Lassiter 2326 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2326 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Im Dunkeln taumelte ein Mann auf Lassiter zu. Er machte den Eindruck, als wäre er betrunken. Immer wieder stolperte er über seine eigenen Beine. Vor dem Drugstore griff er nach dem Eckpfosten der Veranda. Er hielt den Kopf gesenkt, die durchlöcherte Krempe seines Stetsons beschattete sein Gesicht.

Lassiter kam näher und blieb stehen. Er hörte, dass der Mann schwer atmete. Der Atem roch nicht nach Schnaps. Es war ein anderer Geruch, den der Mann verströmte: der kampferartige Geruch von Blut.

"Wo wollen Sie hin?", fragte Lassiter.

Der Mann sagte nichts. Wie von einer Axt getroffen brach er auf die Knie. Dann kippte er nach vorn, und sein Gesicht knallte hart auf die Bretter.

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Inhalt

Cover

Impressum

Totenglocken für Ben Adams

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4375-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Totenglocken für Ben Adams

Im Dunkeln taumelte ein Mann auf Lassiter zu. Er machte den Eindruck, als wäre er betrunken. Immer wieder stolperte er über seine eigenen Beine. Vor dem Drugstore griff er nach dem Eckpfosten der Veranda. Er hielt den Kopf gesenkt, die durchlöcherte Krempe seines Stetsonhutes beschattete sein Gesicht.

Lassiter kam näher und blieb stehen. Er hörte, dass der Mann schwer atmete. Der Atem roch nicht nach Schnaps. Es war ein anderer Geruch, den der Mann verströmte: der kampferartige Geruch von Blut.

»Wo wollen Sie hin?«, fragte Lassiter.

Der Mann sagte nichts. Wie von einer Axt getroffen, brach er auf die Knie. Dann kippte er nach vorn, und sein Gesicht knallte hart auf die Bretter.

Der Mann schlug die Augen auf.

Lassiter sah ihn an. »Wie geht es Ihnen?«, fragte er.

Er hatte den Bewusstlosen aufgehoben, vorsichtig auf die Veranda gelegt und ihm als Nackenstütze den Stetson unter den Kopf gestopft.

Dabei hatte er die zwei Einschusslöcher in der Jacke des Mannes entdeckt.

Im Schein einer Bogenlampe untersuchte Lassiter die Wunden. Unter dem Hemd kam ein laienhafter Verband zum Vorschein. Doch der Stofffetzen hatte seinen Zweck erfüllt. Die Blutung war gestillt.

»Mit mir geht’s zu Ende.« Der Verwundete stemmte sich auf einen Ellbogen. »Wer sind Sie, Mister?«

»Mein Name ist Lassiter.«

»Lassiter«, echote der Mann und sank auf den Boden zurück. »Den Namen muss ich mir merken.«

Lassiter schob seinen Hut höher. »Was ist passiert, Mister? Wer hat auf Sie geschossen?«

Der Mann schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Ich bin Ben Adams, und Sie, mein Freund, sind wahrscheinlich der letzte Mensch, den ich in diesem Leben zu sehen kriege.« Er hielt inne, um Atem zu schöpfen, dann fuhr er fort: »Sie könnten mir einen großen Gefallen tun: Ich brauche einen Beichtvater.«

Lassiter machte die Augen schmal. »Sie wollen die Beichte ablegen?«

»Ja, Sie haben richtig gehört.« Adams fiel das Reden schwer. »Ich will beichten, hier und jetzt. Ich glaube nicht, dass ich es in meinem Zustand noch bis zur Kirche schaffe.«

Lassiter spähte die Straße entlang. Am Ende der Mainstreet bewegten sich Menschen. Dort lag der Amüsierbezirk mit seinen Saloons, Spielhöllen und Bordellen. Das pralle Leben schien greifbar nahe, aber andererseits so weit weg wie der Broadway in New York. Hier, auf der Veranda von Monk’s Drugstore in Castle Rock, war der Tod in Stellung gegangen.

