Lassiter 2391 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2391 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Suzanne tauchte auf und wischte sich das Wasser aus den Augen. Schwer atmend blinzelte sie zur Brücke. Die Postkutsche lag auf der Seite, zwei Räder drehten sich noch. Die Pferde wieherten, stemmten die Hufe ins hohe Gras, versuchten das Gefährt aus dem Flussbett zu zerren. Die Banditen preschten heran, noch immer schießend, dabei erwiderte aus der Kutsche längst niemand mehr das Feuer.
Sollte sie wirklich die einzige Überlebende sein? Suzanne schwamm ans Ufer, zog sich ins hohe Gras. Was nun? Fieberhaft dachte sie nach. Die nächste Poststation lag vier Stunden entfernt in den Bergen. Konnte sie diese Strecke zu Fuß bewältigen?
Die letzten Schüsse verhallten. Suzanne kroch die Böschung hinauf - bis sich plötzlich ein Paar Stiefel in ihr Blickfeld schob. Erschreckt hob den Blick: Ein Mann stand breitbeinig über ihr, feixte und zielte mit einem Gewehr auf sie.

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EPUB

Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Schamane und die weiße Squaw

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6439-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Schamane und die weiße Squaw

Suzanne tauchte auf und wischte sich das Wasser aus den Augen. Schwer atmend blinzelte sie zur Brücke. Die Postkutsche lag auf der Seite, zwei Räder drehten sich noch. Die Pferde wieherten, stemmten die Hufe ins hohe Gras, versuchten das Gefährt aus dem Flussbett zu zerren. Die Banditen preschten heran, noch immer schießend, dabei erwiderte aus der Kutsche längst niemand mehr das Feuer.

Sollte sie wirklich die einzige Überlebende sein? Suzanne schwamm ans Ufer, zog sich ins hohe Gras. Was nun? Fieberhaft dachte sie nach. Die nächste Poststation lag vier Stunden entfernt in den Bergen. Konnte sie diese Strecke zu Fuß bewältigen?

Die letzten Schüsse verhallten. Suzanne kroch die Böschung hinauf – bis sich plötzlich ein Paar Stiefel in ihr Blickfeld schob. Erschreckt hob sie den Blick: Ein Mann stand breitbeinig über ihr, feixte und zielte mit einem Gewehr auf sie.

»Ist das Wasser nicht zu kalt zum Baden?« Er bückte sich ein wenig und streckte ihr seine Hand entgegen. »Komm schon, greif zu. Ich helf’ dir raus.«

Suzanne starrte in den Gewehrlauf. Die Angst drückte ihr die Kehle zu. Hatte sie eine Wahl? Sie fasste die ausgestreckte Hand des Mannes. Der packte sie und riss sie erst aus dem Wasser und dann auf die Beine. Suzanne stieß einen Schrei aus, denn sein Griff war so fest, dass es wehtat.

Endlich ließ er das Gewehr sinken, doch ihre Hand ließ er nicht los. Feixend betrachtete er sie. Von ihren teuren schwarzen Stiefeln über das rote Kleid, das nass an ihren Schenkeln und Brüsten klebte, bis hinauf zu ihrem schmalen blassen Gesicht und ihrem langen blonden Haar.

Von der Brücke her tönten die Rufe der Banditen. Offenbar rafften sie die Beute zusammen. Suzanne dachte an ihre rote Reisetasche, an das Geld, den Schmuck, die teure Wäsche. Alles verloren. Und jetzt? Würde sie jetzt auch noch ihr Leben verlieren?

Der Mann ließ das Gewehr fallen und zog sie an sich. »Allzu lange sollte man nicht in nassen Klamotten stecken, oder? Du könntest dich erkälten.« Er strich ihr das nasse Haar aus dem Gesicht und begann, ihr Kleid aufzuknöpfen.

Ganz steif wurde Suzanne und das Herz schlug ihr in der Kehle. Sie starrte seine Hand an, die jetzt von ihrer Schläfe hinunter an ihre Lippen glitt – der kleine Finger fehlte! Jäh durchzuckte sie die Erinnerung.

