Lassie, Rex & Co. klären auf - Dr. Pasquale Piturru - E-Book

Lassie, Rex & Co. klären auf E-Book

Dr. Pasquale Piturru

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Beschreibung

Wenn Ihr Hund reden könnte, wenn er berichten könnte über Stärken und Schwächen von uns Menschen, wenn er uns das Hundeleben aus Sicht eines Hundes schildern würde: Was würde Ihr Hund Ihnen sagen? Wohl ungefähr das, was in diesem Buch steht! Pasquale Piturru gelingt es sehr unterhaltsam und lesefreundlich, etliche neue Fakten zur Ethologie des Hundes "bestens verpackt" zu übermitteln. Ich habe dieses Buch mit viel Vergnügen und Gewinn gelesen. Dr. D. U. Feddersen-Petersen

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Seitenzahl: 188

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© KYNOS VERLAG Dr. Dieter Fleig GmbH

Konrad-Zuse-Straße 3 • D-54552 Nerdlen/Daun

Telefon: +49 (0) 6592 957389-0

www.kynos-verlag.de

eBook-Ausgabe der Printversion der 8. Auflage 2021

ISBN-eBook (epub): 978-3-95464-272-4

ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-95464-253-3

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Kynos Stiftung Hunde helfen Menschen

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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Für Valentina

Inhalt

Vorwort von Dorit Urd Feddersen-Petersen

1... und der Hund traf den Menschen – Wie alles einst begann

2Ich, Hund, erzähle Dir mein Leben

3Am Anfang war der Wolf – Die Ahnen

4Wie ich Euer Begleiter wurde – Domestikation und Entstehung unserer Rassen

5Meine Sprache, meine Stellung – Kommunikation und soziale Hierarchie

6So werde ich, was ich bleibe – Sensible Phasen, Sozialisation und Habituation

7Nicht immer bin ich stark – Angst, Furcht und Angststörungen

8Manchmal kann ich auch böse sein ... – Die Aggressionen des Hundes

9Meine Nerven sind so fein – Die Neurophysiologie des Hundes

10Anders kann ich manchmal nicht – Stereotypien und Zwangsverhalten

11So lerne ich rasch und gern – Erziehungsprobleme vermeiden

12Steht zu mir, bitte! – Trennungs- und Aufmerksamkeitsprobleme

13Auch in mir steckt ein Jäger – Jagd und Jagdhunde

14Für meinen Menschen bin ich diensteifrig – Diensthunde und ihre Spezialisierung

15So verstehe ich Euch besser – Gehorsamsübungen

16Mein Sofa, ich und Ihr – Die Grenzen der Toleranz

17Ich verdiene Euren Schutz! – Hundeschutz heute … und morgen?

18... und das solltet Ihr noch beachten! – Eine letzte Bitte

Danksagung

Bibliographie

Vorwort

Pasquale Piturru, Fachtierarzt für Verhaltenskunde und Tierverhaltenstherapeut, klärt in der Tat auf. Dieses von leichter Hand und mit großer Wirkung, indem er „aus Sicht eines Hundes erzählt“ und es versteht, gut verständlich, sehr lesefreundlich und abwechslungsreich sehr viel Wissenswertes zur Ethologie der Hunde zu vermitteln.

Was sich leicht liest und oft schmunzeln macht, ist jedoch weit davon entfernt, banal oder hoch bekannt zu sein, vielmehr geht Pasquale dem Verhalten nach heutigem Stand des Wissens durchaus auf den Grund und befasst sich mit wissenschaftlichen Fakten, ohne dass er jemals „oberlehrerhaft“ wirkt oder nicht zu verstehen wäre. Die Sicht der Dinge wird zudem immer wieder unterschiedlich vermittelt, so dass sich die berühmten Aha-Effekte einstellen.

Die vielen Fallbeispiele, eben das, „was anderen Hunden so geschah“, anekdotisch aufbereitet, lockern auf und veranschaulichen, was wissenschaftlich fundiert beschrieben wurde, die herausragenden Illustrationen von Eiko Weigand illustrieren das Geschriebene perfekt – sie sind einfach sehr gelungen.

So erfahren wir viel zur Biologie, zur Psychologie und zur Verhaltenssteuerung von Hunden, zu ihrem Lernen, ihrer Entwicklung und zu sinnvollen Verhaltenskorrekturen, wenn Hund-Mensch-Beziehungen Probleme bereiten oder Hunde wirkliche Verhaltensstörungen zeigen.

