Lassiter 2382 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2382 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Darryl Brave rannte. Auf bloßen Füßen, ohne sich umzusehen. Ignorierte die Schmerzen, die seine malträtierten Sohlen an das Hirn sandten. Die Augen starr auf die Hügelkuppe vor sich gerichtet. Darauf die verlassene Postkutschenstation, in der sein Pferd stand. Dreihundert Yards. Keuchend sprintete er über die Wiese und klammerte sich verzweifelt an eine leere Hoffnung. Doch als er den Hügel schon fast erreicht hatte, hörte er hinter sich die Hufgeräusche, wurde langsamer und hob die Arme, um schließlich stehenzubleiben. "Du hast gesagt, du gibst mir eine Chance!", stieß er schwer atmend hervor, ohne sich umzudrehen.
Brave hörte ein metallisches Geräusch - das Einrasten eines Repetierhebels. Dann eine Stimme, so kalt und unheilvoll wie der Mond im Januar. "Das war gelogen."

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EPUB

Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Jagd auf eine Namenlose

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Timo Wuerz

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5961-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Jagd auf eine Namenlose

Darryl Brave rannte. Auf bloßen Füßen, ohne sich umzusehen. Ignorierte die Schmerzen, die seine malträtierten Sohlen an das Hirn sandten. Die Augen starr auf die Hügelkuppe vor sich gerichtet. Darauf die verlassene Postkutschenstation, in der sein Pferd stand. Dreihundert Yards. Keuchend sprintete er über die Wiese und klammerte sich verzweifelt an eine leere Hoffnung. Doch als er den Hügel schon fast erreicht hatte, hörte er hinter sich die Hufgeräusche, wurde langsamer und hob die Arme, um schließlich stehenzubleiben. »Du hast gesagt, du gibst mir eine Chance!«, stieß er schwer atmend hervor, ohne sich umzudrehen.

Brave hörte ein metallisches Geräusch – das Einrasten eines Repetierhebels. Dann eine Stimme, so kalt und unheilvoll wie der Mond im Januar. »Das war gelogen.«

Lassiter nahm den Stetson vom Kopf und fuhr sich mit dem Hemdsärmel über die schweißbedeckte Stirn. Er hockte auf einem schmalen Stuhl im Schatten eines Vordachs, doch die Mittagshitze war auch unter den schützenden Holzbrettern mörderisch. Als er sich dem Sternträger zuwandte, der neben ihm in einem Lehnstuhl saß, trug sein Gesicht die Frage bereits in sich: »Warum also bin ich hier, Dom?«

Der Marshal bewegte leicht den Kopf, während der offene Wagen des Undertakers vor ihnen das Sheriff’s Office passierte.

Der Deckel über dem billigen Kiefernsarg auf der Pritsche war bereits zugenagelt worden, doch sie wussten beide, wer darin lag.

»Libby August«, knurrte Lassiter. »Gott wird diesen Hurensohn nicht seligsprechen, aber halb Kentucky atmet dafür heute auf, nehme ich an.«

»Amen.«

Marshal Dominic Payne hob den Kaffeebecher, als würde er einen Toast ausbringen, bevor er daraus trank. Auf den Sidewalks standen Dutzende von Männern und Frauen und blickten dem Fuhrwerk nach, als würde dort der Teufel selbst aus der Stadt gefahren werden. Ihre Gesichter spiegelten Geschichten wider, die Payne gerne vergessen wollte, weil sie ebenso sein Versagen beinhalteten wie das rätselhafte Ende des Terrors, für das er keine Erklärung hatte.

Während sie der Kutsche nachsahen, die einen Mann auf den Boothill brachte, der monatelang der Alptraum einer ganzen Region gewesen war, versuchte Payne, seine Gedanken zu sammeln.

Denn so sehr er Gott dafür dankte, Libby August zu sich geholt zu haben – obwohl er dessen schwarze Seele eher ein paar Etagen tiefer vermutete – so genau wusste er auch, dass er selbst nichts dazu beigetragen hatte.

Man hatte ihm das verkommene Subjekt, verantwortlich für vierzehn Morde, darunter zwei Kinder, buchstäblich vor die Füße gelegt.

Wie Katzen es manchmal mit Ratten taten.

Lassiters forschender Blick war wie die Hitze eines Brennglases zu spüren; er drehte den Kopf und sah Lassiter aus verengten Augen an.

»Ich weiß, du möchtest Antworten.« Der Marshal zog ein kariertes Tuch aus der Hosentasche und trocknete damit den Schweiß in seinem Nacken.

