Lassiter Sammelband 1801 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1801 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2284, 2285 und 2286.

Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!

2284: Im Sündenbabel von Montana

Die Dürre hatte die kargen Geröllebenen des Ruby County in eine staubige Hölle verwandelt. Sie brütete seit Wochen über diesem unwirtlichen Landstrich im Süden Montanas, hatte Kojoten und anderes Getier vertrieben und das Büffelgras erbarmungslos verdorren lassen.

Die Männer im Nadelöhr des Chiaxxó Valley störten sich daran nicht. Sie hatten sich hinter einem Felsgrat auf die Lauer gelegt und behielten den Planwagentreck im Auge, der sich tief unter ihnen durch die enge Schlucht zwängte.

Von Norden her waren fünf Gespanne gekommen. Der Treck hatte eine Stunde gerastet, die Achsen frisch eingefettet und seine Fahrt in gemächlicher Geschwindigkeit fortgesetzt. Außer einem halben Dutzend Männer befand sich auch eine einzelne Frau auf den Planwagen.
Der Tod saß den Verdammten bereits im Nacken.

2285: Der Fluch der goldenen Sporen

Quintus ließ die Muskeln spielen und bewunderte sein nacktes Spiegelbild im Wasser. Teufel auch, er sah schon verdammt gut aus. Kein Wunder, dass die Ladys ihm nachliefen. In den Zeitungen nannten sie ihn einen Adonis. Leider waren es immer nur Provinzblätter, die über ihn und seine Kollegen berichteten. In San Francisco, wo seine Showtruppe zuhause war, ignorierte man sie. Da waren sie keine einzige Druckzeile wert.

Quintus betrachtete seine waschbrettförmige Bauchmuskulatur. Er hob den rechten Arm und spannte den Bizeps an. Im selben Augenblick bekam sein Spiegelbild Gesellschaft. Der Mann schob sich langsam genug an ihn heran, dass die Wasserfläche glatt blieb. Deshalb war auch der Revolver in seiner Rechten gut zu erkennen. Er hielt den Lauf waagerecht und drückte die Mündung seitlich in Quintus' Rippen ...

2286: Gleisstrang in den Tod

Major Charles Tyrell ließ den Kompaniezug halten und schaute durch zu Schlitzen verengten Lidern in den Canyon. Zu beiden Seiten ragten zerklüftete Felswände in die Höhe, wie eine Warnung, keinen Fußbreit weiterzureiten.

Unter normalen Umständen hätte der erfahrene Soldat auf seinen Instinkt gehört, doch seine Order ließ einen Abbruch der Mission nicht zu. Seit zwei Tagen jagten er und seine Männer einer Bande Pistoleros nach, die in einem blutigen Gefecht eine Kriegskasse geplündert hatten und sich auf dem Weg nach Oklahoma befanden. Von dort würden sie sich quer durch Texas nach Mexiko durchschlagen.

Und dort, das sagten Tyrells Befehle, durften sie niemals ankommen.

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: Boada/Norma ISBN 978-3-7325-8345-4

Jack Slade

Lassiter Sammelband 1801 - Western

Inhalt

Jack SladeLassiter - Folge 2284Die Dürre hatte die kargen Geröllebenen des Ruby County in eine staubige Hölle verwandelt. Sie brütete seit Wochen über diesem unwirtlichen Landstrich im Süden Montanas, hatte Kojoten und anderes Getier vertrieben und das Büffelgras erbarmungslos verdorren lassen. Die Männer im Nadelöhr des Chiaxxó Valley störten sich daran nicht. Sie hatten sich hinter einem Felsgrat auf die Lauer gelegt und behielten den Planwagentreck im Auge, der sich tief unter ihnen durch die enge Schlucht zwängte. Von Norden her waren fünf Gespanne gekommen. Der Treck hatte eine Stunde gerastet, die Achsen frisch eingefettet und seine Fahrt in gemächlicher Geschwindigkeit fortgesetzt. Außer einem halben Dutzend Männer befand sich auch eine einzelne Frau auf den Planwagen. Der Tod saß den Verdammten bereits im Nacken.Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2285Quintus ließ die Muskeln spielen und bewunderte sein nacktes Spiegelbild im Wasser. Teufel auch, er sah schon verdammt gut aus. Kein Wunder, dass die Ladys ihm nachliefen. In den Zeitungen nannten sie ihn einen Adonis. Leider waren es immer nur Provinzblätter, die über ihn und seine Kollegen berichteten. In San Francisco, wo seine Showtruppe zuhause war, ignorierte man sie. Da waren sie keine einzige Druckzeile wert. Quintus betrachtete seine waschbrettförmige Bauchmuskulatur. Er hob den rechten Arm und spannte den Bizeps an. Im selben Augenblick bekam sein Spiegelbild Gesellschaft. Der Mann schob sich langsam genug an ihn heran, dass die Wasserfläche glatt blieb. Deshalb war auch der Revolver in seiner Rechten gut zu erkennen. Er hielt den Lauf waagerecht und drückte die Mündung seitlich in Quintus' Rippen ...Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2286Major Charles Tyrell ließ den Kompaniezug halten und schaute durch zu Schlitzen verengten Lidern in den Canyon. Zu beiden Seiten ragten zerklüftete Felswände in die Höhe, wie eine Warnung, keinen Fußbreit weiterzureiten. Unter normalen Umständen hätte der erfahrene Soldat auf seinen Instinkt gehört, doch seine Order ließ einen Abbruch der Mission nicht zu. Seit zwei Tagen jagten er und seine Männer einer Bande Pistoleros nach, die in einem blutigen Gefecht eine Kriegskasse geplündert hatten und sich auf dem Weg nach Oklahoma befanden. Von dort würden sie sich quer durch Texas nach Mexiko durchschlagen. Und dort, das sagten Tyrells Befehle, durften sie niemals ankommen.Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Im Sündenbabel von Montana

Vorschau

Im Sündenbabel von Montana

Die Dürre hatte die kargen Geröllebenen des Ruby County in eine staubige Hölle verwandelt, aus der weder Kojoten noch andere Tiere zu fliehen vermochten. Sie brütete seit Wochen über diesem unwirtlichen Landstrich und hatte das hier und da aufragende Büffelgras verdorren lassen.

Die Männer im Nadelöhr des Chiaxxó Valley störten sich daran nicht. Sie hatten sich hinter einem Felsenrücken auf die Lauer gelegt und behielten den Planwagentreck im Auge, der sich tief unter ihnen durch die enge Schlucht zwängte. Vom Norden her waren die fünf Gespanne gekommen, hatten eine Stunde gerastet und ihren Treck in gemächlicher Geschwindigkeit fortgesetzt.

Der Tod saß ihnen bereits im Nacken.

Siebzehn Meilen vor dem eigentlichen Ziel des Wagentrecks hatte Cathy McKean kein Ohr mehr für Jammereien. Die aschblonde Mittdreißigerin mit den funkelnd grünen Augen, dem schmal geschnittenen Gesicht und der entschlossenen Gestik griff nach der Peitsche und trieb die beiden Wallache vor ihrem Wagen an. Sie verzog das Gesicht und versetzte ihrem Nebenmann einen herzhaften Stoß in die Rippen.

