Land of Stories: Das magische Land – Eine Schatztruhe klassischer Märchen - Chris Colfer - E-Book

Land of Stories: Das magische Land – Eine Schatztruhe klassischer Märchen E-Book

Chris Colfer

0,0
16,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Muss für alle »Land of Stories«-FansLiebe Leserin, lieber Leser, du hältst ein ganz besonderes Buch in den Händen: Wenn du bemerkst, dass die Seiten leuchten, gefolgt von einem einladenden Brummen, dann hab keine Angst! Das ist nur die Magie des Buches. Aber was auch immer du tust, lehne dich nicht zu weit in das Buch hinein. Man weiß nie, wo man landen könnte ...Dornröschen, Rotkäppchen, Die Schöne und das Biest, Rapunzel, Die Schneekönigin, Die Geschichte vom Pfefferkuchenmann, Pinocchio: 35 bekannte und weniger bekannte Märchen, nacherzählt von Chris Colfer, dem Bestsellerautor der »Land of Stories«-Serie.Prachtvoll ausgestattet mit bunten Illustrationen von Brandon Dorman. Alle Bände der Serie »Land of Stories. Das magische Land«:Band 1: Die Suche nach dem WunschzauberBand 2: Die Rückkehr der ZauberinBand 3: Eine düstere Warnung Band 4: Ein Königreich in Gefahr Band 5: Die Macht der Geschichten Band 6: Der Kampf der Welten

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 247

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Chris Colfer

Aus dem Amerikanischen vonFabienne Pfeiffer

Mit farbigen Illustrationenvon Brandon Dorman

Über dieses Buch

Zu diesem E-Book ist bei Argon ein Hörbuch erschienen, das im Buchhandel erhältlich ist.

Von Chris Colfer außerdem bei Sauerländer erschienen:

›Land of Stories – Das magische Land‹

Band 1: Die Suche nach dem Wunschzauber

Band 2: Die Rückkehr der Zauberin

Band 3: Eine düstere Warnung

Band 4: Ein Königreich in Gefahr

Band 5: Die Macht der Geschichten

Band 6: Der Kampf der Welten

›Tale of Magic – Die Legende der Magie‹

Band 1: Eine geheime Akademie

Band 2: Eine dunkle Verschwörung

Band 3: Ein gefährlicher Pakt

Biografie

© Brian Bowen Smith / FOX

Chris Colfer ist Schauspieler und Autor. Bekannt wurde er vor allem durch die Rolle des Kurt Hummel in »Glee«, für die er unter anderem 2011 mit dem Golden Globe Award ausgezeichnet wurde. Alle Bände seiner »Land of Stories«-Reihe erschienen auf der New York Times-Bestsellerliste und begeistern weltweit unzählige Fans.

Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage finden Sie unter www.fischerverlage.de

Einleitung

Cinderella

Hänsel und Gretel

Goldlöckchen und die drei Bären

Jack und die Bohnenranke

Rotkäppchen

Schneewittchen

Die drei kleinen Schweinchen

Rumpelstilzchen

Die Elfen und der Schuhmacher

Die Schöne und das Biest

Der Hirtenjunge und der Wolf

Dornröschen

Die Prinzessin auf der Erbse

Rapunzel

Henny Penny

Die kleine Meerjungfrau

Die drei Böcke Brausewind

Die Schneekönigin

Der Froschkönig

Der Gestiefelte Kater

Däumelinchen

Der Lebkuchenmann

Das hässliche Entlein

Pinocchio

Mutter Gans’ Kinderreime

Die kleine Bo Peep

Die kleine Miss Muffet

Der kleine Jack Horner

Die alte Frau im Schuh

Humpty Dumpty

Drei Männer im Fass

Drei blinde Mäuschen

Baa Baa, schwarzes Schaf

Georgie Porgie

Hey, dideldumdidel

Lecker, lecker, Kuchenbäcker

Jack und Jill

Jack, sei flink

Mutter Gans’ Überlebensratgeber für Ausflüge in die Märchenwelt

Über die Autorinnen und Autoren

Für meine Mom.Danke, dass Du mir die Welt der Märchen eröffnet hastund nie meiner endlosen Neugier zu den Figurenund ihren Motiven überdrüssig geworden bist.Ich liebe Dich und werde Dich bis in alle Ewigkeit vermissen.

Stellt euch eine Welt voller Magie vor. Und jetzt stellt euch vor, dass dort all jene Wesen und Dinge zu Hause sind, von denen man euch gesagt hat, sie wären nicht »echt«. Stellt euch vor, dass sich dort Feen und Hexen tummeln, Meerjungfrauen und Einhörner, Riesen und Drachen, Trolle und Kobolde. Stellt euch vor, sie leben an Orten wie verzauberten Wäldern, in Lebkuchenhäusern, Unterwasserkönigreichen oder Burgen im Himmel.

