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Der chaotische Werbedesigner Matthias Braun ist ein Frauenheld par excellence – bis er auf die sonderbare Laila trifft. Seine Freunde warnen ihn, doch er beginnt sie zu lieben. An ihrer Seite erlebt Matti Himmel und Hölle. Schließlich stößt er auf ein unglaubliches psychisches Phänomen. Laila ist bedauernswert. Sie hört Klänge, wenn sie Farben sieht, sieht Muster, wenn sie Düfte riecht. Aber das soll nicht der letzte Grund bleiben, warum Matti sie beschützen will. Als er ihr längst völlig verfallen ist, entdeckt er, dass Laila etwas Schreckliches getan haben muss. Seine Hingabe ist so stark, dass er eine Gefahr verkennt: Liebe kann auch tödlich sein. Zu guter Letzt geht es um Leben und Tod …
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Seitenzahl: 622
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Maxi Hill
Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe
Doppelband
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Teil I - Die Farben der Klänge - Matti Braun erzählt
Die Farbe Blau
Der ganz normale Wahnsinn
Des Lebens schuldig
Verrückte Liebe
Bittere Wahrheiten
Matthias Braun
Teil II - Verfluchte Liebe - Die Rache
Laila
Verdachtsmomente
Die Schizophrenie des Lebens
Der Preis der Wahrheit
Laila und Matti
Maxi Hill
Impressum neobooks
Ich habe gelebt, als würde ich die Sonne nicht brauchen, nur weil eine Uhr genauer geht. Ich habe gedacht, nicht vertrauen zu müssen, weil ich selbst gelogen hätte. Ich habe geglaubt, die Liebe sei ein Geschenk, das man nicht zurückgeben muss. Heute weiß ich, ich war ein Idiot.
Das Fenster zeigt zur Südost-Seite des Hauses. An diesem Junitag geht die Sonne schon sehr früh auf, früher als die Menschen bereit sind, ihren Tag zu beginnen. Es ist noch still im Haus. Matthias Braun zwängt sich lautlos durch die angelehnte Tür. Der laue Morgenwind fächelt sanfte Wellen über die zartgelbe Gardine. Das silberblaue Windspiel erwacht zögernd. Im großväterlichen Haus zwängt sich das Licht der Morgensonne durch die gelben Lamellen und wirft helle Streifen über die lustig getupfte Tapete.
Mattias Braun hält den Atem an. Sein Blick saugt das Wunder des Lebens tief in sich ein. Seine Lippen schmecken die Süße, die seine kleine Tochter Jane-Maria verströmt.
Wie er so in sich gekehrt sitzt, möchte man glauben, er sei die Vollkommenheit eines Vaters. Wer kann schon sehen, wie alles in ihm schreien möchte…
Für einen winzigen Moment schweifen die blaugrünen Augen ab, glättet sich das Grübchen auf den ebenmäßigen Wangen. Er schaut durch das Fenster hinunter zum Fluss. Die Morgenfrische und der Druck in seiner Brust bringen zwei Gedanken nicht zusammen:
Was hat der Schöpfer an uns verdorben, wenn man dem Zweifel mehr Kraft gibt als dem Glauben?
Ich, Matthias Braun, schreibe dieses Buch für Laila. Bei den ersten zwanzig Seiten würde sie erröten. Sie würde jede Zeile abscheulich finden. Sie würde mich abscheulich finden. Verzeih mir, Laila.
Die ganze Welt begann mit einem Urknall. Auch ich will bei der Eruption in meinem Wesen beginnen, will meine Verdorbenheit nicht beschönigen. Natürlich könnte ich sie auch in kleinen Tröpfchen untermogeln. Doch sind nicht viele kleine Tropfen auch ein tosendes Meer? Sind nicht viele kleine Bosheiten eine große Boshaftigkeit? Ich bereue. Aber ich schwöre, die Wahrheit zu sagen und nichts als die Wahrheit.
Meine Mutter verteidigte mich oft vor meinem Vater: Wer erfolgreich sein will, müsse pausenlos seine Übernatur zur Schau stellen. Ich besaß nur eine Übernatur. Die Verkommenheit. Die Entartung der Seele. Die Gier nach Sex. Was wusste ich über Schuld, was über Unschuld? Unschuld bezog ich allenfalls auf den Körper einer unberührten Frau – also war das Einlassen auf die Unschuld zutiefst abenteuerlich. Schuld war etwas, was nur die anderen betraf - und diese Meinung teilte ich mit den meisten Menschen. Von der Geschlagenheit durch Schuld ahnte ich nichts. Von wahrer Liebe wusste ich nichts. Ich gehörte dieser Clique an, dieser Bonobo-Gemeinschaft, von der sich unser Freund, der Kulturjournalist Sigmund Waas, an diesem denkwürdigen Tag als erster abwandte. Denkwürdig war der Tag dennoch nur, weil Laila in mein Leben trat.
Sigmund war nicht zu überzeugen. Nicht einmal unser Advokat in spe, Ingo Barthels, konnte es mit seinen Sprüchen: »Treue funktioniert nur bis zum vierten Jahr. Maximal. Das sagt die neueste Scheidungs-Statistik, und die ist untrüglich. Und überhaupt: Die fleischlichen Laster toben auch vor und hinter den Kirchenmauern.«
Ingo musste so etwas wissen, auch wenn sein unbenutzter Talar noch den Geruch des Färbebottichs trug. »Der Schöpfer hat die animalischen Triebe in uns nicht unterbunden. Im Gegenteil - er hat sie gefördert. In der Natur befähigt Untreue zum sichersten Blick auf frisches genetisches Material. Treue ist die Erfindung des Abendlandes. Gottes Sohn selbst ist in Wahrheit ein Produkt der Untreue.«
Wenn ich ihn richtig verstand, kam es vor Gott und der Welt auf die Sichtweise an, um als unschuldig zu gelten.
Nun ist es ein schweres Los, der Sohn eines Apostels sozialer Gerechtigkeit und Jüngers Äskulaps zu sein. Andererseits ein angenehmer Trost, meinen Vater für all meine Sünden schuldig zu befinden. Übung macht den Meister, das hatte er mir viele Jahre gepredigt. Nur meine Promiskuität, die nichts anderes als unermüdliche Übung war, verurteilte er mit nervigen Standpauken über Verantwortung, die ich erst verstehen würde, wenn ich einst eigene Kinder hätte.
Ich hasste Kinder; sogar mich selbst, als ich noch eines war. Kinder rauben ihren Vätern den Schlaf und Müttern die Libido. Es gibt keinen Beweis, dass Kinder ein Produkt der Liebe sind? Ein Rückstand sind sie. Ein Kopulationsrückstand. Für Kopulation ist Liebe nicht nötig, auch wenn die halbe Menschheit es Liebe machen nennt. Für mich war Liebemachen der genialste Spaß meines Lebens. Eine andere Erfahrung war mir fremd. Die kam erst viel später. Mit Laila. Aber schön der Reihe nach …
Dieser Tag wurde - was ich nicht voraussehen konnte - der wichtigste meines Lebens, wenn ich meine Geburt mal ausnehmen darf. (Sogar meine Zeugung schien unwichtiger als meine Geburt, es hätte noch so viel dazwischen kommen können. Ich weiß jetzt, wovon ich spreche, damals wusste ich es nicht. Weshalb ich bis dahin den Paarungsakt für das Wichtigste hielt.)
In unserer Stammkneipe «Harmonika» ging es an diesem Samstag zu, wie es immer zuging. Unsere Clique traf sich, in der es - wie die Bonobos - jeder mit jedem trieb. Nur Lizzy war theoretisch außen vor. An ihr hatte Leo sein Vorrecht vergoldet. Lizzy erfüllte alle Merkmale der modernen Ikonographie von Schönheit. Ich liebte lange Beine und dralle Busen und ich bevorzugte Blondinen. Immerhin war die helle Freude angenehmer als der graue Alltag. Auf unserem zufällig gemeinsamen Weg verfiel ich Lizzys handfestem Hilfeschrei, weil Leo im Ring stand. Und wenn er dann komme, sei er ständig fix und fertig.
Ich spürte, wie alles in mir den Aufstand probte und ich wäre ein schlechter Freund, hätte ich Lizzy nicht gegeben, was sie so flehentlich einforderte. Sofort. In der Clique musste es ja keiner wissen.
Als wir verspätet in der «Harmonika» ankamen, waren alle anderen schon da. Adi, Ingo, Sigi, Jupp, Cora, Stella, Conny. Es war aus zwei Gründen ein denkwürdiger Samstag. Zum einen, weil Sigmund Waas beschlossen hatte, der Clique endgültig den Rücken zu kehren. Zum anderen, weil ihm dafür ein seltsamer Gast den Anlass gab.
Meine Gedanken rotierten noch, mit wem ich die Nacht verbringen würde, als eine fremde Frau zur Tür herein trat. Nicht nur ihr Haar, das schwer und dunkel an ihr herab fiel, verlieh ihr einen Hauch von Exotik. Ihre Haut erinnerte an Muskat und aus den schwarzen Augen unter den dichten aber wohlgezeichneten Brauen blitzten winzige helle Punkte, als hätte sie soeben noch geweint. In Wahrheit lächelte sie scheu und winkte Lizzy zu, die mit abfallenden Mundwinkeln behäbig von ihrem Barhocker rutschte und zur Tür lief, wo die Fremde artig stehen geblieben war. Erst als Lizzy ohne Eile ihren halbleeren Drink zu Ende lutschte, erfuhren wir, dass Leo die Fremde gebeten hatte, Lizzy am Abend abzuholen.
