Lassiter 2209 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2209 E-Book

Jack Slade

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Gewissenlose Geldgier gibt es nicht nur unter Satteltramps und Revolverschwingern, auch so mancher nach außen hin ehrbarer Bürger scheut sich nicht, über Leichen zu gehen. Ein Bandit der höheren Gesellschaft lässt sich aber nicht so leicht zur Strecke bringen, das muss Lassiter feststellen, als er es mit einem Rinderbaron zu tun bekommt.

Nur indem er sich unter die harten Kerle mischt, die für den Viehzüchter die Drecksarbeit erledigen, kann der Mann der Brigade Sieben seinen Machenschaften auf die Schliche kommen. Es ist ein Höllenjob, auf den er sich da einlässt und bei dem ihm nur die Tochter eines Gewährsmannes zur Seite steht - die mit vollem Körpereinsatz beweist, dass man auch mit den Waffen einer Frau dem Bösen Paroli bieten kann ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2014

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Lassiter und der Rinderbaron

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-0497-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Lassiter und der Rinderbaron

»O Lassiter!« Jenny Pride räkelte sich wohlig im Heu. »Was hast du bloß mit mir gemacht?«

Obwohl der große Mann, mit dem sie einige der schönsten Stunden ihres Lebens verbracht hatte, bereits gegangen war, glaubte sie immer noch die Berührungen seiner zarten Hände zu spüren. Natürlich waren es nur die weichen Halme, die über ihren nackten Körper strichen, trotzdem hätte sie ihre Gefühle für ihn am liebsten laut in die Welt hinaus gerufen.

Schon Sekunden später war sie froh, sich zurückgehalten zu haben. Denn unter dem Heuboden, auf dem sie lag, erklangen plötzlich zwei dunkle Stimmen, deren Klang etwas zutiefst Bedrohliches innewohnte …

Zunächst war es kaum mehr als ein verschwörerisches Tuscheln, das Jenny zusammenzucken ließ, doch je näher die Männer kamen, die sich da unterhielten, desto mehr Satzfetzen waren zu verstehen. Die Namen, die in diesem Gespräch fielen, erweckten umgehend ihr Interesse. Und was Jenny zu hören bekam, als sie gezielt zu lauschen begann, jagte ihr gleich darauf kalte Schauer über den Rücken.

»Wenn ich es dir doch sage, Hanson!«, knurrte die unangenehmere Stimme von beiden ungehalten. »Seit sich dieser Kerl in unserem County aufhält, bekommt er Telegramme aus Washington.«

»Vielleicht von einem Komplizen?«, vermutete der Angesprochene ins Blaue hinein. »Dieser Lassiter soll so einiges auf dem Kerbholz haben – so einer plant seine Dinger sicher auch in der Hauptstadt.«

»Ein Viehdieb und Postkutschenräuber, der verschlüsselte Telegramme erhält?« Die Stimme des ersten Sprechers schwoll unangenehm laut an. »So schlau waren noch nicht einmal Frank und Jesse James, du Riesenross! Nein, der einzige Mann, der ab und zu ebenfalls solche Telegramme erhält, ist US-Marshal Pride, und das gibt mir ernstlich zu denken. Ich habe schon mehrfach herauszufinden versucht, mit wem Pride da in Kontakt steht, doch es ist mir nie gelungen. Und das, obwohl ich über gute Verbindungen in den Senat verfüge.«

Der Rinderbaron!, durchfuhr es Jenny heiß, denn niemand sonst konnte so viel über Lassiter und ihren Vater Dan Pride wissen.

Als Tochter des örtlichen Gewährsmannes der Brigade Sieben war sie sich über die Bedeutung der Telegramme im Klaren, die zwischen der Geheimabteilung des Kriegsministeriums und dem flächendeckenden Netz aus Vertrauensleuten und berittenen Agenten ausgetauscht wurden. Da ihr Vater gerade in einer US-Angelegenheit im Norden Arizonas operierte, hatte sie es übernommen, Lassiter vor Ort in die Gegebenheiten seines neuen Auftrags einzuweisen. Ihr Vater war leider schon einige Male daran gescheitert, den üblen Machenschaften des allmächtig erscheinenden Inhabers der Hartsville Beef Company auf die Spur zu kommen, und wenn sie ihren Ohren trauen durfte, wusste sie nun auch, warum.