Ich persönlich weiß, dass es eine solche Welt gibt, weil ich von dort stamme. Und diese magische Welt ist nicht so fern, wie ihr vielleicht glaubt. Genau genommen habt ihr sie sogar schon viele Male besucht. Jedes Mal, wenn ihr die Worte »Es war einmal …« hört, reist ihr dorthin. In eine andere Dimension, in der all eure liebsten Märchenfiguren und Heldinnen und Helden aus Kinderreimen lebendig sind. In eurer Welt nennen wir sie das magische Land.

All diejenigen von euch, die mit Märchen vertraut sind, kennen mich als die gute Fee. Am berühmtesten bin ich dafür, dass ich Cinderellas zerschlissene Kleider in eine wunderschöne Robe für den Ball des Prinzen verwandelt habe – aber mehr verrate ich nicht, für den Fall, dass ihr das Märchen noch nicht gelesen habt. Ihr könnt euch freuen: Ich habe es gleich als erste Geschichte in diese Sammlung gepackt.

Mir ist bewusst, dass all das für euch nun vielleicht ziemlich überraschend kommt. Man erfährt ja nicht jeden Tag, dass ein Ort wie das magische Land auch außerhalb der eigenen Phantasie existiert. Wobei das, wenn ich es mir recht überlege, so wahnsinnig schockierend auch wiederum nicht sein sollte: Schließlich beruht Literatur auf Mythen, und Mythen wiederum sind bloß ausgeschmückte Legenden, und Legenden sind übertriebene Darstellungen geschichtlicher Ereignisse … und damit muss doch letztlich in allen Geschichten ein wahrer Kern stecken. Ich kann euch in jedem Fall versichern, dass die Märchenwelt so wirklich ist wie das Buch, das ihr in euren Händen haltet.

Vermutlich fragt ihr euch jetzt, wie die Geschichten aus der Märchenwelt sich in eurer eigenen Welt so weit verbreitet haben. Lasst mich das erklären, denn es ist allein meine Schuld.

Vor vielen Jahrhunderten habe ich durch Zufall eure Welt entdeckt. Nachdem ich lange und wunderbare Jahre damit zugebracht hatte, zahllosen Menschen (zum Beispiel Cinderella) dabei zu helfen, ihre Träume zu verwirklichen, sehnte ich mich danach, noch mehr Gutes zu tun. Also schloss ich eines Tages die Augen, schwang meinen Zauberstab und sagte: »Ich wünsche mich an den Ort, wo die Leute mich am dringendsten brauchen.« Und als ich die Augen wieder öffnete, war ich nicht mehr im magischen Land.

Bei meiner Ankunft durchlebte eure Welt gerade eine sehr düstere Zeit – auch bekannt als das finstere Mittelalter, und eine treffendere Beschreibung könnte es gar nicht geben. Damals herrschten überall Armut, Krankheit und Krieg. Die Menschen litten und hungerten, und kaum jemand hatte noch Hoffnung, dass die Lage sich wieder bessern würde.

Ich tat mein Bestes, um all jenen, die mir über den Weg liefen, unter die Arme zu greifen: Ich pflegte die Kranken, gab den Hungernden zu essen und versuchte sogar, überall im Land der Gewalt Einhalt zu gebieten. Leider jedoch konnte ich gegen die sich ausbreitende Pest und die übelste Not kaum etwas ausrichten.

Doch in Wirklichkeit hatte eure Welt gar niemanden nötig, der sich einmischte; was ihr fehlte, war Inspiration. In einer Gegenwart, die von skrupellosen Königen und Kriegsherren geprägt wurde, waren den Menschen Vorstellungen wie Selbstwertgefühl und Selbstermächtigung völlig fremd. Also begann ich damit, ihnen Geschichten aus meiner Welt zu erzählen, um sie zu unterhalten und ihre Stimmung aufzuhellen, insbesondere die der armen Kinder. Ich ahnte nicht einmal ansatzweise, dass ich damit mein allergrößtes Vermächtnis erschaffen sollte.

Ich erzählte Geschichten von Feiglingen, die zu Helden wurden, von Bäuerinnen, die Macht erlangten, und von einsamen Menschen, die schließlich von einem großen Freundeskreis umgeben waren. Diese Erzählungen lehrten viele Lektionen, doch vor allem brachten sie eurer Welt wieder zu träumen bei. Die Fähigkeit zu träumen bereitete den Boden für neue Hoffnung, und sie breitete sich aus wie ein Lauffeuer. Familien gaben die Geschichten von einer Generation an die nächste weiter, und im Laufe der Jahre konnte ich verfolgen, wie ihre Leidenschaft und ihr Mut die Welt veränderten.

Ich rekrutierte weitere Feen, die mir dabei halfen, die Geschichten aus dem magischen Land rund um den Erdball zu verbreiten, und sie wurden als Märchen bekannt. Schließlich baten wir auch Schriftsteller wie die Brüder Grimm, Hans Christian Andersen und Charles Perrault, unsere Geschichten zu veröffentlichen, damit sie bis in alle Ewigkeit überdauern würden.

