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Sigurds Geist wird in eine Welt der Zukunft transferiert, die vor 200 Jahren untergegangen ist. Die Kontinente sind radioaktiv verstrahlt und biologisch verseucht. Mutanten bevölkern nun die mehr als zu zwei Drittel zerstörte Oberfläche des Planeten Erde. Obskure Geschöpfe herrschen mit brutalen Sanktionen und einer unnatürlich wirkenden Technologie über den Rest der einstigen Menschheit. Sigurd erwacht in einem Körper, der kurz vor dem verdursten am Rande eine Wüste liegt. Er hat absolut keine Erinnerung mehr an sein altes Leben.
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Seitenzahl: 91
Veröffentlichungsjahr: 2022
STAR-DUST
Im Bannfluch der Naniten
Band 23
Kondemnation
© 2022 Jens F. Simon
Illustration: S. Verlag JG
Verlag: S. Verlag JG, 35767 Breitscheid,
Alle Rechte vorbehalten
Neuauflage von ‚Der Spezialist MBF‘
ISBN: 978-3-96674-483-6
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig und wird sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich verfolgt. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Die Seele ist fest mit dem menschlichen Körper verbunden. Der Geist, das mentale Ich, ist jedoch im christlichen Glauben etwas Eigenständiges, etwas Unabhängiges. Wenn durch einen Zufall die feste Verbindung von Seele und Körper einmal getrennte werden sollte, so ist es unabänderlich, dass es kein Zurück mehr gibt. Ist das wirklich so?
Wie sehr wir von dem Äußeren eines Menschen beeinflusst werden, ist uns oft nicht bewusst. Erst dann, wenn wir ebenso die Möglichkeit bekommen, in sein Inneres zu blicken, werden wir die Wahrheit finden. Aber ist es wirklich die ganze Wahrheit?
Inhaltsverzeichnis:
Prolog
Sgrull
Der Weg des Mutigen
Die Macht des Para-Mutanten
Majenna
Der Insektoiden Mensch
Überfall
Pfad zu neuen Welt
Der Aufbruch
Ich saß in dem alten Ohrensessel mit Beinauszug, der noch von meiner Großmutter stammte, und hatte den eBook-Reader in der Hand.
Das Fenster stand sperrangelweit offen und ich hörte entfernte Motorengeräusche von der Landstraße her, die sich in drei Kilometern Entfernung eine Anhöhe hinaufschlängelte.
Es wehte kein Lüftchen. Es dämmerte bereits und die Temperatur war immer noch deutliche über 22 Grad Celsius.
STAR ADVENTURE hieß die SCI-FI Serie, die ich gerade heruntergeladen hatte.
Nachdenkliche ließ ich meine Blicke über die Bücherregale wandern, die sich um mein Bett herum an den Wänden entlang vom Boden bis zur Decke hinauf erstreckten.
Sie waren voller alter Schmöker; die Seiten längst schon vergilbt. Ich hatte angefangen, mich von den gedruckten Büchern auf eBooks umzustellen.
Am Anfang war es mir noch sehr schwergefallen. Es fehlte irgendwie der ständige Kontakt mit den Papierseiten.
Es fehlte auch der ganz eigene Geruch von gedruckten Büchern beim Lesen. Was mich wiederrum positiv stimmte, war die Möglichkeit mit dem eBook Reader immer ständig zu abertausenden Büchern Zugang zu haben.
Auch hatte man immer die richtige Beleuchtung und war von dem Umgebungslicht nicht so abhängig.
Es war so eine richtig angenehme Abenddämmerung, um sich in ferne Galaxien zu begeben und romantisch, gefährliche Abenteuer zu erleben.
Ich überlegte kurz, legte den eBook Reader zur Seite, stand auf und ging zum Fenster.
Nächste Woche würde ich mit meiner Freundin Gaby zusammenziehen. Wir waren jetzt bereits seit einem viertel Jahr ein Paar.
Es war schon irgendwie merkwürdig gewesen.
Als wir uns das erste Mal küssten, da war plötzlich ein fremder Gedanke in meinem Kopf und das Gesicht einer sehr hübschen Frau blitzte kurz in meinem Geist auf.
Sie blickte mich mit großen, ausdrucksvollen Augen an und ich glaubte den Geruch von Pfirsich wahrzunehmen.
