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Das Standardwerk zum Thema Traumafolgestörungen Umfassend: Diagnostik und Therapie des breiten Spektrums an Traumafolgestörungen Neu in der 2. Auflage: Durchgängige Aktualisierung auf ICD-11, neue Beiträge zu sexuellem Missbrauch im kirchlichen Kontext, zu Sozialrechtlichen Bedingungen der Opferhilfe und aus Perspektive von Betroffenen Erfahrungen von schwerer Gewalt und Vernachlässigung vor allem in Kindheit und Jugend können zu einer Vielzahl psychischer und psychosomatischer Symptome führen. Typische Folgen sind Probleme mit der Affektregulation, der Selbstakzeptanz, Scham- und Schuldgefühle sowie Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich. Nicht selten leiden Betroffene auch unter körperlichen Beschwerden ohne hinreichende organische Ursache. Auch Angststörungen, dissoziativen Störungen oder Suchterkrankungen gehören zu diesem breiten Spektrum der Beschwerden, die sich unter dem Begriff der komplexen Traumafolgestörungen zusammenfassen lassen. Die Vielzahl an gleichzeitig vorliegenden Symptomen und die hohe Beeinträchtigung der Patienten stellen eine Herausforderung für Diagnostik und Therapie dar. Dieses Standardwerk bietet eine umfassende und praxisorientierte Übersicht über die gesamte Bandbreite der Folgen schwerer und langdauernder Traumatisierungen und deren Behandlung. PsychotherapeutInnen, PsychiaterInnen und TraumatherapeutInnen erhalten somit ein wertvolles Instrument an die Hand, um komplexe Traumafolgestörungen sicher zu diagnostizieren und erfolgreich zu behandeln. In der zweiten aktualisierten Auflage wurden die Beiträge überarbeitet und auf den aktuellen Stand der Forschung aktualisiert sowie an die neue Diagnoseklassifikation WHO (ICD-11), angepasst, die jetzt auch die Diagnose Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung als eigenständige Diagnose einschließt. Das umfangreiche Standardwerk wurde um Beiträge zu Bedingungen und Folgen von sexuellem Missbrauch im kirchlichen Kontext sowie zu sozialrechtlichen Bedingungen der Opferhilfe und einem Beitrag aus Perspektive von Betroffenen ergänzt.
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Seitenzahl: 1487
Martin Sack | Ulrich Sachsse | Julia Schellong
Komplexe Traumafolgestörungen
Diagnostik und Behandlung von Folgen schwerer Gewalt und Vernachlässigung
2., aktualisierte und ergänzte Neuauflage
Unter Mitarbeit von
Barbara Abdallah-Steinkopff
Maria Belz
Melanie Büttner
Anne Dyer
Ruth Ebbinghaus
Lisa Fahrig
Claudia Fliß
Maria Monica Fuhrmann
Silke Birgitta Gahleitner
Stella Guldner
Thomas Hensel
Saskia Heyden
Eva Irle
Archontula Karameros
David Kindermann
Matthias Knefel
Leonhard Kratzer
Ilka Kraugmann
Claudia Lange
Christel Lüdecke
Helga Mattheß
Britta Menne
Gregor Mennicken
Jenny Mika
Christoph Nikendei
Bettina Overkamp
Ibrahim Özkan
Katharina Parisius
Günter Reich
Anja-Maria Reichel
Helmut Rießbeck
Kerstin Rießbeck
Ingo Schäfer
Rahel Schüepp
Alex Stern
Sybille Teunißen
Wibke Voigt
Godehard Weniger
Hjoerdis E. Wirth
Gustav Wirtz
Karen Wise
Florian Ziegler
Besonderer Hinweis:
Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollten bitte im allgemeinen Interesse dem Verlag mitgeteilt werden. Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische oder therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung.
In diesem Buch sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.
Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe
Schattauer
www.schattauer.de
© 2022 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Cover: Jutta Herden, Stuttgart
unter Verwendung einer Abbildung von Adobe Stock/Анатолий Еремин
Gesetzt von Eberl & Koesel Studio GmbH, Krugzell
Gedruckt und gebunden von Friedrich Pustet GmbH & Co. KG, Regensburg
ISBN 978-3-608-40141-7
E-Book ISBN 978-3-608-11885-8
PDF-E-Book ISBN 978-3-608-20571-8
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Anschriften
Herausgeberin und Herausgeber
Autorinnen und Autoren
Einleitung zur 2. Auflage 2022
Literatur
Einleitung zur 1. Auflage 2013
Literatur
I
Diagnostik
1 Neurobiologie komplexer Traumafolgestörungen
1.1 Einleitung
1.2 Posttraumatische Belastungsstörung
Hippocampus
Amygdala und andere Hirnregionen
Veränderungen neuronaler Aktivitätsmuster
Traumabezogene Symptom-Module und deren Einfluss auf das Gehirn
1.3 Dissoziative Störungen
Amygdala und Hippocampus
Neuronale Korrelate dissoziativer Reaktionen
1.4 Borderline-Persönlichkeitsstörung
Hippocampus
Amygdala
Veränderungen neuronaler Aktivitätsmuster
Parietale Kortizes
1.5 Depression
1.6 Bindungs- und Beziehungstraumatisierung
Literatur
2 Grundlagen der Diagnostik
2.1 Einleitung
2.2 Wichtige diagnostische Bereiche
2.3 Erheben der Traumaanamnese
2.4 Rahmenbedingungen der Diagnostik
2.5 Anforderungen an den Diagnostiker
2.6 Durchführung der Diagnostik
Literatur
3 Diagnostische Klassifikation von Traumafolgestörungen
3.1 Problemfeld der Klassifizierung der komplexen Traumafolgestörungen
Stressbezogene Erkrankungen in der Klassifikationseinordnung
3.2 Komplexe Traumafolgestörung nach ICD-11
3.3 Vorhergehende Einordnungsversuche des Phänomens komplexe Traumafolgestörungen
Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung ICD-10 F62
Typ I und Typ II Traumatisierung
Anführen mehrerer Diagnosen aus ICD-10
Borderline-Persönlichkeitsstörung »plus« PTBS
Entwicklungsstörung im Erwachsenenalter
Subtypisierung der PTBS nach Persönlichkeitsstörung mit Internalisierungs-/Externalisierungsmodell
Disorders of Extreme Stress Not Otherwise Specified
DESNOS nach DSM-IV
Komplexe dissoziative Störung (dissoziative Störung mit Fragmentierungssymptomen)
3.4 Unser Vorschlag zu einer erweiterten Klassifikation von Traumafolgestörungen und klinische Implikationen
Grad I – Klassische Traumafolgestörung ohne Komorbidität mit einer anderen psychischen Erkrankung
Grad II – Traumafolgestörung (incl. partielle) »plus« traumakompensatorischer Symptomatik
Grad III – Traumafolgestörung »plus« persönlichkeitsprägende Symptomatik
Grad IV – Traumafolgestörung »plus« komplexer dissoziativer Symptomatik
3.5 Zusammenfassung
Literatur
4 Befund und Diagnosestellung
4.1 Einleitung
4.2 Anamnese und Verhaltensbeobachtung
Körperlicher Befund
Psychischer Befund
Verhaltensanalyse (maladaptive Schemata)
Beziehungsebene (Übertragung und Gegenübertragung)
4.3 Abfassung von Befunden bzw. Attesten
Schweigepflicht und Weitergabe der Befunde an Dritte
Diagnostische Einordnung der Befunde
Benennung der Ursachen für die stationäre Aufnahme und ambulante Behandlung
Literatur
5 Instrumente zur strukturierten Diagnostik
5.1 Traumafolgestörung Grad I (»klassische« Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS))
Screening-Instrumente
5.1.2 Strukturierte und standardisierte Interviews
5.2 Traumafolgestörung Grad II (PTBS oder partielle PTBS »plus« traumakompensatorische Symptomatik)
Screening-Instrumente
Strukturierte und standardisierte Interviews
5.3 Traumafolgestörung Grad III (PTBS oder partielle PTBS »plus« persönlichkeitsprägende Symptomatik)
Screening-Instrumente/Selbstbeurteilungs-Instrumente
Strukturierte und standardisierte Interviews
5.4 Traumafolgestörung Grad IV (PTBS oder partielle PTBS »plus« komplexe dissoziative Symptomatik – meist KPTBS)
Screening-Instrumente
Strukturierte und standardisierte Interviews
5.5 Instrumente zur Erfassung von Traumatisierungen in Kindheit und Jugend
Childhood Trauma Questionnaire (CTQ)
Traumatic Experiences Questionnaire (TEC)
Adverse Childhood Experiences (ACE)
5.6 Instrumente zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung
5.7 Instrumente zu Symptom aufrechterhaltenden Bedingungen und sekundären Folgen im Sinne von Funktionsbeeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen der Lebensqualität
Inventar zur Erfassung Interpersonaler Probleme – deutsche Version (IIP-D)
World Health Organization Quality of Life (WHOQOL)
Global Assessment of Functioning (GAF)
Fragebogen zum Gesundheitszustand (SF-36)
5.8 Instrumente zur Ressourcendiagnostik
Bochumer Ressourcenfragebogen (RESO-B)
Berner Ressourceninventar zur Erfassung von Patientenressourcen aus der Fremdbeurteilungsperspektive (REF)
5.9 Instrumente zur Überprüfung des therapeutischen Prozesses
Berner Stundenbogen
Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens (VEV)
