Lassiter Sammelband 1783 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1783 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2230, 2231 und 2232.

Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!


2230: Keine Gnade für Sarah Dunhill

Schritte näherten sich: Der Richter kam. Sarah zitterte, rutschte auf der Anklagebank hin und her. Von rechts legte Samuel Bouroughs, der Sheriff von Denver, seine Hand auf ihre Schulter, von links griff Tom Knight, der neue Hilfssheriff, nach ihrer Hand. "Ganz ruhig, Mädel", murmelte Knight, "gleich hast du's hinter dir."

Vier Männer traten ein. Sarah Dunhill hatte nur Augen für den einen, dessen Namen man in ganz Colorado mit Ehrfurcht, ja mit Angst aussprach: Richter Lassiter Davenport. Alle erhoben sich. Tuscheln und Raunen ging durch die Reihen der Zuschauer. Richter Davenport, ein graubärtiger Hüne, klopfte so lange mit dem Hammer auf den Tisch, bis Ruhe einkehrte. Dann richtete er seinen strengen Blick auf Sarah. "Wegen Mordes an Captain Ron Smith, verurteile ich Sie, Sarah Dunhill, zum Tod durch den Galgen.


2231: Lassiter und die Verzweifelten

Das Dorf, das keinen Namen hatte, lag scheinbar leer und verlassen unter der Sonnenglut. Lassiter zügelte seinen Braunen am südlichen Ende der Calle Principal, die Winchester vor dem Sattelhorn. Der große Mann hatte einen Viehdieb aus dem Grenzland bei Nogales quer durch die Wüste von Sonora gejagt. Hier, in dem wie ausgestorben wirkenden Pueblo, war der Bursche verschwunden. Lassiter ritt auf den Brunnen in der Mitte der Plaza zu. Die Anspannung ließ seine Nerven vibrieren... Äußerlich tat er, als würde er jeden Moment vor Erschöpfung im Sattel einschlafen. In Wahrheit rechnete er mit einem Hinterhalt. Hinter dem Brunnen schnellte plötzlich ein Mann hoch. Es war der Gejagte. Sein schweißüberströmtes Gesicht spiegelte blanke Verzweiflung. Er hob einen Revolver.


2232: Im Staub der Hufe

Der Fremde trug einen Mantel aus goldbraunem Hirschleder und lehnte entspannt am Hitchrack. Er hielt die Arme verschränkt und blickte Joey mit einem schmalen Lächeln entgegen. Als der schmalbrüstige Jockey mit seinem Hengst näherkam, schlenderte der Unbekannte auf ihn zu.

"Joey Garrison?", fragte der Fremde und entblößte die Zähne zu einem Grinsen. "Hab' mit dir zu reden. Jim Brown schickt mich."

Joey runzelte die Stirn und knotete die Zügel um den Balken. Er tätschelte seinem Chestnut-Hengst die Stirn und kehrte dem anderen Mann den Rücken zu. "Mit Brown habe ich nichts zu schaffen. Er ist Mr. Haley nicht gut gesonnen."

"Nun blas dich nicht so auf!", knurrte der Fremde im Hirschledermantel. "Zwanzig Dollar fürs Zuhören. Fünfhundert Scheinchen, falls du einschlägst."

Der Jockey wandte sich erstaunt um. "Sprechen Sie, Mister."

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Seitenzahl: 391

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Titelfotos: Boada/Norma ISBN 978-3-7325-6215-2

Jack Slade

Lassiter Sammelband 1783 - Western

Inhalt

Jack SladeLassiter - Folge 2230Schritte näherten sich: Der Richter kam. Sarah zitterte, rutschte auf der Anklagebank hin und her. Von rechts legte Samuel Bouroughs, der Sheriff von Denver, seine Hand auf ihre Schulter, von links griff Tom Knight, der neue Hilfssheriff, nach ihrer Hand. "Ganz ruhig, Mädel", murmelte Knight, "gleich hast du's hinter dir." Vier Männer traten ein. Sarah Dunhill hatte nur Augen für den einen, dessen Namen man in ganz Colorado mit Ehrfurcht, ja mit Angst aussprach: Richter Lassiter Davenport. Alle erhoben sich. Tuscheln und Raunen ging durch die Reihen der Zuschauer. Richter Davenport, ein graubärtiger Hüne, klopfte so lange mit dem Hammer auf den Tisch, bis Ruhe einkehrte. Dann richtete er seinen strengen Blick auf Sarah. "Wegen Mordes an Captain Ron Smith, verurteile ich Sie, Sarah Dunhill, zum Tod durch den Galgen.Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2231Das Dorf, das keinen Namen hatte, lag scheinbar leer und verlassen unter der Sonnenglut. Lassiter zügelte seinen Braunen am südlichen Ende der Calle Principal, die Winchester vor dem Sattelhorn. Der große Mann hatte einen Viehdieb aus dem Grenzland bei Nogales quer durch die Wüste von Sonora gejagt. Hier, in dem wie ausgestorben wirkenden Pueblo, war der Bursche verschwunden. Lassiter ritt auf den Brunnen in der Mitte der Plaza zu. Die Anspannung ließ seine Nerven vibrieren... Äußerlich tat er, als würde er jeden Moment vor Erschöpfung im Sattel einschlafen. In Wahrheit rechnete er mit einem Hinterhalt. Hinter dem Brunnen schnellte plötzlich ein Mann hoch. Es war der Gejagte. Sein schweißüberströmtes Gesicht spiegelte blanke Verzweiflung. Er hob einen Revolver.Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2232Der Fremde trug einen Mantel aus goldbraunem Hirschleder und lehnte entspannt am Hitchrack. Er hielt die Arme verschränkt und blickte Joey mit einem schmalen Lächeln entgegen. Als der schmalbrüstige Jockey mit seinem Hengst näherkam, schlenderte der Unbekannte auf ihn zu. "Joey Garrison?", fragte der Fremde und entblößte die Zähne zu einem Grinsen. "Hab' mit dir zu reden. Jim Brown schickt mich." Joey runzelte die Stirn und knotete die Zügel um den Balken. Er tätschelte seinem Chestnut-Hengst die Stirn und kehrte dem anderen Mann den Rücken zu. "Mit Brown habe ich nichts zu schaffen. Er ist Mr. Haley nicht gut gesonnen." "Nun blas dich nicht so auf!", knurrte der Fremde im Hirschledermantel. "Zwanzig Dollar fürs Zuhören. Fünfhundert Scheinchen, falls du einschlägst." Der Jockey wandte sich erstaunt um. "Sprechen Sie, Mister."Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Keine Gnade für Sarah Dunhill

Vorschau

Keine Gnade für Sarah Dunhill

Schritte näherten sich: Der Richter kam. Sarah zitterte, rutschte auf der Anklagebank hin und her. Von rechts legte Samuel Bouroughs, der Sheriff von Denver, seine Hand auf ihre Schulter, von links griff Tom Knight, der neue Hilfssheriff, nach ihrer Hand. »Ganz ruhig, Mädel«, murmelte Knight, »gleich hast du’s hinter dir.« Vier Männer traten ein. Sarah Dunhill hatte nur Augen für den einen, dessen Namen man in ganz Colorado mit Ehrfurcht, ja mit Angst aussprach: Richter Lassiter Davenport. Alle erhoben sich. Tuscheln und Raunen ging durch die Reihen der Zuschauer. Richter Davenport, ein graubärtiger Hüne, klopfte so lange mit dem Hammer auf den Tisch, bis Ruhe einkehrte. Dann richtete er seinen strengen Blick auf Sarah. »Wegen Mordes an Captain Ron Smith verurteile ich Sie, Sarah Dunhill, zum Tod durch den Galgen.«

Sarah senkte den Blick. Wie ein kastanienroter Schleier fiel das lange Haar über ihr Gesicht. Ihr war es, als würde sich eine Bodenklappe unter ihren Sohlen öffnen und sie in einen dunklen Abgrund stürzen. »Ich bin unschuldig!«, rief sie. Tränen stürzten aus ihren Augen, ihre Knie gaben nach und sie brach weinend zusammen.