Damals begriff ich, wie wichtig es ist, Geschichten zu erzählen. Es mag sein, dass Wissenschaft und Philosophie unseren Körper und unseren Geist stärken, doch Geschichten regen unsere Seele an. Sie erweitern unsere Phantasie, vermitteln uns wertvolle Lektionen, zeigen uns, dass nicht alles so ist, wie es scheint, und ermutigen uns, unser Potenzial voll auszuschöpfen.

Und aus genau diesem Grund habe ich eine Bitte an euch alle, die ihr das hier lest: Werdet Geschichtenerzählerinnen und Geschichtenerzähler! Lest anderen die Märchen in diesem Buch vor. Lest ihnen die Geschichten aus anderen Büchern vor. Wenn ihr könnt, dann denkt euch eigene Geschichten aus und teilt sie mit der Welt. Indem ihr die Kunst des Geschichtenerzählens an eure Familie und eure Freundinnen und Freunde weitergebt, macht ihr die Welt zu einem besseren Ort.

Wer jemand anders inspiriert, stimuliert die Kreativität dieses Menschen – und wer mit Kreativität beschenkt ist, der trägt in sich selbst die Quelle von Fortschritt und Wohlergehen. Kreativität ist die schlichte, aber umso mächtigere Fähigkeit, etwas aus dem Nichts zu erschaffen, und rein zufällig ist etwas aus dem Nichts zu erschaffen gleichzeitig auch die Definition von Magie.

Werdet zu Geschichtenerzählerinnen und Geschichtenerzählern und helft uns, die Märchen am Leben zu halten. Auch wenn manche Leute nicht an Magie glauben wollen: Lasst niemals zu, dass die Welt vergisst, wofür sie steht. Wo jemand Geschichten erzählt, dort wird immer auch Hoffnung sein.

Ich danke euch. Und: Möget ihr alle glücklich und zufrieden leben bis ans Ende eurer Tage!

Von Herzen

die gute Fee

Es war einmal ein bezauberndes kleines Mädchen namens Cinderella. Sie war ebenso wunderschön wie freundlich und behandelte alle mit Mitgefühl und Respekt, von den hohen Herrschaften, die in ihrem Dorf lebten, bis hin zu den kleinen Mäusen, die im Garten ihres Hauses daheim waren. Cinderella besaß ein Herz aus Gold, und jeder, der sie traf, konnte gar nicht anders, als sie lieb zu haben.

Sie lebte zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Vater in einem gemütlichen Haus, und sie waren eine rundum glückliche Familie – bis zu dem unglückseligen Tag, an dem ihre Mutter starb.

Aus Sorge, Cinderella könnte unglücklich werden, wenn sie ohne Mutter aufwachsen musste, heiratete ihr Vater bald eine Witwe aus dem Dorf, die bereits zwei eigene Töchter hatte. Die neue Stiefmutter war keineswegs so warmherzig oder sanft, wie Cinderellas Mutter es gewesen war, und die Stiefschwestern waren ebenfalls nicht nett, doch Cinderella liebte sie wie die Familie, zu der sie hoffentlich zusammenwachsen würden.

Leider verstarb kurz nach der Hochzeit auch Cinderellas Vater, und sie blieb allein mit ihrer Stiefmutter und den Stiefschwestern zurück. Da nun zeigte sich die wahre Natur ihrer neuen Familie: Die drei räumten das Haus, das Cinderellas Mutter und Vater gehört hatte, komplett aus und füllten es mit ihren eigenen Besitztümern. Die Stiefschwestern beanspruchten Cinderellas Zimmer für sich und zwangen sie, auf einem Haufen Heu im Keller zu schlafen. Die Stiefmutter riss Cinderellas Kleider an sich und gab ihr stattdessen Lumpen zum Anziehen.

»Wenn du weiterhin hier wohnen willst, wirst du dafür arbeiten müssen«, sagte sie zu ihr.

Von diesem Moment an wurde Cinderella nicht mehr wie eine Schwester oder Tochter behandelt, sondern wie eine Dienstmagd. Ihre Stiefmutter und die Stiefschwestern trugen ihr zermürbende Haushaltspflichten und alberne Arbeiten auf und ließen sich von vorne bis hinten von ihr bedienen, während sie selbst ihr neues Zuhause genossen.

Im Laufe der Zeit wuchs Cinderella zu einer wunderschönen jungen Frau heran und zog damit den Neid ihrer beiden Stiefschwestern auf sich. Zur Strafe für ihre Schönheit bürdeten sie ihr weitere Tätigkeiten auf, bis sie immerzu starrte vor Dreck und selbst vergaß, wie hübsch sie war.

