpaßte, obwohl er gleichzeitig durch das Schleusentor zu steuern hatte. Jetzt schossen sie auf die noch junge Themse hinaus, hier herrschte eine Menge Strom in Richtung ihrer Fahrt – Hornblower sah deutlich den Wirbel an der Landzunge –, aber das Tempo der Pferde gab dem Schiff doch noch zusätzliche Fahrt durchs Wasser und damit Ruderwirkung.
Die Brücke von Lechlade lag jetzt voraus, eine halbe Meile unterhalb kam – nach Jenkins – das Wehr. Die Luft war nun ausgesprochen frisch, und doch merkte Hornblower, daß seine um die Pinne gekrampften Hände feucht von Schweiß waren. War es nicht eine tolle Unverfrorenheit von ihm, das schwere Schiff so ohne jede Erfahrung über ein Wehr zu steuern? Wie gern, wie brennend gern, hätte er die Finger davongelassen. Aber jetzt galt es schon, die Brücke zu durchfahren – die Pferde klatschten bis an die Fesseln durchs Wasser –, und dann war es zu spät, sich noch anders zu entschließen. Vor ihm lag quer über den Strom die Linie des Wehrs, an Backbord deutlich sichtbar der Leerschuß. Die Wasserfläche jenseits des Wehrs war durch die Stufe verdeckt, nur durch den Leerschuß jagte das Wasser in einer glatten, steilen Masse zu Tal, die an den Rändern höher war als in der Mitte. Alles Treibgut an der Oberfläche strebte eilends darauf zu, der Masse Mensch vergleichbar, die sich nach einer Versammlung zur einzigen Tür des Saales drängt. Hornblower hielt genau die Mitte der Öffnung und zitterte dabei vor Aufregung am ganzen Körper. Jetzt spürte er schon die veränderte Trimmlage, wie der Bug sich abwärts senkte und das Heck sich hob. Und dann flogen sie nur so bergab und immer weiter bergab. Nach unten zu verengte sich die glatte grüne Fläche immer mehr und lief zuletzt in eine spitze Zunge aus. Vor ihrem Ende und zu ihren Seiten schäumte die Gischt in wirbelnden Kreisen. Noch hatte er Ruderwirkung genug, um genau die Zungenspitze anzusteuern. Als er fühlte, wie gut das Schiff dem Ruder gehorchte, war er im ersten Augenblick versucht, diesem Phänomen mit physikalischen Überlegungen zu Leibe zu gehen, aber er hatte dazu weder Muße noch rechte Lust. Krachend und gischtübersprüht hieb der Bug in die aufgewühlten Wassermassen, schwerfällig holte das Schiff in dem unheimlichen Wirbel über, aber schon im nächsten Augenblick zerrten es die Schleppleinen wieder voran. Noch zwei Sekunden aufmerksamen Steuerns, und der gefährliche Stromwirbel lag hinter ihnen; sie fuhren wieder in glattem, wenn auch schaumgestreiftem Wasser, und Hornblower lachte vor überwältigender Freude laut hinaus. Das war, bei Gott, kein Kunststück gewesen; aber als es vorüber war, machte es ihm so viel Laune, daß er gar nicht auf den Gedanken kam, sich seiner anfänglichen Angst ein bißchen zu schämen. Jenkins warf sich im Sattel herum und schwang grüßend die Peitsche, Hornblower winkte zurück.
»Horatio, du mußt jetzt unbedingt zum Dinner kommen«, sagte Maria, »du hast dich ohnehin den ganzen Tag nicht um mich gekümmert.«
»Wir sind bald in Oxford, Liebling«, sagte Hornblower. Wenn sie nur nicht erriet, daß er sie und sein Kind zeitweilig ganz vergessen hatte.
»Horatio!«
»Bald, Liebling«, sagte Hornblower.
