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Bill Waters schwankte ein wenig, als er an die Bar des Maverick Saloons trat. "Whiskey!", lallte er. "Eine ganze Flasche, wenn ich bitten darf."
Die Männer am Tresen sahen ihn an. "Na, Billy, hast du den großen Reibach gemacht?", spöttelte George Hull, der Schmied.
Der Bartender erschien. Er drehte den Korken aus einer Flasche, goss ein Glas voll und schob es Waters hin. "Ich schreib's mit auf deine Rechnung", sagte er.
Waters zog seine Brieftasche aus der Jacke. "Nein, heute ist Zahltag", sagte er großspurig. "Ich mach mich ehrlich. Was bekommst du von mir, Jaffy?"
"Achtzehn Dollar", erwiderte der Salooner. Waters gab ihm zwanzig. "Rest ist Trinkgeld."
George Hull blickte auf Waters' rechte Hand. "Wieso zum Henker hast du Blut an den Griffeln?", fragte er dumpf.
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Mach dein Testament, Lassiter!
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-6438-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Mach dein Testament, Lassiter!
Bill Waters schwankte ein wenig, als er an die Bar des Maverick Saloons trat. »Whiskey«, lallte er. »Eine ganze Flasche, wenn ich bitten darf.«
Die Männer am Tresen sahen ihn an. »Na, Billy, hast du den großen Reibach gemacht?«, spöttelte George Hull, der Schmied.
Der Bartender erschien. Er drehte den Korken aus einer Flasche, goss ein Glas voll und schob es Waters hin. »Ich schreib’s mit auf deine Rechnung«, sagte er.
Waters zog seine Brieftasche aus der Jacke. »Nein, heute ist Zahltag«, sagte er großspurig. »Ich mach mich ehrlich. Was bekommst du von mir, Jaffy?«
»Achtzehn Dollar«, erwiderte der Salooner.
Waters gab ihm zwanzig. »Rest ist Trinkgeld.«
George Hull blickte auf Waters’ rechte Hand. »Wieso zum Henker hast du Blut an den Griffeln?«, fragte er dumpf.
Waters zuckte zusammen. »Hab ein Huhn geschlachtet«, sagte er schnell. »Meine Hauswirtschafterin will mir ’ne Brühe kochen.«
Hull sah zu, wie Waters die schmutzige Hand an der Hose rieb. Er glaubte dem Angetrunkenen kein Wort. Waters hatte Dreck am Stecken, da ging Hull jede Wette ein. Aber er hütete sich, die Sache zu vertiefen. Waters war jähzornig und bekannt dafür, dass er ein Gespräch, das ihm gegen den Strich ging, mit den Fäusten beendete.
Aber auch die anderen Männer wirkten skeptisch. »Ich denke, dein Putzteufel kann gar nicht kochen«, sagte ein Rotschopf, den sie Redneck nannten.
»Wisst ihr was?« Waters leerte sein Glas in einem Zug. »Ihr Hurensöhne könnt mir alle mal den Buckel runter rutschen.«
Die Männer wechselten bedeutsame Blicke und schwiegen. Keiner wollte von dem Raufbold in eine Schlägerei verwickelt werden.
Jaffy, der Barmann, schob die zwanzig Dollar in die Schublade unter der Theke. »Okay, Bill, die Schulden sind getilgt«, erklärte er. »Ab jetzt fangen wir wieder bei null an.«
Waters griff nach der Flasche und schenkte sich neu an. Immer wieder scheuerte er die mit Blut befleckte Hand an der Hose.
George Hull zog es zu seinem Amboss in die Schmiede. Bis Freitag waren noch einige Auftragsarbeiten zu erledigen: Eine eiserne Kette und ein Heugreifer für Max Whelan, den Besitzer der PIE-Ranch, dazu ein Wetterhahn für Jardin’s Boardinghouse; und seiner Ehefrau Josie hatte er einen Dreifuß versprochen, auf dem sie ihre Waschwanne abstellen konnte.
»So long, Gents!« Hull tippte mit zwei Fingern an seinen Hutrand und schob ab.