Manchmal hatte ich regelrecht den Eindruck, dass mir das viele Lesen wirklich nicht bekam.
Meine Mutter hatte immer von Fantastereien gesprochen, die mich von meinem richtigen Leben zu sehr ablenkten.
Immerhin war ich einunddreißig Jahre alt und arbeitslos. Ich beobachtete gedankenverloren die PKW auf der Landstraße.
Sie wirkten von hier aus wie kleine Match Box Autos. Das leise, fast gleichmäßige Rauschen der Motorengeräusche ließ mich müde werden.
Mein Blick schweifte ab und meine Augen begannen tatsächlich zuzufallen.
Dann schrak ich auf. Neben der Scheune, die Gabys Vater gehörte und die etwa zehn Meter von unserem Haus entfernt stand, blitzte es seltsam auf.
Eine kalte aber hellstrahlende Lichtquelle erregte plötzlich meine ganze Aufmerksamkeit.
Bevor ich versuchen konnte, mich darauf zu konzentrieren, öffnete sich unvermittelt die Zimmertür.
Sigurd, es ist etwas passiert“, vernahm ich leise meine Mutter sagen.
Sie hielt sich kurz am Türrahmen fest, und in diesem Moment ahnte ich Schlimmes. Sie stand nur einfach dort und blickte in mein Zimmer hinein.
„Was ist denn?“
Ich ging langsam auf sie zu. Sie sagte immer noch nichts und dann begannen ihre Augen wässrig zu werden.
Mit einem tiefen Seufzer ließ sie sich in meine Arme fallen.
„Papa ist gegangen. Jetzt sind wir alleine!“
Im ersten Moment wusste ich nicht, was sie meinte. Dann wurde es mir langsam klar.
Mein Vater war gestorben.
„Was, wo…?“ Ich konnte selbst kaum noch klar denken und versuchte mich zusammenzureißen.
Meine Mutter blickte mich mit tränenüberströmten Augen an.
„Unten, im Wohnzimmer. Er sitzt ganz friedlich in seinem Sessel“, sagte sie leise und mit abgehackten Worten.
Der Hausarzt hatte den Totenschein ausgestellt; Sekundenherzinfarkt.
Sigurd lauschte dem Motorengeräusch des Leichenwagens hinterher, als plötzlich Gaby neben ihm stand.
Er hatte sie überhaupt nicht kommen hören. Seine Mutter lag mit einem schwachen Beruhigungsmittel im Bett, das ihr der Hausarzt noch verabreicht hatte, bevor er wieder gegangen war.
„Oh, Sigurd, das tut mir alles so leid!“
Gaby setzte sich neben ihn auf die Couch und nahm seine Hände in die ihre.
Er starte auf den Sessel, indem sein Vater saß, als er einfach von ihnen gegangen war.
In Sigurds Kopf befand sich nichts als Leere. Keine Gedanken, kein Aufbegehren gegen das Endgültige, nur Leere.
Sein Geist hat sich noch nicht richtig von der Trennung aus seinem Nanitenkörper erholt.
Der immer noch parapsychisch begabte Geist versuchte fast erloschene Erinnerung an das Geschehen wiederherzustellen.
Die Schicksalstafeln hatten seine Seele, seinen Geist genauso verändert, wie die noch in geringen Mengen in ihm vorhandene magische Energie.
Sein Unterbewusstsein hatte eine neue Art von Qualität erfahren, die zwar noch tief in seinem Inneren schlummerte, aber jederzeit zum Ausbruch kommen konnte.
Es fehlte lediglich eine Art von Initialzündung, also ein Ereignis, das mit seinem Unterbewusstsein interagierte, das eine Brücke zu seinem anderen Leben bauen konnte, um den Geist in einer Spontanentladung wieder von seinem Körper zu lösen.
Ein solches Erlebnis war der plötzliche Tod seines Vaters.
Urgewalten der Unendlichkeit, welche sich tief in seinen Geist, in seine Seele eingebrannt hatten, brachen unvermittelt zu Tage.
Für Sekundenbruchteile tauchten Erinnerung auf, die normalerweise nicht mehr existierten.