Literatur
6 Differenzialdiagnostik und Komorbidität komplexer Traumafolgestörungen
6.1 Einleitung
6.2 Was sind Traumafolgestörungen?
6.3 Diagnostik der spezifischen Traumafolgestörungen
Posttraumatische Belastungsstörung (ICD-11: 6B40)
Komplexe posttraumatische Belastungsstörung (ICD-11: 6B41)
Komorbidität aus Perspektive psychopathologischer Symptomnetzwerke
Literatur
7 Gutachterliche Diagnostik
7.1 Probleme in der aktuellen Begutachtungspraxis komplex Traumatisierter
7.2 Diagnostische Probleme in der Begutachtung komplexer Traumafolgestörungen
Beurteilung des Eingangskriteriums nach den Klassifikationssystemen (ICD, DSM)
Beurteilung des Verlaufes der Traumafolgestörungen, Latenzzeiten
Probleme mit der Abgrenzung von Vorschäden
Probleme mit der Einordnung komplexer Traumafolgestörungen in ICD und DSM
Zusammenfassung der diagnostischen Probleme in der aktuellen Begutachtungspraxis komplex Traumatisierter
7.3 Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben und Prüfung der Glaubwürdigkeit der Person
7.4 Voraussetzungen für die Begutachtung komplex Traumatisierter
Äußere Rahmenbedingungen, spezielle Kenntnisse und fachliche Qualifikation des Gutachters
Durchführung der Begutachtung
Angemessene Honorierung der Gutachter
Literatur
Weiterführende Literatur
8 Kultursensibles Vorgehen in der Diagnostik
8.1 Einleitung
8.2 Besondere Anforderungen bei Menschen mit Migrationsgeschichte
8.3 Psychometrische Verfahren
8.4 Fazit
Literatur
II
Therapie
9 Rahmenbedingungen, Therapiesetting und Vernetzung
9.1 Einleitung
9.2 Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards für die Behandlung
Empfehlungen
9.3 Therapiesetting
Behandlungsangebote und Behandlungsbedürfnisse
Traumafokussierte Psychotherapie als Krankenkassenleistung
Psychotherapeutenverfahren der Unfallversicherungsträger/Berufsgenossenschaften
Psychosomatische und Psychiatrische Institutsambulanzen (PsIA und PIA)
Qualitätssicherung und Risikomanagement
Fonds sexueller Missbrauch
9.4 Komplexe Traumafolgestörungen im Versorgungsnetzwerk
Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung
Fallführende Behandlung (Case-Management)
9.5 Fazit
Literatur
10 Zur Finanzierung Trauma zentrierter Psychotherapie für Patient:innen mit KPTBS
10.1 Einleitung
10.2 Ambulante Psychotherapie
(Intervall-)Therapie im Rahmen der Richtlinien-Psychotherapie
Kombination von Einzel- und Gruppentherapie
Einzelfallabsprachen mit den Krankenkassen
Soziales Entschädigungsrecht (SER) und Traumaambulanzen
Selbstzahlung
10.3 Stationäre Psychotherapie
Krisenintervention
Die Förderung selbststeuernder und selbstfürsorglicher Fähigkeiten von komplex traumatisierten Patient:innen auf Spezialstationen
Traumasynthese und Traumaintegration im stationären Rahmen
10.4 Teilstationäre Behandlung
10.5 Kostenübernahme für stationäre und teilstationäre Therapie
Literatur
11 Behandlungsvorbereitung
11.1 Aufklärung über Diagnose, Implikation und Prognose
Diagnosestellung nach innen
Diagnosestellung nach außen
Sozialmedizinische Implikationen
Prognose
11.2 Motivation und Behandlungsauftrag klären
Veränderungsmotivation
Rentenbegehren
Gerichtlich angeordnete Therapie (Therapieauflage)
Motivation wecken
Bereitschaft zur Selbstfürsorge
Fähigkeit zur Mentalisierung
11.3 Therapieplan erstellen
Vereinbarung von Therapiezielen
Differenzierte Zielformulierung
Transparenz von Therapiemethoden, Setting und Dauer
Aufklärung über potenziell unerwünschte Wirkungen in der Therapie
Konkretes Behandlungsangebot
Problem der Verschränkung von Diagnostik und Therapie
11.4 Differenzialindikationen
Komplexes Störungsbild, keine dissoziative Störung, Ressourcen ausreichend
Komplexes Störungsbild, keine dissoziative Störung, Ressourcen nicht ausreichend
Komplexes Störungsbild, dissoziative Störung, Ressourcen ausreichend
Komplexes Störungsbild, dissoziative Störung, Ressourcen nicht ausreichend
11.5 Arbeitsbündnis
Beziehungsproblematik Patient–Therapeut (Probleme im Außen)
Gefährdung der Arbeitsbeziehung Patient–Therapeut
11.6 Therapievertrag
Notfall
Regeln und Grenzen
Wartezeit
Literatur
12 Grundstrategien in der psychotherapeutischen Behandlung
12.1 Einleitung
Berücksichtigung der Grundbedürfnisse
Beachtung des Gegenwartbezugs
Mobilisierung von Ressourcen
12.2 Berücksichtigung spezifischer Aspekte in der therapeutischen Beziehungsgestaltung
Sicherheit und Kontrolle
Containment
Unterstützung und Strukturierung
Transparenz und Nachvollziehbarkeit
Vertrauen und Offenheit
Akzeptanz und Wertschätzung
Selbstfürsorge
Therapievereinbarungen
Störungswissen
Flexibilität und Timing
12.3 Ressourcenaktivierung und Aufbau von Kompetenzen
Entwicklung, Differenzierung und Förderung von Ressourcen
Psychoedukation
Sicherheitsnetz
Alltagsfunktionalität
Selbstfürsorge und ihre Bedeutung in der Therapie
Emotionale Regulation
Umgang mit Dissoziation – Distanzierungsmöglichkeiten
Reduktion selbstschädigender Verhaltensweisen
Förderung der Fähigkeit zur Mentalisierung
12.4 Bearbeiten der spezifischen Traumafolgesymptomatik
Förderung des Gegenwartsbezugs
Bearbeitung dysfunktionaler Kognitionen, Fehleinstellungen sowie emotionaler Verarbeitungsvorgänge
Narrativarbeit
12.5 Integration und Rehabilitation
Trauer- und Gefühlsarbeit
Anerkennung und Akzeptanz des Geschehenen
Äußere Faktoren und gesellschaftliche Anerkennung
Aktivierung psychosozialer Ressourcen
Entwickeln einer Zukunftsperspektive
Umgang mit Restproblematiken
Wertearbeit
Posttraumatic Growth
Reifungserfahrungen und Resilienz
Überschaubarkeit, Handhabbarkeit und Sinnorientierung
Gruppentherapie in der Abschlussphase der Behandlung
12.6 Differenzierung der Therapiebedürfnisse nach Art und Schwere der erfahrenen Traumatisierungen
Schwere Vernachlässigung in der Kindheit
Sexuelle Gewalterfahrungen
Körperliche Gewalt in der Kindheit
Kinder psychisch kranker Eltern
Bindungserfahrungen
12.7 Zusammenfassung
Literatur
13 Therapiemethoden und Behandlungstechniken
13.1 Einleitung
13.2 Vorrangig konfrontative Methoden zur Behandlung von Traumafolgesymptomen
13.3 Psychodynamische und imaginative Methoden
Psychodynamische Traumatherapie
Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT)
Katathym Imaginative Psychotraumatherapie (KIPT)
13.4 Narrative Methoden
Imagery Rescripting and Reprocessing Therapy (IRRT)
Imagery Rehearsal Therapy (IRT)
Narrative Expositionstherapie (NET)
Testimony Therapy (TT)
Life Review Therapy (LRT)
13.5 Hypnotherapeutische Methoden
Hypnotherapeutische Techniken zur Konfrontation in sensu
Ego-State-Therapie
Behandlung nach dem Modell der Strukturellen Dissoziation
Trauma Recapitulation with Imagination, Motion and Breath (TRIMB)
13.6 Techniken zur Ressourcenaktivierung und Stabilisierung
Training von Fertigkeiten
Imaginationsübungen
Achtsamkeitsbasierte Stabilisierungsübungen
Tiergestützte Psychotherapie
13.7 Kombinationen verschiedener Methoden
Brief Eclectic Psychotherapy (BEP)
Integration gestalttherapeutischer und traumatherapeutischer Therapieansätze
Emotionsfokussierte Traumatherapie (EFT)
Integrative Systemaufstellungen (ISA) in der Traumatherapie
Techniken Ressourcenfokussierter und Symbolhafter Traumabearbeitung (TRUST) mit Conflict Imagination and Bilateral Stimulation (CIPBS)
Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte Traumatherapie (KReST)
Traumaspezifisch adaptierte körperpsychotherapeutische Methoden
Traumaadaptiertes Yoga
Somatic Experiencing
Hakomi
Konzentrative Bewegungstherapie (KBT)
Pesso-Therapie
Andere körpertherapeutische Methoden
Entspannungsverfahren
13.8 Traumaadaptierte Behandlungskonzepte in Kunsttherapie, Tanztherapie und Musiktherapie
13.9 Potenziell problematische Behandlungsmethoden
Energetisch mobilisierende Methoden
Erlebnisaktivierende Methoden, verbunden mit intensiver körperlicher Berührung
In besonderem Maße regressionsfördernde Techniken
13.10 Ausblick
Literatur
14 Was ist nachteilig für die Behandlung und sollte vermieden werden?
Weiterführende Literatur
15 Pharmakologische Behandlungsansätze bei komplexen Traumafolgestörungen
Literatur
16 Evidenzbasierte Standards der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit komplexen Traumafolgestörungen
16.1 Einleitung
16.2 Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie
Empfehlungen der einzelnen Richtlinien und deren Begründung
Wirksamkeit bei komplex traumatisierten Kindern
16.3 Eye Movement Desensitization and Reprocessing
Empfehlungen der einzelnen Richtlinien und deren Begründung
Wirksamkeit bei komplex traumatisierten Kindern
16.4 Psychodynamische Verfahren
Wirksamkeit bei komplex traumatisierten Kindern
16.5 Schulbasierte Behandlungen für Kinder und Jugendliche
16.6 Sonstige Verfahren
16.7 Zusammenfassende Bemerkungen zu den vorgestellten Richtlinien
Literatur
17 Psychotherapie komplexer Traumafolgestörungen bei Kindern und Jugendlichen
17.1 Einleitung
17.2 Komplexe Traumafolgestörung im Kindes- und Jugendalter – Die Theorie
Die Erfahrungsgrundlage
Die Phänomenologie
Die Funktionalität der Symptomatik
Die Diagnostik
Die therapeutischen Ansätze
17.3 Die klinische Praxis
Die Psychotherapie mit dem Kind bzw. Jugendlichen
Bezugspersonenarbeit
17.4 Zusammenfassung
Literatur
18 Komplexe Traumafolgestörungen bei älteren Patientinnen und Patienten
18.1 Einleitung
18.2 Formen der Traumatisierung
Chronische Traumastörungen
Aktuelle bzw. chronische Traumafolgen
Verzögert auftretende Folgestörungen
18.3 Alt gewordene Überlebende des Holocaust
Transgenerationale Traumaweitergabe und transgenerationale Traumatisierung
18.4 Traumatisierende Folgen von Verfolgungsbedingungen in der ehemaligen DDR
18.5 Sexualisierte Gewalt in der Lebensgeschichte alter Frauen
18.6 Therapiebesonderheiten
18.7 Das »Problem der Übertragung« in der Behandlung alter Menschen
Literatur
19 Patientinnen und Patienten mit Behinderungen
19.1 Einleitung
19.2 Diagnostik bei Menschen mit Behinderungen und Komplextrauma
19.3 Körperbehinderungen
19.4 Sinnesbehinderungen
19.5 Intelligenzminderung
19.6 Mehrfachbehinderungen
19.7 Fazit
Literatur
20 Behandlung von Opfern organisierter Gewalt
Literatur
21 Psychotherapie bei noch bestehendem Täterkontakt
Literatur
22 Behandlung von Tätern mit komplexen Traumafolgestörungen
22.1 Täterverhalten als Folge komplexer Traumatisierungen
22.2 Komplex traumatisierte Straftäter
22.3 Behandlungsziele
22.4 Behandlungsmethoden
Traumatherapie
Kognitive Verhaltenstherapie
Psychodynamisch orientierte Therapien
Schematherapie
Gruppensetting
22.5 Besonderheiten bei der therapeutischen Arbeit mit komplex traumatisierten Tätern
Literatur
23 Komplexe Traumafolgestörungen und Borderline-Persönlichkeitsstörung
23.1 Einleitung
23.2 Borderline-Persönlichkeitsstörung und komplexe Traumafolgestörungen
23.3 Studienlage zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörung und Posttraumatischer Belastungsstörung
23.4 Therapieverfahren
Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)
Skills-Training zur affektiven und interpersonellen Regulation (STAIR) und Narrative Therapie (NT)
Cognitive Processing Therapy (CPT)
Psychodynamische Ansätze
Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)
Psychotherapie von Borderline-Persönlichkeitsstörung und Traumastörungen im Rahmen der Behandlung struktureller Dissoziation
