Lassiter Sammelband 1797 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1797 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2272, 2273 und 2274.

Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!

2272: Bakers tödlicher Irrtum

Der Revolvermann Chas Brandon gab der Schwingtür einen Tritt, trat aus Porgy's Saloon ins Freie und stolperte über einen Betrunkenen, der vor dem Lokal seinen Rausch ausschlief.

Brandon stieg über den Mann hinweg und blieb am Bordholz des Bohlensteigs stehen. An den Haltegeländern dösten ein paar gesattelte Pferde. Stimmengewirr drang aus dem Saloon, untermalt vom Geklimper eines mechanischen Klaviers. Brandon überquerte die Straße. Im Gehen zog er seine Taschenuhr aus der Weste und ließ den Deckel aufspringen. Zehn vor neun. Ob Kitty Kendall pünktlich war? Zum letzten Rendezvous war die hübsche Stripperin fast eine halbe Stunde zu spät gekommen.

Im Schatten einer Veranda erkannte Brandon eine Gestalt. Kitty? Sein Herz schlug schneller, da klickte hinter ihm der Schlaghahn eines Colts.

Brandon fuhr herum, riss seine Waffe hoch - doch er konnte nichts mehr tun...

2273: Geier kennen keine Gnade

Die Geier vom Mount Hughes kreisten ruhig über den Baumwipfeln und gaben keinen Laut von sich. Sie hoben sich mit mächtigen Schwingenschlägen in die Höhe und glitten sanft durch die Lüfte.
Wells F. Cole streckte sich auf dem Rücken aus und legte die Evans-Muskete neben sich. Er richtete die Mündung gegen seinen Schädel und griff nach dem Ladestock, mit dem er den Abzug betätigen würde. Als alles seine Ordnung hatte, starrte Cole hinauf zu den Geiern.

Die Vögel kannten den Tod und wussten von seiner süßen Verlockung. Sie rochen die Verzweiflung, die in dieser Sekunde durch Coles Adern pulsierte. Die Hand des Achtundzwanzigjährigen schloss sich fest um das Holz. Er murmelte ein Vaterunser und schloss die Augen.

2274: Die rechte Hand des Killers

Das Signalhorn der Lokomotive pfiff. Der Zug bremste ab, Sand knirschte zwischen Schienen und Waggonrädern. Kathrin sah ihre Eltern aus dem Schlaf hochfahren. "Sind wir schon in Fort Wallace?" Ihr Vater zog seine Uhr aus der Westentasche. "Das kann doch gar nicht sein!" Er spähte zum Fenster. "Seht ihr eine Bahnstation?"

Kathrin und Billy zogen das Fenster hoch, lehnten sich hinaus. Bergland und Waldhänge, so weit das Auge reichte. Neben der Lokomotive standen Männer und schimpften. "Steinschlag", sagte Billy. "Ich gehe raus und helfe, die Gleise frei zu räumen." Kathrin stieg mit ihm aus dem Waggon. Keine Sekunde wich sie mehr von Billys Seite seit ihrer Trauung drei Tage zuvor. Von draußen winkte sie ihren Eltern zu, die jetzt auch aus dem Zugfenster lehnten.

Es war das letzte Mal, dass sie einander lebend sahen.

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Seitenzahl: 406

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotive: Boada/Norma ISBN 978-3-7325-7539-8

Jack Slade

Lassiter Sammelband 1797 - Western

Inhalt

Jack SladeLassiter - Folge 2272Der Revolvermann Chas Brandon gab der Schwingtür einen Tritt, trat aus Porgy's Saloon ins Freie und stolperte über einen Betrunkenen, der vor dem Lokal seinen Rausch ausschlief. Brandon stieg über den Mann hinweg und blieb am Bordholz des Bohlensteigs stehen. An den Haltegeländern dösten ein paar gesattelte Pferde. Stimmengewirr drang aus dem Saloon, untermalt vom Geklimper eines mechanischen Klaviers. Brandon überquerte die Straße. Im Gehen zog er seine Taschenuhr aus der Weste und ließ den Deckel aufspringen. Zehn vor neun. Ob Kitty Kendall pünktlich war? Zum letzten Rendezvous war die hübsche Stripperin fast eine halbe Stunde zu spät gekommen. Im Schatten einer Veranda erkannte Brandon eine Gestalt. Kitty? Sein Herz schlug schneller, da klickte hinter ihm der Schlaghahn eines Colts. Brandon fuhr herum, riss seine Waffe hoch - doch er konnte nichts mehr tun...Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2273Die Geier vom Mount Hughes kreisten ruhig über den Baumwipfeln und gaben keinen Laut von sich. Sie hoben sich mit mächtigen Schwingenschlägen in die Höhe und glitten sanft durch die Lüfte. Wells F. Cole streckte sich auf dem Rücken aus und legte die Evans-Muskete neben sich. Er richtete die Mündung gegen seinen Schädel und griff nach dem Ladestock, mit dem er den Abzug betätigen würde. Als alles seine Ordnung hatte, starrte Cole hinauf zu den Geiern. Die Vögel kannten den Tod und wussten von seiner süßen Verlockung. Sie rochen die Verzweiflung, die in dieser Sekunde durch Coles Adern pulsierte. Die Hand des Achtundzwanzigjährigen schloss sich fest um das Holz. Er murmelte ein Vaterunser und schloss die Augen.Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2274Das Signalhorn der Lokomotive pfiff. Der Zug bremste ab, Sand knirschte zwischen Schienen und Waggonrädern. Kathrin sah ihre Eltern aus dem Schlaf hochfahren. "Sind wir schon in Fort Wallace?" Ihr Vater zog seine Uhr aus der Westentasche. "Das kann doch gar nicht sein!" Er spähte zum Fenster. "Seht ihr eine Bahnstation?" Kathrin und Billy zogen das Fenster hoch, lehnten sich hinaus. Bergland und Waldhänge, so weit das Auge reichte. Neben der Lokomotive standen Männer und schimpften. "Steinschlag", sagte Billy. "Ich gehe raus und helfe, die Gleise frei zu räumen." Kathrin stieg mit ihm aus dem Waggon. Keine Sekunde wich sie mehr von Billys Seite seit ihrer Trauung drei Tage zuvor. Von draußen winkte sie ihren Eltern zu, die jetzt auch aus dem Zugfenster lehnten. Es war das letzte Mal, dass sie einander lebend sahen.Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Bakers tödlicher Irrtum

Vorschau

Bakers tödlicher Irrtum

Der Revolvermann Chas Brandon gab der Schwingtür einen Tritt, trat aus Porgy’s Saloon ins Freie und stolperte über einen Betrunkenen, der vor dem Lokal seinen Rausch ausschlief. Brandon stieg über den Mann hinweg. An den Haltegeländern dösten ein paar gesattelte Pferde. Stimmengewirr drang aus dem Saloon, untermalt vom Geklimper eines mechanischen Klaviers. Brandon überquerte die Straße. Im Gehen zog er seine Taschenuhr aus der Weste und ließ den Deckel aufspringen. Zehn vor neun. Ob Kitty Kendall pünktlich war? Zum letzten Rendezvous war die hübsche Stripperin fast eine halbe Stunde zu spät gekommen.

Im Schatten einer Veranda erkannte Brandon eine Gestalt. Kitty? Sein Herz schlug schneller, da klickte hinter ihm der Schlaghahn eines Colts.

Brandon fuhr herum, riss seine Waffe hoch – doch er konnte nichts mehr tun …

In Stanton, Montana, öffnete Celia Hawk ihre Zimmertür und sah den Freier, der gerade geklopft hatte, kokett an. »Hallo, Fremder«, sagte sie, »immer rein in die gute Stube.«

Der Mann auf dem Flur zögerte. Sichtbar verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen.

Sein Anblick erwärmte Celias Herz. Ein schüchterner Freier, mal was Neues. »Wie ist dein Name, Hombre?«, erkundigte sie sich.

»McElroy.«

Sie strich sich eine Locke aus der Stirn. »Hast du auch einen Vornamen, McElroy?«

»Richard«, erwiderte er. »Aber alle, die mich kennen, sagen Dick zu mir.«

»Dick McElroy«, sagte sie. »Ich bin Celia, aber das weißt du ja bestimmt.«

Er nickte. »Die Jungs aus der Stadt sagen, du bist die … Netteste hier.«

»Oh, danke für die Blumen.« Sie machte eine einladende Geste. »Los, herein mit dir, Dick McElroy. Ich habe dich schon erwartet.«

»Wie? Du hast mich erwartet? Woher wusstest du, dass ich komme?«

»Es ist nur ’ne Redensart.« Celia strich sich über ihr Blondhaar. »Nicht wörtlich gemeint. Will damit sagen, dass du mir willkommen bist.«

»Ach, das meinst du.« Er ließ seine Augen über ihre Oberweite wandern.