Alethea, der Heimatplanet der Xxiin, Xelio, seine Abenteuer mit den Magiern, der Ring der Srem, MAITRI und das organische Raumschiff Paurusheya, der Mellraner Calgulla und so vieles mehr.
Sigurds Aufnahmefähigkeit wurde massiv überansprucht und führte dazu, dass es in eine tiefe Bewusstlosigkeit fiel. Seine Seele sah nur noch einen Ausweg aus dem Dilemma, die Flucht.
Die Sirene des Krankenwagens ertönte in dieser warmen Sommernacht besonders laut.
Gaby saß neben der Krankenliege und hielt immer noch Sigurds Hand. Immer wieder kullerten dicke Tränen an ihrem Arm entlang auf ihre beiden Hände. Sie versuchte stark zu bleiben.
Der Notarzt hatte von einem Koma gesprochen, in das Sigurd gefallen war. Er befand sich in tiefer Bewusstlosigkeit.
Seine Pupillen reagierten nur noch schwach auf Lichtreflexe. Seine Atmung hatte sich stark verlangsamt.
Der Arzt sprach von einer Schutzreaktion des Unterbewusstseins. Gaby konnte es aber nicht verstehen.
Er hatte sich keine schwere Verletzung am Kopf zugezogen, die normalerweise so ein Koma auslösen konnte.
Der Tod seines Vaters hatte Sigurd zwar schwer getroffen, aber sein Geist war stark genug, es zu verkraften.
Viel mehr machte sie sich um Sigurds Mutter Sorgen. Sie würde sich in den nächsten Tagen verstärkt um sie kümmern müssen und natürlich um Sigurd. Sie seufzte laut, sodass der mitfahrende Arzt besorgt zu ihr hinblickte.
Alles in Ordnung?“
Sie nickte lediglich. Sigurd lag auf der Liege wie ein Toter. Kein einziger Muskel an seinem Körper regte sich. Seine Augenlieder waren geschlossen. Wenn sie nur wüsste, was mit ihm geschehen war; wo sich sein Geist in diesem Moment befand.
Die metaphysischen Pforten des Universums wurden gesprengt.
Dazu reichte die in Sigurds Geist noch vorhandene magische Restenergie, die sich durch seine parapsychische Begabung seit seinem Rücksturz in seinen alten Körper beständig auflud.
Seine Seele, sein mentales Ego, griff spontan auf eine alternierende Realitätsebene über.
Aufgrund einer massiven Raumzeitkrümmung, welche sich durch die Entstehung eines Schwarzen Lochs in nur wenigen Lichtjahren Entfernung von der Erde bildete, wurde das einsteinsche Raumzeitkontinuum für bestimmte Energieformen durchlässig.
Sigurds Geist war durch den bereits einmal durchgeführten Bewusstseinstransfer hierfür natürlich besonders anfällig.
Seine Geist-Seele wurde mit Vehemenz aus seinem Körper gerissen, der daraufhin sofort in ein tiefes Koma fiel.
Trotz allem behielten einige der Naturkonstanten immer noch ihre Gültigkeit. Sigurds mentale Essens war weiterhin auf das Sonnensystem der Erde gebunden.
Jedoch befand es sich auf einer anderen Realitätseben, sozusagen in einer Parallelwelt, 200 Jahre in der Zukunft.
Seine Geist-Seele übernahm dort den Körper eines Menschen, der zu ihm eine starke Affinität aufwies und dessen eigene Seele bereits dermaßen geschwächt und vom Tode gezeichnet war, dass es ein Leichtes wurde, sie gänzlich zu verdrängen.
Er erwachte aus einer tiefen Bewusstlosigkeit unter brennenden Schmerzen kurz vor dem Sterben.
Der Höhlendom lag direkt unter dem aus roten Sandsteinziegeln erbauten Bungalow.
Das Haus war trotz seines hohen Alters von über zweihundertfünfundzwanzig Jahren noch gut erhalten.
Es war ein typischer amerikanischer Bungalow des beginnenden 21. Jahrhunderts der alten Zeitrechnung.
Direkt hinter dem Haus begann eine riesige Wüste sich auszudehnen. Es gab keine Grenzen oder sonstige Landschaftsmerkmale mehr, anhand denen man den genauen Standort hätte bestimmen können.