23.5 Ausblick
Literatur
24 Dissoziative Störungen
24.1 Was ist eigentlich Dissoziation?
24.2 Dissoziation in der Diagnoseklassifikation ICD-11
24.3 Dissoziation bei akuter Belastungsstörung und »einfacher Posttraumatischer Belastungsstörung«
24.4 Prävalenz dissoziativer Störungen
24.5 Diagnostische Instrumente für dissoziative Symptome und Störungen
24.6 Phänomenologie dissoziativer Symptome und Differentialdiagnostik
24.7 Ätiologie, Pathogenese und Dissoziationsmodelle
24.8 Konsensusdefinition der International Society for the Study of Trauma and Dissociation
24.9 Behandlung dissoziativer Störungen
Literatur
25 Psychotherapeutische Behandlung traumatisierter geflüchteter Menschen
25.1 Einleitung
Überlegungen zur Diagnostik
25.2 Therapeutisches Vorgehen
Flüchtlingsspezifische Themen in der Traumatherapie
Kontextsensibilität als wichtige Kompetenz
Therapie in der Triade – Zusammenarbeit mit Dolmetscher:innen
Literatur
26 Traumafolgestörungen und psychosoziale Versorgung bei Geflüchteten in der frühen postmigratorischen Phase
26.1 Einführung
26.2 Prävalenzen psychischer Erkrankungen bei Geflüchteten
26.3 Komplexe posttraumatische Belastungsstörung bei Geflüchteten
26.4 Psychosoziale Maßnahmen in der frühen postmigratorischen Phase
26.5 Zugang zu Gesundheitsleistungen für Geflüchtete in Deutschland
26.6 Fazit und Ausblick
Literatur
27 Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Suchtproblemen
27.1 Einleitung
27.2 Zusammenhänge zwischen Traumatisierung und Sucht
27.3 Diagnostik und Behandlungsplanung
Die therapeutische Beziehung zwischen Akzeptanz und Veränderung
Anamneseerhebung
Behandlungsplanung
27.4 Stabilisierende Interventionen bei komplex Traumatisierten mit Suchtproblemen
Dialektisch-Behaviorale Therapie für Patientinnen und Patienten mit Suchterkrankungen (DBT-Sucht)
»Sicherheit finden«
Imagination
Umgang mit dissoziativen Zuständen
27.5 Traumasynthese
27.6 Zusammenfassung
Literatur
28 Essstörungen und komplexe Traumafolgestörungen
28.1 Einleitung
»Food addiction« und Traumatisierung
28.2 Traumatisierungen bei Essstörungen
Vermittelnde Faktoren zwischen Traumatisierungen und Essstörungen
Traumatisierungen bei Anorexie
Traumatisierungen bei Bulimie
Traumatisierungen bei Adipositas
Traumatisierungen bei Binge-Eating-Störung
28.3 Fazit
Literatur
29 Körperbeschwerden als Folge psychischer Traumatisierungen
Literatur
30 Sexualität in der Traumatherapie
30.1 Welche sexuellen Störungen und Probleme sind bei traumatisierten Menschen besonders häufig?
Posttraumatische Belastungsstörung
Dissoziation
Schmerzen beim Sex
Fehlende sexuelle Selbstfürsorge
Sexuelle Funktionsstörungen
Störung mit zwanghaftem Sexualverhalten (früher Hypersexualität, »Sexsucht«)
Probleme bezüglich der sexuellen Orientierung und des Geschlechtserlebens
Sexualdelinquenz
Sexuelle Probleme bei psychischen Erkrankungen
30.2 Soziokulturelle Einflüsse, um die man wissen sollte
30.3 Traumasensibel über Sexualität sprechen
30.4 Wie kann eine Therapie für Betroffene aussehen?
Personen ohne PTBS und Dissoziation
Personen mit PTBS und Dissoziation
30.5 Fazit
Literatur
31 Behandlung von Patientinnen und Patienten mit komplexen Traumafolgestörungen und psychotischen Erkrankungen
31.1 Einleitung
31.2 Diagnostik und Indikationsstellung
31.3 Psychotherapie
31.4 Pharmakotherapie
Literatur
32 Traumasensible psychiatrische Pflege
32.1 Einleitung
32.2 Das Pflegekonzept
32.3 Orientierungsphase
Beziehung
Sicherheit
Eindeutigkeit
32.4 Säulen traumasensibler psychiatrischer Pflege
Ruhe und Gelassenheit entwickeln
Imaginative Methoden
32.5 Traumabearbeitung/-verarbeitung
Literatur
33 Methodenintegration: Versuch einer Systematisierung für die KPTBS
33.1 Ausgangssituation
33.2 Welche Faktoren bestimmen die Methodenvielfalt?
33.3 Einzelne Schritte auf dem Weg zu »konzeptbasierter Methodenintegration«
Prozessmodell Methodenintegration von Küchenhoff
33.4 Positive Wirkungen konzeptbasierter Methodenintegration
33.5 Therapeutische Identität: Schlussfolgerungen und Ausblick
Literatur
III
Gesellschaft
34 Genderaspekte in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit komplexen Traumafolgestörungen
34.1 Einleitung
34.2 Gender Matters
34.3 Männliche und weibliche Wege der Traumaverarbeitung
Geschlechtsrollenextremisierung
Geschlechtsrollenüberschreitung
34.4 Gendersensible Diagnostik und Therapie
Diagnostik
Therapie
Literatur
35 Behandlung der Folgen von Gewalt und sexuellem Missbrauch in Institutionen
35.1 Einleitung
35.2 Besondere Bedingungen eines Heimaufenthaltes in der BRD von 1950–1970
35.3 Besondere Bedingungen eines Heimaufenthaltes in der DDR von 1950–1990
35.4 Potenziell schädigende Bedingungen im Rahmen institutioneller Erziehung
35.5 Sexueller Missbrauch in Institutionen und in Abhängigkeitsverhältnissen
35.6 Schädigungsfolgen
35.7 Bedarf an Hilfen und an psychotherapeutischer Behandlung
Staatliche und kirchliche Hilfsangebote
Literatur
36 Behandlung im System: Eine kritische Perspektive auf Normierungspraktiken der Versorgung Gewalterfahrener
36.1 Einleitung
36.2 Normierung und Fremdbestimmtheit bei Gewalterfahrung und Gewaltbetroffenheit
Normierung und Fremdbestimmtheit im Gesundheitssystem
36.3 Die Gemeinsamkeit der Erfahrungen
36.4 Handlungsspielräume
36.5 Fazit
Literatur
37 Das Schweigedilemma – Sexueller Missbrauch im Kontext der katholischen Kirche
37.1 Einleitung
37.2 Wozu schweigen?
37.3 Sexualisierte Gewalt durch Kleriker
37.4 Kirchenrecht
37.5 Strafrecht
37.6 Betroffenheit macht sprachlos
37.7 Therapie begleitet Aufarbeitung
37.8 Ausblick
Literatur
38 Das Soziale Entschädigungsrecht
38.1 Einführung
38.2 Berechtigte
38.3 Leistungsvoraussetzungen
38.4 Leistungen, insbesondere Schnelle Hilfen
38.5 Die Traumaambulanz
38.6 Ausblick
Literatur
Sachverzeichnis
Prof. Dr. med. Martin Sack
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Klinikum rechts der Isar der TU München
Langerstraße 3
81675 München
Prof. Dr. med. Ulrich Sachsse
Asklepios Fachklinikum Göttingen
Rosdorfer Weg 70
37081 Göttingen
Dr. med. Julia Schellong
Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden an der TU Dresden
Fetscherstraße 74
01307 Dresden
Dipl.-Psych. Barbara Abdallah-Steinkopff
REFUGIO München
Rosenheimer Straße 38
81669 München
Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Maria Belz
Kurze Straße 13A
37073 Göttingen
Dr. med. Melanie Büttner
Praxis für Sexual-, Psycho- und Traumatherapie
Clemensstraße 32
80803 München
www.melanie-buettner.de
Prof. Dr. rer. medic. Dipl.-Psych. Anne Dyer
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J 5
68159 Mannheim
Ruth Ebbinghaus
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
Kaiserstraße 8
97070 Würzburg
Lisa Fahrig
c/o Geschäftsstelle des Betroffenenrats
Büro der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
Glinkastraße 24
10117 Berlin
Dipl.-Psych. Claudia Fliß
Kirchhuchtinger Landstraße 172
28259 Bremen
Maria Monica Fuhrmann
Prof. Dr. phil. Silke Birgitta Gahleitner
Professur für Klinische Psychologie und Sozialarbeit
Arbeitsbereich Psychosoziale Diagnostik und Intervention
Alice Salomon Hochschule Berlin
Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Alice-Salomon-Platz 5
12627 Berlin
Dr. rer. soc. Stella Guldner
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J 5
68159 Mannheim
Dipl.-Psych. Thomas Hensel
Kinder Trauma Institut
Augustastraße 1
77654 Offenburg
Dipl.-Psych. Saskia Heyden
Psychologische Psychotherapeutin
Grimmstraße 1
80336 München
www.saskiaheyden.de
Prof. Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Eva Irle
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Schwerpunkt Psychopathologie und Neuropsychologie
Universitätsmedizin Göttingen
Von-Siebold-Straße 5
37075 Göttingen
Dipl.-Psych. Archontula Karameros
Praxis für Psychotraumatologie und Supervision
Fasanenstraße 48
10719 Berlin
Dr. med. David Kindermann
Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik
Thibautstrasse 4
69115 Heidelberg
Mag. phil. Dr. phil. Matthias Knefel, MSc
c/o Arbeitsgruppe Psychotraumatologie, Fakultät für Psychologie, Universität Wien
Wächtergasse 1
1010 Wien
Mag. rer. nat. Dr. rer. biol. hum. Leonhard Kratzer
c/o Klinik für Psychotraumatologie
Klinik St. Irmingard
Osternacher Straße 103
83209 Prien am Chiemsee
Ilka Kraugmann
c/o Geschäftsstelle des Betroffenenrats
Büro der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
Glinkastraße 24
10117 Berlin
Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Claudia Lange
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Schwerpunkt Psychopathologie und Neuropsychologie
Universitätsmedizin Göttingen
Von-Siebold-Straße 5
37075 Göttingen
Christel Lüdecke
Asklepios Fachklinikum Göttingen
Rosdorfer Weg 70N
37081 Göttingen
Dr. med. Dipl.-Phys. Helga Mattheß
Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Psychotraumatology Institute Europe (PIE)
Großenbaumer Allee 35a
47269 Duisburg
Dr. med. Britta Menne
Rehaklinik Glotterbad
Zentrum für ambulante psychosomatische Rehabilitation (ZAPR)
Gehrenstraße 10
79286 Glottertal
Dr. med. Gregor Mennicken
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Silberweg 2
01324 Dresden
Jenny Mika
REFUGIO München
Rosenheimer Straße 38
81669 München
Prof. Dr. med. Christoph Nikendei, MME
Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik
Thibautstrasse 4
69115 Heidelberg
Dr. phil. Dipl.-Psych. Bettina Overkamp
Abteilung Psychotraumatologie
Unfallkrankenhaus Berlin
Warener Straße 7
12683 Berlin
Dr. disc. pol. Dipl.-Psych. Ibrahim Özkan
Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen
Fachkrankenhäuser für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
Ulrich Venzlaff Straße 2
37081 Göttingen
Dipl. Psych. Dipl. Theol. Katharina Parisius