Die Mainstreet von Littlefield lag in der prallen Mittagssonne. Die Gehsteige waren verwaist. Die meisten Leute hielten Siesta auf der schattigen Nordseite ihrer Veranden. Zwei streunende Hunde schnüffelten an der Vordertür der zugesperrten Metzgerei. Sie rissen aus, als Hull ihnen einen Fluch entgegen schleuderte.
Wenig später hatte Hull sein Ziel erreicht.
Die Werkstatt des Schmieds befand sich gleich hinter seinem Wohnhaus. Die schmale Quergasse wurde im Volksmund spaßeshalber Fifth Avenue genannt, so wie die Prachtstraße im New Yorker Stadtteil Manhattan.
Hull ließ seinen Blick über den Hof schweifen. Er hatte sein Grundstück mit einem brusthohen Bretterzaun umsäumt, um sich vor zwei- und vierbeinigen Eindringlingen zu schützen. Aus dem Schornstein seiner Werkstatt züngelte ein dünner Rauchfaden. Der Geruch von geschmiedetem Eisen stieg ihm in die Nase.
Die Sonne brannte unbarmherzig auf die Stadt herab.
»Tod und Teufel!« Hull nahm den Hut ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Aussicht, bei der Hitze am Schmiedefeuer zu arbeiten, lähmte all seine Lebensgeister.
Er entschied, sein Arbeitspensum auf den Abend zu verlegen. Bei diesen Temperaturen war ein Aufenthalt in der glutheißen Werkstatt glatter Selbstmord.
Mit diesen Gedanken wandte sich Hull seinem Haus zu.
Drinnen war es still. Kein Geschirrklappern, keine Schritte, kein menschlicher Laut. Hatte sich seine Frau zum Schlafen hingelegt? Am helllichten Tag? Eigentlich war das nicht ihre Art. Die Hitze machte Josie kaum etwas aus.
»Josie!«, rief er. »He, Josie! Wo bist du?«
Keine Antwort.
Er horchte angespannt. »He, Josie?«
Im Haus regte sich nichts. Hull kam das komisch vor. War Josie fortgegangen? Sie wollte doch so lange warten, bis er aus dem Saloon wieder zurück war.
Er ging zur Hintertür. Auf der obersten Treppenstufe standen die Schnürschuhe, die Josie immer anzog, wenn sie aus dem Haus ging. Ein zweites Paar Schuhe besaß Josie nicht. Sie war eine sehr bescheidene Frau und stellte keine großen Ansprüche. Noch nie hatte sie etwas gefordert. Ganz im Gegenteil. Bei Neuanschaffungen stellte sie sich stets ganz hinten an.
»Josie?« Hull öffnete die Tür. »Josie! Warum in aller Welt antwortest du nicht?«
Kaum hatte Hull einen Schritt über die Schwelle getan, blieb er stehen. In der Stube war ein Stuhl umgekippt und lag auf der Seite. Die geblümte Leinendecke, die auf dem Tisch lag, war halb heruntergerissen. Blumenvase und Aschenbecher lagen auf den Dielen. Das Wasser aus der Vase war im Teppichläufer versickert.
»Josie?« Hull atmete schwer. Er hatte das Gefühl, dass etwas Furchtbares geschehen sein musste.
Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen.
Erneut rief er den Namen seiner Frau.
Kein Laut war zu hören, außer seinem ungestümen Herzklopfen und seinem rasselnden Atem.
Auf eine böse Überraschung gefasst, umrundete Hull den Tisch.
Im nächsten Augenblick sah er seine Frau!
Josie lag verkrümmt am Boden. Ihr langes dunkles Haar war ihr über das Gesicht gefallen. Sie wirkte, als hätte sie sich zum Schlafen hingelegt.
Aber Josie schlief nicht …
Hull starrte entsetzt auf das zerfetzte und mit Blut beschmierte Kleid. Jetzt wusste er, was geschehen war. Er ging in die Hocke, griff nach der Hand der leblos Daliegenden und führte sie sanft an seine Wange.
Sie war eiskalt.
Er wusste nicht, wie lange er so verharrt hatte.
Schließlich hob er die Leiche seiner Frau auf und legte sie behutsam auf das Bett.
Es klirrte laut.
Die Blechdose, in dem Josie ihre gemeinsamen Ersparnisse deponiert hatte, war zu Boden gefallen.
Der Deckel fehlte. Die Dose war leer. Das Geld war fort, vermutlich gestohlen.