Celia Hawk drückte das Rückgrat durch, als der Mann an ihr vorbeiging. Sie trug ihren schicken, schwarzen Seidenumhang, dazu einen Hüftgürtel, dunkle Strümpfe und Schuhe mit hohen Absätzen. Sie merkte, dass die Augen des Mannes aufblitzten, während er sie betrachtete.

Irgendwo im Haus erklang die keuchende Stimme einer Frau. »O Gott, ja, ja! Zeig’s mir, Hombre!«

Dick McElroy räusperte sich unwohl. »Ganz schön was los hier«, murmelte er.

»Das ist Chabelita«, sagte Celia und verzog das Gesicht. »Sie ist früher mal bei Ringling aufgetreten. Als Kunstreiterin und später als Schlangentänzerin. Wenn Chabby in Fahrt kommt, brennt die Luft.«

»Oha.« McElroy war sichtlich beeindruckt. Er nahm seinen Hut ab und presste die Krone zusammen.

Rasch schloss Celia die Tür und drehte den Schlüssel im Schloss. »Heute ist Samstag, da kommen die Jungs von überall her. Wenn’s hart kommt, müssen wir unten die Tür absperren, damit sie uns nicht die Bude einrennen.«

»Ein Stoßgeschäft, im wahrsten Sinne des Wortes.« McElroy grinste kurz, dann brachte er seine Geldbörse zum Vorschein. »Wie viel muss ich berappen?«

Celia sah ihn an. »Kommt drauf an, wie lange du bleiben willst.«

»Ich weiß nicht«, sagte er. »Keine Ahnung, wie lange ich bleibe.«

»Nur so ungefähr. Möchtest du die ganze Nacht hier sein oder nur eine halbe Stunde?«

Auf dem Flur trampelten schwere Schritte. Sporen klirrten. Eine Tür quietschte in den ungeölten Angeln. Durch die dünne Wand hörte man den schweren Atem eines Mannes.

»Ich will dich nackt, Baby!«, keuchte er.

»Das kostet extra«, sagte »Baby«.

Dick McElroy blickte irritiert auf die mit Zeitungsausschnitten bedeckte Tapete. Auf den meisten Zetteln waren halb nackte Mädchen abgebildet, die mit großen Biergläsern posierten.

Indes ging es jenseits der Trennwand hoch her. Baby und ihr Freier hatten sich auf das Bett geworfen. Die Wand vibrierte, als stünde das Freudenhaus auf einem Rüttelbock.

McElroy kaute auf seiner Lippe.

Celia fragte: »Was nicht in Ordnung, Dick?«

Er wandte den Blick ab. »Es ist das erste Mal, dass ich ein Bordell besuche.«

»Das erste Mal?« Celia war baff. Das hatte sie nicht erwartet. Sie unterzog ihren Kunden einer eingehenden Musterung. Dick McElroy war ein gut aussehender Bursche und mochte ungefähr Mitte zwanzig sein. Er hatte ein schmales Gesicht mit einer etwas zu großen Nase und einem dünnen Schnurrbart, der an den Enden etwas herabhing. Das Kinn war glatt rasiert und duftete nach einem herben Rasierwasser. Celia trat ganz nahe an ihn heran, tätschelte ihm die Wange und sagte: »Ich sorge dafür, dass du diese Nacht nicht so schnell vergisst. – Wie magst du es am liebsten?«

Die Frage brachte ihn sichtlich durcheinander. »Ähm, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.«

Celia lächelte. »Kein Problem. Ich übernehme das Kommando. Einverstanden?«

»Yeah.« Er hob seine Börse. »Ich bezahle für die ganze Nacht.«

Sie nannte den aktuell gültigen Tarif. »Wenn du einen halben Dollar zulegst, gibt’s noch ein Frühstück dazu.«

»Hier oben, im Zimmer?«

»Nein, Roomservice ist nicht drin. Wir essen unten, in der Gaststube.«

Nach kurzem Überlegen entschied sich McElroy gegen das Frühstück. Er zählte die Münzen auf den Tisch, steckte die Börse ein und wartete.

Celia raffte die Scheine zusammen und verstaute sie in der obersten Schublade der Anrichte. Dann wandte sie sich um, legte ihre Hände auf ihre Hüften und hielt den Kopf schief. »Deine Hose«, sagte sie, »am besten, du ziehst sie gleich aus.«

Er zögerte.

»Es sei denn, du magst es lieber angezogen«, legte sie nach.

»Nein, nein. Das ist unpraktisch.« Er legte seinen Hut ab, knöpfte das Hemd auf und öffnete seinen Gürtel.

Celia konnte keinen Blick von ihm lassen. Sie bestaunte seine ansehnlichen Bizeps, die breite behaarte Brust, die schmalen Hüften und seine gut ausgebildeten Schenkel und Waden.

Ehe sie sich versah, streifte sie ein Hauch der Lust. Sie atmete schneller.

Endlich trug McElroy nichts weiter als eine Unterhose.

Celia warf ihr Haar über die Schulter, trat ganz dicht an ihn heran und schlang ihm die Arme um den Hals. Sacht leckte sie an seinem Kinn, den Wangen und dem Hals. Dabei ließ sie ihr Becken kreisen und drückte ihren Busen gegen seinen Bauch.

Eine Weile stand der Mann da wie ein Denkmal aus Granit. Dann öffneten sich seine Lippen und seine Zunge suchte ihren Mund.

»Nein.« Sie schob ihn unsanft zurück.

McElroy lief rot an. »Hab ich etwas falsch gemacht?«

»Auf den Mund küssen ist nicht drin«, erklärte sie versöhnlich. »Nicht mit Freiern, verstehst du?«

Er nickte beflissen, aber seine Miene verriet Unverständnis.

Celia nahm sein Glied in die hohle Hand.

»Ups«, entfuhr es ihm.

Der Stängel war hart wie ein Hammerstiel. Der Pilzkopf schimmerte feucht. Celia rieb sanft die Vorhaut auf und ab. »Gut?«, fragte sie.

»Sehr gut.«

Sie griff nach seiner rechten Hand und lotste sie zwischen ihre Beine. Längst war sie dort angeschwollen und überempfindlich. Bei der Berührung durchfuhr sie ein heißer Schauer.

McElroy merkte das und hielt inne.

»Weiter«, keuchte sie, »um Himmels willen, nicht aufhören! Okay?«

Zaghaft schob McElroy ihr einen Finger ein. Im Nu war sie feucht wie ein Schwämmchen. Sie bewegte ihren Unterleib, sodass der Finger vor und zurückglitt.

Immer tiefer.

Der Mann im Nebenzimmer sagte: »Dreh dich um, Baby! Auf den Bauch, meine ich.«

Celia seufzte. Höchste Zeit, dass die dünnen Sperrholzwände gegen dickere ersetzt wurden. Aber der Bordellbesitzer war ein Geizhals, er sparte an allen Ecken und Kanten. Lieber verspielte er das Geld beim Pokern im Saloon. Wenn seine Knauserei so weiterging, würden die Mädchen ihre Freier noch im Freien empfangen müssen.

Freier im Freien. Sie fand den Geistesblitz lustig und musste kichern.

McElroy forcierte sein Fingerspiel.

Celia zitterte vor Lust. Binnen kürzester Zeit glühte ihr Körper wie ein Heizofen. Sie warf ihren Umhang ab und hielt dem Mann ihren entblößten Vorbau hin.

Seine Pupillen wurden rund wie Murmeln.

»Fass sie an«, sagte Celia.

Verzückt starrte er auf ihr üppiges Brustfleisch. Am gierigen Funkeln in seinen Augen fiel Celia ein, was ihre Kollegin Chabelita neulich über Männer gesagt hatte: Sie könnten mit den Augen fühlen.

»Da ist was dran«, murmelte sie unwillkürlich.