Der winterliche Abend begann sich um sie zu schließen. Die Landschaft hüllte sich in zarten Dunst, und langsam sank die Sonne über Äckern und Wiesen, über den knorrigen Weiden, die knietief im Wasser standen, über Höfen und Siedlungen. Ein unsagbarer Zauber breitete sich über Land und Strom. Hornblower war es zumute, als müsse er diesen einen Augenblick für immer und ewig festhalten. Die Welt war vollkommen – war dies das echte, das wahre Glück? Seine überschäumende Lebensfreude von vorhin war zu heiterem Seelenfrieden abgeklungen, so wie die Wasser des Stroms sich unterhalb des tosenden Wirbels beruhigt hatten. Bald, sehr bald schon würde sein Leben wieder ein ganz anderes Gesicht bekommen; dann trat er wieder in den Dienst einer Welt voller Kampf und Grausamkeit – jener Welt, die er in der Mündung des Severn hinter sich gelassen und die er jetzt in der Themsemündung wiederfinden sollte. Es erschien ihm wie ein Symbol, daß er ausgerechnet hier im Herzen Englands auf dem halben Wege seiner Fahrt für einen kurzen Augenblick dieses nie gekannte Glücksgefühl erfuhr. Das Vieh auf den Weiden, die Krähen in den Asten, hatten sie etwa zu diesem Glücke beigetragen? Möglich war es wohl, aber nicht gewiß, denn sein Hochgefühl kam ganz von innen heraus, und er verdankte es sicherlich weit weniger greifbaren Ursachen. Hornblower atmete in langen Zügen die köstliche Abendluft, als wäre sie Nektar vom Tisch der Götter … Aber dann fiel sein Blick auf Jenkins, der ihm aus dem Sattel zuwinkte und mit der Peitsche nach vorne wies. Das rief ihn wieder ins Leben zurück, und das Leuchten dieses Augenblicks verblaßte für immer.
Jenkins zeigte auf das nächste Wehr; Hornblower steuerte kühn und ohne die geringste Aufregung darauf zu. Oberhalb hielt er sorgfältig genauen Kurs, spürte wieder, wie das Schiff vorn überkippte und plötzlich schneller wurde, während es den Scheitel des Wehrs überfuhr, und grinste vor Vergnügen, als es den Hang hinabschoß, klatschend in den Wirbel krachte und wie zuvor nach kurzem, zögerndem Verweilen wieder Fahrt gewann. Durch die sinkende Nacht ging es weiter stromab. Brücken, noch ein Wehr – Hornblower war froh, daß es das letzte war; er wußte jetzt, warum Jenkins so betont hatte, daß man zum Passieren Tageslicht brauchte – Dörfer, Kirchen. Zuletzt war es ganz dunkel, Hornblower wurde allmählich müde und fror. Als Maria das nächste Mal nach achtern kam, fand er freundliche Worte für sie und stimmte sogar in ihre Klage ein, daß Oxford so lange auf sich warten ließ. Jenkins hatte zwei Laternen angezündet; die eine hing am Kummet des Leitpferdes, die zweite am Sattelhorn des Gaules, den er ritt. Hornblower sah vom Heck der Queen Charlotte aus, wie die beiden Lichter auf dem Treidelweg auf und nieder tanzten; sie zeigten ihm die Biegungen des Flusses an und reichten grade hin, um ihm ein sicheres Steuern möglich zu machen. Und doch schlug ihm das Herz noch zweimal vor Schreck bis in den Hals, als das Schilf plötzlich die Bordwand streifte, weil er zu nahe ans Ufer geraten war. Es war stockdunkle Nacht, als er fühlte, wie der Zug der Schleppleine nachließ und das Schiff an Fahrt verlor. Auf Jenkins’ gedämpften Zuruf hin steuerte er eine von Laternen erleuchtete Landungsbrücke an, dienstbereite Hände griffen nach den Leinen, um die Queen Charlotte festzumachen, und die Passagiere schwärmten nach allen Richtungen auseinander.
»Käpt’n – Sir?« sagte Jenkins.