»Fangen wir an«, sagte Adams. Mit sichtlicher Mühe zackte er ein Kreuz in der Luft. »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.«

»Amen.« Lassiter war nicht sicher, wie er sich verhalten sollte. Als Beichtvater hatte er keine große Erfahrung.

Adams bemerkte das und soufflierte: »Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke die wahre Erkenntnis deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit.«

Salbungsvoll wiederholte Lassiter die Worte. »Okay, Ben Adams. Bekenne nun deine Sünden«, fügte er hinzu.

Über Adams’ Lippen glitt ein dünnes Lächeln. Er tat einen langen Atemzug, dann noch einen zweiten, und plötzlich weiteten sich seine Augen, als hätte er einen Geist gesehen.

»Adams!«, rief Lassiter ihn an. »He, was ist mit Ihnen?«

Dem Mann fiel das Kinn auf die Brust.

Ein Windwirbel fegte die Straße entlang. Über den Bohlensteig kugelte ein Tumbleweed. Am Pfosten des Zügelholms blieb das rundliche Gebilde hängen. Ein Zweig löste sich und segelte Adams ins Gesicht.

Adams reagierte nicht.

Lassiter hob ihm das Kinn an. Kein Zweifel: Der Mann hatte aufgehört zu atmen. Seine weit aufgerissenen Augen glotzten blicklos ins Leere.

Lassiter erinnerte sich an seine zugesagte Rolle als Beichtvater. Er räusperte sich, rückte seinen Gürtel zurecht und sprach Adams mit feierlichen Worten von seinen Sünden frei.

Eine Weile musterte er den Toten nachdenklich. »Gute Reise, Ben Adams«, sagte er dann.

Nachdem er dem Verstorbenen die Augen zugedrückt hatte, lehnte er dessen schlaffen Körper gegen den Eckpfeiler der Veranda.

Ein klirrendes Geräusch ließ ihn aufhorchen. Ein Stück Metall war zu Boden gefallen.

Lassiter sah, dass dem Toten ein Schmuckstück aus der Hosentasche gerutscht war: ein ovales, in Gold eingefasstes Amulett mit einem zierlichen Verschluss.

Er öffnete das filigrane Schloss und fand im Inneren das Bildnis einer anmutigen jungen Dame. Helle Locken umrahmten ein hübsches Antlitz mit melancholischem Lächeln auf fein gezeichneten Lippen.

Irgendwo ganz in der Nähe erklang Hufgetrappel. Eine rauhalsige Stimme fluchte derb. Waffen klirrten. Jemand repetierte ein Schnellschussgewehr.

Lassiter überlegte nicht lange. Ein Trupp Bewaffneter rückte an. Wenn man ihn hier und jetzt bei einem toten Mann mit zwei Einschüssen in der Brust aufscheuchte, kam er als Zugereister in höchste Erklärungsnot. Im schlimmsten Fall würde man ihn sofort hängen, im besten Fall würde er im Stadtgefängnis landen.

Beide Varianten waren ganz und gar nicht nach Lassiters Geschmack.

Das Amulett in der Faust, lief er über die Straße, sprang über einen Zaun und duckte sich hinter einen Stapel Bauholz.

Schon kam eine Schar Berittener um die Ecke. Alle waren bis an die Zähne bewaffnet. Der Anführer zügelte sein Pferd vor der Veranda des Drugstores. Er trug einen langen, offen stehenden Staubmantel über dem eleganten dunkelblauen Gehrock.

Als er den reglosen Mann am Pfeiler bemerkte, richtete er seinen Revolver auf ihn. »Keine Bewegung, Adams!«, knurrte er. »Ganz ruhig, mein Freund. Mach dich nicht unglücklich.«

Die Zeit schien stillzustehen.

Der Mann im Staubmantel ließ sein Eisen sinken. »He, Clogwell! Sieh nach, was mit ihm ist«, befahl er einem hohlwangigen Burschen, der eine Greener-Schrotflinte in Anschlag hielt.

Der Galgenvogel glitt vom Pferd, sprang auf die Veranda und beugte sich über den Mann am Pfeiler.