Dick hatte es gehört. »Was sagtest du?«

»Unwichtig.« Sie zog ihn an seinem Zipfel zum Bett. »Komm, wir machen es uns bequem.«

Er bedachte sie mit einem Blick, der ihr unter die Haut ging. Am liebsten hätte Celia sein Gesicht in beide Hände genommen und den gut aussehenden Burschen herzhaft auf den Mund geküsst. Doch damit hätte sie gegen die Prinzipien ihres Gewerbes verstoßen.

Sie setzten sich nebeneinander auf das Bett. Celia wippte die Schuhe von den Füßen, erst den linken, dann den rechten. Sie leckte sich die Lippen. Dicks Glied ragte wie ein aufgestellter Spieß aus seinem behaarten Schoß. Celias Herz schlug ein paar Takte schneller. Sie beugte sich vor, sodass ihre kugeligen Twins ins Schwingen gerieten.

Dick fing an, sie zu kneten. Er tat es sacht und bedächtig, als ob ihre Wonneproppen zerbrechlich wären.

»Fester«, sagte Celia. »Ich bin nicht aus Glas. Du kannst ruhig ordentlich zupacken. Es tut mir gut, verstehst du?«

»Okay, wie du meinst.« Sein Griff wurde stärker.

Die Frau im Nebenzimmer stieß kurze, abgehackte Schreie aus. Es klang, als würde sie gefoltert.

Dick war abgelenkt, er schaute zur Wand und runzelte die Stirn.

Ich sollte mir einen Vorrat Watte für die Ohren besorgen, dachte Celia und seufzte.

Wild entschlossen kletterte sie auf Dicks Schoß. In gebückter Haltung brachte sie ihr Unterteil in Position. Sie spürte, wie der Pilzkopf ihre Scham berührte. Sogleich veränderte sie ihre Stellung. Jetzt tuschierte der Ständer ihren Lustknopf. Celia bewegte sich gefühlvoll auf und ab.

»Gütiger Gott!«, rief sie nach einer Weile.

Dick sah sie schuldbewusst an.

»Alles in Butter.« Celia keuchte schwer. Vor lauter Glück schloss sie die Augen. Noch nie hatte ihr das Liebesspiel mit einem Freier so viel Vergnügen bereitet. Sie kam sich vor wie ein aufgezogener Wecker. Im Gegensatz zu den anderen Kunden, die sie kennengelernt hatte, glich dieser Richard McElroy einem Geschöpf aus einer anderen Welt.

Was ist bloß mit mir los?

Ruckweise ließ sie sich auf den aufgestellten Ständer sinken. Dick fasste sie um die Taille und küsste die Spitzen ihrer Brüste. Celia bewegte sich schneller. Hui, tat das gut! Jedes Mal, wenn sie mit dem Hintern gegen seine Schenkel klatschte, stöhnte Dick leise auf.

Schneller, schneller!

Nach einiger Zeit stöhnte Dick nicht mehr. Er hielt die Lippen fest zusammengepresst. Celia fasste ihm in den Schopf und zerzauste seine Haare, während sie auf ihm herumturnte. Bald kam es ihr vor, als schwebte sie auf einer Wolke der Lust dahin.

»Tod und Teufel!«, rief der Mann nebenan.

Dick dagegen verhielt sich sehr still. Sogar als Celia ihn rücklings auf das Laken warf, sprach er kein Wort. Dafür hatte er seine Augen überall. Er verschlang sie geradezu mit seinen wollüstigen Blicken. Das gefiel Celia. Am liebsten hätte sie auf die Huren-Regeln gepfiffen und diesen Mann auf den Mund geküsst. Nur mit Mühe hielt sie sich zurück.

Jetzt stieg Celia über ihn hinweg. Ohne Umschweife fädelte sie ein. »Bist du schon mal geritten worden?«, erkundigte sie sich.

»Nicht, dass ich wüsste«, sagte er trocken. »Bisher war ich immer der Reiter.«

Sie musste kichern. Dick war so herrlich ahnungslos und unverdorben. Ein Jammer, dass sie nach Lage der Dinge nur eine einzige Nacht mit ihm verbringen konnte. Wäre er ihr Ehemann, könnte sie ihn täglich beglücken. So oft sie oder er es wollten.

Minutenlang schwelgte sie in süßen Fantastereien. Sie und Dick als Brautpaar vor dem geschmückten Altar in der Kirche. Sie und Dick bei der Quadrille auf dem Tanzboden im Saloon. Sie und Dick beim Bau ihres Hauses an der Mainstreet. Sie und Dick im Himmelbett während der Hochzeitsnacht …

Das Traumbild platzte wie eine Seifenblase. »Mein Gott!«, schrie sie, als es ihr kam.

Dick McElroy packte sie fester, blieb aber ruhig.

Sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Ihre Nüstern blähten sich, und Ihr Herz wummerte wie eine Glocke. Eine Flutwelle der Lust überspülte sie. Sie meinte, vor Erregung den Verstand zu verlieren. Immer wieder rief sie den Namen ihres Liebhabers. Als auch er kam, packte sie ihn bei den Schultern und weinte vor Glück.

Der Rauschzustand hielt nicht lange an.

Als er langsam verebbte, sank sie nieder und schmiegte ihre heiße Wange auf Dicks breite Brust.

Auf einen Schlag war sie todmüde. Sie fühlte sich wie ein ausgewrungener Lappen.

»Dick«, sagte sie nach einiger Zeit. »Und das war wirklich dein erstes Mal?«

»Das erste Mal im Bordell«, antwortete er.

»Ach so.« Gern hätte sie ihn weiter ausgefragt. Woher er kam, wohin er ging. Doch ihr fiel das Reden schwer. Sie wollte jetzt nur daliegen und den Zauber des Augenblicks genießen. Er blieb ja die ganze Nacht bei ihr. Ausfragen konnte sie ihn später. Am liebsten wäre sie bis zum Jüngsten Tag so liegen geblieben.

Da hob Dick McElroy den Kopf.

»Was ist?« Sie blinzelte träge.

»Ich komme um vor Durst«, sagte er. »Hast du was zu trinken da?«

»Wein und Whiskey.«

»Keine Limonade da?«

»Limonade?« Sie sah ihn groß an. »Ein Hombre wie du trinkt Limonade?«

»Schlimm?«

»Nicht schlimm, aber sehr ungewöhnlich.«

»Limonade schmeckt mir besser als Hochprozentiges.« Er stand auf. »Ich habe keine guten Erfahrungen, was den Fusel betrifft. Vielen Männern hat er das Genick gebrochen. Jetzt bleichen ihre Gebeine in der Sonne. Mit ihren Namen könnte man dicke Bücher füllen. Aber«, er hob seine Stimme, »ein Glas Wein kann nicht schaden.«

»Die Flasche steht unten in der Anrichte«, sagte sie.

Er ging nackt durchs Zimmer. »Soll ich dir auch ein Glas einschenken?«

»Ja, wäre nett, aber nur halbvoll, wenn ich bitten darf.« Sie sah zu, wie Dick die Schranktür öffnete.

Plötzlich stutzte Celia.

Im Zimmer nebenan war es merkwürdig still geworden. Nichts regte sich. Kein Gestöhne, kein Bettknarren, kein Sporenklirren. Kein Wort wurde gesprochen. Nichts. Offenbar hatte sie im Eifer des Liebesspiels überhört, dass Babys Freier gegangen war.

»Wo stehen die Gläser?«, fragte Dick.

»Hinter dem Kästchen mit den Schachfiguren«, versetzte sie. »Da liegt auch der Korkenzieher.«

»Okay.« Er stellte die Flasche auf die Anrichte.

Auf dem Flur knarrte eine lose Diele. Für einen kurzen Moment hörte man Sporen klirren. Celia beschlich ein ungutes Gefühl, mehr noch: eine böse Ahnung. Wie aus heiterem Himmel wühlte ihr eine Faust im Bauch. Ihr Mund war ganz trocken, und ihr war, als klemmte ein Kloß in ihrem Hals.

Dann, ganz unvermittelt, sprang die Tür auf.

Celia riss den Kopf herum.

Ein kleiner Mann mit einer Maske vorm Gesicht stürzte ins Zimmer. Der Revolver in seiner Linken spuckte Feuer.

In schneller Folge fielen drei Schüsse. Der Krach zerfetzte Celia fast das Trommelfell.

Die Kugeln rissen große Löcher in Dick McElroys Brust und Rücken.

Dick geriet ins Straucheln. Verzweifelt versuchte er, an seinen Revolver zu kommen, der im Holster auf dem Stuhl lag.

Doch seine Bewegungen waren viel zu langsam.