Alles feixte hämisch. Ich war in diesem Moment stolz auf mich und auf mein Leben, das nur mir gehörte. Ich hatte niemandem Rechenschaft abzulegen, was ich tat, wann ich nach Hause ging oder auf wen ich gerade Lust verspürte. Nein. Niemals wollte ich irgendein Versprechen abgeben und schon gar nicht heiraten. Die Welt war sowieso überbevölkert.
Ich hörte nicht, was Ingo in seinem Delirium zu der Fremden von sich gab, sah aber, dass ihr seine Worte wie auch unsere Kneipe nicht behagten. Ihre Augen verengten sich, die Mundwinkel zuckten, doch das schien Ingo gar nicht zu bemerken. Mit ruhiger, klarer Stimme sagte sie:
»Amerika hat dem Irak gerade den Krieg erklärt.«
»Tatsächlich? Wie gemein!«
Inzwischen wussten wir von Lizzy: Die Fremde hieß Laila und hatte eine merkwürdige Eigenart.
Ich schaute sie mir genauer an und musste feststellen, so paranoid sah sie gar nicht aus. Sie war nicht hässlich; irgendwie rein, so ohne Schminke und Silikon. Überdies strahlte sie Ruhe aus und schien mit einer Besonnenheit ausgestattet, wie man sie selten bei Frauen findet.
»Ist das wahr?« Mit ernster Miene gesellte sich Sigmund Waas dazu.
»Sie haben es vorhin auf allen Sendern gebracht. Es wird wohl stimmen.«
Ihr ebenförmiges Gesicht passte zur erhabenen Haltung. Eigentlich war es nur ihr grauer Mantel, der sie zu diesem unbedeutenden Mäuschen gemacht hatte. Vermutlich waren unsere Augen durch Kunst am Körper von der Normalität entwöhnt.
»Das ist ja ungeheuerlich! «, rief Adi grinsend. Er gab gerne mal den Clown. Laila blieb ruhig, ihre Stimme sanft: »Ungeheuerlicher als dieserHerrscher über die Welt mit seinem janusgesichtigen Wesen ist wohl nichts.«
Das Gemurmel im Raum verstummte. Ich wusste nicht, was es bedeutet, ein Janusgesicht zu haben, aber so, wie sie aussah und wie sie es ausgesprochen hatte, musste es etwas aus ihrem fremden Glauben sein und das reizte mich. Ich drehte die Musik leiser, ehe auch ich näher trat: »Du liest den Koran. Hier liest man die Bibel.«
Ingo kam Lailas Antwort zuvor: »Das ist Matti. Wenn der von der Bibel spricht, denkt er, sie handelt ausschließlich vom Sündenfall.«
Aus irgendeinem Grund ignorierte Laila Ingos Worte. Ganz ruhig und mit geradem Blick ließ sie sich auf meine Frage ein.
»Ist es nicht egal, woran man glaubt? Was zählt, ist die Menschlichkeit.«
Lailas kühle Ruhe verstieß deutlich gegen unser Ritual samstäglichen Übermutes. Ihre schreckliche Nachricht interessierte niemanden. Vielleicht, weil eine solche über kurz oder lang zu erwarten war. Wenn man voraussagen kann, was geschehen wird, dann ist ein Unheil nur halb so schlimm. Sind wir nicht alle paranoid?
»Was verstehen Sie unter Menschlichkeit?«, fragte ich. »Ist es nicht der Mensch, der all die Unmenschlichkeiten verübt? «
»Ja. Weil ihm die Kleinen nicht so wichtig sind wie die Großen. Weil wir nicht zu den Armen halten und die Bescheidenen übersehen. Weil wir den Mühseligen nicht helfen und den Beleidigten nicht beistehen. «
Kein Vorwurf lag in ihrer Stimme. Sie erschien ganz ruhig, nur ihr Blick huschte für einen Moment von Ingo zu Lizzy. Unmerklich zog sie die Schultern nach oben, als entschuldige sie sich für ihre Worte. »Es ist schwer, immer gut und gerecht zu sein. Es ist leichter, einen Lehrmeister zu befragen, egal ob die Bibel, die Thora oder den Koran. «
Soviel Worte auf einmal und noch dazu akzentfrei hätte ich der Fremden mit dem dunklen Fleck auf der Stirn nicht zugetraut. Dieser Fleck hob sie ab von uns und unserer Welt, in der wir anderen Göttern huldigten. Den Göttern des Überflusses, des Spaßes, des ungebremsten Konsums und der schamlosen Lust. Das alles war uns heilig geworden und unverzichtbar.
»Und du selbst? Hast du einen Nutzen davon?«, stotterte Ingo, der von Höflichkeit nichts hielt. Laila antwortete nicht, strich nur über die Knopfleiste ihres Mantels. Die dunklen Augen schienen jenen Glanz verloren zu haben, der mich für einen winzigen Moment so gefesselt hatte. Beinahe unbemerkt gab sie Lizzy ein Zeichen. Sie wischte mit dem Handrücken über die Stirn und drehte sich um. Dabei raunte sie ungezielt in den Raum: »Alles hat einen Nutzen. Alles bedingt einander. Sogar Leben und Tod. «
»Laila, warte noch einen Moment«, rief Lizzy, die zur Unterhaltung kein Wort beigesteuert, aber Laila auch nicht beigestanden hatte. Nur ihre feuchten Augen und ihr offen stehender Mund verrieten ein Staunen.
»Nein Lizzy, diese Musik …«
Lailas Gesicht zeigte eine undeutliche Anstrengung. Bis dahin glaubte ich, der dichte Qualm war der Grund für Lailas Rückzug.
Mich überkam der abstruse Gedanke, diesem Inbegriff eines Mauerblümchens beistehen zu müssen. Heute weiß ich, ich inszenierte mich um meiner selbst willen. Es ist die Unberührtheit der Natur, das unbekannte Terrain, die gefährliche, undurchdringliche Wildnis, die unerforschte Tiefe der Meere. All das lässt einen Forscher fanatisch werden, wenn es Neuland zu erforschen gibt.
Noch ehe Laila endgültig die Tür aufstieß, hörte ich meine eigene Stimme krächzen: »Mir gefällt diese Musik genau so wenig wie dir.«
Sie schaute mich an, als wollte sie eine gewichtige Antwort geben. Nur wenige Worte wurden daraus. »Sie ist so abscheulich indigo.« Unhörbar klickte die schwere Tür in das Schloss und dämmte das donnernde Gelächter zwischen ihr und denen, die damals meine Freunde waren.
»Indigo heißt blau, nicht wahr?« Ingo schien verunsichert. »Die hat doch ΄ne Meise. Die ist total durchgeknallt? Die Musik ist abscheulich indigo … Indigo …«
Dieses Wort klang wie sein Name und das behagte ihm nicht. Ob Laila so gerissen war, die Musik indigo zu nennen, weil der, der sie offenbar erniedrigt hatte, so ähnlich hieß? Ob sie sich mit Farben so gut auskannte? Warum hatte sie der Musik eine Farbe gegeben?
Ich spürte einen unbekannten Druck unter meinem Rippenbogen. Es war jener Druck, der mich in meinem Leben nur ein einziges Mal gequält hatte. Damals war Oma Hannah gestorben. Ab diesem Tag wusste ich, dass der Tod etwas Endgültiges ist, dass er mir nehmen konnte, was ihm beliebte, auch wenn es das Liebste war, wie Oma Hannahs Wärme und Güte.
Laila war gegangen, ohne großes Aufsehen. Vermutlich das erste Mal in ihrem Leben war Lizzy vor Ehrfurcht verstummt. Mit einem wütenden Blick auf Ingo schnappte sie die Imitation einer Gucci-Tasche und stöckelte hinter Laila her, und es gab keinen in der Runde, der die Szenerie normal fand.
»Wer hier blöd ist, seid eindeutig ihr! « Wie Schwertschläge kamen diese Worte von Sigmund Waas. Gewöhnlich zollte man Sigmund Respekt, heute zog er das Gelächter sofort auf sich. Ich mochte ihn nicht, das hieß aber nicht, dass ich seine Vorzüge nicht kannte. Seinen Mut, seine Schläue, seine Schönheit, seine untadeligen Umgangsformen, die er trotz großer Leichtigkeit, mit der er Ironie einsetzen konnte, niemals vergaß.
Ich weiß nicht mehr genau, wie ich damals über den Vorfall dachte, ich weiß nur eines. Seit dieser Szene wollte kein Spaß bei mir aufkommen. Immer wieder blitzten fremde, traurige Augen aus der rauchgeschwängerten, stickigen Luft jener Kneipe, in die Laila nicht passte. Diese Augen aber hatten mich verhext und auch der Fleck auf ihrer Stirn musste einen Brandfleck auf meiner sündigen Haut hinterlassen haben. Ein flüchtiger Gedanke packte mich. Wie würde sich dieses Mädchen in Hingabe gebärden? Sie hatte ein hübsches Gesicht, in ihrer Zurückhaltung schien sie jedoch für die Männerwelt verloren.
Im Vergleich zu Sigmund waren meine Gedanken mal wieder pikant. Das ärgerte mich. Einmal gab es die Chance, nicht an Sex zu denken, und nun?
»Die Kleine ist sehr intelligent«, hörte ich Sigmund in sein Glas brummen. Und damit entfachte er ungewollt die Diskussion über die Hirne der Geschlechter, die das Fass bei ihm endgültig zum Überlaufen brachte und er der Clique für immer entsagte.