Die restlichen Worte des Richters und alles, was Sammy Bouroughs und Tommy Knight ihr von rechts und links ins Ohr flüsterten, gingen völlig an ihr vorbei.

Sie erinnerte sich auch Stunden später nicht daran, als sie auf ihrer Pritsche am Zellenfenster stand und in den Lärm auf der abendlichen Mainstreet von Denver hineinlauschte. Die Hammerschläge, mit denen man nur wenige Schritte vom Office entfernt das Podest für den Galgen zusammennagelte, gingen ihr durch und durch.

»Jesus Christus«, flüsterte sie. »Es ist so ungerecht. Jesus, wenn es dich wirklich gibt, dann rette mich aus dieser Not.« Sie starrte ins Halbdunkel der anderen beiden Zellen. Sie war die einzige Gefangene im Frauentrakt. Niemand, mit dem sie reden, niemand, an dessen Schulter sie weinen konnte.

Erst als es dunkel wurde, verstummten die Hammerschläge. Sarah fror und zitterte am ganzen Körper. Sie rollte sich in ihre Decken und kauerte sich auf der Pritsche zusammen. Erst stand ihr das Bulldoggengesicht von Richter Davenport vor Augen, dann die böse Grimasse des betrunkenen Captains.

Im Saloon des Black Mountain Hotels hatte Ron Smith seinen gesamten Sold versoffen, bevor er, wie schon am Vorabend, in ihr Zimmer herauf kam. Sarah hatte bereits geschlafen, schreckte hoch, als er ihr die Decke wegzog.

Ja, schon am Tag zuvor hatte sie ihm Liebe verkauft. Und ja, am Tag zuvor schon hatte sie gemerkt, dass er zu den perversen Sauhunden gehörte, die Lust nur empfanden, wenn sie Frauen Schmerzen zufügen konnten.

Sie hatte es zu spät gemerkt.

Als der Offizier der US-Kavallerie in der Nacht darauf plötzlich wieder in ihrem Zimmer stand und die Decke von ihrem Körper riss, schnürte die Angst ihr die Kehle zu. Sie wollte schreien, doch er warf sich auf sie und stopfte ihr ein Stück Leintuch in den Mund.

Und dann schlug er sie und forderte sie auf, die Beine breitzumachen. Sie tat, als wollte sie ihr Nachthemd hochraffen, griff jedoch statt nach dessen Saum nach dem Revolver in Smiths Halfter und schoss ihm in den Bauch.

Als er sich auf ihr krümmte, drückte sie zum zweiten Mal ab und jagte ihm eine Kugel in den Kopf. Der Captain war sofort tot.

Und dafür musste sie an den Galgen? Es war doch Notwehr gewesen! Hatte sie denn kein Recht, sich gegen Gewalt zu wehren, nur weil sie eine Hure war?

Sarah verbarg ihr nasses Gesicht in den verschränkten Armen und weinte hemmungslos. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich dermaßen verlassen und ohnmächtig gefühlt.

Erst als ein Schlüsselbund klirrte, merkte Sarah, dass jemand den Zellentrakt betreten hatte. Schluchzend hob sie den Blick. Der Schein einer Öllampe fiel in ihre Zelle, ein Mann trat ein und setzte sich zu ihr auf die Pritsche.

»Es ist hart, Sarah, ich weiß.« Tommy Knight. Zärtlich streichelte er ihr kastanienrotes Haar. »Es tut mir so unendlich leid.« Er trug den Stern des Gesetzes erst seit zwei Wochen.

»Es ist so ungerecht …« Sarah schluchzte. »Ich habe doch in Notwehr geschossen.«

»Ich glaube dir, Sarah, das weißt du.« Er zog ein Tuch aus der Westentasche und wischte ihr die Tränen ab. »Doch der Richter hat Smiths Sergeant und seinem Corporal mehr geglaubt als dir. Sie wollen gesehen haben, wie du den Kerl erst hinterher erschossen hast. Weil er nicht bezahlen konnte.«

»Diese Schweinehunde …«

»Ja, Schweinehunde, weiß Gott.« Er beugte sich zu ihr hinunter und drückte seine bärtige Wange an ihr feuchtes Gesicht. »Ich grüble die ganze Zeit, wie ich dir helfen könnte.«

Sie hörte auf zu schluchzen, drehte sich um, schob ihn ein Stück von sich und sah ihm ins Gesicht. »Wenn du mich laufen lässt, Tommy? Wenn du mir jetzt ein Pferd gibst und mich einfach laufen lässt?«

»Das ist nicht so einfach, wie du glaubst, Sarah.« Er strich ihr eine Strähne aus der Stirn und küsste ihr die Tränen aus dem Gesicht. »Ich wäre meinen Job los, käme selbst in den Knast.«

»Bitte, Tommy, bitte.« Ihre Lippen suchten seinen Mund.

Er küsste sie lange und leidenschaftlich. »Wenn du für mich arbeitest, Sarah, nur für mich, dann würde ich es vielleicht wagen.«

»Bitte, Tommy, bitte.« Sarah packte ihn am Halstuch und riss seine Stirn an ihre. »Ich tue alles für dich, was du verlangst. Nur – rette mich.«

»Du würdest für mich arbeiten?« Er raffte den Saum ihres Kleides hoch, tastete nach ihrem Strumpfband. »Du würdest mir das schriftlich geben?«

»Ja!«

»Und als Anzahlung schenkst du mir jetzt ein Liebesstündchen?« Er löste Sarahs Strumpfband.

»Ja, Tommy, ja.« Sie schlang die Arme um ihn, zog ihn zu sich herunter auf die Pritsche. »Alles, was du willst, schenke ich dir, wenn du mich nur vor dem Galgen rettest.«

***

Das Nest hieß Savior City und lag am Republican River, drei Tagesritte südlich von Cheyenne, zweieinhalb Tagesritte nördlich von Denver. Kaum dreißig Häuser, doch das Schild über der Veranda des Saloons war schon am Beginn der Mainstreet zu erkennen.

Es hatte seit Wochen nicht geregnet und jeder Windstoß hüllte einen in eine Staubwolke. Lassiter war froh, aus dem Sattel steigen zu können. Ein langer Ritt lag hinter ihm und vor ihm das Ende eines schwierigen Auftrags.

Falls alles gut ging.

Er knotete den Zügel seines Schimmels am Hitchrack fest, klopfte den Staub von seinem Hut und mit seinem Hut den Staub von Hose, Mochilla und Jacke. Das Gewehr auf der linken, die Mochilla auf der rechten Schulter stieg er zum Sidewalk hinauf.

Das Stimmengewirr hinter der Schwingtür verstummte, als er den saalartigen Saloon betrat. Etwa zwanzig Männer und Frauen starrten ihn an. Doch nur einen Atemzug lang, dann wandten die Leute wieder einander zu und ihre Stimmen erfüllten den Schankraum aufs Neue.

Lassiter ging zur Theke, lud Gewehr und Gepäck über einem leeren Barhocker ab und orderte Kaffee und ein Steak. Dann blickte er sich um.

Die meisten Männer an den Tischen und der Theke schienen ihm Einheimische zu sein: Farmer, Cowboys, Minenarbeiter, ein paar Geschäftsleute. Die wenigen Frauen sahen aus wie Professionelle – jung, aufgedonnert, grell gekleidet. Die Frau, die er suchte, sah er nicht unter ihnen.

Dafür entdeckte eine der Ladys ihn, erhob sich von ihrem Tisch neben dem Piano und kam mit wiegenden Hüften zur Theke. Sie war aschblond und zierlich und hatte ihr Dekolletee erfreulich nachlässig geschnürt.

