Lassen Sie mich durch - ich bin Klofrau - Helga B. Auermann - E-Book

Lassen Sie mich durch - ich bin Klofrau E-Book

Helga B. Auermann

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Beschreibung

Toilettenfrau für Diskothek bei guter Bezahlung gesucht! Helga ist 60 als sie diese Stellenausschreibung in einer lokalen Zeitung liest und spontan beschließt ihrem Arbeitsleben nochmals eine Wende zu geben. Von nun an reinigt sie jedes Wochenende die Toiletten einer Diskothek, trifft auf unterschiedlichste Menschen, erlebt Schönes wie Schockierendes. Ihr Buch berichtet von den „Highlights“ aus 5 Jahren Diskokarriere und lässt den Leser hinter die Kabinentür blicken.

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Vollständige e-Book Ausgabe 2019

© 2019 ISEGRIM VERLAG

in der Spielberg Verlag GmbH, Neumarkt

Lektorat: Miriam Bast

Covergestaltung: Ronja Schießl

Coverillustrationen: © shutterstock.com

Titel: Marco Schimpfhauser

Alle Rechte vorbehalten.

Vervielfältigung, Speicherung oder Übertragung

können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

ISBN: 978-3-95452-819-6

www.isegrim-buecher.de

Inhalt

Über den Autor

Vorwort

1. Aller Anfang ist schwer

2. Kummerkastentante

3. Helga und die Jugend

4. Dumme Sprüche

5. Trinkgeld

6. Helga und die Polizei

7. Viel Kotze für wenig Geld

8. Fundgrube Discoklo

9. Kleine Fußstapfen

10. Barkeeper außer Rand und Band

11. Das Gogo-Kammerl

12. La Familia

13. Außen Hui innen Pfui

14. Das erste Silvester

15. Rock’n’Roll

16. Sexy Time

17. Puffmutti Helga

18. Von unkontrollierbaren Körperreflexen

19. Helga heiß begehrt

20. Vandalismus

21. Fasching

22. Die Mädchen von heute

23. Mamma mia!

24. Summer in the City

25. Abi – Abi -Abituuur

26. Heid samma wuid und laut

27. 16-Jährige

28. Rambazamba

29. Besondere Abende

30. Betriebsfeiern

31. Junggesellen und andere Chaoten

32. Disco in a Nutshell

33. Scherben bringen Unglück

34. Das bisschen Haushalt

35. Klokonversationen

36. Von Streithähnen

37. Helga zieht Bilanz

Helga B. Auermann (Ps.), gebürtige Gelsenkirchnerin, ist seit 1971 im schönen Bayern zu Hause. Hier lebt sie mit ihrem Mann, ihren 3 Kindern und mittlerweile 10 Enkelkindern. Seit 2011 arbeitet sie jedes Wochenende in der Disko.

Vorwort

An den geneigten Leser,

Helga berichtet im Folgenden von den ‚Highlights‘ aus über 5 Jahren Discokarriere als Reinigungskraft. Die angeführten Ereignisse gehören nicht zu ihrem Tagesgeschäft, sondern sind vielmehr die gebündelte Sammlung der schockierendsten, amüsantesten aber auch schönsten Erinnerungen, die sie in all den Jahren gesammelt hat. Die Handlungen sind nicht frei erfunden, Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen oder Situationen sind beabsichtigt und gewollt. Wer sich in diesem Buch wieder findet, darf sich darüber freuen.

Aller Anfang ist schwer

Manch einer wird sich fragen »mit 60 in einer Disco arbeiten? – die Frau muss verrückt sein!«

Ja das ist sie, in der Tat.