Eichenhang 16
34277 Fuldabrück bei Kassel
Prof. Dr. phil. Günter Reich
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Universitätsmedizin Göttingen
Humboldtallee 38
37073 Göttingen
Anja-Maria Reichel
Asklepios Fachklinikum Tiefenbrunn
Tiefenbrunn
37124 Rosdorf
Dr. med. Helmut Rießbeck
Psychotherapeutische Praxis
Häfnersgässchen 2
91126 Schwabach
Dipl.-Psych. Kerstin Rießbeck
Psychotherapeutische Praxis
Häfnersgässchen 2
91126 Schwabach
Prof. Dr. med. Ulrich Sachsse
Asklepios Fachklinikum Göttingen
Rosdorfer Weg 70
37081 Göttingen
Prof. Dr. med. Martin Sack
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Klinikum rechts der Isar der TU München
Langerstraße 3
81675 München
Prof. Dr. med. Ingo Schäfer, MPH
Klinik für Psychiatrie and Psychotherapie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Dr. med. Julia Schellong
Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden an der TU Dresden
Fetscherstraße 74
01307 Dresden
Dipl.-Psych. Rahel Schüepp
Praxis für Psychotherapie
Lange Straße 94
27711 Osterholz-Scharmbeck
Alex Stern
c/o Geschäftsstelle des Betroffenenrats
Büro der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
Glinkastraße 24
10117 Berlin
Sybille Teunißen
Praxis für Psychotherapie und Supervision
Albertstr. 49a
42289 Wuppertal
Dr. med. Wibke Voigt
Fachklinik St. Vitus
Ahlhorner Straße 32
49429 Visbek
PD Dr. med. Dipl.-Psych. Godehard Weniger
Psychiatrische Universitätsklinik Zürich
Lenggstrasse 31
Postfach 1931
8032 Zürich
Schweiz
Hjoerdis E. Wirth
c/o Geschäftsstelle des Betroffenenrats
Büro der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
Glinkastraße 24
10117 Berlin
Dr. med. Gustav Wirtz
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach GmbH
Guttmannstraße 1
76307 Karlsbad
Dipl.-Psych. Karen Wise
Osternachstraße 69
83209 Prien am Chiemsee
Dr. med. Florian Ziegler
Psychosomatische Klinik
Krankenhaus Ginsterhof
Metzendorfer Weg 21
21224 Rosengarten
Martin Sack, Julia Schellong, Ulrich Sachsse
Die Diagnose Traumatisierung bzw. Traumafolgestörung wurde noch vor 20 Jahren mit Skepsis aufgenommen. Damals wurde prophezeit, es handele sich um eine Mode-Diagnose, die nicht lange Bestand haben werde. Heute gibt es wenige Tage, an denen in den Medien nicht von »Traumata« die Rede ist. Forschungsergebnisse und Behandlungsmethoden der Traumatherapie haben die Psychotherapie und nicht zuletzt den gesellschaftlichen Diskurs über die Folgen von Gewalt und sexuellen Traumatisierungen nachhaltig belebt und geprägt. Die neurowissenschaftliche Forschung hat die Folgen von traumatischen Erfahrungen bis in die genetische und epigenetische Regulation untersucht. Inzwischen besteht Konsens darüber, dass kindliche Traumatisierungen, einschließlich schwerer Vernachlässigung der Hauptrisikofaktor für die Entstehung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen sind, und auch mit erheblichen körperlichen Gesundheitsstörungen einhergehen können. Die 1. Auflage dieses Buches 2013 liegt noch keine 10 Jahre zurück. Wir haben bewusst auch die Einleitung zur 1. Auflage belassen, um zu verdeutlichen, wie die geschichtliche Entwicklung des Konzeptes und der Diskussionsstand noch vor wenigen Jahren waren. Seitdem hat sich viel entwickelt. Fast alle Beiträge wurden deshalb grundlegend aktualisiert.
Aktueller Anlass für diese 2. Auflage ist das Erscheinen der neuen Version der Internationalen Diagnoseklassifikation der Weltgesundheitsorganisation, ICD-11. Bezüglich der Diagnostik von Traumafolgestörungen stellt diese einen echten Fortschritt dar. Den spezifischen stressbezogenen Störungen wurde ein eigenes Kapitel zugewiesen und die Diagnose komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS) neu in das Klassifikationssystem aufgenommen (Maercker et al. 2013). Traumafolgestörungen können hiermit angemessener diagnostiziert werden und demzufolge auch fundierter und entsprechend den Bedürfnissen des Störungsbilds behandelt werden. Zusätzlich befördert die Einführung der Diagnose KPTBS die Forschung zu komplexen Traumafolgestörungen ganz erheblich. Dies macht sich aktuell bereits deutlich bemerkbar. Die Anzahl der publizierten Studien zu KPTBS nimmt gegenwärtig erheblich zu. Die neue Diagnose Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung KPTBS erfasst gut Patienten und Patientinnen mit traumabedingten Bindungsstörungen/Persönlichkeitsstörungen/Selbst- und Beziehungsregulationsstörungen als auch jene mit einer chronifizierten Posttraumatischen Belastungsstörung. Die Überschneidung mit Persönlichkeitsstörungen ist erheblich und wirft die Frage auf, welche Diagnose künftig sinnvoller ist. KPTBS ist bei Erwachsenen, Adoleszenten und Kindern gleichermaßen ein stabiles Konstrukt. Zusammenhänge mit Dissoziativen Störungen und KPTBS sind nachgewiesen, genauso wie der erhöhte Behandlungsbedarf mit multimethodalem Ansatz. Das Konstrukt ist interkulturell bestätigt in verschiedensten Ländern und Kulturen, und zeigt sich auch bei Veteranen, und bei Geflüchteten als valide diagnostische Kategorie. Das alles ist im Sinne des Anliegens unseres Handbuchs eine sehr erfreuliche Entwicklung, die sicherlich in den nächsten Jahren auch ihren Niederschlag in der Weiterentwicklung und Validierung therapeutischer Behandlungskonzepte und nicht zuletzt familienbezogener und präventiver Konzepte finden wird. Wir wünschen uns, dass das nun in der 2. Auflage vorliegende, den komplexen Traumafolgestörungen gewidmete Buch therapeutisch tätigen Kollegen und Kolleginnen Überblick und Orientierung zum aktuellen Stand des Wissens bietet und darüber hinaus auch Anregung für weitere Entwicklungen im Verständnis und vor allem der Behandlung chronischer traumaassoziierter Erkrankungen geben kann.
Dass ein Beitrag Bestandteil dieses Buches ist, bedeutet nicht, dass alle Herausgebenden seinem Inhalt in allen Aspekten zustimmen. Das wäre bei unserer beruflichen Individualität und den jeweiligen unterschiedlichen Erfahrungsbereichen auch erstaunlich. Es bedeutet, dass wir übereinstimmend vertreten, dass dieses Kapitel ein Diskussionsbeitrag ist, der aus unserer Sicht für den Gesamtkontext relevant ist.
Das richtige Gendern der deutschen Sprache ist ein gesellschaftspolitischer Prozess, der unabgeschlossen ist. Sie werden im Buch mehrere Formen finden. In dieser Einleitung haben wir mit verschiedenen Möglichkeiten des Genderns gespielt. Hinzugefügt haben wir einige Kapitel aus dem Bereich Gesellschaft. Dennoch ist das Buch natürlich unvollständig. Es lassen sich leicht wichtige, eigentlich unverzichtbare Problembereiche finden, die fehlen. Wir erheben weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch auf überdauernde Richtigkeit. Dieses Buch ist eine Positionierung im aktuellen Diskurs, nicht mehr und nicht weniger.
Wie wird sich die Diskussion weiterentwickeln? Da schließen wir uns weiterhin Karl Valentin an: »Prognosen sind immer schwierig. Besonders dann, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen.«
Maercker, A. et al. (2013). Proposals for mental disorders specifically associated with stress in the International Classification of Diseases-11. The Lancet 381(9878), 1683–1685.
»Komplexe Traumafolgestörungen(1)«. Noch ein Konzept! Brauchen wir das?
Das vorliegende Buch ist das Ergebnis intensiver Diskussionen einer Arbeitsgruppe der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie zu Konzeptualisierung, Diagnostik und Behandlung von komplexen Traumafolgestörungen. Von Beginn an war deutlich, dass es nicht leicht sein würde, in Fragen wie etwa der diagnostischen Klassifikation oder von Behandlungsstandards Konsens zu erzielen. Entsprechend lag uns daran, die mit besonders schweren Traumatisierungen oder schwerer Vernachlässigung in der Kindheit einhergehenden klinischen Phänomene zu beschreiben und den aktuellen Wissensstand zur Behandlung möglichst umfassend darzustellen. Die Ergebnisse des konstruktiven und fruchtbaren Austausches sind nun in dieses Buch eingeflossen. Allen beteiligten Diskutanten, Autoren und Reviewern der Artikelentwürfe gilt unser herzlicher Dank für ihre engagierte Mitarbeit!
Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie arbeiten nach wie vor mit Konzepten, nicht mit naturwissenschaftlich belegten Tatsachen. Die Diagnose Fußpilz gehört zu einer anderen wissenschaftstheoretischen Kategorie als die Diagnose Amotivationales Syndrom. Daran haben auch immer validere Diagnose-Kriterien in ICD (International Classification of Diseases) oder DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) nichts geändert. Ein konkreter Patient wird trotz SKID in dem einen amerikanischen Behandlungs- und Forschungszentrum als Patient mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung(1), im zweiten als Patient mit einer Bipolaren Störung(1) diagnostiziert. In Deutschland wäre eine Patientin vor 50 Jahren mit dem Konzept der Grundstörung nach Michael Balint behandelt worden, vor 40 Jahren mit dem der Narzisstischen Störung(1) nach Heinz Kohut. Vor 30 Jahren wäre das Konzept Borderline-Persönlichkeitsstörung nach Otto F. Kernberg und Christa Rohde-Dachser richtig gewesen, gefolgt vor 20 Jahren vom Konzept der Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung (KPTBS) nach Judith Herman und Bessel van der Kolk. Vor zehn Jahren wäre das Konzept ADHS im Erwachsenenalter unverzichtbar gewesen, heute ist mit dem Konzept Hochbegabung mit leichtem Asperger-Syndrom zu arbeiten. Psychotherapeuten behandeln mit Entstehungs- und Wirksamkeitsmythen (Frank 1987; Hermer & Röhrle 2008). Wenn ihr Wirksamkeitsmythos therapeutisch hilfreich war, schließen sie daraus, dass er auch im naturwissenschaftlichen Sinne richtig war. Wer heilt, hat recht.
