Landluft, Mord und Eifelglück: Der gefallene Ritter - Björn Berenz - E-Book

Landluft, Mord und Eifelglück: Der gefallene Ritter E-Book

Björn Berenz

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Gaukler, Gewandungen und Gewimmel: Tilla hat ihren rollenden Gemüsegarten vor den Toren eines Mittelalterspektakels aufgebaut. Diese Ablenkung kommt ihr gerade recht, denn die bevorstehende Hochzeit von Joos und Renate sorgt für reichlich Anspannung. In einer Verkaufspause gönnt sich Tilla mit Hölzi eine Auszeit und schaut sich das fieberhaft erwartete Ritterturnier an. Das endet jedoch abrupt in einer Tragödie: Ein Ritter wird tödlich getroffen - die Lanze seines Gegners war angespitzt. Ein klarer Fall von Mord! Doch wer steckt dahinter? Das Opfer ist ein bekannter Regionalpolitiker, der sich sehr viele Feinde gemacht hat. Ein naheliegendes Motiv - oder?

Über die Serie:

Tilla liebt ihr Leben in einer restaurierten Wassermühle in der idyllischen Eifel. Ihr ganzer Stolz ist der liebevoll aufbereitete Oldtimer-Kastenwagen, mit dem sie als fahrendem Krämerladen die Eifeler Kundschaft mit allem Möglichen und Unmöglichen versorgt. Dabei kriegt die Mittdreißigerin eine Menge mit: Gerüchte, Geheimnisse und ... Morde! Und auch sonst ist ihr Leben alles andere als ruhig: Romantische Avancen, ihre chaotische Mutter und allerlei alltägliche Katastrophen halten Tilla auf Trab - und doch würde sie ihr Eifelglück um nichts in der Welt tauschen.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber diese FolgeLandluft, Mord und Eifelglück – Die SerieTitelKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Über den AutorImpressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass du dich für ein Buch von beTHRILLED entschieden hast. Damit du mit jedem unserer Krimis und Thriller spannende Lesestunden genießen kannst, haben wir die Bücher in unserem Programm sorgfältig ausgewählt und lektoriert.

Wir freuen uns, wenn du Teil der beTHRILLED-Community werden und dich mit uns und anderen Krimi-Fans austauschen möchtest. Du findest uns unter be-thrilled.de oder auf Instagram und Facebook.

Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich auf be-thrilled.de/newsletter für unseren kostenlosen Newsletter an.

Spannende Lesestunden und viel Spaß beim Miträtseln!

Dein beTHRILLED-Team

Melde dich hier für unseren Newsletter an:

Über diese Folge

Gaukler, Gewandungen und Gewimmel: Tilla hat ihren rollenden Gemüsegarten vor den Toren eines Mittelalterspektakels aufgebaut. Diese Ablenkung kommt ihr gerade recht, denn die bevorstehende Hochzeit von Joos und Renate sorgt für reichlich Anspannung. In einer Verkaufspause gönnt sich Tilla mit Hölzi eine Auszeit und schaut sich das fieberhaft erwartete Ritterturnier an. Das endet jedoch abrupt in einer Tragödie: Ein Ritter wird tödlich getroffen – die Lanze seines Gegners war angespitzt. Ein klarer Fall von Mord! Doch wer steckt dahinter? Das Opfer ist ein bekannter Regionalpolitiker, der sich sehr viele Feinde gemacht hat. Ein naheliegendes Motiv – oder?

Landluft, Mord und Eifelglück – Die Serie

Tilla liebt ihr Leben in einer restaurierten Wassermühle in der idyllischen Eifel. Ihr ganzer Stolz ist der liebevoll aufbereitete Oldtimer-Kastenwagen, mit dem sie als fahrendem Krämerladen die Eifeler Kundschaft mit allem Möglichen und Unmöglichen versorgt. Dabei kriegt die Mittdreißigerin eine Menge mit: Gerüchte, Geheimnisse und … Morde! Und auch sonst ist ihr Leben alles andere als ruhig: Romantische Avancen, ihre chaotische Mutter und allerlei alltägliche Katastrophen halten Tilla auf Trab – und doch würde sie ihr Eifelglück um nichts in der Welt tauschen.

