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Er ist pfeilschnell. Er ist lautlos. Er ist tödlich. Mitternacht im Nordseebad Otterndorf: Ein Toter liegt inmitten einer Blutlache vor dem Kranichhaus. Waren es Messerstiche oder gar Vogelbisse? Zeugen behaupten, ein Kranich habe die Tat begangen. Kommissar Frank und Profilerin Liz stehen vor einem Rätsel. Findet man die Lösung in den sagenumwobenen Stollen unter der Severikirche? Oder tragen die Steinzeitgräber in Wanna zur Aufklärung bei? Welche Bewandtnis hat es mit den Origami-Kranichen? Und was ist mit Rob, der als kleiner Junge von seinem Stiefvater misshandelt wurde, als Erwachsener auf den düsteren Hof zurückkehrt und einzig Kraniche liebt? Da geschieht der nächste Mord, dieses Mal in Cuxhaven … Ein neuer Fall für Kommissar Hartmut Frank – bekannt aus dem Krimi "Nachsaison in Duhnen".
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Für Gudrun,die immer an mich und den Roman geglaubt hat.
Der Roman spielt hauptsächlich in bekannten Regionen, doch bleiben die Geschehnisse reine Fiktion. Sämtliche Handlungen und Charaktere sind frei erfunden.
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über http://dnb.ddb.de© 2021 CW Niemeyer Buchverlage GmbH, Hamelnwww.niemeyer-buch.deAlle Rechte vorbehaltenUmschlaggestaltung: C. RiethmüllerDer Umschlag verwendet Motiv(e) von 123rf.com EPub Produktion durch CW Niemeyer Buchverlage GmbHeISBN 978-3-8271-8399-6
Hedi HummelKraniche über OtterndorfEin Nordsee-Krimi
Vor 20 Jahren
1,37 m war die Kiste lang und 90 cm breit. Sein Vater hatte sie mit einer durchgesägten alten Federkernmatratze aufgefüllt. Doch es blieb ein Rand von etwa 2 cm, der überstand. Die beiden Zentimeter waren schuld daran, dass Rob sich mehrmals in der Nacht den Kopf oder das Bein anstieß. Am schlimmsten aber war, dass die Kiste einfach nicht lang genug war, um sich darin gemütlich auszustrecken, und er immer irgendwie gekrümmt in seinem Bett lag.
Biegsam war er schon immer gewesen, und das musste er auch sein, um zurechtzukommen. Nicht nur in seinem Bett. Das Zusammenleben mit dem Vater barg so viele Klippen, die es zu umschiffen galt, wollte man einigermaßen ungeschoren durch den Tag kommen.
Da sah er auch schon den Schatten und gleich darauf das Gesicht seines Vaters draußen am Fenster auftauchen, und unwillkürlich duckte er sich. Das braune, halblange Haar nach hinten gekämmt – ein sicheres Zeichen, dass der Vater heute bereit war, sich mit der Welt zu konfrontieren, und entsprechend wachsam blickten seine Augen umher. Dabei blieben seine Lippen fest aufeinandergepresst, seine Züge verkniffen, und Rob ahnte nichts Gutes.
Fred Alsfeldt schwankte zwischen wehleidiger Milde, mit der er an manchen Tagen versuchte, sich Rob zum Verbündeten zu machen, und äußerster Härte, fast verzweifelter Wut, den Jungen aufziehen zu müssen, obwohl er gar nicht sein Sohn war, sondern das Kind seiner Frau, die er über alles geliebt hatte und die vor zwei Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Er mochte ihren Jungen von Anfang an nicht, war manchmal sogar eifersüchtig auf ihn gewesen, weil er die Liebe seiner Frau teilen musste. Wie gerne hätte er ein eigenes Kind mit ihr gehabt. Doch dann kam der Tag, der alles veränderte. Marta wollte rasch nach Otterndorf fahren, um Medizin zu holen, weil Rob sich die Seele aus dem Leib hustete. Da er Fieber hatte, ließ sie den Jungen zu Hause. Gewiss war sie vor Sorge zu schnell gefahren, unvorsichtig gewesen. Der Unfall. Alles wegen Rob. Nichts machte mehr Sinn für Fred. Und doch hatte er genügend Pflichtgefühl, sodass er Rob nicht seinem Schicksal oder einem Heim überließ. Aber wenn dieser sich dann wieder so dumm anstellte oder nur ein falsches Wort sagte, dann hätte er am liebsten draufgeschlagen, und manchmal tat er das auch. Hatte Fred getrunken, ging es nicht ohne blaue Flecken für den Jungen ab, zog er ein paar Joints durch, gab es Schlupflöcher aus der Realität für sie beide. Aber da waren auch die seltenen Augenblicke, in denen ihn Robs Blick oder eine seiner Bewegungen an Marta erinnerte; dann war er zärtlich und gut zu ihm.
Äußerlich hatte Fred Halt gefunden in der Gemeinschaft „Sunrise“. Die Sekte gab sich weltoffen, proklamierte das einfache Leben und eine Rückbesinnung auf ein heidnisches Weltbild. Magische Orte wurden hier als Kraftplätze verehrt, und man unterstützte Fred darin, selbst ein Buch über bestimmte Kraftlinien zu schreiben. Zudem war ihm die Aufgabe zugeteilt worden, gleichaltrige Kinder aus der Gegend zu seinem Sohn einzuladen und sie ein wenig mit dem Gedankengut von Sunrise bekannt zu machen. Dies bereitete ihm sogar Spaß. Er las ihnen gerne Geschichten vor, oder sie durchforsteten gemeinsam die Natur. Diese Zeiten waren für Rob ein Geschenk, bedeuteten sie doch eine Art Waffenstillstand, weil Fred, den er auch wirklich für seinen Vater hielt, sich hier von seiner besten Seite zeigte.
Und bei ihren Streifzügen durch die Natur entdeckten sie, dass es zumindest eines gab, was Vater und Sohn verband – ihre Liebe zu den Kranichen. Gelten Kraniche in der Mythologie als glücksverheißend, so bescherten sie auch den beiden immerhin ein paar glückliche Momente und … Arbeit. Der Vater stellte mit einigem Geschick Uhrengehäuse her mit einem tanzenden Kranich auf dem Klappdeckel. Sie verkauften sich gut bei den Touristen in Otterndorf, in Cuxhaven bis hinauf nach Hamburg und versorgten sie mehr schlecht als recht.
Sie lebten auf einem kleinen Hof, einsam gelegen ein Stück hinter Lüdingworth. Ein Vogel-Rastplatz befand sich ganz in der Nähe ihres Hauses. Und irgendwann entdeckten sie auch eine Brutstätte, nahe am Moor.
„Komm, wir gehen die Kraniche beobachten“, sagte der Vater zu Rob. Das klang wider Erwarten nach einem ruhigen Nachmittag, und Rob entspannte sich.
Sie kamen gerade zur rechten Zeit und versteckten sich hinter einem Sandhügel. Eine Gruppe von Kranichen hatte sich auf der Lichtung niedergelassen und stakste auf der Suche nach Nahrung durch das Gras. Immer wieder war Rob hingerissen von der Schönheit der Vögel. Der wohlgeformte Kopf mit roter Haube, der fein gebogene Hals, das weiße, schwarz auslaufende Gefieder, die schmalen langen Beine.
Rob und sein Vater beobachteten einen Kranich, der einem anderen ständig folgte, ihn werbend umtänzelte, mit gespreizten Flügeln vor und wieder zurück hüpfte. Graziös neigte er den Kopf nach unten, als wolle er sich verbeugen, reckte ihn dann wieder selbstbewusst in die Höhe. Sein Gegenüber flüchtete spielerisch, lief mit weiten Schritten davon, der andere hinterher, beide hüpften aufeinander zu, und kurz berührte sich der Flaum ihrer Hälse. Dann umkreisten sie einander wieder, schwangen sich flügelflatternd in die Höhe und stießen mit weit geöffneten Schnäbeln ihre Schreie aus, reckten dabei den Kopf nach hinten, wölbten die Brust nach vorne, beinahe elegant, überaus zärtlich, fast majestätisch.
Rob schob sich durch das hohe Gras nach vorne und schlich dann langsam auf die Vögel zu. So nah war er ihnen noch nie gekommen. Grob griff da eine Hand nach ihm, die Hand seines Vaters. Vorbei war die gute Stimmung, das Gefühl von Gemeinsamkeit.
„Bist du verrückt!“, herrschte der ihn an, „immer willst du etwas Besonderes sein. Lass sie gefälligst in Ruhe!“ Und schallend klatschte eine Ohrfeige auf seine Wange.
Aufgeschreckt stoben die Kraniche auseinander und flogen davon. Der Vater drehte sich um und stapfte zum Haus zurück. Rob blieb im Gras liegen und unterdrückte die Tränen. In solchen Augenblicken hasste er seinen Vater abgrundtief.
Schließlich stand er auf, schüttelte Sand und Blätter von der Kleidung, aber ein Blatt hatte sich an seiner Weste wie festgesaugt. Er riss daran herum und als er es beim dritten Anlauf endlich erwischt hatte und das Blatt auf den Boden segelte, überkam ihn ein solcher Wutanfall, dass er wild und völlig außer Kontrolle auf dem Blatt herumtrampelte und es tief in den Boden hineintrat.