»Guten Tag, Gentleman«, sagte sie und ließ sich auf dem Barhocker neben Lassiters nieder. »Wie alt ist der Staub auf deinen Stiefeln?«

»Ähnlich alt wie der Schweiß in meinem Hemd.« Lassiter grinste. »Ein Bad tät mir jetzt gut.«

»Können Sie haben, Sir.« Der Salooner stellte ihm den Kaffee auf die Theke. »Das Badehaus finden Sie im Hinterhof.« Und dann leiser: »Mit einem Mädchen ist es ein bisschen teurer. Soll ich Wasser heiß machen?«

»Danke, Sir. Nach dem Essen.« Lassiter zog den Kaffeebecher zu sich. »Ich suche Miss Rosemarie Clark. Sie wohnt hier bei Ihnen.«

»Rosemarie Clark?« Der Salooner zuckte mit den Schultern. »Kenn ich nicht.«

»Vielleicht hat sie das Zimmer ja unter ihrem Künstlernamen gemietet.« Lassiter hatte die Frau dreimal gesehen. Vor zwei Wochen hatte sie ihm ein Telegramm nach Kansas City geschickt. Sie wolle ihn hier in Savior City treffen und ihm die Namen ihrer Hintermänner verraten. Und die Belohnung zu kassieren.

»Ist sie denn Tänzerin oder so was?«, wollte der Salooner wissen.

»Etwas in der Art.«

»Und wie sieht sie aus?«

»Miss Clark ist rotblond, Anfang zwanzig und spricht mit einem texanischen Akzent«, beschrieb Lassiter das Mädchen. »Sie hat grüne Augen und ihre Kleider sehen teuer und nach Ostküste aus.«

»So eine wohnt hier, doch.« Der Salooner schabte sich den grauen Stoppelbart. »Heißt aber anders. Hab sie schon seit zwei Tagen nicht mehr gesehen.« Er wandte sich an die Aschblonde neben Lassiter. »Schläft wohl ihren Rausch aus.«

»Melly?«, sagte die Aschblonde. »Ich glaub, die empfängt ihre Freier nur noch auf dem Zimmer.«

»Melly?« Lassiter runzelte die Stirn. »Wie heißt sie noch, und wie lautet ihre Zimmernummer?«

»Ich red nicht über meine Gäste.« Der Salooner drehte sich um, verschwand in der Küche. Der Duft nach gebratenem Fleisch wogte aus der Tür, während er sie öffnete und schloss. Lassiters Magen knurrte.

»Greenly«, sagte die Aschblonde. »Melitta Greenly. Jedenfalls hat Melly sich so genannt.« Sie beugte sich näher zu ihm und flüsterte: »Sie wohnt in Zimmer dreizehn.«

»Danke, Ma’am.« Lassiter tippte sich an den Hut. »Lassiter, einfach nur Lassiter. Und wer sind Sie, Ma’am?«

»Nennen Sie mich Betty, Lassiter.« Sie steckte sich eine Zigarette in die Zigarettenspitze. »Wo kommen Sie her?«

Lassiter erzählte ein bisschen was, nicht Genaues. Er spielte mit den Gedanken, noch vor dem Essen hoch zu Zimmer 13 zu gehen und Rosemary zu begrüßen. Eine Edelhure aus Saint Lassiter. Statt auf eigene Rechnung arbeitete sie für ein Mörderpack, dessen Anführer sie wie eine Sklavin hielt.

Keiner von denen, deren Namen sie ihm offenbaren würde, konnte dem Galgen entgehen. Und sie auch nur deswegen, weil er versprochen hatte, sie zu decken und aus der Gewalt ihrer Zuhälter zu befreien.

Lassiter war entschlossen, sein Wort zu halten. Rosemarys Belohnung steckte in seiner Mochilla. Fünftausend Dollar.

Der Salooner stellte einen dampfenden Teller vor ihn hin. Ein Riesensteak, Bohnen und gebratene Kartoffeln. Der Essensduft stieg Lassiter in die Nase und er beschloss, den Antrittsbesuch bei Rosemary Clark auf die Zeit nach dem Essen zu verschieben.

»Bist du verwandt mit Melly?«, wollte die Aschblonde namens Betty wissen.

»Ein Cousin«, sagte Lassiter. Die Verschleierung der Wahrheit gehörte zu seinem Geschäft. »Wir sind zusammen aufgewachsen.« Er zersäbelte sein Fleisch und begann zu essen.

»Ein Glück. Ich dachte schon, du wärst ein US-Marshal und suchst sie, weil sie etwas ausgefressen hat.«

»Hat sie denn was ausgefressen?«

»Keine Ahnung.« Die Miene der Aschblonden verschloss sich; wahrscheinlich wusste sie mehr über Rosemarys Geschäftsmethoden, als sie vorgab. »Muss ja eine muntere Kindheit gehabt haben, die gute Melly«, sagte Betty und lächelte wieder. »Und beliebt scheint sie auch zu sein in eurer Verwandtschaft.«

»Wie kommst du darauf?« Das Fleisch war ein bisschen zäh, die Bohnen dafür butterzart.

»Vorgestern hatte sie schon einmal Familienbesuch, ein Bruder und Neffe zweiten Grades.«

»Wie hießen die?« Die Kartoffeln waren dunkelbraun und kross gebraten. So hatte Lassiter sie gern.

»Will und Henry.«

Lassiter wurde hellhörig. »Können nicht von unserer Familie sein. Wie sahen die aus?« Das Fleisch war nur halb durch und schmeckte mit jedem Bissen besser.

»Will hatte lange schwarze Haare und einen Schnurrbart, ein ziemlich schmächtiger Typ. Henry hatte so ein breites, vernarbtes Gesicht und kurze blonde Locken.« Betty kicherte. »Erinnerte mich ein bisschen an einen Stier. Beide waren höchstens dreißig.«

»Komisch.« Lassiter legte die Gabel weg und schielte zur Treppe hinauf.

»Vielleicht waren sie auch Stammfreier von Melly und haben einen Dreier mit ihr geschoben.« Die Aschblonde zuckte mit den Schultern.

»Wann soll das gewesen sein?« Lassiter sprach mit vollem Mund; er war wirklich hungrig.

»Am Abend vor zwei Tagen.«

»Und wann hast du Rosemary, also Melly, zuletzt gesehen?«

»Vor zwei Tagen beim Frühstück.«

Lassiter stutzte und schielte nun nur noch zur Treppe hinauf. »Vor zwei Tagen also, aha.« Er legte die Gabel auf den Teller.

»Schmeckt’s Ihnen nicht, Mister?« Der Salooner streckte den Kopf zur Küchentür heraus.

»Nicht wirklich, doch das liegt nicht an Ihren Kochkünsten.« Lassiter schob den noch halbvollen Teller von sich, trank seinen Kaffeebecher leer und rutschte vom Hocker. Drei Stufen auf einmal nahm er auf der Treppe. An der Tür mit der Zimmernummer 13 blieb er stehen und klopfte.

Nichts rührte sich hinter der Tür. »Rosemary?« Lassiter klopfte erneut, diesmal heftiger. »Rosemary, bist du da?«

An der Treppe bog nun die Aschblonde um die Ecke. »Was hast du denn auf einmal, Lassiter?« Bettys eben noch so vergnügtes Gesicht sah jetzt aus, als hätte ihr gerade eben jemand eine Morddrohung zugeflüstert. »Glaubst du etwa …?« Sie schluckte.

Lassiter drückte die Klinke hinunter. Abgeschlossen. Er nahm Anlauf und warf sich gegen die Tür. Sie sprang auf. Rosemary lag auf dem zerwühlten Bett. Hinter Lassiter stieß Betty einen Schrei aus.

Das Fenster zum Hinterhof stand weit offen. Herein gewehter Staub bedeckte umgestürzte Stühle, im Zimmer verstreute Kleider, das blutgetränkte Bett, ja selbst die blaugraue Leiche Rosemarys. Alles voller Staub.

»Jemand hatte ihr die Kehle durchgeschnitten«, flüsterte Betty.