»Ich kenne Sie«, flüsterte sie. »Sie waren in der Poststation.«

»Was glaubst du, warum ich so gut gezielt habe, als die Kutsche auf die Brücke rollte?« Er öffnete den nächsten Knopf. »Was glaubst du, warum ich mir so viel Mühe gegeben habe, den Baum im richtigen Moment auf den Fahrweg stürzen zu lassen? Weil ich wusste, was für ein schönes Weib in der verdammten Kutsche sitzt.«

In Gedanken kehrte Suzanne in die Kutsche zurück: Schläfrige Stille hatte sich in der Fahrgastkabine breitgemacht, kurz bevor es geschah. Die rote Concorde schaukelte seit Stunden den Bergen entgegen. Die meisten waren eingenickt, als der erste Schuss fiel. Der tötete den Kutscher, und die Kutsche raste führerlos in den Baum, der gleich nach der Brücke auf den Weg kippte.

Der Mann löste den nächsten Knopf ihres Dekolletees. Entsetzen lähmte Suzanne. Eben noch hatte sie mit sieben anderen in der schaukelnden Fahrgastzelle einer Concorde gesessen, und jetzt war sie in der Hand dieses Verbrechers.

Eben noch fühlte sie mit jeder zurückgelegten Meile die Erleichterung in ihre Brust wachsen und träumte sich einem Leben in Freiheit entgegen, und jetzt musste sie sich von diesem groben Kerl hier schänden lassen?

Sie dachte an den bronzehäutigen Mann mit dem schwarzen Haar und den freundlichen braunen Augen, der ihr in der Kutsche gegenübergesessen hatte. Sie hatte ein wenig mit ihm geflirtet.

Als der erste Schuss fiel, hatte er auf der Brücke die Kutschentür aufgestoßen, sie gepackt und über das Brückengeländer hinweg aus der stürzenden Kutsche in den Fluss gestoßen.

Mutiger Mann. Lag er jetzt verletzt in der umgestürzten Kutsche? War er womöglich tot?

Der Bandit löste den nächsten Knopf. Er würde sie umbringen, wenn er mit ihr fertig war, das las sie in seinen kalten Augen.

»Wo steckst du, Robbie?«, tönte von der Brücke her eine raue Stimme. »Wir wollen gleich abhauen! Komm schon!«

»Bin schon unterwegs, Jimmy!« Der Bandit riss Suzannes Dekolletee auf. »Muss mich ein bisschen beeilen«, sagte er feixend und streifte ihr das Kleid von der Schulter.

Wut flammte in Suzanne hoch. Sich kampflos diesem Schweinehund ausliefern? Um danach sowieso zu sterben? Niemals! Sie packte seine Hand, biss hinein und trat zugleich nach seinen Beinen.

Er schrie auf, rammte ihr die Faust in den Magen und riss sie zu Boden. Im nächsten Moment lag er auf ihr und drückte ihr eine Klinge in die Kehle. »Das versuchst du kein zweites Mal!«, zischte er.

Er stank nach Kautabak, Whisky und Schweiß. Sein Gesicht war die Fratze eines beißwütigen Hundes. Er raffte ihr das Kleid über die Knie.

Ein Schatten fiel auf sie. Plötzlich zuckte ein Arm durch Suzannes Blickfeld. Blitzschnell griff eine Hand in das Haar des Banditen und riss seinen Kopf hoch. Und dann blitzte eine zweite Klinge in der Mittagssonne auf.

Suzanne hörte ein hässliches Geräusch wie von reißendem Leder, und im nächsten Moment schwappte es warm und klebrig über ihr Gesicht. Brechreiz würgte sie.

Der Bandit über ihr stieß röchelnde und gurgelnde Laute aus. Jemand zerrte ihn von ihr. Ein breites, bronzehäutiges Gesicht mit schwarzbraunen Augen beugte sich über sie. Der Mann aus der Kutsche! »Bist du in Ordnung?«

Suzanne nickte keuchend. Sie zitterte am ganzen Körper, glaubte zu träumen: Es war tatsächlich der Mann, der sie aus der stürzenden Concorde gestoßen hatte.

»Nimm meine Hand.« Er half ihr auf die Beine, deutete zum Wasser. »Wasch dir das Blut ab, mach schnell!«

Er sprach mit Akzent und auch sonst kein lupenreines Englisch. Ein Indianer? Zwischen Weiden und hohem Gras beugte Suzanne sich ins Wasser und spülte das Blut des Banditen von Gesicht und Hals.