Die kontinuierliche Neuschöpfung von Konzepten und Theorien ist geboten, solange sich ein Konstrukt nicht langfristig als besonders aussagefähig und ausreichend herausgestellt hat. Depression ist ein solches Konzept. Doch halt – heute heißt das Burnout(1). Burnout darf man haben, Depression nicht. Auch hier: neue Konzepte! Ein Entwicklungsanreiz für neue Konzepte besteht darin, dass das alte inzwischen zu kränkend, zu abwertend konnotiert ist. Hysterie etwa geht gar nicht mehr.
Neue Konzepte bilden sich insbesondere, wenn die alten therapeutisch nicht genug helfen, wenn also die Therapiefortschritte auf der Grundlage des alten Konzeptes unbefriedigend sind, »noch Luft nach oben« lassen, wie es aktuell gerne formuliert wird. Unsere aktuelle politische und gesellschaftliche Sprache beinhaltet eine kontinuierliche Kreation von Euphemismen.
Das Konzept Trauma ist so gesehen schon recht betagt. Die Auswirkungen von Kriegstraumata(1) wurden schon von Homer in der Ilias genau beschrieben, wenn es um die »Mänis« des schwer traumatisierten achäischen Eliteoffiziers Achill geht. Shakespeare hat mehrere Gestalten mit klarer Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS)(1) geschaffen: das Ehepaar Macbeth, Richard III. und Hamlet jr. etwa. Folgen traumatisierender Arbeitsunfälle(1) durch die Industrialisierung wurden schon im 19. Jahrhundert unter den Begriffen »Railway Spine« und »Railway Brain« konzeptualisiert. Den französischen und österreichischen Forschern Jean-Martin Charcot, Pierre Janet und Sigmund Freud war die Traumagenese vieler »hysterischer« – heute würden wir sagen: psychosomatischer und psychoneurotischer – Symptombildungen durch sexuellen Kindesmissbrauch(1)(1)bekannt. Die Auseinandersetzungen mit den Kriegsneurosen des Ersten Weltkrieges blieben für die allgemeine Psychotherapie und Psychiatrie relativ konsequenzenlos.
In den 1960er Jahren musste die damals gültige psychiatrische Lehrmeinung, ein gesunder Mensch sei jeder seelischen Traumatisierung gewachsen, ohne einen bleibenden Schaden davonzutragen, mühsam widerlegt werden, um den Holocaust-Überlebenden(1) gerecht zu werden (Venzlaff 1958). Im Rahmen dieser Diskussion wurde auch deutlich, dass es Menschen gibt, die als Kinder oder Erwachsene nie Opfer einer schweren Traumatisierung im engeren Sinne geworden waren, aber vergleichbare Symptombilder entwickelt hatten. Denen ging es sehr schlecht und sie berichteten von langjährig unguten Entwicklungsbedingungen in ihrer Kindheit. Die Londoner Schule der Psychoanalyse widmete sich der Behandlung solcher Bindungstraumata(1) und Masud Khan formulierte den Begriff der »kumulativen Traumatisierung(1)« durch schädigende Bindungserfahrungen. Dieses Konzept kann als ein Vorläufer des Konzeptes der Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung(1) (KPTBS) verstanden werden (Furst 1967).
In den 1980er und 1990er Jahren wurden Studien veröffentlicht, die einen empirischen Zusammenhang zwischen psychotherapeutisch oder psychiatrisch behandlungsbedürftigen Störungen im Erwachsenenalter und Kindheitstraumata belegten. Obwohl diese Ergebnisse uneinheitlich sind, zeigen sie doch einen Trend auf: einen Anstieg der Häufigkeit von psychiatrischen(1) Störungsbildern im Vergleich zu den nicht-klinischen Kollektiven, was in einigen Studien mit ambulanten und stationären Gruppen von Patientinnen bzw. Patienten bis zu einer Verdoppelung der Zahl der Missbrauchsopfer(1) führt (Sachsse et al. 1997). Von Anfang an galt neben der Gruppe der Suchtkrankheiten (Lüdecke et al. 2010) und der Psychosomatosen(1) ein besonderes Interesse den Persönlichkeitsstörungen(1) und hier vor allem der Borderline-Persönlichkeitsstörung(2) (Dulz et al. 2011). Die Prävalenz steigt, ausgehend von derjenigen in der Allgemeinbevölkerung, mit zunehmender Schwere der klinischen Störung graduell an. Außerdem wurde bald deutlich, dass es ein Unterschied ist, ob jemand einmal im Alter von 22 Jahren vergewaltigt wurde oder ob es im Alter zwischen acht und 14 Jahren zweimal pro Woche zu Vergewaltigungen durch einen nahen Familienangehörigen gekommen war. So unterschied die amerikanische Trauma- und Gedächtnisforscherin Lenore Terr (1994) das Typ-I-Trauma(1) (Monotrauma) vom Typ-II-Trauma(1) (wiederholte Traumatisierung im Rahmen eines nahen Beziehungsgefüges).
Im Jahr 1976 veröffentlichte die amerikanische Traumaforscherin Judith Herman ein für die Behandlung schwerer traumainduzierter Störungsbilder(1) wegweisendes Buch mit dem deutschen Titel Die Narben der Gewalt (Herman 1994). Herman entwickelte in ihrem Buch eine Systematisierung der Folgen von Traumatisierungen durch sexuellen Missbrauch, Vernachlässigung und Misshandlung in der Kindheit. Sie schlug die Bezeichnung »Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung« (KPTBS; Herman 1992) für ein charakteristisches Syndrom nach chronischen Traumatisierungen vor:
Störungen der Affektregulation(1)
dissoziative Symptome(1)
Störungen der Selbstwahrnehmung(1)
Störungen der Sexualität(1) und Beziehungsgestaltung(1)
somatoforme Körperbeschwerden(1)
Veränderungen persönlicher Glaubens- und Wertvorstellungen(1)
Bemerkenswerterweise, aber klinisch richtig, gehört zu den Kriterien der Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung(2) nicht die für die Posttraumatische Belastungsstörung typische intrusive Symptomatik, da sie hier durchaus nicht immer festzustellen ist. Vielmehr sind viele Symptome der Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung geeignet, Intrusionen(1)(1)(1)(1)(1) und Übererregung suffizient zu verhindern. Sie bildet sich aus, um die belastende Symptomatik einer Posttraumatischen Belastungsstörung mit Intrusionen, Flashbacks, Übererregung und Realitätsverlust möglichst weitgehend einzuschränken oder sogar zu verhindern. Dies kann sich bei der Behandlung einer Suchterkrankung bemerkbar machen, wenn im Entzug intrusive Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung manifest werden und einen Behandlungsabbruch bedingen können. Bei der Behandlung einer Agoraphobie(1) bessert sich diese vielleicht zunächst, es tauchen dann aber intrusive Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung(1) auf, die nunmehr suffizient behandelt werden müssen.
Die Vielfalt der Beschwerden, an denen Patienten mit Komplexer Posttraumatischer Belastungsstörung(1) leiden, erschließt sich dem Verständnis erst dann, wenn man die Symptomatik als Anpassungsstrategie und kompensatorische Bewältigung von zugrunde liegenden Regulationsdefiziten begreift, die Folge sowohl einzelner Traumatisierungen als auch traumatischer Beziehungserfahrungen sind (van der Kolk et al. 1996). Aus der Perspektive von Betroffenen erscheint die Umwelt aufgrund von traumatischen Erfahrungen oft als unsicher und durch nicht vorhersehbare Gefahren gekennzeichnet. Hinzu kommt ein fehlendes Gefühl von Kompetenz und Selbstsicherheit, vermittelt durch die Erfahrung, dass nicht nur die Umwelt unberechenbar ist, sondern auch die eigenen Impulse und Affekte schwer steuerbar und beherrschbar sind. Meist erleben sich Patienten den Intrusionen und Albträumen in einer sehr quälenden Weise ausgeliefert. In Anpassung an diese (1)selbstregulatorischen Defizite aufgrund wiederholter negativer Beziehungserfahrungen entwickeln sich in zunehmendem Maße Misstrauen, Ängste, Rückzugsverhalten sowie Kontakt- und Beziehungsschwierigkeiten. Diese Symptomatik erreicht schließlich ein so großes Ausmaß und betrifft so viele Lebensbereiche, dass sie als schwere psychische Erkrankung mit dem Rang einer Persönlichkeitsstörung in Erscheinung treten kann, z. B. einer Borderline-Persönlichkeitsstörung(3) (BPS).
Herman (1992) stellte zeitweise zur Diskussion, dass jede Borderline-Persönlichkeitsstörung im Grunde eine Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung sei. Das Konzept der Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung(1) wurde in Vorbereitung der DSM-IV-Klassifikation durch eine Expertengruppe um Herman und van der Kolk weiter ausgearbeitet. Die Arbeitsgruppe empfahl unter Berufung auf Ergebnisse einer Feldstudie mit über 500 Patienten mit traumabedingten Störungen (van der Kolk et al. 1996), die Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung unter dem Akronym DESNOS (Disorders of Extreme Stress Not Otherwise Specified) als diagnostische(1) Kategorie anstelle der Kategorie Borderline-Persönlichkeitsstörung ins DSM-IV aufzunehmen. Die Kategorie DESNOS erhielt schließlich für Forschungszwecke den Rang eines zusätzlichen klinischen Beschreibungsmerkmals der Posttraumatischen Belastungsstörung. Die Bezeichnung DESNOS wird im amerikanischen Sprachraum synonym mit dem Begriff Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung verwandt (Sack 2004).
Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung(1)(1) schildern häufig eine Vorgeschichte körperlicher, psychischer oder sexueller Traumatisierungen. Inzwischen häufen sich Befunde, die von Prävalenzraten von über 50 % bis hin zu 80 % für schwere kindliche Traumatisierungen(1) bei Borderline-Patienten berichten (Sachsse et al. 1997; Zanarini et al. 2002). Gleichzeitig wird von kompetenter Seite betont, dass die Rolle von Traumatisierungen in der Genese von Borderline-Persönlichkeitsstörungen wichtig ist, aber weder eine notwendige noch hinreichende ätiologische Bedingung darstellt (Dulz et al. 2011). Die Diskussion darüber, ob Borderline-Störungen komplexe Traumafolgestörungen sind, hängt ganz davon ab, wie der Begriff Trauma definiert und verstanden wird. Zweifelsfrei ist nicht jede Borderline-Persönlichkeitsstörung eine Traumafolgestörung, wenn die Traumadefinitionen des DSM und der ICD zugrunde gelegt werden. Ein Mensch kann eine klinisch gravierende Borderline-Persönlichkeitsstörung(1) entwickeln, ohne als Kind oder Jugendlicher ein einziges Mal vergewaltigt oder durch körperliche Gewalt traumatisiert worden zu sein. Wenn allerdings die schweren Bindungs- und Beziehungsschädigungen einbezogen werden, ist jede Borderline-Persönlichkeitsstörung eine Traumafolgestörung(1). Entwicklungstraumatisierungen (engl.: relational traumata) in (1)Form von schwerer Vernachlässigung (Schore 2001) oder wiederholter psychischer Gewalt – etwa durch massive Abwertungen und Morddrohungen –, die an Kindern begangen werden, sind in den Traumakriterien nach DSM-IV und ICD-10 nicht explizit enthalten, obwohl Patienten mit den entsprechenden Folgen einen großen Teil der hilfesuchenden Patienten in der psychotherapeutischen Praxis ausmachen. Dies legt nahe, die Definition von Traumatisierungen um kindliche Erfahrungen von psychischer Gewalt und Vernachlässigung zu erweitern, wie vor einigen Jahrzehnten schon in der Psychoanalyse beispielsweise der Londoner Schule (Furst 1967), die bei repetitiven Bindungsschädigungen von »kumulativem Trauma(2)« gesprochen hat. Das erhebliche Schädigungspotenzial von physischer Gewalt, Vernachlässigung(1) und konstanter emotionaler Invalidierung(1) wird durch eine Vielzahl neurobiologischer Befunde bestätigt, die belegen, welche umfangreichen Schäden Traumatisierungen durch Beziehungspersonen im Gehirn des Kindes hinterlassen; solche frühen Schädigungen sind auch auf der neurobiologischen Untersuchungsebene bis ins Erwachsenenalter nachweisbar (Schore 2001).