Im nächsten Moment erkannte er, dass er einen Leichnam vor sich hatte. Er wandte sich ab. »Der ist mausetot«, kommentierte er. »Wir kommen zu spät, Matt.«

Der Mann im Staubmantel rieb nachdenklich sein Kinn, dann sagte er: »Nun gut, nimm ihm das Medaillon ab und komm wieder her.«

Lassiter in seinem Versteck hielt den Atem an. Durch ein Guckloch beobachtete er das Geschehen vor dem Drugstore.

Clogwell fing an, die Taschen des Toten zu durchwühlen. Bald häufte sich neben dem Pfeiler eine Menge Krimskrams: Streichhölzer, Zigarettenpapier, Tabak, einige Münzen, ein Stück Bindfaden, eine abgegriffene Spielkarte und ein gelber Zelluloidchip aus den Beständen einer Spielbank.

Clogwell blickte ratlos auf. »Nichts zu finden«, sagte er. »Der Kerl hat nur Plunder in den Taschen.«

»Sieh richtig nach!«

Clogwell zögerte einen Moment. Dann riss er dem Toten das Hemd auf und tastete nahezu jede Stelle des entseelten Körpers ab. Zu guter Letzt streifte er dem Leichnam die Stiefel von den Füßen und schüttelte sie aus.

Schließlich hielt er inne. »Es ist nicht da, Matt«, sagte er und zuckte mit den Achseln.

»Shit!« Der Mann mit dem Staubmantel zog seinen Hut in die Stirn. Er riss sein Pferd herum, gab ihm die Sporen und preschte mit wehenden Mantelschößen die Straße entlang.

Die anderen Männer folgten ihm. Clogwell ritt als Letzter.

Ein paar Sekunden später waren alle in der Nacht verschwunden.

Lassiter trat in den Lichtkegel der Bogenlampe. Aus verengten Augen betrachtete er das Bildnis der Frau. »Wer bist du, schönes Kind?« Sein Blick wanderte über die Miniatur hinweg zu dem toten Mann auf der Veranda. In welcher Beziehung stand die hellhaarige Schöne zu Ben Adams? War sie seine Frau? Seine Schwester? Seine Geliebte? War sie der Grund, dass er sterben musste? Warum war dieser Typ im Staubmantel so scharf auf das Amulett? Und wer hatte Ben Adams die beiden Kugeln verpasst?

Fragen über Fragen. Lassiter tappte im Dunkeln. Das wurmte ihn. Die Sache mit Ben Adams hatte sein Interesse geweckt. Er wollte mehr darüber wissen. Sein Gespür verriet ihm, dass der Fall ein Geheimnis barg.

Er warf einen letzten Blick auf das Bildnis. Dann klappte er den Deckel zu und deponierte das Schmuckstück in der Innentasche seiner Jacke.

***

Lassiter war auf Anweisung der Brigade Sieben nach Castle Rock gekommen.

Eine ganze Woche hatte er den Aufpasser für einen abenteuerlustigen Eisenbahnbaron aus Chicago gespielt. Der smarte Gentleman war unter falschem Namen nach Nevada gereist. Er wollte ein paar Tage unerkannt und ungezwungen die Freuden des Lebens zu genießen. Lassiter hatte sich wie ein Schatten an seinen Schützling gehängt. In Nevada spukte allerhand Gelichter herum: Banditen, Glücksritter, aus dem Reservat getürmte Indianer. An jeder Ecke lauerte Gefahr.

Der Mann aus Chicago hieß Theo Lawrence und war der vergnügungssüchtigste Typ, der Lassiter je untergekommen war. Er ließ nichts anbrennen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Theo Lawrence war der älteste Spross einer Einwandererfamilie, die in den dreißiger Jahren aus Schottland nach Amerika gekommen war. Seine Eltern hatten hart gearbeitet und sich nun auf einer malerischen Ranch in Kalifornien zur Ruhe gesetzt. Theos jüngerer Bruder war Lokführer bei der Central Pacific Railway, seine ältere Schwester leitete ein Hospital im Indianerterritorium, und die jüngste hatte einen Makler aus Arkansas geheiratet.