Von der Brücke her riefen sie schon wieder nach Robbie. »Der verfluchte Robbie ist tot, ihr Schweine«, murmelte Suzanne. Sie erhob sich aus dem Wasser.

Ihr Retter durchsuchte den Sterbenden, nahm ihm Geld, Messer und Revolvergurt ab und schulterte das Gewehr, mit dem der Schweinehund Suzanne eben noch bedroht hatte.

Dann richtete er sich auf und sah sie an. Blauschwarze Locken umrahmten sein Gesicht. Es war das Gesicht eines Mannes, der zum Äußersten entschlossen war, wenn es darauf ankam, zu überleben. Und dennoch leuchtete in seinen schwarzbraunen Augen etwas wie Güte und Erbarmen.

»Wer bist du?«, fragte Suzanne mit zitternder Stimme.

»Zuhause nennen sie mich Black Bear. Wer bist du?«

»Suzanne Walker.«

»Du kannst mir vertrauen, Suzanne Walker.« Zum zweiten Mal an diesem Tag streckte ein Mann die Hand nach ihr aus. Diesmal ergriff Suzanne sie freiwillig.

Die Männer strömten zusammen, um die gefangenen Indianer zu begaffen. Sieben Sioux hockten gefesselt neben ihren Mustangs im Gras. Ihre Gesichter wirkten wie aus rotem Sandstein gemeißelt.

Besonders eine junge Squaw hatte es den Soldaten angetan. Sie rissen zotige Witze, einer zerwühlte ihr Haar, einer zog ihr das Kleid über die Knie. Die Männer lachten. Die Krieger der Sioux fixierten sie mit hasserfüllten Blicken.

»Der Colonel kommt!«, rief Sergeant McLoughly, »Platz machen, Haltung annehmen!«

Das Stimmengewirr verstummte, die Männer bildeten eine Gasse und ein großer kräftiger Mann mit Stoppelbart und rotbraunem Haar marschierte durch die Gasse: Colonel Jeremy Walker.

McLoughly wies auf die acht Indianer. »Wir haben sie bei der alten Silbermiene geschnappt, Jerry. Vermutlich die gleichen Rothäute, die an der Poststation die Pferde geklaut haben.«

Walker fasste einen Sioux nach dem anderen ins Auge. Vor allem die Squaw hatte es ihm angetan. Als wäre sie ein fremdartiges Tier, musterte er die Indianerin zu seinen Füßen. Gehetzt blickte sie um sich.

Ein Captain trat neben ihn, ein drahtiger blonder Mann namens John Levington. »Wir haben keine Beweise, Sir. Besser wir lassen sie laufen.«

»Natürlich haben wir noch keine Beweise, Captain«, sagte McLoughly. »Wir haben sie ja auch noch nicht verhört.«

Walker deutete auf die Squaw. »Her mit ihr.« Sergeant McLoughly und ein Corporal rissen die Indianerin hoch und schleppten sie zu ihrem Colonel.

»Wo habt ihr die geklauten Pferde versteckt?«

Die Indianerin sah ihn verächtlich an und schwieg. Colonel Walker wiederholte die Frage in ihrer Sprache.

Sie sagte ein paar Worte in ihrem indianischen Idiom. McLoughly übersetzte: »Die Sioux stehlen keine Mustangs, haben selber genug Pferde.«

Walker hob seine Rechte und fuhr ihr mit dem Rücken des gekrümmten Zeigefingers über die Wange, über ihren Hals und bis zu ihren Brüsten hinab. Dort verharrte sein Finger einige Sekunden. Die schwarzen Augen der Indianerin bohrten sich die ganze Zeit über in seinen Blick. Und hielten ihm stand.

»Du willst nicht mit mir reden?« Walker packte sie am Kleid und riss sie zu sich. »Wo sind die geklauten Pferde?«, schrie er. Sein Rechte lag plötzlich auf ihrem Gesäß.

Levington schob sich an ihn heran. »Sir«, flüsterte er. »Die Männer beobachten Sie! Denken Sie an die Disziplin der Einheit! Sie sind ihr Vorbild!«

Walker wurde blass. Selbst aus seinen Lippen wich das Blut. »Sie wollen mir was von Disziplin erzählen?«, brüllte er. Seine Hand fuhr zum Kolben seines Armeerevolvers. Er spannte den Hahn. »Zurücktreten!« Walkers Kaumuskulatur mahlte. Aber er ließ den Revolver im Holster stecken.