Da flog ein Kranich erneut den Rastplatz an und landete sanft auf der Rasenfläche. Erschrocken hielt Rob inne, erwachte wie aus einem bösen Traum, hatte nur noch Augen für den Vogel. Robs Gesichtszüge entspannten sich, und er konnte gar nicht begreifen, wozu er sich gerade hatte hinreißen lassen. Staunend beobachtete er den Kranich, der plötzlich den Kopf hob und zu ihm herübersah.
„Er sieht mich an“, erschrak Rob und lächelte ihm zu.
Er hatte das Gefühl, als herrsche ein stummes Einverständnis zwischen dem Vogel und ihm. Da erhob sich der Kranich und flog davon. Und Rob ging vorsichtig zu dem Rastplatz hinüber, stellte sich genau in die Mitte, winkelte ein Bein an, wie es der Kranich eben getan hatte. Zunächst schwankte er und musste sein Gleichgewicht suchen, aber er gab nicht auf und probierte es immer wieder. Und schließlich stand er fest und gerade auf einem Bein, senkte den Kopf und stieß ihn wieder empor, schritt dann in würdevollen Schritten umher und vollführte nach etlichen Versuchen in geschmeidigen, fließenden Bewegungen den Tanz des Kranichs.
Das war einen Tag vor Robs zwölftem Geburtstag.
23.55 Uhr
Ein dunkler Schatten kreiste über Otterndorf, schwärzer als der Himmel vor Mitternacht. Lautloser Flügelschlag. Der Vogel flog suchend über den Rathausplatz, spähte nach allen Seiten aus. Zwei rote Augen leuchteten bedrohlich aus dichtem Gefieder.
Da öffnete sich die Tür der Kneipe „Zum Goldenen Anker“, und ein Mann trat leicht schwankend auf die Straße. Der Vogel reckte den Kopf in die Höhe und lauschte in die Nacht. Glitt langsam auf den Mann zu. Dieser fühlte sich sicher, geborgen in vertrauter Umgebung, doch alarmiert von einer bösen Vorahnung hob sich sein Blick.
Seine Augen weiteten sich vor Schreck, ein schwarz gefiedertes Etwas stieß auf ihn zu. Er nahm nur Federn und Krallen wahr und dieses stechend-blitzende Augenpaar. Er wollte weglaufen, aber seine Glieder versagten, gelähmt vor Entsetzen. Der Vogel stürzte sich auf ihn herab. Und ein Schrei gellte durch die mondverhangene Nacht.
Als die Uhr der St. Severi-Kirche zu schlagen begann, hob der grausame Vogel seinen Kopf, achtete nicht auf das Blut, das aus seinem Schnabel rann. Sein Blick saugte sich fest am barocken Kranichhaus schräg gegenüber dem Rathausplatz.
Der Kranich auf dem Dachgiebel des mächtigen Backsteingebäudes beobachtete ihn, und die Sage wurde lebendig, der Bronzekranich warf die Kugel, die er mit seiner Kralle umklammert hielt, ein paar Stockwerke nach unten zu dem kleinen Kranich über der Tür. Gespenstisch hämmerten die Schläge der Kirchturmuhr von St. Severi zu ihm herüber. Während der junge Vogel die Kugel auffing, reckte sich der andere oben auf dem Giebel, spreizte seine Flügel, und man hatte den Eindruck, als wolle er sich auf den mörderischen Vogel unten auf der Straße stürzen, doch da schlug es die zwölfte Stunde, und gefangen in der Überlieferung, die ihn zur Wachsamkeit, nicht aber zum Eingreifen verdammte, fing er die Kugel wieder auf. Mit erhobener Kralle, die das ihm eigene Gut fest umschloss, versteinerten seine Bewegungen. Und der Kranich stand wieder aufrecht und stolz auf dem Giebel des Daches und blickte grimmig zu dem blutüberströmten Bündel auf dem Boden und dem Vogel, der triumphierend auf der Leiche seines Opfers saß.
*
Kommissar Hartmut Frank kehrte ins Haus zurück. Warum konnte er sich auch das Rauchen nicht abgewöhnen? Zum Glück gab es immer noch hin und wieder einen Zigarettenautomaten. Es war schon ziemlich spät, aber die Fete bei seiner Kollegin Libuše Kipulla war noch in vollem Gange.
„Hey, Hartmut, du warst ja lange weg!“ Jochen Dressler kam auf ihn zu und brachte ihm gleich ein neues Glas Wein mit.
Hartmut Frank nahm es, obwohl er nicht sicher war, ob er überhaupt noch etwas trinken sollte.
„Wo bist du denn herumgelaufen? Bitte zieh deine Schuhe aus, du machst ja alles dreckig!“, regte sich Libuše auf, aber sie lachte schon wieder und prostete ihm zu, denn sie hatte eine kleine Schwäche für ihren Chef.
Mit einer Hand zog er die Schuhe aus, mit der andern hielt er das Weinglas fest, nahm einen kräftigen Schluck und spürte plötzlich so etwas wie Euphorie: „Wisst ihr, worauf es ankommt im Leben – packt man es oder packt man es nicht?“
„Hört, hört“, rief sein auch schon angeheiterter Kollege Helmut Amelung und biss in ein Lachsbrötchen. Jetzt hatte Hartmut die Aufmerksamkeit aller.
„Jeden Tag gehen wir zur Arbeit, klar, es ist nicht unwichtig, was wir tun, da haben wir noch Glück. Dann guckt man, dass man alles hat, was man so braucht, ein Auto, ’ne Wohnung und dies und das. Manche haben auch einen Partner gefunden. Aber im Grunde geht es darum: Werden wir am Ende ausgespien oder eben nicht!“
Seine Kollegen und ein paar andere Partygäste schauten ihn überrascht und etwas ratlos an.
„Wow“, anerkennend klopfte ihm einer von Libušes Freunden auf die Schulter, „ich wusste gar nicht, dass Sie bibelfest sind!“
Auf Amelungs fragenden Blick erläuterte er: „,Weil du lau bist, weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde‘, steht irgendwo in der Johannes-Offenbarung.“
„Und das beschäftigt dich?“, wollte Libuše wissen und wusste gar nicht, ob sie das nun seltsam oder interessant finden sollte, eigentlich eher Letzteres.
Hartmut war verstummt und sah alle der Reihe nach an, und fast hatte man den Eindruck, als wolle er sich wieder in sich selbst zurückziehen. Aber nein, er hatte sich entschieden, ein anderer zu werden. Und warum sollte ihm das nicht gelingen: „Kinder, ich hab einfach keine Lust mehr auf dieses Herumlavieren, und ich will auch nicht mehr der nette Typ sein, der es allen recht macht!“
„Das kann ich dir nachfühlen, Hartmut“, seine Sekretärin Heidi Lührens nahm ihm das Glas aus der Hand, „ich bin völlig deiner Meinung. Aber ich glaube, für heute hast du genug getrunken.“
*
Jeder Mensch sucht etwas im Leben. Und wie berauschend ist es, wenn er es dann erhält! Nur zu spät darf sie nicht kommen – die Erfüllung. Und wehe dem, der am Ende erkennt, dass sie ein Irrtum war, und er sich eigentlich nach etwas ganz anderem gesehnt hatte …
Hartmut Frank hatte die Liebe gesucht und die Lyrik gefunden. Es gibt wahrlich Schlimmeres, dachte er und machte es sich im Nebenzimmer auf der durchgesessenen Couch mit fast verblichenem Bezug gemütlich. Abseits vom Partytrubel, mit dem Blick auf einen geschwungenen antiken Bücherschrank, überfüllt mit Büchern, die auch noch quer über die anderen geschoben waren. Hier konnte er zu sich kommen. Immer wenn er etwas getrunken hatte, was ja immer seltener vorkam, musste er an Rita Sieversen denken, die Urlauberin, die hier einen Toten gefunden und in die er sich schließlich verliebt hatte. Wie oft hatte er sich ihren herrlichen Augenaufschlag vorgestellt und wie sie ihr Haar nach hinten schnickte. Auch jetzt zauberte dieses Bild sofort wieder ein Lächeln auf sein Gesicht. Er war ihr nachgereist, nachdem der Fall aufgeklärt war, und obwohl er wusste, dass sie frisch verliebt war, wollte er es nicht wahrhaben. Wollte nicht wahrhaben, dass sie ihm eine junge Frau vorgezogen hatte, eine Frau … Aber mit so etwas musste man ja heutzutage rechnen, und er hatte auch gar nichts dagegen, nur wenn man selbst so sehr verliebt war, dass man zum ersten Mal am eigenen Leib spürte, was es heißt, für jemanden einen Stern vom Himmel holen zu wollen … Doch sämtliche Sterne blieben ungepflückt.
Er stand auf und ließ seinen Blick über die Titel der Buchrücken gleiten. Libuše hatte höchst Unterschiedliches zusammengetragen, Werke ihrer tschechischen Heimat lehnten an ausgesuchten Büchern der großen Literatur, daneben gab es deftige Krimikost und tagesaktuelle Romane. Ein paar schmale Bändchen mit Gedichten waren auch dabei. Hartmut zog eins heraus und schlug es auf, da fiel ein getrocknetes Blatt heraus und zerbröselte in seiner Hand. Wie ein kleiner unglücklicher Junge sah er aus, der gerade eine kostbare Weihnachtskugel zerbrochen hatte …
„Na, da haben Sie ja was angestellt“, vernahm er eine weibliche Stimme aus der schattigen Ecke des Zimmers. Es klang freundlich.