Dieses ›Käpt’n‹ klang ganz anders als zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise. Da war nichts mehr von der höhnischen Freude des früheren Untergebenen zu spüren, dem ein Vorgesetzter von ehedem nichts mehr zu sagen hatte. Jenkins gebrauchte die Anrede jetzt genau in demselben Ton, wie jedes ordentliche Mitglied einer Schiffsbesatzung seinem Kommandanten gegenüber.
»Ja?« fragte Hornblower.
»Wir sind in Oxford, Sir – die Ablösung ist da.«
Im flackernden Licht einer Laterne sah Hornblower die beiden Männer auf der Brücke stehen.
»Also kann ich jetzt wohl mein Abendbrot essen?« fragte er mit leiser Ironie.
»Gewiß, Sir, das können Sie, Sir. Es tut mir leid, daß Sie so lange warten mußten. Ich bin tief in Ihrer Schuld, Sir.«
»Reden wir nicht darüber«, sagte Hornblower kurz angebunden. »Es war mir ja selbst darum zu tun, möglichst rasch nach London zu kommen.«
»Also meinen allerbesten Dank, Sir. Und …«
»Wie weit ist es eigentlich noch bis London?«
»Auf dem Strom sind es hundert Meilen bis Brentford, Sir. Sie kommen grade bei Hellwerden an. Wie trifft das mit den Gezeiten hin, Jem?«
»Wir werden grade Hochwasser haben«, sagte einer der Männer der neuen Besatzung, der schon die Peitsche in der Hand hielt. »Sie können dort ein Boot nehmen, dann sind Sie in einer Stunde an der Treppe von Whitehall.«
»Danke«, sagte Hornblower. »Dann wollen wir jetzt Abschied nehmen, Jenkins. Leben Sie wohl!«
»Leben Sie wohl, Sir. Und nochmals meinen Dank für Ihre Hilfe als wahrer Gentleman.«
Maria stand am Bug des Schiffes, und Hornblower glaubte sogar in dem spärlichen Licht der Laternen an ihrer Haltung zu erkennen, daß sie nicht mit ihm zufrieden war. Aus ihren Worten war das allerdings nicht unmittelbar zu folgern.
»Ich habe ein warmes Abendessen für dich aufgetrieben, Horatio«, sagte sie.
»Großartig!« rief Hornblower.
Auf dem Kai standen ein paar Burschen und junge Mädchen, die an die Flußreisenden Lebensmittel verkauften. Hornblowers Blick fiel auf einen stämmigen jungen Mann, mit einem Faß auf einer Karre, das offensichtlich Bier enthielt. Da wurde er erst gewahr, daß ihn der Durst sogar noch ärger quälte als der Hunger.
»Du kommst mir wie gerufen«, sagte er, »gib mir ein Quart (einen Liter).«
»Ich habe nur Pinten (halbe Liter), Sir«, sagte der Junge.
»Dann zwei Pinten, du Tropf.«
Er leerte die erste der beiden hölzernen Bitschen auf einen Zug und ohne Atem zu holen. Dann, als er die zweite eben an die Lippen setzen wollte, fiel ihm plötzlich ein, was die Höflichkeit von ihm verlangte. Der Durst hatte ihn so gequält, daß es ihm nicht eher eingefallen war.
»Und du, Liebste?« fragte er Maria.
»Ach, für mich höchstens eine halbe Pinte«, sagte Maria – Hornblower hätte das schon vorher wissen können, denn es war echt Maria: für Damen schickte es sich nicht, ihr Bier anders als halbpintenweise zu trinken.
»Ich habe nur ganze Pinten, Sir«, sagte der Junge.
»Dann gib der Lady eben eine ganze, und ich trinke den Rest«, sagte Hornblower, der inzwischen seine zweite Bitsche zu zwei Dritteln geleert hatte.
»Alles an Bord!« rief der neue Schiffer. »Alles an Bord!«
»Macht einen Shilling, Sir«, sagte der Junge.
»Was? Vier Penny für die Pinte?« rief Maria erstaunt.
