Lassiter Sammelband 1810 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1810 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2311, 2312 und 2313.

Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!

2311: Sheridans Gesetz
Sie hatte es nicht glauben wollen, hatte selbst den Zeitungsartikel als reißerische Posse angesehen, bis ihr ein Brief aus Fort Worth überreicht worden war. Die Kompanieführung bestätigte die Pressemeldung - und für Yancy Haygood brach eine Welt zusammen.

Lieutenant Clarence Eaton, ihr Verlobter, war tot! Stationiert in dem kleinen Fort McIntosh, waren er und seine wenigen Kameraden bei einem feigen Überfall kaltblütig erschossen worden. Die "Turnbull-Bande" hatte Waffen, Munition und Sprengstoff erbeutet, keinen Stein auf dem anderen gelassen und die Kasernengebäude bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Sergeant Forsyth, der einzige Überlebende, war wenige Stunden nach seiner Einlieferung ins Lazarett verstorben.

2312: Im Visier der Verräter
Das Haus der Witwe Mayfield lag in nächtlicher Schwärze, als die vier Männer durch das Kellergitter in das vornehme Anwesen eindrangen. Sie trugen langläufige Waffen bei sich und bewegten sich mit äußerster Wachsamkeit.
Vor der Treppe hinauf zum Erdgeschoss machten sie Halt und schauten sich nach ihrem Anführer um. Der Mann im schmal geschnittenen Gehrock machte eine ungeduldige Handbewegung und erklomm die ersten Stufen. Er schritt weiter bis zur Kellertür, lauschte daran und drückte sie behutsam mit dem Knie auf.
Plötzlich drang leiser Gesang zu den Männern hinunter.
Es war der Gesang der Todgeweihten ...

2313: Heißes Gold aus Topeka
Gütiger Himmel! Das Gejaule der Kojoten war nicht mehr auszuhalten! Marshal Ray Gibson ließ fluchend die Dime Novel sinken, in der er gerade las. Aus verengten Augen spähte er zu dem Hügel, hinter dem die Tierstimmen erklangen. Ein warmer Windhauch strich dem Sternträger ins Gesicht. Er glaubte den schwachen Geruch von Blut zu riechen. Nur Einbildung? Er blickte auf das Heft auf seinem Schoß: Pecos Bill und das Massaker in der Apachenschlucht.
Das Geheul schwoll an. Es hörte sich an, als hätten sich alle Kojoten aus Warp County hinter der Anhöhe versammelt. Gibson verspürte große Lust, den Aasfressern mit seinem Colt eins auf den Pelz zu brennen. Als der Lärm sich noch steigerte, platzte dem Marshal der Kragen. Er rappelte sich auf, klopfte sich das Gras von der Hose und rückte seinen Hut zurecht.
Dann griff er nach seinem Sechsschüsser.

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: Boada/Norma ISBN 978-3-7325-9145-9

Jack Slade

Lassiter Sammelband 1810 - Western

Inhalt

Jack SladeLassiter - Folge 2311Sie hatte es nicht glauben wollen, hatte selbst den Zeitungsartikel als reißerische Posse angesehen, bis ihr ein Brief aus Fort Worth überreicht worden war. Die Kompanieführung bestätigte die Pressemeldung - und für Yancy Haygood brach eine Welt zusammen. Lieutenant Clarence Eaton, ihr Verlobter, war tot! Stationiert in dem kleinen Fort McIntosh, waren er und seine wenigen Kameraden bei einem feigen Überfall kaltblütig erschossen worden. Die "Turnbull-Bande" hatte Waffen, Munition und Sprengstoff erbeutet, keinen Stein auf dem anderen gelassen und die Kasernengebäude bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Sergeant Forsyth, der einzige Überlebende, war wenige Stunden nach seiner Einlieferung ins Lazarett verstorben.Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2312Das Haus der Witwe Mayfield lag in nächtlicher Schwärze, als die vier Männer durch das Kellergitter in das vornehme Anwesen eindrangen. Sie trugen langläufige Waffen bei sich und bewegten sich mit äußerster Wachsamkeit. Vor der Treppe hinauf zum Erdgeschoss machten sie Halt und schauten sich nach ihrem Anführer um. Der Mann im schmal geschnittenen Gehrock machte eine ungeduldige Handbewegung und erklomm die ersten Stufen. Er schritt weiter bis zur Kellertür, lauschte daran und drückte sie behutsam mit dem Knie auf. Plötzlich drang leiser Gesang zu den Männern hinunter. Es war der Gesang der Todgeweihten ...Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2313Gütiger Himmel! Das Gejaule der Kojoten war nicht mehr auszuhalten! Marshal Ray Gibson ließ fluchend die Dime Novel sinken, in der er gerade las. Aus verengten Augen spähte er zu dem Hügel, hinter dem die Tierstimmen erklangen. Ein warmer Windhauch strich dem Sternträger ins Gesicht. Er glaubte den schwachen Geruch von Blut zu riechen. Nur Einbildung? Er blickte auf das Heft auf seinem Schoß: Pecos Bill und das Massaker in der Apachenschlucht. Das Geheul schwoll an. Es hörte sich an, als hätten sich alle Kojoten aus Warp County hinter der Anhöhe versammelt. Gibson verspürte große Lust, den Aasfressern mit seinem Colt eins auf den Pelz zu brennen. Als der Lärm sich noch steigerte, platzte dem Marshal der Kragen. Er rappelte sich auf, klopfte sich das Gras von der Hose und rückte seinen Hut zurecht. Dann griff er nach seinem Sechsschüsser.Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Sheridans Gesetz