Kommissar Frank schreckte auf. Da kam sie auch schon auf ihn zu, die unbekannte Beobachterin, bewegte sich geschmeidig wie eine Katze, durchaus bereit, wenn nötig die Krallen auszufahren. Halblange blonde Haare umrahmten ein kluges Gesicht, das immer zum Scherzen bereit schien. Verschwörerisch funkelten ihn ihre grünen Augen an: „Keine Angst, ich verrate nichts.“
Er hatte sich wieder in der Gewalt, brachte sogar ein Lächeln zustande: „Danke, aber natürlich sage ich es Libuše.“
„Ah, Sie sind so ein ganz Ehrlicher?“
Selbstverständlich war er das, aber hatte er sich nicht gerade entschlossen, sich zu ändern? Da er zu lange zögerte, schien sie umzudenken: „… oder vielleicht doch nicht?“ Es klang zwar überrascht, doch auch interessiert.
Ihm war die Veränderung in ihrer Stimme aufgefallen. Es ist doch immer dasselbe, die Frauen wollen keine netten, ehrlichen Männer – nur das Abgründige zählt. Er wollte sich schon resigniert abwenden. Aber nein, er hatte sich doch etwas vorgenommen: „Vielleicht ja …“, er wandte sich ihr ganz zu, „vielleicht nein … finden Sie es doch heraus!“ Jetzt waren wohl sämtliche Pferde mit ihm durchgegangen.
Sie zog die Augenbraue hoch, nickte ihm anerkennend zu und schenkte ihm ein süffisantes Lächeln: „Okaaay, ich nehme die Herausforderung an!“ Sie machte einen Schritt auf ihn zu und gab ihm die Hand: „Ich bin Elisabeth Lehmann, nennen Sie mich einfach Liz.“
„Hartmut Frank“, fast hätte er gesagt, nennen Sie mich Hardy, doch er schluckte es hinunter.
Es entstand eine Pause, und bevor sie sich weiter ausdehnte, nahm ihm Liz das Buch aus der Hand, das Hartmut immer noch aufgeschlagen festhielt, und las vor: „… und in den Nächten fällt die schwere Erde, aus allen Sternen in die Einsamkeit … wir alle fallen, diese Hand da fällt … und sieh dir andere an: es ist in allen.“
„So mag er fallen“, entgegnete Hartmut, nahm das Buch zurück und klappte es zu. Interesse blitzte auf in ihren Augen. Ein Mann, der Rilke mit Shakespeare parierte, der war ihr bisher noch nicht vorgekommen.
Aufgeregt stürzte Amelung zu ihnen ins Zimmer: „Hartmut, schnell ... wir haben gerade einen Anruf bekommen. Ein Mord ganz hier in der Nähe!“
*
Alle rannten nach draußen.
„Wer kennt sich hier aus?“, fragte Hartmut in die Runde.
„Ich natürlich“, entgegnete Libuše, „Marktstraße/Ecke Rathausplatz. Das ist nur ein paar Straßen weiter.“ Mit eiligen Schritten ging sie voraus, und die anderen folgten ihr.
„Stopp!“, rief Jochen Dressler, der noch am nüchternsten zu sein schien.
„Bitte geht wieder zur Wohnung zurück. Das gibt sonst ein Riesen-Chaos. Kommt um Himmels willen dem Tatort nicht zu nah! Keine Fotos! Und die Handys aus!“ Mit diesen Worten sprintete er vor und schirmte mit beiden Händen seine Freunde und den Rest der Partygesellschaft von der Marktstraße ab, in die sie gerade einbiegen wollten.
Sofort waren Kommissar Frank und seine Kollegen Helmut Amelung und Libuše Kipulla an seiner Seite.
„Keinen Schritt weiter“, rief Hartmut, „entweder ihr bleibt, wo ihr seid, oder ihr geht zurück.“
Unter Murren zogen sich einige tatsächlich zurück, aber die meisten blieben an der Ecke stehen. Genau wie die Schaulustigen, die sich trotz der späten Stunde mittlerweile eingefunden hatten. Auf der anderen Seite hatten die Polizisten der Streife bereits die Straße abgesperrt und ließen jetzt den Wagen der Spurensicherung durch.
Es war ein grässlicher Anblick. Inmitten einer Blutlache lag zusammengekrümmt ein Mann, übersät mit Wunden. Hemd und Jacke zerfetzt und blutgetränkt. Wie ein Wilder musste der Mörder auf ihn eingestochen haben, denn kein Körperteil war unverletzt.
Amelung sah seinen Chef an: „Da hat aber jemand gewütet!“
Hartmut nickte nur, hatte Mühe, sich nicht zu übergeben, da ihm auch der Alkohol zusetzte.
Claus Ritter von der Spurensicherung schaltete sich in ihr Gespräch ein: „Ich will ja den Kollegen von der Rechtsmedizin nicht vorgreifen. Aber wenn Sie mich fragen, sind das keine Messerstiche, es kommt mir eher vor, als sei ein Raubtier über ihn hergefallen.“
Er zeigte auf den Unterarm, der übersät war mit Kratz-, und beinahe war man versucht zu sagen, auch mit Bisswunden. Er schüttelte nachdenklich den Kopf: „Aber irgendetwas stimmt hier nicht …“
Libuše kam zu ihnen herüber, warf einen Blick auf die Leiche: „Sieht ja aus wie bei Hitchcocks ,Vögel‘!“
Alle starrten sie an.
„Hab ich was Komisches gesagt?“
„Ein Raubvogel“, sagten Ritter und Kommissar Frank wie aus einem Munde.
„Also ich plädiere eindeutig dafür“, bekräftigte Ritter das eben Gesagte und zeigte auf die Umgebung des Toten, „denn hier fehlt etwas Entscheidendes – die Fußspuren. Rund um die Leiche ist alles blutig, da müssten Spuren zu sehen sein. Da ist nichts. Nada.“
Das konnte ja heiter werden, Hartmut Frank sah schon wieder einen komplizierten Fall auf sich zukommen. Da wandte man sich doch am besten erst mal den Routineaufgaben zu, zumindest dabei bewegte man sich auf sicherem Boden.
Sie begannen mit den Befragungen. Libuše sprach mit den umstehenden Passanten, Amelung vernahm die Nachbarn, die immer noch am Fenster standen. Die anderen würde man am nächsten Tag vernehmen. Hartmut Frank und Jochen Dressler nahmen sich die Kneipe vor, die sich eine Straße weiter befand und deren Wirt die Polizei verständigt hatte. Kaum öffneten sie die Tür des gediegenen Lokals, als sie auch schon die raue eindringliche Stimme Bonnie Tylers in die 80er-Jahre zurückversetzte: „Total Eclipse of the Heart“, der Song passte ja wirklich zu dieser Nacht …
Der Wirt kam den beiden Beamten entgegen. Hartmut stellte sich und seinen Kollegen vor, und alle schüttelten sich die Hand.
„Darf ich Ihnen etwas anbieten?“, fragte er, korrigierte sich auf ihr Kopfschütteln hin, und nachdem er sie etwas genauer in Augenschein genommen hatte: „Vielleicht ein Wasser oder besser einen Kaffee?“
Dressler grinste schief, weil er sofort registrierte, worauf der Wirt anspielte. Kommissar Frank ignorierte die Frage völlig.
„Sie haben den Toten gefunden und die Polizei alarmiert?“, fragte er.
Der Wirt zog die Stirn in Falten, nickte traurig und sah auf einmal um Jahre älter aus. „Kurz nachdem Holger gegangen war, bin ich erst noch im Keller gewesen und hab eine Flasche grauen Burgunder geholt. Da hörte ich den Schrei …“
Er war vor Entsetzen verstummt, nahm sich aber zusammen: „Vorne am Marktplatz haben wir ihn gefunden. Da lag Holger, blutverschmiert, auch auf dem Trottoir war alles voller Blut. Er sah fürchterlich aus. Ich bin natürlich gleich zu ihm hin, hab seinen Namen gerufen … den Puls gefühlt hab ich nicht mehr“, sagte er beinahe schuldbewusst, „man sah ja, dass er tot war. Ansonsten hab ich auch nichts angefasst.“ Mit dieser Aussage nahm er die nächste Frage vorweg.
„Wie spät war das etwa?“, wollte Dressler wissen.
„Kurz vor zwölf ist es gewesen, als er ging. Er faselte immer wieder, er wolle eigentlich noch heute ins Bett, aber gleich sei es schon wieder morgen“, er musste lächeln, „er hatte schon einiges intus.“
„Ist dieser Holger ein häufiger Gast von Ihnen? Kennen Sie ihn näher?“, hakte Hartmut nach.
„Aber klar. Holger Kling, er hat … hatte mein Alter, 54, wir haben zusammen die Schulbank gedrückt und kennen uns ganz gut, waren zwar nicht befreundet, aber in letzter Zeit war er häufig im ‚Goldenen Anker‘!“
„War Herr Kling immer alleine hier, oder kam er auch mal mit Freunden oder einer Freundin?“
„Er war immer allein“, kam es wie aus der Pistole geschossen, „ich glaube, er war recht einsam nach seiner Scheidung, das dürfte so zwei Jahre her sein, seitdem kam er eigentlich ziemlich regelmäßig, meistens mittwochs und samstags.“
„Hatte das einen bestimmten Grund?“
„Nein, er wollte einfach in Ruhe sein Bier trinken, so zwei bis drei am Abend. Und manchmal haben wir eben ein bisschen gequatscht. Über dies und das, selten was Persönliches.“
„Hatte Herr Kling denn Kinder? Und machte er in letzter Zeit einen anderen Eindruck als sonst, besonders heute Abend?“
„Also von Kindern weiß ich nichts, das Thema Ehefrau war tabu, insofern kam auch kein Nachwuchs zur Sprache. Ansonsten kaum Stimmungsschwankungen, meistens war er ganz umgänglich, manchmal ein bisschen melancholisch.“
„Was hat er denn gearbeitet?“, meldete sich Dressler wieder zu Wort.