Die Abgrenzung dessen, was Menschen am Hundeverhalten stört von einer Störung des Tieres wird kenntnisreich und klug dargestellt. Hinzu kommen immer wieder Beispiele, warum zu oft wir es sind, die letztendlich verursachen, was uns stört.

Pasquale Piturru schafft Klarheit bezüglich irreführender Benennungen, erklärt die neuronalen Grundlagen des Verhaltens wie dessen hormonelle Beeinflussung sehr detailliert und liefert die gesetzlichen Vorschriften bezüglich der Hundehaltung, erweitert damit den Wissenshorizont eines jeden Hundehalters ganz beträchtlich.

So gelingt es ihm sehr unterhaltsam und leserfreundlich, etliche neue Fakten zur Ethologie des Hundes „bestens verpackt“ zu übermitteln.

Ich habe dieses Buch mit viel Vergnügen und Gewinn gerne gelesen.

Kiel, im März 2009

Dorit Urd Feddersen-Petersen

1

... und der Hund traf den Menschen –

Wie alles einst begann

Wau … Wau …, die Geschichte dieses Buches begann vor langer, langer Zeit, genauer: vor etwa 50.000 Jahren. Ein Feuer brennt vor dem Höhleneingang. Eine Horde Menschen frisst. Essen kann man es nicht nennen. Wölfe beobachten das Treiben aus der Entfernung. Die Menschen sehen die Wölfe, die Wölfe die Menschen. Keine Angst, doch gegenseitiger Respekt voreinander. Es scheint, als ob ein Pakt geschlossen wäre: Die Wölfe bleiben in der Nähe, ohne die Menschen zu attackieren. Und die Menschen lassen Nahrungsreste übrig, für die Wölfe nützlich.

So geschieht es über eine lange Weile. Eines Tages werden die Wölfe plötzlich unruhig. Kurze, laute Warngeräusche, Knurren und Schnaufen; die Wölfe weichen. Angespannte Stille kommt auf.

Die Menschen werden aufmerksam. Eine große Raubkatze mit extrem lang ausgebildeten Eckzähnen schleicht sich heran. Raubkatzen werden von den Menschen sehr gefürchtet; lautlos angreifend, von immenser Kraft, machen sie leicht Beute. Nun erstmals war die Menschenhorde vorbereitet: Die Wölfe haben den Menschen das bedrohliche Raubtier signalisiert. Die Raubkatze kann dank der Wölfe nicht überraschend angreifen. Die Menschen sind bewaffnet und können sich zur Abwehr strategisch formieren. Der Katze bleibt nurder Rückzug. Leichtere Beute als diese vorbereiteten Menschen sucht sie sich besser anderswo.

Das Wolfsrudel taucht wieder auf seinem Beobachtungsposten auf. Die Menschen schauen zu den Wölfen, deren Nutzen erkennend; schon fast dankbar. Die Wölfe verstehen das nicht. Doch sie profitieren davon, dass die Menschen am Leben bleiben: Leichter zu ergatterndes Fressen als deren Nahrungsreste gibt es für sie nicht. Und die Menschen meinen, dass die Wölfe sich diesmal die Futterreste redlich verdient haben.

Einige Tage später jagt ein Teil der Menschenhorde einen Riesenhirsch. Dieses Tier ist über zwei Meter hoch und ist mit einem über drei Meter breiten Geweih bewaffnet. Zudem ist es schnell und wehrhaft. Die vier zweibeinigen Jäger sind von der Hatz bereits erschöpft. Der Hirsch lässt sich zwar immer wieder blicken, doch er ist nicht zu erlegen. Wie aus dem Nichts taucht plötzlich das Wolfsrudel auf. Der Hirsch wittert die Wölfe und will fliehen. Aber es gibt für ihn nur eine Richtung, den Wölfen auszuweichen: Er hetzt in Richtung der vier Jäger. Die Wölfe scheinen das betrieben zu haben. Die Menschen nutzen die unerwartete Hilfe: Zwei Jäger postieren sich oberhalb des Fluchtweges und stürzen am Hang einen Felsbrocken auf das Tier. Der Hirsch kommt zu Fall. Die anderen beiden Jäger sind jetzt zur Stelle. Eine Lanze trifft ins Herz, die andere die Lungen: Die Jagd war erfolgreich. Kein Mensch kam zu Schaden.