»Sie machen einen Fehler, Ma’am!«, quittierte der Bewaffnete den Hieb mürrisch. Er hieß Joseph Burden und war nicht für seinen Frohsinn bekannt. »In dieser Dürre wird uns die Hälfte der Menschen verdursten und verhungern. Sie hätten uns nie in Richtung Ruby County schicken dürfen.«

Ein Ruf von den anderen Wagen schallte durch die Felsenschlucht, die man seit einer Viertelstunde durchquerte und deren kühler Schatten sich als wahrer Segen erwies. Cathy seufzte und ließ die Peitsche erneut knallen. »Keiner von uns wird sterben, Joseph. Unsere Familien sind eine Menge gewöhnt. Von ehemals achtzig Leuten sind noch knapp fünfundfünfzig übrig.«

»Eben, Cathy, eben!«, versetzte Joseph aufgebracht. Er klammerte sich an seiner.44er-Winchester fest. »Selbst Ihr Vater ist unter den Toten! Sie hätten etwas mehr Vernunft walten lassen müssen!«

Wie aus dem Nichts überfielen Cathy die Erinnerungen an ihren Vater, die diesmal zur Abwechslung nicht den klapperdürren Leib von Rudolph McKean zeigten, sondern das fröhliche Lachen eines jüngeren McKean, der bei einer Gartenfeier über die Wiese sprang und ein Kind in die Luft warf. Es war der vierte Jahrestag der Gemeinde gewesen und sie hatten auf der Böschung hinter der Kirche gefeiert, wo sie Decken ausbreiten und ein Feuer für das Fleisch machen konnten.

»Mein Vater hat damit nichts zu tun«, sagte Cathy mit zusammengepressten Lippen, doch ihr war bewusst, dass sie log. Seit ihr Vater tot war, hatte es keinen Tag gegeben, an dem sie nicht an den alten Dorfschullehrer und Bürgermeister von Clarksville gedacht hatte. Er war eine Seele von Mensch gewesen und die Gemeinde hatte eine Woche lang getrauert, als er dem Typhus erlegen war.

»Papperlapapp!«, erwiderte Joseph und zog eine griesgrämige Miene. »Kein Mensch erträgt die Faust Gottes. Sie hätten nicht das Amt Ihres Vaters übernehmen dürfen.« Er schnäuzte sich und spie aus. »Aber wer hört schon auf Greise wie mich!«

Die Karawane der mit Proviant und Wasser beladenen Planwagen scherte in eine Biegung ein und kam langsamer voran als zuvor. Cathy vertrieb die Gedanken an das gute Dutzend Siedlerfamilien, die ehrfürchtig zu ihr aufschauten, weil ihr Vater sich über die Jahre ihr Zutrauen und ihren Respekt erworben hatte. Sie hatten in Iowa keine Not gelitten, aber die Verheißung auf freies Land und einen eigenen Acker hatte sie über die Staatsgrenze getrieben.

»Die Dürre hat keiner vorausgesehen«, sagte Cathy mit belegter Stimme. »Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich alles tun werde, um –«

Ein peitschender Gewehrschuss setzte ihrem Schwur ein jähes Ende.

Die Kugel riss dem alten Burden die Stirn auf, pflügte ihm durch den Schädel und zerfetzte zu guter Letzt die Segeltuchplane des Wagens. Ein Schwall Blut traf Cathy an der linken Wange und sickerte heiß an ihrem Hals hinunter.

Burden japste vor Entsetzen und klammerte sich an Cathy fest. Er brachte ein heiseres Seufzen hervor, ehe er zur Seite kippte und von der Kutsche stürzte.

Geistesgegenwärtig griff Cathy nach seiner Winchester und richtete sie auf die Felsen über ihnen. Sie machte die Silhouetten von vier Männern aus, die flink von einer Deckung zur anderen sprangen und erneut auf die Planwagen feuerten.

»Vorwärts!«, schrie Cathy den Pferden zu und ließ die Zügel locker. Sie nahm einen der Angreifer ins Visier und zog den Abzug durch. Die Winchester gab einen krachenden Feuerstoß von sich und rächte den toten Burden mit einer Ladung Blei in die Brust des Fremden.

»Cathy!«, hörte die Siedlerin weit hinter sich einen Mann brüllen. Es war der junge John Simmerman, der auf einem der letzten Wagen fuhr. »Sie nehmen uns ins Kreuzfeuer! Fahr zu! In Gottes Namen, fahr zu!«

Noch bevor Cathy darüber nachdenken konnte, aus welchem Grund sie mitten in den Bergen Montanas angegriffen wurden, ging ein Schauer aus Gewehrschüssen über dem Treck nieder. Die Planen der Gespanne flatterten unter den einprasselnden Kugeln und hingen bald in Fetzen von den stählernen Streben.

Mit einem Peitschenhieb nach dem anderen jagte Cathy die Pferde voran und lauschte mit pochendem Herzen den Schreien und Rufen in ihrem Rücken. Sie warf die leere Winchester hinter sich auf die Proviantsäcke und umklammerte mit beiden Händen die Zügel.

In derselben Sekunde sah die Siedlerin die beiden Berittenen vor sich. Sie waren vermummt und hatten langläufige Waffen bei sich. Der Größere von ihnen hob den Arm und gab zugleich einen Schuss in die Luft ab.

»Hoah!«, rief Cathy und hielt die scheuenden Wallache mit aller Kraft zurück. Sie setzte eine finstere Miene auf und erklomm den Kutschbock. »Was wollt ihr, Dreckskerle? Mörder seid ihr!«

Die Männer im Sattel ritten langsam näher und warteten geduldig ab, bis das Gespann in den Stand gerollt war. Einer der Vermummten zog ein Stück Papier aus der Westentasche und bedeutete Cathy mit dem Gewehr, dass sie vom Wagen steigen sollte.

Widerwillig gehorchte die Siedlerin aus Iowa. Sie sprang vom Planwagen und sah sich für einen Augenblick nach dem Rest des Trecks um. Auf dem Gespann hinter dem ihrigen lag der Leichnam von John Simmerman.

»Zum Teufel, was wollt ihr?«, fauchte Cathy und riss den Kopf wieder zu ihren Widersachern herum. Sie schritt entschlossen auf die Männer zu. »Ich hab’s nicht nötig, mit feigen Kojoten wie euch zu reden!«

Der größere Reiter lachte hämisch auf und winkte mit dem Papier in der Hand. Er richtete das Gewehr auf Cathy und reckte höhnisch das Kinn. »Du wirst mit uns reden müssen, Schätzchen. Ich habe eine Nachricht für dich.«

»Von wem?«, stieß Cathy zornig hervor. »Von dem Mistkerl, der euch für Blut an den Händen bezahlt?«

»Ganz recht«, lautete die Antwort. »Von Doug Mendenhall.«

***

Trotz der Hitze in der Kammer hatte Lassiter keinerlei Schwierigkeiten, dem wollüstigen Stöhnen seiner Gespielin die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Er trug nur noch sein vom Schweiß durchnässtes Hemd auf dem Leib, unter das sich unentwegt die Hände der nackten Jewell Parker verirrten. Das brünette Freudenmädchen mit den markanten Grübchen lag vor ihm auf dem Rücken und streckte die Beine in die Luft.

»Beim Zeus, nun komm schon!«, seufzte Jewell und zog Lassiter zu sich herunter. Sie dirigierte seinen steifen Pint mit zwei Fingern fahrig in ihre Liebeshöhle. »Ich kann’s auf den Tod nicht leiden, wenn man ’ne Lady warten lässt!«

»Geht mir nicht anders!«, brummte Lassiter und stützte sich neben Jewell ab. Er betrachtete den schlanken Leib der schönen Brünetten und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Aber ich hab dir gesagt, dass ich weg muss!«

»Nein, nein, das geht nicht!«, flüsterte Jewell und wand sich unter ihm. »Du musst es mir noch einmal besorgen! Ich brauch’s, hörst du? Ich brauch’s von einem …« Sie lächelte und funkelte ihn aus ihren Katzenaugen an. »Ich brauch’s von einem Kerl wie dir!«

Nach diesen Worten spreizte Jewell die Schenkel noch weiter und gab erst Ruhe, als Lassiter mit festen Hüftbewegungen zustieß. Er spürte die feuchte Enge seiner Geliebten, die selbst nach der dritten Runde nichts von ihrer Kraft zu verlieren schien. Die zarten Finger Jewells umkrampften seine Schultern und bettelten ihn um weitere Stöße an.