Trotz ihres Unglücks bewahrte Cinderella sich ihr freundliches und mitfühlendes Wesen. Sie wusste, dass ihr goldenes Herz etwas war, das ihr Stiefmutter und Stiefschwestern niemals nehmen konnten, und das allein war ihr an den grauesten Tagen ein kleiner Freudenfunken. Zwar verbrachte sie ihre Tage damit, endlos für ihre Stieffamilie zu schuften, doch die Nächte gehörten allein ihr: Sie träumte von einem besseren Leben, und aus diesen Träumen schöpfte sie die Hoffnung, dass irgendwann alles gut werden würde.

Eines Tages wurden königliche Einladungen an alle jungen Damen im gesamten Reich verschickt: Sie sollten zu einem besonderen Ball erscheinen, den der König und die Königin im Palast ausrichteten. Auf dem Ball würde der sehr gutaussehende Prinz Charming mit sämtlichen anwesenden jungen Frauen tanzen und so seine künftige Braut auswählen.

Eine solch aufregende Nachricht hatte es im Königreich seit Jahren nicht gegeben, und auch in Cinderellas Haus war die Begeisterung praktisch spürbar. Schon Wochen vor dem Ball sprachen ihre Stiefmutter und die Stiefschwestern von nichts anderem mehr. Abwechselnd schwärmten die Stiefschwestern davon, wie es wohl sein würde, mit dem Prinzen zu tanzen und dann seinen Heiratsantrag anzunehmen. Sie kauften elegante Stoffe und befahlen Cinderella, ihnen für den Anlass Kleider zu fertigen.

Während sie den Tagträumen ihrer Stiefschwestern lauschte und ihre Roben nähte, malte auch Cinderella sich insgeheim aus, wie es wohl wäre, zum Ball zu gehen. Sie war nie zuvor im Palast gewesen und wünschte sich nichts sehnlicher, als zusammen mit den übrigen jungen Frauen des Königreichs dort zu erscheinen. Als kleines Mädchen hatte sie es geliebt, wenn ihr Vater von seinen Besuchen im Palast zu besonderen Gelegenheiten erzählt hatte. Er hatte ihr versprochen, sie eines Tages – wenn sie älter wäre – dorthin mitzunehmen, doch nun, da er nicht mehr da war, erschien der Ball Cinderella als einzige Chance.

Sie werkelte rund um die Uhr an den Kleidern ihrer Stiefschwestern und hoffte dabei, früh genug damit fertig zu werden, um auch sich selbst noch etwas zum Anziehen zu schneidern. Bald war der Abend des Balls gekommen, und Cinderella blieb gerade genügend Zeit, einige Flicken über die Löcher und Risse in ihren Lumpen zu nähen.

Eine Kutsche fuhr vor, um die Stiefmutter und die Stiefschwestern zum Palast zu bringen, und Cinderella folgte ihnen ins Freie.

»Wo willst du denn hin?«, fragte die Stiefmutter.

»Zum Ball natürlich«, erwiderte Cinderella.

»Du kannst wohl schlecht in diesen scheußlichen Fetzen im Palast auftauchen«, sagte die Stiefmutter.

»O bitte, lass mich gehen, Stiefmutter«, flehte Cinderella. »Ich möchte ja gar nicht mit dem Prinzen tanzen, sondern nur einmal den Palast sehen. Ich werde mich ganz im Hintergrund halten, wo mich niemand bemerkt.«

»Auf gar keinen Fall«, beharrte die Stiefmutter. »Die Leute auf dem Ball würden dich auslachen. Wir würden so abgrundtief blamiert, dass wir uns nie wieder auf offener Straße zeigen könnten. Glaub mir, Cinderella, ich tue dir einen Gefallen.«

Und damit kletterten die Stiefmutter und die Stiefschwestern in die Kutsche und fuhren davon. Cinderella fiel auf die Knie und weinte herzzerreißender, als sie je in ihrem Leben geweint hatte.

»O Mutter und Vater«, betete sie, »bitte vergebt mir, dass ich so am Boden zerstört bin. Ich gebe mir solche Mühe, mir ein frohes Herz zu bewahren, aber das fällt schwer, wenn es eigentlich längst gebrochen ist.«

Mit einem Mal umwirbelte eine Windböe Cinderella, und wie aus dem Nichts erschien vor ihr eine alte Frau. Sie trug ein glitzerndes Gewand und hatte ein gutmütiges Lächeln im Gesicht. Sie trocknete Cinderellas Tränen und strich ihr sanft über das Haar.

»Na, na, mein Kind«, sagte die alte Frau. »Jemand, der so bezaubernd ist wie du, sollte nicht so traurig sein.«

»Wer seid Ihr?«, fragte Cinderella erschrocken, denn sie hatte diese Frau nie zuvor in ihrem Leben gesehen.

»Ich bin deine gute Fee«, erwiderte die Frau. »Und ich bin gekommen, um dir zu helfen.«

»Wieso solltet Ihr ausgerechnet mir helfen, wo es doch so viele notleidende Menschen auf der Welt gibt?«, wunderte sich Cinderella.