Die Wölfe lauern in der Nähe. Drei der vier Menschen zerlegen das Riesentier. Der vierte achtet darauf, dass das Wolfsrudel Distanz wahrt. Jeder der Menschen wirft sich einen Wildbret-Teil über die Schulter, bevor die Gruppe sich auf den Rückweg begibt. Und die Wölfe bekommen die Reste, die Innereien, Hufe, den Schädel. Die symbiotische Beziehung zwischen Wolf und Mensch nimmt ihren Anfang.

Tage darauf, am Abend: Das Lagerfeuer der Menschen spendet Licht und Wärme, wie in so vielen Nächten, und hält bedrohliche Raubtiere fern. In der Nähe des Feuerplatzes ist es wohlig, das Lager trotzt der Kälte. Einer der Wölfe wagt sich heute einige Schritte näher an das Lager heran. Die anderen Rudelwölfe zögern. Auch einer der Menschen ist mutiger, traut sich, sich dem Wolf vorsichtig zu nähern. Die anderen Menschen bleiben in Anspannung auf Abstand, beobachten das Geschehen angestrengt.

Die beiden Mutigen sind getrennt von Horde und Rudel. Sie begegnen sich auf neutralem Niemandsland, die anderen Menschen und Wölfe beobachten argwöhnisch. Nur vier Meter trennen Mensch und Wolf. Der Mensch sinkt behutsam auf seine Knie, eine Hand an seiner Streitaxt. Der Wolf vermeidet, dem Menschen in die Augen zu schauen, kommt näher und näher. Ein knapper Meter trennt sie noch. Der Wolf schnuppert aufgeregt, angeregt, aufmerksam den Odem des Menschen. Friedlich waren sie einander noch nie so nah.

Der Mensch streckt langsam, vorsichtig den linken Arm mit offener Hand dem Wolf entgegen. Die rechte Faust umklammert sorgsam die Waffe. Der Wolf beschnuppert die offen dargebotene Hand. Und, tatsächlich, der Mensch streichelt mit den Fingern vorsichtig das Kinn des Vierbeiners. Und der lässt es sich gefallen. Kaum eine halbe Minute, länger nicht; doch beiden erscheint es wie eine Ewigkeit. Mit einem ekstatischen Gefühl, ungläubig, angerührt, stolz kehren die beiden zu Horde und Rudel zurück. Die anderen Mitglieder ihrer Gruppen staunen, sie beriechen und beschnüffeln, beschauen und begucken.

Der Bann zwischen Mensch und Wolf scheint gebrochen. Allnächtlich wiederholt sich, was beiden gefiel. Das Vertrauen keimt, die Dauer der Zusammenkünfte nimmt zu. Auch tagsüber treffen sich die beiden nun oft. Es erwächst eine symbiotische Beziehung, die Mensch wie Wolf gefällt und nützt. Andere Menschenhorden- und Wolfsrudel-Mitglieder folgen der Erstbeziehung, ermutigt durch deren Gelingen. Die einzigartig feste Freundschaft auf höchstem Austauschniveau, die es zwischen Mensch und einer Tierart gibt und nicht besser geben wird, nimmt ihren Anfang. Wau … Wau …, so könnte es begonnen haben!

2

Ich, Hund, erzähle Dir mein Leben …

Der Name, den mir meine Menschen gegeben haben, ist Dik. Ich bin ein Hund. Ich bin kein Rassetier, sondern eine Promenadenmischung. Rasse oder Mix – uns Hunden ist‘s egal. Wir bellen, also sind wir. Ich habe etwas, was meine Artgenossen nicht kennen: Ein außergewöhnlich chaotisches Herrchen.

Als junger Bursche las mein Herrchen in einem Buch von Konrad Lorenz, dass der biblische König Salomon einen Ring besaß, mit dem er die Sprache der Tiere verstehen konnte. Herrchens Lebensziel war von da an, diesen Ring zu finden. Nach einigen Jahren verstand mein Mensch, dass die Existenz des Salomonischen Ringes leider nur eine Legende war. Der Gedanke an diesen Ring weckte in ihm aber einen immensen Wissensdurst – er wollte, er musste dem Verständnis der Tiere so nahe wie möglich kommen: Neben seinem praxisorientierten akademischen Werdegang besuchte er als Wissenschaftler ständig Fort- und Weiterbildungen. Mein Mensch tat viel, sehr viel, um uns Hunde zu ergründen. Schließlich wurde er Fachtierarzt für Kleintiere, Fachtierarzt für Verhaltenskunde, Fachtierarzt für Tierschutzkunde, Master of Small Animal Science und außerdem wurde ihm die Zusatzbezeichnung „Verhaltenstherapie“ zuerkannt. Sehr nahe kam er seinem Ziel, die Sprache von uns Caniden zu verstehen. „Wir Caniden“ sind die zoologische Familie der Canidae, Hunde. Zu der zählen neben mir Haustier und meinen Kumpels auch die Wildarten Wölfe, Schakale, Kojoten, Rotfüchse und Marderhunde.