»Hab kein Mitleid, Lassiter!«, keuchte sie und warf die gelockten Haare herum. Sie presste ihm ihren Unterleib entgegen und schloss die Augen. »Das Mendenhall’s ist ein Tanzhaus und kein Sanatorium! Bei uns treibt man’s ordentlich! Und ich … will jetzt schreien!«

Kaum eine Sekunde später ließ sie ihren Worten Taten folgen. Sie schrie Lassiters Namen mit solcher Wucht heraus, dass der Mann der Brigade Sieben ihr die Hand auf den Mund drückte. Er war erst gestern in Crock City eingetroffen und konnte gegenwärtig nichts weniger gebrauchen, als dass jeder in der Farmerstadt wusste, wohin es ihn zuerst verschlagen hatte.

Ganz besonders galt diese Sorge seinem Mittelsmann John Mills. Der frühere Handelsvertreter im Auftrag des Schatzministeriums hatte Lassiter telegraphisch gebeten, sich unter allerhöchster Diskretion bei ihm einzufinden. Das Telegramm aus Washington dagegen hatte lediglich verlangt, dass binnen dreier Tage ein Treffen zustande kam. Solche Feinheiten waren jedoch passé, wenn jeder Freier im Tanzhaus wusste, mit wem Jewell sich im Obergeschoss vergnügte.

»Ssht!«, zischte Lassiter und warf seiner vor Lust bebenden Geliebten einen strengen Blick zu. »Ich werd’ dir kein zweites Mal sagen, dass in Crock City nicht jeder meinen Namen kennen muss.«

Jewell setzte einen schuldbewussten Blick auf und seufzte vor Erregung. Sie blickte auf den Spiegel in der Ecke des Raumes und gab Lassiter einen Schlag auf die Schultern. Der große Mann aus Washington hielt inne und blickte das Freudenmädchen fragend an.

»Mills!«, wisperte Jewell und deutete auf den Spiegel, in dem ein Teil der Mainstreet zu sehen war. »Ich hab ihn eben gesehen! Er ist unten auf der Straße!«

Einen Augenblick lang wusste Lassiter nicht, ob er die Redensart, dass der Teufel stets dann erschien, wenn man von ihm sprach, verfluchen oder gutheißen sollte. Er riss den Kopf zum Spiegel herum, machte jedoch nur die staubige Straße darin aus. »Mills? Bist du sicher? Gerade jetzt?«

»Wenn ich’s dir sage!«, bekräftigte Jewell ihre Worte. »Du wolltest doch zu ihm, oder? Zu John Mills, dem Alten von der Mills Trading Co.?«

Ohne zu zögern griff Lassiter nach seiner Hose, stieg hinein und zog ein Bündel Dollarscheine aus der Tasche. Er warf sie Jewell zu und bedachte das Mädchen mit einem strengen Blick. »Die Scheine gehören dir, wenn du den Mund hältst. Ich werd’s herausbekommen, wenn du geplaudert hast, hörst du?«

Das Freudenmädchen zählte die Scheine nach, nickte eifrig und sprang zum Fenster. Sie bedeckte ihre nackten Brüste mit dem Laken und spähte auf die Straße hinaus. »Dumm bin ich nicht, Mr. Lassiter! Ich plaudere keine Geheimnisse meiner Kunden aus!« Sie ruderte mit den Armen. »Beeil dich! Er redet unten mit Mendenhall!«

Eilig schlang sich Lassiter den Revolvergurt um die Hüften und verschloss ihn. Er zog das Telegramm aus der Hosentasche und las es abermals. Am Namen von Mills und seiner Handelsorganisation bestand kein Zweifel.

»Beeil dich!«, drängte Jewell ihn erneut zur Eile. »Er wird noch reinkommen!« Sie hauchte Lassiter einen Kuss auf die Wange, drückte ihm die Hand und schob ihn auf den Flur hinaus.

***

Der gepflegte Gehrock und der glänzende Zylinder von John Mills verliehen der Begegnung mit Lassiter etwas unerwartet Feierliches, als der große Mann einige Minuten darauf über die Schwelle von Mendenhall’s Dancehall trat. Er nickte dem Schmächtigen neben Mills zu, von dem er lediglich wusste, dass es Tanzhausbesitzer Doug Mendenhall war, und begrüßte auch Mills mit einem Kopfnicken.

Der Handelsvertreter schürzte die Lippen und wandte sich grußlos zur Straße um. Er verschränkte die Arme auf dem Rücken und entfernte sich raschen Schrittes. Als er bemerkte, dass Lassiter ihm folgte, schnellte er mit zorniger Miene herum. »Ich hatte Sie um Diskretion gebeten, Mr. Lassiter! Es ist ungeheuerlich, dass ich Ihren Namen zuerst aus dem Mund einer Dirne höre!«

Indessen hatte Lassiter ganz zu Mills aufgeschlossen. Er zog eine gleichgültige Miene und winkte ab. »Das Mädchen hat genügend Dollars auf der Hand, um ab jetzt still zu sein. Sie können versichert sein, dass ich von Ihnen nicht meinen ersten Auftrag erhalte, Mr. Mills.«

»Damit habe ich auch nicht gerechnet!«, versetzte Mills und beruhigte sich allmählich. Er bog mit Lassiter in eine Seitengasse ein und wandte sich ganz zu ihm um. »Zweifellos sind Sie der beste Mann der Brigade Sieben. Die Anweisungen für Ihren Auftrag kommen aus dem Büro des Präsidenten.«

Lassiter blieb ruhig vor Mills stehen. »Um was geht es dabei?«

Auf Mills schmales Gesicht schob sich ein entgeistertes Grinsen. Er suchte einen Augenblick lang nach den richtigen Worten. »Wäre es für Crock City und Montana nicht derart ernst, könnte man beinahe darüber lachen. Es geht in der Tat um Doug Mendenhall.« Er wies in Richtung des Tanzhauses zurück. »Eben jenen Mr. Mendenhall, dem Sie gerade zugenickt haben!«

Zwei dünne Fältchen bildeten sich auf Lassiters sonnengebräunter Stirn. »Der gleiche Doug Mendenhall, mit dem Sie eben sprachen?«

»So ist es«, bestätigte Mills mit einem steifen Kopfnicken. Er schritt weiter durch die Gasse. »Man ist in Washington überzeugt, dass Mendenhall seine Tanzhäuser mit Regierungsgeldern erbaut hat. Er hat reiche Gönner in der Hauptstadt, die er jedoch im Glauben gelassen hat, dass er in Montana Waisenhäuser für Siedlerkinder errichtet.«

Ein schmales Lächeln spielte um Lassiters Lippen. »Ich versichere Ihnen, dass es sich beim Mendenhall’s nicht um ein Waisenhaus handelt.«

Aus Mills’ Kehle drang ein heiseres Lachen. »Glauben Sie nicht, ich wäre ein Unschuldslamm! Ich habe den Mädchen auch schon den einen oder anderen Besuch abgestattet.« Er blieb abrupt stehen. »Von Bedeutung ist allerdings nur, dass Mendenhall ein Vermögen aus Regierungsgeldern sprichwörtlich in den Sand gesetzt hat. Sie müssen ihn vor Gericht bringen, ehe er mit dieser Schurkerei davonkommt.«

»Jeder Marshal könnte Mendenhall festnehmen«, wandte Lassiter ein. »Dafür braucht es keinen Mann der Brigade Sieben.«

Mills spitzte die Lippen, als bereite ihm Lassiters Widerspruch körperliche Pein. Er senkte den Kopf und gab einen tiefen Seufzer von sich. »Nicht bei Mendenhall! Nicht bei einem Kerl wie ihm! Er mag harmlos wirken, aber in der Gegend wagt niemand, sich ihm entgegenzustellen. Der letzte Marshal ist nach Helena geflohen, als ihm Mendenhalls Leute an den Kragen wollten.«

Einen Moment lang herrschte Stille, die nur von einem fernen Hundebellen unterbrochen wurde. Die Männer betrachteten einander wortlos.