„Früher war er Beamter, aber dann erbte er viel Land bei Kehdingbruch, und das ließ er sich … na ja … das ließ er sich vergolden.“
„Wie darf ich das verstehen?“
„Ich hab keine Ahnung, was einem Grundeigentümer so eine Windkraftanlage bringt mit einem oder wer weiß wie vielen Windrädern. Man munkelte, bis zu 100.000 Euro pro Anlage und Jahr. Wenn man Verhandlungsgeschick hat und die Stromertragsbeteiligung über die 10 Prozent nach oben treibt, dann ist man bald ein gemachter Mann.“
„Und“, wollte Jochen Dressler wissen, „war er ein gemachter Mann?“
„Allerdings! Obwohl da unten ja schon eine große Windkraftanlage existiert, ließ er auf seinem Acker- und Weideland noch mal neun Windräder errichten.“
Dressler überschlug die Summe der Einnahmen und nickte anerkennend: „Nicht schlecht, aber dann steht ja dort ein Windrad am anderen?“
Der Kneipenwirt zuckte mit den Achseln: „Ich glaube, das war ihm egal. Aber irgendwie hat es ihm kein Glück gebracht. Denn in dieser Zeit ging seine Ehe in die Brüche.“
„Steht das vielleicht im Zusammenhang miteinander?“, schaltete sich Kommissar Frank ein.
„Da bin ich überfragt“, musste der Wirt zugeben.
„Okay, darüber reden wir dann mit seiner Ex-Frau. Und hier im Lokal – hat er sich da vielleicht mit jemandem angefreundet oder öfter mal unterhalten?“
„Das lässt sich doch gar nicht vermeiden. Wenn man den ganzen Abend an der Bar sitzt, mit Pieter hat er mal geredet und mit Claussen glaub ich auch, die waren aber beide heute nicht hier.“
Hartmut und Dressler befragten die vier Gäste, die noch im Lokal waren, aber das brachte rein gar nichts. Dressler wurde von einem Kollegen nach draußen geholt, und auch Kommissar Frank verließ die Gastwirtschaft. Er blieb für einen Augenblick alleine in der Marktstraße stehen, trat dann einige Schritte vom Tatort zurück und ließ alles noch einmal auf sich wirken.
Er stellte sich die Straße vor, wie sie wohl üblicherweise gegen Mitternacht aussah, und konzentrierte sich mit geschlossenen Augen darauf. Dann öffnete er die Augen abrupt, um alle Veränderungen in sich aufzunehmen. Wie bei diesen Bilderrätseln in Zeitschriften ‚Original und Fälschung‘, wo es nur winzige Details gab, die im zweiten Bild anders waren, musterte er minutiös jeden Straßenabschnitt.
Natürlich war da jetzt mittlerweile mit Kreide die Stelle markiert, wo der Tote gelegen hatte. Das Lokal „Goldener Anker“ war nach wie vor erleuchtet, an den umliegenden Häusern fiel ihm nichts Außergewöhnliches auf. Er sah hinüber zur Absperrung, forschte im Gesicht eines jeden Schaulustigen, die sich immer noch nicht hatten vertreiben lassen, nach einer Gefühlsregung, die sich von purer Sensationsgier unterschied, verfolgte den Einsatz seiner Kollegen von der Spurensicherung. Da fiel ihm ein kantig zusammengeknülltes Stück Papier auf dem Trottoir ins Auge. Wenn er den Tatort quasi wie ein Gemälde betrachtete, so kam ihm das Papierknäuel wie die Signatur des Malers am rechten unteren Bildrand vor. Während er hinüberging, streifte er sich seine Handschuhe über und wollte das Fundstück in eine Plastiktüte stecken. Da meinte er das Geräusch von Vogelschwingen in der Luft zu hören. Das konnte doch gar nicht sein, es musste sich um eine Sinnestäuschung handeln. Er hob den Blick und schaute hinüber zum Kranichhaus genau ins Auge des Wächters auf dem Dach, das ihn abschätzig, fast drohend musterte. Du hast alles gesehen, dachte Hartmut, da wurde ihm schwindlig, und er musste sich übergeben.
*
Der Schatten des Flügels zog Kreise über der Lichtung des kleinen Waldstücks, in dem Rob Zuflucht suchte. Überdimensional bewegte er sich am Firmament, und selbst wenn Rob seine Augen schloss, nahm er in gleichmäßigen Abständen dunkle Balken wahr. Sssst … ssst … ssst … ssst … ssst … dieses Geräusch drang tief in sein Bewusstsein und trat nur für kurze Zeit in den Hintergrund, wenn er völlig in seine Gedanken versunken war. Er lag im Gras und sah nach oben, und kein Vogel schwirrte da über ihn hin. Sondern die riesigen Arme des Windrads. Ssst … ssst … ssst … ssst … ssst … ssst ... hell – dunkel – hell – dunkel – Sonne – Rauschen – Surren.
Doch wie oft trugen ihn seine Gedanken mit sich fort, drehten sich in den Himmel hinein und breiteten sich dort aus, wurden zu einem Körper, zu echten Flügeln, zu staksigen Beinen, einem Schnabel und erhoben sich als Kraniche in die Luft … und folgten dort den Linien, den heiligen Linien, die über das ganze Land verteilt waren, es in gute und gefährliche Bezirke aufteilten. Die Linien, über die sein Vater ein Buch geschrieben hatte, das Rob wie seinen Augapfel hütete und aus dem er ihm und den anderen Kindern an guten Tagen vorgelesen hatte. Bruchstücke davon würde er stets in seinem Innern bewahren, wo er auch sein würde, was immer auch geschah … und es würde etwas geschehen, er spürte es in seinem Blut, in seinem Herzen, und er hatte Angst vor dieser Ahnung, Angst vor dem Kommenden, Angst vor sich selbst.
Ssst … ssst … ssst … von oben, ein Surren und Trompeten von vorn, da kamen sie … Flügel an Flügel … krarr … krruh … krarr … krruh … wie in Wellen wurden die Rufe zu ihm herübergetragen … ein Schwarm von Kranichen am Horizont … ein wundervoller Anblick … Rob blinzelte in die Sonne, beschattete seine Augen mit der einen Hand – es war ein gewaltiges Schauspiel … um Robs Mundwinkel trat ein milder, weicher Ausdruck. Vergessen waren alle Befürchtungen, denn wenn Kraniche in seiner Nähe waren, so fühlte er sich leicht und beschwingt und in Sicherheit. Er lag im Gras und lächelte.
Da hörte er ein dumpfes Geräusch und gleich darauf ein schrilles Krächzen. Er sah nach oben, musste mit der Hand die Sonne abschirmen, bevor er etwas erkennen konnte. War da nicht ein Vogel in der Luft, ganz oben in der Nähe des Windrades? Oder hatte er sich getäuscht? Da, was war das – er sah etwas Dunkles vom Himmel fallen. Vielleicht einer der Kraniche, die eben vorbeigezogen waren?
Rob sprang auf. Nie kam er der Windkraftanlage näher als bis zu dieser Waldlichtung. Nun überwand er seinen Widerwillen und stapfte durch das hohe Gras, zwängte sich durch einige Büsche hindurch, bis er vor dem mächtigen, tonnenschweren Stahlkörper des Windrades stand. Der untere Teil war in mattgrüner Tarnfarbe angelegt, die dann immer blasser wurde und schließlich ins Weiße überging. Auf einem Beton-Fundament verankert, mit einer kleinen Eisentreppe zur Eingangstür hinauf, umringt von einem Meer von Brennnesseln. Er schaute vom Fuße des Windrades zu den Rotorblättern hinauf: Wie ein ewig langer, immer spitzer werdender Schornstein bohrte sich der Turm in die Wolken. Rob stieg die paar Stufen der Treppe hinauf und blickte sich um. Überall Brennnesseln, dann Sträucher und Bäume, aber kein Tier, das Hilfe brauchte. Doch da bewegte sich etwas dicht neben einem Busch! Vorsichtig näherte sich Rob der Stelle. Da lag tatsächlich ein Kranich auf dem Boden!
Er war verletzt. Robs Herz krampfte sich zusammen. Es schien noch ein junges Tier zu sein und gab klägliche Laute von sich. Besänftigend sprach Rob auf den verängstigten Vogel ein und untersuchte ihn dabei behutsam. Am Kniegelenk stimmte etwas nicht. Er war sich nicht sicher, wie es zu der Verletzung gekommen war. Ob der Kranich die weißen Rotorblätter des Windrades als Wolkenschleier wahrgenommen oder ihre Geschwindigkeit falsch eingeschätzt hatte? Der Vogel zuckte zusammen, als Rob den rechten Flügel berührte, gebrochen schien da aber nichts zu sein. Beim Kniegelenk war er sich nicht so sicher. Der Kranich wich vor ihm zurück, hielt aber dann einen Augenblick still, als spüre er, dass Rob es gut mit ihm meinte.