***

Tommy stellte die Öllampe auf den Steinboden neben die Pritsche. Sarah raffte ihr Kleid hoch, löste auch das andere Strumpfband und streifte sich den Hüfthalter ab. »Komm, Tommy. Nimm mich.« Er starrte die Haut ihrer Schenkel zwischen Strümpfen und Schlüpfer an. »Komm, lass es uns machen.«

Sie zog ihn an ihre Brust, und er spürte, wie ihr Knie sich an seinem Schenkel und seiner Hüfte rieb. »Ich gebe dir alles, was du von mir willst, Tommy. Und das hier soll nur die Anzahlung sein.«

So einfach hatte Tom Knight sich das Geschäft nicht vorgestellt. Nun gut, er hatte auch noch nie drei Monate hinter Gittern auf einen Prozess gewartet, war noch nie zum Tode verurteilt worden und musste sich noch nie darauf einstellen, in zwölf Stunden an den Galgen gehen zu müssen.

Er schaute hinunter auf die Öllampe neben der Pritsche. In ihrem schwachen Lichtkegel konnte er Sarahs Schenkel und Knie sehen. Das Licht machte ihm ein bisschen Sorgen. Vielleicht sah es ja jemand von der Mainstreet aus. Vorsichtshalber drehte er den Docht herunter.

Dabei keuchte er schon vor Erregung. Von Anfang an hatte er Sarah nur ansehen müssen, um sein Blut zum Sieden und sein bestes Teil zum Stehen zu bringen. Er nestelte an ihrem Kleid herum. Sarah half ihm, und ehe Tom sich versah, hatte sie es geöffnet. Im nächsten Augenblick zog sie sich bereits das Mieder über die Brüste. »Für dich, Tommy! Fass sie an! Sie gehören dir.«

Er legte ihr die Hand auf den Mund. »Nicht so laut, Sarah. Um Himmels willen, bleib möglichst leise.«

Vor einem halben Jahr hatte er Sarah mal tanzen sehen, oben in Cheyenne; da wusste er schon, dass sie die Richtige war für sein Geschäft. Sei zwei Wochen war er Hilfssheriff von Denver. Der Plan, sie hier rauszuholen, war bereits lange zuvor fertig gewesen. Ein perfekter Plan, wie es nun aussah.

Sie rutschte von der Pritsche, ging vor ihm auf die Knie. Der nur noch matte Lichtschein fiel auf ihre prallen Brüste. Wunderbar füllig waren sie. Tommy schnappte nach Luft; sein bestes Teil fand kaum noch Platz in seiner Hose.

Sarah griff unter ihre Brüste, hob sie aus dem Kleid. Wie reife Früchte präsentierte sie sie ihm. »Bitte, Tommy, küsse sie. Du darfst mich überall küssen.«

»Himmel, Sarah! Ich wusste, dass du schön bist, doch so schön?« Er beugte sich über ihre Brüste und wühlte sein Gesicht hinein.

»Gefall ich dir?«, flüsterte Sarah. »Das ist gut. Ich hab noch mehr für dich.« Sie machte sich von ihm los, stand auf, griff unter ihr Kleid und schälte sich aus Strümpfen und Schlüpfer. Dann raffte sie ihr Kleid bis über die Hüfte, präsentierte ihm ihr dunkles dreieckiges Pelzchen.

Tommy konnte sein Glück kaum fassen, streckte die Rechte aus, berührte ihre Schenkel, ihre Scham. »Komm her, Frau.« Er zog sie an sich.

»Alles für dich, Tommy.« Sie stieß ihm ihr Becken entgegen, rieb ihre Scham gegen seine Hose. »Denk an meine feuchte Spalte, Tommy. Sie hungert nach dir, weißt du das? Tommy, mein Retter, sie hat solchen Hunger nach dir.«

Mit Brüsten und Schoß rieb sie sich an ihm, zog ihn auf die Pritsche hinunter. »O liebster Tommy.« Sarah legte sich auf den Rücken, spreizte die Beine. »Komm, nimm mich.«

»Das werde ich tun, verlass dich drauf.« Er keuchte schon vor Erregung. »Aber ich will dich auf meine Art.«

»Alles, was du willst, Tommy.« Ihre Stimme wurde brüchig. Vor Erregung? Vor Angst? »Was soll ich tun, sag es mir.«

Er stand auf, zog sie hoch. »Knie dich vor der Pritsche nieder.« Sie nickte, ging auf die Knie. Er sah ihre verhangenen Augen im schwachen Schein der Öllampe, ihre feuchten Lippen, sah auch die hitzige Erwartung in ihrem Blick. Also war es doch mehr die Erregung, die sie beherrschte, und nicht so sehr die Angst. »Dreh dich um«, flüsterte er. »Beug dich über die Pritsche.«

»Alles, was du willst.« Sie rutschte herum, stützte sich auf die Pritsche, streckte ihm ihren Hintern entgegen. »Von hinten, o ja, das finde ich auch schön. Nimm mich von hinten, Tommy!«

Er ging hinter ihr in die Knie, legte den Waffengurt ab und befreite sein bestes Teil aus der Hose. Dann schob er ihr das Kleid über das Gesäß bis auf ihren Rücken hinauf. Ihr praller Hintern kreiste im schwachen Lampenschein.

»Komm schon, Tommy, mach’s mir, wie du willst. Ich gehöre dir.« Sarahs Worte verschlugen ihm schier den Atem. Und trieben ihm noch mehr heißes Blut in sein bestes Teil. Das fühlte sich an, als wollte es jeden Moment platzen. Er rutschte näher zu ihr.

Die Pritsche knarrte, so heftig wackelte Sarah mit ihrem herrlichen Hintern. Tommy streichelte ihn. Sehr weich fühlte er sich an, sehr lecker. Er knetete ihr weiches Fleisch durch und rieb seinen Pint in der weichen heißen Kerbe zwischen den Pobacken hin und her. Er wurde halb wahnsinnig Lust und genoss es.

»Mach’s mir endlich, Tommy, ich brenne.«

Er griff ihr von hinten zwischen die Schenkel, spürte ihr Schamhaar, spreizte die Schamlippen mit den Fingern und drang in sie ein.

Vorsichtshalber hielt er ihr den Mund zu, damit sie nicht schrie und womöglich noch den Sheriff weckte, der irgendwo im Obergeschoss schlief. Tommy hatte Sammy Bouroughs Whisky mit einem Betäubungsmittel verstärkt.

Er bewegte sich in ihr hin und her, stieß sie, so kräftig er konnte, und knetete dabei ihren herrlichen Hintern. Sie stöhnte und keuchte und biss ihm in die Hand. Tommy knurrte vor Lust. Der Schweiß floss ihm aus dem Haaransatz, so hart stieß er sie.

Kurz bevor er kam, zog er sich zurück, denn die Knie taten ihm weh. Er drehte sie um, drückte sie auf die Pritsche und warf sich auf sie. Sarah verschränkte die Schenkel hinter seinem Kreuz. Wie eine Erstickende röchelte sie und ruderte mit den Armen. Und dann endlich stieß sie einen tiefen Seufzer aus und erschlaffte unter ihm.

Drei kräftige Stöße noch, dann kam auch er. Er blieb auf ihr liegen und atmete tief. Irgendwann schlief er ein.

Nach kurzer Zeit schon weckte sie ihn. »Ich krieg keine Luft mehr, Tommy«, flüsterte sie. »Du musst von mir runter.«

Er schob sich von ihr, stand auf, zog sich an, schnallte seinen Waffengurt um.

»Und jetzt?« Sie saß auf der Pritschenkante, musterte ihn mit großen Augen und erwartungsvollem Blick.

»Der Vertrag ist fertig, neue Kleider für dich liegen im Pferdestall.« Er griff nach ihrer Hand und zog sie hoch. »Die Pferde sind gesattelt, deine Sachen zu einem Bündel geschnürt. Du unterschreibst, ziehst dich um, und dann reiten wir aus der Stadt.«

***

Mitternacht. Die letzten Gäste hatten den Saloon verlassen. Nur Betty und ihre Kolleginnen drängten sich noch an der Theke. Die Frauen hielten einander umarmt, alle waren leichenblass, einige heulten. Auch die aschblonde Betty weinte sich die Augen aus.