»Im Moment fallen mir nicht einmal Fragen ein«, brummte Lassiter und hob die Augenbrauen. »Ihr habt euren Most Wanted Man, oder nicht? Und unten in Tennessee wurde endlich Freddy the Dingo erledigt, habe ich gehört. Scheint mir also eher so, als würden euch bald die Galgenvögel ausgehen, als dass ihr Hilfe benötigt.«

Payne erhob sich. »Lass uns ins Büro gehen.«

Nach kurzem Zögern kam Lassiter der Aufforderung nach. Er zog die Tür hinter sich zu, nahm vor dem Schreibtisch des Marshals Platz und schmunzelte, als Payne die Jalousien vor den Fenstern herunterzog.

»Machen wir es uns jetzt gemütlich?«, brummte er und setzte ein spöttisches Lächeln auf.

Payne antwortete nicht, schloss stattdessen die Tür zum Zellengang und fuhr sich nervös durch das lockige, kupferrote Haar, bevor er hinter seinem Schreibtisch Platz nahm und Lassiter offen ins Gesicht sah. Die Miene des Marshals ließ Lassiters Lächeln verblassen.

Offenbar war ihm etwas entgangen.

»Also gut. Was ist los, Dom?«, sagte er und hob dabei auffordernd die Hände.

Die scharf gezeichneten Augenbrauen des Marshals zogen sich über der Nasenwurzel zusammen. »Jemand da draußen bringt Leute um. Üble Galgenvögel. Steckbrieflich gesucht, also Verbrecher, die wir zur Strecke bringen sollten.«

Lassiter zuckte die Achseln. Er nahm einen Schluck aus seinem Kaffeebecher und verzog die Lippen, als er feststellte, dass der Inhalt kalt geworden war und bitter schmeckte. »Okay. Jemand nimmt euch also die Arbeit ab. Na und?«

Payne lehnte sich zurück und starrte Lassiter sorgenvoll an, bevor er die Hände unter dem Kinn faltete. »So einfach ist das nicht, Hombre. Du hast die Stirn von August nicht gesehen. Die Signatur.«

Lassiters Augen verengten sich interessiert. »Was meinst du damit?«

»Ein Brandzeichen!« Payne klopfte sich mit dem Knöchel seines Zeigefingers an die gefurchte Stirn. »Ein umgedrehtes Herz, dazu Zahlen links und rechts. Wie mit einem Eisen in die Haut gebrannt.«

Lassiter starrte ihn ungläubig an. »Über den Augen wie ein Kainsmal?« Er dachte einen Moment lang nach. »Also habt ihr es mit jemandem zu tun, der das Recht in die eigenen Hände nimmt. Ein paar Vigilanten vielleicht, mit einer Vorliebe für dramatische Effekte. Deshalb sollte ich herkommen? Weil du Libby August nicht selbst erledigt hast? Kratzt das etwa an deiner Ehre?«

Der Marshal lachte, ohne dabei amüsiert zu wirken. »Es geht nicht nur um August. Freddy the Dingo in Nashville, Norman Three-Eye Butcher in Preston … beide hatten dieselben Male auf der Stirn. Wer immer das auch getan hat, es waren bestimmt keine Farmer mit Wut im Bauch.«

Payne verdrehte die Augen und fuhr sich mit der Hand über die gefurchte Stirn. »Wer weiß, vielleicht hat ja Gott selbst einen Erzengel geschickt, um seine Schöpfung wieder in Ordnung zu bringen.«

Lassiter musterte sein Gegenüber eine Weile lang, bevor er das drückende Schweigen brach. »Jemand bringt hier einige der meistgesuchten Verbrecher um und legt sie euch vor die Tür«, fasste er zusammen. »Und ihr wisst nicht, um wen es sich dabei handelt. Auf diese Burschen waren nicht unerhebliche Kopfgelder ausgesetzt. Aber niemand ist gekommen, um das Geld zu kassieren?«

Payne rang mit den Händen, schüttelte den Kopf und starrte an die Decke des Büros. Eine volle Minute lang war nur das Summen der Fliegen zu hören.

Lassiter rieb sich über die Stirn. »Die Geschichte ist ja wirklich spannend, Dom. Brandzeichen im Gesicht, Leichen von Outlaws, die in dunkler Nacht vor Türen abgelegt werden. Würde sich gut für eine Dime Novel eignen. Aber allein deshalb wirst du bestimmt nicht meine Unterstützung angefordert haben, oder?« Er musterte den Marshal lange genug, bis der endlich ergeben die Hände hob.