»In Ordnung«, sagte Lassiter danach. »Ich kümmere mich um Mendenhall.«

***

Einige Stunden später hatte Lassiter im Tathoka Palace, das keine zwei Straßen von Mendenhalls’ Dancehall entfernt lag und eine ebenso schäbige Fassade wie diese besaß, Quartier bezogen. Die Zimmer strotzten geradezu vor Dreck und waren mit allerlei Tand zugestellt, den vorbeiziehende Siedlertrecks gegen eine Nacht in einem weichen Bett getauscht hatten. Die staubigen Fenster boten einen tristen Ausblick auf die vor Hitze glühende Straße.

»Whiskey haben wir auch!«, sagte das Zimmermädchen und trug Lassiters Ledertasche zum Wandschrank hinüber. »Sie bekommen ihn bis fünf Uhr am Nachmittag. Danach ist Sperrstunde.«

Das klein gewachsene Mädchen mit den pechschwarzen Haaren warf Lassiter einen freundlichen Blick zu und verlagerte schüchtern das Gewicht von einem Bein auf das andere. Es hatte Lassiter schon die Zimmerschlüssel ausgehändigt. »Brauchen Sie sonst noch etwas, Sir?«

»Nein«, erwiderte Lassiter und warf das Kuvert auf den Tisch, in dem sich die Informantenberichte zu Doug Mendenhall befanden. Er hatte den Umschlag eine Stunde zuvor von Mills erhalten. »Oder doch – haben Sie Kautabak?«

Das Mädchen kicherte verlegen und zählte die Tabaksorten an den Fingern auf. »Hick’s haben wir, und Beverly’s Garden. Nature Flavour haben wir auch.«

Der Mann der Brigade Sieben nickte zufrieden und trat ans Fenster. Er schob die Gardine beiseite und starrte auf die Straße hinunter. »Hick’s ist gut. Zwei Schachteln brauche ich. Whiskey auch. Ich habe eine lange Nacht …« Er unterbrach sich und riss die Gardine mit einem Ruck ganz zur Seite. »Was zum Teufel?«

Unterhalb des Hotelfensters stand eine Frau auf der Straße, die nichts als ein zerfetztes Kleid am Leib trug. Sie war um die Schultern herum mit Blut beschmiert und schien sich kaum auf den Beinen halten zu können. In ihrem blonden Haar hingen Zweige und trockenes Gras.

»Was ist los?«, rief das Zimmermädchen und sprang ebenfalls zum Fenster. Als es die Frau erblickte, schlug es die Hände an die Wangen. »Jesus im Himmel! Was ist mit ihr?«

Wortlos wandte sich Lassiter um und marschierte aus der Kammer. Er nahm die Wendeltreppe zum Untergeschoss und trat auf die Straße hinaus.

Die blonde Frau starrte ihn entgeistert an. Sie zitterte am ganzen Leib und brachte kein Wort hervor.

»Ma’am?«, sprach Lassiter die geschundene Fremde an. Er bot ihr den Arm. »Brauchen Sie Hilfe? Was ist Ihnen zugestoßen?«

Aus der Nähe wirkten die Verletzungen der Frau weitaus ernster, als es zunächst den Anschein gemacht hatte. Sie war mit Schürfwunden übersät, die mit verkrustetem Blut und Sand verstopft waren.

»Wo … ist … Doug Mendenhall?«, flüsterte die Frau und hielt sich an einem Fenstersims des Hotels fest. Sie beugte sich vornüber und würgte vor Schmerz. »Ich muss … zu ihm.«

Als Lassiter ihr zu Hilfe kommen wollte, hob die blonde Frau den Arm und hielt ihn zurück. Sie hatte smaragdgrüne Augen, die im Sonnenlicht leuchteten, sobald sie den Kopf hob und Lassiter ansah.

»Brauchen Sie einen Doc, Ma’am?«, fragte der große Mann.

»Nein«, wisperte die Verletzte und tastete sich am Sims entlang. Sie hielt Lassiter mit dem Arm auf Abstand. »Nein, ich brauche … keinen Doc. Von ’nem Kerl wie Ihnen … schon gar nicht! Lassen Sie mich, oder … ich schreie!«

Erstaunt wich Lassiter einen Schritt zurück und machte der Blondine den Weg frei. Er war in seiner Laufbahn etlichen Menschen begegnet, die sich unvernünftig verhalten hatten, doch diese Schwerverwundete war ein besonderer Fall. »Ma’am, bei allem Respekt, ich –«

Die Frau zischte ihn mit einer abfälligen Gebärde an, als stünde sie einem wilden Hund gegenüber. Sie lachte spöttisch auf und äffte Lassiters Tonfall nach. »Ma’am, bei allem Respekt … Kerle wie dich kenne ich! Bist du einer von Mendenhalls Handlangern? Warst du auch mit da draußen in der Schlucht?« Sie trieb Lassiter mit einer Handbewegung zur Seite. »Dachtest wohl, ich erkenne dich nicht mehr, sobald du das Tuch abnimmst!«

Allmählich dämmerte es Lassiter, dass er mit Worten bei der Verletzten nichts ausrichten würde. Er konnte sie jedoch ebenso wenig Mendenhall überlassen.

»Hörst du nicht?«, keuchte die Frau unterdessen. »Geh mir aus dem Weg! Ich will … ich will …«

Sie verdrehte die Augen und brach mitten im Satz zusammen. Sofort war Lassiter bei ihr und fing sie auf. Er stützte ihren Kopf und ließ sie langsam in den Straßenstaub sinken.

In der gleichen Sekunde kam das Dienstmädchen aus dem Foyer. Es versteinerte auf der Schwelle und blickte die Blondine mit weit aufgerissenen Augen an.

»Holen Sie ein Glas Wasser!«, befahl Lassiter in scharfem Ton. »Sie braucht einen Doc! Kennen Sie die Dame?«

Die Bedienstete schüttelte den Kopf und kam zaghaft näher. Sie raffte ihre Schürze zusammen und wischte sich den Schweiß von den Händen. »Ich kenne sie nicht persönlich, aber sie war letzte Woche einmal in der Stadt. Sie gehört zu den Siedlern oben am Grey Bull River.«

»Holen Sie Wasser!«, wiederholte Lassiter seine Anweisung. Er strich der Blondine über die Wange und lauschte auf den Herzschlag in ihrer Brust. »Machen Sie schon!«

Das Dienstmädchen verschwand im Hotel und klirrte mit den Blechnäpfen. Nach einer Weile kehrte es zurück und reichte Lassiter eine Schüssel mit klarem Wasser.

Schon bei Lassiters zweitem Versuch erwachte die Ohnmächtige und öffnete die Lippen. Sie trank gierig und mit großen Schlucken.

»Wo finde ich einen Doc?«, fragte Lassiter. »Sie muss dringend behandelt werden.«

»Doc Hennessy ist in Red Lodge«, gab das Zimmermädchen zur Antwort. »Er kommt erst nächste Woche zurück. Sie können es oben bei Adam und Susan Giles versuchen. Die Farm liegt zwei Meilen südöstlich von hier.«

»Bei einem Farmer?«, gab sich Lassiter erstaunt. Er flößte der verwundeten Frau Wasser ein. »Gibt es niemandem mit Sachverstand in der Stadt?«

»Mr. Giles ist in allen Heilkünsten bewandert«, meinte das Dienstmädchen. »Er hat einmal einem seiner Leute ein Bein abgenommen. Die Leute in Crock City gehen alle zu ihm, wenn Doc Hennessy auf Reisen ist.«

Die Frau kam zu Kräften und starrte Lassiter mit finsterer Miene an. Der Mann aus Washington hielt sie an der Schulter fest, drückte ihr den Blechnapf an die Lippen und richtete sich erneut an das Dienstmädchen. »Besorgen Sie mir zwei Pferde und einen Überwurf für die Dame! Ich werde sie zu Giles bringen und darauf hoffen, dass er etwas ausrichten kann.«

***

Die Farm der Eheleute Adam und Susan Giles lag an den sanft geschwungenen Hängen der Shoshone Mountains und zählte zu jenen bescheidenen Farmen Montanas, die seit Jahrzehnten unbehelligt geblieben waren vor Indianerangriffen. Die Giles hatten sich – wie Lassiter von Mills erfahren hatte – stets besonnen gegenüber den Crow-Stämmen in den Bergen verhalten, was ihnen die Häuptlinge mit Ruhe und Frieden gedankt hatten.