Der Maskierte gab einen vierten Schuss auf ihn ab.

Celia schrie wie von Sinnen, als ihr Traummann vor dem Bett zusammenbrach. Dick McElroy starrte sie an wie einen Geist. Er blutete aus mehreren Wunden, und seine Hände krampften sich mit letzter Kraft in das befleckte Laken.

Die Tür schlug zu.

Der Mörder rannte über den Flur.

Celia kroch auf allen Vieren zu dem schwer verletzten Freier. Dick röchelte leise ihren Namen. Sie nahm sein Gesicht in die Hände. Zärtlich küsste sie ihn so lange auf den Mund, bis er sich nicht mehr bewegte.

Schmerzhaft wurde ihr bewusst, dass der nette Bursche, der Richard McElroy hieß, auf seiner letzten Reise war.

Beim Anblick seines unnatürlich verrenkten Körpers packte Celia grausiges Entsetzen. Doch sie nahm all ihren Mut zusammen, sprang auf und stürzte zur Tür.

Der Killer war noch nicht aus dem Haus.

Auf der Treppe polterten seine lauten Schritte.

Celia Hawk riss die Tür auf. »Mörder!«, schrie sie, so laut sie konnte. Sie hetzte über den Flur zur Treppe, über die man zum Ausgang gelangte.

»Mörder! Lasst ihn nicht entkommen, Leute! MÖRDER!«

***

Greg Rolie betrat gerade das Foyer, als er die nackte Blondine auf der Galerie erblickte.

Ein Bild für die Götter! Die Aussicht auf den unverhüllten Körper der Frau verschlug ihm glatt den Atem.

Da öffnete sie den Mund und schrie: »Mörder!«

Ihre überschnappende Stimme bohrte sich wie eine Pfeilspitze in sein Ohr.

Greg Rolie, dem Cowboy aus Wyoming, fiel es wie Schuppen von den Augen. Er sah, wie ein kleiner Mann mit einem rauchenden Colt die Treppe hinab jagte.

»Lasst ihn nicht entkommen!«, brüllte die Frau von der Galerie. »Mörder! Mörder!«

Rolie erschrak. Er war ins Bordell gekommen, um sich mit einer willigen Evastochter zu verlustieren, und nicht, um sich von einem mordlustigen Outlaw abknallen zu lassen.

Doch Greg Rolie war kein Feigling.

Er stellte dem kleinen Mann ein Bein. Der Flüchtling stolperte über und stürzte zu Boden. Leider behielt er sein Schießeisen in der Hand. Es gelang ihm, seine Waffe abzufeuern.

Glücklicherweise war der Schuss nicht gut gezielt. Die Kugel schwirrte wie eine wildgewordene Hornisse durch den Raum. Mit einem trockenen »Plopp!« bohrte sie sich in den Pfeiler neben dem Empfangspult.

»In Deckung!«, brüllte jemand.

Irgendwo, ganz in der Nähe polterte es dumpf.

Rolie setzte alles auf eine Karte und warf sich auf den Mann am Boden. Dem Kerl war das Tuch vom Gesicht gerutscht. Rolie sah ihm ins Gesicht und erkannte es. Er hatte die Visage des Galgenvogels auf einem der Steckbriefe gesehen, die am Aushangbrett vor dem Sheriff’s Office hingen.

Der peitschende Knall eines Schusses zerriss die Luft.

Rolie spürte einen brennenden Schmerz an der rechten Schulter. Er biss sich auf die Lippen, packte den kleinen Mann am Hals und würgte ihn. Mit der anderen Hand langte er nach der Waffe seines Gegners.

Der Killer brüllte vor Wut. Über seine Lippen sickerte weißer Schaum. Mit unglaublicher Kraft bäumte er sich auf. Rolie, obgleich um etliche Pfunde schwerer, kippte zur Seite wie ein nasser Sack. Der kleine Mann richtete seinen rauchenden Revolver auf ihn und drückte ab.

Die Zeit schien still zu stehen.

Rolie starrte auf die Waffe. Der Schlaghammer bewegte sich, dann klickte er leise.

Der erwartete Schuss blieb aus.

Das war knapp. Rolie atmete auf. Um ein Haar hätte es ihn erwischt. Zum Glück war die Trommel leer geschossen.

Der Killer ließ den unnützen Sechsschüsser fallen, sprang auf die Beine und wandte sich zur Flucht.

»Hiergeblieben!« Rolie vertrat dem Mann den Weg. Er versetzte ihm einen Schlag in die Magengegend und einen zweiten gegen die Kinnspitze.

Der kleine Mann fiel um und krümmte sich wie ein Wurm auf der heißen Herdplatte.

Rolie rieb seine schmerzenden Fingerknöchel. Er hatte das Gefühl, als hätte er sich die Hand gebrochen.

Im nächsten Augenblick erschien die blonde Frau von der Galerie. Sie hatte sich einen schwarzen Umhang übergeworfen, um ihre Blößen zu bedecken.

Voller Zorn packte sie den kleinen Mann am Kragen. »Elender Saukerl! Du hast Dick McElroy erschossen! Warum hast du das getan?«

Der Mörder glotzte sie verächtlich an. »Halt’s Maul, dreckige Nutte!«

Die Frau stieß einen spitzen Schrei aus. Mit gespreizten Fingern wollte sie sich auf ihn werfen, um ihm das Gesicht zu zerkratzen, doch der Cowboy aus Wyoming hielt sie davon ab.

»Machen Sie sich nicht die Hände an ihm schmutzig«, sagte er mühsam beherrscht.

Die Frau schluchzte und weinte zugleich. »So ein Scheusal! Er kam einfach herein und fing an zu schießen!«

Rolie empfand Mitleid mit der Blonden. Wenn man zusah, wie ein anderer Mensch zu Tode kam, war das für die meisten Menschen ein Schock fürs Leben. Er nahm die Frau in den Arm und drückte sie kurz. Dabei spürte er, wie seine Wunde schmerzte.

»Kopf hoch, Miss.« Rolie ließ sie los und trat zu dem leblos am Boden liegenden Killer.

Er starrte den Mann grimmig an. Der Kerl hob gerade den Kopf. Stöhnend rieb er sein geschwollenes Kinn.

Am liebsten hätte Rolie den Schurken in der Luft zerrissen. Doch er zwang sich zur Ruhe. Bis zum Amtszimmer des Sheriffs war es nur ein Katzensprung.

Mit einem Ruck riss Rolie den Mann hoch. »Los! Mitkommen, du Halunke!«

***

Deputy Sheriff Barnett schaute träge auf, als die zwei Männer in sein Büro polterten. Er war gerade dabei gewesen, in dem dicken Versandhauskatalog aus St. Louis zu blättern und fühlte sich nun gestört.

Plötzlich stutzte er. Der Größere der ungebetenen Besucher hielt einen Revolver in der Hand. Die Mündung der Waffe war auf den Hinterkopf des anderen Mannes gerichtet.

»He, was soll das?«, blökte Barnett. »Seit wann kommt man mit gezogener Musspritze ins Sheriffbüro?!«

Der große Mann gab Antwort: »Ich bin Greg Rolie, und ich bringe Ihnen diese Ausgeburt der Hölle. Der Mistkerl hat eben einen Mord begangen.«

»Einen Mord, sagen Sie?« Barnett stand auf und schob seinen Schmerbauch hinter dem verschrammten Tisch hervor. Lässig stemmte er seine Hände in die Seiten und musterte den kaum mittelgroßen Mann mit dem angeschwollenen Kinn. »Ist das wahr, was Mr. Rolie da behauptet?«, erkundigte er sich.

»Der Kerl lügt«, stieß der Kleine hervor. »Glauben Sie ihm kein Wort. Er lügt, dass sich die Balken biegen.«

Der Deputy blickte von einem zum anderen. »Kalkuliere, hier steht Aussage gegen Aussage.« Seine Augen wurden schmal und blieben auf Rolie haften. »Was ist? Haben Sie Beweise für Ihre Anschuldigung, Mister?«

»Ja, es gibt eine Augenzeugin«, sagte Rolie. »Sie war dabei, als dieser Kerl den Mann erschoss.«

Der Sheriff reckte den Hals, schaute sich suchend um. »Nanu? Wieso zum Henker sehe ich sie nicht?«

Rolies Wangen färbten sich rot. »Ganz einfach: Weil die Frau nicht hier ist.«

»Alles Lüge. Ich wurde überfallen und zusammengeschlagen«, keuchte der Kleine. »Jetzt tut der Kerl so, als wäre ich der Schuldige. Nehmen Sie ihn fest, Sheriff!«

»So ein Lügenmaul!« Rolie war fassungslos. »Wer hat denn auf wen geschossen?« Er wies auf das Einschussloch in seiner Jacke.