Als meines Herrchens Hund wurde ich, Dik, als Vermittler gewählt, Euch Menschen uns Hunde verständlich zu machen. Im Interesse von Lassie, Rex und anderen Artgenossen. Mein Mensch und ich beschlossen, zusammen dieses Buch zu schreiben. Da wir Hunde nicht wie Ihr Menschen Gesprächskreaturen, sondern Beobachtungstiere sind, wollte ich mich zunächst nicht äußern. Ich rede ohnehin nicht gern; ich beobachte lieber alles, und das stets und ständig. Aber es ist dringend nötig, dass die Menschen uns endlich verstehen. Deshalb stimmte ich dem Buch zu. Die einzige Bedingung war: Mein Herrchen musste mir hoch und heilig versprechen, dass er alles, was meine Freunde und ich ihm erzählten, so gut wie möglich in Eure Sprache übersetzen würde. Damit jeder Mensch uns Hunde verstehen kann. Ehrlich gesagt, eine, meiner Meinung nach, der größten Herausforderungen der Menschheit.

3

Am Anfang war der Wolf – Die Ahnen

Wir Caniden haben Euch Menschen vor etwa 50.000 Jahren getroffen; nicht Ihr uns. – Wieso? Nun, ganz einfach: Wir waren vor Euch Menschen auf diesem Planeten! Das werde ich Euch jetzt beweisen.

Die ersten Hominiden, die menschenähnlichen Tiere, stammten aus Hadar, einer Region des heutigen Äthiopiens in Ostafrika. Ein archäologischer Fund in dieser Region bewies das im Jahr 1974.

Weil die Archäologen während ihrer Ausgrabungsarbeiten den Beatles-Song „Lucy in the sky with diamonds“ hörten, wurde die gefundene, etwa 115 Zentimeter große und etwa 25 Kilogramm schwere junge, weibliche Hominide auf den Namen „Lucy“ getauft.

Vor etwa 4 Millionen Jahren begannen die Hominiden der Art „Australopithecus afarensis“ von den Bäumen zu steigen, lebten und jagten auf der Erde. Eigentlich wollten diese Hominiden ihren Lebensraum nicht wechseln, aber sie wurden dazu gezwungen: Während des Perms vor ungefähr 300 Millionen Jahren existierte ein Superkontinent Namens Pangaea. Auf diesem waren alle Landmassen der Erde zusammengefasst und von einem einzigen Meer umgeben, Panthalassa genannt.

Etwa vor 250 Millionen Jahren in der Trias zerfiel Pangaea in zwei Teile: Laurasia im Norden und Gondwana, der die südliche Hemisphäre der Erde dominierte. Ein Teil des Gondwana-Großkontinentes zog während des Juras, der Kreide und des Holozäns nach Norden. Diese Landmasse heißt heute Indien.

Als Gondwana zerriss, entstanden außerdem Afrika, Südamerika, Australien, Neuseeland und die Antarktis. Den weitesten Weg legte aber Indien zurück. Nach Millionen Jahren Reise kollidierte es schließlich mit einem Teil des ursprünglichen Laurasias, das heute Eurasien heißt. Ein Crash, der über 40 Millionen Jahre bis heute andauert. Durch die Verbindung mit Asien entstand eine rund 3.000 Kilometer lange Gebirgskette, der Himalaya. Als sich die bis zu 8.000 Meter hohen Berge aufschoben, wirkten ungeheure Naturkräfte. Der geologische Umbruch führte zu andauernden, extremen klimatischen Veränderungen auf unserem Planeten. Die Wälder in Ostafrika schwanden nach und nach, eine baumarme Savanne bildete sich.

Affen und Menschen haben gemeinsame Ahnen, die sich bereits vor etwa 5 Millionen Jahren genetisch auseinander entwickelten. Lucy zählte zu den ersten Formen der Menschenähnlichen. Vor etwa 4 Millionen Jahren begannen die Urmenschen aufrecht zu laufen, auf zwei Beinen. Von Lucy, dem „Australopithecus afarensis“, bis zu dem vor 50.000 Jahren entstandenen heutigen Menschen „Homo sapiens sapiens“ habt Ihr Hominiden Euch immens weiterentwickelt.