Lassiter kam gerade von der Bahnstation. Er hatte Theo Lawrence – der in Castle Rock den Namen John Holt trug – dem Train Marshal des Zuges übergeben. Im Prinzip war der Job in Castle Rock mit Lawrences Abreise erledigt. Daher hatte Lassiter vor, den Ort am Morgen des nächsten Tages zu verlassen. Es zog ihn nach Virginia City. Dort wartete eine reizende Gespielin auf ihn.

Doch jetzt war sein Entschluss ins Wanken geraten. Immer wieder musste er an die blonde Frau auf dem Bild im Medaillon denken. Das Geheimnis, das sich um sie rankte, interessierte ihn.

Er schob die Pendeltür des Rush Hotels auf und trat in das spärlich beleuchtete Foyer. Hinter dem Empfangspult döste der Nachtportier über dem Anmeldebuch. Der Geruch von kaltem Zigarrenrauch lag in der Luft. Frisch gestreutes Sägemehl knirschte unter Lassiters Sohlen.

Der Portier schreckte auf. Verlegen rieb er seine große Nase. »Mister … Mister Lassiter«, keuchte er.

»Guten Abend, Pelham.« Lassiter lächelte. »Haben Sie meine Rechnung schon fertig?«

»Nein, Sir, aber wenn Sie es wünschen, erledige ich das auf der Stelle.«

»Immer langsam mit den jungen Pferden.« Lassiter hob eine Hand. »Ich hab’s mir überlegt und bleibe noch ein paar Tage.«

»Eine gute Idee, Sir.« Der Portier schlug eine Seite des Anmeldebuchs um und griff nach der Schreibfeder. »Dann werde ich Sie gleich vormerken, bevor mein Kollege von der Tagschicht Ihr Zimmer an jemand anders vergibt. Wie lange werden Sie bleiben?«

»Vielleicht drei Tage, vielleicht vier. Ich weiß es nicht.«

Die Feder kratzte über das Papier. »Ich habe Sie für vier Tage vorgemerkt«, erklärte Pelham.

Lassiter nickte. »Kennen Sie einen Mann namens Ben Adams?«

Der Portier blickte auf. »Adams ist mir ein Begriff. Letzte Woche stand etwas über ihn in der Nevada Gazette.«

»Ach ja?« Lassiter lehnte sich an das Pult. »Muss ich übersehen haben. Um was ging es?«

»Angeblich wäre er gemeingefährlich, eine Gefahr für jeden anständigen Bürger Nevadas.«

Lassiter spitzte die Ohren. »Was wirft man Adams denn vor?«

»In der Nevada Gazette wurde er mit einem Doppelmord am Lake Tahoe in Verbindung gebracht. Der Reporter fuhr schwere Geschütze auf, wollte seine Quelle aber nicht nennen.«

»Wie heißt der Schreiberling?«

»Keine Ahnung.« Der Portier legte die Schreibfeder auf die Schale. »All seine Texte sind mit einem Pseudonym unterschrieben: Kidd.«

»Kidd?« Lassiter überlegte. »Was meinen Sie, Pelham? Lebt dieser Kidd in Castle Rock?«

Der Portier rieb seine Nase. »Schwer zu sagen. Eher nicht, sonst hätte ich schon was über ihn läuten hören. Wenn Sie’s genau wissen wollen, müssen Sie zu Judy Newton gehen.«

»Wer ist Judy Newton?«

»Ein wandelndes Auskunftsbüro. Sie arbeitet gelegentlich für den Bürgermeister in der Town Hall und kennt alle und jeden in der Gegend. Wenn jemand etwas über diesen Kidd weiß, dann sie.«

»Okay. Ich werde mal mein Glück versuchen.«

Irgendwo in der oberen Etage klappte ein Fenster. Pelham schaute über die Treppe hinweg zur Galerie hinauf. Niemand zeigte sich. Vermutlich hatte ein Luftzug ein offen stehendes Fenster bewegt. Jetzt war es wieder still.