Adam Giles war ein hochgewachsener Mann mit schlohweißem Haar und schräg stehenden Zähnen. Er hatte sich auf sein Pferd geschwungen, kaum dass er die Reiter aus der Stadt am Horizont erspäht hatte.

»Man muss in der Gegend trotz allem Vorsicht walten lassen«, erzählte der alte Farmer nun. Er ritt dicht bei Lassiter und blickte in kurzen Abständen auf die verwundete Farmerin, die erschöpft auf dem anderen Pferd lag. »Ich habe es den Siedlern gesagt, als sie weitergezogen sind. Sie hätten nicht durch das Chiaxxó Valley reiten dürfen.«

Trotz des niedergeschlagenen Tonfalls hatte Giles keinen Zweifel daran gelassen, dass er der blonden Verwundeten würde helfen können. Er hatte von der Pritsche erzählt, die er für seine Männer stets bereithielt, und von dem Doktor in Buffalo, der ihm vor Jahren alle notwendigen Handgriffe beigebracht hatte.

»Sie waren allesamt Dickköpfe«, fuhr Giles fort. Er ritt einen Schecken mit kastanienbraunen Flanken. »Ob man’s in Iowa so macht oder nicht, ich weiß es nicht. Sie wollten partout nicht hören.« Er hob die buschigen Brauen. »Am Ende sind ihnen die Vorräte ausgegangen.«

»Wie viele Siedler sind es?«, fragte Lassiter. »Und wohin sind sie unterwegs?«

»Gut fünfzig Männer und Frauen mit Planwagen.« Giles wies hinauf in die Berge. »Sie wollten sich irgendwo bei Helena niederlassen, aber wenn Sie mich fragen, werden sie’s kaum über den Grey Bull River schaffen.« Er blickte auf die schlafende Fremde. »Die Lady hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit frischer Proviant zum Fluss kommt. Kann Ihnen aber nicht sagen, was daraus geworden ist. Die Rothäute haben ihre eigenen Gesetze.«

Vor ihnen zog sich der ausgefahrene Karrenweg dahin, der hinauf zur Giles-Farm führte. Die peitschenden Regenschauer aus den Bergen hatten ihn fast zu einem Hohlweg werden lassen, ehe ihn die Dürre wieder in eine Sandwüste verwandelt hatte.

»Sie glauben, dass es Indianer waren?«, bohrte Lassiter weiter. »Von den Crow-Stämmen hat man lange nichts mehr gehört.«

»Weil auch eine Rothaut eine ehrliche Haut sein kann«, meinte Giles und lachte trocken auf. »Ich bin stets gut mit ihnen ausgekommen. Aber ich weiß, dass sie rasch das Beil in der Hand halten, wenn man ihnen nicht mit dem nötigen Respekt begegnet.«

Vor dem Farmhaus stand Susan Giles, eine zierliche Frau mit einem zerfransten Strohhut auf dem Kopf. Sie rang besorgt die Hände, als sie die verletzte Siedlerin auf dem Pferd erspähte.

»Su, wir haben Besuch!«, rief Giles schon aus der Ferne. »Ich brauche Mull, eine Flasche Jod und abgekochtes Wasser! Das arme Ding hat’s schwer erwischt!«

Die Farmerin eilte ins Haus zurück und traf die nötigen Vorbereitungen. Giles stieg aus dem Sattel und half Lassiter dabei, die Verwundete vom Pferd zu heben. Sie nahmen die Siedlerin unter den Armen und an den Knöcheln und trugen sie zum Haus hinüber.

Drinnen hatte Susan Giles bereits ein frisches Laken über den Tisch geworfen. Sie war weit weniger verblüht, als Lassiter angesichts des Alters ihres Ehemanns vermutet hatte, und verrichtete sämtliche Tätigkeiten mit Ruhe und Sorgfalt.

»Legen Sie das arme Geschöpf hier ab!«, sagte Susan und strich das Laken auf dem Tisch glatt. »Ich werde ihr einen Tee kochen, der sie wieder auf die Beine bringt.«

Unterdessen begann Giles mit der Wundreinigung. Er tupfte die Abschürfungen mit einem Mullstück ab, goss etwas Jod darüber und verrieb es sorgfältig. Als er näher an den Hals kam, erwachte die Siedlerin und wollte sich aufrichten.

»Ruhig, Ma’am!«, schritt Lassiter entschlossen ein. Er sah der Blondine in die grünen Augen. »Bleiben Sie liegen! Sie sind in guten Händen!«

»Was wissen Sie schon!«, protestierte die Siedlerin und brandmarkte Giles mit einem düsteren Blick. »Ich … ich muss zu meinen Leuten zurück! Lassen Sie mich gehen!«

Noch ehe sie die Beine über die Tischkante schwingen konnte, stand Lassiter bei ihr und hielt sie fest. Er ging in die Hocke und schaute sie mit festem Blick an. »Sie werden im Augenblick nirgendwohin gehen. Ich habe zwei Stunden gebraucht, um Sie aus der Stadt zu Mr. Giles zu bringen.« Er atmete tief durch. »Wie heißen Sie, Ma’am?«

»Cathy McKean«, entgegnete die verwundete Blondine trotzig. »Wer sind Sie? Weshalb haben Sie mich aus der Stadt verschleppt?«

»Mein Name ist Lassiter«, stellte er sich ungerührt vor. »Sie sind in meinen Armen zusammengebrochen.« Er machte Giles Platz, der mit einem Mörser und seiner Salbe an den Tisch trat. »Davor sprachen Sie davon, dass Sie zu Doug Mendenhall wollten.«

In Cathys grünen Augen glomm Zorn auf. »Sie hatten kein Recht, mich aus der Stadt zu bringen. Ich muss zurück …« Sie ächzte und sank auf den Tisch zurück. »Ich muss zurück zu meinen Leuten.«

»Sie werden nirgendwohin gehen, Ma’am«, schaltete sich Giles ein. Er verteilte die weißliche Salbe auf den Wunden der Pionierin. »Zwei Tage Ruhe sind unerlässlich. Ich werde dafür sorgen, dass Sie –«

Mit einem Ruck richtete sich Cathy auf und packte Giles’ Arm. »Sie müssen mich gehen lassen! Mendenhall … Doug Mendenhall hat meinen Provianttreck überfallen und meine Leute erschossen.«

Giles erstarrte und blickte zu Lassiter. Er rührte mit dem Stößel im Mörser und schüttelte den Kopf. »Falls sie die Wahrheit sagt, sind die Siedler aus Iowa auf sich gestellt. Diese Familien hatten nichts mehr, als sie im Grey Bull River ankamen.« Er heftete seinen Blick auf Cathy. »Sie wollte einen Provianttreck aus der Stadt kommen lassen.«

Die Atemzüge der Siedlerin wurden flacher, bis Cathy vor Erschöpfung einschlief. Sie hielt weiterhin Giles’ Arm umfasst und drehte den Kopf auf die Seite.