Kenneth Bowman, den alle nur den Rinderbaron nannten, verfügte offensichtlich noch über weitaus mehr Informanten, als selbst ihr Vater ahnte. Jenny wurde beinahe schlecht bei dem Gedanken, dass dieser widerlicher Kerl, der jedem Rock im County nachstellte, bereits ahnte, dass es eine Verbindung zwischen Lassiter und dem US-Marshal Dan Pride geben mochte. Und noch viel übler stieg es in ihr auf, wenn sie hörte, wie Hanson, der immerhin das Gesetz in Hartsville repräsentierte, vor dem mächtigen Viehzüchter dienerte.

»Was befehlen Sie, Sir?«, wollte der Sheriff von dem Rinderbaron wissen. »Sollen wir Lassiter von dem Vorstoß über den Rio Grande ausschließen?«

Jenny nutzte die kurze Gesprächspause, die der Frage folgte, um lautlos durchs Heu zu gleiten. Ihr Vater hatte ihr von klein auf alle Tricks und Kniffe des Anschleichens beigebracht, trotzdem war es ein Wagnis, als sie sich bis zum Rand des Heubodens vorarbeitete und in die Tiefe spähte. Wie erwartet, entdeckte sie dort – zwischen leeren Pferdeboxen und einem abgestellten Einspänner – Sheriff Hanson und den Rinderbaron, die sich in die vermeintliche Abgeschiedenheit der alten Stallung zum Beratschlagen zurückgezogen hatten.

»Lass den Kerl ruhig mitreiten«, ordnete Bowman nach einiger Überlegung an. »Wenn die Bande erst mal auf dem Weg ist, gibt es nichts, was er tun kann, um sie aufzuhalten. Und schafft er es bis Olsons Farm, haben wir vielleicht sogar die Möglichkeit, ihn dort auszuhorchen. Bryan Andersons alte Flamme arbeitet dort … wie heißt sie noch gleich?«

»Linda Mitchell«, half der Sheriff aus.

»Genau, das Weib meine ich.« Der Rinderbaron lachte glucksend auf. »Schick einen Mann deines Vertrauens zur Farm, der Linda ausrichtet, dass sie um sich Lassiter kümmern soll, wenn die Zeit gekommen ist. Auf diese Weise kann er uns vielleicht sogar dienlich sein, obwohl er uns eigentlich schaden soll.«

»Vielleicht ist er aber auch ein echter Outlaw, mit dessen Gewieftheit sich mancher Dollar verdienen lässt«, gab Hanson zu bedenken.

»Das soll mir natürlich auch recht sein.«

***

Jennys Herz hämmerte wie wild in ihrer üppigen Brust, während sie darauf wartete, dass die Männer, die sie belauscht hatte, wieder aus der Scheune verschwanden. Sie wusste, dass sich Lassiter zur Stunde mit einer Gruppe von Viehdieben traf, die dem Rinderbaron lange das Leben schwergemacht hatten. Da das Gesetz ihrer nie habhaft werden konnte, hatte sie Bowman einfach in seinen Sold gestellt, um so seine gewaltigen Herden vor Diebstahl zu schützen. Gleichzeitig stand ihm damit eine zu allem bereite Truppe zu Diensten, die Angst und Schrecken im ganzen County verbreiten konnte.

Womit er diese Revolverschwinger beschäftigen wollte, war allgemein unklar, doch alleine der Gedanken, dass gefürchtete Gestalten wie Alan Collins oder Max Stransky gemeinsam zuschlagen könnten, hatte ihren Vater dazu bewogen, die Brigade Sieben einzuschalten.

Mit seiner Vergangenheit als verwegener Streiter wider die Wells Fargo war es Lassiter nicht schwergefallen, in diese Kreise aufgenommen zu werden, doch nun, da in dem Verdacht stand, für das Gesetz zu arbeiten, mochte sein Geheimauftrag gefährlich für ihn werden. Jenny wollte deshalb alles daran setzen, das Leben des Mannes, der ihr Herz – und noch weitaus mehr – im Sturm erobert hatte, zu retten.

Hastig raffte sie ihre Sachen an sich und zog sich notdürftig an. Zum Glück war sie wie ein Mann mit Hemd und Denim-Hose bekleidet und nicht mit Mieder und Unterröcken. Das sparte ordentlich Zeit.

Den Revolvergurt, den sie von ihrem Vater zum achtzehnten Geburtstag bekommen hatte, schnallte sie ebenfalls um, bevor sie über eine klapprige Leiter in die Tiefe stieg. Von Sheriff Hanson oder dem Rinderbaron war nirgendwo etwas zu sehen, als sie durch die staubigen Straßen von Hartsville eilte. Ihr Ziel war eine Stallung am Rande der Stadt, die ihr Lassiter als Treffpunkt mit der von Bowman rekrutierten Bande genannt hatte.