Die alte Welt war vor zweihundert Jahren untergegangen. Die Kontinente, soweit es sie noch gab, waren immer noch radioaktiv verstrahlt.
An der rechten Seite des teilweise unterkellerten Bungalows gab es einen Zugang in einen unterirdischen Gewölbekomplex, der teils natürlichen, teils künstlichen Ursprungs war.
Der Eingang in den Schutzkeller war mit einer aus altem Eichenholz bestehenden Doppeltür verschlossen.
Ein heftiger, heißer Wind wehte aus Südsüdost über das Areal. Die Sonne brannte erbarmungslos durch die stark ausgedünnte Ozonschicht auf das ausgemergelte Land herab.
Es war seltsam ruhig um diese Mittagsstunde herum. Kein einziger Tierlaut war zu hören, keine Todesschreie oder Kampfgeräusche, welche sonst die alltäglichen Hintergrundgeräusche der Umgebung bildeten.
In westlicher Richtung flimmerte im Dunst der heißen Luft das Abbild eines Gebirgsmassivs.
Obwohl das Vorgebirge noch über einhundert Kilometer entfernt war, erzeugte eine Fata Morgana den Eindruck, als würde es bereits nach wenigen Hundert Metern beginnen.
Mit einem lauten, knarrenden Ton öffnete sich plötzlich der rechte Teil der Kellertür.
Wie in Zeitlupe wurde die Türklappe nach oben geschoben und blieb dann im vertikalen Winkel zum Eingang stehen.
Schlurfend schob sich zunächst ein dicker Fuß mit einem noch dickeren Oberschenkel nach vorne, bevor ihm ein zweiter Fuß mit dem dazugehörigen relativ kurzen Rumpf folgte.
Sgrull, Vater von elf Söhnen, schnupperte zunächst vorsichtig mit seiner flachen Nase, um dann lautstark zu schniefen.
Er musste vorsichtig sein, da sich ständig irgendwelches Viehzeug hier am Rande der Wüste herumtrieb, dem man am besten aus dem Weg ging.
Mit einer Körpergröße von einem Meter dreiunddreißig war er nicht gerade ein besonders gefürchteter Kämpfer.
Seine Leibesfülle und der kugelförmige Kopf, der fast ansatzlos auf dem Hals saß, vermittelten eher einen behäbigen Lebenswandel.
Er hatte ständig Atemnot und litt unter einer Knochenanomalie, die auf eine genetische Mutation zurückzuführen war, welche die Entwicklung der Knochen und des Bindegewebes beeinträchtigte.
Sgrulls Frau war nach der Geburt seines jüngsten Sohnes vor zwei Jahren gestorben und seitdem kümmerte er sich alleine um ihr aller Wohl.
Er erinnerte sich noch gut an ihren Todestag. Das Leben war schon bitter und falsch, wie die giftige Sandviper, die sie gebissen und auf der Stelle getötet hatte.
Andererseits hatte das Leben aber auch Majenna zu ihm geführt. Eine zwar seltsame, junge Frau, die nichts über ihre eigene Vergangenheit wusste oder zumindest so tat, als würde sie unter Amnestie leiden.
Majenna war etwa vor eineinhalb Planetenumläufen hier aufgetaucht.
Seitdem kümmerte sie sich um die jüngsten Mitglieder seiner großen Familie und war mittlerweile ein nicht mehr wegzudenkender Teil ihrer kleinen Gemeinschaft.
Sgrull war ihr besonders dankbar, da sie sich sofort um das damals erst ein halbes Jahr alte Neugeborene gekümmert hatte.
Etwas irritiert von den Erinnerungen, die sich überfallartig in seinem Kopf breitgemacht hatten, schniefte er nochmals laut und spukte grünes Sekret aus.
Sgrull war ein Mutant, so wie die meisten der Nachkommen von Überlebenden des nuklearen Weltuntergangs vor zweihundert Jahren.
Er versuchte so leise wie möglich die massive Holztür hinter sich zu schließen, was aber nicht ganz gelang.
Aus dem noch relativ leisen Quietschen der seit Jahrzehnten nicht mehr geölten Metallscharnieren wurde ein schussartiger Knall, als die Holztür des Kellerbunkers auf den Metallrahmen zurückfiel.