Andererseits wird der Begriff Trauma durch diese Ausweitung kaum noch operationalisierbar; er wird zu einem Synonym für »unverarbeitet, nicht zu bewältigen, nicht integrierbar, besonders schlimm, besonders leidvoll«. Der Mangel an Trennschärfe und die Probleme bei der Begriffsverwendung werden dadurch verstärkt, dass es inzwischen neben dem Begriff der »Entwicklungstraumatisierung« noch den des »Beziehungstraumas(1)« gibt, etwa für Mobbing oder sehr belastende Partnerschaften, sowie den Begriff der »Entwicklungstraumastörung(2)«, der für komplexe traumatisierende Einflüsse besonders in der Pubertät und Adoleszenz Anwendung findet.
Empirisch und von der Klinik der Symptombildungen her liegt es also nahe, bei einer Persönlichkeitsstörung, insbesondere einer Borderline-Persönlichkeitsstörung(1), aber auch bei einer Suchtkrankheit(1), einer schweren Depression(1), einer schweren Somatisierungsstörung(1) oder einem Schmerzsyndrom sowie bei allen dissoziativen Störungen(1) zu überprüfen, ob es sich um eine Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung handeln könnte.
Die Wiederentdeckung des Traumas als psychodynamisch wirksames Ereignis war ein wichtiger Impuls für Forschung und Therapie (Sachsse 2004; Sack 2010). Wenn der Überschneidungsbereich der Störungsbilder Borderline-Persönlichkeitsstörung und Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung – einschließlich komplexer dissoziativer Störungen – so groß ist, liegt es nahe, beide Diagnosen als Ausprägungen einer gemeinsamen, durch Entwicklungstraumatisierungen(3) ausgelösten Grundproblematik zu fassen. Diesen Vorschlag machen Miller und Resick (2007), die bei sexuell traumatisierten Frauen und bei Kriegsveteranen zwei Typen posttraumatischer Symptomatik in Form externalisierender und internalisierender Symptome(1)(1) fanden. Externalisierende Symptome sind durch Impulsivität, Substanzmissbrauch und Züge einer Cluster-B-Persönlichkeitsstörung(1) charakterisiert. Internalisierende Symptome entsprechen depressiven Reaktionen, Selbstverletzungen, dissoziativen Symptomen sowie ängstlichem Vermeidungsverhalten(1) und sozialem Rückzug. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wäre demnach als externalisierender Typus einer komplexen Traumafolgestörung zu verstehen, während die von Herman (1994) vorgeschlagene Diagnose Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung der internalisierenden Ausprägung einer Traumafolgestörung entspricht. Das Konzept einer komplexen Traumafolgestörung mit externalisierenden und internalisierenden Ausprägungen deckt sich gut mit der klinischen Beobachtung, dass es Mischformen zwischen den beiden Extrempolen der Symptomausprägung gibt und dass sich internalisierende und externalisierende Symptomatik beim gleichen Patienten zeitlich abwechseln können. Dies ist typischerweise dann zu beobachten, wenn auch erhebliche dissoziative Symptome vorliegen. Konsequenterweise wird derzeit die Strategie verfolgt, die Diagnose einer Entwicklungstraumafolgestörung (Developmental Trauma Disorder), die (1)sowohl externalisierende als auch internalisierende und dissoziative Symptome umfasst, in das Kinder-Jugend-Kapitel des DSM-5 einzuführen.
Machen wir hier mal eine Zwischenbilanz:
Neben der klar definierten akuten Posttraumatischen Belastungsstörung nach Typ-I- und Typ-II-Trauma(2) haben (2)wir die chronifizierte Posttraumatische Belastungsstörung mit persistierender intrusiver Symptomatik(2), aber oft auch mit Depressionen als konstriktiver Leit-Symptomatik (Kessler et al. 1995). Darum empfiehlt sich das Konzept der Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung, das gerade auch jene Symptombildungen umfasst, die als Bewältigungs- und Anpassungsstrategien gegen die permanenten Intrusionen der Posttraumatischen Belastungsstörung zu verstehen sind. Das Konzept Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung steht in Konkurrenz zum Konzept Borderline-Persönlichkeitsstörung. Borderline-Persönlichkeitsstörung ist nur dann eine Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung, wenn Bindungs- und Entwicklungstraumata ebenfalls als Traumatisierungen verstanden werden. Das leitet über zur Entwicklungstraumafolgestörung (Developmental Trauma Disorder) als Nachfolgekonzept der DESNOS (Disorders of Extreme Stress Not Otherwise Specified), aber(2) auch zur Beziehungstraumatisierung etwa durch Mobbing oder Scheidungskrieg. Vor diesem Hintergrund wäre auch möglich zu formulieren, ein Patient hätte in Kindheit und Jugend eine erhebliche Verwöhnungs-Traumatisierung erlitten. Nun ja. Alles Trauma – oder was?
In diesem Buch stellen wir uns dieser verwirrenden Begriffs- und Konzept-Vielfalt. Wir haben nicht die Hoffnung, alle Widersprüche aufzulösen, aber wir wollen sie zur Diskussion stellen und den Leserinnen und Lesern ermöglichen, sich selbst fundiert zu positionieren. Insofern ist »Komplexe Traumafolgestörungen« kein neues Konzept, sondern eher ein vorläufiger Begriff, der die Offenheit der aktuellen Diskussion beinhaltet.
Wie wird sich diese Diskussion weiterentwickeln? Da schließen wir uns Karl Valentin an: »Prognosen sind immer schwierig. Besonders dann, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen.«
Dulz, B. S. et al. (2011). Handbuch der Borderline-Störungen. 2. Aufl. Stuttgart: Schattauer.
Frank, J. D. (1987). Die Heiler. München: dtv.
Furst, S. S. (1967). Psychic Trauma. New York, London: Basic Books.
Herman, J. L. (1992). Complex PTSD: a syndrome in survivors of prolonged and repeated trauma. J Trauma Stress; 5: 377–91.
Herman, J. L. (1994). Die Narben der Gewalt. Traumatische Erfahrungen verstehen und überwinden. München: Kindler.
Hermer, M., Röhrle, B. (2008). Therapeutische Beziehungen: Geschichte, Entwicklungen und Befunde. Handbuch der therapeutischen Beziehung. Band 1: Allg. Teil. Tübingen: dgvt; 15–105.
Kessler, R. C et al. (1995). Posttraumatic stress disorder in the National Comorbidity Survey. Arch Gen Psychiatry; 52(12): 1048–60.
Lüdecke, C. et al. (2010). Sucht – Bindung – Trauma. Psychotherapie von Sucht und Traumafolgen im neurobiologischen Kontext. Stuttgart: Schattauer.
Miller, M. W, Resick, P. A. (2007). Internalizing and externalizing subtypes in female sexual assault survivors: implications for the understanding of complex PTSD. Behav Ther; 38(1): 58–71.
Sachsse, U. (2004). Traumazentierte Psychotherapie. Stuttgart: Schattauer.
Sachsse, U. et al. (1997). Vom Kindheitstrauma zur schweren Persönlichkeitsstörung. Fundamenta Psychiatrica; 11(1): 12–20.
Sack, M. (2004). Diagnostische und klinische Aspekte der komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung. Nervenarzt; 75: 451–9.
Sack, M. (2010). Schonende Traumatherapie – Ressourcenorientierte Behandlung von Traumafolgestörungen. Stuttgart: Schattauer.
Schore, A. N. (2001). The effects of early relational trauma on right brain development, affect regulation, and infant mental health. Inf Ment Health J; 22: 201–69.
Terr, L. (1994). Unchained Memories. New York: Basic Books/Harper Collins.
van der Kolk, B. A et al. (1996). Dissociation, somatization, and affect dysregulation: the complexity of adaptation to trauma. Am J Psychiatry; 153: 83–93.
Venzlaff, U. (1958). Die psychoreaktiven Störungen nach entschädigungspflichtigen Ereignissen. Berlin: Springer.
Zanarini, M. C et al. (2002). Severity of reported childhood sexual abuse and its relationship to severity of Borderline psychopathology and psychosocial impairment among Borderline inpatients. J Nerv Ment Dis; 190: 381–7.
I
Eva Irle, Claudia Lange, Ulrich Sachsse, Godehard Weniger
Seit mehr als einer Dekade ist der schädliche (1)(1)(1)Einfluss stressbezogener menschlicher Interaktionen sowie von Traumata auf Struktur und Funktion des menschlichen Gehirns bekannt – sowohl bei den Fachleuten für Psychotraumatologie als auch in Teilen der interessierten Allgemeinbevölkerung. Bei genauerer Betrachtung aus neurowissenschaftlicher und psychologischer Perspektive mutet dieser Zeitpunkt jedoch ziemlich verspätet an. Das mag daran liegen, dass der Gedanke »Gehirn einerseits und Verhalten bzw. Umwelt andererseits beeinflussen sich wechselseitig« mit einem Weltbild kollidiert, das sich aus Descartes’ Lehre der Dualität von Körper und Geist (und damit deren Unabhängigkeit voneinander) herleitet.
In der Tat wurden etwa die schädlichen Effekte einer frühkindlichen sozialen Deprivation(1), beispielsweise in Waisenhäusern, von Psychiatern und Entwicklungspsychologen schon Mitte des letzen Jahrhunderts sehr akribisch beschrieben (»Hospitalismus(1)«; z. B. Spitz 1945). Auch das »Battered Child Syndrome(1)« ist lange bekannt. Der amerikanische Psychologe Harry Harlow führte Verhaltensexperimente an Rhesusaffen durch (Harlow et al. 1965). Die Affen wurden nach ihrer Geburt für bis zu ein Jahr in völliger sozialer Isolation gehalten, ohne jeglichen Kontakt zu Menschen bzw. anderen Affen oder Tieren, was zu einem praktisch kompletten Verlust aller sozialen Verhaltensweisen bei erstaunlich normaler intellektueller Entwicklung führte. Nach der Geburt isolierte Affenweibchen, die im Erwachsenenalter inseminiert wurden (motherless mothers), ignorierten, (1)quälten oder töteten ihre Babys (Harlow & Suomi 1971).