Schon von weitem entdeckte sie, dass die Männer kurz vor dem Aufbruch standen. Nur Lassiter, den sie mit ihrem Schäferstündchen aufgehalten hatte, saß noch nicht auf seinem Pferd. Mit nacktem Oberkörper stand er nahe der Koppel, die Haare noch nass von dem Wassertrog, in dem er sich den gemeinsamen Schweiß abgewaschen hatte. Er wollte gerade seinen Rotfuchs satteln, um sich dem Rest der Posse anzuschließen.

Ihn jetzt noch abzufangen, ohne dass es die anderen bemerkten, war unmöglich. Aber was, wenn einer der Kerle in ihr die Tochter des US-Marshals erkannte? Würde sie damit Lassiters Leben nicht mehr gefährden, als zu schützen? Fieberhaft suchte sie nach einer Lösung, während ihr die Zeit davon lief. Sollte sie sich vielleicht ein Halstuch vor das Gesicht binden, damit sie niemand erkannte? Aber damit würde sie doch erst recht alle Blicke auf sich ziehen.

Gleich darauf kam ihr der zündende Gedanke, wie sie jeden Kerl von ihrem Gesicht ablenken konnte. Wie verwegen diese Idee auch sein mochte, Jenny setzte sie umgehend in die Tat um. Bevor noch jemand ihre Anwesenheit bemerkte, riss sie sich das nachlässig zugeknöpfte Hemd vom Leib und warf es zu Boden. Ihr langes rotes Haar wehte im Wind, während sie sich mit federnden Schritten der Pferdekoppel näherte.

Den ersten Männern der Posse, die sie entdeckten, klappte bei ihrem Anblick glatt die Kinnlade herunter. Sekunden später wurden Pfiffe und anzügliche Rufe laut. Zufrieden registrierte Jenny, dass alle Blicke nur ihren wippenden Brüsten galten.

Lassiter, der ihr den Rücken zukehrte, blieb verwundert stehen, als das Gegröle der anderen Sattelfalken aufklang.

»Du Lump!«, rief Jenny laut. »Was fällt dir ein, still und heimlich zu verschwinden, ohne mir einen Abschiedskuss zu geben?«

Er fuhr herum. Seine Augen weiteten sich. »Bist du völlig verrückt geworden?«, fragte er verdattert.

»Komm her zu mir«, forderte Jenny, »dann zeig ich es dir.«

Unter dem Gejohle der anderen trat Lassiter auf sie zu, ohne den Sattel abzulegen. Sie schlang den freien Arm um seinen Nacken und drängte sich dicht an ihn. »Achtung, Gefahr!«, keuchte sie dabei, bevor sie atemlos fortfuhr: »Alle Telegraphenämter des Countys stehen im Sold des Rinderbarons. Er weiß, dass du codierte Nachrichten aus Washington erhältst. Und er will dich von einer Linda Mitchell aushorchen lassen. Außerdem gibt es da noch einen Bryan Anderson – und ich treffe dich auf Olsons Farm …«

Mehr konnte sie ihm nicht mitteilen, denn es kamen bereits die ersten Reiter angetrabt, um Lassiter grölend ihre Hilfe anzubieten. Rasch gab ihm Jenny noch einen Kuss, dann wandte sie sich auch schon ab und eilte davon, ehe Collins, Stransky oder einer der anderen ihr Gesicht betrachten konnten.

Lassiter entließ sie mit einem kräftigen Klaps auf den Po, bevor er die anrückende Meute davon abhielt, ihr nachzusetzen. Natürlich hielten die übrigen Sattelfalken sie für eine der läufigen Katzen, die sich schnell einmal über den Leisten spannen ließen, doch das war Jenny egal. Sie hatte Lassiter warnen können, das alleine zählte.

Von nun an blieb ihr nur noch zu hoffen, dass er von seiner Reise über den Rio Grande zurückkehren würde …

***

Die funkelnden Sterne am Himmelszelt ließen die Ausläufer der Sierra Madre wie Silberkuppen glänzen. Trotz der späten Stunde war es in dem Talkessel angenehm warm, denn die umliegenden Felsen gaben nun die Hitze ab, die sich dort tagsüber in der sengenden Sonne gespeichert hatte. Mensch und Tier genossen die milden Temperaturen zu einem entspannenden Schlaf unter freiem Himmel. Die Grillen gaben ihr übliches Nachtkonzert – bis sie ihr Zirpen plötzlich einstellten. Auf einmal wurde es unheimlich ruhig. Zu ruhig! Das erkannte auch der Mexikaner, der die Rinderherde bewachte. Vorsichtig tastete er nach dem Abzug seines alten Karabiners, um der unsichtbaren Gefahr zu begegnen, die sich ihm auf leisen Sohlen näherte.