Zum ersten Mal blieb eine völlig unbedeutende Kneipenszene für Tage in meinem Kopf. Alles bedingt einander, alles hat einen Nutzen, das hatte Laila gesagt, und ich fragte mich, was ihr Erscheinen für einen Nutzen haben konnte. Ich rief mir ins Gedächtnis, warum ich dunkelhaarige Frauen bisher gemieden hatte. Blonde Frauen haben einen höheren Östrogenspiegel, sind fruchtbarer und deswegen geiler als dunkle. Wohl deshalb fehlt ihnen die Zeit, sich mit der nötigen Schläue auszustatten. Dunkle Frauen haben eine starke Körperbehaarung und sind wegen ihres höheren Intellekts streitsüchtig. Keine Frage, was einem Mann mehr gefällt.
So sehr ich mich auch mit meinen Weisheiten beimpfte, immer wieder wanderten meine Gedanken zu diesem scheinbar unscheinbaren Mädchen. Irgendwo in meiner Brust drückte eine nie gestellte Frage: Kann Matti Braun Empathie empfinden? Das zumindest war mir in meinem bisherigen Leben nicht annähernd geglückt.
Den Speicherplatz meiner Empathie füllte gleich am Montagmorgen mein Chef Galle, Inhaber der Werbeagentur G.U.T – was so viel hieß wie: Galle und Tarrach.
Meine Arbeitsstelle glich einem paramilitärischen Krisengebiet, in dem mich besonders Galle ständig attackierte. Erst tags zuvor hatte er getobt und war bei seiner Schimpfkanonade ganz grün geworden.
»Kein Mitleid, Conny. Bitte halten Sie sich zurück! «
Er tobte und warf mit den Akten um sich, die auf meinem Schreibtisch und um denselben herum seit Monaten niemanden gestört hatten. Ich bemühte mich ernsthaft um mein angeborenes Phlegma und ich fragte mich, warum er mich eingestellt hatte, wenn ich schon seit dem ersten Tage meiner Anstellung um Galles Anfeindungen nicht umhin kam. Zum Glück war ich dafür bekannt, auf dem Gebiet der selbstschützenden Komik einen erwähnenswerten Eindruck zu hinterlassen.
»Es wird Regen geben, die Akten fliegen heute ziemlich tief« Ich grinste in Connys Richtung, verfehlte aber an diesem Tag mein Ziel gehörig. Galle polterte zurück: »Wenn wir schon vom Fliegen reden. Wie lange sind sie jetzt bei uns? «
»Fünf Jahre und zehn Monate, elf Tage und …«, griente ich und schaute zur Uhr.
»Es werden keine zwölf, fürchte ich. «
Auf diese Weise deutete mir Galle unmissverständlich an, sofort Ordnung zu machen oder zu ihm zu kommen, um die längst fällige Kündigung zu unterschreiben.
»Das Genie braucht das Chaos - ohne Chaos keine Idee«, schrie ich. Mit noch lauterem Getöse verschwand Galle in seinem Reich, von wo er so schnell seinen Kopf nicht wieder heraus stecken würde.
Ich will es mal so ausdrücken: Mein Chef nahm mir den Schneid übel, den ich Frauen gegenüber entwickelte. Er selbst war kein Mann, den Frauen anhimmelten. Er war untersetzt, kurzbeinig und mit bulligem Schädel auf seinen kantigen Schultern. Manchmal wunderte ich mich, mit welchem Trotz er von seinen sportlichen Aktionen erzählte. In meinen Augen glich jede seiner Bewegungen einer Massenhysterie. Kein Mann müsste Galle als Rivalen fürchten, wenn allein die Natur der Entscheidungsfaktor wäre und weder Geltung noch Geld eine Rolle spielten. Meine heimliche Bewunderung für sein Können behielt ich für mich. Galle hatte zwei entscheidende Vorzüge. Er kleidete sich stets außerordentlich korrekt und blieb nie eine Erklärung schuldig. Weiß der Teufel wie er es anstellte, so viel zu wissen.
Wieder allein mit Conny, fühlte ich mich genötigt, eine ungerührte Miene aufzusetzen und platzierte mich gelangweilt, aber sehr dekorativ, auf Connys Schreibtisch.
Conny -eigentlich hieß sie Constanze - war die einzige unter den Frauen der Clique, mit der ich auch dienstlich zu tun hatte. Nicht nur dienstlich, aber auch dienstlich.
Manchmal tat sie mir leid. Besonders montags, wenn ich ihr in allen Einzelheiten von meinen Eroberungen erzählte. Das war nicht fair, aber es machte den abscheulichsten Tag der Woche ein wenig leichter.
»Dieser diktatorische Spießer. Nicht mit mir …«, schimpfte ich inzwischen betont leiser.
»Kein Diktator weiß, dass er einer ist, auch kein Spießer weiß das, nicht einmal ein Chaot …«, belehrte mich Conny und traf damit den Nagel auf den Kopf. »Wenn du dieses Chaos für deine Kreativität wirklich brauchst, müsste dein Er-Sie-Es-Konzept schon längst wieder aus der Mode gekommen sein.« Ich konnte nichts darauf antworten. Manchmal hat auch ein Genie seine Denkblockade. »Galle hat ΄ne Stinkwut auf dich. Was ist denn los mit euch? «
Conny beugte sich herunter und griff nach einem der eben noch fliegenden Ordner. Dann blickten mich ihre treuen Augen an, dass mir sofort klar war, woran sie gerade dachte. Sie stand auf, und während ihre Finger an meinem ungepflegten Drei-Tage-Bart zupften und eine viel zu lang geratene Haarsträhne aus meinem offensichtlich verklärten Blick schoben, lächelte sie versöhnlich: »Na komm, ich ahne es längst. Bei dir zu Hause wird es aussehen wie hier.« Sie schob ihr Gesicht in Richtung meines Schreibtisches und lächelte. »Du bist und bleibst ein Chaot. «
»Jeder hier kennt mich nicht anders«, sagte ich, aber plötzlich fiel mir ein, warum Galle so wütend war. Ich war nie anders und wollte mich auch nicht ändern. Tabus machen das Leben grau.
Die Story mit Galles Frau, die ich Conny dann ausführlich erzählte, lag Wochen zurück. Warum also hatte Galle erst heute seinen Wutanfall?
Am späten Nachmittag, nachdem ich die fliegenden Akten mit Connys Hilfe wahllos in einem der Schränke verstaut hatte, konnte ich wieder an das Weib an sich denken. Urplötzlich war meine Welt wieder normal. Ich kramte in meinem unverzichtbaren, privaten Chaos nach Telefonnummern und erwischte Lizzys Visitenkarte.
Der Tag zog sich hin. Gegen achtzehn Uhr ging ich mit meiner Last an Lust den kurzen Weg durch die menschenüberfüllte Stadt. Feierabend. Alles rannte nach Hause. Ich hatte keins. Meine Bude war kein Zuhause, es war ein Schlupfloch, ein Asyl. Manchmal glaubte ich sogar, es wäre ein Exil, ein Versteck vor dem lästigen Leben.
Mit einem Hintergedanken kaufte ich im Blumenshop am Stadttor eine einzelne Rose, die ich unter mein großkariertes Jackett schob. Einzelne Rosen, so sagt man, zeigen einer Frau, wie einzigartig sie ist. Einzigartig heißt laut Duden auch erregend, auffallend, beachtlich, frappant, … Ich hörte auf, die Synonyme in mein Gedächtnis zu rufen. Gerade kam jemand aus der Tür und ich schlüpfte rasch in das schmale Mietshaus, in dem Lizzy lebte. Zu klingeln hatte ich mir verboten, mein Erscheinen sollte schließlich eine Überraschung werden. Hurtig stieg ich die engen Treppen hinauf. Es roch muffig nach faulem Holz und Terpentin und von den Wänden rieselte Kalk. Auf den Zwischenabsätzen gab es noch schmale Fenster mit bunten Scheiben, wie ich sie vom Haus meiner geliebten Großmutter kannte. Auf den Geländerpfosten thronte jeweils eine dicke Holzkugel mit einem kleinen, gedrechselten Knauf. Ich hielt mich, wie früher als kleiner Junge, mit der Hand an der Kugel fest und schwang meinen Körper behände um die Biegung herum. Doch das Gefühl des kleinen Jungens auf Omas Wendeltreppe wollte sich nicht einstellen. Das Leben recycelt auch Gefühle, ersetzt sie durch die Verdorbenheit eines Wüstlings, der selbst die Gattin seines Chefs nicht verschmäht.
Mein Schritt wurde mit jedem Stockwerk langsamer, mein Atem keuchender. Ich nahm mir mehr Zeit, um nicht vor Erschöpfung mein Vorhaben zu vermasseln. Oben angekommen drückte ich keuchend die Klingel. Nichts. Verdammt.
Ich setzte mich auf den Treppenabsatz, wartete und schloss die Augen, um meiner Begierde den Anblick der wollüstigen Kugeln zu ersparen. Einmal musste Lizzy ja kommen. Im Treppenhaus knarrte es leise. Ich drückte mich fester gegen das Geländer. So würden mich die Leute von der Nachbarwohnung nicht sehen können. Ich wusste von daheim, wie beliebt es war, Nachbarschaftsbesucher zu inspizieren.
»Wollen Sie zu Lizzy?« hörte ich eine angenehme Stimme, die ich zu kennen glaubte. Vor Lizzys Tür stand ein schmächtiges Mädchen mit großen Kopfhörern auf den Ohren und einer dunklen Brille auf der Nase. Sie lächelte mir zu.