Immer diese verfluchten Windräder! Rob hasste diese Dinger, nicht nur, dass sie die Landschaft verschandelten, sie waren auch eine große Gefahr für Vögel.
Rob zog dem Kranich seine Jacke über den Kopf, worauf er sich sofort beruhigte, brachte ihn mit dem Motorrad zu seinem Hof und bereitete ihm einen Platz in seinem Gewächshaus. Hier untersuchte er ihn genauer, reinigte die Wunde und schiente mit einem Stöckchen sein Bein. Das war kein leichtes Unterfangen, denn der Vogel schlug ängstlich mit den Flügeln, war aber schon sehr entkräftet. Rob vermutete, dass er auch schon länger nichts zu fressen bekommen hatte, und er sah sich in seiner Küche um, ob er etwas hatte, was den ersten Hunger stillen könnte. Er weichte ein paar Haferflocken in Wasser ein. Heidelbeeren waren auch noch da. Mit einem Holzstäbchen versuchte er ihn zu füttern und hielt ihm dazwischen die Heidelbeeren hin. Rob stieß dabei leicht trillernde Laute aus, wie er es früher oft getan hatte, wenn er mit dem Vater oder auch alleine die Kraniche beobachtete. Dabei sah er dem jungen Tier in seine schönen, noch dunklen Augen, und der Vogel schaute zurück, als verstehe er alles, was Rob dachte und sagte. Und nach einer Weile erwiderte er zaghaft das Trillern. Und Rob strahlte übers ganze Gesicht, als der Kranich zu fressen begann.
*
Kommissar Frank erschien am nächsten Morgen zu der außerordentlichen sonntäglichen Zusammenkunft im Präsidium mit leichter Verspätung.
Alle Augen ruhten auf dem Chef, prüfend oder amüsiert.
„Na, geht’s wieder?“, Amelung klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter.
Heidi Lührens kam mit einem Tablett voller Tassen mit frisch gekochtem Kaffee ins Zimmer. „Hartmut“, rief sie erfreut, denn sie hatte sich wirklich Sorgen gemacht, „was war denn los mit dir?“
„Hm“, man sah ihm an, dass ihm sein Schwächeanfall in der Nacht sehr unangenehm war, „ich weiß es auch nicht … wahrscheinlich der Alkohol, ich trinke sonst kaum was.“
„Na, wie dem auch sei“, sagte Heidi, „jetzt gibt’s erst mal Kaffee.“
„Ja, ja“, er versuchte die Erinnerung abzuschütteln, „lasst uns anfangen.“
Betretenes Schweigen. Irritiert schaute Hartmut in die Runde: „Was ist los?“
„Wir warten noch auf jemanden“, erklärte ihm Kollege Dressler, „wir haben es auch erst erfahren, es kommt noch jemand dazu. Sie sollte eigentlich erst am Montag hier sein, aber in Anbetracht der aktuellen Situation wurde sie wohl von unserem heutigen Treffen informiert“, erklärte Amelung.
Hartmut, der gerade einen Schluck Kaffee trinken wollte, setzte die Tasse wieder ab und stellte sie auf den Tisch: „Wie, es kommt noch jemand? Wer denn? Eine Frau? Und wieso wird sie über ein internes Treffen am Sonntag informiert, von wem denn?“
„Von mir“, sagte schuldbewusst Libuše, „es ist eine Bekannte von mir, die ich auf einem Lehrgang kennengelernt habe, und ich hatte ihr damals geraten, sich doch einmal bei uns zu bewerben. Sie ist Fallanalytikerin, besser gesagt eine Profilerin.“
„Wie bitte“, ereiferte sich Hartmut, „sind wir denn in einem Fernseh-Krimi? Seit wann brauchen wir einen Profiler?“
„Eine Profilerin“, die Betonung lag auf der letzten Silbe. Mit einem undefinierbaren Lächeln war Lisa Lehmann ins Zimmer getreten und betrachtete amüsiert Kommissar Frank, ging ein paar Schritte auf ihn zu und reichte ihm die Hand: „Ich glaube, wir wurden einander schon vorgestellt! Bleibt es beim Du?“
Hartmut sah sie mit offenem Mund an. Die mysteriöse Dame von der Party letzte Nacht, mit der er ganz unverschämt geflirtet hatte, weil er eigentlich angenommen hatte, sie nie wiederzusehen.
Libuše glaubte, die Situation etwas auflockern zu müssen: „Wahrscheinlich habt ihr Liz alle schon gestern bei mir kennengelernt oder sie zumindest einmal kurz gesehen.“
„Na, so jemanden kann man ja gar nicht übersehen“, murmelte Dressler, der eine Schwäche für schöne Frauen hatte.
Die Begrüßungsrunde begann, und schnell einigte man sich auch darauf, es bei allen beim ‚Du‘ zu belassen, da sich einige schon am Tag zuvor miteinander unterhalten hatten. Dennoch war das ein unübliches Vorgehen, und es hakte auch bei den meisten mit der Anrede. Und plötzlich war eine gewisse Zurückhaltung zwischen dem eingespielten Team und der Fremden zu spüren, von der man nicht wusste, ob sie sich eingliedern würde oder sich für das Allein-Seligmachende hielt.
*
Der Kranich, der sich als junges Weibchen entpuppte, hatte mittlerweile schon beachtliche Fortschritte gemacht. Am Anfang taumelte er immer wieder, wenn er versuchte, sich fortzubewegen. Da stellte Rob sich direkt vor ihn hin und breitete seine Arme aus. So weit, dass er Cara, wie er den Kranich nun nannte, am liebsten umarmt hätte, stattdessen wedelte er mit den Armen auf und ab und ahmte den Flügelschlag nach. Längst zutraulicher geworden, beobachtete Cara genau, was hier passierte, und versuchte dann vorsichtig, die Flügel zu benutzen.
Täglich übte Rob mit ihr. Und es war für ihn die schönste Zeit am Tag, auf die er sich immer besonders freute. Wenn Cara wieder etwas dazugelernt hatte, war Rob ganz stolz auf sie. Cara durfte bereits eigenmächtig ihren Verschlag verlassen, und wenn Rob in den Hof kam, wurde er freudig von dem Vogel begrüßt. Und wenn er die Arme hob, begann auch Cara mit den Flügeln zu schlagen. Die Wunde am Knie unterhalb der Schwingen im Gefieder war gut verheilt. Doch um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, musste Cara immer noch die Flügel bewegen. Sie konnte noch nicht richtig laufen und brachte lediglich ein lustiges Hopsen zustande. Rob hatte schon seit Jahren nicht mehr so viel gelacht.
„Cara, süße Cara. Sieh mal, was würdest du denn von mir denken, wenn ich so herumliefe“, dabei hüpfte Rob durch den Hof und stellte sich dabei extra ungeschickt an.
Der Kranich legte den Kopf ein bisschen schief, und Rob hatte das Gefühl, als würde er schmunzeln. Und dann versuchte Cara wieder ein kleines Stück zu fliegen.
„Das war schon viel besser als gestern“, lobte Rob, „du willst doch keine Außenseiterin werden, wenn du erst zu deinen gefiederten Gefährten zurückkehrst.“
Als er hörte, was er da gesagt hatte, musste Rob schlucken, und er wurde traurig. Cara sah ihn forschend an und stupste ihn mit ihrem Schnabel.
„Du verstehst mich so gut“, er streckte seine Hand aus, und Cara machte noch einen Hopser zu ihm hin und knabberte an seinen Fingern. Da traute Rob sich zögernd, ihr ganz sacht das Gefieder zu streicheln.
„So, und jetzt wird nach Nahrung gesucht. Denn du wirst dich ja irgendwann wieder selbst versorgen müssen“, riss Rob sich los, kniete sich hin und scharrte auf dem Boden herum.
Cara reckte ihren langen Hals nach vorne, betrachtete ihn genau und spielte dann mit. Als sie plötzlich ein Maiskorn fand, das Rob vorher dort versteckt hatte, schien sie zu begreifen, dass das ein sehr nützliches Spiel war.
Und endlich kam der Tag, als Cara ihm entgegenflog, als er einmal mit dem Motorrad in den Hof einfuhr. Rob war so froh, und es gab nichts auf der Welt, was er sich mehr wünschte, als dass Cara wieder ganz gesund werden würde. Von nun an begleitete der Kranich Rob bei seinen Fahrten. Er flog dann neben ihm her oder einfach ein Stück voraus. Und Rob drosselte die Geschwindigkeit oder neckte den Vogel, indem er ihm davonsauste. Und man konnte wahrlich von gemeinsamen Ausflügen sprechen, und wenn es das gab, auch von gemeinsamem Glück. Doch Rob wusste: Nun war der Tag nicht mehr fern, an dem er Abschied nehmen musste und Cara zu den anderen Kranichen zurückkehren würde.
*
„Okay“, sagte Hartmut Frank, „tragen wir doch erst einmal zusammen, was wir schon haben.“
Heute holte er nicht seine gefürchtete Schiefertafel und ein Stück Kreide hervor, denn auch bei Kommissar Frank hatte die Computertechnik Einzug gehalten und er hantierte am PC. Und alsbald erschienen an der kalkweißen Wand der Name und ein Foto des Opfers Holger Kling, und Hartmut kommentierte: „54 Jahre alt, lebt von seinem ererbten Grundbesitz, den er an Windparkbetreiber verpachtete, seit zwei Jahren geschieden. Die Ehefrau lebt drüben in Brunsbüttel und ist offenbar neu liiert. Kling galt als unauffälliger, regelmäßiger Besucher des Lokals ‚Goldener Anker‘, ein früherer Schulkamerad des Wirtes dort.“
„Jochen“, er wandte sich Dressler zu, „sprichst du mit seiner Frau? Es dürfte interessant sein, ob sie die Verpachtung der Gebiete guthieß. Dann könnte sich Helmut mal in der Umgebung seines Hofes umhören, was Kling so für ein Zeitgenosse war.“
Beide Kollegen nickten.