Lassiter und der Sheriff saßen an einem Fenstertisch. »Sie haben das Mädchen brutal vergewaltigt«, sagte der Sheriff. »Scheißkerle, verfluchte!«

Er atmete eine Whiskyfahne aus, die Lassiter schon von der Theke aus gerochen hatte, als der Sternträger drei Stunden zuvor den Saloon betrat.

»Mein Assistent hat Geld und Schmuck im Schrank und im Nachtisch gefunden. Raubmord war es also keiner.«

»Dacht’ ich mir schon.« Lassiter nickte. »Und eine Professionelle muss man nicht unbedingt vergewaltigen, nicht wahr? Also scheidet eigentlich auch Sex als Motiv aus.«

»Wäre ich mir nicht so sicher. Vielleicht wollten die Kerle irgendwelche perversen Schweinereien von Melly.« Der Sternträger leerte sein Glas. »Eine Prärieschwalbe, die so was verweigert, hat schnell ein Problem.«

»Schon möglich.« Lassiters Gedanken gingen in eine ganz andere Richtung, doch darüber verlor er lieber kein Wort. Er hatte dem Sheriff und seinem Assistenten erklärt, dass er für die Regierung arbeitete. Sie hatten keinen Ausweis sehen wollen, keinen Stern, hatten nicht einmal gefragt, für welche Regierung.

»Wir wissen im Grunde gar nichts über Melly.« Der Sheriff zuckte mit den Schultern. »Oder Rosemary. Hat sie Familie? Wird sie vermisst? Kommt sie aus dem Westen oder aus dem Osten? Keine Ahnung. Wir kennen nur ihren falschen Namen.« Mit knapper Geste Richtung Tresen orderte er noch zwei Whisky. Einen für sich, einen für Lassiter.

»Ich kümmere mich darum«, sagte der Mann von der Brigade Sieben. »In ein paar Tagen wissen die Angehörigen Bescheid, versprochen. Irgendwann werden die Leute hier an ihrem Grab auftauchen. Dann machen Sie sich auf etwas gefasst, Sheriff.«

Das arrogante Gesicht von Leslie Clark tauchte vor Lassiters innerem Auge auf. Clark war ein schwer reicher Reeder aus Memphis. Vor allem aber war Clark der Vater von Rosemary.

Meine Tochter würde niemals ihren Körper verkaufen! Lassiter glaubte, Clarks näselnde Stimme zu hören. Er zog die Schultern hoch, weil er fröstelte. Und schlecht war ihm auch.

Der Hilfssheriff kam die Treppe herunter und an ihren Tisch. »Melly hat ziemlich viel Haut unter den Nägeln der rechten Hand. Einem dieser Sauhunde hat sie womöglich das Gesicht zerkratzt. Sonst keine Spuren. Die Killer sind durchs Fenster auf den Hinterhof geklettert.«

Der Salooner brachte den Whisky. »Ist dir nicht aufgefallen, dass die beiden Kerle nicht mehr die Treppe heruntergekommen sind?«, fragte der Sheriff ihn. »Du belauerst doch sonst wie ein Geier jeden, der seine Zeche noch nicht bezahlt hat.«

»Die beiden haben bezahlt«, entgegnete der Salooner mürrisch. »Eine ganze Flasche haben die bestellt und sofort bezahlt. Den Whisky haben sie mit nach oben genommen. Und was glaubst du, wie viele Männer an einem guten Abend bei mir die Treppe rauf und runter gehen? Käme nicht zum Arbeiten, wenn ich auf jeden achten würde.«

»Vielleicht können Sie morgen mal die Ohren steif halten«, wandte Lassiter sich an beide Sternträger. »Wenn Sie jemanden finden, der die beiden Kerle gesehen hat, als sie in die Stadt ritten, würde ich gern ein paar Worte mit demjenigen sprechen.«

»Machen wir.« Der Sheriff hob sein Glas, sie stießen an und tranken.

Bevor er in sein Zimmer hinauf ging, hörte Lassiter sich noch einmal unter den verstörten Mädchen an der Theke um. Außer Betty hatte nur noch eines die Kerle wahrgenommen, die sich Will und Henry genannt hatten.

»Der ältere trug ein gelbes Halstuch und eine schwarze Samtweste«, berichtete die Frau.

»War der Ältere der mit den langen Haaren?«, fragte Lassiter.

»Nein, der Blonde. Jedenfalls sah er älter aus. Und sein Halstuch hatte auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel.«

»Stimmt.« Betty nickte. »Es war mächtig ausgebleicht und passte nicht recht zu seiner Weste und seinem teuren Anzug.«

»Und der Kleine mit den langen Haaren hatte so ein Abzeichen am Hut und eine gelbe Kordel als Hutband.«

»Genau!« Jetzt fiel es auch Betty wieder ein. »Das waren gekreuzte Säbel. Mein Vater hatte auch so einen Hut. Stammte noch aus dem Krieg. Da hat mein Dad im Virginia-Kavallerie-Regiment gekämpft.«

Lassiter nickte. Ein Hut der US-Kavallerie also. Oder ein Erinnerungsstück aus den schlimmen Bürgerkriegsjahren. Lagen ja noch nicht so lange zurück. »Danke, Ladys.« Er verabschiedete sich und ging die Treppe hoch.

»Und welche von uns nimmst du mit?« Betty stand unten, stemmte die Fäuste in die Hüften und warf ihm einen beleidigten Blick hinterher.

»Dich«, sagte Lassiter. »Aber erst morgen.« Ihm war nicht nach Liebe – zu tief steckte ihm noch der Schreck über den Anblick der toten Rosemary in den Knochen.

Am Vormittag des nächsten Tages fragte er in den Nachbarhäusern des Saloons nach »Will« und »Henry«. Der Wind jagte Staubwolken durch die Mainstreet. Am Himmel zogen dunkle Wolken auf. Es würde bald regnen, was für ein Glück.

Ein Schmied wollte gesehen haben, dass die beiden Reiter aus Süden in die Stadt geritten waren. Eine alte Lady, die in der Mordnacht aus dem Fenster geschaut hatte, schwor, die Männer seien nach Norden aus der Stadt geritten.

Der halbwüchsige Sohn des Salooners war für den Stall und die Tiere der Gäste zuständig. »Die haben mir zwei Dollar in die Hand gedrückt und ihre Apfelschimmel selbst in den Stall gebracht«, erklärte er Lassiter. »Beides Walache.«

»Und wir reden von denselben Männern?«

»Ganz sicher, Sir. Den gehässigen Blick des Blonden mit dem Narbengesicht werde ich so schnell vergessen. Als ich später ein anderes Pferd in den Stall führte, sah ich, dass die Tiere der Kerle noch gesattelt waren. Kam mir gleich irgendwie komisch vor.«

Gegen Mittag schickte der Sheriff einen Boten und ließ Lassiter ins Office holen. Ein grauhaariger Mann hockte bei ihm am Schreibtisch – staubiger Stetson, staubige Stiefel, staubige Wildlederjacke. Die Männer tranken Whisky.

»Jack Bristol gehört zur Bürgerwehr von Savior City«, sagte der Sheriff. »Er war die letzten Tage draußen auf den Weiden bei seinen Pferden.« Der Sheriff deutete auf den Mann von der Brigade Sieben. »Das ist Lassiter, Jackie. Erzähl ihm, was du gesehen hast.«

»Ein Feuer, zwei Reiter, zwei Pferde. Schwere Walache, wie die US-Kavallerie sie gern benutzt.« Bristol sprach schleppend und mit tiefer Stimme. Sein Gesicht war von der Sonne verbrannt und hundertfach zerfurcht. Trauer lag in seinem müden Blick. »Als ich am Morgen zu ihrem verlassenen Lager ritt, fand ich das hier.« Bristol reichte Lassiter eine Schachtel mit Schwefelhölzern.