»Ich beobachte dich schon eine Weile, mein Kind«, sagte die gute Fee. »Du bist freundlich zu jedem, selbst wenn dir niemand mit Freundlichkeit begegnet. Du bist mitfühlend, obwohl du von anderen wenig Mitgefühl erfährst. Du weißt die schönen Momente im Leben zu schätzen, obwohl das Leben dir so wenige davon schenkt. Du hast eine sehr seltene und ganz besondere Seele, und deshalb ist es mir eine Ehre, dir heute Nacht dabei zu helfen, dass du zum Ball gehen kannst.«

»Und wie wollt Ihr mir helfen?«, fragte Cinderella. »Ich bin schmutzig und habe nichts zum Anziehen, und ohne Kutsche wird der Ball vorüber sein, bevor ich zu Fuß beim Palast angelangt bin.«

»Zugegeben, das sind trostlose Voraussetzungen«, meinte die gute Fee. »Aber nichts, was sich mit ein wenig Magie nicht in Ordnung bringen ließe!«

Die gute Fee holte einen langen Kristallzauberstab aus ihrem Gewand. Sie schwenkte ihn über einem Kürbis, der im Garten wuchs, und er verwandelte sich auf magische Weise in eine große goldene Kutsche. Das Geschehen verängstigte sechs winzige Mäuse, die rasch davonhuschten.

»Oh, wunderbar«, rief die gute Fee, als sie die Mäuse erblickte. »Schließlich brauchst du noch Pferde und jemanden, der lenkt!«

Sie deutete mit ihrem Zauberstab auf die Mäuse, und prompt wurden aus ihnen vier Pferde, ein Kutscher und ein Diener.

»Und nun kümmern wir uns um deine Garderobe«, meinte die gute Fee und schwang ihren Stab über Cinderella. Ihre erbärmlichen Lumpen wichen dem prachtvollsten und elegantesten Ballkleid, das sie je zu Gesicht bekommen hatte, und ihre winzigen Füße steckten plötzlich in gläsernen Schuhen. Nicht in ihren wildesten Träumen hatte Cinderella geglaubt, jemals so wunderschön sein zu können.

»Nun musst du dich aber beeilen – auf zum Ball, ehe es zu spät ist«, mahnte die gute Fee. »Du musst vor dem zwölften Glockenschlag zurück sein, denn der Zauber erlischt um Mitternacht.«

Cinderella dankte der guten Fee, und der Diener half ihr in die goldene Kutsche. Der Kutscher nahm die Zügel der Pferde auf, und so fuhren sie die Straße hinunter, in Richtung des Palasts.

Als Cinderella das herrliche Gebäude erreichte, war der Ball bereits in vollem Gange. Rasch eilte sie die Stufen zum Eingang hinauf, um schnellstmöglich der Musik und dem Gelächter, die herausschallten, näher zu kommen.

Kaum hatte sie den Ballsaal betreten, kam Cinderella sich vor, als wäre sie geradewegs in einen Traum gestolpert. Rings um sie herum tanzten Männer und Frauen in den schicksten Anzügen und feinsten Kleidern des gesamten Königreichs. Es gab Spiegel und Kunstwerke an den Wänden, goldene Säulen, und ein beeindruckender Kronleuchter an der Decke tauchte alles in funkelndes Licht.

Als die übrigen Gäste Cinderella bemerkten, hielten die Feierlichkeiten schlagartig inne. Ihr Anblick raubte allen den Atem.

Cinderella erspähte ihre Stiefmutter und die Stiefschwestern auf der anderen Seite des Ballsaals, doch so schön, wie sie war, erkannten die drei sie nicht. Sie starrten sie ebenso hingerissen an, wie alle anderen es taten. Sogar den König und die Königin verzückte Cinderella; sie erhoben sich von ihren Thronen, um sie besser sehen zu können.

Zuerst bereiteten ihre Blicke Cinderella Unbehagen. Wussten die beiden, dass sie nicht hierhergehörte? Würde sie nun aufgefordert werden, den Ball zu verlassen? Doch ihre Ängste wurden besänftigt, als ein ausgesprochen gutaussehender junger Mann zu ihr trat und ihr seine Hand anbot.

»Darf ich um diesen Tanz bitten?«, fragte er sie.

Cinderella wollte nicht unhöflich sein, daher ergriff sie seine Hand, und die beiden schwebten durch den Ballsaal. Obwohl Cinderella sich sicher war, dass sie einander nie zuvor begegnet waren, war ihr etwas an dem jungen Mann so vertraut, als hätte sie ihn bereits im Traum getroffen. Und all die ehrfürchtigen Blicke der restlichen Gäste verrieten ihr schnell, mit wem sie da tanzte.

»Ihr seid der Prinz, nicht wahr?«, fragte Cinderella.