»Ich musste mich verteidigen«, krähte der Kleine. »Wie eine Bestie ist er über mich hergefallen.«

»Ruhe im Karton!« Barnett zeigte kein Interesse für die Schusswunde. Er machte einen Schritt auf Rolie zu. »Geben Sie mir Ihre Plempe«, forderte er. »Sie haben kein Recht, durch die Stadt zu spazieren und Leute mit der Waffe zu bedrohen.«

»Das glaube ich jetzt nicht.« Rolie missachtete die Befehle des Sternträgers. Er hielt den Kleinen weiterhin in Schach. »Sie werfen mir vor, dass ich Leute belästige? Das ist Schwachsinn. Dieser Zwerg hat eben einen Mann getötet. Nur ein paar Häuser weiter. Luftlinie knapp hundert Yards. Die Leiche ist noch nicht kalt. Sie sollten den armen Dick McElroy mal besichtigen! Das ist Ihr gottverdammter Job, Deputy!«

Barnett wich zurück. Rolies Entschlossenheit jagte ihm Angst ein. Der Typ war ja zu allem fähig! Barnett lockerte den Knoten von seinem Halstuch und atmete tief durch.

»Schluss mit dem Theater«, trumpfte Rolie auf. »Sperren Sie diesen abgebrochenen Zwerg ein. Draußen vor der Tür hängt übrigens der Steckbrief von dem Herzblatt.«

Barnett sah durchs Fenster auf die Veranda hinaus. Er versuchte sich an die Steckbriefe zu erinnern, die sein Vorgesetzter, Sheriff Warp, dort ausgehängt hatte. Doch er kam zu keinem Ergebnis. Im Grunde interessierte er sich nicht sonderlich für die Polizeiarbeit. Er hatte kein gutes Gedächtnis, und die Namen der Missetäter vergaß er immer wieder aufs Neue. Als Deputy hatte er sich nur beworben, um ein regelmäßiges Einkommen zu haben. Schwere, körperliche Arbeit lag ihm nicht. Er beschäftigte sich lieber mit Papierkram und stöberte in Katalogen.

Ich muss diesen verdammten Kuhtreiber loswerden, dachte er und streifte den Katalog auf dem Schreibtisch mit sehnsüchtigem Blick.

»Was ist nun?«, drängte Rolie.

»Okay«, sagte Barnett laut und nickte. »Ich kümmere mich um die Sache. Verlassen Sie sich darauf.« Nach diesen Worten nahm er das Paar Eisenschellen, das auf dem Schreibtisch lag, und trat auf den kleinen Mann zu. »Strecken Sie die Hände aus!«, sagte er.

Der Hänfling rührte sich nicht.

»He, Hände vorstrecken, hab ich gesagt!«

Während Barnett dem Beschuldigten die Schellen anlegte, ging Rolie vor die Tür. Er kam mit dem Steckbrief wieder.

»Hier haben Sie’s schwarz auf weiß, Deputy«, sagte er. »Der kleine Teufel heißt Seth O’Donnell. Er wird wegen Notzucht, Pferdediebstahl und schwerem Raub gesucht. Für seine Ergreifung sind fünfhundert Dollar ausgesetzt.«

Der kleine Mann lachte verächtlich. »Wer zum Henker ist Seth O’Donnell?«

»Na du, wer sonst?« Rolie hob drohend die Fäuste.

Barnett schob seinen Schmerbauch dazwischen. Er war gerade dabei, O’Donnell die Schellen über die Gelenke zu streifen. »Immer langsam mit den jungen Pferden«, sagte er.

Rolie war rot wie eine Tomate. Er zitterte vor unterdrückter Wut.

Eilig schob Barnett den Kleinen zur Zwischentür. Ich darf den Kuhtreiber nicht noch mehr aufregen, sagte er sich. Am besten, ich bringe O’Donnell ins Jail und warte, bis Warp wieder da ist. Warp ist der Sheriff. Er hat in Stanton den Hut auf. Soll er entscheiden, wie es weitergeht.

Mit diesen Gedanken stieß Barnett die Tür auf, die zum rückwärtigen Teil des Gebäudes führte.

»Wie geht es jetzt weiter?«, rief Rolie.

Barnett trat hinter O’Donnell in den düsteren Vorraum des Stadtgefängnisses.

»He, Deputy, ich spreche mit Ihnen!«

»Machen Sie nicht solchen Alarm, Rolie«, wies Barnett ihn zurecht. »Kommen Sie wieder, wenn der Sheriff da ist. Dann klären wir auch die Sache mit Ihrer Prämie.«

»Ich glaube es nicht«, keuchte Rolie.

Barnett war es piepegal, was der Cowboy glaubte. Sollte der Unruhestifter sich in die Hölle scheren! Der Rinderhirte hatte ihm einen Haufen Ärger bereitet. Barnett fluchte. Jetzt hatte er Seth O’Donnell am Hals. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Wenn ein Gefangener in der Zelle saß, musste seine Bewachung organisiert werden. Unerwartete Mehrarbeit. Das schmeckte Barnett überhaupt nicht. Viel lieber wäre er am Abend in den Saloon oder zu seiner Stammhure ins Freudenhaus spaziert. Die dicke Mary hatte ihm eine Überraschung versprochen. Doch der verdammte Kuhtreiber hatte ihm alles vermasselt.

O’Donnell blieb unvermittelt vor der Gittertür stehen. Der Deputy hatte nicht aufgepasst und trat ihm in die Hacken. Der Mann in Handschellen warf ihm einen feindseligen Blick zu.

Barnett schauderte. Mit einem flauen Gefühl im Magen schloss der die Gittertür auf. O’Donnell starrte ihn an, als wolle er ihn in Hypnose versetzen.

Langsam zog der Hilfssheriff die Tür auf. »Reingehen«, sagte er heiser.

O’Donnell hob anklagend seine gefesselten Hände.

»Später«, sagte Barnett so leise, dass es der Cowboy im Office nicht hören konnte.

Daraufhin trat O’Donnell in die Zelle, stellte sich an die senkrechten Gitterstangen und zog eine Grimasse. »Ich will, dass Sie jemanden benachrichtigen«, zischte er leise, »und zwar noch heute …«

***

In Powder City betrat Lassiter das elegant eingerichtete Büro von Louis W. Fuller.

Ganz dunkel erinnerte er sich an seinen letzten Besuch bei dem stinkreichen Advokaten, der seit einer halben Ewigkeit als Verbindungsmann für die Brigade Sieben arbeitete. Damals war es um einen Aufpasserjob gegangen. Wilbur Armstrong Pettigrew, ein Senator aus Washington, hatte sich in den Kopf gesetzt, inkognito eine Rundreise durch die wildesten Boomstädte westlich des Missouris zu unternehmen. Lassiter musste drei Wochen als sein Leibgardist fungieren.

Fuller, ein gepflegter Enddreißiger im maßgeschneiderten Anzug, umrundete flink seinen Schreibtisch. Ein dicker Perserteppich dämpfte seine Schritte. Fuller strahlte wie ein Kronleuchter im Spielcasino. Herzlich griff er nach Lassiters Hand und drückte sie fest. »Freut mich, Sie mal wiederzusehen, Lassiter.«

»Gleichfalls, Louis.« Lassiter sah sich um.

Die Einrichtung der Kanzlei bestand aus sündhaft teuren Möbeln aus Mahagoni und Walnussholz. Im Bücherregal reihten sich neben Aktenordnern dicke Folianten mit glitzernder Goldschrift auf den Einbänden. Das Fenster hinter dem Schreibtisch ging zum rückwärtigen Hof hinaus. In den Zweigen einer Schwarzeiche lärmten Vögel.

»Nehmen Sie Platz«, sagte Fuller.

Lassiter setzte sich in einen ledergepolsterten Sessel, Fuller sank in den Lehnstuhl gegenüber.

Wie auf Kommando ging die Tür ging auf, und eine adrett gekleidete junge Frau mit Brille erschien. Sie fragte, was zu trinken gewünscht wurde.

Lassiter lächelte. »Kaffee.«

»Mir mich auch, Megan«, sagte Fuller.