»Natürlich nicht. Wenn es sich nur um Bastarde wie Libby August handeln würde, hätte ich dich nicht herbemüht.«

Payne beugte sich vor und sah Lassiter durchdringend an. Die Nervosität des Sternträgers war mit Händen zu greifen. »Es geht um den Gouverneur, Lassiter. Wir haben ihn unweit einer verlassenen Poststation gefunden. Und Darryl Brave trug genau so ein verfluchtes Brandzeichen auf der Stirn wie August und die anderen.«

»Der Gouverneur von Kentucky?« Lassiter runzelte konsterniert die Stirn. »Ich habe in der Zeitung gelesen, dass er durch eine Schussverletzung starb. Aber dort stand, es habe sich um einen Jagdunfall gehandelt.«

Payne setzte ein säuerliches Grinsen auf. »Das ist die offizielle Version. Nicht auszudenken, was die Journaille daraus machen würde, wenn sie von dem Zeichen auf Braves Stirn erfährt und eine Verbindung zwischen ihm und diesen üblen Mordgesellen herstellt. Die Geschichte treibt schließlich seit Wochen ihre Blüten von Kentucky bis runter nach Tennessee.«

»Wo ist da der Zusammenhang? Was hat Gouverneur Brave mit drei steckbrieflich gesuchten Outlaws zu schaffen?«

Payne zuckte die Achseln. »Genau darum geht es. Ich hoffe, du findest heraus, was diese Männer verbindet. Und so lange bete ich dafür, dass Braves wahre Todesumstände nicht öffentlich werden.«

»Gibt es irgendeinen Hinweis auf den Killer?«

Der Marshal wog den Kopf hin und her. »Eine Kleinigkeit, die aber von Bedeutung sein könnte, sobald du dich auf die Suche machst. Curt Miller war schnell genug an der Tür, als sie Freddy the Dingos Leiche bei ihm abgeliefert hat, obwohl sie wie immer mitten in der Nacht kam. Deshalb konnte er sie noch davonreiten sehen.«

»Sie?« Lassiters Augen verengten sich.

Payne nickte. »Miller schwört Stein und Bein, dass es eine Frau war, auch wenn sie ein Tuch über dem Gesicht hatte und es stockdunkel war. Schlank, mittellanges Haar, ritt einen Rappen und war selbst auch ganz in Schwarz gekleidet.«

»Viel ist das nicht«, brummte Lassiter.

»Sie war so schnell aus Millers Sicht verschwunden wie ein Geist«, bemerkte Payne achselzuckend. »Und sie scheint zu wissen, was sie tut. Obwohl ich selbst die Nachtwache im Office hielt, habe ich keinen Laut gehört, als sie Libby direkt vor meiner Bürotür abgelegt hat.«

»Eine Frau also. Noch etwas?«

»Nicht wirklich. Aber die Killerin muss eine verflucht gute Schützin sein; sie hat bis auf einmal nur einen Schuss gebraucht.«

»Wo hat das angefangen?«

»Mit Three-Eye Butcher drüben in Preston, nehme ich an … das war vor etwas über vier Monaten. Dann folgte Freddy the Dingo, vor sechs Wochen in Nashville. Anfang des Monats der Gouverneur und vorgestern August.«

Lassiter rieb sich nachdenklich über den Drei-Tage-Bart. »Scheint so, als wenn unsere Lady allmählich in Fahrt gerät«, brummte er.

Anthony Sands warf seiner Eroberung ein gewinnendes Lächeln zu und nahm den breitkrempigen Hut ab, um ihn mit einer lässigen Bewegung durch die Luft zu werfen. Zielsicher landete er am Haken des hölzernen Hutständers, und die Frau in Schwarz stieß ein leises Lachen aus.

»Wie wäre es mit einem Drink?«, fragte er und trat an das dunkel glänzende Sideboard, auf dem diverse Karaffen mit hochprozentigem Inhalt, eine Flasche Sodawasser und ein paar Gläser standen. Stirnrunzelnd bemerkte er, dass die Eiswürfel in dem Metallbehälter fast zur Gänze geschmolzen waren. Der Service hier war auch schon mal besser gewesen, und er beschloss, am nächsten Morgen deshalb gehörigen Ärger zu machen.

Sie nickte nur und sah sich in der Suite um.