Ohne eine ordentliche Portion Humor und ein dickes Fell geht das wirklich nicht. Vor allem, wenn man bedenkt, dass mein letzter – privater - Discobesuch schon über 40 Jahre her ist und man seine Getränke noch in D-Mark bezahlte. Clubs und Lounges hießen noch Diskotheken, die Halbe Bier kostete 1,50 DM und man konnte seine Handtasche noch bedenkenlos auf dem Tisch liegen lassen und eine flotte Sohle auf die Tanzfläche legen, ohne Angst haben zu müssen, dass sie der Gast neben dir an der Bar einfach mitnimmt. Ja das waren noch Zeiten.

Ich kann nicht von mir behaupten, je der wilde Disco-Typ gewesen zu sein, der regelmäßig die Nacht zum Tag gemacht hat, umso komischer ist es, dass es mich mit über 60 wieder mitten ins Geschehen verschlagen hat.

Begonnen hat alles mit einer Stellenanzeige:

Da ich diesen Job als Reinigungskraft für Toiletten früher schon ein paar Jahre im alljährlichen Volksfest gemacht hatte, dachte ich mir: Fragen kostet nichts. Gesagt getan. Ich rief bei der angegebenen Nummer an und man lud mich zu einem Vorstellungsgespräch ein.

Die Chefin des Ladens war sehr freundlich, aber auch sichtlich erstaunt darüber, dass gerade ich mich auf die Anzeige beworben hatte und kein junger Hüpfer in den Zwanzigern, der sich etwas nebenbei verdienen wollte. Mein Aufgabenbereich und die Arbeitsbedingungen waren schnell geklärt. Freitag und Samstag, sowie an Sonderöffnungstagen – zum Beispiel vor Feiertagen - sollte ich mich von 22 Uhr bis 6 Uhr um die Sauberkeit in den Toiletten kümmern. Neben meinen bereits gesammelten Erfahrungen tat meine souveräne Hausfrauenausstrahlung ihr Übriges. Ich hatte den Job und super bezahlt war der auch noch. Ich freute mich darauf, von jungen Leuten umgeben zu sein und stellte mich auf eine eher ruhige Tätigkeit ein, die mich nicht vor großartige Herausforderungen stellen würde – wenn ich zu diesem Zeitpunkt schon gewusst hätte, was da auf mich zukommt, hätte ich es mir vielleicht anders überlegt.

Nach aller Anfangseuphorie stand ich zunächst aber vor einem großen Problem: ich hatte kein Auto. Zwar war der Weg von mir zu Hause zur Disco nicht weit, aber trotzdem zu lang, um die Strecke zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Öffentliche Verkehrsmittel fuhren nachts nicht mehr und ein Taxi war mir auf die Dauer schlichtweg zu teuer. Die Lösung des Problems hatte mein Sohn mit einer im wahrsten Sinne des Wortes zündenden Idee: in der Garage stand seit Jahren sein alter Roller. Den hatte er schnell wieder flott gemacht, jetzt musste ich nur noch lernen, auf dem Ding zu fahren. Zunächst stellte ich mich wirklich saublöd an! Doch nach ein paar Startschwierigkeiten hatte ich es dann endlich begriffen:

nicht zu viel Gas geben

nicht abrupt bremsen

keine Angst vor Kurven

Mein erster Abend konnte also beginnen. Nachdem mein Sohn die Befürchtung hatte, mir könnte unterwegs doch etwas passieren, bot er mir an, mich zu begleiten.

Da um 22 Uhr Arbeitsbeginn war, fuhren wir um kurz nach neun los, denn schneller als 20 km/h traute ich mich auf dieser Höllenmaschine nicht fahren. Es waren ja immerhin sieben Kilometer. Ich fuhr mit dem Roller voran, mein Sohn mit dem Auto hinterher - ein Bild für Götter. Zum Glück war es schon dunkel und niemand erkannte uns.

Endlich auf dem Parkplatz angekommen, stellte ich meinen Roller ab und betrat den Laden wie besprochen durch den Hintereingang, da die Haupttür erst zur offiziellen Öffnungszeit von den Türstehern aufgemacht wird. Im Treppenhaus hörte ich bereits Musik und es roch nach Zigaretten, verschüttetem Bier und leeren Schnapsflaschen – dem typischen Discogeruch.