Lassiter betrachtete die noch halbvolle Schachtel. Die Adresse eines Hotel war darauf abgedruckt: das Black Mountain Hotels in Denver. »Und Sie sind sicher, dass es sich um Pferde der Army gehandelt hat?«

»Ziemlich sicher, Mr. Lassiter.« Bristol nippte an seinem Whisky. »Ich züchte und verkaufe seit dreißig Jahren Pferde. Ich weiß schon, worauf unsere Kavallerie steht. Sie waren mit Rosie verabredet, sagt der Sheriff. Kannten Sie sie näher?«

»Kann man nicht so sagen.« Etwas in Bristols Blick und Stimme verriet Lassiter, dass der Mann mehr als nur beiläufiges Interesse an dem Fall hatte.

»Sind Sie hinter den Killern her?«

»Schon möglich.«

Lassiter ging zurück ins Hotel und schrieb einen Bericht für seinen Auftraggeber in Washington. Eine Telegraphenstation gab es nicht in Savior City. Er wartete die Mittagskutsche ab und übergab den Brief dem Kutscher. Die Brigade Sieben würde Leslie Clark und seine Frau über den Tod ihrer Tochter informieren.

Danach packte der Mann von der Brigade Sieben seine Sachen, sattelte seinen Schimmel und machte sich auf den Weg nach Denver.

***

Es ging schon auf den Abend zu, und der Black Rock Saloon von Cheyenne füllte sich langsam. Viele Einheimische, eine Handvoll Männer in Fräcken und mit steifen Hüten, einige Frauen aus Sarahs Branche und ein paar Eisenbahner. Sarah hatte sich ihr kastanienrotes Haar zu einem Dutt geflochten. Tommy wollte es so.

Die meisten Leute fühlten sich wie zu Hause im Saloon – zogen ihre Jacken aus, hingen hemdsärmelig an der Theke und den Tischen, riefen und lachten laut durch den ganzen Schankraum, und die Eisenbahner machten sich an die Frauen heran.

»Die Männer waren lange unterwegs«, sagte Tom Knight. »Gestern hat man ihnen den Lohn ausgezahlt. Trotzdem überlassen wir sie euren Konkurrentinnen.« Sarah und Bernadette nickten.

Die Französin hatte Sarah selbst erst vor drei Tagen kennengelernt, gleich als sie in Cheyenne aus dem Zug gestiegen waren. Bernadette arbeitete schon länger für Tom. Sarah wurde nicht recht warm mit ihr.

»Die Gentlemen in den Fräcken und mit den steifen Hüten interessieren uns weit mehr.« Mit flüchtigem Blick deutete Knight zum Spieltisch hinüber, wo drei gut gekleidete Männer mit zwei Cowboys aus Cheyenne pokerten. »Der Grauhaarige in dem karierten Jackett und mit der Melone heißt Jerry. Offiziell ein Agent der Wells Fargo, tatsächlich arbeitet er mit uns zusammen. Von Jerry weiß ich, dass der Dicke mit dem hellen Zylinder für uns interessant ist.«

»Und warum ist er für uns so interessant, Chérie?« Mit schmachtendem Augenaufschlag schmiegte Bernadette sich an Knights Schulter. Sie sprach mit leichtem Akzent. Von Anfang an war Sarah aufgefallen, wie unterwürfig die Französin sich ihm gegenüber verhielt. Als wäre sie ihm ganz und gar ergeben.

»Er besitzt eine Bank in San Francisco und ist auf dem Weg nach Chicago, um dort eine Filiale zu gründen.« Tom sprach leise und vermied es, zum Spieltisch zu sehen. »Sein Name ist Robert Turner. Jerry glaubt, dass Turner eine größere Menge Dollars mit sich herumschleppt.«

Tom wandte sich an Sarah Dunhill. »Das könnte dein erster Auftrag werden, Mrs. Knight.« So nannte sie sich hier in Cheyenne – Sarah Knight. Tommy hatte sie als seine Gattin ausgegeben. Sie teilten ein Zimmer. Und ein Doppelbett.

»Mein erster Auftrag also.« Sarah nickte. »In Ordnung.« Sie war nervös. »Falls er mich will.«

Einerseits verstand sie genau, was Knight mit Auftrag meinte, andererseits schwang da so ein Unterton in seiner Stimme mit, der sie hellhörig machte. Es ging doch nicht etwa um mehr als um das übliche Geschäft zwischen Freier und Hure?

»Das natürlich vorausgesetzt«, sagte Knight. »Doch er wird schon auf dich anspringen, wenn du ihm schöne Augen machst.«

»Und isch, Chérie?« Bernadette legte ihre Rechte auf Knights Hand und streckte ihm den gespitzten Mund mit der Zigarettenspitze entgegen. Sie war dunkelblond, kleiner und zierlicher als Sarah. »’at Jerry auch für misch eine lohnende Fang ausgeguckt?«

»Nicht direkt.« Knight riss ein Schwefelholz an und gab ihr Feuer. »Du übernimmst denjenigen, der die Pokerpartie gewinnt. Das wird voraussichtlich der Typ mit dem weißen Rüschenhemd und dem schwarzen Anzug sein.«

Nur mit dem Blick deutete Tommy Knight hinüber zum Pokertisch. An ihm vorbei beäugte Bernadette den jungen Burschen in Schwarz und Weiß. Er war glatt rasiert, sein schwarzes Haar und seine Koteletten glänzen von Pomade. Ein silberfarbenes Hutband schmückte seinen schwarzen Stetson. Er saß nicht, er thronte auf seinem Lehnstuhl am Spieltisch.

»Was für eine ’übsche Mann.« Bernadette biss sich auf die Unterlippe. »Und so geschmackvoll gekleidet.« Weil sie merkte, dass Knight die Brauen runzelte, schenkte sie ihm einen Augenaufschlag und fügte hinzu. »Beinahe so geschmackvoll wie du, Chérie.«

Tom Knight trug einen hellen Frack und eine rote Samtweste darunter. Auch Hosen und Stiefel sahen teuer aus. Den Stern des Hilfssheriffs hatte er gleich abgelegt, als sie in Denver in den Zug gestiegen waren.

»Der Mann heißt Carlos di Novo, ein Kartenhai aus New Orleans. Jerry und ich werden dafür sorgen, dass er die anderen ausnimmt.« Knight grinste müde. »Wenn wir Glück haben, wird er es sein, der mit dir aufs Zimmer geht. Freu dich schon mal, Darling.«

»Wie du meinst, Chérie.« Bernadette blies den Rauch über seinen weißen Stetson hinweg und lächelte zärtlich. »Ich werd euch wie immer ein wenig ’elfen.«

Sarah fragte sich, ob die Französin aus freien Stücken für Tommy Knight arbeitete, oder ob er sie auf ähnliche Weise dazu gebracht hatte wie sie.

Knight beugte sich über den Tisch zu Sarah und nahm ihre Hand. »Du kommst nachher mit Bernadette an den Pokertisch und machst dich an Turner heran. Kümmere dich nicht um mich und Bernadette, wir haben so unsere eigene Art, eine Partie zu beeinflussen.«

»Ist gut, Tommy.« Sarah versuchte tapfer, sein Lächeln zu erwidern. »Aber dieser Bankdirektor wird doch nicht der Einzige sein, den ich heute Abend mit aufs Zimmer nehme. Oder?«

»Doch, der Einzige. Du einen und Bernadette einen, das reicht völlig für einen Abend. Du wirst sehen.« Er grinste und strich ihr mit dem Fingerrücken über die Wange. »Keine Sorge, es wird alles gut gehen. Bernadette und deine Vorgängerin haben das schon Dutzende Male gemacht.«

»Aber …« Sarah war verwirrt. »Was sollte denn schief gehen können?« Wieder beschlich sie das Gefühl, ihre Aufgabe erst zu einem kleinen Teil zu kennen.