»Sie ist noch in ihrem Fußpflegesalon. Wenn Sie wollen, können sie drinnen warten.«
Ich begriff noch immer nicht, wen ich vor mir hatte, staunte nur über die Worte.
»Ich denke, Lizzy besitzt ein Nagelstudio. « Ich stotterte und fühlte mich wie der letzte Idiot.
»Sagt sie das?«
»Aber hallo!«, entfuhr es mir.
»Auch Füße haben Nägel …« Die Kleine lächelte und ihre Augen blitzten wie funkelnde Steine. Sie hatte die Brille und auch das Monster von Kopfhörer abgenommen und wies nickend zur Tür, die noch immer offen stand.
»Laila?«
Ich hatte sie wirklich nicht erkannt. Sie trug ausgewaschene, hautenge Jeans und einen ebenso engen Pulli, bei dessen Anblick mir der Atem stockte. Ihre langen Haare waren mit einem großen Kneifer locker nach oben gesteckt. Wie eine Krone ragten die Spitzen über den wohlgeformten Kopf. Ihr Alter zu schätzen oder die Herkunft zu erraten, gelang mir auch diesmal nicht. Sie wirkte wie ein großes, kluges Kind, dem vorzeitig ansehnliche Brüste gewachsen waren. Matti Braun folgte dem großen Kind staunend.
Den schmalen Flur trennte ein blauer Vorhang, der in üppigen Falten gerafft, den Blick auf eine blaue Bodenvase frei gab, deren rostrote Sanddornzweige einen trocken-süßlichen Duft verströmten, der mich taumelig machte. Unsere Schritte dämpfte ein Kelim-Teppich, ebenso rostrot wie der Sanddorn. An der Wand hingen zwei Bilder, deren Motive aus naher Distanz nicht zu deuten waren. Zugegeben, ich hatte zum Leidwesen meines Vize-Chefs Tarrach kein Kunstverständnis. Sein Standardspruch: Wer nichts von Kunst versteht, sollte nicht in der Werbung arbeiten, kränkte mich zutiefst. Manchmal wusste ich selbst nicht, was mich in diese Branche verschlagen hatte.
Laila öffnete eine der Türen, die vom Flur abging und war für kurze Zeit verschwunden. Es war die Küche, aus der ein anderer, ein heißer Mandelduft entwich und den Geruch vom Sanddorn in den dunkelsten Schatten der Geruchlosigkeit verbannte.
Kuchen? Sollte es in meiner Generation Frauen geben, die backen können?
»Wer wohnt noch hier?«, rief ich ins Nichts.
»Lizzy«, rief Laila zurück. »Sonst niemand.«
Verlegen lächelnd trat sie wieder in den Flur, über den schmalen Händen filzige Topflappen gestülpt. »Noch mal gut gegangen. Wenn Sie nicht geläutet hätten …«
Sie wies mit der Hand in Richtung Küche und ich wagte einen Blick hinein. Auf dem Herd stand ein dampfender Gugelhupf. Vor Staunen blieb mir der Mund offen stehen, beinahe wäre mir der Sabber aus dem Mund gelaufen, der vor lauter Appetit in Strömen geflossen kam.
Die Küche war blitzblank. Helle, freundliche Farben atmeten Gemütlichkeit. Nichts verriet, dass hier noch vor kurzem gebacken wurde. Ich dachte an meine Oma und irgendwie rührte sich etwas in meiner Brust. In dieser Minute konnte ich nichts anderes glauben, als dass mein Interesse an Laila der Sehnsucht nach meiner geliebten Oma entsprungen war, die ich schon vor einigen Jahren an den Sensenmann abtreten musste. Jeder Verlust tut weh, aber dieser …
Damals brauchte ich einen Ersatz für Omas Streicheleinheiten, den mein unsensibler Vater prompt als anrüchiges Laster bezeichnete.
Wie ich so im Flur stand, kam ich mir unnütz vor, unbeachtet wie selten von Frauen. Ich trat gelangweilt einen Schritt zurück und legte meinen Kopf schräg, um eines der Bilder besser betrachten zu können. Es war kein Bild wie ich Bilder kannte. Es war ein Blick in eine sonderbar verwirrende Welt, die einerseits entschwebte, andererseits ebenso exzentrisch wie sinnlich anmutete und meinen Blick fesselte. Meine Phantasie entdeckte ein erregendes Türchen in herrliche Abgründe, jenseits des Alltags. Diese verschlungenen, spiegelsymmetrischen Farbverläufe muteten wie eine innige Vereinigung an, welche, das blieb der Phantasie überlassen. Die Vorstellung, Laila könnte mir erklären, wie das Bild zu verstehen wäre, belustigte mich ebenso wie der Kampf meiner beiden Hirnhälften.
»Gefällt es Ihnen? «
Sie war lautlos neben mich getreten, schwebend, distanziert. Ihre Haltung ähnelte einer zarten Blume, die sich kerzengerade der Sonne zuwendet. In ihr lag eine sonderbare Mischung aus Verletzlichkeit und Eigenwillen. Das ebenmäßige Gesicht hatte den Ausdruck von Erhabenheit, doch ihre Augen blickten, wie schon an jenem Abend in der Harmonika, scheu, verunsichert, beschämt?
Ich antwortete nicht, tat so, als betörten mich die Farben und Muster. Laila trug den Kuchen zum Tisch vor dem Fenster und winkte mir zu. Hätte sie gewusst, wie ich in Wahrheit mit mir rang, mit meinem Trieb, sie hätte sich nie auf das Gespräch eingelassen. »Was ist das?«, presste ich heraus.
»Mozart«, sagte sie. »Ein Klavierstück. «
Meine lüsternen Gedanken waren vergessen, mein Mutterwitz purzelte sofort auf den rostroten Teppich der Realität. In meiner Verdutztheit musste ich saublöd ausgesehen haben, doch was hatte ich erwartet? Man sagte schließlich, sie sei durchgeknallt. Ungläubig starrte ich auf das Bild und sah in der rechten Ecke: Laila El Sahib 2001. Bei meinem beklagenswerten Verständnis von Kunst stellte das, was ich sah, ein Kunstwerk dar – technisch gesehen – doch es berührte mich eigenartig. Einerseits regte es meine fleischliche Phantasie an, andererseits machte es mich befangen. Der Name in der Ecke stimmte mich zudem traurig. Ich beschloss, einfach zu glauben, dieses Mädchen träumt in ihren Bildern. Sie vergisst auf diesem Wege die wahre Welt. Sie benutzt ihre Phantasie, um glücklich zu sein. Andererseits schien das Bild einer übersensiblen Gefühlswelt zu entspringen. Jeder Maler nimmt sich ein Vorbild, eine Inspiration, oder er hat eine Erleuchtung. Ob das Motiv eine ihrer Wahnvorstellungen widergibt?
»Wollen Sie lieber Kaffee?« Sie schien ganz bei sich, ganz klar. Ihre Stimme klang wie eine konsequente Aufforderung, mich nicht länger bitten zu lassen.
»Ja gerne«, erwiderte ich schnell, ohne bemerkt zu haben, dass sie bereits Tee serviert hatte.
Wir saßen in dieser gemütlichen Küche und warteten auf Lizzy. Die Abendsonne fiel durch das Fenster und zauberte rote Schatten auf Lailas dunkles Haar. Ihr muskatfarbener Teint färbte sich intensiv. Indianer-Rot. Ich rührte in meinem Kaffee herum und begann über den Abend in der «Harmonika» zu reden. Irgendetwas sollte mir den Beweis erbringen, wie viel klare Vernunft in dieser Frau verblieben war. Doch Laila saß da, so jung, so verletzlich, und sie redete in vernünftigen, klaren Sätzen über die arabische Welt nach diesen schrecklichen Ereignissen, und über die Unberechenbarkeit, die jetzt folgen würde. Jedes Wort von ihr drückte eine unbestimmte Vorahnung aus. Wenn mich ihre Blicke trafen, spürte ich eine traurige, machtlose Wut. Laila schien an diesem fernen Flecken der Erde sehr interessiert zu sein und ich glaubte, die Grundfrage über Huhn und Ei herauszuhören, nur sehr viel intelligenter. Sie sprach davon, wie sie sich einst gegen die freie Welt verschworen hätten und nun verschwöre sich die freie Welt gegen sie. Wen Laila auch meinte, sie sprach nur von den Menschen allgemein und von der Menschlichkeit. Alles schien intelligent, ihre Worte, ihre sparsamen Gesten, ihre erhabene Haltung. Schade um so eine, dachte ich. Welches Gen hat ihr wohl einen Defekt vererbt. Welchen? Ob sie in Behandlung ist?
»Sind Sie aus Nahost?«, fragte ich, um Konkretes zu vermeiden. Immerhin hatte ich mich rechtzeitig meiner anerzogenen Höflichkeit gegenüber fremden Personen erinnert.
»Ich bin Deutsche. «
Das hörte sich resolut an, gar nicht unsicher aber auch nicht befreiend. Einmal legte sie beim Nachdenken ihren Finger auf die Lippen, die sich in der Farbe nicht sehr von ihrer Haut unterschieden. Eine Nuance dunkler vielleicht, aber nicht rot, wie bei den meisten Frauen. In dieser einen Sekunde sah ich meine Großmutter leibhaftig vor mir. Wenn ich mich je an etwas aus meiner Kindheit mit innerer Rührung erinnerte, dann war es die Güte meiner Oma Hannah, die mir noch heute viel bedeutete. Wie habe ich sie vermisst, unsere kleine, listige Verschwörung gegen den Rest der Familie, die oft von dieser Geste begleitet wurde, die Laila so unbedarft wiederholte.