»Wollen Sie sagen, dass die Familien auf sich gestellt sind?«, fragte Lassiter mit scharfer Stimme. »Fünfzig Männer und Frauen?«

Der Farmer kniff die Lippen zusammen und nickte. Er stellte den Mörser zur Seite und kratzte sich an der Stirn. »Keiner von uns weiß, wo genau sie ihr Lager aufgeschlagen haben. Der Provianttreck war ihre letzte Hoffnung.«

Lassiter hatte seine Entscheidung längst getroffen. Er deutete mit ernster Miene auf Cathy. »Sie muss bis zum Abend wieder im Sattel sein«, lautete seine Anordnung. »Sorgen Sie dafür, dass sie mich zu den Siedlern bringen kann.«

***

Die ausgemergelten Gesichter der Kinder waren Boyd Russell den ganzen Vormittag über nicht aus dem Sinn gegangen. Der fünfundzwanzigjährige Stellmacher mit dem kantigen Kinn hatte seine Runde im Morgengrauen gemacht, als die ersten Familien gerade aufgestanden und hinunter zum Fluss gegangen waren. Einige der Frauen hatten aus Rinde, einem Mehlrest und trockenen Beeren Suppe gekocht, doch dieses kärgliche Mahl hatte gerade genügt, um den Kleinsten die Mäuler zu stopfen.

»Sie wird nicht mehr kommen«, sagte Russell nun zu seiner Frau Mary, die trotz ihrer Schwangerschaft den Haushalt neben ihm besorgte. Er betrachtete Mary runden Bauch, in dem sein Sohn oder seine Tochter einer ungewissen Zukunft entgegenwuchs. »Sie hat uns alle im Stich gelassen, Mary. Ich fühl’s in den Knochen.«

»Als ob wir dafür deine Knochen bräuchten!«, antwortete Mary und schnitt ein Büschel Gras. Sie hatte ebenso tief eingefallene Wangen wie Russell. »McKean und seiner Sippe war noch nie zu trauen. Ich hab den Kerl keinen Tag lang gemocht.«

Russell und Mary hatten die gleiche Meinung über den Vater von Cathy McKean, der ihr gewählter Bürgermeister gewesen war, ehe ihn in Kansas der Typhus erwischte. Sie hatten ihm ihre Stimmen verwehrt, aber nachdem sich über die Hälfte der Gemeinde für McKean ausgesprochen hatte, mussten sie sich wohl oder übel mit ihm abfinden.

»Wie geht’s den Fosters?«, erkundigte sich Mary und biss von dem Grasbündel ab. Sie kaute den Bissen sorgfältig und schluckte ihn langsam herunter. »Der kleine Theodore wird es bald hinter sich haben.«

Ohne ein Wort stand Russell auf und schritt unter der Wagenplane entlang, die sie gegen die Hitze aufgespannt hatten. Er hielt sich an der Zeltstange fest und blickte in das Rund der Wagenburg. »Nicht nur Theodore, Mary, nicht nur der Kleine. Keiner hat mehr etwas zwischen den Zähnen. Wir werden vor Hunger draufgehen. Für einen Ritt zurück nach Crock City fehlt den meisten die Kraft.«

»Du könntest reiten«, schlug Mary vor und wandte sich halb zu ihm um. »Du bist der Kräftigste von uns allen. Ich komm’ schon zurecht.« Sie ließ sich auf einen Schemel sinken und verrieb den Schweiß über die Wangen. »Wenigstens noch ein oder zwei Tage.«

»Immerhin haben wir Wasser«, sagte Russell und richtete den Blick auf den träge dahinplätschernden Grey Bull River. Sie hatten es mit Jagd versucht, aber außer einem Streifenhörnchen hatte keiner etwas vor die Flinte bekommen. »Wir hätten nicht auf Cathy McKeans Versprechen hören sollen.«

Die Erwähnung von McKeans jüngster Tochter trieb Mary die Zornesröte auf die Stirn. Sie hieb das Messer ins Holz des Tisches und spie auf den Boden. »Teufel, wie recht du hast, Rus! Wir hätten’s gleich selbst in die Hand nehmen sollen, als auf ’nen verdammten Proviantwagen zu warten!«

»Fünf«, verbesserte sie Russell gelangweilt. »Sie wollte mit fünf Wagen zurück sein, und zwar schon vor zwei Nächten.«

Aus den drei Planwagen, die auf der östlichen Seite des Lagers standen, stieg fast gleichzeitig eine Handvoll Gestalten. Es waren die Fosters mit ihrem neugeborenen Theodore, die Grains mit ihrem ältesten Kind und die beiden alten Woldridges, die sich gegenseitig bei den Händen hielten. Die Familien redeten leise miteinander und sahen zum Wagen von Russell und Mary hinüber.

»Ruf den Rat zusammen«, sagte Mary halblaut. »Ruf die Familien zusammen und sag ihnen, dass du zukünftig das Sagen hast! Sie müssen wissen, dass die Ära McKean ein für alle Mal vorbei ist.«

Ein Sturm von Gedanken tobte durch Russells Schädel und ebbte nicht mehr ab. Der Stellmacher hatte die vorangegangene Nacht vor Augen, in der er sich aus dem Lager geschlichen und mit den Männern aus Crock City getroffen hatte. Es waren kernige Haudegen mit Winchester-Gewehren und polierten Colts gewesen. Doug Mendenhall hatte sie buchstäblich handverlesen.

Handverlesen für ein Blutbad …

Wie Blitze vor einem schwarzen Himmel zuckten die Gesichter von Joseph Burden und den anderen in Russells Erinnerung auf. Sie hatten um ihr Leben gefleht, blutig zerschunden, wie man sie gefunden hatte. Doch weder Russell noch Mendenhalls Leute hatten Gnade walten lassen.

Einzig Cathy McKean war ihnen entwischt …

»Boyd!«

Der alte Mann, der mit lauter Stimme nach Russell rief, war Henry Woldridge. Er hatte ein Notariatsbüro in Clarksville besessen, ehe die Gemeinde gen Westen aufgebrochen war, und galt als treue und gutmütige Seele, die keiner Fliege etwas zuleide tat. Vor ein paar Jahren hatte er einen Pachtvertrag für Russell und seine Frau verhandelt, der jedoch mit dem Treck nach Montana hinfällig geworden war.

»Was ist los, Henry?«, rief Russell mit lauter Stimme zurück. »Sag bloß, du hast Hunger?«

Die übrigen Familien fanden Russells Sarkasmus weit weniger amüsant als Woldridge. Der Notar brachte seine Frau in den Schatten des Planwagens zurück und hinkte zu Russell hinüber. Er hatte über die Wochen kaum an Gewicht verloren, was indes vor allem an seinem hageren Körperbau lag. »Kruzitürken, hab ich Hunger! Aber was kann man machen, nöch? Was kann man machen …«

»Jedenfalls nicht länger auf Cathy McKean warten«, gab Russell mit Grabesstimme zurück. Er blinzelte gegen die Sonne an, die sich allmählich auf ihren Zenit zubewegte. »Noch ein paar Tage, und wir gehen vor die Hunde.«

Woldridge schaute zu Mary und nickte ihr freundlich zu. Er setzte sich auf die Kante des Planwagens und stützte sich mit beiden Händen auf seinem Stock ab. »Ach, die gute Cathy … Ich hätt’ gehofft, dass sie’s schafft, nöch? Aber grad sieht’s nicht danach aus.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Wenn ihr alter Herr noch am Leben wäre …«

Russell drehte den Kopf zu Woldridge und schürzte die Lippen. »McKean ist tot, Henry. Aber mit der Gemeinde muss es weitergehen. Ich werd’ den Posten von Cathy übernehmen.«

Ein heiseres Lachen erschütterte Woldridges knochigen Leib. Er räusperte sich und bohrte mit dem Stock ein Loch in den Sand. »Du willst Bürgermeister werden, Boyd? Mit deinen fünfundzwanzig Lenzen? Die Kleine hatte ein Dutzend Mal mehr Geschick als du, nöch?«