»Der bin ich«, antwortete er mit einem Lächeln. »Und wer seid Ihr?«

»Ich bin … ich bin …« stotterte Cinderella und schielte zur Uhr hinauf. »Es tut mir so leid, ich muss los!«

Es war beinahe Mitternacht! Cinderella hatte bei ihrem Tanz mit dem Prinzen vollkommen die Zeit aus den Augen verloren. Ihr blieben nur wenige Augenblicke, ehe der Zauber gebrochen würde. Sie rannte aus dem Ballsaal, so schnell es ihr in den gläsernen Schuhen möglich war.

»Nein, wartet!«, rief der Prinz ihr nach. »Bitte, kommt zurück!«

Cinderella wollte dem Prinzen nicht den Rücken kehren, doch sie durfte nicht zulassen, dass er sah, wie sie sich zurück in eine Dienstmagd verwandelte. Sie hastete die Eingangsstufen des Palasts hinunter, und der Prinz eilte ihr nach. Im Laufen verlor Cinderella einen ihrer gläsernen Schuhe, doch sie hatte keine Zeit, ihn wieder einzusammeln.

Der Diener half Cinderella zurück in die Kutsche, und sie rasten nach Hause. Genau mit dem zwölften Glockenschlag, der Mitternacht verkündete, kamen sie vor dem Rasen ihres Hauses zum Stehen. Cinderellas Robe wurde wieder zu Lumpen, die Kutsche lag im nächsten Moment als Kürbis am Boden, und der Diener, der Kutscher und die Pferde verwandelten sich zurück in Gartenmäuse.

»Ich kann euch gar nicht genug dafür danken, dass ihr mir heute Abend geholfen habt«, sagte Cinderella und strich den Mäusen beglückt über das Fell. »Das werde ich euch nie vergessen!«

Als ihre Stiefmutter und die Stiefschwestern einige Stunden später zu Hause eintrafen, redeten sie von nichts anderem als der geheimnisvollen Fremden, mit der der Prinz auf dem Ball getanzt hatte. Cinderella half ihnen dabei, sich zum Schlafengehen bereitzumachen, während sie rätselten, um wen es sich bei der mysteriösen jungen Frau handeln mochte und woher sie wohl stammte. Keine der drei realisierte, dass ebenjene junge Frau direkt vor ihnen stand.

Am nächsten Morgen wurde das Königreich von wundervollen Neuigkeiten geweckt: Nachdem er mit all den jungen Frauen im Land getanzt hatte, hatte der Prinz sich tatsächlich für eine Braut entschieden. Es gab nur ein Problem: Niemand wusste, wer sie war oder woher sie kam. Der einzige Anhaltspunkt, den der Prinz hatte, war der kleine gläserne Schuh, den sie verloren hatte.

Also brach der Prinz zu einer Suche im gesamten Reich auf – nach der Frau, die er auf dem Ball getroffen hatte. Wochenlang fahndete er nach ihr, ließ den Schuh von Prinzessinnen, Gräfinnen und sämtlichen Töchtern der Adelsfamilien anprobieren, doch keiner wollte er passen. Dann bat er all die jungen Frauen ohne Titel oder edle Abstammung, den Schuh anzuziehen. Doch weil er für einen so kleinen und zarten Fuß gemacht war, fand sich auch unter ihnen keine Trägerin.

Der letzte Halt führte den Prinzen zu Cinderellas Haus. Die Stiefschwestern kämpften darum, welche von ihnen den gläsernen Schuh zuerst anprobieren durfte, überzeugt, dass sie dem Prinzen weismachen könnten, er gehörte ihnen.

Die erste Schwester rammte ihren Fuß so krampfhaft in den Schuh, dass er beinahe zersprang. Die zweite Schwester quetschte ihre Zehen so verzweifelt hinein, dass sie zu bluten begannen.

»Ich fürchte, die Frau, nach der Ihr sucht, ist nicht hier«, sagte die Stiefmutter schließlich. »Doch jede meiner Töchter würde eine wunderbare Ehefrau abgeben, Euer Hoheit.«

»Wartet«, sagte der Prinz. »Was ist mir ihr?«

Cinderella war gerade mit einer Armladung Feuerholz aus dem Keller gekommen, als ihr Blick und der des Prinzen sich trafen.

»Cinderella, meint Ihr?«, fragte die Stiefmutter lachend. »Sie ist bloß unsere Dienstmagd, Euer Hoheit. Sie kann unmöglich die Frau sein, nach der Ihr sucht.«

Der Prinz allerdings war – im Gegensatz zu der Stiefmutter und den Stiefschwestern – in der Lage, über Cinderellas zerschlissene Kleider und den Schmutz auf ihrer Haut hinwegzusehen. Er erkannte, dass das Dienstmädchen etwas Besonderes an sich hatte, und er musste den Schuh von ihr anprobieren lassen, um ganz sicherzugehen.

»Bitte, ich bestehe darauf«, sagte er.