Bis zu jenem denkwürdigen Tag, der noch kommen sollte, wusste niemand von meinen heimlichen Zwiegesprächen an Omas Grab, zweimal im Jahr. Meine Freunde hätten mich einen sentimentalen Spießer geschimpft. Sie wissen nichts vom einzigen Schmerz, den ich je in meinem Leben empfunden hatte, den Schmerz des Verlustes gütiger Hände, einer wärmenden Stimme. Ich war es gewohnt, von Omas weichen Armen umfangen zu werden. Nichts tröstete mich mehr, als ihre sanften Worte und der Geruch ihrer Schürze nach würzigem Kohl und gebratenem Fleisch. Oma hatte immer ein Lächeln, war niemals böse.
Jetzt saß ein ebenbürtiges Wesen leibhaftig vor mir, ein Trugbild gar, mit ähnlich dichten Brauen, mit gleichem Glanz in ihren Augen und mit winzigen Härchen, die sich von den Ohren über das Kiefernbein entlang zogen und ihrem Gesicht den Ausdruck von Samt und Seide verliehen. Ein entscheidendes Moment aber unterschied die beiden grundsätzlich. Oma Hannah war nicht dunkel. Dieser Umstand schien den Ausschlag gegeben zu haben, warum ich so sehr auf blonde Frauen fixiert war. In meinem Grübeln stellte ich mir vor, wie Laila aussehen würde, wenn sie siebzig oder achtzig Jahre wäre. Sie würde schneeweiß aussehen wie Oma, ganz sicher. Und jetzt bemerkte ich es, sie war schön. Natürlich schön. Warum war das in der Harmonika niemandem aufgefallen?
Mir war nicht klar, warum ich mich plötzlich an das kleine vergilbte Foto erinnerte, das seit Menschengedenken in einer morschen Zigarrenschachtel lag. Omas Hochzeitsfoto. Das Paar stand auf der Wiese. Oma trug keinen Schleier. Zu ihren Füßen hatte man das viel zu lange und schon einmal getragene Brautkleid im Gras drapiert. Vom Rosenstrauß - man konnte nicht erkennen, dass es gelbe Rosen waren, aber Oma meinte immer, es seien Teerosen gewesen - hingen zwei weiße Bänder herunter, an denen überdimensionale Ringe baumelten. Auf dem Kopf in ihrem wunderschönen Haar trug sie eine winzige Krone.
Mir stockte das Blut in den Adern. … In ihrem wunderschönen Haar … ? Ja, Oma hatte wunderschönes Haar, aber auf dem Foto war es dunkel. Dunkel wie Lailas Haar.
Oma Hannah muss sehr früh schneeweiß geworden sein. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, sie je mit schwarzem Haar gesehen zu haben. Ich musste mich irren. Was sonst sollte mich so kompromisslos auf blond geprägt haben, wenn nicht die Liebe zu meiner Großmutter. Ich gelobte, noch am selben Abend die Schachtel hervorzukramen, egal wie lange ich bei meiner Ordnung danach suchen müsste.
»Was sind Sie von Beruf«, wollte Laila wissen und ich fiel mental ziemlich hart zurück in die Welt der Laila El … sowieso … wie immer sie heißen mochte, diese Deutsche.
»Äh … Werbedesigner«, stammelte ich.
»Toll.«
Sie lächelte verlegen und schaute versonnen auf einen unbestimmten Punkt zwischen uns.
»Ich mag kreative Menschen. Sie sind … gefühlvoller als andere Menschen … sensibler. Die meisten schaffen still in der Tiefe ihres Ichs Einzigartiges. «
Sie sprach leise, beinahe monoton und ich nickte, als würde ich ihr zustimmen, als würde genau dieses für mich zutreffen. Mir war schon lange aufgefallen, dass es in dieser Wohnung mucksmäuschenstill war, eigentlich unheimlich, nichts für mich, der ständig einen Background brauchte. Und prompt sagte Laila:
»Menschen, die ständig unterhalten werden wollen, fehlt es an eigener Schöpferkraft. Nicht, dass sie nicht klug genug denken könnten. Das Eigene macht den Reiz, aber es braucht Durchdringung.«
Hatte sie meine Gedanken erraten? Ihre Worte zischten wie Öl in der noch glimmenden Flamme meines ausgebrannten Egos. Fast hörte ich die Worte meiner Chefs der G.U.T, sah aber ein himmlisches Wesen leibhaftig vor mir. Wie kann ein Mensch mit dieser Anmut die gleichen dämlichen Worte sagen wie Tarrach und Galle? Ich wollte Laila sagen, dass es schon zwei Menschen gibt, die ständig auf meiner Ehre herum trampelten. Ich kniff. Dieses überbelichtete Pflänzchen würde mein Vokabular nicht verstehen. Vielleicht würde sie sogar in Tobsuchtsanfälle ausbrechen. Ich gab mich kleinlaut:
»Manchmal bleibt schon etwas Eigenes hängen. «
»Woran arbeiten Sie gerade?«
Es machte mich krank, immerzu Sie sagen zu müssen, doch so sanft und nett Laila sich auch gab, ich spürte eine kühle Verschlossenheit, die Laila niemals aufbrechen würde. Ich bemühte mich zu lächeln und betonte das Sie in meiner Antwort:
»Er – Sie – Es heißt das Produkt. Eine kombinierte Anlageform. Familiensparen.«
Sie nickte, beugte sich ein wenig nach vorn und legte ihren Ellenbogen auf den Tisch. Mit gespreizten Fingern strich sie ihre Haare aus der Stirn und schien zu überlegen.
»Für wen machen Sie das?«
»Unser Auftraggeber ist die Bank.«
Sie nickte nur, mit ihrem Handrücken aber prüfte sie, ob das Kuchenstück auf ihrem Teller genug abgekühlt war. Wortlos schob sie mir einen Teller zu, zog noch zwei Servietten aus dem Spender und legte eine davon neben ihr Gedeck, von dem sie aber nicht zu essen begann. Während ich mich nicht lange bitten ließ, kritzelte sie versonnen auf ihrer Serviette herum. Wir schwiegen und ich schielte unbemerkt auf ihre schlanken Hände. Links zwischen Ring- und Mittelfinger hielt sie den Stift. Sie malte eine Parkbank, wie es schien, doch die brachte ihr offensichtlich auch keinen geistigen Impuls. Ich bemerkte die Anstrengung ihrer Augen, während die Lippen schelmisch zuckten. In mir kam nur Schadenfreude auf. So einfach ist es nicht, kreativ zu sein. Auch nicht in der Tiefe des Ichs? Auch nicht mit Durchdringung.
Ich sagte es nicht, konzentrierte mich nur auf die Köstlichkeit aus Mandel und Vanille.
»Zuwachssparen? «, fragte sie beiläufig, was ich mit Augenzwinkern bestätigte, ohne von meinem Kuchen abzulassen. Jetzt gab es Wichtigeres, als sich klug zu unterhalten. Jetzt war kein Fünkchen Muse überzählig und schon gar nicht für die G.U.T.
Laila aß nicht. Sie kritzelte und legte ihren Kopf schräg, genau wie ich selbst noch kürzlich vor dem Bild im Flur. Nach ein paar Strichen gab sie auf. »Sie sind der Kreative.«
Sie zog verschämt die Schultern an und ich sah im abendlichen Gegenlicht, wie die winzigen Härchen an ihren Wangenknochen den Aufstand probten. Nach meinem heimlichen Blick auf die Serviette begriff ich. Auf das Einfachste war ich nicht gekommen. Mit zwei winzigen Strichen, einem senkrechten und einem waagerechten, hatte die schüchterne Idee von einer schüchternen Frau das Licht der Welt erblickt.
»Wenn das keine Formel für Zuwachs ist?“
»Man muss ja nicht immer vom Sparen reden. Zuwachs ist an sich etwas Positives«, sagte sie, errötete aber ein wenig dabei, angesichts der Zweideutigkeit.
»Das ist es. « Es war die einfachste Formel für Zuwachs und sie würde sich wundervoll grafisch umsetzen lassen. Ich sah das Plakat schon vor mir. Wohl ein wenig zu impulsiv küsste ich Laila auf die Stirn. Es war nichts als Dankbarkeit. Sie hatte mir schließlich in einer angespannten Situation, in der ich mich total verrannt hatte, aus der Patsche geholfen. Der winzige schwarze Fleck auf Lailas Stirn war übrigens echt, diese Erkenntnis war das Nebenprodukt meiner stürmischen Freude. Ich wusste sofort, dass Lailas Idee auch Tarrach begeistern würde. Nur Laila saß wie erstarrt da. Aus ihrem Blick las ich das blanke Entsetzen. Meine Impulsivität musste sie sehr erschreckt haben. Sie stand auf und schlich aus der Küche. Eine Tür knarrte leise, dann war es ruhig. Ich saß da wie bedeppert und wartete, immer mit der Befürchtung im Bauch, sie könne einen Anfall bekommen und wie eine Furie auf mich los gehen. Vorsichtig schaute ich mich um. Bei Verrückten ist nichts sicher, dachte ich. Das galt für Vasen genauso wie für Küchenmesser. Auch mit ihren eigenen Ungereimtheiten schienen die Hypersensiblen um sich zu werfen.
An diesem Abend habe ich jene Laila erlebt, die mir noch sehr viel später immer wieder einen Schrecken einjagen sollte.