»Du scheinst auf ziemlich großem Fuß zu leben, Anthony«, bemerkte sie, während er nach der Whiskeykaraffe griff und zwei Gläser einschenkte. Mit ihren behandschuhten Fingern strich sie über die Lederpolster des Sessels vor dem Kamin, und ihr Kleid raschelte leise, als sie an dem Möbelstück vorbeiglitt, sich etwas hinabbeugte und in die knisternden Flammen schaute. Das Feuer spiegelte sich in ihren dunklen Augen.

»Die Geschäfte laufen ganz gut«, erwiderte er, streifte sich den dunklen Gehrock ab und hängte ihn unter den Hut an den Ständer. »Allerdings bin ich gezwungen, ständig zu reisen. Daher lebe ich meist aus dem Koffer und in Hotels. Der Preis des Erfolges.«

Sands lockerte seine Krawatte, nahm die beiden Gläser und ging zu ihr. Er grinste schief, während er ihr den Drink entgegenhielt und dabei unverhohlen auf ihr ausladendes Dekolleté starrte. Sie nahm ihm das Glas ab, und sie stießen an. Er leerte den Whiskey auf einen Zug und sah ihr dabei tief in die Augen.

»Unten im Saloon warst du ganz schön schnell bei der Sache«, sagte er und fuhr sich dabei lüstern mit der Zungenspitze über die Lippen. »Ich weiß zwar, dass ich auf Frauen eine gewisse Wirkung habe, aber bisher hat mir noch keine unter dem Tisch in den Schritt gegriffen, bevor ich überhaupt ihren Namen kannte.«

Sie lächelte und stellte das Glas auf dem Tischchen neben dem Sessel ab, bevor sie ihm näher kam. »Das Leben ist kürzer, als man denkt, Tony«, flüsterte sie und legte ihm die Arme auf die Schultern. »Warum also Zeit verschwenden, wenn man weiß, was man will?«

Als ihre Körper sich berührten, konnte Sands seine Erregung nicht mehr verbergen. Während die Ausbuchtung in seinem Schritt über die Falten ihres Kleides strich, drehten sich seine Augen abwärts und starrten wie hypnotisiert auf ein Paar hellbrauner Brüste, die im Schein der Wandleuchter verheißungsvoll glänzten. Sie legte ihre Hand auf seinen Hintern und zog ihn näher an sich, was er mit einem überraschten Keuchen beantwortete.

»Grundgütiger, du scheinst es aber wirklich eilig zu haben«, stieß er hervor und lachte heiser. »Die Suite ist bis übermorgen bezahlt, Schätzchen. Wir haben alle Zeit der Welt. Also, wollen wir unser Zusammensein nicht in aller Ruhe genießen?«

Ihr Gesicht war nur eine Handbreit von seinem entfernt, und Sands wollte sie küssen, doch sie stieß ihn brüsk von sich, sodass er rücklings auf dem lederbezogenen Diwan landete. Dabei ließ er sein Glas fallen, das mit einem dumpfen Laut auf dem dicken Teppich landete.

»Hoppla!«, stieß er überrascht hervor und sah zu ihr auf. »Nur die Ruhe, Süße. Du magst es gern etwas heißblütiger? Soll mir recht sein.«

Sie streifte die nachtblaue Stola ab, die sie um die Schultern gelegt hatte. Dann knöpfte sie das tief ausgeschnittene schwarze Kleid auf, und Sands’ Augen weiteten sich. Sein Puls nahm Fahrt auf, und er öffnete den Kragen seines blütenweißen Hemds, der plötzlich eine Nummer zu eng geworden war. Gebannt sah er ihr dabei zu, wie sie sich in aufreizender Langsamkeit entkleidete.

Obwohl er schon so mancher Schönheit begegnet war – die Gegenwart dieser Frau schien die Temperatur im Raum schlagartig um mehrere Grade zu erhöhen. Ihr makelloser Körper hatte die Farbe von Milchkaffee, und einfach alles an ihr war perfekt – von den muskulösen Waden über die festen Brüste bis zum scharf geschnittenen, fast engelsgleichen Gesicht mit dem dunkelrot geschminkten Mund. Er leckte sich über die Lippen, die sich plötzlich trocken anfühlten.

Als sie kurz darauf nackt in all ihrer Pracht vor ihm stand, ging ihm ein lässiger Spruch durch den Kopf. Doch als er die Worte aussprechen wollte, brachte er stattdessen nur ein heiseres Krächzen hervor.