Der gefallene Ritter

Kapitel 1

Tilla war genervt. Sie war sogar gefährlich genervt. Ihre Mutter hatte in den letzten Stunden alles, aber wirklich alles kommentiert, umgestellt und kurzerhand neu arrangiert, was die kleine Verkaufsstätte hergab. Was ursprünglich als gemeinsame Idee gedacht gewesen war – ein mittelalterlicher Verkaufsstand auf dem alljährlichen Ritterfestival in Monreal –, hatte sich für Tilla rasch in ein nervenaufreibendes Unterfangen verwandelt, in dem Königin Renate I. das Zepter fest in der Hand hielt.

Tapfer biss Tilla sich auf die Zunge, weil sie diese Diskussionen einfach nicht mehr ertrug. Dabei verstand sie den Grund für Renates Affektiertheit. Ihre Mutter war seit Tagen von einer Unruhe geplagt, mit der sie wiederum ihrem gesamten Umfeld auf den Zeiger ging. Grund dafür war die anstehende Hochzeit, die ihr Nervenkostüm zu einem wandelnden Flohzirkus werden ließ.

Tilla hätte wissen müssen, dass es keine gute Idee war, gemeinsam mit ihr einen Verkaufsstand zu betreiben. Sie horchte tief in sich hinein. Eigentlich hatte sie es besser gewusst, sich jedoch von Joos überreden lassen.

»Sie sucht deine Nähe, Tilla, mach etwas mit deiner Mutter«, hatte sie die Stimme des Niederländers im Ohr. »Damit ihr euch näherkommt«, hatte er gesagt. »Damit ihr endlich zueinanderfindet.«

Mittlerweile hatte Tilla den Mann durchschaut. Ihm war es weder um ein Suchen noch um ein Finden gegangen. Nein, einzig und allein wollte er selbst seine Ruhe. Zumindest einen Tag lang.

Tilla wuschelte sich durch den roten Pony, der unter ihrer Haube hervorlugte. Gleichzeitig stieß sie ein leidvolles Seufzen aus, während sie versuchte, ihre Mutter auszublenden, die nun auch das selbst angerührte Haartonikum auf Basilikum-Basis umstellte.

Sie hatte keine Lust, sich weiter die Laune verderben zu lassen. Dafür waren all die Eindrücke viel zu, nun ja, eindrucksvoll.

Um sie herum breitete sich das lebhafte Spektakel des mittelalterlichen Festes aus. Das sonst so ruhige Eifeldörfchen war kaum wiederzuerkennen. Die kleinen Gassen waren gesäumt von Marktständen, an denen von kunstvoll geflochtenen Körben bis hin zu Holzschnitzereien alle erdenklichen Handwerkstücke angeboten wurden. Passend zum Ambiente trugen die meisten Besucher altertümliche Gewandungen. Tilla sah Frauen in langen Leinenkleidern, und hier und da waren sogar schwer gerüstete Ritter zugegen. Ihr kam es vor, als wäre sie wahrlich in eine andere Zeit eingetaucht. Passend dazu vernahm sie die melancholischen Klänge einer Drehleier und das kräftige Schlagen von Trommeln. An wirklich jeder Ecke wurde den Besuchern etwas geboten. Jongleure, Minnesänger, Feuerschlucker, Zotenreißer, Gassenhauer. Und mittendrin standen sie und ihre Mutter in einer Bretterbude, die sie ausnahmsweise gegen ihren geliebten, schweinsnasigen Transporter eingetauscht hatte.

Sie hatten sich eigens zu diesem Anlass in mittelalterliche Gewänder geworfen und sahen aus wie zwei Marketenderinnen aus längst vergangenen Zeiten.

Tilla trug ein langes, grob gewebtes Leinenkleid in einem erdigen Braunton, das an der Taille mit einem breiten Stoffgürtel zusammengebunden war. Darüber hatte sie eine leichte Schürze geschnürt. Ein Kopftuch aus weichem Stoff, ebenfalls in einem Naturton, hielt ihre Haare zurück.

Renate hingegen hatte sich für ein Kleid in dunklem Grün entschieden, das mit einem schlichten, braunen Mieder zusammengehalten wurde. Sie hatte zusätzlich ein grob gewebtes Tuch über ihre Schultern gelegt und trug ebenfalls eine schlichte Schürze.