Ich trat in den Flur und klopfte vorsichtig an eine der Türen. Nichts. Kein Mucks. Ich brachte es nicht fertig, einfach zu gehen und drückte lautlos die Klinke herunter. Nichts rührte sich. Mein Kopf sagte mir, hau ab Matti, doch von irgendwo aus der Magengegend grummelte es – schau nach, sie ist verrückt und könnte wer weiß was tun. Behutsam drückte ich gegen das Holz. Einen Spalt breit konnte ich in das Zimmer sehen. Es passte so gar nicht in die anheimelnde Gemütlichkeit, die mir über eine Stunde lang außerordentlich behagt hatte, dennoch fühlte ich mich irgendwie Zuhause. Es herrschte ungefähr das gleiche Chaos wie in meiner Bude, nur Laila war nicht da drin. Also musste es das Zimmer von Lizzy sein, wenn sonst niemand hier wohnte. In mir grollte der Zorn über meine Blödheit, dem Kitzel einer ungewöhnlichen Erfahrung nachgehangen zu haben. Das hatte ich nun davon. Warum ich dennoch all meinen Mannesmut zusammennahm und schnurstracks auf die Tür neben der Küche zuging, weiß ich nicht mehr. Ich drückte vorsichtig die Tür von mir weg und merkte sofort, hier herrschte wieder Ordnung.
Etwas mutiger schob ich meinen Kopf um die Ecke. Die letzten glutroten Strahlen der untergehenden Sonne zwängten sich durch die Jalousie und malten ein gespenstisches Muster auf die helle Couch, die in der Nische an der schmalen Wand stand. Auf dem Boden davor hockte Laila. Den Kopf auf die Knien gepresst, die Arme um die angezogenen Beine geschlungen, schaukelte ihr schmächtiger Körper im Takt zu jener Melodie, die sie summte. Ich kannte das Lied: Es waren zwei Königskinder … Ihr Geist war in einer anderen Zeit. An einem anderen Ort?
»Lassen Sie mich allein«, unterbrach Laila ihr Summen, hob aber nicht einmal den Kopf. Ich verschwand lautlos. Das hatte noch keine Frau zu mir gesagt.
»Lassen Sie mich allein …«, flötete ich, während ich polternd die Treppen herunter sauste, immer drei Stufen auf einmal überspringend. Doch es war Galgenhumor. Ich wusste natürlich, dass ich etwas falsch gemacht hatte, doch das begriff ich erst viel später.
Auf meinem Weg durch die Stadt summte ich Lailas Lied weiter. Ich probierte, ob ich den Text noch zusammenbrachte, den mir Oma Hannah so herrlich piepsend vor … was weiß ich … vor hundert Jahren … beigebracht hatte.
» … sie hatten einander so lieb, sie konnten zusammen nicht kommen …« Irgendwie fiel mir nicht mehr ein, warum die zwei Königskinder nicht zusammenkommen konnten.
Zu Hause in meiner Bude erfasste mich das Grauen. Immer wenn ich aus einem ordentlichen Haushalt in meine vier Wände zurückkam, wusste ich wieder, wie recht Mama hatte. Leider hatte ich mir ihre Hilfe völlig verscherzt. Sie würde nie mehr kommen und bei mir Ordnung schaffen. Ich beförderte Berge von Papier und Klamotten in alle Ecken, um wenigstens Platz für einen Zeichenblock und einen Aschenbecher frei zu bekommen, doch schon die Serviette mit dem so wertvollen Gekritzel katapultierte meine Gedanken zurück zu Laila.
Was, wenn sie sich was antut? Wie konnte ich nur gehen, ohne auf Lizzy gewartet zu haben. Mir wurde heiß. Die Schweißtropfen auf meiner Stirn begannen mit den winzigen Pusteln einer Gänsehaut zu konkurrierten. So wie mein Blick über das zerknüllte Papier streifte, sah ich die traurigen Augen dieses Mädchens, das mich noch um den Verstand bringen sollte. Versonnen malte ich weiter nichts als zwei Mandelaugen unter einem winzigen schwarzen Fleck. Ich konnte mich nicht auf den Slogan konzentrieren und ließ es nach mehrmaligen Versuchen einfach wieder bleiben. Morgen sei auch noch Zeit, tröstete ich mich, öffnete ein Bier und trank den letzten Raki aus der Flasche, die Ottmar von seinem Türkei-Urlaub mitgebracht hatte. Dieses Teufelszeug war nichts für empfindsame Kehlen. Es wütete gewöhnlich wie ein Brandbeschleuniger in meinem Rachen und setzte etwas in Gang, was sich abwärts durchzufressen begann und mich aus dem Zustand der Lustlosigkeit weckte. Heute nicht!
Stöhnend erhob ich mich, schaltete den Fernseher ein und lehnte mich zurück in der Hoffnung, mein Gleichmut erstarke im Kontext der Erschlaffung meiner Muskeln.
Es lief ein Krimi – irgendwo in einer Wohnung lag eine Frauenleiche, verdächtigt wurde der junge Mann, der sie zuletzt besucht hatte.
Ich stürmte aus der Wohnung. Bier und Raki hatte ich vergessen. Die umlackierte Merkwürdigkeit meines Alfa-Romeo stand im Parkverbot genau vor der Tür – hier draußen im nördlichen Wohngebiet konnte man sich das trauen – vor Lailas Haus sah es anders aus. Nicht die kleinste Lücke. Ich kurbelte dreimal um das Karree ehrwürdiger Bürgerhäuser, bis mich mein Naturell besiegte. Schließlich gab es für Notfälle die Warnblinkanlage.
Die Fenster der obersten Wohnung verloren sich in der Dunkelheit. Ich stellte mir vor, wie Laila noch immer auf dem Boden hockte und vor sich hin summte – oder schlimmer? Wohnte sie eigentlich mit Blick zur Straße heraus? Ich bemühte meinen vom Raki vernebelten Kopf. Die Sonne schien am Abend ins Fenster. Also musste sie gen Westen wohnen, zum Innenhof also. Ich stürzte zur Tür – kein Hineinkommen möglich. Mit verschränkten Armen und wütend auf mich und die Welt und noch viel mehr auf diese Laila da oben, stapfte ich auf der Marktstraße umher. Sollte ich die paar Schritte zur Mauerstraße gehen und die Polizei hierher bitten? Zuerst fiel mir Ottmar ein. Ich verwarf den Gedanken, er war dumm, denn ich war feige. Das jahrelange Gelächter über meine Blödheit wäre mir sicher gewesen. Ich leuchtete mit meinem Feuerzeug die Klingelknöpfe ab. Ganz oben der Name Winter, das Namensschild daneben jungfräulich weiß. Dort läutete ich Sturm. Noch einmal. Nichts. Das muss nichts bedeuten, tröstete ich mich, und drückte noch ein- oder zweimal. Jetzt knackte es in der Sprechanlage, gesprochen wurde aber nicht. Der Türöffner wurde auch nicht betätigt. Nach längerem Warten schlug ich mit der Faust zweimal dagegen, um endlich zu gehen.
»Lizzy, bist du es?«, lösten sich die Worte aus dem Blech, beinahe flüsternd, doch es war Lailas Stimme, unbedingt.
Matti, du bist ein Idiot, maulte ich mit mir selbst und verschwand endgültig im Chaos meines Lebens, dem Laila noch einen gehörigen Schub geben sollte.
Von meinem Bildschirm prangte die verblüffende Lösung. Schemenhaft im Hintergrund drei Menschen. Die Worte: Er -Sie – Es dominierten fett und hoffungsvoll grün, nur die kleinen Zeichen, die alles zu einer Formel machten, hoben sich rot ab, wie mit dem Pinsel hin gewischt. Darüber prangte der rote Slogan in Pinselschrift:
»Viele Banken reden vom Sparen – Wir reden von Zuwachs«
Zugegeben, der Text war eine Adaption, nicht ganz neu, aber neu war die Grundidee.
Auf meinem noch immer aufgeräumten Schreibtisch lagen wie zufällig die Blätter mit Variationen des Entwurfes herum. Ich war nun mal für Galle der Chaot, dieses Image sollte mir jetzt von Vorteil sein. Galle würde niemals vermuten, wie ich mich inszenierte, wie ich den Beifall des Betrachters provozierte. Würde mein Draft nicht ankommen - so müsste ich zumindest den Entwurf bezeichnen, wenn ich mit Galle darüber sprechen würde, denn meine Chefs waren auf dem Höhepunkt der Anglizismensucht angekommen - also, würde der Entwurf nur müdes Achselzucken auslösen, könnte ich immer noch behaupten, es sei lediglich die Secound-Best-Lösung.
»Na bitte, es geht doch«, sagte Galle tatsächlich im Vorbeigehen, blieb aber dann doch stehen und zog ein Blatt heraus und gleich noch eins. Lange, jedenfalls länger als die obligatorische Sekunde, betrachtete er die Blätter, klopfte mir auf die Schulter und befahl mittels schwungvollen Rücktransportes eines der Blätter vor meine erstaunten Blicke: »Daraus machen Sie eine Serie.«
Conny und Tarrach gesellten sich in ungewohnter Vertraulichkeit dazu und fanden meine Arbeit unisono nicht schlecht, was immer das heißen sollte. Und irgendwie kam ich mir vor, als würde ich zu Hause bei Mama in der Küche sitzen.
»Ein Bums wirkt manchmal Wunder«, flötete Conny, himmelte dabei jedoch Tarrach an, wie ich es noch nie von ihr gesehen hatte. Während ich mich noch in geistige Unkosten stürzte, was mit den beiden geschehen sein könnte, knallte die Tür zum Chefbüro mit lautem Getöse zu. Galle war verschwunden. Er musste Conny völlig missverstanden haben. Nicht meinen Ausrutscher mit Galles Frau konnte Conny gemeint haben, eher Galles Wutanfall wegen meines chaotischen Arbeitsstils. Tarrach quittierte die Marotte des Chefs mit einem Grinsen, rümpfte die Nase und tätschelte Connys Arm, die dafür beinahe in Ohnmacht zu fallen schien.