Lassiter drückte seinen Oberkörper flach auf den Boden, als sich der Desperado langsam im Kreis drehte, um die Umgebung genau in Augenschein zu nehmen. Einen Moment lang glaubte der große Mann schon den bohrenden Blick des Wächters auf seinem schweißnassen Gesicht zu spüren, doch das fahle Mondlicht wurde gerade von einer Wolke verdeckt. So übersah der Mexikaner die beiden Gestalten, die nur wenige Yards von ihm entfernt mit der Finsternis verschmolzen.

Während der Desperado sich wieder abwandte, packte Lassiter den Griff seines Remington fester. Er spannte jeden Muskel seines Körpers an, um im richtigen Moment wie eine Sprungfeder in die Höhe zu schnellen und den Gegner blitzschnell niederzuschlagen. Die Sekunden tropften zäh dahin, während er dem Zeitpunkt entgegenfieberte, an dem der Mexikaner ihm wieder den Rücken zudrehte.

Lassiter wollte gerade aufspringen, als neben ihm plötzlich ein silberner Lichtreflex durch die Luft sirrte und sich tief in den Poncho des Wächters bohrte.

Stöhnend sackte der Getroffene zusammen und prallte mit dem Gesicht voran zu Boden, ohne einen Warnschuss abgeben zu können. Auf den ersten Blick wirkte es, als hätte sich der Mann schlafen gelegt, doch der zitternde Messergriff in seinem Rücken bewies, das er aus seiner letzten Siesta nie wieder erwachen würde.

Fassungslos starrte Lassiter auf den Toten, der wenige Yards vor ihm im verdorrten Gras lag.

»Das war vollkommen unnötig!« knurrte er seinen Nebenmann an. »Wir hätten den Kerl nicht töten müssen.«

Neben ihm im kauerte Alan Collins, der den tödlichen Stahl geschleudert hatte. Der Mörder verzog seine Lippen zu einem breiten Grinsen, als hielte er die Bemerkung für einen guten Witz. Die Zähne des schwarzhaarigen Iren glänzten einen Moment wie kleine bleiche Totenköpfe im Mondlicht. Dann wandte er sich wortlos ab und robbte bäuchlings auf die Rinderherde zu, die durch eine primitive Barriere aus Seilen und Buschwerk eingezäunt war.

Alan zog sein Messer aus dem Rücken des Banditen und begann damit, die Seile zu zerschneiden, hinter denen die Longhorns, die das in ihrer Nähe vergossene Blut rochen, langsam unruhig wurden.

Lassiter sah dem Sattelgefährten wütend nach, bevor er resigniert seufzte. Es hatte keinen Zweck, sich über den sinnlosen Mord aufzuregen. Schließlich hatte Lassiter gewusst, was ihn erwartete, als er sich im Auftrag der Brigade Sieben dieser Bande südlich des Rio Grande angeschlossen hatte. Das diente ihm als Tarnung – und ehrlich gesagt war es auch nicht der erste Viehdiebstahl, den er beging. In seinem früheren Leben, als er noch gegen Wells Fargo gekämpft hatte, war er des Öfteren auf die andere Seite des Gesetzes geraten. Trotzdem hatte er stets unnötige Gewalt vermieden. Doch die Kerle, mit denen er diesmal ritt, waren ein anderes Kaliber.

Wegen des eigentlichen Raubzuges spürte Lassiter keine großen Skrupel. Die Rinder, die sie hier wegtrieben, hatten die mexikanischen Banditen zuvor selbst in Arizona zusammengestohlen. Und dabei waren die Desperados sicherlich nicht weniger zimperlich vorgegangen als Alan Collins oder einer der anderen Halunken, die hier im Auftrag der Hartsville Beef Company eine Rückholaktion starteten.

Dunkler Groll stieg in Lassiter auf, als er an den Rinderbaron dachte, der offensichtlich über beste Kontakte zur hiesigen Justiz und den Telegraphenstationen in seinem County verfügte. Dass er keinen Kontakt zur Brigade Sieben aufnehmen konnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass Kenneth Bowman davon Wind bekam, erschwerte seinen ohnehin nicht gerade leichten Auftrag noch zusätzlich.

