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In diesem Text geht es um den sogenannten "Kosmopolit" als sozialen Typus. Es wird herausgearbeitet, inwiefern er sich vom Typus "Tourist" unterscheidet und wie sich diese Unterschiede auf seine Art zu reisen auswirken. Anhand unterschiedlicher Positionen aus Philosophie und Soziologie wird ein Modell aufgestellt, das die unterschiedlichen Entwicklungsstadien aufzeigt, die beim kosmopolitischen Reisen durchwandert werden. Dabei geht es nicht nur um die Entdeckung neuer Welten im Außen, sondern auch um die Entdeckung des Fremden im Selbst. Dieses E-Book ist Teil der E-Book-Reihe "Sela d'or mini" des Sela d'or Verlags. In Sela d'or mini erscheinen wissenschaftliche Texte mit kulturwissenschaftlichen Themen. Die Reihe wird kontinuierlich erweitert und zeichnet sich aus durch ihre Kompaktheit und der thematischen Vielfalt. www.selador-verlag.at
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Seitenzahl: 29
Veröffentlichungsjahr: 2025
Kosmopolitisches Reisen
Entdeckung des Fremden im Selbst durch Begegnung neuer Welten
Wir befinden uns heute im Informationszeitalter. Eine Ära des Fortschritts und des World Wide Web, wo Grenzen durchbrochen und überschritten werden. Eine Zeit der unbegrenzten Möglichkeiten, wo Raum und Zeit bezwungen werden und andere Dimensionen erlangen, die unsere Welt übersichtlicher und kleiner erscheinen lassen. Enorme Distanzen werden mittlerweile innerhalb kürzester Zeit überwunden, die Welt entwickelt sich zum global village1, wie Marshall McLuhan zu sagen pflegt, welches durch die weltweite Vernetzung ausgebaut und zugleich komprimiert wird. Ein dadurch immer noch aktuelles Phänomen ist die wachsende Globalisierung, die verschiedene Faktoren mit sich bringt, welche wiederum zu neuen gesellschaftlichen Entwicklungen führen. Diese globalisierte Gesellschaft und das damit wachsende multikulturelle Verständnis für andere Kulturen und deren Sicht- Lebens- und Verhaltensweisen sorgen vermehrt für das Bedürfnis, den eigenen interkulturellen Standpunkt zu verändern, um andere Perspektiven einzunehmen und diese zu verstehen. Der Mensch als Einzelner wird immer mehr zum Weltbürger – zum Kosmopoliten, der über den Tellerrand blicken möchte und sich für andere Kulturen und Lebensweisen begeistert. Fremde Verhaltensweisen werden erforscht und teilweise übernommen bzw. im Selbst entdeckt und entfaltet. Die Rolle des Kosmopoliten hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Nun kann jeder etwas kosmopolitisch sein und teilweise muss er das auch. Objektivität, Neugier, Unabhängigkeit und Freiheitsdrang sind zu wichtigen aktuellen Eigenschaften geworden, die sich zu unentbehrlichen Fähigkeiten ausbilden, welche mittlerweile in vielen Lebenslagen notwendig sind. Die große Frage, die sich aus der derzeitigen gesellschaftlichen Lage ergibt ist: Wie wird man zum Kosmopoliten und inwieweit unterscheidet er sich zu anderen Menschen? Welche wesentlichen Prozesse werden dabei in Gang gesetzt und welche Faktoren spielen eine Rolle, um zu einer kosmopolitischen Weltsicht zu gelangen?
Nach einer anfänglichen Einführung in die Begrifflichkeiten des Kosmopoliten und einem kurzen geschichtlichen Überblick möchte ich anschließend überleiten zum Kosmopoliten in der heutigen Zeit und mich dabei auf die Autoren Ulf Hannerz und Zygmunt Bauman beziehen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Weiters werde ich auf die wesentlichen Unterschiede zwischen Kosmopolit und Tourist eingehen. Darauf aufbauend werde ich anhand Der Reise versuchen, den Entwicklungsprozess, den der Kosmopolit während dieser Reise durchläuft, schrittweise zu erläutern. Abschließend werde ich alle wesentlichen Punkte nochmals zusammenfassend hervorheben und versuchen, die einleitende Frage zu beantworten.
Der Kosmopolit wird mit dem Begriff des Weltbürgers gleichgesetzt. Was bedeutet Weltbürger nun genau? Woher stammt dieser Begriff des Kosmopoliten und was macht ihn aus? Laut der Brockhaus Enzyklopädie2 meint Kosmopolitismus:
„die Idee einer grundlegenden Gemeinschaft und Brüderlichkeit aller Menschen, die als gleichwertige und gleichberechtigte Mitbürger einer die ganze Menschheit umfassenden Gemeinschaft angesehen werden (Weltbürgertum).“3
Diese Idee einer absoluten Einheit der Menschen wurde bereits in der Antike bei den Stoikern und und Kynikern vertreten. Der Humanitätsgedanke der Renaissance und der Aufklärung wurde von dieser Sichtweise stark geprägt und beeinflusst. Zahlreiche politische und revolutionäre Bewegungen sind auf einen kosmopolitischen Grundgedanken zurückzuführen wie beispielsweise die französische Revolution von 1789 oder die Formung von Gruppen wie die Freimaurer. Weiters sind der Liberalismus, der Sozialismus und der Pazifismus von kosmopolitischen Denkhaltungen geprägt. Versuche, nationales Denken mit kosmopolitischen Einstellungen zu verknüpfen, scheiterten mit dem immer stärker vertretenen Nationalismus des 19. Jahrhunderts und führten so zu einer stetig wachsenden Entfernung dieser beiden Denkhaltungen. Eine Gegenposition zum Kosmopolitismus wurde vom Marxismus und Leninismus einge- nommen – dort wurden kosmopolitische Denkhaltungen als bürgerliche Ideologien bezeichnet.4