»Sehr gern.« Die Frau nickte und ging.

Lassiter legte seinen Hut ab und lehnte sich entspannt zurück. Er schnupperte. Im Raum duftete es nach einer Mischung aus Tinte, Weihrauch und einem undefinierbaren Parfüm. Vermutlich hatte Fuller kürzlich eine Dame empfangen.

Der Anwalt riss ihn aus den Gedanken. »Wie geht es Ihnen, Lassiter? Hatte Sie eine gute Reise?«

»O ja, danke. Kann nicht klagen.«

»Die Bahnstrecke nach Powder City ist nicht gerade bekannt für Ihre Qualität«, sagte Fuller. »Zwischen Holly’s Camp und Little Sumatra gab es drei Entgleisungen, in nur einer Woche.«

»Meine Güte, da hatte ich ja nochmal Glück. Als ich unterwegs war, gab es nicht einen Zwischenfall. Ich hätte mir etwas mehr Abwechslung gewünscht.«

»Keine charmanten Ladys an Bord?«, fragte Fuller und kniff spitzbübisch ein Auge zu.

Lassiter grinste. Seine Vorliebe für alles Weibliche war kein Geheimnis. Vermutlich wusste jedes Mitglied der Brigade Sieben Bescheid. »Die hübscheste Lady im Zug war eine Paiute-Squaw mit zwei Babys auf dem Schoß.«

»Sie Ärmster«, Fuller spielte den Betroffenen, »wenn ich Zeit habe, bedaure ich Sie.«

Lassiter grinste. »Ich hoffe, mein Dasein als Mönch hat bald ein Ende.«

Die Tür ging auf. Fullers Assistentin schob einen quietschenden Servierwagen mit Kaffeegeschirr in das Zimmer. Sie brachte das Teil neben Lassiters Sessel zum Stehen. Dann griff sie nach der Kanne und schenkte den Männern Kaffee ein.

»Danke, Megan«, sagte Fuller, nachdem sie serviert hatte. »Sie können jetzt gehen. Für die nächste halbe Stunde möchte ich nicht gestört werden.«

»Und der Termin mit Mr. Shoemaker?«

»Verschieben, auf Morgen Vormittag.«

»Wie Sie wünschen, Sir.« Megan rückte ihre Brille zurecht, nickte den Männern freundlich zu und wandte sich ab. Lautlos schloss sich die Tür hinter ihr.

Lassiter trank einen Schluck Kaffee. »In dem Telegramm, das ich von Ihnen bekam«, sagte er, »steht kein Wort über den Auftrag, der mich erwartet. Nicht mal eine Andeutung.«

»Das war gewollt.« Fuller warf einen Blick zur Tür, ehe er weitersprach. »Die Operation hat die höchste Geheimhaltungsstufe. Informationen dürfen nur mündlich erfolgen. Deshalb musste ich Sie bitten, mich hier in Powder City aufzusuchen.« Er nahm eine Tasse vom Wagen und trank. »Glauben Sie mir, diese Mission wird ganz nach Ihrem Geschmack sein, Lassiter.«

»Da bin ich aber gespannt. Worum dreht es sich?«

»Es geht um das rätselhafte Sterben von namhaften Gunmen«, antwortete Fuller. »Im letzten Monat sind acht Männer hinterrücks erschossen worden. Alles gestandene Revolvermänner. Am letzten Wochenende waren es gleich zwei: Chas Brandon und Richard McElroy.«

»Von Brandon und McElroy habe ich schon gehört. So viel ich weiß, sind sie knallharte Kerle gewesen.«

»Gegen einen Schuss aus dem Hinterhalt ist man so machtlos wie gegen einen Tornado aus heiterem Himmel«, stellte Fuller fest. »Chas Brandon wurde niedergeschossen, als er im Dunkeln aus dem Saloon kam, auf dem Weg zu seinem Stelldichein. McElroy hat es im Puff von Stanton erwischt.«

»Ich hatte schon mit Dick McElroy zu tun.« Lassiter nippte an seinem Kaffee. »Ein ruhiger Geselle mit guten Manieren. Frauen gegenüber ist er sehr zurückhaltend gewesen. Wenn irgendwo Streit aufkam, zog er sich unauffällig zurück. Nur wenn es jemand allzu arg mit ihm trieb, geriet er in Harnisch. Einmal hat er sich mit Doc Holliday geschossen. Vor dem Alhambra in Tombstone, Arizona. Das Duell endete unentschieden. Er und der Doc landeten im Hospital. Dort schlossen sie Frieden.« Lassiter seufzte. »Schade um Dick. Er hatte das Zeug zu einem ganz Großen. Im Ziehen war er schnell wie der Wind.«

»Mag sein«, sagte Fuller. »Doch am Ende hat ihm sein schnelles Händchen nichts genutzt. Der Kerl, der ihn auslöschte, hat ihm keine Chance gelassen. Dick lag gerade auf einem Flittchen, barfuß bis zum Hals, als der Killer ihn aufs Korn nahm. Dick ist in den Armen der Frau gestorben.«

Lassiter sagte nichts. Er ließ das Gehörte sacken. Wenn er es sich aussuchen könnte, würde auch er gern so sterben wie Dick McElroy: in den Armen einer schönen Frau.

»Die Geschichte geht noch weiter«, fuhr der Anwalt fort. »Nachdem der feige Killer McElroy erledigt hatte, wollte er sich flugs aus dem Staub machen. Aber er kam nicht weit. Unten in der Halle hat ihn jemand aufgemischt und zum Sheriff expediert.«

»Interessant.« Lassiter horchte auf. »Heißt das, Dicks Mörder ist im Gewahrsam?«

»So ist es.« Fuller hob die Kaffeetasse. »Der Mann, der die Todesschüsse abgab, hat sich als steckbrieflich gesuchter Bandit entpuppt. Ein mehrfach vorbestrafter Desperado. Seth O’Donnell. Auf seinen Kopf sind ein paar hundert Dollar ausgelobt.«

»Seth O’Donnell.« Lassiter kramte in seinem Gedächtnis, wurde aber nicht fündig. »Ich nehme an, jetzt soll ich nach Stanton abdampfen und mir dieses Unikum mal aus der Nähe ansehen, richtig?«

»Richtig.« Fuller trank und behielt die Tasse in der Hand. »Dieser Seth O’Donnell ist nicht sauber. Die Sache stinkt gen Himmel. Für den Mord an McElroy fehlt jegliches Motiv. Es heißt, die zwei sind sich nie im Leben begegnet. Warum musste McElroy sterben? Bringen Sie ihn zum Sprechen, Lassiter.«

»Das werde ich tun.«

Fuller nickte. »Es ist alles vorbereitet. Megan hat ganze Arbeit geleistet. Morgen bei Tagesanbruch reisen Sie nach Stanton.«

Lassiter zog die Brauen zusammen. »Etwa mit dem Frühzug? Warum die Eile? Reicht es nicht, wenn ich mittags abfahre?«

»Nein«, erwiderte der Anwalt. »Denn Sie fahren nicht mit der Eisenbahn, sondern in einer hübschen, kleinen Kutsche. Und die fährt bereits in aller Frühe.«

»Eine … Kutsche?«

»Wie gesagt, die Sache ist streng geheim. Die Jungs von der Zentrale vermuten, dass sich auch die Pinkerton-Agentur für die Morde an den Gunslingern interessiert. Es darf nicht durchsickern, dass sich die Brigade Sieben um die Aufklärung des Falls bemüht. Deshalb haben Megan und ich uns etwas Besonderes für Sie ausgedacht: eine spezielle Tarnung.«

»Eine Tarnung!« Lassiter war nicht wohl in seiner Haut. »Alle Wetter! Warum zum Geier habe ich auf einmal so ein komisches Kribbeln im Bauch?«

»Das weiß ich nicht, aber ich weiß, dass die Dinge, die wir organisiert haben, Ihren Neigungen entsprechen.«

»Tatsächlich?« Lassiter leerte seine Tasse in einem Zug. Über den Tassenrand hinweg schaute er den Anwalt prüfend an. »Was haben Sie ausgeheckt, Louis? All devils! Spannen Sie mich nicht auf die Folter!«

Von draußen drang der Knall einer Peitsche ins Zimmer. Auf der unbefestigten Straße polterte gerade ein Fuhrwerk entlang. Fuller nahm sich Zeit für seine Antwort. In aller Seelenruhe trank er seinen Kaffee aus. Dann lehnte er sich vor und stellte die leere Tasse auf den Servierwagen.