„Nun zu Ihnen, besser gesagt zu dir, Liz“, fast hätte er gestottert, „wir haben ja nun wenig konkrete Anhaltspunkte. Unser Mörder hat weder Fingerabdrücke noch Fußspuren hinterlassen. Die Spurensicherung vermutet sogar eher Tod durch einen Raubvogel. Ich weiß ja nun nicht …“
Amelung beendete den Satz für ihn: „… ob hier überhaupt ein echtes Betätigungsfeld für eine Profilerin sein wird. Oder wird jetzt überlegt, ob der Vogel psychisch gestört war?“
„Jetzt schießt du aber scharf“, verschaffte sich Heidi Gehör, „ihr wisst doch noch gar nichts, vielleicht ist es ja doch ein normaler Mörder. Nun gebt der neuen Kollegin doch mal eine Chance!“
„Danke, Heidi. Das ist total nett von dir!“ Im Gegensatz zu ihren Cuxhavener Kollegen hatte Liz keine Schwierigkeiten mit dem ‚Du‘, „aber ich komme schon klar. Und zudem … glaube ich nicht so recht an diese Raubtier-Theorie. Tiere töten eher, um sich oder ihre Brut zu verteidigen oder weil sie Hunger haben. Die Tat war ausgesprochen grausam, das würde keinen Sinn machen. Gehen wir jetzt aber von einem menschlichen Täter aus, bekommt der Mord schon ein ganz anderes Gesicht. Dieser Mörder wollte nicht einfach nur töten, er wollte bestrafen, er wollte vernichten, auslöschen. Wut steckt dahinter, ein konkreter Anlass. Rache vielleicht, bestimmt sogar“, überlegte sie.
Sie ging zum Tisch, auf dem die Fotos vom Tatort lagen, betrachtete sie noch einmal der Reihe nach. „Es war ein regelrechtes Gemetzel. Und warum wurde er gerade auf diese Art umgebracht? Genau wie draußen in der rauen Natur ein Opfer von einem stärkeren Gegner gerissen wird.“
„Ich würde nicht sagen, genau wie in der rauen Natur, sondern tatsächlich in der Natur, es war ein Raubvogel“, sagte Amelung.
Liz zuckte mit den Achseln: „Da müssen wir den medizinischen Bericht abwarten. Wenn es ein Tier war, dann ein scharf abgerichtetes … und da stünde ja dann auch wieder ein Mensch dahinter.“
„Und was ist mit dem klitzekleinen Detail, dass keine Fußspuren in der Blutlache zu sehen waren?“, fragte Dressler.
Keiner sagte mehr etwas, jeder schien seinen Gedanken nachzuhängen.
„Am besten nehme ich mir die Unterlagen einmal mit“, schlug Liz vor. „Ich habe im Best Western am Hafen gebucht. Vorerst kann ich von dort aus arbeiten, bis ich hier vielleicht ein Zimmer oder zumindest einen Schreibtisch bekomme“, dabei schaute sie Hartmut Frank fragend an.
„Das lässt sich sicher machen“, er lächelte sie nun doch an, „wir wurden ja mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt … “ Das konnte ja heiter werden, Hartmut war noch nicht einmal Zeit geblieben, sich darüber klar zu werden, was er denn nun davon hielt, seine Party-Bekanntschaft so schnell wiederzusehen. Und nun würde er sie täglich treffen, auf engstem Raum mit ihr arbeiten, es machte ihn nervös, aber – er begann sich insgeheim auch ein bisschen darauf zu freuen.
Liz war eine selbstbewusste, geradlinige Frau, nicht ohne Ehrgeiz, der sie aber noch nie in ihrem Urteilsvermögen beeinträchtigt hatte. Sie hatte lange Zeit in Berlin gelebt, doch sie musste weg aus der Stadt, und das hatte einen triftigen Grund ... einen Grund, der niemanden etwas anging.
Sie hatte sich auf gut Glück erkundigt, ob in den Nordregionen eine Fallanalytikerin gebraucht wurde, und man hatte ihr zugesagt, dass sie in Cuxhaven beim nächsten größeren Fall dabei sein würde. Dass es so schnell gehen würde, hatte sie jetzt wirklich nicht gedacht. Es konnte doch kein Zufall sein, dass sie nun ausgerechnet hier diesen Mann wiedertraf, der sie gestern Abend tatsächlich beeindruckt hatte mit seiner poetischen Schlagfertigkeit und, wenn sie ehrlich war, nicht nur damit. Sie erwiderte sein Lächeln und dachte dabei, mein kleiner „Bard of Avon“, dieser Spitzname Shakespeares klang in ihrer Vorstellung fast wie ein Kosewort.
„Wo ist das zerknitterte Papier?“, wie vom Donner gerührt war Hartmut aufgesprungen, das hatte er völlig vergessen, „ich hab es gestern nicht mehr gepackt, es einzutüten.“
Alle schauten ihn verständnislos an.
„Das gibt es doch nicht“, Hartmut konnte es nicht fassen, „es war ein zusammengeknülltes, gelbes Stück Papier. Ich weiß, dass es wichtig ist.“
„Wir haben die Sachen des Toten sichergestellt, es waren ihm ein paar Dinge aus der Jacke gefallen. Aber ein Papierknäuel war nicht dabei“, erklärte Jochen Dressler.
„Das ist doch nicht euer Ernst! Es muss ganz in der Nähe von dem Ort gelegen haben, an dem ich … nun sagen wir mal, ein bisschen in die Knie gegangen bin. Wie oft haben wir schon Tatort-Begehungen gemacht, wir dürfen einfach nicht nur den kleinsten Radius nehmen. Da muss alles, wirklich alles inspiziert werden“, sagte der Kommissar verärgert und griff sich seine Jacke, „ich fahre sofort wieder nach Otterndorf.“
„Jetzt mach mal halblang“, sagte Amelung, „vielleicht hat es auch der Wind weggeweht. Und du hattest es ja wohl auch wieder vergessen.“
„Warte“, sagte Libuše zu ihrem Chef, „ich komme mit. Wir sind doch hier ohnehin fertig für heute, nehme ich an.“
„Was sage ich euch schon die ganze Zeit“, Britta Peters ging ungeduldig vor der Bühne auf und ab, „mit Gefühl … mit mehr Gefühl!“
Die Tanzenden auf der Probebühne hielten außer Atem inne und schauten missmutig zu ihrer Choreografin hinunter. Sie hatten sich das alles leichter vorgestellt, sie waren doch keine Profitruppe, sondern ein zusammengewürfeltes Grüppchen der Volkshochschule. Und Britta Peters, die den Kurs leitete, war keine Pariser Ballett-Choreografin, sondern hatte gerade erst ihr Studium beendet, dafür aber höchst eigenwillige Vorstellungen.
„Entschuldigt“, kehrte Britta auf den Boden der Tatsachen zurück, „ich weiß, dass ich euch zu sehr trieze, aber ich habe die gesamte Vorstellung schon genau im Kopf und sehe alles vor mir ablaufen, und das sieht irgendwie anders aus.“
„Ja, aber es soll doch auch Spaß machen“, verteidigte sich Heiner und schaute Beifall heischend in die Runde. Manche nickten ihm zu, aber Henriette brachte es auf den Punkt: „Du hast bestimmt ein tolles Stück entworfen, aber irgendwie verzettelst du dich beim Erklären. Du gibst uns ein Bild und wir versuchen es umzusetzen, und schon kommt das nächste und das nächste.“
Ernüchtert schaute Britta zu ihren Mitstreitern auf der Bühne: „Ein bisschen liegt es auch daran, dass wir noch ein paar zusätzliche Mitwirkende brauchen könnten. So will ich zu viel in eine Person legen. Okay – lasst uns noch mal ganz neu anfangen – bitte?“
Einer nach dem anderen stieg zu ihr herunter, Henriette legte den Arm um ihre Schultern: „Klar machen wir das. Wir wollen doch schließlich gewinnen“, und sie schaute aufmüpfig die anderen an, „oder?“ Zustimmung kam von allen Seiten. Denn keiner hatte Lust, Britta ernsthaft anzugreifen, da sie eine dieser Frauen war, die beinahe jeder mochte: sympathisch, offen, freundlich.
Heute zur Probe hatte sie ihre langen, braunen Haare mit einer blauen Schleife zu einem flotten Zopf zurückgebunden, der sie noch sportlicher aussehen ließ als sonst. Und energisch – denn sie wusste, was sie wollte, ohne die anderen damit zu überfahren. Ein bisschen übereifrig war sie allerdings, gerade bei Dingen, an denen ihr Herz hing. Denn natürlich wollte auch sie gewinnen.
Die Otterndorfer Kranichhaus-Gesellschaft hatte zum bevorstehenden Jubiläum ihres 60-jährigen Bestehens einen Wettbewerb ausgeschrieben: Gruppen und Einzelpersonen sollten einen künstlerischen Beitrag zu einem Thema rund um das Kranichhaus leisten. Und Britta Peters hatte sich eine Choreografie ausgedacht, die nun wirklich zu dem Barockhaus passte: Der Tanz des Kranichs.
