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Ich war dabei, als es passierte.Von weitem sah ich, wie Gulio, der Mann meiner besten Freundin, überfallen wurde. Etwas später erzählte meine Freundin mir, dass er so schwer verletzt wurde, dass er ins Krankenhaus musste.
Ich versuchte alles, um der Familie zu helfen und unterstützte sie, wie und wo ich konnte. Mein Mann stand mir sehr zur Seite.
Meine Geschichte soll Euch aufzeigen, was nach einem Anschlag mit den Opfern passiert und wie sehr auch die Angehörigen darunter leiden, besonders die Kinder.Kein Attentäter, keine Zeitung und kein Gericht kann wieder wieder gut machen, was für ein Trauma so etwas bei Menschen hinterlässt.Daher sollten wir die Welt zusammen beleben, uns kennenlernen und friedlich und würdevoll miteinander umgehen.
Fatima Shirine
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Veröffentlichungsjahr: 2019
Fatima Sherine
Vorwort
Vor nicht allzu langer Zeit bin ich zum Islam konvertiert. Ich war eine sehr strenge Christin, jedoch auf der anderen Seite auch sehr locker. Ich habe in meinem Leben sehr viele Religionen kennengelernt. Da ich als Christin geboren wurde, hatte ich noch die Möglichkeit den Islam kennenzulernen. Bevor ich mich mit dem Islam beschäftigte, versuchte ich etwas über den Buddhismus herauszubekommen. Ich wollte wissen, wo ich hingehörte. Sicher war ich mir nur, nicht zum Islam zu gehören. So dachte ich es damals jedenfalls. Ich konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen, was auf mich zukam. Ich wollte die Traditionen des Buddhismus kennenlernen, aber meine Eltern durften von allem nichts mitbekommen. Ich wollte alleine herausfinden, wo ich hingehörte. Keiner konnte mir helfen, meinen Weg zu finden. Es sollte mein Weg werden. Ich versuchte viel über diese Religion heraus-zubekommen, bis ich auf eine Webseite stieß, die sich Buddhist-Haus nannte. Ich sah mir die Seite genau an. Ich sah eine kleine Hütte und viele Statuen. Ich sah, wie Menschen an den Statuen beteten und den Statuen Kerzen anmachten.
Nachdem ich das gesehen hatte, wurde es mir zu viel und ich wusste, dass diese Religion auf keinen Fall die richtige Religion war für mich. Mir war es
unmöglich Statuen anzubeten, die nichts konnten. Selbst wenn ich sie hinschmiss, passierte nichts, außer, dass sie kaputt gingen. Diese Situation war die Gleiche wie in den Kirchen. In den Kirchen befinden sich auch viele Statuen, die Maria, die heilige Mutter Gottes darstellen sollen. Ich fand das respektlos, sich so etwas auszudenken. Wie kann man behaupten, Gott hat eine Mutter? Ich wusste, Gott ist etwas Großes.
Mir blieb daher nur noch das Judentum und der Islam. Den Islam sollte ich später noch kennenlernen. Zu der Zeit hatte ich jedoch noch keine Idee dazu, Muslima zu werden. Erst später, als ich in ein fremdes Land reiste, fing alles an.
Nachdem ich den Buddhismus kennengelernt hatte, wurde ich mir immer unsicherer, wo ich hin gehörte. Etwas später googelte ich nach dem Judentum und fragte mich, ob diese Religion die Richtige für mich wäre. Als ich las, dass die Juden vor einer Mauer beten, man nennt das Tuch Tallit, fragte ich mich, wie kann man nur eine Mauer anbeten? Das Schlimmste war dabei: egal, was die Juden haben wollen, schreiben sie auf den Zettel und stecken es in ein Mauerloch. Die Juden beten den Zettel und die Mauer an. Auch da wusste ich, dass es nichts für mich war. Ich konnte keine Mauer anbeten, auch wenn diese Mauer für die Juden eine heilige Mauer war. Mich machte die Situation sehr verzweifelt, sodass ich an nichts mehr glaubte. Aber ich wollte nicht aufgeben und so tippte ich das Wort Islam bei Google ein. Mir kam sofort ein Bild mit einer verschleierten Frau auf den Bildschirm. Mich beeindruckte diese Frau sehr. Ich sah, wie die Muslime beten und fand daran etwas ganz Besonderes. Muslime beten in einer wunderschönen Gemeinde in einer Moschee, werfen sich im Gebet nieder und berühren mit der Stirn und den Knien den Boden. Frauen und Männer beten getrennt voneinander, in jeweils anderen Räumen, jedoch trotzdem gleichzeitig. Nur der Verschleierung der Frauen, der konnte ich
nichts abgewinnen. Das war nichts für mich. Was mir aber am Islam gefiel, war der Zusammenhalt. Man war nie alleine mit seinen Problemen. Es war immer jemand für einen da. Wenn man beten wollte, musste man sich vorher waschen. Diese Waschung nennt man Wu`du. Das war für mich etwas Neues, denn in den anderen Religionen, die ich vorher kennenlernte, da gab es so etwas nicht. Bei den Buddhisten z.B. sind drei Kellen Wasser eine Reinwaschung. Die Seele soll damit gereinigt werden. An so etwas glauben die Fo-shan- Buddhisten. Bei den Juden geht es noch anders: Die Juden tauchen den gesamten Körper in eine Mikwe. Die ersten Aufzeichnungen darüber findet man in der Tora. Genauer erläutert wird diese Waschung in der Mischna und dem Talmud.