Lassiter ließ ihn nicht aus den Augen.

»Glauben Sie mir«, begann Fuller, »dieser Auftrag wird Ihnen wie ein Geschenk des Himmels vorkommen. Schon mal was vom Rolling Joyhouse gehört?«

»Nein, was soll das sein?«

»Ein fahrendes Bordell.«

»Entzückend.« Lassiter schüttelte den Kopf. »Was zum Henker habe ich mit dem horizontalen Gewerbe zu tun?«

Die Frage schwebte sekundenlang in der Luft.

Fuller schlug lässig ein Bein über das andere. »Sie fragen, was Sie mit einem Bordell auf Rädern zu tun haben?« Er machte die Augen schmal. »Mhm, nun ja, ganz einfach: Sie sind der Chef dieses … Unternehmens.«

Lassiter schwieg. Was Fuller ihm da erzählte, klang wie ein schlechter Witz. »Louis, bei allem Respekt, was ist denn das für eine Nummer? Ich soll mich vor aller Welt als Bordellbesitzer darstellen? Lassiter als Zuhälter? Meine Güte! Geht das nicht ein bisschen zu weit?«

»Ich sagte bereits, dieser Fall besitzt höchste Priorität.« Aus Fullers Gesicht war jegliche Heiterkeit verschwunden. »Es besteht der Verdacht, dass all die Morde in Zusammenhang stehen. Mit anderen Worten: Jemand, den wir nicht kennen – noch nicht kennen, betätigt sich als Drahtzieher für eine Mordserie ohnegleichen. Wir müssen diese graue Eminenz schnappen. Je eher, desto besser.«

»Das unterschreibe ich sofort«, rief Lassiter aus. »Der Kerl, der die Fäden zieht, muss gefasst werden. Aber muss ich mich denn unbedingt zum Gespött der Leute machen?«

»Der Vorschlag wurde bereits von der Zentrale abgenickt.«

Lassiter war angefressen. Die Vorstellung, als Zuhälter durch die Lande zu kutschieren, gefiel ihm überhaupt nicht. Die Jungs von der Zentrale hatten gut reden. Die saßen warm und trocken in ihrem Quartier in Washington und lachten sich eins ins Fäustchen, während er sich zum Affen machte.

»Die Tarnung dient Ihrer Sicherheit, Lassiter«, erklärte Fuller. »Als was wollten Sie in Stanton denn auftreten? Als Revolvermann? Als Kopfgeldjäger?« Er hielt kurz inne. »In diesem Fall müssten Sie jederzeit damit rechnen, eine Kugel zu fangen. Gunslinger stehen auf der Abschussliste. Eine Kugel aus dem Hinterhalt ist das Letzte, was Sie brauchen. Dieses Risiko wollen Sie doch nicht eingehen, oder?«

Lassiter kaute auf seiner Lippe. Natürlich konnte er in Stanton nicht hinter der Maske eines Revolverhelden aufschlagen. Das wäre dumm und viel zu gefährlich. Aber musste es denn gerade eine Tarnung als Puffdaddy in einem mobilen Bordell sein?

Fuller zog seine Uhr aus der Tasche und ließ den Deckel aufspringen. »Zehn nach vier«, verkündete er. »Bis zum nächsten Termin habe ich noch etwas Zeit. Wenn Sie wollen, könnte ich Ihnen Ihre Mitarbeiterinnen vorstellen.«

»Gute Idee«, sagte Lassiter. »Lassen Sie uns gehen!«

***

Das mobile Freudenhaus entpuppte sich als Conestogawagen mit rot angemalter Zeltplane und parkte auf dem rückwärtigen Platz hinter dem Belvedere Hotel in der Boone Street.

Lassiter stellte einen Fuß auf das Vorderrad und spähte über die Lehne des Kutschsitzes. »Keiner zu Hause. Die Ladys sind ausgeflogen.«

Fuller wies zum Stallgebäude hinüber. »Bestimmt bringen sie die Pferde auf Vordermann. Morgen müssen die Traber in Form sein.«

Sie steuerten auf das offene Stalltor zu. Der Geruch von Mist, Schweiß und Leder schlug ihnen entgegen. Fuller rümpfte die Nase, während er mit angezogenen Hosenbeinen auf den mit Stroh bedeckten Mittelgang entlang stakste. Lassiter verbarg ein Grinsen. Der elegant gekleidete Anwalt wirkte im Stall wie ein Kürbis im Melonenfeld.

»Hallo?« Fuller machte den Hals lang. »Hallo? Ist hier jemand?«

Aus der Futterkammer kam ein baumlanger Mann zum Vorschein. Er trug eine blaue Latzhose und ein Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln. Auf seinem kantigen Schädel saß ein lädierter Lederhut mit einem stilisierten Tomahawk an der Krone. Der Mann hielt eine Heugabel in der Hand.

»He, Mr. Pollmer, können Sie mir sagen, wo die Joyhouse-Mädchen sind?«

»Die zwei Hübschen sind rüber ins Hotel gegangen«, antwortete der Stallmeister. »Vor ’ner halben Stunde. Aber wäre ich Sie, würde ich sie jetzt nicht stören, Mr. Fuller.«

»Wie meinen Sie das?«

»Ich nehme an, die Ladys sind gerade beschäftigt.« Pollmer zwinkerte vergnügt.

Lassiter schob seinen Hut höher. Er konnte sich denken, was die zwei Sidewalkdohlen gerade taten. Sie hatten einen Gast aufgerissen und ihn auf ihr Zimmer geschleppt, um ihren Verdienst aufzubessern.

Der Anwalt kramte unruhig nach seiner Uhr. »Ich kann nicht warten, bis die Beiden ihren Job erledigt haben. Mir sitzt die Zeit im Nacken.«

Lassiter legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Kein Problem, Louis. Gehen Sie ruhig! Ich komme schon klar.«

»Okay. Wir sehen uns später.« Fuller schob ab.

Der Stallmeister sah Lassiter neugierig an. »Sind Sie scharf auf die Girls?«

»Scharf?«

»Wollen Sie ins Bett mit Ihnen?«

Lassiter schüttelte den Kopf. »Nein, will ich nicht. Ich muss etwas mit ihnen regeln.«

Pollmer glaubte ihm kein Wort. »Geschäftlich?«

»Ja, genau. Geschäftlich.«

»Über den Witz lach ich ein andermal.« Pollmer schlug die Gabel gegen ein Querholz. Aus dem Gebälk rieselte Staub auf die Hüte der Männer. »Ich kann Ihnen den Rotfuchs empfehlen. Heiß wie ein Geysir am Yellowstone. Aber auch die Blonde ist klasse, ein richtiger Goldschatz. Einen Körper hat die Süße. Zum Anbeißen! Jedes Pfund an der richtigen Stelle. Ein Jammer, dass die zwei morgen abreisen wollen. Powder Creek wird um eine Attraktion ärmer sein.« Nach diesen Worten ging der Stallmeister in die Futterkammer zurück.

Lassiter verließ den Stall.

Nachdem er das Hauptgebäude umrundet hatte, trat er durch die Vordertür in das Foyer des Hotels. Gleich rechts neben der Eingangszone befand sich eine mit Nussbaum getäfelte Hallenbar. Der Mann hinter der Theke zog ein gelangweiltes Gesicht und polierte Gläser. Vor ihm lehnten zwei Gentlemen in steingrauen Gehröcken und plauderten über die Schwierigkeiten beim Bau der regionalen Eisenbahn.

Lassiter trat an die Bar. »Ich suche die Joyhouse-Girls, Linda Kerr und Meryl Hanson. Wo finde ich sie?«

»Ähm, wie meinen?«

»Die Mädchen aus dem Rolling Joyhouse. Man sagte mir, sie wären eben ins Hotel gekommen.«

»Mag sein.« Der Mixer hob pikiert eine Braue. »Aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern …«

Lassiter schnitt ihm das Wort ab. »Sie müssen doch hier vorbeigekommen sein.«

»Schon möglich, aber ich habe sie nicht gesehen.« Der Hotelangestellte zog ein Gesicht, als hätte er Zahnweh. »Ich wäre Ihnen so gerne behilflich, Mister.«

Lassiter spürte, dass der Mann ihn zum Besten hielt. Vermutlich lauerte der Typ auf ein fettes Trinkgeld. Doch Lassiter verspürte keinen Drang, dem Gauner Geld für etwas in den Rachen zu werfen, das er auch umsonst haben konnte. Er straffte seine Gestalt. Mit eisigem Blick fixierte er sein Gegenüber. »Wenn ich Ihnen einen Dollar gäbe, würden Sie sich dann besser erinnern?«

Die Augen des Barmannes funkelten gierig. Langsam ließ er das Poliertuch sinken.