Die Chefin zeigte mir gleich meinen neuen Arbeitsbereich und wo ich Putzmittel, Lappen und Klopapier zum Nachfüllen finden würde. Ich war also bereit zu starten.

Nachdem ich ja eigentlich gedachte hatte, dass mich keine großen Herausforderungen erwarten würden, war es zunächst doch ungewohnt für mich, in der Nacht zu arbeiten. Man stelle sich vor: Die Schicht beginnt dann, wenn andere gerade ins Bett gehen! Auch die laute Musik und den Umgang mit den Jugendlichen hatte ich unterschätzt, denn ihr Benehmen lässt oft zu wünschen übrig.

Wenn die sich zu Hause genauso aufführen … Na dann Prost Mahlzeit!

Zunächst verlief der erste Abend einigermaßen ruhig. Ich füllte regelmäßig Papierhandtücher, Seife und Klopapier nach und schaute auch in den Kabinen nach dem Rechten. Obwohl es erst keine Zwischenfälle gegeben hatte, am Ende des Abends dann der Schock: eine Gruppe Feierwütiger hielt sich noch auf dem Herrenklo auf, obwohl es bereits kurz nach 5 Uhr war. Einer der Jungs übergab sich lautstark und man konnte genau hören, dass nicht alles im Klo landete. Als ich ihn auf die Sauerei ansprach, die er mir hinterlassen hatte, wurde ich nur dumm angepöbelt. Da es aber nun mal zu meinem Job gehörte, die Hinterlassenschaften der Gäste zu beseitigen, überwand ich mich.

Nach acht Stunden Nachtarbeit war ich fix und fertig und freute mich auf mein Bett. Gott sei Dank sprang auch der Roller gleich an und ich fuhr im Morgengrauen langsam nach Hause. Dort angekommen fiel ich todmüde ins Bett, immerhin war es schon 6.30 Uhr morgens. Doch so recht einschlafen konnte ich nicht. Meine Gedanken kreisten um die Ereignisse meines ersten Arbeitstages. War das wirklich der richtige Job für mich? Den Dreck anderer Leute wegzuräumen? Und das jedes Wochenende?

Geld stinkt nicht, dachte ich mir aber dann. Also Augen zu und durch.

Von nun an hieß es jeden Freitag und Samstag: Ab in die Disco. Was ich da noch alles erlebte…

Kummerkastentante

An manchen Wochenenden kam ich mir vor, wie eine Mischung aus Seelsorger und Mutter Theresa. Nicht selten kam es vor, dass ich ein Mädchen heulend im Klo fand, ihr Freund hatte gerade mit ihr Schluss gemacht oder der Schwarm mit einer anderen geknutscht. Für Mädels im Teenie-Alter kommt das ja einem Weltuntergang gleich. Ich trocknete viele Tränen, restaurierte verwischte Mascara und versuchte zu trösten. Alte Sprüche wie »andere Mütter haben auch schöne Söhne« oder »nicht ärgern lassen, der ist es nicht wert«, die ich mir zu meiner Zeit schon anhören musste, munterten die armen Mädels meistens wieder auf. Sie tun mir wirklich leid, Liebeskummer und Ärger mit den Jungs ist in diesem Alter ja besonders dramatisch. Wer hat nicht diese Erfahrung gemacht? Wenn ich mich daran erinnere, wie ich damals meinen jetzigen Mann kennengelernt habe, verstehe ich die Situation der jungen Frauen umso mehr.