Es war ihr vor Kurzem eingefallen, als sie in Hamburg im Theater eine Szene aus „Schwanensee“ gesehen hatte. Plötzlich nahmen die herrlichen Balzgebärden der Kraniche vor ihren Augen Gestalt an, und die Idee war geboren. Das gab dann auch den Ausschlag, gänzlich in das Otterndorfer Haus ihrer Tante Beatrice zu ziehen. Bisher hatte sie in einer kleinen Studentenwohnung in Hamburg gewohnt, die sie jetzt aufgab. Beatrice Peters war nach Cuxhaven gezogen und kümmerte sich wieder mehr um die Führung ihrer Firma „Globus“. Sie war auf dem besten Weg, wieder zu der knallharten Geschäftsfrau zu werden, die sie gewesen war, bevor sie die Liebe für sich entdeckte. Doch sie hatte ihre große Liebe verloren, und dem schalen Beigeschmack des Verschmähtwerdens konnte sie bisher noch nichts anderes entgegensetzen.
Überraschenderweise fühlte sich Britta in dem großen Haus wohl, in dem sie glückliche Kindheitsjahre verbracht hatte. Obwohl doch ihr Vater dort …
Unsanft wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Auch alle anderen schauten erschrocken auf, als der Hausmeister plötzlich in die Halle stürzte. Aufgeregt berichtete er von dem grausigen Mord, der in der Nacht davor entdeckt worden war. Obwohl ihr Treffen noch gar nicht so lange dauerte, hatte keiner mehr Lust, weiter zu proben.
*
Eine Fremde kommt an einen neuen Ort, und ein Mord geschieht, überlegte Britta. So war es vor einiger Zeit der Urlauberin Rita Sieversen in Cuxhaven ergangen. War Britta etwa die Nächste, die das erleben musste? Aber so fremd war sie ja schließlich gar nicht. Voller Entsetzen stellte sie fest, wie sehr sie es immer wieder verdrängte, dass der Ermordete in Cuxhaven am Galgenberg ihr eigener Vater gewesen war. Immer von Neuem schob sie diese Tatsache weit von sich, und es funktionierte deshalb so gut, weil sie ihren Vater jahrelang nicht gesehen hatte, bevor der Mord passierte. Sie hatte sich immer nur vorgestellt, er lebt da in Otterndorf mit seiner Schwester Bea, hat bestimmt tausend Geliebte und braucht uns ja offensichtlich überhaupt nicht. Nach der Trennung der Eltern hielt sie zu ihrer Mutter und lebte auch bei ihr. Zu ihrem Vater hatte sie ein zwiespältiges Verhältnis und ihn nur selten auf sein Drängen hin getroffen. Sie gab ihm die Schuld am Unglück ihrer Mutter. Doch im tiefsten Inneren hatte sie sich immer nach ihm gesehnt und ihn schmerzlich vermisst. Nie hatte sie sich ganz gefühlt. Aber dieser Schmerz war dick in Watte verpackt, sodass sie ihn zwar wahrnahm, aber nicht darunter litt, als betreffe er sie gar nicht. Doch sein Tod hatte die Wunde wieder aufgerissen und sie tief erschüttert. Und sofort setzte das schlechte Gewissen ein, ihm nie mehr eine wirkliche Chance gegeben zu haben. Ihre Mutter war fassungslos, dass sie überhaupt mit dem Gedanken spielte, in das Haus ziehen zu wollen, das er der Tochter vererbt hatte. Und zunächst konnte Britta es sich auch nicht vorstellen. Doch als sie das Wohnhaus nach so vielen Jahren wieder betrat – zum Glück in Begleitung ihrer Tante Bea –, spürte sie, dass sie hierhergehörte, dass sie sich konfrontieren wollte und musste. Zudem liebte sie Otterndorf, genauso wie Cuxhaven, eigentlich die gesamte Nordseeregion.
Sie war auf dem Weg nach Hause und konnte sich nicht von den Bildern lösen, die nach den Schilderungen des grausamen Mordes in ihrem Kopf entstanden waren.
Das Piepen ihres Handys erinnerte sie daran, dass sie die Sprachnachricht immer noch nicht abgehört hatte. Eine Angestellte der Volkshochschule teilte ihr mit, dass sich auf die Annonce der VHS hin noch drei weitere Leute gemeldet hatten.
„Was“, rief Britta aus. Damit hatte sie nicht mehr gerechnet. Denn die Ballett-Szenen, die sie sich ausgemalt hatte, waren ohne zusätzliche Mitwirkende kaum zu realisieren.
Sofort sprach sie wiederum eine Nachricht auf den AB der VHS: „Danke für die tolle Neuigkeit! Wenn Sie so nett wären, teilen Sie den Interessenten doch auch die neue Adresse mit, die ich angegeben habe. Zudem haben wir uns einstimmig entschieden, die Proben auf abends zu verlegen, das können sich die Leute eher einrichten. Ich hoffe, das ist für Sie okay? Der nächste Treffpunkt wäre dann Dienstag um 19 Uhr. Vielen Dank für Ihre Mühe. Ich freu mich sehr.“
Die Euphorie kehrte zurück. Der Dämpfer, den ihr ihre Mitstreiter gerade verpasst hatten, löste sich in Luft auf. Mit drei weiteren Leuten werden wir es schaffen. Und plötzlich strahlte sie übers ganze Gesicht, und ihr Schritt beschleunigte sich von ganz allein. Sie wollte nichts als nach Hause und ihre Choreografie neu ausarbeiten. Dennoch hatte sie das seltsame Gefühl, als verfolge sie jemand, sie drehte sich mehrmals um, aber sie sah niemanden.
*
Kommissar Frank und seine Kollegin Libuše standen ratlos in der Marktstraße in Otterndorf. Keine Spur mehr von dem gelben Papier weit und breit.
Libuše fragte vorsichtig: „Und du bist dir ganz sicher, dass da Papier-Schnipsel gelegen haben?“ Es klang ungläubig.
Hartmut nickte: „Keine Papier-Schnipsel, so eine Art Papier-Stern. Auch wenn ich etwas getrunken hatte, glaub mir, er lag dort!“
Libuše rief noch einmal die Spurensicherung an. Und Hartmut inspizierte die hohen grauen Papierkörbe in der Nähe, und zwar richtig. Er leerte die Behälter aufs Trottoir und kramte hemdsärmelig im Müll herum.
„Pah, was stinkt das“, machte Hartmut doch seinem Unmut Luft. Denn am Wochenende sammelte sich eine riesige Menge Unrat an. Aber – beim zweiten Papierkorb hatte er Glück. Da war es! Er fischte ein gelbes Papierknäuel heraus. „Ich hab’s!“
Schon war Libuše zur Stelle. „Na, das hat ja keine so richtige Form mehr“, meinte sie skeptisch.
„Doch, siehst du das nicht“, ereiferte sich Hartmut, „es erinnert an eine Bastelfigur aus dem Kindergarten.“ Er zupfte an den Ecken des Papiers und zog es leicht auseinander, und allmählich schälte sich die ursprüngliche Form wieder heraus.
Libuše machte große Augen und lachte dann: „Das ist kein Bastelknäuel – sondern eine Origami-Figur. Meine Nichte hat da solche Bögen zu Hause mit Faltanleitung.“
Auf Hartmuts fragenden Blick erläuterte sie: „Japanische Faltkunst eben, und das scheint mir ein Kranich zu sein!“
*
Britta hatte es sich auf ihrem Sofa im Wohnzimmer gemütlich gemacht und träumte sich zurück zu dem Abend vor ein paar Wochen, als sie mit ihrer Tante Beatrice in Hamburg im Ballett gewesen war.
„Ach herrje, wo hast du mich denn hingeschleppt?“, beschwerte sich Beatrice Peters. Sie saßen im Minerva-Theater – natürlich auf den besten Plätzen, denn Tante Bea hatte ihren großzügigen Tag gehabt, als ihre Nichte sie bat, doch einmal wieder mit ihr in die Oper oder ins Ballett zu gehen. Aber weiter hatte sie sich um nichts gekümmert, lediglich bezahlt, eine ihrer leichtesten Übungen.
„Das ist Kunst, Bea“, erklärte Britta nachsichtig.
„Das ist verstaubter Kram aus der Mottenkiste“, war ihr sarkastischer Kommentar.
Britta prustete los, sollte sie jemals etwas Künstlerisches zuwege bringen, so würde sie es ihrer Tante zur Begutachtung vorlegen, denn was unter ihren Augen Gnade fand, das musste schon etwas Besonderes sein.
Sie saßen in Tschaikowskis Ballett „Schwanensee“, Britta hatte Lust gehabt auf etwas Konventionelles, aber dass es so bieder inszeniert sein würde, dass hatte auch sie nicht geahnt. Die Musik war natürlich traumhaft, und sie merkte, dass sie den Tänzern auf der Bühne in ihrer Fantasie die rüschigen Kleider auszog und sie mit gewagten Kostümen ausstaffierte und dass sie ihre Bewegungen, ihre Tanzschritte, ihre Gebärden umwandelte in ein viel aufregenderes Ballett. Und da war es geschehen, in ihren Gedanken gingen die Tänze auf der Bühne eine atemberaubende Liaison ein mit der Ausschreibung der Otterndorfer Kranichhaus-Gesellschaft, die originelle Beiträge zu ihrem ehrwürdigen Barockhaus suchte. Und sie sah Kraniche vor sich, sich umtanzen, miteinander streiten, sich umwerben und verlieben.