Tilla freute sich, Teil des Ganzen zu sein. Obwohl ihr Verkaufsstand nichts weiter war als ein grob gezimmerter Unterstand mit einem von ihr handbemalten Schild mit der Aufschrift: »Renatilla – Heiltinkturen & Naturwunder«. Jeder Zentimeter Raum war vollgestopft mit selbst gemachten Produkten, die sie in wochenlanger Vorarbeit hergestellt hatten. Salben gegen Muskelkater, Ringelblumenbalsam für spröde Hände, Lavendelwasser zur Aufheiterung und Thymiantinkturen gegen Erkältungen. Daneben lagen handgeschöpfte Seifen aus Rosmarin und Kamille, die einen beruhigenden Duft verströmten. Penibel darauf bedacht, nur Produkte anzubieten, die es schon im Mittelalter gegeben haben könnte, hatte sie gemeinsam mit Renate Internetforen durchforstet, Ratgeber aus der Elzbacher Bücherei gewälzt und sich mit Mönchen des Benediktinerordens in Maria Laach unterhalten, die dort eine traditionsreiche Gärtnerei führten.

Gerade präsentierte ihre Mutter eine Pfefferminzsalbe für müde Füße, die sie demonstrativ einer Frau entgegenhielt, die vor ihrem Stand stehen geblieben war und einen neugierigen Blick auf die Waren warf. Tilla seufzte, denn so ging es die ganze Zeit. Kaum ließ sich potenzielle Kundschaft blicken, avancierte Tilla zur Randfigur und musste sich in die zweite Reihe zurückziehen, weil das Stück eben nur für die Hauptrolle geschrieben war.

Einen Kunden nach dem anderen schnappte ihr Renate vor der Nase weg. Und wie so oft, wenn Tilla gerade dabei war, Luft zu holen, um ihr Verkaufsgespräch zu beginnen, stellte Renate sich einfach vor sie und riss die Unterhaltung an sich.

Doch davon hatte Tilla endgültig genug. Ohne ein weiteres Wort streifte sie die Leinenschürze ab und warf sie Renate vor die Füße. Diese riss überrascht die Augen auf und hatte bereits den Mund halb geöffnet, doch Tilla ließ sie nicht zu Wort kommen.

»Ich muss ohnehin jetzt dringend weg«, erklärte sie. »Zu Hölzi!«

»Was denn? Jetzt? Mitten im Geschäft?«, herrschte Renate sie an. Doch ehe sie weiterfragen konnte, hatte Tilla sich schon umgedreht und trat aus dem Stand hinaus und hinein in die Menschenmenge. Die Klänge der Dudelsäcke und Trommeln verschluckten das Geschimpfe ihrer Mutter hinter ihr. Tilla atmete tief durch, als sie endlich etwas Abstand zwischen sich und den Stand gebracht hatte.

Mit jedem Schritt fiel die schlechte Laune von ihr ab. Endlich war sie nur noch eine Besucherin. Sie ließ die Atmosphäre auf sich wirken. Ein Gefühl von Vorfreude durchströmte sie.

Sie konnte es kaum erwarten, Hölzi zu sehen und ihm Glück zu wünschen. Denn ihr bester Freund erfüllte sich einen Kindheitstraum. Er hatte sich zum Ritterturnier angemeldet. Eigens hierfür hatte er monatelang trainiert. Und diese Ablenkung war genau das, was er brauchte, denn vor einigen Wochen hatte sein geliebter Jeep jäh seinen letzten nach Benzin stinkenden Huster getan. Ein schwerer Laster hatte ihn auf der Landstraße geschnitten und den alten Wagen so stark beschädigt, dass er nur noch reif für den Schrottplatz gewesen war. Zum Glück war Hölzi bei dem Unfall nichts passiert. Trotzdem trauerte er dem Auto hinterher. Dass er nun zum zweiten Mal in so kurzer Zeit sein Glück herausforderte und sich den Gefahren des Turnierkampfes stellte, war schon beinahe leichtsinnig, wie Tilla fand.

Kurz schaute sie hinauf zur Ruine der Löwenburg, auf deren Turmspitze ein halbes Dutzend bunter Fahnen im Wind wehte. Sie ließ den Blick über den großen Platz schweifen, der mit seinen vielen Holzbuden kaum wiederzuerkennen war. In der Ferne hörte sie jetzt das Klimpern einer Laute, über die sich zwei warme Stimmen legten, die von verlorener Liebe und mutigen Taten sangen.

Der zweistimmige Gesang zog sie magisch an, und schon bald erkannte sie unter dem Sängerduo eine vertraute Gestalt. Überrascht, ihn hier zu sehen, brauchte Tilla einen Moment, um ihn einzuordnen. Sie blieb stehen und lauschte, bis das Lied verklungen war. Erst als er den letzten Akkord spielte, trat sie näher.