Energisch schüttelte Lassiter den Kopf, um die Gedanken an die Vergangenheit zu vertreiben. Er musste sich jetzt voll und ganz auf die Gegenwart konzentrieren. Hastig griff er nach einer Winchester, die neben ihm im Gras lag. Dann folgte er Collins, der bereits eine große Lücke in dem primitiven Gatter geschaffen hatte.

Lassiter half dem Iren, die Öffnung vorsichtig auf breiter Front zu vergrößern, damit sie das Vieh leichter heraustreiben konnten. Die Longhorns in ihrer Nähe hatten sich inzwischen wieder beruhigt und beäugten still die nächtlichen Aktivitäten. Den Rindern war es von alters her gleich, wer sie durch die Prärie zur Schlachtbank trieb, deshalb ließen sie sich auch jetzt nicht aus der Ruhe bringen.

Lassiter und Alan hatten gerade ihre Arbeit beendet, als ein lauter Knall die nächtliche Stille zerriss. Gleich darauf war eine schrille Stimme zu hören, die aufgeregt auf Spanisch herumbrüllte, bevor sie von weiteren Schüssen zum Schweigen gebracht wurde.

»Sullivan, dieser Idiot!«, fluchte Collins wütend, als er in die Richtung blickte, aus der das Feuer des Spencer Repetierers erklungen war. »Jetzt haben wir die ganze Meute am Hals!«

Lassiter sparte sich eine Antwort, sondern rannte mit seiner Winchester auf die windschiefe Blockhütte zu, in der die wachfreien Mexikaner schliefen. Er hatte sich gerade hinter einem bewachsenen Erdhügel in Deckung geworfen, als schon die ersten Desperados aus der Tür stürmten und wild um sich schossen. Die meisten der Strauchdiebe besaßen keine Unterwäsche, deshalb schliefen sie in ihrer Kleidung. Einige trugen sogar noch den Poncho und ihre gekreuzte Patronengurte über Brust und Rücken, weil sie im Weinrausch mit den Stiefeln auf dem Bett eingeschlafen waren.

Lassiters Stellung lag fast zweihundert Yards von der Hütte entfernt, trotzdem konnte er seine Gegner in der Dunkelheit nicht verfehlen. Er zielte einfach auf die verlöschenden Mündungsblitze der blindwütig um sich ballernden Banditen. Die Schreie zeigten ihm, dass seine ersten Schüsse genau im Ziel lagen.

Da eröffnete Collins, der sich nicht weit von Lassiter entfernt in Schussposition gebracht hatte, das Feuer. Das heiße Blei seiner Sharps trieb weitere Mexikaner zurück.

Lassiter und Alan deckten den Eingang mit einem wahren Kugelhagel ein, sodass die Banditen nicht mehr ins Freie gelangen konnten.

Währenddessen begannen ihre Sattelgefährten damit, die Rinderherde aus der Umzäunung zu treiben. Die Amerikaner feuerten mit ihren Waffen in die Luft, um die Tiere aus ihrer Lethargie zu reißen. Dabei machten sie einen Krach, als handelte es sich bei ihnen um ein ganzes Kavallerieregiment.

Schnell gerieten die Longhorns in Aufruhr und drängten durch die Lücke der Umzäunung, die Alan und Lassiter geschaffen hatten. Muhend preschten die Tiere ins Freie, wo sie von einigen Reitern empfangen wurden, die sie durch weitere Schüsse nach Norden in Richtung Rio Grande trieben. Jeder der Männer hatte schon einmal als Cowboy gearbeitet und mehrere Trecks zu den großen Verladestationen der Eisenbahn durchgeführt, von wo aus die Tiere zu den Schlachthöfen in San Francisco transportiert wurden. So war es für die Viehdiebe kein Problem, die ausbrechende Herde in den Griff zu bekommen.

Während sie die Rinder fortschafften, hielten Lassiter und Alan die Mexikaner weiter in Schach. Nach einer kurzen Feuerpause, die der Ire und der Mann von der Brigade Sieben zum Verschnaufen nutzten, schlugen plötzlich die Fensterläden der Hütte auf. Sofort eröffneten sie wieder das Feuer, doch die Verteidiger gingen nun gezielter vor und setzten sich aus der Deckung heraus zur Wehr. Dabei schossen sie sich schnell auf die Mündungsfeuer der Gewehre ein.