Knight grinste nur und wandte sich an die Französin. »Ich gehe jetzt rüber zu Jerry an den Spieltisch, Darling. Und du ziehst dich mit deiner neuen Kollegin auf dein Zimmer zurück. Dort macht ihr zwei Hübschen euch ein wenig frisch, und du erklärst Sarah genau, wie wir arbeiten.«

Sarah war verwirrt und Bernadette schnurrte: »Verlass disch ganz auf misch, Chérie.«

Tom Knight spitzte die Lippen und hauchte ihr einen Kuss zu. »Bis später.« Er stand auf, winkte mit dem Finger und stelzte zum Spieltisch.

»Ich verstehe überhaupt nichts mehr«, sagte Sarah. Bernadette stand auf und winkte sie hinter sich her. »Was sollst du mir denn erklären?« Sie raffte ihr Kleid hoch und stieg hinter der Französin her die Treppe hinauf. »Ich tu doch so etwas nicht zum ersten Mal.«

»So, wie wir es tue, schon, Süßes.« Bernadette schloss ihr Zimmer auf und schob Sarah hinein. Es roch nach Parfüm und frischer Wäsche. Auf dem Tisch standen zwei Flaschen Cognac und vier Gläser.

»Setz disch, Süßes.« Sarah ließ sich ihr gegenüber am Tisch nieder. Bernadette schob ihr eine der Cognacflaschen zu und zwei Gläser. »Die nimmst du gleisch mit auf deine Zimmer.«

»Aber warum denn?«

»Wir pflegen unsere Gäst’ eine gute Drink anzubiete.« Bernadette kramte zwei kleine braune Fläschchen aus ihrer Handtasche und schob eines davon ebenfalls über den Tisch zu Sarah. »Und das ’ier nimmst du au mit in deine Zimmer.«

»Was ist da drin?« Sarah nahm das volle Fläschchen und drehte es zwischen den Fingern.

»Klofelin.«

»Klofelin?« Sarah machte große Augen. »Und was soll ich damit?«

Tief sog Bernadette den Rauch ein und blies ihn gegen die Öllampe. »Das werde isch dir jetzt ganze genau erkläre, Süßes.«

***

Der Umriss des Maultiers schälte sich aus dem Halbdunkel des Stolleneingangs, die Räder der Lore quietschten. Der kleine Mann neben Lassiter verzog das Gesicht und stöhnte auf. »Unerträglich, oder?«

»Gibt Schlimmeres«, sagte Lassiter. Das Pfeifen und Heulen eines Geschosshagels zum Beispiel, wollte er hinzufügen. Doch da schimpfte sein Gesprächspartner bereits mit dem Vorarbeiter.

»Ihr sollt die Kugellager regelmäßig ölen!«, fuhr er ihn an. »Wie oft muss ich euch das noch sagen! Das Gequietsche hält ja kein Mensch aus! Und den armen Maultieren geht es auf die Knochen, wenn die Räder nicht rund laufen!«

Der Vorarbeiter, zwei Köpfe größer als sein Boss und ein wahrer Schrank von einem Mann, wurde rot und nickte hastig. »Jawohl, Mister Reynolds. Wird gemacht, Sir!« Er wandte sich ab und stauchte den Arbeiter zusammen, der das Maultier führte.

Die mit Geröll gefüllte Lore hielt an. Reynolds spähte auf die Ladung und griff einen faustgroßen Stein heraus. »Sehen Sie die rötlichen Adern, Lassiter?«

Lassiter nickte. »Kupfer?«

»Kupfer. Korrekt.« Joseph Reynolds warf den Felsbrocken zurück in die Lore und strich sich den Staub von den Fingern. »Worauf wartest du noch?« Auf sein Handzeichen hin trieb der Arbeiter das Maultier an. Quietschend rollte die Lore über die Gleistrasse zu dem wartenden Fuhrwerk. Reynolds verzog das Gesicht.

»Mein Tipp, Lassiter«, sagte er. »Wenn die Regierung mal keine Aufträge mehr für Sie hat, schürfen Sie Kupfer. Jede popelige Stadt wird demnächst Kupferdrähte für elektrisches Licht in ihre Behörden verlegen, und Sie werden reich werden. Falls Sie wie ich ein paar Kupferminen betreiben.« Reynolds zog eine Zigarre aus dem Jackett. »Wo waren wir stehen geblieben?«

»Rosemary Clark, Sir.«

»Richtig. Armes Ding.« Reynolds biss die Spitze seiner Zigarre ab und spuckte sie zwischen die Gleise. »Andererseits hat sie mit dem Teufel getanzt. Da kann man nicht damit rechnen, auf Rosen gebettet zu werden, nicht wahr?« Er lachte meckernd, riss ein Schwefelholz an und hielt die Flamme unter die Spitze seiner Zigarre.

Joe Reynolds trug selbst hier, in der Wildnis, einen Dreiteiler: dunkelgrauen Frack, schwarz gestreifte Hosen und eine schwarze Seidenweste. Und natürlich einen schwarzen Zylinder. Joe Reynolds sah nach Geld aus, und tatsächlich gehörte er zu den drei reichsten Männern von Denver. Vor allem aber war er Mittelsmann der Brigade Sieben.

»Keine Ahnung, ob Rosemary Clark damit rechnete, auf Rosen gebettet zu werden«, sagte Lassiter. »Den Teufel, mit dem sie tanzte, hätte ich jedenfalls gern kennen gelernt. Sie wollte auspacken.«

»Oh.« Reynolds sah sich um. »Sie haben also eine Zeugin verloren. Tut mir leid.« Er winkte Lassiter zur Seite. »Was haben Sie ihr geboten, wenn ich fragen darf?«

»Etwas, das sie nicht ablehnen konnte.« Lassiter sah keinen Grund, dem Minenbesitzer reinen Wein einzuschenken.

»Ist auch egal, jetzt ist sie tot. Schade.« Abseits vom Stolleneingang ließ sich Reynolds auf einem Stapel Rundhölzer nieder. »Vielleicht sogar besser so. Wer Offiziere und Politiker betäubt und beraubt, landet auch schnell mal am Galgen.«

»Schon möglich, Sir.« Lassiter ließ sich neben ihm nieder. »Wirklich nicht schön, was sie getan hat. Schon gar nicht mit dem Gesetz vereinbar. Wahr ist aber auch: Man hat sie erpresst.«

»Sie klingen wie ein Mann, der einer Sache sicher ist.« Aus schmalen Augen musterte Reynolds ihn von der Seite. »Sie meinen wirklich, die kleine Clark hat ihre Freier unter Zwang verführt?«

»Ich weiß es, Sir.« Lassiter sah dem Unternehmer die Skepsis an. »Ich wette, Sie haben davon gehört, dass ihr Vater, Leslie Clark, für den Kongress kandidiert.«

»Habe ich.« Reynolds Miene geriet noch ein Stück ungläubiger. »Sie meinen …?«

»Ich weiß es, Mr. Reynolds. Rosemary Clark war sowieso schon das schwarze Schaf der Sippe. Ihrem Vater auch noch die politische Karriere zu versauen, hätte ihr das Genick gebrochen. Die Teufel, mit denen sie tanzte, haben ihr gedroht, dieser neuen Zeitung in Washington ein paar pikante Einzelheiten aus ihrem, nun ja: Berufsleben zu stecken.«

»Der Washington Post?«

»Richtig, Sir. Sie können sich vorstellen, was passiert wäre, wenn die Washingtoner eines Morgens ihre Zeitung aufgeschlagen und gelesen hätten, dass eine Clark-Tochter ihre Dollars im Bett verdient.«

Reynolds seufzte tief. »Die politische Karriere von Lesley Clark wäre sozusagen im Keim erstickt worden.«

»Was meiner Ansicht nach nicht einmal ein Fehler gewesen wäre.« Lassiter grinste bitter. »Schlimmer jedoch: Rosemary hätte sich nie mehr zuhause blicken lassen können.«

Reynolds seufzte und nickte und rauchte. Und schwieg. Auch Lassiter sagte eine Zeitlang kein Wort mehr. Er blinzelte einem Rauchring hinterher, der von Reynolds’ Zigarre aufstieg. Hoch über ihnen, zwischen den Berghängen, zog ein Adler seine Kreise. Vielleicht war es auch ein Geier.