»Hätscheln Sie diese Muse, es ist eine brauchbare.«
Tarrach ging zum Wandschrank, holte eine Flasche Sekt heraus, köpfte sie wortlos und tat sehr kollegial. Auch wenn seine Blicke weder mir noch der gelungenen Arbeit galten, schenkte er eigenhändig die Gläser voll.
»Es wird Zeit, etwas nachzuholen. «
Diese Worte hätten für mich schon als Sieg des Tages gelten können. Doch Tarrach ließ sich noch weiter herab. Zuerst reichte er Conny und dann sogar mir mit seiner eigenen, verschwitzten Pranke eines der Gläser.
»Ich heiße Bodo«, griente er und ehe ich mich versah, küsste er Conny und ich befürchtete schon, auch seine schwammig feuchten Lippen ertragen zu müssen, weil seine Gebaren keinen dienstlichen Siegestrunk sondern eine sehr persönliche Orgie erwarten ließen. Schließlich prostete er auch mir zu. Trotzdem begriff ich, dass mein Erfolg nicht der Auslöser freundlicher Chef-Gemüter war. Meinem Ego sollte die feuchte Anerkennung fürs Erste genügen. Ich hatte die richtige Muse geküsst, wie Tarrach es nannte.
Die richtige Muse geküsst … Laila. Der Gedanke an sie versetzte mir einen Hieb in die Magengegend und ich ahnte, dass es nicht allein mein schlechtes Gewissen war. Tarrach hatte inzwischen Conny vor sich her aus der Tür geschoben und ich hörte, wie sie kichernd im Serverraum verschwanden. Mir wurde schlecht. Ich muss einmal zum Arzt gehen, dachte ich, und setzte mich vor meinen Monitor, arbeitete aber nicht. Der Druck in meiner Brust wurde immer stärker. Es war, als wollte etwas aus mir heraus und klammerte sich doch fest wie eine Klette. Manchmal war mir das Gefühl auch angenehm und ich befürchtete schon, es könnte so etwas Sentimentales wie Liebe sein. Wenn es ein Reglement gäbe, das die Männer danach beurteilt, wie sie in der Lagen sind, Liebe zeigen zu können, wäre ich in der Kategorie total unterentwickelt eingestuft worden. Damals.
Und woran lag das? An der Interpretation meiner Umwelt. Für meinen Vater schien die Liebe das perfekte Imperfekt zu sein. So wie Mutter redete, konnte ich daraus schließen, dass ihre Liebe im Plusquamperfekt existierte. Meine Kumpels redeten, wenn überhaupt, über Liebe immer im Futur 2. Warum also sollte meine Liebe im Präsens vorkommen? Und bitte, wen oder was sollte ich lieben?
Laila. Warum fiel mir immer wieder Laila ein? Die unvollständige Sinfonie meiner Gefühle hatte Untertöne bekommen. Laila war ein Halbton, der sich in meinem Gehör eingenistet hatte. Physikalisch betrachtet war sie eher ein Magnet. Sie zog mich an, doch näherte ich mich von der falschen Seite - stieß sie mich ab.
Ich nahm mir vor, ihr wenigstens das Resultat unserer gemeinsamen Idee zukommen zu lassen. Zu dieser Fassung jedenfalls hatte ich mich immerhin vor mir selbst – und nur für mich selbst - herabgelassen. Wen würde es auch interessieren, welche Muse mich geküsst hat. Sie hat, und basta. Nein, verdammt, sie hat nicht. Ich hatte versucht sie zu küssen … und alles versaut. Mehr noch, ich habe die Muse geküsst und bin von selbiger verstoßen worden. Verstoßen!
Matti Braun ist verstoßen worden! Von einer Frau! Von einer unscheinbaren, kleinen Frau ist Matti ins Schlittern gebracht worden. Aquaplaning?
Wenn zwischen mir und jedem beliebigen Mädchen einmal die Bodenhaftung verloren ging, schlitterte ich zur nächsten.
Nicht bei einem Mädchen wie Laila, das wurde mir klar, als Conny und Tarrach mit hochroten Köpfen wieder zu ihren Arbeitsplätzen schlichen. Ich verstand Conny nicht, aber musste man alles verstehen? Inzwischen beherrschte mich selbst der absurde Gedanke, einmal im Leben mit einem unschuldigen, reinen Wesen schlafen zu wollen - Liebe zu machen. Selbst wenn dabei ein Salto vorwärts vom Präsens zum Plusquamperfekt heraus käme. Ein Mann muss alles einmal erlebt haben.
Laila. Ich werde sie herumkriegen, wie ich noch jede herumgekriegt habe. Sie wird glauben, sich frei entschieden zu haben. Aber sie wird dem Zwang der Neugier nicht widerstehen können. Auch sie wird ausprobieren wollen, was andere vor ihr so verzückte. So, wie ich Laila erlebt hatte, war nicht anzunehmen, Lizzy habe ihr von meinen Qualitäten erzählt.
Ich musste dieses unberührte Stück Natur erobern, meine Augen darauf spazieren lassen, erforschend in sie dringen. Ich würde … nein, ich würde vorerst nur mit ihr reden, nur reden, ich schwor es beim Dornröschenschlaf meiner Libido.
Die Clique traf sich diesmal in der «Eule». Das Kino-Café lag zentral, für alle in Kürze erreichbar. Die rustikale Atmosphäre entsprach haargenau unseren Temperamenten. Auf den dicken Holztischen lagen ebensolche bunt karierten Tischläufer, wie die Kissen auf den Bänken aussahen. Auf dem blank polierten Holz durfte ruhig einmal etwas danebengehen, was bei unseren Feten zur Tagesordnung gehörte. Heute war es anders als sonst. Heute war es ein von Tarrach inszenierter Umtrunk, mit dem er sich in unsere Clique einkaufen wollte. Conny hatte die Idee und wie sie sagte, sollte besonders ich Tarrach dankbar sein. Mein Erfolg wäre ohne ihn nicht denkbar gewesen, schließlich habe Tarrach die Bank als Großkunden an Land gezogen. Nur mir raunte sie zu, wie spendabel unser Vize-Chef sei, was unserem Ansehen in der Clique schließlich nicht schaden könne.
Ottmar, Sigmund und sogar Jupp, der unauffälligste von uns, konnten sich für diesen Spätnachmittag frei machen und von den Mädchen kam außer Conny und Cora auch Stella, die sich sonst eher mit Ausreden fernhielt. Lizzy kam nicht. Ich fluchte vor mich hin. Nur um mit Lizzy zu reden, hatte ich gute Miene zum Spiel des Kollegen Tarrach gemacht. Ich wollte Lizzy ein wenig ausfragen, über Laila natürlich. Vielleicht käme die auch wieder, um Lizzy abzuholen. Nun aber war Lizzy nicht hier und ich stellte mich mental darauf ein, Laila nicht so schnell wiederzusehen. Widerwillig widmete ich meine Aufmerksamkeit dem schmierigen Getue von Tarrach.
Der war genau genommen durch und durch scheußlich. Daran hätte auch eine schöne Hülle nichts geändert. Verdeckte Vorzüge, wie Galle sie hatte, gab es bei Tarrach nicht. Dennoch sollte Conny Recht behalten. Tarrach zeigte sich außerordentlich spendabel und alle waren zufrieden.
Zu fortgeschrittener Stunde wurde es immer lauter in der «Eule». Die Kneipenzeit hatte noch nicht wirklich begonnen, aber wir füllten den schwach besuchten Raum abwechselnd mit donnerndem Gelächter und kreischendem Gezeter, je nachdem, von welchem Geschlecht.
Der Barkeeper, ein behäbiger Mann Anfang fünfzig, meinte es gut mit uns, nur die Serviererin in ihrer neckischen Kaffeehaus-Montur meckerte über die zu vollen Biergläser und wir meckerten, weil sie meckerte. Ansonsten war es ein lustiger Abend.
Einmal, ich hatte mir gerade die ungefähr zwanzigste Zigarette angezündet, schaute ich zum Tresen. Eine zierliche Frau stand da, den Rücken zum Gastraum gewandt. Sie besprach etwas mit dem Barkeeper. Weniger ihr dunkelblauer, sehr eleganter Anzug, mehr ihr dunkles Haar, das von einem ebenso dunklen Einsteckkamm seitlich zusammengehalten wurde, kam mir sehr vertraut vor. Mein Atem stockte. Ich erinnerte mich genau an diese Frisur, nur ragten diesmal nicht die Haarspitzen über den wohlgeformten Kopf hinaus. Doch es war Laila.
Ich schob mich so gut ich konnte in die Nische und versteckte mich hinter dem breiten Rücken von Tarrach. Jetzt sollte sie mich nicht sehen. Nicht jetzt.
Niemals zuvor war mir meine Situation zwischen grölenden Trinkern so peinlich. Dazu schweinigelte Ottmar gerade ziemlich laut:
»Manchmal wünschte ich mir, ein Ohrenkneifer zu sein.« Er lachte dreckig und kniff Stella in die drallste Stelle ihres Körpers, während seine unergründlichen Blicke an Conny hafteten.
»Ohrenkneifer kriechen aber niemanden in den Arsch«, wehrte Stella Ottmars Angriff handgreiflich ab.
