Langenscheidts Handbuch zum Glück - Florian Langenscheidt - E-Book

Langenscheidts Handbuch zum Glück E-Book

Florian Langenscheidt

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Beschreibung

Anleitung zum Gücklichsein

Es ist das große Thema seines Lebens: Seit über 30 Jahren beschäftigt sich Florian Langenscheidt mit der Frage nach dem Glück. Warum sind manche Menschen glücklicher als andere? Was brauchen wir zum Glück? Macht Geld glücklich? Ist Liebe eine Voraussetzung zum Glücklichsein? Wie gehen wir am besten mit Krisen um? Warum streben wir überhaupt nach dem Glück? Ist Glück ein erreichbares Ziel? Und wenn ja: Wie erreichen wir es? – In seinem neuen Buch zeigt Florian Langenscheidt uns umfassend den Weg.

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Seitenzahl: 268

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Verlagsgruppe Random House

Copyright © 2012 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Umschlaggestaltung: Hauptmann und Kompanie Werbeagentur, Zürich, Vivien Heinz, unter Verwendung einer Illustration von © Getty/Dorling Kindersley Der Text wurde entnommen aus einem Interview mit Doris Dörrie im Magazin Chrismon, Ausgabe vom 10. März 2012. Redaktion: Therese Meitinger Layout: Katharina Schweissguth, München Satz: C. Schaber Datentechnik, WelseBook Produktion: 2hm Business Services GmbH, Mainz ISBN: 978-3-641-06146-3

www.heyne.de

Dieses Buch sei Miriam, Raphael, Leonard, Charlotte, Amélie und Isabelle in Liebe zugeeignet. Ihr seid mein Glück.

Zu danken habe ich Euch und vielen anderen: Dazu bitte ich einen Blick in das Kapitel »Dankbarkeit statt Neid« zu werfen.

Inhalt

Kleine Begrüßung

Aufwärmen

I

Vom Sinn des Lebens

II

Trotzdem glücklich!

III

Glücklich ist, wer das sein will, was er ist

IV

Glück wechselt den Blickwinkel

V

Die kleinen Momente sind die großen

VI

Weniger ist mehr – Glück

VII

Das Glück liegt im Jetzt

VIII

Glück setzt sich Ziele

IX

Glück ist Einstellungssache!

X

Erwartungen – optimistisch oder pessimistisch?

XI

Macht Arbeit glücklich?

XII

Worauf Glück steht

XIII

Wohl das Wichtigste – Gesundheit

XIV

Glück braucht Freunde

XV

Glück wohnt nicht im Tresor

XVI

Größtes Unglück, größtes Glück: die Liebe

XVII

Das Glück der anderen

XVIII

Vom Glück des Verzeihens

XIX

Mutter- und Vaterglück

XX

Logik hat ihre Reize, reizvoller ist das Leben

XXI

Dankbarkeit statt Neid

XXII

Beim Glücks-TÜV

XXIII

Die dunkle Seite des Glücks

XXIV

Auf dem Sterbebett ist es zu spät: Mut zum Glück!

Vertiefen

Abschied (leider!)

Der Glückstest

Kleine Begrüßung

WIE SCHÖN, DASS SIE DASHANDBUCH ZUM GLÜCK in Händen halten! Das ist pures Glück für mich als Autor. Denn es ist ein Buch für Sie. Zusammen mit Ihnen will es in vierundzwanzig Spaziergängen erkunden, was es mit dem Glück aus allen wesentlichen Perspektiven auf sich hat, und Anregungen geben, wie Sie mehr davon in Ihr Leben lassen.

Wenn Sie wissen wollen, ob das bei Ihnen klappt, machen Sie doch mal vorab den Test, den Sie hinten im Buch finden: »Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben?« Später werde ich Sie bitten, ihn noch mal zu machen. Und dann vergleichen Sie die Ergebnisse!