Lassiter hatte genug. Er griff über die Bar und packte den Keeper am Kragen. »Wo sind die Mädchen? Los, raus mit der Sprache! Und denken Sie gut nach, bevor Sie den Mund aufmachen!«

Der ertappte Lügner japste nach Luft. Im Nu war sein Gesicht rot wie eine Chilischote.

»Ich finde das nicht lustig«, sagte der Größere der Gentlemen zu Lassiter. »Sie sind ein Grobian. So geht man nicht mit Menschen um.«

Lassiter ignorierte den Vorwurf. Der Stutzer konnte ihm mal im Mondschein begegnen. »Ich warte auf eine Antwort. Na, wird’s bald.«

Dem Barmann perlte der Schweiß auf der Stirn. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, doch nur ein Röcheln kam ihm über die Lippen.

Lassiter zog seine Hand zurück. »Wo?«

Die Augen des Barmannes wanderten zur Treppe, die in das Obergeschoss führte. »Zimmer vierzehn«, keuchte er.

Während der Barmixer seinen zerknautschten Kragen richtete, stieg Lassiter die Stufen zur nächsten Etage hinauf. Der Duft von teurem Parfüm umschmeichelte seine Nase.

Oben angelangt, verglich er die Nummern an den Türen und ging dann in einen halbdunklen Gang, an dessen Ende ein Vorhang aus rotem Samt baumelte.

Zimmer zwölf, dreizehn, vierzehn.

Lassiter blieb an der vorletzten Tür stehen und klopfte.

Stille.

Er klopfte ein zweites Mal, etwas lauter als zuvor. Jetzt hörte er hinter der Tür Schritte tappen. »Wer ist da?«, rief eine weibliche Stimme.

»Der Chef des Rolling Joyhouse«, sagte er.

Einen Augenblick passierte nichts.

»Mr. Lassiter?« Das war eine andere Stimme. Also befanden sich beide Girls im Zimmer.

»Macht auf«, sagte er. »Ich habe mit euch zu reden.«

Es dauerte fast eine Minute, bis die Tür einen Spalt aufging. Ein Mann mit tief ins Gesicht gezogenem Hut huschte auf den Korridor. Den Blick zu Boden gerichtet, hastete er zur Treppe und verschwand.

Lassiter sah ins Zimmer und erblickte zwei halbnackte junge Frauen von ungefähr zwanzig Jahren. Die Hellblonde hatte ihr Haar zum Pferdeschwanz gebunden. Die Rothaarige zog sich gerade ein Hemd über. An ihrem Hals prangte ein Würgemal, es konnte aber auch ein Knutschfleck sein.

»Fuller hat uns gesagt, Sie kämen erst abends«, sagte die Blonde. »Ich bin Linda Kerr.«

»Und ich bin Meryl.« Die Rothaarige warf eine Decke über das Bett. »Meryl Hanson aus Stigwood, Nebraska.«

»Angenehm, Lassiter.« Er zögerte.

»Bitte«, Linda machte den Weg frei, »treten Sie doch näher, Mister.«

Lassiter rührte sich nicht vom Fleck. »Eigentlich wollte ich nur mal einen Blick auf euch werfen«, sagte er. »Reine Neugier. Ich wollte wissen, mit wem ich es ab morgen zu tun habe.«

Linda lächelte. »Das ist alles? Sie wollten nur sehen, wie wir aussehen?«

Lassiter nickte bedächtig. Ihm war die Schnelle nichts anderes eingefallen.

Meryl stützte die Hände auf ihre Hüften. »Zieren Sie sich nicht, Mr. Lassiter! Kommen Sie schon! Wir trinken ein Glas zusammen. Immerhin sind wir jetzt für eine Weile Kollegen, oder etwa nicht?«

Auf dem Flur ging eine Frau in einem blauen Taftkleid an ihm vorbei. Sie hatte gehört, was Meryl gesagt hatte, und warf einen spähenden Blick durch die offen stehende Tür. Als sie die spärlich bekleideten Girls erblickte, schüttelte sie den Kopf und ging schnell weiter.

Lassiter trat ein.

Die Blonde schloss die Tür hinter ihm und lehnte sich gegen den Türrahmen. »Ich hatte mir meinen neuen Boss ganz anders vorgestellt«, erklärte sie.

»Wie denn?«

»Viel älter uns hässlicher.« Linda musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Hab schon einige Puffdaddys kennengelernt, in Kansas, Nevada und im Arizona-Territorium, aber keiner sah so aus wie Sie, Mr. Lassiter.«

Er grinste. »Tut mir leid, dass ich die Damen enttäuschen muss.«

Auf der Straße rief der Zeitungsjunge die Schlagzeilen des Tages aus. »Eisenbahnunglück in Plum Creek! Mörder auf Kaution freigelassen! Tausend Hereford-Rinder auf dem Texas-Trail spurlos verschwunden!«

»Von wegen enttäuscht, ganz im Gegenteil. Wir sind keineswegs enttäuscht.« Linda sah Meryl an. »Er macht eine gute Figur. Was meinst du, Sweetheart?«

»Und ob!« Meryl trat einen Schritt auf ihn zu. »Was treiben Sie sonst so?«, fragte sie. »Ich meine, wenn Sie nicht gerade ein Freudenhaus auf Räder beaufsichtigen müssen. – Halt! Stopp!« Sie hob abwehrend eine Hand. »Lassen Sie mich raten! Sie sind ein – Berufsspieler.«

»Für einen Kartenhai halten Sie mich? Oh, nein.«

»Etwa ein ehemaliger Pinkerton-Agent? We never sleep und so?«

»Fehlanzeige.«

»Ein Eisenbahndetektiv?«

»Nein.«

»Ein Kopfgeldjäger, der auf eigene Rechnung arbeitet?«

»Ups! Dicht daneben ist auch vorbei.«

Meryl rollte mit den Augen. »Lassen Sie mich nachdenken. Ich kriege es heraus …«

»Hör auf mit dem Unsinn!« Linda packte ihre Kollegin derb am Arm. »Was sollen diese dummen Ratespiele? Schon vergessen, was Fuller uns eingeschärft hat?«

»Keine Fragen«, sagte Meryl kleinlaut.

»Na siehst du! Keine Fragen. Also halten wir uns dran.« Linda schwenkte ihren Pferdeschwanz. »Ich schlage vor, du, Sweety, flitzt runter an die Bar und besorgst eine Pulle. Derweil mache ich es uns hier oben etwas gemütlich.«

Meryl schnitt eine Grimasse. »Immer ich. Warum gehst du nicht selbst?«

»Das brauche ich nicht, weil du gehst.«

Lassiter musste schmunzeln. Das Gezänk der beiden Grazien amüsierte ihn. Meryl und Linda waren wirklich goldig. Er fragte sich, wie weit sein Verbindungsmann die zwei Frauen aufgeklärt hatte. Ob sie wussten, dass sie als Spähtrupp ausgesandt wurden, um mitzuhelfen, eine Mordserie an Gunfightern aufzuklären?

Lassiter brauchte Gewissheit. Er wartete, bis Meryl gegangen war. Dann wandte er sich an Linda: »Für wie lange hat Fuller euch gebucht?«

Sie holte gerade drei Gläser aus dem Schrank und stellte sie auf den Tisch. »Zurzeit hat er keine Angaben gemacht. Eine Woche, zehn Tage, ein Monat?« Sie zuckte die Achseln. »Für uns ist das auch nicht weiter von Belang. Hauptsache, in der Kasse klingelt Geld. Von wo es kommt, ist Nebensache.«

»Geld ist nicht alles«, sinnierte Lassiter.

»Das mag sein.« Linda grinste. »Aber ohne Geld ist alles nichts.«

»Touché!« Er lachte. Mit ihren schlagfertigen Bemerkungen war die Blondine ganz nach seinem Geschmack. Schade, dass ein Mädchen mit ihren Anlagen beim horizontalen Gewerbe in einem Planwagen mitten im Grenzland gelandet war. Der Gedanke an ihre Zukunft dämpfte seinen Frohsinn.