Okay, ganz gut; meinen Respekt dafür!

Die Vorahnen von uns Hunden allerdings kann man sogar auf 120 Millionen Jahre zurückverfolgen. Sie waren Fleischfresser, die auf dem nordamerikanischen Kontinent lebten. Meine hündischen Vorfahren spezialisierten sich auf das Jagen von Huftieren. Vor etwa 55 Millionen Jahren entwickelten sich die ersten Säugetiere mit Ansätzen von Fangzähnen. Diese Fleischfresser waren die gemeinsamen Ahnen der heutigen Fleischfresser, so der Wölfe, Katzen, Hyänen und Bären. Der direkte Vorfahre der Wölfe heißt „Cynodictis“ und entwickelte sich vor etwa 40 Millionen Jahren. Er hatte bereits die gleiche Anzahl an Zähnen wie unsere heutigen Wölfe, war aber insgesamt kleiner und hatte einen flexibleren Körperbau. Von Cynodictis über „Cynodesmus“ und „Tomarctus“ entwickelte sich der heutige Wolf: „Canis lupus“, der vor etwa 2 Millionen Jahren seine heutige Form und Größe erreichte. Auch während der Eiszeit lebte ein enger Verwandter des heutigen Wolfes, der Direwolf (Canis dirus). Er war sehr viel größer als der Lupus und starb gegen Ende der Eiszeit aus.

Der Wolf Canis lupus jedoch entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten Raubtiere der Erde. Er konnte sich, ähnlich wie die Menschen, den unterschiedlichsten Umgebungen und Lebensbedingungen anpassen. Vergesst nicht – Anpassungsfähigkeit ist die Garantie zum Überleben!

Also haben die Menschen erst vor 5 Millionen Jahren begonnen, sich von den Affen zu unterscheiden. Der Cynodictis aber ist 40 Millionen Jahre alt! Den heutigen Wolf gibt es bereits seit 2 Millionen Jahren; der Mensch, die einzige überlebende Art der Gattung Homo, ist dagegen in Afrika seit rund 300.000 Jahren fossil belegt und entwickelte sich dort. Seht also bitte ein: Die Welt war längst schon unsere, als Ihr Zweibeiner zu uns gekommen seid! Unser direkter Stammvater ist der Wolf. Es ist schwierig, die Grenze zwischen Wolf und Hund zu ziehen: Die Unterschiede liegen in den für Hunde typischen kleineren Zähnen und in unserem geringeren Hirngewicht, natürlich stets relativ zu unserer Größe gesehen. Im Mesolithikum waren wir Hunde im Zuge der Wanderungen der Menschen bereits weltweit verbreitet. Über die während der Eiszeit frostfeste und damit passierbare Behringstraße kamen wir nach Amerika. Bis zum Auftauchen von Mohrmäusen waren wir dort die einzigen Haustiere und Kulturfolger.

Die Wölfe erspürten als erste Tierart, dass die Spezies Mensch diesen Planeten beherrschen würde. Denn der Mensch konnte als einziger Erdbewohner die Naturräume nicht nur erleben, sondern sie gestalten und zu seinem Nutzen formen: Allein der Mensch war befähigt, zu abstrahieren. Er konnte nicht nur Feuer machen, sondern sogar aus Rohmaterial Werkzeuge für die Jagd und den Alltag erstellen. Er konnte Wasserstraßen erschließen oder an geeigneten Orten Nutzpflanzen kultivieren. Der Mensch nutzte die Natur für sich. Er bebaute, pflegte, verehrte – was die Übersetzung des lateinischen Wortstamms „Kultur“ ist.

Die Wölfe sahen bei alledem als erste ihre Vorteile. Der römische Kaiser Julius Caesar schrieb Jahrzehnte vor Christi Geburt: „Wenn der Feind zu stark ist, muss er dein Freund werden.“ Diesem Motto folgten die Wölfe bereits vor 50.000 Jahren. Zwei Aspekte waren dabei besonders wichtig: Der Umstand, dass Mensch wie Wolf in einer hierarchischen Gesellschaft lebten und voneinander profitieren konnten. Und dass wir Caniden uns dem Rhythmus der menschlichen Evolution am besten anzupassen verstanden.

Gut so – sonst würde es heute mich, Dik, und Eure Hunde nicht geben. Was wäre Euch entgangen!