Als ich diese zwei Religionen und Kulturen kennengelernt hatte, wusste ich nicht, was das Richtige für mich war. Ich suchte nach Antworten, die ich auch in der Kirche nicht bekam. Ich ging fast jeden Tag in die Kirche, auch wenn ich eine Zeit lang nicht so gläubig war. Immer, wenn ich auf die Knie ging, machten sich Zweifel in mir breit. Ich wusste noch lange nicht, wo ich hin gehörte.
Einige Monate später fuhr ich mit meiner Freundin nach Tunesien. Meine Freundin wollte heiraten. Als wir in Afrika landeten, war schon alles anders für mich. Das Land. Die Kultur. Alles war anders. Ich fühlte mich sehr wohl. Als ich dann plötzlich eine
wunderschöne Stimme hörte, die über Lautsprecher weit über die Stadt zu hören war, war ich erstaunt, wie mein Herz anfing schneller zu schlagen. Ich konnte dieses Geschehnisse nicht einordnen. Ich wusste aber, dass es sich bei der Stimme um den Adhan, den Gebetsruf handelte. Einige Tage später konvertierte ich von einer Minute auf die andere zum Islam. Ich hörte eine Stimme in meinem Traum, die einfach so auftauchte. Ich weiß bis heute nicht, ob es ein Traum war oder doch eine echte Stimme.
Nachdem ich nun Muslima war, machte ich mir Gedanken, Kopftuch zu tragen, denn so ist es Fard (Pflicht). Gott ordnet es so an:
„Und sag zu den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham hüten, ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer dem, was (sonst) sichtbar ist. Und sie sollen ihre Kopftücher auf den Brustschlitz ihres Gewandes schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer ihren Ehegatten, ihren Vätern, den Vätern ihrer Ehegatten, ihren Söhnen, den Söhnen ihrer Ehegatten, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und den Söhnen ihrer Schwestern, ihren Frauen, denen, die ihre rechte Hand besitzt, den männlichen Gefolgsleuten, die keinen (Geschlechts)trieb (mehr) haben, den Kindern, die auf die Blöße der Frauen (noch) nicht aufmerk
nicht aneinanderschlagen, damit (nicht) bekannt wird, was sie von ihrem Schmuck verborgen tragen. Wendet euch alle reumütig Allah zu, ihr Gläubigen, auf dass es euch wohl ergehen möge!“ (Quran 24:31)
Nachdem ich diese Worte gelesen hatte, lief mir eine kleine Träne über die Wange.
Zurück in Deutschland fing ich an, Kopftuch zu tragen, ohne jemanden vorzuwarnen. Meine Freundin wusste schon von meiner Konversion, klar, aber meine Familie und meine Freunde waren noch nicht informiert. Ich fragte mich, was die wohl denken würden, wenn sie mich mit Kopftuch sehen. Aber eigentlich war es mir egal, was sie dachten. Ich war froh, endlich angekommen zu sein und dass meine Suche nach meiner religiösen Identität geklärt war. Ich fühlte mich wohl und wie ein neuer Mensch.
Was jetzt passierte in Deutschland, hätte ich mir nie vorstellen können. Na ja, meine Eltern konnten meine Entscheidung zuerst nicht fassen. Es dauerte einige Jahre, bis meine Familie sich mit meinem Entschluss abfand. Dadurch, dass ich anfing, Kopftuch zu tragen, verlor ich meine ganzen Freunde. Und damit hatte sich für mich auch geklärt, was richtige Freunde sind und was nicht. Meine Freunde waren keine richtigen Freunde, sonst hätten sie wohl kaum einfach den Kontakt mit mir abgebrochen oder mich verstoßen. Aber mir war das alles völlig egal. Ich war froh, endlich das gefunden zu haben, was ich immer gesucht hatte. Ich fand Ruhe und Frieden, denn ich war angekommen.
Etwas später merkte ich, dass ich von den Deutschen beobachtet wurde. Egal wo ich hinlief, ich zog die Blicke auf mich. Man sah mich schief an und sogar im Bus wollte niemand neben mir sitzen. Ich fühlte mich nicht wohl. In Afrika war es normal, Kopftuch zu tragen, aber in Deutschland war es anders. So richtig bewusst wurde mir das Problem aber erst, als ich anfing, das Kopftuch regelmäßig zu tragen. Dadurch, dass ich anderes war, wendeten sich viele Menschen von mir ab. Mir war das alles einerlei. Ich war eh nicht mehr so wie vorher. Früher ging ich regelmäßig in die Disko, jetzt war