Harlows Experimente waren ein bedeutender Wegweiser für das in der Folge zur Blüte gelangende Forschungsgebiet der sogenannten environmental plasticity.(1) Neurowissenschaftler untersuchten tierexperimentell, welche Konsequenzen eine ärmliche oder aber eine reichhaltige Umwelt(1) (sog. enriched environment) auf Verhalten(1) und Gehirn von Tieren hat (Renner & Rosenzweig 1987). Generell ist unter neuronaler Plastizität(1) alles zu verstehen, was sich im Gehirn als Reaktion auf Umwelt- oder internale Reize (beispielsweise während der Reifung) ändern kann und muss. Umweltreize können für den Organismus gut oder schlecht sein, das gleiche trifft auch auf die Reaktionen des Gehirns zu. Für den Organismus gute Einflüsse können günstige (a), aber auch schädliche (b) Reaktionen des Gehirns hervorrufen. Für den Organismus schlechte Einflüsse können schädliche (c), aber auch günstige (d) Reaktionen des Gehirns auslösen.
Hier jeweils ein Beispiel für die vier Alternativen:
(a) und (b). Intensives und ausdauerndes Üben eines Musikinstrumentes führt zu einer enormen Ausdifferenzierung und Befähigung der beteiligten motorischen und somatosensorischen Kortexareale, weit über das normale Maß hinausgehend. Dies hatten Fachleute schon früher aufgrund tierexperimenteller Befunde zu motorischem Lernen(1) vermutet. Vielen imponierte auch die deutlich größere Greifhand des virtuosen Jahrhundert-Geigers Yehudi Menuhin: Das musste doch seine Entsprechung im Gehirn haben! Leider aber verursacht intensives und ausdauerndes Üben eines Musikinstrumentes vornehmlich bei Berufsmusikern gar nicht so selten auch schädliche Reaktionen dieser Kortexareale, nämlich sogenannte Dystonien (Bewegungsstörungen), die im Extremfall sogar bis zur Berufsunfähigkeit führen können (Spahn et al. 2010).
(c) und (d). Schwere Hirntraumata(1) beispielsweise zerstören natürlich unwiderruflich Nervengewebe. Das Gehirn versucht sich dann selbst zu helfen, manchmal mit Erfolg: Nicht von der Schädigung betroffene Hirnareale können bis zu einem gewissen Maß lernen, die Funktion von zerstörten Hirnarealen zu übernehmen, oder durch Aussprossen von Synapsen neue Kontakte zu schaffen. Leider ist die Aussprossung von Synapsen häufig aber auch kontraproduktiv und führt zu zusätzlichen Symptomen, die sich nicht allein aus der primären Schädigung ableiten lassen (z. B. zu einer Spastik, also einer erhöhten Eigenspannung der Skelettmuskulatur).
Das heißt, dass nichts selbstverständlich und fast alles möglich ist und präzise erforscht werden muss. Dies ist umso wichtiger in den Bereichen, in denen es um die Anwendung von Forschung geht, also auch für den Bereich der Therapie von Patientinnen und Patienten mit komplexen Traumafolgestörungen.
Im Folgenden soll erläutert werden, wie sich traumatische Ereignisse auf Gehirn und Verhalten von Menschen auswirken können.
Vor etwa 20 Jahren veröffentlichten (1)(1)Bremner et al. Befunde zu Veränderungen im Gehirn von Vietnam-Veteranen mit chronifizierter Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS; Bremner et al. 1995). Der Hippocampus, eine für Gedächtnis und Emotion wichtige Hirnregion im Schläfenlappen (→ Abb. 1-1), war bei diesen Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden signifikant verkleinert. Ein ähnlicher Befund ergab sich bei Frauen, welche in der Kindheit sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren und ebenfalls eine langjährige Symptomatik einer Posttraumatischen Belastungsstörung(1)(1) aufwiesen (Bremner et al. 1997). In der Folge erschien eine Vielzahl von weiteren Studien, welche die Ergebnisse der Gruppe um Bremner weitgehend bestätigten (für eine Zusammenfassung s. Karl et al. 2006). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass das Ausmaß der hippocampalen Volumenreduktion mit Stärke und zeitlicher Dauer der Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung korreliert (Bremner et al. 1995, 1997; Gilbertson et al. 2002; Gurvits et al. 1996; Irle et al. 2005; Weniger et al. 2008; für einen Überblick s. Karl et al. 2006). Personen mit chronifizierter Posttraumatischer Belastungsstörung(1)(1) leiden auch unter deutlichen Gedächtnisproblemen (Bremner et al. 1995, 1997; Gurvits et al. 1996; Irle et al. 2005; Weniger et al. 2008; Winter & Irle 2004). Auch hier ist das Ausmaß der Hippocampus-Volumenreduktion mit dem der Gedächtnisprobleme assoziiert (Irle et al. 2005; Weniger et al. 2008).
Zahlreiche Forschungsgruppen interpretieren diese Daten dahingehend, dass der chronische Stress der Symptomatik einer Posttraumatischen Belastungsstörung(2) den Hippocampus schädigt (Glukokortikoid-Kaskaden-Hypothese(1); Sapolsky et al. 1986; → Abb. 1-2). Möglich ist, dass der chronische Stress einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu einer dauerhaft erhöhten Glukokortikoid-Ausschüttung führt, welche insbesondere im Hippocampus mit seinen zahlreichen Rezeptoren neurotoxisch wirkt. Tierexperimentelle Studien konnten zeigen, dass extremer und lang anhaltender Stress durch ranghöhere Individuen, denen ein unterlegenes Tier nicht ausweichen kann, zu reduzierten Hippocampus-Volumina führt (Sapolsky et al. 1990). Dies legt nahe, dass die Möglichkeit, die Stressreaktion irgendwann wieder zu regulieren (also den Stress effektiv abwehren zu können), eine wichtige Rolle dafür spielt, ob Psyche und Gehirn schädlich beeinflusst werden oder eventuell sogar gestärkt und »verbessert« aus der Bedrohung hervorgehen. Eine tierexperimentelle Studie (Oomen et al. 2010) kommt zu dem Ergebnis, dass moderater früher Stress durch Isolation von der Mutter (maternal deprivation)(1)dazu führt, dass der Hippocampus im Erwachsenenalter unter Stress lernfähiger ist als ohne die Erfahrung dieser moderaten maternal deprivation.
Abb. 1-2: Vereinfachte Darstellung der Glukokortikoid-Kaskaden-Hypothese nach Sapolsky et al. (1986). Chronischer und unbewältigter Stress sowie schwere Depressionen führen zu einer Unfähigkeit, die stressbezogene Glukokortikoid-Sekretion wieder abzuschalten. Die daraus resultierende dauerhaft erhöhte Glukokortikoid-Sekretion schädigt den Hippocampus. Diese kausale Verkettung wirkt bei chronifizierten Störungen im Sinne eines Circulus vitiosus immer weiter (in der Abbildung im Uhrzeigersinn), wodurch auch eine weitere Verstärkung des posttraumatischen Stresses und der Symptomatik einer Posttraumatischen Belastungsstörung eintreten kann.
Jedoch gibt es auch andere Erklärungen: Verschiedene Studien haben gezeigt, dass wir Menschen unterschiedlich große Hippocampi haben, unabhängig vom Geschlecht und der Körpergröße. Dies mag unter anderem genetisch bedingt sein (Sullivan et al. 2001). Es könnte nun sein, dass Menschen mit großen Hippocampi resilienter bezüglich verschiedenster psychischer Störungen(1)(1), inklusive der Posttraumatischen Belastungsstörung, sind als solche mit kleineren Hippocampi. Somit wären kleine Hippocampi unter anderem als Risikofaktor für die Entwicklung und Chronifizierung einer Posttraumatischen Belastungsstörung einzuschätzen. Für diese Hypothese gibt es wesentliche Befunde aus Zwillingsstudien. Die Gruppe um Pitman (Gilbertson et al. 2002) konnte zeigen, dass die eineiigen Zwillingsbrüder von kriegstraumatisierten Vietnam-Veteranen genauso kleine Hippocampi hatten wie ihre traumatisierten Brüder, obwohl sie selbst gar nicht im Krieg gewesen waren. Neuere Studien mit Affen haben bestätigt, dass früher Stress(1)(1) durch Isolation durch die Mutter keine Volumenreduktionen des Hippocampus nach sich zog, dass aber die Hippocampusgröße eine deutliche Erblichkeit zeigte (Lyons et al. 2001; Spinelli et al. 2009). Somit ist es wahrscheinlich, dass mehrere Faktoren Hippocampusgröße und Stressresilienz(1) beeinflussen: Anlagefaktoren bestimmen, ob wir einen größeren Hippocampus haben und stressresilienter sind oder nicht. Umweltfaktoren können einen durchaus positiven Einfluss auf unser Gehirn und unsere zukünftige Stressresilienz haben, nämlich dann, wenn wir mit dem Stress konstruktiv umgehen. Aber schädigende Umwelteinflüsse können auch einen extrem negativen Einfluss ausüben im Falle der Ausbildung einer chronifizierten Posttraumatischen Belastungsstörung oder aufgrund mehrerer aufeinanderfolgender Traumata.
Weiterhin muss natürlich bedacht werden, dass das Trauma für sich schon in der Lage sein kann, eine Hirnschädigung hervorzurufen, entweder durch körperliche Einwirkung oder aber durch den unmittelbaren psychischen Stress in der traumatischen Situation. Gurvits et al. (1996) wiesen nach, dass die Schwere der im Gefecht erlittenen Traumatisierungen(1)(1) von Vietnam-Veteranen mit dem Ausmaß der später gefundenen Hippocampus-Reduktion korrelierte. Nun wäre es möglich, dass Soldaten aus sozial niedrigen Schichten mit kleinen oder vorgeschädigten Hippocampi bevorzugt in besonders schwere Kampfhandlungen (Bodentruppen!) geschickt wurden (Pitman 2001). Jedoch konnten Winter und Irle (2004) zeigen, dass bei Männern, die aufgrund von Unfällen mit schwerster Brandverletzung eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt hatten, das Ausmaß der Brandverletzung auch mit dem Ausmaß der Hippocampus-Volumenreduktion korrelierte. Da es sich weitgehend um Berufsunfälle handelte und männliche Kontrollprobanden mit ähnlichen Berufen ausgewählt wurden, können die nachgewiesenen Unterschiede im Hippocampus-Volumen sicher auf den Einfluss des Unfalls zurückgeführt werden.
Bald wurde der Fokus der Aufmerksamkeit auch auf die Amygdala(1)(1)(1) (direkt vor dem Hippocampus im Schläfenlappen gelegen; → Abb. 1-1) gerichtet, da die Amygdala ein wichtiges Zentrum für Angst(1)(1) und Aggressionen(1)(1)und damit auch für Kampf- und Fluchtverhalten ist. Die Amygdala interagiert sehr eng mit dem Hippocampus in Bezug auf Lernen(1) und Gedächtnisbildung emotional salienter Reize. Auch der cinguläre Kortex, welcher phylogenetisch alt ist und bekanntermaßen eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Schmerz und Emotionen spielt, rückte in den Mittelpunkt. Amygdala sowie cingulärer Kortex(1) sind bei Personen mit chronifizierter Posttraumatischer Belastungsstörung verkleinert (Rauch et al. 2003; Schmahl et al. 2003b; Weniger et al. 2008, 2009; Woodward et al. 2006), jedoch ist momentan noch nicht sicher zu sagen, ob eine verkleinerte bzw. geschädigte Amygdala bei allen Patienten mit einer chronifizierten Posttraumatischen Belastungsstörung oder nur bei solchen mit komorbider Borderline-Persönlichkeitsstörung(1)(1) zu finden ist (Schmahl & Bremner 2006).