Sie werden merken: Es ist ein sehr persönliches und auch sehr ehrliches Buch geworden. Für Sie und für mich. Meine Eltern brachten mir eigentlich bei, nicht zu viel über mich selbst zu sprechen. Aber bei meinen Reden über das Glück merkte ich, dass Menschen immer dann gebannt zuhörten, wenn ich über Privates sprach und ganz Persönliches preisgab. Wenn ich erklärte, welche Erlebnisse mich zu meinen Schlussfolgerungen für unser aller Leben führten. Vielleicht geht es Ihnen genauso. Wenn nicht, überspringen Sie »Aus Langenscheidts Leben« einfach und lesen die allgemeinen Texte. Ich wäre Ihnen fast dankbar, fällt mir die Preisgabe doch schwer.

Was bedeutende Zeitgenossen über das Glück sagen, müssen Sie aber bitte lesen. Und wenn Sie einmal wieder am Leben verzweifeln, lernen Sie in jedem zweiten Kapitel eine Art Weltmeister im Trotzdem kennen.

Sie merken, ich halte es mit Jean Paul, der einmal sagte, Bücher seien »nur dickere Briefe an Freunde«. In diesem Sinne: Schreiben Sie mir, wenn Sie mögen, Ihre Meinung zum Buch und zum Glück unter www.florian-langenscheidt.de. Ich freue mich darauf.

Viel Spaß beim Lesen, viel Glück in der Liebe und im Leben!

Aufwärmen

»GLÜCK TRANSZENDIERT DIE SINNFRAGE. Wer glücklich ist, fragt nicht, warum.

Glück überwindet jeden objektiven Begriff von Zeit. ›Dem Glücklichen schlägt keine Stunde‹, heißt es bei Schiller. Glück kann nur Sekunden dauern, sich aber als gefühlte Zeit wie eine kleine Ewigkeit ausnehmen; oder es kann Monate andauern und diese wie einen kurzen Augenblick im Himmel erscheinen lassen. Und die Vorfreude weit vor der realen Zeit ist oft schöner als das glückliche Erlebnis selbst.

Glück hängt ganz eng zusammen mit Freiheit und Selbstbestimmtheit.

Es entzieht sich auf magische Weise jedem System, jeder zu direkten Intentionalität. Es kommt und geht und lässt sich nur begrenzt steuern. Da helfen keine Ratgeber, Selbstverwirklichungsseminare oder ›Be happy!‹-Beschwörungen. Es ist manchmal da, wenn wir es gerade gar nicht erwarten, und glänzt durch Abwesenheit, wenn alles nach ihm schreit – an manchem Weihnachtsfest, nach einer bestandenen Prüfung oder selbst während der Flitterwochen.

Jeder von uns kennt das: Man ist so richtig guter Dinge, ohne eigentlich zu wissen, warum. Immer wieder auch merken wir erst im Nachhinein, wie glücklich uns eine bestimmte Situation gemacht hat.

Wir können versuchen, das Glück und das Unglück zu zähmen: Lotterien und Versicherungen leben davon. Nur gelingen wird es uns nicht.

Und Glück lebt vom Unglück. Es braucht den Kontrast. Nur Glück geht nicht. Genauso wenig wie nur Schokolade essen oder immer küssen im Sonnenuntergang.«

Diese Gedanken formulierte ich zum ersten Mal im letzten Jahrtausend in einer Rede an der altehrwürdigen Harvard University und habe sie seitdem in mehr als fünfzig Reden über unser aller Glück wiederholt – mit der Bitte um Kommentar, wenn Zuhörer nicht damit einverstanden seien. Keiner hat sich kritisch gemeldet, und daher sollen diese Überlegungen der – anscheinend allgemein anerkannte – Einstieg in ein Buch sein, in dem ich mehr als dreißig Jahre Nachdenken, Forschen, Lesen und Erleben zum Thema Glück für Sie zusammenfasse. Allerdings nur der Einstieg, denn seit der Rede in Cambridge habe ich sehr viel Neues zum Thema gelernt.

Zum Beispiel zur Frage des Sinns. Viele meinen, allein im Glück – sei es das individuelle oder das möglichst vieler Menschen – könne der Sinn des Lebens liegen. Nur lässt sich das Glück direkt nicht ansteuern. Wir erreichen es oft auf Umwegen. Nicht wer immer nur nach dem eigenen Glück fragt, erreicht es am direktesten, sondern jener, der sich auch um das Glück anderer kümmert. Das seiner Kinder, seiner Eltern, seines Partners, seiner Kollegen, seines Nachbarn oder anderer Menschen, die Hilfe und Zuwendung brauchen. Was für ein schönes Paradoxon!