»Verhören!« Er zeigte auf die Krieger der Sioux. Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die Indianerin. »Und die hier werde ich persönlich in die Mangel nehmen! In mein Zelt mit ihr.«

Zwei Männer stießen die Indianerin zum Zelt des Colonels. Walker folgte ihnen. Allein mit der Indianerin bückte er sich durch die Eingangsplane.

Nach einer halben Stunde zerrte er sie wieder hinaus. Sie blutete aus der Nase, ihr Haar war zerwühlt, ihr Kleid zerrissen. In gebeugter Haltung und mit gesenktem Kopf taumelte sie hinter ihm her.

Vor dem Kommandozelt warteten seine Offiziere mit den gefangenen Kriegern der Sioux. »Die wollen nichts mit dem Pferdediebstahl zu tun haben, Jerry«, meldete McLoughly. Der Sergeant und Walker waren befreundet.

»Es ist, wie ich es gesagt habe, Sir.« Captain Levingtons Stimme klirrte vor Kälte. »Wir haben keine Beweise. Bis wir das geändert haben, müssen wir sie laufen lassen.« Plötzlich erschrak er, denn sein Blick glitt über die zerzauste Indianerin.

»Sie müssen mir nicht sagen, was ich zu tun und zu lassen habe, Levington!«, zischte Walker. »Das weiß ich selbst.« Und dann mit einer abfälligen Geste in Richtung der Sioux: »Verschwindet. Lasst euch nicht mehr blicken hier unten am Little Laramie.«

Einige Kavalleristen lösten den Kriegern die Fesseln. Die Indianer gingen zu ihren Pferden. Einer legte der Squaw den Arm um die Schulter.

»Ohne Pferde!«, rief Walker. Die Sioux schauten ihn ungläubig an. »Haut schon ab!«

»Aber Sir!« Auch Levington konnte Walkers Anweisung kaum glauben. »Ihr Lager liegt mehrere Tagesmärsche entfernt von hier.«

»Die Pferde bleiben hier, sag’ ich. Als Pfand. Und so lange, bis der Diebstahl an der Poststation aufgeklärt ist.« Abrupt wandte er sich ab und lief zurück zu seinem Zelt.

Am nächsten Morgen, noch bei Sonnenaufgang, ließ er die Pferde satteln und die Männer aufsitzen. Eine gelöste Stimmung herrschte unter den Soldaten der vier Schwadronen. Jeder wusste: Es ging zurück ins Fort.

Die Kavallerieabteilung ritt den ganzen Tag durch die Wildnis der Medicine Bow Mountains. Erst in der fortgeschrittenen Abenddämmerung führte Colonel Walker seine Schwadronen durch das Tor von Fort Laramie. Im Hof ließ er die Männer absitzen und die Pferde in die Stallung führen. Er selbst ging in seine Privaträume, um seine Frau zu begrüßen.

Suzanne war nicht da. Das wunderte ihn, denn normalerweise ging sie mit Sonnenuntergang schlafen. Vielleicht steckte sie im Kasino bei den anderen Offiziersfrauen.

Im Hinausgehen fiel sein Blick auf den Schrank: Suzannes rote Reisetasche stand nicht mehr auf ihm. Er riss den Schrank auf – einige ihrer Kleider und ihre beste Wäsche fehlten.

Er durchwühlte Schrank und Truhen. Sein alter Armeerevolver, sein Dolch und die vielen hundert Dollars, die er in der Kleidertruhe hortete, waren nicht mehr da. Auch Suzannes teure schwarze Stiefel standen nicht dort, wo sie gewöhnlich standen.

Walker zischte einen Fluch und stürzte aus dem Raum. Quer über den Exerzierhof rannte er zur Kommandantur. Dort traf er seinen Adjutanten, Tom Dixon. »Gut, dass Sie zurück sind, Sir.« Dixon reichte ihm einen Papierstreifen. »Dieses Telegramm hier kam vor sieben Stunden.«

Walker riss es ihm aus der Hand und las. Die Postkutsche nach Portland war überfallen worden, etwa eine Tagesreise entfernt von Fort Laramie.