Die mächtige Ausbuchtung in seinem Schritt verriet wohl mehr als alle Worte und damit genug, denn sie lächelte wissend. Er schluckte und verschlang ihren nackten Körper mit aufgerissenen Augen, als sie vor den Diwan trat.

Ihr Lächeln wirkte seltsam entrückt, als sich ihre vollen Lippen öffneten. »Wenn du mich willst, tust du besser genau, was ich dir sage. Klar?«

Er nickte, unfähig zu einer Antwort, und grinste, als sie ihm seinen Seidenschal, der über der Lehne des Diwans gelegen hatte, über die Augen legte und hinter dem Kopf verknotete. »Jetzt keinen Laut und keine Bewegung mehr! Entspann dich, Anthony. Und genieß es, als wäre es das letzte Mal. Habe ich deine volle Aufmerksamkeit?«

»Okay …«

»Halt dein Maul, sonst ist es sofort vorbei! Einfach nur nicken, wenn du mich verstanden hast.«

Er tat wie befohlen, legte den Kopf zurück und schloss ergeben die Augen, als sie ihm seine Gabardine-Hose über die Knie zog und sich mit gespreizten Schenkeln auf ihn setzte. Wenig später spürte er, wie sie ihn in sich einführte und sich dann langsam, sehr langsam auf und ab bewegte. Er streckte die Hände aus und bekam ihre Brüste zu fassen, knetete und streichelte sie und stöhnte dabei wohlig auf.

Was auch immer die unbekannte Schönheit dazu gebracht hatte, ihn vernaschen zu wollen – er ließ es gern mit sich geschehen. Starke Frauen mit eigenem Willen hatten ihm schon immer gefallen. Vor allem, wenn deren Wünsche sich auf so wunderbare Weise mit seinen eigenen verbanden. Oft hatte er beim Sex bereits derartige Machtspielchen genossen; vielleicht, weil er jenseits des Bettes ein Mann war, der andere beherrschte.

Es war ein Kitzel der besonderen Art, sich im Liebesspiel einmal darauf einzulassen, die Rollen zu tauschen. Deshalb stieß er ein lustvolles Stöhnen aus, als sie ihm unvermittelt eine Ohrfeige versetzte.

»Ja, mein Schätzchen. Du darfst ruhig ein wenig streng zu mir sein«, brachte er mit heiserer Stimme hervor und bleckte dabei die makellosen Zähne, zitternd vor Erregung.

Sie bewegte sich schneller, ritt ihn nun auf eine fast schon grobe Weise, wie ein Cowboy einen wilden Hengst. Sands stöhnte und seufzte, merkte, wie die Leidenschaft in ihm hochkochte und überraschend schnell der Höhepunkt nahte.

Sein Herz begann zu rasen, und sein Hemd war schon fast durchtränkt vom Schweiß der Leidenschaft. Er zog die Schultern an und genoss es in vollen Zügen, sich der Unbekannten völlig ausgeliefert zu fühlen.

»Gefällt dir das?«, hörte er sie schwer atmend rufen. »Sag es!«

»Ja!«, sagte er unter geschlossenen Augen. »Ja, es gefällt mir. Aber bitte hör nicht auf!«

Die Ekstase schien seinen gesamten Körper zu erfüllen, und seine Haut fühlte sich an, als wäre sie unter Strom gesetzt worden. So gern hätte er sie jetzt gesehen, ihren nackten Körper über sich. Doch er wagte es nicht, die Augen zu öffnen und den Schal beiseite zu ziehen, weil er befürchtete, dass sie dann von ihm ablassen würde. Niemals zuvor war er derart erregt gewesen, und die Lust trug ihn nun in Höhen, die ihn an den Rand der Bewusstlosigkeit brachten. Er spürte, wie es ihm kam, gleich, so wunderbar intensiv …

»Was meinst du, Tony. Hat es den Mädchen damals auch gefallen? Die, die ihr vergewaltigt habt? Du und deine Freunde?«

Plötzlich hielt sie inne, zog ihm den Schal vom Gesicht, und Anthony Sands, nur einen Hauch entfernt von einem Orgasmus, den die Welt noch nicht erlebt hatte, riss seine Augen auf und blickte direkt in das schwarze Loch einer Revolvermündung.

»Wer … bist du?«, keuchte Sands und sah dabei schockiert in das Gesicht seiner Domina.

Er verließ die Welt, ohne eine Antwort zu erhalten.

Jennifer Ferguson hatte keine Eile.