In diesem Sinne liegt nicht der achthundertachtundachtzigste Ratgeber zum Glücklichsein in Ihren Händen. Seien Sie misstrauisch, wenn Ihnen jemand erzählen will, wie Sie ein glücklicher Mensch werden. Das geht nicht mit der Brechstange – genauso wenig wie Liebe, Sex oder das Einschlafen. Natürlich kenne ich all diese Bücher (die besten aktuellen finden Sie in »Vertiefen«), aber gelernt habe ich mehr aus dem Leben. Deswegen werde ich Sie im Folgenden auch nicht mit Zitaten zuschütten. Aber dieses hier ist einfach zu gut, als dass ich es Ihnen vorenthalten könnte:

»Je mehr der Mensch nach Glück jagt, umso mehr verjagt er es auch schon. Um dies zu verstehen, brauchen wir nur das Vorurteil zu überwinden, dass der Mensch im Grunde darauf aus sei, glücklich zu sein; was er in Wirklichkeit will, ist nämlich, einen Grund dazu zu haben. Und hat er einmal einen Grund dazu, dann stellt sich das Glücksgefühl von selbst ein.«

Der Gedankengang stammt von dem Psychiater Viktor Frankl, und er bringt das Dilemma der Glückssuche auf den Punkt. Glück ist kein Osterei. Wir können es nicht einfach suchen gehen. Aber wir können uns selbst und unser Leben so einrichten, dass es gern und immer wieder bei uns vorbeischaut. Und da können wir besonders häufig gemachte Fehler vermeiden. Dieses Buch will dabei helfen.

Trotzdem ist Vorsicht geboten: Die derzeitige Flut der Glücksliteratur und die darin vorherrschende Grundstimmung birgt die Gefahr, zu einer Art Glücksdiktatur zu werden. Ein Nord­korea des positiven Denkens. Das ist grundfalsch, denn vielen Menschen scheint Glück aus verschiedenen Gründen nicht vorrangig wichtig. Der eine pflegt einen gut bayerischen Grant und will ihn sich nicht nehmen lassen. Der andere genießt melancholische Grundstimmungen und will sie nicht für ein gutgelauntes Pfeifen hergeben. Jedem Preußen ist Pflichterfüllung wichtiger als hedonistisches Genießen. Buddhisten bemühen sich, das Streben nach Glück mit all seinen Unwägbarkeiten zu überwinden. Mancher ist lieber unglücklich verliebt als gar nicht. Und Charles de Gaulle fuhr einen Journalisten, der ihn danach fragte, ob er glücklich sei, ungehalten an: »Halten Sie mich für einen Idioten?«

»We are only happy, if we are unhappy«, sagen die Engländer ironisch. Es ist allerdings offensichtlich: In all der kritischen Distanz zum Glück als oberstem Ziel steckt immer ein Glück der höheren Ebene, das ich eben nur im Granteln, Sehnen, Diszipliniert- oder Verliebtsein empfinde. Also doch Glück, nur keines von der Stange und auch nicht eines des einfachen Weges. Wie kann ich – so die zugrunde liegende Annahme – glücklich sein, wenn es das beim Supermarkt gibt? Ich muss es mir schon erkämpfen, sonst ist es nichts wert. Jeder andere Weg ist nicht der meine, und er würde mich nicht glücklich machen.

Die oben skizzierte Glücksdiktatur hat einen weiteren Haken: Was ist mit all den Menschen, die aus guten Gründen wirklich unglücklich sind? Wir wissen spätestens seit Hegel, dass Glück eigentlich nicht im Plan der Schöpfung vorgesehen ist. Leid überwiegt Lust im Leben. Jene Mitmenschen, die davon besonders betroffen sind, belastet es zusätzlich, wenn sie ständig hören müssen, jeder könne glücklich sein, wenn er sich nur bemühe.

Vielleicht ist ja die Suche nach Sinn der elegantere Weg zum Glück. Wie gesagt, im Moment des Glücks stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit nicht mehr. Wir erreichen es möglicherweise am einfachsten durch eben dieses Fragen und den Versuch, die uns angemessenen Antworten zu finden. Der Sinn des Lebens liegt in der Suche nach demselben.