»Hanno, was für eine Überraschung!« Er war derjenige, den ihre Mutter und Joos für ihre Hochzeit als Trauredner ausgewählt hatten. Und das vollkommen zu Recht. Wenn Hanno eins konnte, dann war das Reden schwingen. Er war eine regionale Größe als Büttenredner bei Karnevalsveranstaltungen. Darüber hinaus moderierte er die Kriminacht in der Festhalle von Elzbach, die jedes Jahr zur Vorweihnachtszeit hiesige regionale Krimiautoren vorstellte. Neben ihm stand eine hübsche Frau in einem samtgrünen Kleid. Sie trug einen bunten Blumenkranz im strohblonden Haar.

Hanno grinste, als er Tilla erkannte. »Na, das ist ja wirklich eine Überraschung«, grüßte er zurück.

Er umarmte sie kurz und stellte die Frau an seiner Seite vor. »Das ist meine Gemahlin Sonja.«

»Es freut mich, Euch kennenzulernen, meine Teuerste«, sagte Tilla betont vornehm und mittelalterlich. »Eure Stimmen sind unglaublich.«

Die Frau wollte etwas erwidern, doch da entstand Unruhe in der Menge um sie herum. Tilla hörte aufgeregte Stimmen und bemerkte, wie sich alle Köpfe gleichzeitig zu einer bestimmten Stelle wandten. Genau dort schritt ein hochgewachsener Mann in einem aufwendigen Ritterkostüm durch die Menge. Sein blank polierter Brustpanzer glänzte in der Mittagssonne, und das lange dunkle Haar fiel ihm wild über die Schultern. Aufmerksam musterte Tilla ihn. Er war überaus gut aussehend, mit einem markanten, kantigen Gesicht. Zudem strahlte er eine derartige Präsenz aus, dass die Menschen fast ehrfürchtig zur Seite wichen, um ihn durchzulassen.

»Wer ist denn das?«, raunte sie dem Pärchen zu, ohne den Blick von dem Mann zu nehmen.

»Das ist Sir Magnus«, antwortete Sonja leise. »Er ist ein Schaukampf-Ritter, der hier jedes Jahr auftritt. Er hat viele Anhänger – die Frauen, nun ja, du siehst es ja selbst.« Mit einem verschmitzten Lächeln reckte sie ihr Kinn in Richtung einer Gruppe junger Frauen, die ihn ungeniert anhimmelten. Sie näherte sich Tillas Ohr, flüsterte: »Sieht er nicht blendend aus?«

»Eigentlich heißt er Markus«, gab Hanno weniger beeindruckt von sich. »Und er ist natürlich kein wirklicher Ritter«, fuhr er fort, »sondern ein Schauspieler, wie wir alle.«

Tilla nickte. »Natürlich.«

Dennoch musste sie sich eingestehen, dass eine gewisse Anziehungskraft nicht von der Hand zu weisen war. Noch weniger, als er unversehens mit ihr zusammenstieß, weil er einem dahinschmachtenden Mädchen ausweichen musste, das ihm am liebsten direkt in die Arme gefallen wäre. Tilla verlor das Gleichgewicht, wurde aber sogleich von zwei kräftigen Händen aufgefangen.

»Verzeiht, Mylady.« Der Ritter verbeugte sich tief und zwinkerte ihr zu.

Er richtete sich wieder auf, lächelte sie an und legte seine Hand auf den Knauf des Schwertes, das seitlich an seinem Waffengurt befestigt war. »Meinen heutigen Schwertkampf werde ich euch widmen, holde Magd.« Wieder ein Zwinkern, dann schob er sich an ihr vorbei und warf noch einmal den Kopf zurück. Sein langes Haar flog zur Seite und offenbarte ein unfassbar süßes Grinsen. Tilla versuchte, Fassung zu wahren, dennoch stieß sie ein unkontrolliertes Kichern aus.

»Hihi. Mylady hat er mich genannt.« Gleichzeitig spürte sie, wie das Blut in ihre Wangen schoss.

Kapitel 2

Tilla machte sich auf den Weg in den »Backstage«-Bereich, der von einer Reihe zweifarbiger Rundzelte gesäumt war. Sie sah sich suchend um, bis sie schließlich Hölzi entdeckte. Er stand einige Meter entfernt und führte konzentriert ein paar Übungshiebe mit einem Schwert aus. Ein älterer Mann stand an seiner Seite und erteilte ihm Anweisungen. Hölzi trug bereits seine mittelalterliche Schutzrüstung – ein Kettenhemd, das an den Schultern unter dem metallenen Brustpanzer hervorlugte, und schwere Lederhandschuhe, die seine Hände schützten. Schweiß perlte ihm über die Stirn und lief ihm in kleinen Rinnsalen die Wangen hinab. Er wirkte absolut fokussiert.