»Das ist nicht zu teuer«, sagte Hornblower. »Da, nimm!«
In seiner übermütigen Laune gab er dem Jungen einen Gulden, den dieser überglücklich in die Luft warf, ehe er ihn in der Tasche verschwinden ließ. Hornblower nahm Maria die Bitsche aus der Hand, trank sie leer und warf sie dem Burschen zu.
»Alles an Bord!«
Hornblower stieg ein und half dann Maria mit aller Fürsorge die Treppe hinab. Er war etwas betroffen, als er sah, daß die Queen Charlotte hier oder gar schon eher einige weitere Passagiere Erster Klasse aufgenommen hatte. Zwei oder drei Männer und ein halbes Dutzend Frauen saßen jetzt in der von einer Lampe erhellten Kajüte, der kleine Horatio schlief friedlich in einer Ecke. Maria war voll nervöser Unruhe, sie hätte zu gern von häuslichen Dingen gesprochen, konnte sich aber nicht entschließen, das in Gegenwart all der fremden Leute zu tun. So brachte sie im Flüstertone vor, was sie zu sagen hatte, und deutete dabei ab und zu verstohlen auf die Fremden, die mit undurchdringlichen Gesichtern auf ihren Plätzen saßen, als wollte sie sagen, daß sie noch viel, viel mehr auf dem Herzen hatte, was sie ihm in Gegenwart der fremden Menschen nicht erzählen konnte.
»Du hast dem Burschen da vorhin zwei Shilling gegeben, Liebling«, sagte sie. »Warum eigentlich?«
»Das war nur eine närrische Laune von mir, mein Kind, nichts als eine närrische Laune«, sagte Hornblower fröhlich und traf damit so ziemlich den Nagel auf den Kopf.
Maria maß ihren unberechenbaren Gatten seufzend mit einem langen Blick. Erst warf er einen Shilling weg, und jetzt redete er mitten unter lauter fremden Menschen so laut von seinen verrückten Launen, daß es jedermann hören konnte.
»Da ist das Abendessen, das ich dir besorgt habe, als du mit den Männern draußen sprachst. Hoffentlich ist es noch warm, du hast ja den ganzen Tag noch nichts gegessen, und die belegten Brote, die ich mitnahm, sind inzwischen schon ganz ausgetrocknet.«
»Ich esse alles, was es gibt, sogar noch eine Portion mehr«, sagte Hornblower, der zwar mehr als ein Quart Bier, aber sonst noch nichts im Magen hatte.
Maria zeigte auf die beiden Holzschüsseln, die sie auf der Bank neben dem kleinen Horatio erwarteten. (Vgl. (3) Karte ›Von Gloucester nach Deptford‹)
»Messer und Gabeln habe ich aus unserem Gepäck geholt«, erklärte sie, »die Schüsseln lassen wir nachher an Bord.«
»Großartig«, sagte Hornblower.
Auf jeder Schüssel lagen, eingebettet in einen wahren Berg von Erbsenbrei und immer noch dampfend, zwei Würste. Hornblower nahm die eine der Schüsseln auf die Knie und begann zu essen. Das Fleisch in den Würsten war gewiß vom Rind, hm, wenn es doch von einem Hammel oder am Ende gar von einer Ziege oder einem Pferd stammte. Sicher war jedenfalls, daß es zum weitaus größten Teil aus Knorpeln bestand. Und die Haut war genauso zäh und ungenießbar wie ihr Inhalt. Hornblower warf einen forschenden Seitenblick auf Maria, aber die hatte anscheinend nichts daran auszusetzen und aß mit gutem Appetit. Er war ihr heute im Lauf des Tages schon verschiedentlich zu nahe getreten und brachte es nicht über sich, sie jetzt schon wieder zu kränken, sonst hätte er diese elenden Würste einfach über Bord in die Themse geworfen, damit wenigstens die Fische etwas davon hatten, sofern sie überhaupt etwas davon wissen wollten. So aber würgte er sie mit Selbstverleugnung in sich hinein. Als er jedoch bei der zweiten Wurst angelangt war, merkte er, daß es beim besten Willen nicht mehr ging. Da zog er mit der Linken rasch sein Taschentuch und hielt es in Bereitschaft.