Sinn kann in diesem komplexen Wechselverhältnis zum Glück viel bedeuten. Der lebenskluge Berliner Philosoph Wilhelm Schmid sieht vier Dimensionen:

Der sinnliche SinnKönnten wir glücklich sein, wenn wir weder sehen noch hören noch schmecken noch riechen noch empfinden könnten? Nein. Glück geht nicht ohne Sinne, Sinn auch nicht.

Der seelische SinnHier geht es um Freundschaft und um Liebe, um Heimat und Geborgenheit, um Tiere und Natur. Glück vereinsamt ohne all das.

Der geistige SinnDenken, deuten, begründen, Zusammenhänge herstellen, Ziele setzen – oft mag uns all das frustrieren und auch unglücklich machen, aber wir können nicht anders und würden unglücklich werden ohne.

Der transzendierende SinnEr führt uns aus unserem konkreten Leben heraus und in Religiosität und Spiritualität hinein. Woher kommen wir, wohin gehen wir? Selbst wenn wir ständig an die Grenzen des Wissens und Erkennens stoßen, wir brauchen Sinn auch in diesem Sinne.

Sinnerfahrung und damit Glück können wir nach Schmid in allen vier Dimensionen erfahren. Einer geht auf in raffinierten Kochkünsten, ein anderer im Aufziehen von Kindern. Einer liebt es, mit Reden die Herzen der Menschen zu berühren, ein anderer hat sein Zentrum in der Meditation gefunden. Im Alltag erscheinen alle Sinnerfahrungen interessant, wichtig, heraus­fordernd oder spannend. Die Amsterdamer Philosophin Beate Rösler löst die Spannung zwischen Glück und Sinn daher im Begriff des gelungenen Lebens auf: Wenn wir mit Menschen, die wir schätzen, Projekte verfolgen würden, die uns wichtig und vielversprechend erschienen, gelänge Leben und entstünde Glück. Meistens übrigens, wenn objektiver und subjektiver Sinn zusammenkommen … (Rede »Autonomie, Glück und der Sinn des Lebens«, 2011).

Solche Gedanken lassen jeglichen Ansatz zu einer Glücksdiktatur einstürzen wie die Mauer zwischen Ost und West 1989. Trotzdem bleibt die Frage: Was genau ist dann Glück?

In den langen Jahren theoretischer und praktischer Beschäftigung mit dem Thema habe ich viele Definitionsversuche scheitern sehen. Allein schon wegen der absoluten Subjektivität der Ausgestaltung (der eine liebt eben Oper, der andere Fußball – um es auf den Punkt zu bringen) ist das Unterfangen sehr schwierig. Trotzdem hier mein Versuch (offensichtlich meine ich nicht das Glück im Spiel, sondern die Freude an demselben; nicht das Zufallsglück, sondern das innere Lächeln):

Glück – das sind jene besonderen Momente, in denen wir eins sind mit uns selbst, unseren Erwartungen, unserem Tun und unserer Umwelt.

Die vierundzwanzig folgenden Kapitel werden diesen trockenen Satz zum Leben erwecken wie Dünger einen Rosenstock.

Was ich über die Jahre ebenfalls gelernt habe: Jeder muss sein eigenes Glück finden. Es gibt kein objektives. Manche finden das Glück im Weniger, manche im Mehr. Manche in der Stille, manche im Lärm. Manche in der Ordnung, manche im Chaos. Manche im entlegenen Winkel, manche auf der Fifth Avenue. Und in einer Welt der Handys und des Internets spricht ein Buchtitel vom »Glück der Unerreichbarkeit«.

Mein ältester Sohn fühlte sich in der Pubertät immer genervt, wenn ihn Erwachsene nach seinem Berufswunsch fragten. So antwortete er überraschend auf die Frage, er wolle Fäkaltaucher werden. Ein Drittel der Fragenden sagte daraufhin, er solle sie nicht veralbern, ein weiteres Drittel fragte nach den Ausbildungs­wegen, und das letzte Drittel murmelte etwas von: »Jeder muss eben seinen eigenen Weg finden«.