Tilla beobachtete das Training einen Moment und war beeindruckt. Sie konnte sich kaum erinnern, wann sie ihren besten Freund das letzte Mal so konzentriert und mit solcher Ernsthaftigkeit gesehen hatte. Da war nichts mehr von dem entspannten, sorglosen Hölzi, der sonst immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hatte. Hier stand ein Mann, der sich auf seinen ersten Schwertkampf vorbereitete.

Unversehens hielt Hölzi mitten im Schlag inne und schaute in ihre Richtung. Mit einem schnellen Ruck fuhr er herum, sein Gesicht hellte sich auf, und er stürmte auf sie zu, wobei seine Rüstung bei jedem Schritt klirrte, als wäre er ein Gespenst mit Rasselkette.

»Tilla!«, rief er mit einem breiten Lächeln. »Du bist wirklich gekommen!«

»Aber natürlich!« Tilla grinste zurück. »Als würde ich mir dieses Spektakel entgehen lassen!«

Direkt vor ihr blieb er stehen und fuhr sich mit einer Hand durch die schweißnassen Haare. »Es geht gleich los!«, sagte er aufgeregt. »Mein erster richtiger Schwertkampf! Mein Gegner ist Ritter Falk von Rabenfels – ein erfahrener Schwertkämpfer, wie mir gesagt wurde. Aber ich glaube, ich habe eine Chance gegen ihn!« Er holte zu einem Hieb in der Luft aus. »Schließlich habe ich nicht umsonst all die Monate auf diesen Moment hintrainiert. Ich …«

Mitten in seine Worte platze ein dröhnender Fanfarenstoß – derart laut, dass Tilla vor Schreck zusammenzuckte.

Im selben Augenblick kam sein Trainer herangeeilt. »Ab in die Rüstung, Bursche! Jetzt wird’s ernst – mach dich bereit!«

Hölzi drehte sich wieder zu Tilla. Nun war es pure Aufregung, die sich in seinem Gesicht abzeichnete. »Wünsch mir Glück!«

»Du brauchst kein Glück«, erwiderte sie mit einem aufmunternden Lächeln. »Du wirst fantastisch sein.« Sie klopfte ihm auf die Schulter, spürte das eiserne Kettenhemd unter ihrer Handfläche.

»Okay, warte auf mich, bis der Kampf vorbei ist … sofern ich dann noch lebe. Ich möchte mir im Anschluss unbedingt mit dir gemeinsam den Tjost anschauen.«

Dann drehte er sich um und eilte mit seinem Trainer davon, um sich für den Kampf fertig zu machen.

Tilla schlängelte sich durch die Menge, die sich bereits auf der hölzernen Tribüne eingefunden hatte, und fand schließlich einen freien Platz mit guter Sicht auf das Kampffeld.

Kaum hatte sie sich gesetzt, trat ein bunt gekleideter Ausrufer in die Mitte der mit Holzspänen ausgelegten Arena und hob seine Hände in die Luft, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erlangen. Nach und nach verstummten die Stimmen.

»Edle Recken und holde Jungfrauen«, stieß er kraftvoll aus. »Willkommen zu unserem heutigen Schaukampf!« Er ließ eine kleine, dramatische Pause verstreichen. »Wir beginnen mit einem spektakulären Duell auf Leben und Tod. Auf der einen Seite – Ritter Falk von Rabenfels, Erster der Dornfelder-Spiele und Bezwinger von Ragor, dem Schrecklichen!«

Die Menge brach in tosenden Applaus aus, einige riefen begeistert Falks Namen. Die Spannung im Publikum stieg merklich an. Tillas Herz hämmerte nun fest gegen ihre Rippen, als Ritter Falk von Rabenfels mit schweren, ja fast donnernden Schritten den Kampfplatz betrat. Sofort verstummte die Menge für einen Moment, als hätte sein bloßes Erscheinen die Luft zum Stocken gebracht. Seine Rüstung schien aus schwarzem Stahl gefertigt und ließ ihn wie eine lebendige Festung wirken. Die Panzerplatten umhüllten seinen kräftigen, bulligen Körper und verstärkten seinen ohnehin schon imposanten, fast furchteinflößenden Auftritt. Auf seinem Schild war das Wappen eines schwarzen Raben eingraviert, dessen Flügel sich schützend um eine Krone legten. An seinem Gürtel hing ein breites Schwert, das er genau in diesem Moment zückte und unter dem Jubel der Zuschauer in die Höhe reckte. Tilla war überrascht und schockiert zugleich, denn die Waffe wirkte erschreckend scharf und spitz.