Der Portier wandte sich an Lassiter und hob die Augenbrauen. »Judy wohnt drüben, auf der sündigen Meile.«

»Oh.« Damit hatte Lassiter nicht gerechnet. »Führt sie dort einen Amüsierbetrieb?«

Pelham wackelte mit dem Kopf. »Da möchte ich mich nicht festlegen, Sir. Auf der sündigen Meile verkehre ich nicht. Ich kenne Judy nur aus der Town Hall und vom Markt. Eine sehr umgängliche Person.«

»Sagen Sie mir, wo ich sie finden kann«, forderte Lassiter.

»Sie bewohnt eine Kammer hinter dem Starlight Saloon, in dem Blockhaus mit den hübschen Fensterläden.«

Lassiter warf einen Blick auf die Wanduhr, die neben einem Porträt von Benjamin Franklin hing. Kurz vor zehn. Noch zwei Stunden bis Mitternacht. Für einen Besuch bei einer Dame war es zu spät. Sicherlich lag Judy Newton längst im tiefsten Schlummer.

Pelham schien zu ahnen, was in Lassiter vorging. »Keine Scheu, gehen Sie nur.« Er lächelte. »Soviel ich weiß, ist Judy Newton ein Nachtschwärmer.«

»Danke für die Auskünfte.« Lassiter hob grüßend die Hand und schob ab.

***

Wenig später überschritt er die Demarkationslinie.

Im Vergnügungsviertel herrschte ausgelassener Trubel. Aus einem Tanzlokal erklangen flotte Pianoakkorde. Die Gäste grölten und lachten. Manche stampften mit den Füßen auf den Boden, als wollten sie die Dielen zertrümmern. Andere klatschten rhythmisch in die Hände und stießen gellende Pfiffe aus. Am Eingang des Lokals stand ein Mann mit Sombrero und läutete eine Kuhglocke.

Lassiter ging weiter. Der Starlight Saloon befand sich im Zentrum des Amüsierbezirks.

Eine Gruppe leicht bekleideter Mädchen lungerte vor einer Baracke herum und rauchte dünne Zigarillos. Manche Girls hatten sich mit langhaarigen Perücken ausstaffiert. Alle trugen dunkle Strümpfe, kurze Kleiderröcke und tief ausgeschnittene Trikots oder Blusen.

Als Lassiter vorbeiging, lösten sich aus der Gruppe zwei Mädchen und vertraten ihm den Weg. »Heute kommst du uns nicht davon, Stranger«, sagte eine dralle Rothaarige und hakte sich bei ihm unter.

Lassiter blieb stehen und rief sich die Namen der zwei Sidewalkdohlen ins Gedächtnis zurück. Der Rotfuchs hieß Jennifer, die Schwarzhaarige Margaret. »He, Mädels, nicht so stürmisch, wenn ich bitten darf.«

»Wo ist dein Kumpel?«, fragte Margaret. Sie hatte blutrot angemalte Lippen und eine Menge Rouge auf den Wangen. Genüsslich saugte sie an ihrem Glimmstängel. »Der spendable Gentleman mit der Narbe am Kinn. Wie hieß er doch gleich?«

»Johnny«, sagte die rothaarige Jennifer. »Johnny Holt ist sein Name.«

Margaret hüllte sich in Rauch. »Wo steckt der Hombre? Warum ist er nicht hier?«

Jennifer kicherte. »Er wird bei Nora sein.«

»Nein, er ist abgereist«, sagte Lassiter.

Die Mädchen zogen lange Gesichter.

Jennifer war skeptisch. »Abgereist soll er sein? Bist du sicher?«

»Ja, hab ihn selbst zum Bahnhof gebracht«, erklärte Lassiter.

Die Mädchen tauschten einen verwunderten Blick. »Johnny hat sich gar nicht von uns verabschiedet«, sagte Jennifer mit den roten Haaren.