Cinderella nahm Platz, und der Prinz schob den gläsernen Schuh über ihren Fuß. Zu aller Erstaunen (mit Ausnahme von Cinderella, versteht sich) passte er wie angegossen! Der Prinz küsste sie auf die Wange und hielt auf der Stelle um ihre Hand an.

Zuerst war Cinderella unsicher, wie sie ihm antworten sollte. Sie hatte den Prinzen schließlich erst einmal zuvor getroffen – doch seit dem Ball war er ihr nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Ihr gemeinsamer Tanz im Palast war die glücklichste Erfahrung ihres Lebens gewesen, und nach Jahren voller unschöner Erinnerungen war Cinderella bereit, neue zu schreiben.

»Ja, Euer Hoheit«, sagte sie. »Ich möchte Eure Frau werden.«

Obwohl sie so lange Zeit grausam von ihnen behandelt worden war, vergab Cinderella ihrer Stiefmutter und den Stiefschwestern und lud sie zu ihrer Hochzeit ein. Leider kamen sie nicht. Genau so, wie die Stiefmutter es vorhergesagt hatte, hatte Cinderella sie derart bloßgestellt, dass sie nie wieder ihr Gesicht in der Öffentlichkeit zu zeigen wagten.

Cinderella und der Prinz heirateten in der folgenden Woche und gaben im Palast ein rauschendes Fest. Im gesamten Königreich läuteten freudig die Kirchenglocken, und Cinderella wurde mit offenen Armen in die königliche Familie aufgenommen. Sie und der Prinz führten eine wundervolle Ehe und lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage.

ENDE

Es waren einmal ein Bruder und eine Schwester namens Hänsel und Gretel. Sie lebten mit ihrem Vater und ihrer Stiefmutter in einer kleinen Hütte am Waldrand. Ihr Vater war ein guter Mann, der seine Kinder mehr liebte als alles andere auf der Welt. Seine Frau jedoch war ein gemeiner, selbstsüchtiger Mensch und wurde eifersüchtig auf die Zuneigung, die ihr Ehemann den Kindern entgegenbrachte.

Der Vater war Holzfäller und tat sein Möglichstes, um für seine Familie zu sorgen, doch seit eine Hungersnot sich im ganzen Land ausbreitete, waren harte Zeiten für die einfachen Familien im Königreich angebrochen. Es gab wenig zu essen, und viele sorgten sich darum, wie sie den nahenden Winter überstehen sollten.

»Wir müssen etwas unternehmen, sonst werden wir verhungern!«, hielt die Frau eines Abends vor dem Zubettgehen dem Holzfäller vor. »Wir haben kaum genug Nahrung für uns beide. Wenn wir überleben wollen, müssen wir Hänsel und Gretel loswerden.«

»Ich könnte mich niemals von meinen Kindern trennen«, sagte der Holzfäller. »Sie sind mein Ein und Alles!«

»Das wird ein Leichtes«, widersprach seine Frau, die bereits einen Plan ausgeheckt hatte. »Morgen gehen wir mit Hänsel und Gretel tief in den Wald und lassen sie dort zurück. Sie sind so jung, dass sie den Heimweg allein nicht finden werden. Sie werden sich verlaufen, und ein hungriges Wolfsrudel wird sie aufspüren. Wir werden uns nie wieder Gedanken darum machen müssen, wie wir sie satt bekommen.«

»Ich würde lieber selbst verhungern, als meine eigenen Kinder im Stich zu lassen«, entgegnete der Holzfäller. »Kein Wort mehr will ich davon hören. Wir finden einen anderen Weg, über den Winter zu kommen.«

Trotz des Widerstands ihres Mannes war die Frau überzeugt, dass ihr Plan die einzige Lösung sei. Zum Glück waren Hänsel und Gretel noch wach und belauschten das Gespräch zwischen ihrem Vater und der Stiefmutter durch die dünnen Wände der Hütte.

»Was sollen wir tun, Hänsel?«, fragte Gretel ihren Bruder. »Unsere Stiefmutter wird sicher versuchen, uns im Wald auszusetzen, während Vater morgen fort ist, um Holz zu hacken.«

»Hab keine Angst, Gretel«, beruhigte sie Hänsel. »Ich sammele heute Nacht weiße Kieselsteine, während die beiden schlafen, und so legen wir uns eine Spur, der wir zurück nach Hause folgen können.«

Also schlüpfte Hänsel ins Freie, als sein Vater und seine Stiefmutter eingeschlafen waren, und suchte so viele Kieselsteine zusammen, wie er nur finden konnte. Am nächsten Morgen, kaum hatte der Holzfäller das Haus verlassen, um Bäume zu fällen, führte seine Frau die Kinder in den Wald.

»Wo gehen wir hin?«, fragte Gretel.