Der Ausrufer hob erneut die Hände und wartete, bis die Zuschauer sich beruhigt hatten, bevor er fortfuhr: »Ihm tritt mutig entgegen – Ritter Thomas von Waldfried, der Erste!« Er ließ die Worte ein wenig theatralisch klingen, bevor er mit einem belustigten Grinsen hinzufügte: »Und hoffentlich nicht der Letzte!«

Die Zuschauer lachten und klatschten. Auch Tilla schmunzelte, obwohl die Nervosität in ihrer Brust nur noch größer wurde. Sie sah, wie Hölzi – Ritter Thomas von Waldfried I. – die Kampfstätte betrat und sein Schwert fest umklammerte. Auch er steckte nun in voller Rittermontur. Seine linke Hand trug einen Schild, auf dem eine einzelne Tanne im Sonnenaufgang aufgemalt war.

Der Größenunterschied der beiden Konkurrenten war immens. Und das wollte was heißen. Hölzi war alles andere als schmächtig und durchaus gut trainiert. Aber dieser Ritter Falk war die Ausgeburt von Männlichkeit. Ein Hüne mit einem Bärenkreuz.

Kaum hatte der Ausrufer das Startsignal gegeben, stürmten Hölzi und Ritter Falk von Rabenfels aufeinander zu wie zwei widerspenstige Widder. Die Schwerter klirrten gegeneinander, Falk schlug mit solcher Wucht, dass es Tilla vorkam, als wolle er seinen Gegner nicht nur besiegen, sondern gleich mit einem Hieb komplett flachlegen. Hölzi wich aus, duckte sich, sprang zurück. Dabei wirkte er ein bisschen wie ein junges Fohlen, das verzweifelt versucht, ein paar ungelenke Sprünge hinzulegen, während es ständig auf den Boden blickt, um nicht über die eigenen Füße zu stolpern.

Falk ließ ihm keine Atempause. Mit einem lauten Brüllen stürzte er vor, schlug mit dem Schwert nach Hölzi, der gerade noch rechtzeitig seinen Schild hob.

Doch dann gelang es ihm, die nächste Attacke von Falk geschickt ins Leere laufen zu lassen. Hölzi duckte sich, schlug zurück und traf den gepanzerten Arm seines Gegners. Tilla jubelte.

Doch die Freude hielt nicht lange an. Falk setzte sofort nach, diesmal mit einem regelrechten Hagel an Hieben, die Hölzi kaum abwehren konnte. Zug um Zug wurde er zurückgedrängt, bis ein letzter Schlag ihm die Waffe aus den Händen riss.

Hölzi kniete sich hin und senkte den Kopf. Damit schien der Kampf verloren.

»Edle Recken, holde Jungfrauen«, ertönte wieder die Stimme des Ausrufers. »Auch dieser Kampf geht an Ritter Falk von Rabenfels, Erster der Dornfelder-Spiele und Bezwinger von Ragor, dem Schrecklichen. Doch einen großen Applaus für den wagemutigen Herausforderer!«

Das ließ die Menge sich nicht zweimal sagen. Alle erhoben sich und jubelten den tapferen Kämpfern zu. Ritter Falk streckte Hölzi die Hand entgegen und half ihm auf die Beine. Tilla war unfassbar stolz auf ihren Freund. Da hatte er tatsächlich den ersten Schwertkampf seines Lebens absolviert und nicht den Kopf verloren.

Kapitel 3

Hölzi saß neben Tilla und kaute zufrieden auf einem Fleischspieß herum, der mit einer Art grobem Senf bestrichen war und aus dem das Fett nur so tropfte.

»Na, schmeckt’s?«, fragte sie trocken.

Die Mundwinkel voller Senf, nickte Hölzi begeistert. »Bestens! So was Gutes hab ich schon lange nicht mehr gegessen. Genau das Richtige nach solch einem Kampf.« Er nagte die letzten Fleischreste vom Spieß, legte ihn beiseite und schaute sie fragend an. »Meinst du, Renate ist das auch recht, dass wir hier so sitzen und uns den Rest des Turniers anschauen? Sie braucht doch bestimmt deine Hilfe.«