»Nöch?«, ahmte Mary den alten Notar nach. Sie sprang auf und stemmte die Arme in die Seiten. »Wer von euch kümmert sich noch um die Gemeinde außer Boyd? Seit Tagen darbt ihr wie die Hunde! Und glaubt immer noch daran, dass euch McKeans feines Töchterlein erlöst!« Sie stampfte unter der Plane zu den Töpfen. »Es wird Zeit, dass ein anderer das Ruder übernimmt!«

»Lass Henry seinen Frieden!«, wies Russell seine Frau sanft zurecht. Er nickte dem Notar freundlich zu. »Er hat vermutlich recht. Die Gemeinde ist noch nicht bereit für einen Mann an der Spitze. Man vertraute McKean, und damit vertraut man jetzt auch seiner Tochter.«

»Dass kein anderer das Zepter kriegt«, widersprach Woldridge, »nun, das habe ich nicht gesagt, Jungchen. Es muss alles seine Richtigkeit haben, nöch?«

»Er redet vom Gemeinderat«, warf Mary ein und nahm einen Topf vom Nagel. Sie schnitt das restliche Gras hinein und deutete mit dem Messer auf Russell. »Wie ich’s dir gesagt hab, Boyd! Der Rat muss tagen und dich zum Bürgermeister wählen!«

Woldridge lachte auf und erhob sich. »Hör auf deinen Wildfang, Boyd! Sie hat vermutlich mehr Verstand im Kopf als du.« Er setzt ein versöhnliches Lächeln auf. »Aber ich helfe dir, wenn du willst. Der Wagen sitzt so tief im Dreck, dass wir jede Hilfe brauchen können.«

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schlug Woldridge mit der Spitze seines Stocks gegen das Speichenrad des Planwagens. Er tippte sich zum Abschied an den Hut und schlurfte zu seinem eigenen Planwagen hinüber.

»Woldridge ist ein starker Verbündeter«, meinte Mary und schnitt weiter das Gras in Stücke. »Er wird die anderen überzeugen. Sie hören auf den alten Zausel.«

Russells Gedanken kreisten erneut um die Nacht, in der er und Mendenhalls Leute die Proviantwagen überfallen hatten. Er fühlte keinerlei Schuld dabei, obgleich er es gewesen war, der den Bordellkönig aus Crock City für seine Pläne gewonnen hatte.

»Wir werden sehen«, sagte Russell leise. »Wir werden sehen.«

***

Am Morgen darauf breitete sich über die Giles-Farm ein solch sanftes Morgenrot, dass selbst der alte Adam Giles ins Schwärmen geriet. Er kehrte beschwingt von seinem morgendlichen Ausritt zurück und stieg mit einem Ächzen aus den Stiefeln. Seine Gäste saßen bereits am Tisch und hatten sich über Nacht sichtlich erholt.

»Die Rindensalbe ist Teufelswerk«, meinte Giles und schritt um Cathy McKean herum, als handelte es sich bei ihr um ein kostbares Galerieexponat. »Von den Wunden ist kaum noch etwas zu sehen. – Wie fühlen Sie sich, meine Liebe?«

Die Siedlerin zwang sich zu einem Lächeln und schaute zu Lassiter, der an deren Seite des Tisches saß und Giles mit einem Lächeln auf den Lippen zusah. »Ganz gut, Mr. Giles. Ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar.« Sie spitzte die Lippen und deutete mit einem Kopfnicken zu Lassiter. »Wenigstens haben Sie mich nicht aus der Stadt verschleppt.«

»Ohne Mr. Lassiter wären Sie nicht mehr am Leben«, konterte Giles kühl. »Sie sollten ihm etwas Dankbarkeit zeigen, Ma’am. Ich habe übrigens die Wagenwracks gefunden, die Sie beschrieben haben.« Er schlug bedrückt die Augen nieder. »Vom Proviant ist nichts mehr übrig.«

»Diese Hunde!«, zischte Cathy und krallte die Nägel ins Brot. »Sie haben mir alles gestohlen, was meine Leute brauchen. Ich bringe Mendenhall um, sobald ich ihn zwischen die Finger bekomme.«

Obgleich Lassiter der Ernst der Lage bewusst war, musste er über den heiligen Zorn der Siedlerin lächeln. Er mühte sich, seine Belustigung zu verbergen, doch das brachte ihm erst recht Cathys Spott ein.

»Bei Gott, was sind Sie für ein Scheusal!«, donnerte Cathy und funkelte Lassiter über den Tisch hinweg an. »Wie können Sie über das Leid unseres Trecks lachen?«

»Darüber lache ich nicht, Ma’am«, gab Lassiter beherrscht zurück. »Mich bringt zum Lachen, dass Sie glauben, gegen Mendenhall ohne jeden Beistand anzukommen.«

»Ein solches Großmaul sind Sie also!«, setzte sich die Siedlerin gereizt zur Wehr. Sie strich sich das blonde Haar aus dem Gesicht. »Sie würden einer Frau niemals zutrauen, dass sie eine Waffe in die Hand nehmen und einen Halunken zum Teufel jagen kann!«

In der Zwischenzeit hatte Giles die Lederweste ausgezogen und sich zu seinen Gästen an den Tisch gesetzt. Er hob beschwichtigend die Hände und schnitt sich ein Stück Brot ab. »In meinem Haus geht sich keiner an die Gurgel. An Ihrem Mut hat Lassiter gewiss nicht den geringsten Zweifel.«

Sie aßen eine Weile schweigend und blickten im Anschluss zu Susan Giles, die ihnen einen dampfenden Plumpudding an den Tisch brachte. Cathy legte das Besteck beiseite und wischte sich mit dem Tuch unter ihrem Teller die Lippen ab. »Sir, ich kann nicht länger bleiben. Ich muss zu meinen Leuten zurück.«

Vor Schmerz verzog Cathy das Gesicht, und Giles nickte wissend. Er wies beiläufig auf die dünn verkrusteten Schürfwunden, die unter dem Gewand der Blondine hervorlugten. »Als derjenige, der am gestrigen Abend Ihre Wunden versorgt hat, rate ich Ihnen davon ab, auf einen Pferderücken zu steigen. Sie werden den Ritt nicht überstehen.« Er richtete den Blick kurz auf Lassiter. »Jedenfalls nicht ohne Begleitung.«

»Sie wollen, dass ich mit ihm reite?«, stieß Cathy hervor. »Nie und nimmer, Sir!«

Aus Giles’ Kehle löste sich ein tiefer Seufzer. Er stand auf und trottete durch die Kammer. »Mich bekümmert die Lage Ihrer Leute ebenso wie Sie, Ms. McKean. Aber ich werde Ihnen von meinen Vorräten lediglich dann eine Notration geben, wenn Sie den Ritt mit Mr. Lassiter unternehmen. Mit einem weiteren Blutbad in den Bergen ist keinem gedient.«

Cathy riss den Kopf herum und blickte voller Wut aus dem Fenster. Sie stieß den Teller von sich, der vor ihr stand.