»Feuerholz sammeln«, behauptete die Stiefmutter. »Und jetzt seid still und folgt mir.«

Sie lotste die beiden tief ins Herz des Waldes, weiter fort von zu Hause, als Hänsel und Gretel je gewesen waren. Alle paar Schritte ließ Hänsel einen weißen Kieselstein fallen und legte ihnen so eine Spur. Den ganzen Tag waren sie unterwegs; erst kurz vor Sonnenuntergang blieb die Stiefmutter stehen.

»Nun schaut euch um und helft mir, Holz zu sammeln«, verlangte sie. Doch noch ehe sie den Satz zu Ende gesprochen hatte, war sie schon wieder in die Richtung, aus der sie gekommen waren, davongestürzt und hatte ihre Stiefkinder allein im Wald zurückgelassen.

Hänsel und Gretel folgten der Spur aus weißen Kieselsteinen zu ihrer Hütte. Nach Einbruch der Nacht wurde es zwischen den Bäumen so finster, dass die kleinen weißen Steine alles waren, was sie noch sehen konnten. Als sie zu Hause eintrafen, war ihr Vater bereits ganz krank vor Sorge um sie.

»Gott sei Dank, ihr seid wohlauf!«, rief er und schloss seine Kinder fest in die Arme. »Wo ist eure Stiefmutter?«

Zu Hänsels und Gretels Überraschung waren sie vor ihr zurückgekehrt. Ohne eine Spur aus Kieseln fand die Frau des Holzfällers sich nur schwer im Wald zurecht und kam erst mehrere Stunden nach ihren Stiefkindern zu Hause an. Sie war außer sich vor Wut, als sie feststellte, dass Hänsel und Gretel den Weg zurück zur Hütte gefunden hatten.

»Was ist passiert?«, fragte der Holzfäller seine Frau.

»Wir wollten Feuerholz holen«, sagte sie. »Eine Minute habe ich den beiden den Rücken zugewandt, und weg waren sie.«

»Ich bete, dass so etwas nicht wieder vorkommt«, meinte der Holzfäller.

»Keine Sorge, das wird es ganz sicher nicht«, fauchte die Frau und funkelte ihre Stiefkinder böse an, als ihr Ehemann gerade nicht hinsah.

In der folgenden Nacht schloss die Frau Hänsel und Gretel in ihrem Zimmer ein, so dass die Kinder nicht hinausschleichen und neue Kieselsteine sammeln konnten.

»Oh, Hänsel, was tun wir jetzt?«, fragte Gretel ihren Bruder. »Bestimmt wird unsere Stiefmutter morgen erneut versuchen, uns auszusetzen.«

»Hab keine Angst, Gretel«, sagte Hänsel. »Morgen früh beim Frühstück sparen wir die Kruste von unserem Brot auf und streuen uns aus den Krümeln eine Spur.«

Genau wie Gretel es vorausgeahnt hatte, führte die Stiefmutter die Geschwister am nächsten Tag prompt wieder in den Wald, sobald der Vater zur Arbeit aufgebrochen war. Diesmal marschierten sie sogar noch länger, drangen tiefer denn je in den Wald vor. Hans ließ im Gehen Krumen fallen, und beinahe wären sie ihm ausgegangen, als sie endlich anhielten.

»Und jetzt sammelt Holz!«, befahl die Stiefmutter.

Wieder rannte sie zurück in Richtung der Hütte und ließ Hänsel und Gretel im Wald allein. Es war bereits so spät, dass Hänsel und Gretel beschlossen, zwischen den Bäumen zu übernachten und bis zum Morgen zu warten, ehe sie den Brotkrümeln nach Hause folgen wollten. Leider jedoch hatten am folgenden Morgen, als sie aufwachten, die frühen Vögel bereits all ihre Krumen aufgepickt!

Hänsel und Gretel wanderten durch den Wald in der Hoffnung, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, doch überall standen so viele Bäume, dass sie sich unmöglich sicher sein konnten. Stunde um Stunde irrten sie umher, ohne je in einen Teil des Waldes zu gelangen, der ihnen vertraut vorkam.

Endlich begegneten sie einem freundlichen weißen Vögelchen und folgten ihm, wünschten sich, dass es sie vielleicht nach Hause bringen konnte. Je länger sie hinter dem Vogel herliefen, desto stärker erfüllte ein köstlicher Duft die Luft. Es roch so süß, als backe irgendwo in der Nähe in einem Ofen etwas Himmlisches vor sich hin.

Hänsel und Gretel stolperten mitten im Wald auf eine Lichtung. Zu ihrer Verzückung stand im Herzen der Lichtung ein Häuschen, das vollständig aus Essbarem erbaut war: Es hatte Lebkuchenwände, einen Zaun aus Zuckerstangen, und im Garten wuchsen Fruchtgummibüsche. Das Dach war komplett mit Zuckerguss überzogen, und die Fensterscheiben bestanden aus durchsichtigen Zuckerplatten.

»Etwas so Leckeres habe ich noch nie gesehen!«, rief Gretel aus.