Hull rang um Fassung. Allmählich dämmerte ihm, dass jemand in sein Haus eingedrungen war, seine Ersparnisse gestohlen und seine Frau getötet hatte.
Noch nie in seinem Leben hatte sich George Hull so schrecklich gefühlt. In seinem Kopf ging es zu wie in einem Bienenkorb. Er setzte sich neben die Tote, barg sein Gesicht in den Händen und schloss die Augen.
Es dauerte lange, bis Hull wieder klar denken konnte.
Er stand auf, straffte seine Gestalt und ging zu dem Garderobenhaken, an dem sein Revolvergürtel hing. Als er ihn umlegte, musste er an Bill Waters denken.
Der Bastard war plötzlich zu Geld gekommen. Ein seltsamer Zufall. Da stimmte doch was nicht.
George Hull hielt den Atem an. Ein furchtbarer Verdacht stieg in ihm auf.
☆
»Bill!«
Bill Waters fuhr zusammen, als er Hulls Stimme hinter sich hörte.
Ganz langsam drehte er sich vom Tresen weg.
Hull stand vor der Schwingtür, einen großen Revolver in der Hand. »Was hast du getan, Bill?«
Waters stellte das Whiskeyglas ab. »He, mach mich nicht an! Steck dein Eisen ein und verschwinde!«
Die Männer am Tresen starrten auf die gezückte Waffe. Jaffy, der Salooner, sagte: »Mach keine Scherereien, George. Weg mit der Bleispritze!«
Hull ignorierte die Aufforderung. »Zeig deine Brieftasche, Bill!«, sagte er dumpf.
Waters lief rot an und trat von einem Bein aufs andere. »Einen Dreck werde ich! Mach dich endlich vom Acker, Eisenbieger!«
Redneck, der Rotschopf, schob seinen Hut höher. »Was ist in dich gefahren, George? Was willst du mit deiner Knarre? Hast du Narrenkraut gefressen?«
Hull richtete den Revolver auf Waters Oberkörper. »Meine Frau«, keuchte er. »Bill, der Skunk, hat sie umgebracht. Und mein Geld hat er auch gestohlen.«
Eine schwere Anschuldigung. Auf einen Schlag war es totenstill im Saloon.
Waters lachte heiser. »Bullshit! Fantastereien! Der Kerl hat doch nicht mehr alle beisammen!«
Jaffy hob die Brauen. »Stimmt das, George? Ist Josie wirklich tot?«
»Du kannst sie besichtigen«, raunte Hull. »Sie liegt zu Hause im Bett – und der Dreckskerl Waters hat sie auf dem Gewissen!«
»Lüge!«, quäkte der Beschuldigte. »Ich habe damit nichts zu tun.«
»Dann beweise es!« Hull trat einen Schritt näher. Die Männer am Tresen standen still. Auch Jaffy rührte sich nicht vom Fleck. »Zeig die Dollars in deiner Brieftasche! Los! Herzeigen!«
»Warum?«, meinte Hal Roberts, der Fuhrmann. »Alle Dollars sehen doch gleich aus.«
»Mag sein, aber meine erkenne ich wieder.« Hull spannte den Schlaghahn. »Josie hat sie mit einer Klammer zusammenheftet. Vorhin hat Waters seine Schulden bezahlt. Die Bucks liegen bei Jaffy in der Kasse. Der Abdruck der Klammer müsste noch zu sehen sein.«
»Moment, das haben wir gleich!« Der Bartender zog die Schublade auf, in der er die eingenommenen Erlöse verwahrte. Er nahm einen Geldschein hervor und hielt ihn in den Lichtschein der Petroleumlampe.
Redneck knickte seinen Hals. »Da ist ein Knick im Schein«, sagte er.
Hal Roberts nickte. »Zeig mal noch einen, Jaffy.«
Der Barmann brachte einen zweiten Schein zum Vorschein.
Der Rotschopf runzelte die Stirn. »Hat auch ’nen Knick«, stellte er fest.
»Das ist der Beweis«, sagte Hull mit Grabesstimme.
Waters kniff die Augen zusammen. »Alles Lügen. Ein Komplott. Hull kann mich nicht leiden. Er ist schon immer ein verdammtes Lügenmaul gewesen.«
Die Nerven der Beteiligten waren bis zum Zerreißen gespannt.