Die Möglichkeit, mit funktioneller Magnetresonanztomografie(1) (fMRT) einzelne Funktionsabläufe im Gehirn erforschen zu können, hat neue Denkmodelle hervorgebracht. Bei der fMRT wird auf indirekte Weise erfasst, welche Aktivitätsmuste(1)r das Gehirn in einer gegebenen Situation bzw. Stimulation zeigt. Im Blickpunkt der Forschung stehen gegenwärtig neuronale Schleifen, neurocircuits, (1)die sich gegenseitig ausbalancieren, verstärken oder abschwächen.
Korrespondierend zur oben genannten Glukokortikoid-Kaskaden-Hypothese(2) konzentrieren sich die konzeptuellen Überlegungen im Bereich der funktionellen Bildgebung unter Verwendung von sogenannten Provokationsstudien auf kortiko-limbische Dysfunktionen(1). Hierbei wird angenommen, dass bei Personen mit Posttraumatischer Belastungsstörung(2)(2) eine Übererregbarkeit der Amygdala (welche für die Furchtreaktion verantwortlich ist) besteht bei gleichzeitig verminderter Aktivität frontaler und cingulärer kortikaler Regulationszentren.
Bei Provokationsstudien müssen Probanden, im Magnetresonanztomograf liegend, beispielsweise skriptorientiert traumabezogene Inhalte(1) imaginieren, während ihre Gehirnaktivität gemessen wird. (1)In solchen Studien wurden bei Patienten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung weitgehend übereinstimmend eine Überaktivierung der Amygdala sowie eine verminderte Aktivierung medial-präfrontaler und cingulärer Regionen sowie der Broca-Region beschrieben (Francati et al. 2007; Hull 2002; Lanius et al. 2006; Liberzon & Martis 2006; Rauch et al. 2006; Shin et al. 2006). Es könnte sein, dass eine verminderte Aktivierung der Broca-Region (ein wesentliches Element bei der Generierung von Sprache) die Unfähigkeit von Patienten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung widerspiegelt, ihre traumatischen Erinnerungen in ein verbal vermitteltes Langzeitgedächtnis zu integrieren. Ähnlich dysfunktionale Aktivierungsmuster wie für diese Probanden lassen sich auch bei Patientinnen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung nachweisen (Schmahl & Bremner 2006).
Die überwiegende Mehrzahl der (1)Studien zu Auswirkungen von Traumata auf das Gehirn wurde an Patienten durchgeführt, welche den Kriterien des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (noch nicht nach DSM-5, sondern noch nach DSM-IV; American Psychiatric Association 2003) für eine Posttraumatische Belastungsstörung(1) entsprechen. Dies ist sicherlich richtig so; schließlich ist wissenschaftlicher Fortschritt nur möglich, wenn man die Ergebnisse vergleichbarer Patientengruppen beurteilen und daraus Schlussfolgerungen ziehen kann. Auch muss eine Diagnose valide (also inhaltlich gültig) und auch reliabel (also replizierbar) sein. Die im DSM-IV formulierten Kriterien der Posttraumatischen Belastungsstörung(2) genügen diesen Anforderungen. Dies hat allerdings seinen Preis: Die Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung deckt nur einen (kleinen?) Teil der Traumafolgestörungen ab. Dies liegt hauptsächlich an den Anforderungen an die Objektivierbarkeit, die an die Definition eines Traumas geknüpft sind (Kriterien A1 und A2 der Posttraumatischen Belastungsstörung), sowie an der Erfordernis, dass die Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörung(3) (Kriterien B – D: Intrusionen(2)(1)(2), Vermeidung, Hyperarousal) zwingend auf das Trauma zu beziehen sind. Eine(1)(1) Objektivierbarkeit des Traumas(1) ist in vielen Fällen nicht möglich (z. B. Fehlen von Zeugen, Amnesien traumatischer Erinnerungen, Trauma in einem frühkindlichen Lebensabschnitt, in dem noch keine verbal vermittelte Gedächtnisspeicherung erfolgt). Aus der fehlenden Objektivierbarkeit folgt dann fast regelmäßig, dass die psychopathologischen Symptome nicht zwingend auf das Trauma zu beziehen sind.
Ein zweites Problem besteht darin, dass die Menschen mit ihren unterschiedlichen Anlagen und Erfahrungen und in sehr verschiedenen Lebensumwelten auf extremen Stress oder auf ein Trauma sehr unterschiedlich reagieren können. Viele Szenarien sind denkbar: So können außer der Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung beispielsweise Depressionen, Sucht- und Risikoverhalten und vor allem bei früh im Leben stattfindenden kontinuierlichen interpersonellen Traumatisierungen dissoziative Störungen und Persönlichkeitsstörungen im Sinne einer Borderline-Persönlichkeitsstörung die Folge sein. Es gibt Patientinnen und Patienten, bei denen all diese Störungen gemeinsam auftreten. Und schließlich ist es auch möglich, dass gar keine spezifischen oder so moderate Symptome resultieren, dass die Diagnose einer jedweden psychischen Störung nicht gerechtfertigt erscheint.
Auch die – manchmal Diagnose-unabhängigen – Abwehrstile von traumatisierten Patienten werden zu wenig beachtet. Lanius et al. (2006, 2010) konzeptualisierten zwei verschiedene Abwehrstile bei traumatisierten Patienten, einen für die Posttraumatische Belastungsstörung typischen Stil, der vorwiegend durch Hyperarousal gekennzeichnet ist, und einen dissoziativen Stil, welcher durch Depersonalisation, Derealisation und ein »Ausklinken«, aber nicht durch Hyperarousal gekennzeichnet ist.
Dissoziative(1)(1) Reaktionen (Gast 2011) beinhalten eine Unterbrechung der normalerweise integrativen Funktionen des Bewusstseins, des Gedächtnisses, der Identität oder der Wahrnehmung der Umwelt. Je nach Schweregrad der dissoziativen Reaktion kann es zu einem völligen Verlust der normalen Integration von Erinnerungen, Identitätsbewusstsein, unmittelbaren Empfindungen sowie der Kontrolle von Körperbewegungen kommen. Dissoziative Reaktionen ermöglichen es dem Individuum in einer traumatischen Situation, das Trauma nicht in voller Wucht wahrnehmen zu müssen, allerdings zu dem Preis, komplett hilflos und handlungsunfähig zu werden. Dissoziative Reaktionen erleichtern es, das Trauma akut zu ertragen, erschweren aber die Verarbeitung und bedingen damit eine Chronifizierung.
Dissoziative Reaktionen können nach einem Trauma weiterbestehen und sozusagen »zur Gewohnheit« werden. Nach DSM-IV können traumatisierte Menschen beispielsweise wesentliche Teile des Traumas nicht erinnern (Dissoziative Amnesie(1)(1)), aus dem traumatisierenden Umfeld weglaufen und dabei ihre eigene Identität vergessen (Dissoziative Fugue(1)(1)) oder sie können sogar ihre gesamte Persönlichkeit, so wie sie dem Trauma gegenübertrat, abspalten (Dissoziative Identitätsstörung(1)). Offensichtlich trägt das dissoziative Verhalten auch langfristig dazu bei, unerträgliche Erinnerungen an das Trauma aus dem Bewusstsein fernzuhalten. Epidemiologisch konnte gezeigt werden, dass dissoziative Störungen häufig in der Folge eines frühkindlichen zwischenmenschlichen Traumas auftreten, wobei sexueller und physischer Missbrauch in der Kindheit, Vernachlässigung, emotionaler Missbrauch und emotionale Vernachlässigung signifikante Prädiktoren für die Entwicklung einer dissoziativen Störung zu sein scheinen (Foote et al. 2006). Anders als noch im DSM-III-R sind dissoziative Symptome im DSM-IV als charakteristische Symptome der Borderline-Persönlichkeitsstörung(1)(1) beschrieben (Kriterium 9). Im DSM-5 gibt es eine Unterkategorie PTBS-D.
Über die neurobiologischen Effekte dissoziativer Störungen(1)(1)(1)(1) ist wenig bekannt. Aktuelle Studien (Irle et al. 2009, 2010; Weniger et al. 2008, 2009) fanden extrem reduzierte Amygdala(2)(1)- und (1)(2)Hippocampus-Volumina und defizitäre Gedächtnisfunktionen(1) bei Borderline-Patientinnen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung(3)(3)(2)(3), aber nicht bei gleicherart traumatisierten Borderline-Patientinnen mit Dissoziativer Amnesie(2) oder Dissoziativer Identitätsstörun(2)g (→ Abb. 1-3, → Abb. 1-4). Jedoch scheint die Doppel-Diagnose von Posttraumatischer Belastungsstörung und dissoziativer Störung(2)(2)(2)(2) fatal: Solche Patientinnen weisen extrem schwere mesial-temporale Volumenreduktionen und kognitive Defizite auf (Chalavi et al. 2015a; Irle et al. 2009; Vermetten et al. 2006). Diese Befunde scheinen aber für die Behandlung und den klinischen Verlauf von traumatisierten Patienten von enormer Wichtigkeit zu sein. Dissoziative Störungen stehen in den seltensten Fällen im Blickpunkt der Aufmerksamkeit und werden klinisch und diagnostisch regelmäßig übersehen (Foote et al. 2006).
Möglich ist, dass Patienten mit dissoziativen Störungen, im Gegensatz zu Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung, keine stressbezogenen erhöhten Glukokortikoid-Ausschüttungen im Sinne der Glukokortikoid-Kaskaden-Hypothese haben (→ Abb. 1-1). Schwere dissoziative Störungen wie Dissoziative Amnesie oder Dissoziative Identitätsstörung haben vielleicht den Vorteil, es der betroffenen Person zu ermöglichen, traumabezogenen Stress wirklich effektiv abzuwehren. Als Konsequenz würde keine stressinduzierte neurale Toxizität entstehen, was sich dann in normalen Hippocampus- und Amygdala-Volumina ausdrücken würde. In dieser Hinsicht wäre eine dissoziative Störung für einige zentrale Hirnareale protektiv. Andererseits könnte es aber auch sein, dass, wie oben beschrieben, Menschen mit von Geburt an kleinen Hippocampi eine Vulnerabilität aufweisen, bei Traumatisierung eine Posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln. Dies würde bedeuten, dass traumatisierte Patienten mit dissoziativen Störungen einfach nur einen Teil der traumatisierten Menschen repräsentieren, welche einen großen Hippocampus und eben keine Posttraumatische Belastungsstörung aufweisen.
Metaanalysen über funktionell bildgebende (2)(2)(Positronenemissionstomografie-)Studien (Gusnard & Raichle 2001