„Bea, du bist einfach toll!“, teilte sie der Tante mit, als sie in der Pause auf den Barhockern im Foyer saßen und mit einem Sekt anstießen.
„Wie komm ich denn zu der Ehre?“, fragte Bea ehrlich interessiert, denn sie war eine Frau, bei der man mit Komplimenten gar nichts erreichte und die allem auf den Grund gehen musste.
„Deine Kritik hat mich zu einer ganz anderen Choreografie-Idee verleitet“, sie prostete ihr zu, „und die werde ich versuchen, in Otterndorf mit Laiendarstellern umzusetzen.“
„Da hast du dir ja was vorgenommen“, spottete sie, „wie willst du denn ausgerechnet in Otterndorf grazile Balletteusen finden … ich hätte nie gedacht, dass ich mich heute noch amüsieren würde. Es hat schon seinen Grund, warum ich aus dem Dorf weggezogen bin.“
Britta schlug scherzhaft mit dem Programmheft nach ihrer Tante: „Schlange!“
Sofort verfinsterte sich Beas Gesicht, und Britta merkte zu spät, was sie gemacht hatte.
„Tut mir leid“, sie guckte betreten auf ihr Glas, „ich wollte dich nicht an Erika erinnern.“ Beas große Liebe, die sie für die Urlauberin Rita Sieversen verlassen hatte und mit ihr nach Berlin gezogen war.
„Schon gut“, versuchte Beatrice die Vorstellung wegzuschieben, „es sagte eben niemand so liebevoll ‚Schlange‘ zu mir wie Erika. Aber na ja, was vorbei ist, ist vorbei. Wie sagst du immer so schön, auf zu neuen Ufern – aber es gibt hier wahrlich mehr neue Ufer als Flüsse, doch überall schmeckt das Wasser schal und banal.“
„Also, Tante Beatrice“, Britta betonte das Wort Tante, „bitte keine Details! Es wird schon wieder eine kommen, die dir das Herz stiehlt.“
*
Hartmut Frank lieferte das erbeutete Stück Papier bei der Spurensicherung ab und konnte endlich Feierabend machen. Für alle Fälle hatte er in seinem Handy ein Foto davon gespeichert.
Endlich zu Hause, parkte er seinen Wagen in der Garage. Er wohnte in einem der schönen, zurückgesetzten Häuser der Nordheimstraße in Sahlenburg mit kleinem Garten und Sitzecke im Hof. Schon seine Eltern hatten hier gelebt, und nach ihrem Tod war er hierher zurückgekehrt. Wie so oft war er den Weg des geringsten Widerstandes gegangen und hatte sich quasi ins gemachte Nest gesetzt. Zwar war die Straße nicht eben die attraktivste, entsprechend den früheren Reihendörfern zog sie sich beinahe kerzengerade bis fast hinunter zum Strand, aber auf der gegenüberliegenden Seite gab es überall Durchgänge zum Wernerwald. Es war befreiend, abends noch einmal ein Stück in den Wald hinein zu schlendern und einfach abzuschalten oder, wenn es sich nicht vermeiden ließ, den jeweiligen Fall noch einmal neu zu überdenken.
Heute aber zog es ihn zu seinem Sessel im Erker, denn er fühlte sich schon wieder erschöpft. Hoffentlich bekam er keine Erkältung. Was hatte ihn nur so geschwächt auf Libušes Party? Es konnte nicht nur der Alkohol gewesen sein, er hatte den ganzen Abend über lediglich zwei, drei Gläser Wein getrunken und mindestens doppelt so viel Wasser. Irgendetwas am Tatort hatte ihn irritiert, er schloss die Augen, bekam es aber nicht zu fassen. Auf jeden Fall hatte es mit dem Kranich zu tun oben auf dem Kranichhaus, wie durchbohrt war er sich vorgekommen von seinen Blicken.
Plötzlich ertappte er sich dabei, dass er vor sich hinlächelte. Sie war ganz schön schneidig, die neue Mitarbeiterin, fiel ihm unpassenderweise an dieser Stelle ein. Sie wusste genau, was sie wollte, irgendwie gefiel ihm das. Er stand ja eigentlich mehr auf den sanften Typ Frau, aber diese Liz, die hatte was. Und sexy fand er sie auch. Auf der Party war es ein lockeres Umkreisen gewesen, diese Leichtigkeit war jetzt natürlich passé. Nun musste man sich erst mal beim Arbeiten zusammenraufen, aber – schon wieder lächelte er – sie flirtet da einfach weiter. Seine Stirn legte sich in Falten, ob ich ihr überhaupt gewachsen bin? Früher wäre er solchen Frauen aus dem Weg gegangen, aber jetzt … was hatte er zu verlieren? Ihm fiel eine Chanson-Zeile ein: „Lass sie fallen, die Bilder von dir und mir“, das wär’s doch: jemandem zu begegnen, bei dem man so sein konnte, wie man wirklich war.
Aber dass man ihnen einfach eine Profilerin zugeteilt hatte, war schon ein starkes Stück. Klang das nicht ein bisschen so, als glaube man, sie würden es alleine nicht schaffen? Um sich abzulenken, kramte Hartmut sein Handy aus dem Jackett und schaute sich noch einmal das Foto der Origami-Figur an. Und es erfasste ihn dieses rauschhafte Gefühl, als sei er auf eine heiße Spur gestoßen. An was erinnerte ihn nur dieses eckige Papierknäuel, und wo hatte er etwas Ähnliches schon einmal gesehen? Ein kantig gefaltetes Tier als Signatur eines Mordes? Richtig, jetzt fiel es ihm ein, es war kein anderer Fall, der ihm im Gedächtnis geblieben war, es war …
Hartmut sprang auf und suchte aus seinem Regal eine bestimmte DVD heraus, legte sie in den Player ein und spulte vor. Stopp, da war die Szene: Der beauftragte Killer hinterließ am Tatort des Mordes eine Origami-Figur, aber im Film war es kein Kranich, sondern ein Einhorn.
„Donnerwetter“, er war ganz aufgeregt, „da kopiert jemand ,Blade Runner‘“, einen seiner Lieblings-Science-Fiction-Filme!
*
Sie wusste gar nicht, was sie zuerst machen sollte, es gab so viel zu erledigen. Ihr praktischer Sinn siegte. Sie griff zum Telefon und wählte ihre Tante an: „Beaaa“, sie zog ihren Namen bittend in die Länge, sodass ihre Tante schon insgeheim den Geldbeutel zückte.
„Ja, bitte“, fragte sie „was kann ich für dich tun?“
Britta grinste: „Möchtest du nicht einen kleinen Obolus leisten für die Kunst?“
„Pah, wenn du so fragst, bekommst du gar nichts. Sag doch einfach, du brauchst Geld und basta.“
„Okay, Tante“, Britta gab sich einen Ruck, denn nie zuvor hatte sie das Angebot ihrer Tante angenommen, zumindest für sich selbst überhaupt erst in Betracht gezogen, „ich brauche Geld!“
Als Beatrice die Summe hörte, musste selbst sie erst einmal schlucken: „Du machst dich, Kleines … “, man hörte, wie sie sich am anderen Ende der Leitung etwas notierte, „ich überweise es dir – und Britta, gib nicht alles auf einmal aus.“
„Danke, Bea“, sagte Britta, aber ihre Tante hatte längst wieder aufgelegt, denn in ihrer Küche wartete eine entzückende Pizza-Lieferantin auf ihr Wechselgeld …
Die finanzielle Seite war ja jetzt gesichert, nun ging’s an Konzept. Sie musste die Szenen umschreiben … für drei weitere Tänzer. Sie war so aufgeregt. Wie die neuen Teilnehmer wohl sein würden? Ob sie Tanzerfahrung hatten? Ob sie sich gut in die Gruppe eingliederten?
*
Kommissar Frank und Jochen Dressler fuhren diesen Weg nun schon seit vielen Jahren, und nie, dachte Hartmut, nie konnte er dieses unangenehme Gefühl abstreifen, beinahe einen leichten Widerwillen, diese Schwelle zu überschreiten. Die Kühle der Räume, die auf eine andere Weise schauern machte, als wären sie in einen Eisregen geraten, die nüchterne Sprache, die dem Fall zwar zuträglich war, aber die doch einen Menschen betraf, der vor Kurzem noch lebte und Wünsche und Ängste hatte und nun reduziert wurde auf, na sagen wir mal, zwei bis drei Pfund Hirnmasse und einen perforierten Darm.
„Grübelst du wieder?“, fragte ihn sein Kollege Jochen.
Hartmut wandte ihm kurz sein Gesicht zu, konzentrierte sich aber sofort wieder auf die Straße. Wie gut sie sich kannten! „Ja“, sagte er mehr zu sich selbst.
„Immer hereinspaziert, die Herrschaften“, begrüßte sie Gerichtsmediziner Lohmeier, der Fuchs, wie er allgemein genannt wurde. Er hielt ihnen die Tür auf mit einer Geste, als lege er ihnen die Welt zu Füßen. „Achtung, Stolperfalle“, schon war man wieder in der Realität angekommen.
„Etwa gegen Mitternacht trat der Tod ein“, Fuchs Lohmeier kratzte sich hinterm Ohr: „Nun ja, ein Blutbad.“