In diesem Augenblick ging die Schwingtür auf. Marshal McGrath kam herein. Sofort sah er, dass der Schmied mit einem schussbereiten Revolver die anderen Männer in Schach hielt.
»Hull ist verrückt geworden, Marshal«, rief Waters. »Er bildet sich ein, ich hätte bei ihm eingebrochen und seine Frau umgebracht.«
»Genau so ist es«, knurrte der Schmied.
Marshal McGrath, ein dünner Mann mit langen, strähnigen Haaren, trat auf Hull zu. »Geben Sie mir Ihre Waffe, Hull. Ich erkläre Sie hiermit für festgenommen.«
Der Schmied war baff. »Wie? Was?«
McGrath legte warnend seine rechte Hand auf sein Holster. »Zwingen Sie mich nicht zum Äußersten, Hull. Das Ziehen einer Waffe in einem Saloon ist eine Straftat. So steht’s im Gesetz geschrieben. Also los! Revolver her und Hände über den Kopf!«
»Aber Waters hat meine Frau getötet«, konterte der Witwer.
»Tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe!« Der Marshal öffnete die Schnalle an seinem Holster.
»Mach dich nicht unglücklich, George!«, rief Redneck. »Es wird sich alles aufklären. Mach, was der Marshal will.«
»Er hat …«, Hull stockte die Stimme, »Bill hat Josie ermordet …«
»Das überprüfe ich, nachdem ich Sie in Verwahrung genommen habe«, entschied der Gesetzeshüter. »Also, Waffe her und mitkommen!«
Nach einigem Zaudern entspannte Hull den Schlaghammer. Sein Herz schlug wie eine Brandglocke. Die Waffe landete in der Hand des Marshals.
McGrath schob den Colt in seinen Gürtel. »Gehen wir in mein Büro.«
Hull stand wie angewurzelt. »Und was geschieht mit Waters?«
»Das kläre ich im Anschluss.« McGrath gab dem Schmied einen leichten Stoß.
Hull zwängte sich durch die Pendeltüren. Er wusste nicht, wie ihm geschah. Waters, der Mörder, blieb auf freiem Fuß, und er, der Angehörige des Opfers, wurde ins Gefängnis expediert.
Er ballte die Hände zu Fäusten und stieß einen lästerlichen Fluch aus.
»Keine Fisimatenten, Hull«, warnte der Sternträger. »Gehen Sie vor! Und nehmen Sie endlich die Hände über den Kopf!«
Im nächsten Moment verspürte der Schmied den Druck von McGraths Fünfundvierziger in seinem Rücken.
Die Welt ist ein Irrenhaus, dachte er.
Dann streckte er seine Hände in die Luft.
☆
Das Jail von Littlefield lag hinter dem Marshal’s Office, im rückwärtigen Teil des massiven Steingebäudes. Eine Pforte aus senkrechten Eisenstangen trennte die beiden Räume voneinander.
»Stehen bleiben!«, befahl McGrath.
Hull parierte aufs Wort. Er rührte nicht einen Muskel. Der Marshal war für seinen losen Zeigefinger bekannt. Letzte Woche hatte er dem Landstreicher Archie Bedlam ins Bein geschossen, weil der angeblich einen Fluchtversuch gewagt hatte.
Aus zusammengekniffenen Augen sah Hull zu, wie der Gesetzeshüter die Gittertür aufschloss.
Die Tür knirschte in den rostigen Angeln.
»Reingehen!«, kommandierte der Marshal.
George Hull verzichtete auf Protest und trat über die Schwelle in das Gefängnis.
Er war nicht der einzige Insasse. Auf einer Pritsche unter der vergitterten Fensterluke lag ein bartloser, athletischer Mann mit halblangem Haar. Er hatte die Hände unter dem Kopf gekreuzt und blickte scheinbar teilnahmslos zur Verbindungstür.
»Hallo«, sagte Hull betreten.
Der andere Häftling hob grüßend seinen kleinen Finger.
Schon klirrte die schwere Gittertür ins Schloss. McGrath verriegelte sie, zog den Schlüssel ab und wandte sich zur Vordertür.