Das müssen Eltern verinnerlichen: dass das Glück des Kindes allein entscheidet. Fast immer mischen sich eigene Glücksvorstellungen hinein.

Daher hatte ich auch seit jeher Probleme mit Adornos berühmtem Satz: »Es gibt kein richtiges Leben im falschen.« Wer bitte soll beurteilen, welches Glück das richtige ist und welches das falsche? Sicher, ein Stück weit sind wir immer fremdgesteuert bei der Gestaltung unserer Wünsche und Träume, aber können wir deshalb nur dem Eremiten in der Wüste das »wahre« Glück zugestehen? Manche meinen, der Glaube, man sei glücklich, sei heute an die Stelle des Glücks selbst getreten. Andere reden von der »Endstation totes Glück«. Und natürlich deckt manche Einkaufsorgie nur innere Leere zu. Aber wer kann das von außen schon beurteilen? Ist es das Autowaschen oder der Extremsport, Ikebana oder Gartenarbeit, ein gutes Buch oder Sex and the City?

Wichtig ist nur das Sich-eins-Fühlen mit sich selbst, seinen Erwartungen, seinem Tun und seiner Umwelt. Und natürlich die moralische Dimension, denn wer andere oder sich selbst schädigt, kann langfristig nicht glücklich sein.

Neben Einheit und Harmonie tritt ein Paradoxon des Glücks: Wir, die wir vorher gar nicht waren, entstehen aus dem Nichts durch den Akt einer Verschmelzung, treten ins Leben. Erlangen nur dadurch Bewusstsein und ein Ich, das es vorher gar nicht gab. Und kaum ist dieses ausgebildet, will es glücklich sein und nicht nur vegetieren. Da gibt es kein Zurück in die Nichtexistenz. Da ist da, und Leben ist Leben. Nur beim Menschen eben anders als bei anderen Lebewesen: Wir – zumindest, wenn das Überleben gesichert ist – erheben den Anspruch auf Glück. So lange unser Herz schlägt. Hört es damit auf, erlischt er wieder im Nichts. Als sei nichts gewesen.

So richtig glücksbegabt scheinen wir Menschen allerdings nicht zu sein. Glück – das sind Inseln des Lichts im Meer der Routine und des Leids. Das sind Sonnengipfel über verschatteten Ebenen der Mühsal und Angst. Keiner hat ein Recht darauf, nichts ist einklagbar.

Aber wir können es immer wieder schaffen, zum Glück zu finden. Wir müssen es nur zulassen, müssen uns öffnen, müssen es wollen und wagen. Wie die Liebe.

Der Mensch ist, wie wir sehen werden, Weltmeister im Trotzdem. Wir sind umringt von Leid. Haben Verlustängste und lesen schockiert von Vergewaltigung und Säuglingsmord. Sorgen uns um unsere Kinder. Und trotzdem finden wir uns immer wieder in diesen Momenten des Glücks. Manchmal planbar, manchmal nicht.

Manche von uns erscheinen begabter dafür, manche weniger. Ein Glücksgen wurde bei der Entschlüsselung des menschlichen Genoms nicht gefunden, auch wenn bestimmte genetische Dispositionen einige von uns glücksbegabter machen als andere. Aber eines ist in den letzten Jahren klar geworden: Glück ist lernbar. Es mag Menschen geben, die das gar nicht wollen. Die können dieses Buch jetzt getrost weiterschenken. Niemand soll zu seinem Glück gezwungen werden. Freiheit heißt auch, unglücklich sein zu dürfen. Regeln passen nicht zu Glück.

Die meisten von uns jedoch sehnen sich danach. Und können lernen, dem Glück bei sich eine Chance zu geben. Die ersten Schulen haben Module dazu eingeführt. Primär stehen dabei Zielsetzung, Dankbarkeit, Optimismus, Hilfsbereitschaft, Vertrauen in andere Menschen, Leben im Hier und Jetzt und die Fähigkeit, vergeben zu können, auf dem Lehrplan. Das alles wird auch eine wichtige Rolle in dem Buch in Ihren Händen spielen – allerdings nicht auf dem Niveau eines Schulfaches. Und eingedenk der Tatsache, dass Glück bei aller Lernbarkeit auch mit Unwissen zu tun hat. Elsa zerstört das ganze Glück der Liebe zwischen ihr und Lohengrin, weil sie zu viel wissen will. »Lieber ein glückliches Schwein oder ein trauriger Philosoph?« lautet die Frage dazu. Das ist schwer zu akzeptieren in einer Wissensgesellschaft, aber nichtsdestotrotz wahr. Glück ist immer ein wenig geheimnisvoll, unergründlich, unerklärlich.