»Hören Sie, Cathy«, sagte Lassiter mit ruhiger Stimme. »Ob Sie für den Siedlertreck verantwortlich sind oder nicht, ist Ihre Angelegenheit. Ich muss lediglich herausfinden, ob Mendenhall hinter dem Überfall auf Sie steckt.« Er sann einen Augenblick nach. »Ich habe noch eine Rechnung mit ihm offen.«

Auf den schmal geschnittenen Zügen Cathys zeigte sich keine Regung. Nach einiger Zeit perlten Tränen aus ihren Augenwinkeln. »Sie … Als ob es dabei um mich ginge! Mein Vater hat diese Gruppe von Iowa nach Montana bringen wollen. Er starb in Kansas am Typhus.« Sie riss den Kopf zu ihm herum. »Ich muss zu Ende bringen, was er begonnen hat. Mich rührt es einen feuchten Kehricht, ob Männer wie Doug Mendenhall mich davon abhalten wollen. Er soll mir bloß meinen Proviant zurückgeben.«

»Was hat Mendenhall gegen Sie und den Treck?«, fragte Lassiter. Er spürte, dass Cathys Widerstand sich allmählich verflüchtigte. »Sind Sie ihm in die Quere gekommen?«

»Das Geschäft hat sie ihm vermiest!«, ließ sich Giles aus einer Ecke der Kammer vernehmen. »Er hat sämtliche Männer des Trecks in sein Tanzhaus eingeladen, aber Ms. McKean hat dieses Teufelsgeschäft ausgeschlagen.« Er trat wieder ins Licht. »So war’s doch, Ms. McKean, oder?«

Die Siedlerin nickte und sah wieder aus dem Fenster. Sie heftete den Blick auf die grasenden Pferde in Giles’ Koppel. »Fünfhundert Dollar hat er mir geboten, falls ich den Männern für die Zeit der Dürre freie Hand lasse. Sie sollte ihre Ersparnisse mit den Huren aus dem Mendenhall’s vergeuden.« Sie verstummte für einen Moment. »Ich hab durchgesetzt, dass keiner von ihnen nach Crock City reitet. Nicht einmal die ledigen Männer.«

»Worauf Mendenhall den Exodus verlangt hat!«, ergänzte Giles und grinste. »Er hätte für den Treck das Meer geteilt, wenn sich die Siedler dadurch möglichst weit von Crock City entfernt niedergelassen hätten. Er fürchtet die rechtschaffenen Bürger, wie unsereins den Leibhaftigen fürchtet.«

Cathys beklommenes Gesicht gab dem Farmer recht. »So ist es gewesen, Mr. Lassiter. Ich habe ihn zu meinem Feind gemacht.«

»Mendenhall hat Rache genommen«, sagte Lassiter und trank aus seinem Krug. Es reute ihn nun, dass er die Nacht mit einer von Mendenhalls Gespielinnen verbracht hatte. »Er hat Ihren Leuten die letzte Hoffnung genommen.«

»Noch sind sie am Leben«, meldete sich erneut Giles zu Wort. »Aber sie brauchen Mehl, Brot, Getreide und ein paar Dosen Trockenfleisch.«

»Fünf Wagen hatte ich davon«, flüsterte Cathy und fixierte die Pferde. »Fünf Wagen voller Proviant. Sie hätten uns über die nächsten Monate gebracht.«

Aus dem Hof der Giles tönte das Gegacker der Hühner herüber, die sich um die letzten Maiskörner stritten. Giles setzte sich zu Lassiter an den Tisch. Er faltete die Hände und dachte eine Zeitlang nach. »Vier Maultiere könnte ich ihnen mitgeben. Sie könnten ausreichend Vorräte für einen Tag mitbringen. Sobald die Leute wieder bei Kräften sind, bringen Sie den Treck zu mir auf die Farm. Ich werde unterdessen nach Red Rock telegraphieren.«

Der Mann der Brigade Sieben nickte und sah zu Cathy. »Was meinen Sie, Ma’am?«

Für einige Zeit kehrte Stille ein.

»Was bleibt mir für eine Wahl?«, flüsterte die Pionierin.

***

Die lasziven Bewegungen der splitterfasernackten Jewell Parker lösten in Doug Mendenhall nicht jene befriedigende Ruhe aus, die sich der Tanzhausbesitzer von der Privatdarbietung erhofft hatte. Zweifelsohne gehörte Jewell zu Mendenhalls besten Pferden im Stall, doch an diesem Morgen wollte das Mädchen nicht den rechten Ton treffen. Es tanzte lustlos und mechanisch, als wäre es mit seinen Gedanken irgendwo anders.

»Verdammt, Jewell!«, knurrte Mendenhall nach einiger Zeit. Er schwenkte den glimmenden Zigarillo in der Hand. »Mit solchen Tänzchen lockst du keinen Hund hinter dem Ofen hervor.«

Verdutzt hielt Jewell inne und stieg von dem Podest herunter, auf dem sie ihren Tanz aufgeführt hatte. Sie sprang mit grazilen Schritten auf Mendenhall zu und schmiegte sich zärtlich an ihn. Als sich seine Hand zwischen ihre schlanken Schenkel schob, schloss sie zufrieden die Augen. »Sonst warst du immer glücklich, Dougie. Ich verstehe nicht, was seit dem Morgen mit dir los ist.«

Der Tanzhausbesitzer rieb mit zwei Fingern die nasse Liebesspalte des Freudenmädchens und fuhr mit der ganzen Hand an deren flachen Bauch hinauf. Er verharrte auf Jewells rechter Brust und blies den Zigarillorauch in die Luft. »Zum Henker, ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ich werd’ alt, glaube ich langsam.«

Sanft strich Jewell Mendenhall durch die Haare und kraulte ihm den Nacken. Sie setzte sich auf seinen Schoß und knöpfte ihm langsam das Hemd auf. »Ein stattlicher Kerl wie du wird nicht alt. Dir bekommt bloß die viele Arbeit nicht.«

Über zu wenig Arbeit konnte Mendenhall tatsächlich nicht klagen. Er hatte die letzten Wochen damit zugebracht, Hunderte Briefe an Mäzene in Washington und New York zu schreiben und sie um weitere zehntausend Dollar anzubetteln. Er brauchte das Geld für die Parzellen nördlich der Stadt, auf denen er eine Postkutschenstation mit den dazugehörigen Koppeln für den Pferdetausch errichten wollte.

»Soll ich dir einen Kaffee brühen?«, fragte Jewell und küsste ihn auf die Stirn. Sie erhob sich langsam von seinen Schenkeln und schwebte, nackt wie sie war, zum Tresen hinüber. »Oder einen Whiskey, Darling?«

Mendenhall gab keine Antwort und starrte trüb vor sich hin. Zwischen Jewell und diesem Fremden war etwas im Busch, doch er wollte kein Pulver vergeuden, ehe es nicht zu seinem Nutzen war. »Whiskey, Kleines! Nicht zu knapp!«

Das Freudenmädchen mit der brünetten Mähne goss ihm zwei Gläser ein und brachte sie zu Mendenhall hinüber. Der Tanzhauseigner trank eines davon leer und behielt das andere in der Hand. »Was ist mit dir und dem Kerl aus Red Rock gelaufen? Er schien die Nacht mit dir genossen zu haben.«

Jewell zuckte unmerklich zusammen und streichelte Mendenhalls Brust. Sie reckte den Busen heraus und winkte gelangweilt ab. »Es ist nichts mit ihm, Dougie. Er war nur ein Freier. Zwanzig Dollar hat er mir gezahlt und ein paar Drinks.«

»Der Mistkerl ist verdächtig«, brummte Mendenhall und schwenkte den Whiskey im Glas. »Ich traue ihm nicht. Du solltest ihn besser nicht zu eifrig in Schutz nehmen.«

Über Jewells junges Antlitz glitt ein Lächeln. »Weshalb sollte ich ihn in Schutz nehmen? Ich habe nur meine Arbeit gemacht. Er bedeutet mir nichts.«

Wie eine Stichflamme loderte Mendenhalls Zorn auf. Er hatte einen Riecher für Lügner, vor allem für diejenigen, die nackt waren und mit ihren verdammten Brüsten um seine Gunst buhlten. »Lüg mich nicht an, Jewell! Ich hab deinen Blick gesehen, als du ihn hinunterbegleitet hast. Er hat’s dir besorgt wie keiner davor.« Er grinste listig. »Du hast seinen Namen gebrüllt, weißt du noch? Lassiter! Lassiter!«