Hull trat an das Gitter. »Gehen Sie zu mir nach Hause, Marshal«, rief er aus. »Meine Frau liegt tot im Bett. Das Kleid voller Blut. Waters, der Dreckskerl, hat sie kaltblütig ermordet.«
Zu Hulls Entsetzen schien McGrath das nicht sonderlich zu interessieren. Ohne ein Wort schloss er die Tür von außen.
Hull klammerte sich an zwei Eisenstangen und starrte auf die Vordertür im Marshal’s Office. Er fühlte sich wie der letzte Mensch auf der Welt. Josie war tot, er saß hinter Gittern, und der Marshal behandelte ihn wie einen Schwerverbrecher.
Hinter ihm knarrte die Pritsche, auf der sein Mitgefangener lag. Hull nahm das Geräusch nur am Rande wahr. Immer wieder hatte er den entsetzlichen Anblick seiner toten Frau vor Augen.
Der Verzweiflung nahe, ließ er den Kopf hängen.
Einige Zeit blieb es still im Raum.
Sein Zellengenosse brach das Schweigen. »Was ist passiert?«, fragte er.
Hull wandte sich schwerfällig um.
Der Mann auf der Pritsche war aufgestanden und reckte seine steif gewordenen Beine. »Du sagtest, deine Frau liegt tot im Bett?«
»Ermordet«, raunte Hull.
Der Fremde sah ihn an. »Das tut mir leid. Ich nehme an, dieser Anblick hat dich ganz schön aus der Bahn geworfen.«
»O ja, das hat er.«
Der große Mann nickte mitfühlend. »Wie konnte das passieren?«
Hull rang um Worte.
»Mein Name ist Lassiter«, sagte der große Mann. »Der Marshal hat mich eingelocht, weil ich im Spielcasino angeblich seinen Deputy bedroht habe.«
»Mir ging’s ähnlich«, meinte Hull. »Ich heiße George Hull, habe eine Schmiedewerkstatt in der Fifth Avenue. So nennen wir die kleine Gasse hinter dem Drugstore. Bis heute war ich mit meinem Leben ganz zufrieden. Es lief alles wie am Schnürchen, aber dann … dann …« Ihm fehlten die Worte.
Der Mann, der Lassiter hieß, wies auf die Pritsche, die zwei Armlängen neben seiner stand. »Setz dich hin, old boy. Erzähl mir, was dich bedrückt. Vielleicht kann ich was für dich tun.«
Hull fasste Vertrauen zu seinem Mitgefangenen. Der Mann hatte ein offenes Gesicht und schien es ehrlich zu meinen. Hull räusperte sich, tappte zu der Pritsche und ließ sich darauf nieder.
Er versuchte, sich zu sammeln. Als er wieder klar denken konnte, setzte er Lassiter mit wenigen Worten ins Bild. Der Mann hörte aufmerksam zu, ohne ihn zu unterbrechen. Hin und wieder runzelte er missbilligend die Stirn.
Als Hull die Vorkommnisse dieses schrecklichen Tages geschildert hatte, herrschte lange Zeit Schweigen in der Zelle.
»Dieser Bill Waters scheint ja mit dem Teufel im Bunde zu stehen«, sagte Lassiter dann. »Seltsam, dass McGrath ihn nicht gleich kassiert hat.«
»Stattdessen hat er mich festgenagelt.« Hull starrte auf seine kräftigen Fäuste. »Dabei hatte Jaffy, der Barmann, den Beweis in seiner Kasse. Die Scheine mit den Kniffen. Es waren meine Dollars, mit denen Waters seine Schulden bezahlt hat. Das schwöre ich bei Gott.«
»Ich glaube dir«, erklärte Lassiter.
Hull seufzte tief. Es tat gut, einen verständnisvollen Menschen in der Nähe zu wissen.
»Schätze, die Sache klärt sich noch heute auf«, fuhr sein Zellengefährte fort. »Bestimmt ist McGrath gerade auf dem Weg in dein Haus. Er wird deine Frau finden und sich seinen Reim machen. Dann wird er hierher zurückkommen, dich laufen lassen und diesen grässlichen Bill Waters zur Verantwortung ziehen.«
Hull schnaufte schwer. »Dein Wort in Gottes Ohr. Aber ich habe ein ungutes Gefühl.«
»Was meinst du?«