»Schau doch, gleich sind wir in der ersten Schleuse«, sagte er zu Maria und deutete mit der Rechten auf das dunkle Fenster, um ihre Aufmerksamkeit abzulenken. Maria versuchte hinauszuspähen, Hornblower barg unterdessen die zweite Wurst blitzschnell in seinem Taschentuch und ließ sie in der Rocktasche verschwinden. Dabei fing er den Blick eines älteren Mannes auf, der ihm schräg gegenüber auf der Bank der schmalen Kajüte saß. Der Fremde stak in einem dicken, schweren Wintermantel; er hatte einen warmen Schal um den Hals geschlungen und seinen Hut tief in die Stirn gezogen. So saß er mit mürrischem Ausdruck auf seinem Platz und verfolgte unter den Augenbrauen hervor gespannt jede Bewegung der Hornblowers. Als Hornblower merkte, wie sich die verdrossene Neugier des alten Herrn plötzlich in fassungsloses Staunen verwandelte, blinzelte er ihm an Stelle einer Erklärung vielsagend zu. Er wollte dadurch bestimmt kein geheimes Einvernehmen mit dem anderen herbeiführen, ebenso fern lag ihm das hoffnungslose Unterfangen, den Eindruck zu erwecken, als ob es zu seinen täglichen Gewohnheiten gehöre, heiße Würste in die Tasche zu stecken. Ihm ging es nur darum zu verhindern, daß sich der alte Herr über seine seltsame Handlungsweise den Kopf zerbrach und am Ende eine Bemerkung darüber fallen ließ. Als nichts dergleichen geschah, widmete er sich der Aufgabe, den Erbsenbrei vollends aufzuessen.
»Du ißt viel zu schnell, Liebling«, sagte Maria, »das kann für deinen Magen unmöglich gut sein.«
Sie selbst kämpfte immer noch verzweifelt mit ihren Würsten.
»Ich habe solchen Hunger, daß ich ein ganzes Pferd aufessen könnte«, sagte Hornblower. »Jetzt mache ich mich über unsere Brote her, ganz gleich, ob sie trocken sind oder nicht.«
»Es freut mich, wenn es dir schmeckt«, sagte Maria, »ich will gleich …«
»Nein, nein, Liebling, bleib nur sitzen, das kann ich leicht selbst machen.«
Er holte den Proviantkorb hervor und öffnete ihn.
»Schmeckt wirklich ausgezeichnet«, bemerkte er und kaute mit vollen Backen Brot und Fleisch.
So machte er Minute für Minute wieder gut, was er im Lauf des Tages durch Vernachlässigung seiner Kavalierspflichten an Maria gesündigt hatte. Je größer die Mahlzeiten waren, die er vertilgte, je stärker der Appetit, den er entwickelte, desto besser gefiel er Maria. Allein die kleine Geste, daß er sich seine Brote selbst holte, ließ sie vor Freude aufstrahlen. Es war so einfach für ihn, sie glücklich zu machen, aber leider war sie auch allzuleicht verletzt.
»Es tut mir wirklich leid, daß ich tagsüber so wenig von dir hatte, Schatz«, sagte er. »Für mich war das bestimmt ein Opfer, aber wenn ich mich nicht um das Schiff gekümmert hätte, dann lägen wir jetzt immer noch vor dem Sapperton-Tunnel.«
»Ja, ja, mein Liebling«, sagte Maria.
»Ich hätte dir so gern ein bißchen die Gegend gezeigt, durch die wir fuhren«, sagte Hornblower und stellte dabei mit grimmiger Selbstverachtung fest, daß er jetzt zu heucheln begann, »aber ich nehme an, daß du sie auch ohne mich genossen hast.«