Nietzsche war es, der klar und deutlich sagte, er wolle nicht alles wissen. Die Weisheit zöge auch der Erkenntnis Grenzen.

Des Volkes Mund sagt, dass Glück vier Gs braucht: Geselligkeit – also Freundschaft, Familie und Liebe –, Geld, Gesundheit und die entsprechende Grundeinstellung. Jeder Welterfahrene weiß, dass Glück trotz häufiger anderslautender Vermutungen relativ wenig zusammenhängt mit Intelligenz, Bildung, Reichtum, Macht, Popularität, Glauben und Attraktivität. Wie viel Glück wohnt bei einfachen Menschen und wie viel Langeweile und Überdruss in goldenen Käfigen! Wie viele Schauspieler und Models geben sich Drogen hin, und wie viele Politiker fallen nach ihrer Karriere in tiefe Löcher! Wie viele unglückliche Akademiker gibt es und wie viele dem Alkohol verfallene Popstars oder Exsportler!

Es ist eine Schlüsselfähigkeit auf dem Weg zum Glück, immer wieder zu hinterfragen, was wir wirklich dazu brauchen. Vieles vermeintlich Wichtige erweist sich als absolut entbehrlich, und vieles, das wir vielleicht kaum wahrnehmen, als extrem bedeutsam. Horchen wir genau in uns hinein und lassen uns von niemandem etwas aufschwatzen! Jeder von uns weiß selbst am besten, was wirklich wichtig ist. Nur eines stimmt dabei fast immer: Weniger ist mehr. Wir brauchen nicht so viel fürs Glück, wie uns eingeredet wird. »Glücklich ist, wer das sein will, was er ist« lautet ein Kernsatz dieses Buches – wir verdanken ihn Erasmus von Rotterdam.

Glück und Wetter haben viel gemeinsam. Es wirkt so, als seien sie vorgegeben, tatsächlich sind sie es jedoch nicht. Denn Nebel und Regen können uns deprimieren, aber wir können sie auch als Chance für gemütliche Nachmittage bei Kerzenlicht und Tee sehen. Die äußere Wirklichkeit macht uns immer nur Vorgaben – was wir daraus machen, liegt einzig und allein bei uns. Oder anders gesagt: Wir haben das Wetter selbst nicht in der Hand, aber unsere Haltung dazu schon. Und was ist das Äußere, das wir aus dem Wetterbericht kennen, dann noch? »Singing in the Rain« ist das Lied zu dieser Erkenntnis.

Und noch eine Parallele zwischen Glück und Wetter: Die Landschaft ist dieselbe, ob ich bei Nieselregen oder bei Sonnenschein durch sie gehe. Aber trotzdem ist alles anders. So ist das auch mit dem Leben. Das des Glücksfähigen ist ein Sonnenspaziergang, das des Glücksunfähigen ein Hasten durch Nebel und Regen. Die äußeren Umstände mögen sich durchaus ähneln, das Gefühl dabei könnte nicht unterschiedlicher sein.

Wittgenstein stellte zutreffend fest, die Welt des Glücklichen sei eine andere als die des Unglücklichen. Dabei leben doch beide in derselben.

Nehmen wir Extremsituationen wie Hunger, Obdachlosigkeit, das Erleiden von Gewalt oder starke Schmerzen aus, sind wir selbst verantwortlich für unser Glück. Das müssen wir tief verinnerlichen und uns dann auch trauen, es zu leben. Der Dalai Lama sagt, das Glück sei in unserem Bauch. Eine deutsche Redewendung meint, jeder sei seines Glückes Schmied. Und Plutarch formulierte: »Kein Unglück trifft dein Herz, machst du es nicht dazu.«

Wir sind Täter, nicht Opfer. Wir haben unser Leben – zum größten Teil – in der Hand. Wir sollten für unser Glück oder Unglück nicht andere verantwortlich machen, sondern uns selbst. Weder der Ehepartner noch das Geld noch der Chef noch das Wetter sind schuld, sondern wir. Und selbst wenn das Schicksal so schmerzhaft zuschlägt, dass wir uns fragen, warum gerade bei uns, haben wir die Fähigkeit, das Beste daraus zu machen. Wie gesagt: Der Mensch ist Weltmeister im Trotzdem. Wenn er will.