»Was geht mich ein Überfall auf dem Oregon-Trail an, Lieutenant Dixon?« Er zerknüllte das Telegramm.

Dixons Gestalt straffte sich. Er starrte seinen Colonel an und wurde leichenblass. »Aber … ich dachte …«

»Gucken Sie nicht so blöd, Lieutenant! Sie haben ausnahmsweise mal was gedacht? Und was?«

»Ich dachte, Sie wüssten, dass Ihre Frau mit der Postkutsche Richtung Portland unterwegs ist.«

Alle Kraft wich aus Walkers Knochen. »Was sagen Sie da?« Leise und heiser klang seine Stimme plötzlich.«

»Ihre Frau hat gestern Nachmittag die Mittagskutsche nach Westen genommen, Sir. Ich dachte, Sie wüssten Bescheid.«

Lassiter sah sich in der alten Hütte um. Sie gehörte zu einer verlassenen Ranch und hatte wohl früher einmal als Schafstall gedient. Sie. Im flachen Holzdach fehlten ein paar Bretter. Lieber nicht hinaufklettern, mit ein bisschen Pech würde er von dort oben aus eine gute Zielscheibe abgeben.

Hufschlag näherte sich. Lassiter kniete sich vor das niedrige Fenster. Drüben im Haus sah er einen Schatten an der Seitentür – Ben Douglas. Sein alter Freund aus Wells-Fargo-Tagen arbeitete für Pinkerton. Und die Detektei Pinkerton war genauso scharf darauf, die Raubüberfälle auf der Linie der Central Pacific Railroad aufzuklären wie die Brigade Sieben.

Es ging um viel Geld. Und irgendwo hier auf dieser verlassenen Ranch lag es versteckt.

Reiter tauchten auf der Hügelkuppe auf. Drei insgesamt. Weniger als Lassiter befürchtet hatte. An der Spitze erkannte er die hochgewachsene, in braunes Leder gekleidete Gestalt von Jamie Hendriks, einem gefürchteten Revolvermann. Tim Rooster, seine rechte Hand, ritt neben ihm.

Den dritten Mann, einen Zylinderträger, kannte Lassiter nicht. Wenn Ben und er Glück hatten, war es der bisher unbekannte Kopf der Bande. Um ihn ging es, ihn wollten sie lebend haben. Doch vorher sollte er sie zum Versteck des Beutegeldes führen.

Lassiter lud seine Winchester durch und legte an.

Die Reiter ritten unter dem Torbogen hindurch und banden ihre Pferde an der Werkstatt fest. Zu dritt gingen sie hinein. Wie unvorsichtig.

Lassiter gab Douglas ein Zeichen. Er huschte aus dem alten Schafsstall, Douglas schlich vom Hauptgebäude zum zerfallenen Pferdestall. Vor der Werkstatt trafen sie sich. Der Mann von der Brigade Sieben ging hinter einem Hackklotz in Deckung, der Detektiv aus Chicago neben einem Holzstoß.

Sie hörten Stimmen, sie hörten Schritte und dann wurde die Werkstatttür aufgestoßen. Hendriks, Rooster und der Zylindermann kamen heraus. Jeder trug etwas in der rechten Hand, was er Minuten zuvor ganz bestimmt nicht in die Werkstatt hineingetragen hatte: eine große schwarze Ledertasche, prall gefüllt.

»Taschen fallen lassen, hoch die Pfoten!«, rief Douglas. Die Taschen ließen alle drei Männer fallen, doch statt die Hände zu heben, wandten sie Lassiter den Rücken zu und griffen sie ihren Revolvern.

Douglas lag längst hinter dem Holzstoß am Boden, als drei Schüsse krachten. Lassiter feuerte Hendriks in die Schulter und Rooster in den Oberarm. Zwei Revolver prallten in den Staub, zwei Männer sackten in die Knie und stöhnten vor Schmerzen auf.

Der Zylinderträger aber warf seine Waffe weg und tat, was er besser zuvor schon getan hätte: Er streckte die Arme so hoch in die Luft wie nur möglich.

»Ich schätze, das war’s, Gentleman.« Lassiter legte dem Zylinderträger Handschellen an und schaute ihm ins Gesicht – er kannte ihn: ein Hotelier aus Denver, hoch verschuldet.