»Nein aber es hat zwei …«
»Zwei Arschbacken? Die hab ich auch.«
Alles grölte und ich sah, wie Laila sich kurz zu uns umdrehte, dann aber dem Barkeeper etwas übergab. Mir fiel auf, dass sie ein Namensschild an ihrem Revers trug.
»Zwei Penisse, Blödmann!«, jaulte Otti und feixte dabei.
»Wozu brauchst du denn zwei Penisse.«
»Ist der eine schlapp, kann der andere weiter machen«, kicherte Conny und das war zumindest für Conny sehr beachtlich.
»Oder man könnte es mit Siamesischen Zwillingen treiben!« Tarrachs polterndes Lachen übertönte uns alle und ich befürchtete schon, das wippende Auf und Ab und das schaukelnde Hin und Her seines massigen Körpers würde den Blick in die Nische freigeben. Laila durfte mich nicht sehen. Nicht so.
Das Verstecken war unnötig geworden. Unser Gelächter im Rücken stürmte Laila bereits aus der Tür. Ich machte mir darüber wenig Gedanken, ob sie etwas entrüstet haben könnte. Laila war eben anders als wir. Ich bemerkte nur, wie toll es aussah, als der leichtfließende Stoff ihrer Jacke den Blick auf ihr ansehnliches Hinterteil freigab.
Aber was macht Laila in der Eule? Was macht ihr Nervenkostüm? Was macht sie überhaupt. Was ist sie von Beruf?
So viele Fragen und nicht eine konnte ich beantworten. Lizzy war schließlich nicht gekommen und erst jetzt begriff ich, welchen Dusel ich damit hatte. Ich hielt es nicht mehr aus, ging unter einem Vorwand zum Tresen und bestellte einen Magenbitter. Ich redete mit dem Barkeeper über das letzte Fußballspiel unserer hochgejubelten Abstiegsmannschaft, der man nach kontroversen Diskussionen und klaffendem Haushaltsloch doch noch eine bombastische Osttribüne ins Stadion gesetzt hatte, die in Anbetracht des energielosen Unvermögens wohl bald die gleiche gähnende Leere aufweisen würde, wie der städtische Haushalt.
»Ist doch purer Betrug, das mit den Fördergeldern«, winkte der Mann ab, verzog den Mund und wischte sich den Schaum von den Lippen. Ich konnte dem Dicken nur beipflichten.
»Aber clever angestellt. Wenn den Herren Pensionsberechtigten etwas in den Kram passt, dann finden sie schlaue Begründungen«, gluckste er.
»Bauernschläue. Auf die deutsch-polnische Begegnungsstätte bin ich ja mal gespannt«, gab ich ihm Recht. Über mehr sprachen wir nicht, aber jeder wusste, was kommunalpolitisch gespielt worden war. Eine Investition listig zu begründen und dafür Bundesgelder zu lockern, dafür reichten die Iden unserer Volksvertretern noch immer. Beinahe derselbe Betrug wie alles in der Werbung.
Die Abwechslung durch meine Anwesenheit am Tresen schien dem Mann zu gefallen, seine Schimpfkanonaden nahmen kein Ende: »Rasenkomiker! Grottenschlecht wird einem dabei. Weißt du, was meine Gerti gesagt hat? Warum gehst du noch dahin? Miste den Hühnerstall aus, danach hast du das gleiche beschissene Gefühl. Recht hat sie.« Beinahe rutschten ihm die Gläser, die er ins Spülbecken tauchte, aus den aufgeregten Fingern. Doch er wetterte weiter. »Diese Großkotze. Und das für so viel Knete. Und unsereiner…?«
»Ja, ja, ich glaube es hackt mächtig«, erwiderte ich Fußballignorant gelangweilt. Ich musste höllisch aufpassen, dass sich der Mann nicht in Ekstase redete. Schließlich sollte er mir noch eine entscheidende Frage beantworten. Während er noch wetterte und mir mit vollem Körpereinsatz die lausigsten Szenen vor dem gegnerischen Tor schilderte, betete ich heimlich zu Gott: Bitte lass Laila nicht zurückkommen. Nicht jetzt. Hier am Tresen wäre ich ihren Blicken ungeschützt ausgesetzt gewesen. Der Mann bezeichnete mich plötzlich als Kumpel und fragte: »Noch einen? «
»Danke«, grinste ich ihn an und nutzte blitzschnell die Gelegenheit. »Sag mal, wer war die Kleine vorhin. «
»Welche Kleine? Die Chefin meinst du, oder?«
»Nein, die zierliche Frau in dem blauen Anzug. «
»Ist doch die Chefin. Den Namen kann ich nicht sprechen – Elhabib oder so…«
»Das ist deine Chefin?«
»Nein. Nicht meine.« Er griente und reckte seinen Oberkörper in eine erhabene Position, die mir wieder einmal die Augen öffnete, warum man Bier «Molle» nennt. Den Dicken müsste ich für meinen neuesten Auftrag ködern, der wäre der ideale Typ für das Motiv, das ich suchte. «Das Bier im Manne»
»Ich bin selbständiger Pächter«, prustete er. »Die Sahib ist die Managerin vom Kino. «
Er rollte mit seinen verklärten Augen, als müsse jeder Mensch dieser Stadt wissen, was jeder Mensch dieser Stadt tut.
Die Managerin vom Kino also. Ich glaubte zu träumen. Hätte mir jemand gesagt, Laila sei Abstauberin in einer Bibliothek, das hätte ich sofort geglaubt. Aber Managerin? Kann eine Nervenkranke überhaupt Managerin sein? Diese Laila wurde immer rätselhafter. Ich schlich zurück zum Stammtisch und setzte mich still wieder dazu.
»Matti hat heute seine Tage«, hörte ich Ottmar frotzeln.
»Nein, ihm ist nur kalt am Kinn«, nuschelte Cora, die schon vor einiger Zeit angedeutet hatte, heute wäre ein schadloses Kuscheln mit Matti möglich. Es fiel sofort auf, wenn ich einmal rasiert war. Spätestens zu dieser Zeit wusste ich, dass ich sie an jedem anderen Tag abschleppen würde. Cora war blond, hatte große dunkle Augen und sehr dünne Brauen. Alles andere an ihr war eher üppig. Sie war eine, die sehr viel Zeit damit verbrachte, jeden Zentimeter ihres Körpers zu beobachten. Wie weh ihr das tat, verrieten ihre giftigen Anfeindungen gegen jede potentielle Konkurrentin, die ohne ständige Diät auskam. Aber Cora war … nun ja, keine Perle, eher ein zu scharf geschliffener Diamant. Die Männer gafften ihr nach, wenn sie mit ihrem schwingenden Ganzkörper-Schritt provozierte. Niemand kam mit so hohen Absätzen und so engem Rock so schnell vorwärts wie Cora, und wie keine Andere beherrschte sie es, Männer einzufangen und sei es nur durch ihre Art, wie sie mit ihren Hüften schwang. Sie brauchte männliche Blicke wie den Sauerstoff zum Leben. Heute aber übertrieb sie ein wenig. Wie eine Ikone saß sie da, zückte den Lippenstift, wandte sich zu mir und schlug die langen Beine übereinander, wie eine von der leichten Sitte, die nicht mehr zu bieten hat, als ihren Körper. Ich hatte keine Lust auf Cora, schließlich hatte ich mir geschworen, für eine einzige Liebesnacht mit Laila notfalls eine gewisse Zeit blonde Frauen zu meiden. Man muss sich schließlich auf Veränderungen einstimmen.
Ich rauchte viel zu viel und paffte die Kringel in den fetten Dunst der «Eule». Und was machte das für einen Sinn? Ich sah in jedem Kringel Laila auf dem Boden hocken und still vor sich hin summen. Langsam wurde auch ich verrückt – Laila hatte mich auf rätselhafte Weise infiziert.
»Die weiße Unschuld- 1.20 €« stand auf dem Schild, das sich über die Blüten erhob. Im Blumenshop gleich hinter der Lindenpforte standen zu später Stunde noch Eimer und Schalen vor der Tür, prall gefüllt mit Rosen, Lilien, Rittersporn und allerlei farbenprächtigen Blüten, deren Namen ich nicht kannte. Die Kirchenglocken läuteten weit hin vernehmbar den Abend ein. Also war es kurz vor Ladenschluss und ich wunderte mich wie schon tausendmal zuvor über die Fülle der kurzlebigen Ware. Ob die Blüten je rechtzeitig an den Mann gebracht werden können, ehe sie verdorben sind? Auf den südamerikanischen Plantagen ruinierten sich die Feldarbeiterinnen für ein paar Pesos ihre Gesundheit, und wie ich unlängst gehört hatte, mit dramatischen Auswirkungen, nur um uns materialistisch orientierten verwöhnten Ästheten ein kurzes, sinnloses Vergnügen zu bereiten.
Mir war damals schon klar, dass ich einer von denen war, die den falschen Idolen der heutigen Welt dienten – dem Profit. Jeder mitfühlende Arbeitnehmer weiß natürlich, warum die Besitzenden heutzutage die unglücklichsten Menschen unter der Sonne sind. Geld ist ein falsches Idol, Geld macht nicht glücklich - Sex ist kein falsches Idol, er ist ein gutes – er macht glücklich.
Ich stand dazu, auch wenn ich wusste, dass Begierde schnell zur Gier werden kann, doch kann begehren auch bekehren, wie es Oma Hannah immer sagte. Sie war die Frau in meinem Leben, die mich behutsam dazu brachte, etwas dafür zu tun, um etwas anderes zu bekommen.
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