»Es waren wahrscheinlich zwei Soldaten.«

»Die Mörder der kleinen Clark?« Reynolds hob den Blick.

Lassiter nickte. »Die Namen, die ich hörte, sind wohl falsch, doch ich habe gute Beschreibungen.« Er schilderte dem Minenbetreiber, was man ihm in Savior City über Will und Henry erzählt hatte. »Sie hatten sich als Verwandte ausgegeben.«

Reynolds starrte auf seine staubigen Stiefelspitzen. »Sie haben die beiden in Ihrem Bericht an Washington ja schon beschrieben, Lassiter. Auch darüber wollte ich mit Ihnen reden.«

Der Mann sprach plötzlich so leise, dass Lassiter sich zu ihm beugen musste, um kein Wort zu verpassen. Kam er also endlich auf die wirklich brennenden Fragen zu sprechen. In seinem Büro in Denver hatte Reynolds eine Nachricht für Lassiter hinterlassen und ihm den Weg zur Mine beschrieben.

»Ich habe Ihren Bericht natürlich gelesen und mich daraufhin eingehender mit zwei US-Kavalleristen befasst, die vor drei Monaten in Denver auftauchten. Sie hießen zwar weder Will noch Henry, doch Ihre Beschreibung passt auf sie.«

»Und?«

»Sie haben in einem Mordprozess ausgesagt.«

»Geht’s auch ein bisschen konkreter, Sir?«

»Gewiss, Lassiter, gewiss.« Reynolds Zigarre war ausgegangen. Er warf sie weg. »Lassen Sie uns morgen hinunter nach Denver reiten. Vom Sheriff werden Sie alles konkreter hören, als Ihnen lieb ist. Nur so viel: Durch die Aussage der beiden angeblichen Soldaten ist eine Frau zum Tod am Galgen verurteilt worden.«

***

Robert Turner stierte in sein Blatt. Ein Drilling aus Siebenen. Und geboten waren zweihundert Dollar. Er biss die Zähne zusammen und hob den Blick. Immer noch stand die kastanienrote Schöne an der Theke und wieder trafen sich ihre Blicke. Turner lächelte.

Vermutlich war es ein gequältes Lächeln, doch die junge Frau erwiderte es. Ihr Lächeln kam ihm eher zurückhaltend vor, fast ein wenig schüchtern. Bob Turner mochte solche mädchenhaften, scheuen Frauen. Er nickte ihr zu und sie nickte zurück.

»Was ist los, Sir?«, fragte der Cowboy schräg gegenüber. »Die Partie oder die Weiber – entscheiden Sie sich. Wenn Sie weiter mitspielen, wollen wir zweihundert Dollar von Ihnen im Pot sehen. Mindestens.«

»Je höher der Dollarstapel vor dir wird, desto weiter reißt du dein verdammtes Maul auf!«, knurrte Turner. Der unverschämte Bursche hieß Jeff und arbeitete auf einer Ranch ein paar Meilen östlich von Cheyenne. »Gefällt mir nicht.«

Mehr als die Hälfte aller Partien hatte der Bursche bisher gewonnen. Und meistens die fettesten. Nur der Kartenhai links von ihm hatte ähnlich dick abgesahnt. Doch der sprach kein Wort.

»Also, was ist jetzt, Mr. Turner?« Der Mann rechts des Cowboys trommelte auch schon ganz ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch herum. Er hieß Jerry McLoughlin und arbeitete wohl für die Wells Fargo. »Gehen Sie mit, oder haben Sie genug?«

An die sechshundert Dollar lagen im Pot. Kein Wunder, dass McLoughlin scharf darauf war – er hatte noch keine lohnende Partie gewonnen bisher. Turner hätte nichts dagegen gehabt, wenn es so bliebe. Doch mit dem Blatt?

Er schielte zur Theke. Gott, was für ein schönes Mädchen, diese Kastanienrote! Und wieder lächelte sie irgendwie scheu. Er schielte auf sein Blatt. Ein lächerlicher Drilling. Damit würde er die knapp vierhundert Dollar nicht wettmachen, die er bisher schon verloren hatte. Nicht, dass er es sich nicht leisten konnte, doch er verlor einfach ungern. Und geizig war er auch.

Bob Turner schob sein Blatt zusammen. »Ihr könnt mich mal.« Er warf die Karten hin, strich sein verbliebenes Geld ein und stülpte sich den Zylinder auf den Kopf. »Schönen Abend noch.«

Er stand auf und schaukelte zur Theke. Er war groß und massig; einer wie er fiel sofort auf. An der Theke angekommen, zog er seinen steifen Hut ab und lächelte das Mädchen mit dem roten Haar an. Das zu einem Dutt streng in den Nacken geflochtene Haar ließ ihren Hals frei und betonte die edlen Züge ihres schönen Gesichtes. »Robert Turner, schönes Kind, nenn mich Bob, ja? Darf ich dich zu einem Drink einladen?«

»Aber gern. Ich bin Sarah.«

»Sarah, was für ein hübscher Name!« Er bestellte einen Whisky und ein Glas Sekt, nahm den Arm der Schönen und führte sie zu einem freien Tisch neben dem Eingang. »Ich habe Pech gehabt am Spieltisch«, flüsterte er ihr auf dem Weg dorthin zu. »Doch wer weiß, vielleicht habe ich dafür ja Glück bei dir?«

Sie lächelte, sagte gar nichts und ließ sich auf dem Stuhl nieder, den er ihr vom Tisch zog. Turner wollte den Stuhl ihr gegenüber nehmen, doch in diesem Moment stieß ein Mann die Schwingtür auf und trat in den Saloon.

Der Türflügel stieß gegen den Stuhl und der Mann hielte die Tür fest, sodass Turner sich nicht setzen konnte. Der Neuankömmling war klein, hatte langes schwarzes Haar und trug einen Hut der US-Army.

Für einen kurzen Moment sah Turner ihm in die dunklen Augen – und erschauerte. Kalt und feindselig kam ihm der Blick des Mannes vor. Schürfwunden zogen sich über seine eingefallenen Wangen.

Ein zweiter Mann trat nach ihm in den Saloon, größer und blond und mit vernarbtem Gesicht. Erst als er stehen blieb und sich im Saloon umsah, ließ der langhaarige Kleine den Türflügel los und Bob Turner konnte seine massige Gestalt an ihm vorbei schieben und sich setzen.

»Stammst du aus Cheyenne, schönes Kind?« Innerlich schüttelte er sich, denn der Blick in die Augen des Schwarzhaarigen hatte ihn mit Abscheu erfüllt. Turner konnte sich das selbst nicht erklären.

»Nein, Bob. Ich bin in Chicago aufgewachsen.«

»In Chicago, was du nicht sagst!« Bob Turner tätschelte ihre Hand. »Ein Neffe von mir besitzt dort eine Kutschenfabrik. Hin und wieder besuche ich ihn.«

Der Wirt stellte den Whisky vor Bob Turner und den Sekt vor die reizende Schöne namens Sarah. Sie stießen an und tranken. Das Bild des Langhaarigen mit dem bösen Blick verblasste nach und nach.

»Und dann hat die Verheißung des großen Glücks dich über den Mississippi nach Westen gelockt, habe ich recht, schönes Kind?«, fragte er.

»So ungefähr.« Ein Schatten huschte über Sarahs hübsches Gesicht, jedenfalls kam es Bob Turner so vor. »Und du, Bob, was treibst du so?«