Vor 40 Jahren war ich ebenfalls zu Gast in einer Diskothek, zusammen mit meinem damaligen Freund. Dem fiel nichts Besseres ein, als im Laufe des Abends mit einer anderen herum zu knutschen und mich sitzen zu lassen. Sauer und enttäuscht wie ich war, schnappte ich mir im Gegenzug den Nächstbesten gutaussehenden Burschen, der alleine an einem Tisch saß. Ich dachte mir, für den einen Abend passt der schon! Aus dem einen Abend sind unverhofft über 40 Jahre geworden, in denen wir geheiratet und 3 gemeinsame Kinder bekommen haben. Zudem bin ich mittlerweile zehnfache Großmutter – wozu ein zunächst frustrierender Discobesuch so führen kann!

Es passiert schon auch mal, dass mich ein Mädel total verzweifelt und weinend fragt, ob ich nach ihrem Freund auf dem Männerklo suchen könne. Wenn ich ihn dort dann nicht finde, bricht meistens Panik aus. Dann wird zurück in den Tanzbereich geeilt und der Name des Geliebten gerufen. Doch wer weiß, wo der abgeblieben oder mit wem der fort ist. An solchen Abenden gehen schon mal Freundschaften und Beziehungen kaputt.

Eines Abends verließ ein Mädchen tränenüberströmt das Damenklo und erzählte mir, ihr Freund sei mit ihrer besten Freundin auf und davon. Solche Geschichten tun mir dann immer besonders leid und immer die passenden tröstenden Worte zu finden, ist nicht leicht.

Vor derartigen Liebeskummerattacken sind aber auch die Burschen nicht gefeit. Schon oft fand einer seine Freundin am Ende des Abends in den Armen eines anderen.

Über die Jahre haben mir die Gäste schon viel erzählt. So mancher schüttet mir im angetrunkenen Zustand sein Herz aus. Dann heißt es auch mal: in den Arm nehmen, Tränen abwischen, Taschentuch reichen oder ein Glas Wasser holen.

Helga und die Jugend

Da das älteste meiner zehn Enkelkinder mittlerweile auch in einem Alter ist, in dem man am Wochenende mit seinen Freunden um die Häuser zieht, war es nur eine Frage der Zeit, bis er als Gast in die Diskothek kam, in der ich arbeite. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn der Enkel seine Oma in der Disco besucht. Wenn dann auch noch einer meiner Söhne auftaucht, sind auf einmal drei Generationen versammelt. Schon ein eher ungewöhnlicher Ort für ein Familientreffen!

Vor allem mein jüngster Enkel machte mir bald Komplimente, die man nicht jeden Tag hört. »Oma du bist echt krass, du fährst Roller, hast ein Smartphone und arbeitest am Wochenende in einer Disco!«

Plötzlich war ich die coole Großmutter.

Wenn er aber gewusst hätte, was ich an diesen Wochenenden alles mitmache, wäre die ganze Sache wahrscheinlich gar nicht mehr so »cool« gewesen.

Dass Jugendliche sich betrinken, ist heute nichts Ungewöhnliches mehr. Seien wir mal ehrlich – waren wir früher anders? Aber so Dinge wie »Komasaufen« gab es bei uns nicht. Natürlich waren wir auch hin und wieder betrunken und hatten am nächsten Tag einen Brummschädel, aber auf der Intensivstation im Krankenhaus ist wohl kaum jemand aufgewacht, weil er bis zur Ohnmacht getrunken hat. Heutzutage passiert es immer mehr, dass manche mit Vorsatz bis zur Bewusstlosigkeit trinken.

Mittlerweile ist es ja Gang und Gebe vor dem Weggehen »vorzuglühen«. Das heißt man trifft sich bei jemandem zu Hause oder in Extremfällen sogar auf dem Parkplatz vor der Disco und trinkt schon mehrere Flaschen Alkohol bevor man überhaupt weggeht. Denn in der Diskothek sind die Getränke natürlich teurer, als wenn man sie selbst im Supermarkt kauft. Wenn man also daheim schon bechert, braucht man im Club nicht mehr so viel Geld und bei den meisten heißt es halt: Hauptsache blau!