Dabei ist der Wechsel zwischen Schönem und Schlimmem wohl menschengegeben. »Nur Glück geht nicht«, schrieb ich eingangs. In den antiken Mythen würde ewiges Glück den Neid der Götter heraufbeschwören. Und wer würde schon sein persönliches, wechselhaftes und volles Leben gegen das eines Genmutanten tauschen wollen, der stets nur lächelt? Die Szenarien immerwährenden Glücks, die wir aus der Science Fiction kennen, sind Horrorvisionen. Leid gehört zum Leben wie der Tod. Der Auftritt auf der Bühne des Lebens ist mit Schmerzen behaftet und der Abgang oft auch. Aus negativen Erfahrungen lernen wir mehr als aus positiven. Und Deutschlands wichtigster Philosoph der Gegenwart, Peter Sloterdijk, zeigt in seiner Rede »Glück und Unglück im Zeitalter der permanenten Renaissance« auf das Beeindruckendste, wie Reichtümer und Infektionen gemeinsam in unsere Welt kamen. Wie das Heilbringende zugleich den Tod bringt, bringen die neuen Genüsse auch die Pest.

Aber die Untrennbarkeit von Elend und Euphorie sollte uns nicht daran hindern, das Schöne am Leben so intensiv wie möglich wahrzunehmen, zu würdigen, zu feiern und dafür zu danken! Allein schon deshalb, um daraus die Energie zu ziehen, die wir brauchen, um gemeinsam das Leid dieser Welt zu bekämpfen!

So, sind Sie aufgewärmt? Kann es losgehen? In 24 Spaziergängen werden wir die Welt des Glücks erforschen. Aber nicht wie bei einem Adventskalender, denn da findet man jeden Tag immer nur Schokolade oder ein Bildchen. Nein, so vielfältig das Leben ist, so unterschiedlich wir alle sind, so komplex stellt sich Glück dar.

I

Vom Sinn des Lebens

WOZU DIE GANZE MÜHE VON FRÜH BIS SPÄT? Warum Politik, Moral, Recht, Medizin? Worin liegt der Sinn aller Existenz – wenn nicht im Glück? Ob kurz- oder langfristig gesehen, ob aus der Sicht des Individuums oder im Sinne der Allgemeinheit, welche Leitschnur des Handelns, Denkens und Wertens bleibt uns, wenn nicht die des »summum optimum«, »the greatest happiness of all«?

Hier muss das Zentrum allen Strebens liegen, der Maßstab zur Bewertung, ob wir das Richtige tun in der uns vergönnten Zeit. Macht dieser Krieg die Menschen langfristig wirklich glücklicher, vermehrt jene gentechnologische Möglichkeit mit ihren Chancen und Risiken das Glückspotenzial von uns allen, oder gefährdet sie es eher? Wie sonst, wenn nicht mit diesen Fragen, sollen wir die schwierigen ethischen Dilemmata des Lebens lösen? Was sonst kann Ziel unserer Urteile und Handlungen sein?

Trotzdem nimmt die Frage nach dem Glück eigenartig wenig Raum ein in unserer Welt. Woran mag das liegen?

Wir sind gestresst, abgelenkt von Details, rennen im Hamsterrad des Alltags herum und hören nicht mehr auf unsere innere Stimme.

Die Werbung um uns herum entwertet den Glücksbegriff. Sie bombardiert uns mit derart vielen Abziehbildern kleinen und großen Glücks, dass wir Ernsthaften uns mit Schauder abwenden und lieber nichts mehr von alldem wissen wollen. Was kann das für ein Glück sein, wenn es durch saubere Wäsche, ein neues Auto oder eine gute Margarine auf dem Frühstückstisch in Sekunden auf unsere Gesichter zu zaubern ist?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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