Vorschau

Sheridans Gesetz

Sie hatte es nicht glauben wollen, hatte selbst den Zeitungsartikel als reißerische Posse angesehen, bis ihr ein Brief aus Fort Worth überreicht worden war. Die Kompanieführung bestätigte die Pressemeldung – und für Yancy Haygood brach eine Welt zusammen.

Lieutenant Clarence Eaton, ihr Verlobter, war tot! Stationiert in dem kleinen Fort McIntosh, waren er und seine wenigen Kameraden bei einem feigen Überfall kaltblütig erschossen worden. Die »Turnbull-Bande« hatte Waffen, Munition und Sprengstoff erbeutet, keinen Stein auf dem anderen gelassen und die Kasernengebäude bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Sergeant Forsyth, der einzige Überlebende, war wenige Stunden nach seiner Einlieferung ins Lazarett verstorben.

Den Brief trug Yancy Haygood immer noch bei sich. Sie hatte ihn in der Innentasche ihrer Langjacke verstaut, und immer, wenn sie danach griff, weil ihr die schreckliche Wahrheit wie ein Traum erschien, schossen ihr Tränen in die Augen.

Ihre gemeinsame Zukunft mit Clarence war zerstört. Der Mann, den sie liebte wie nichts auf der Welt, würde sie nie mehr in seinen Armen halten, ihr Kraft und Zuversicht geben oder ihr zärtliche Worte ins Ohr flüstern.

So oft er es hatte einrichten können, hatte Eaton sie in Round Rock besucht. Sie waren ausgeritten, hatten manche Nachmittage am Lake Travis verbracht und über ihre Hochzeitspläne gesprochen. Eaton war stets Kavalier und Gentleman gewesen, und nicht selten hatte sich Yancy gewünscht, er hätte nur für kurze Zeit sein vorbildliches Betragen abgelegt, um ihr die körperliche Nähe zu schenken, die sie so sehr herbeigesehnt hatte und immer noch herbeisehnte.

Die Gedanken versetzten ihr einen schmerzhaften Stich. Sie musste ihren toten Verlobten tief in ihrem Herzen vergraben, um ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Nichts durfte sie davon abhalten, die hinterhältigen Mörder zur Strecke zu bringen. Nur deshalb hatte sie ihre Eltern in Round Rock verlassen und die Strapazen eines Ritts von über hundert Meilen auf sich genommen.

Die »Turnbull-Bande« musste sich noch im Umland von San Antonio aufhalten, vielleicht sogar in einem der Nester in der Nähe von Fort McIntosh. Auf Unterstützung vonseiten der Armee brauchte sie nicht zu hoffen. Man hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass die Kavallerie-Einheiten an anderer Stelle dringend benötigt wurden, sei es zur Sicherung der texanischen Grenze oder zur Abwehr aufständischer Indianerstämme. Blieben nur noch die Gesetzeshüter vor Ort. Doch wenn sie alle so waren wie die Sternträger in Cedar Park oder Georgetown, deren einzige Aufgabe es zu sein schien, sich mit ihren blitzenden Abzeichen in der Öffentlichkeit zu zeigen, würden die Banditen auch weiterhin ungestraft ihr Unwesen treiben.

Von Weitem schon sah Yancy Haygood die Ruinen von Fort McIntosh. In der flirrenden Mittagssonne ragten die verkohlten Palisaden der Einfriedung wie knöcherne Finger aus dem Boden. Rußgeschwärzt waren die Lehmziegel der Unterkunft des Fortkommandanten. Von den Baracken und Ställen war nichts geblieben außer schwarzer Schlacke. Mehrere Pferdekadaver lagen mit aufgeblähten Bäuchen im Staub und wurden von dunklen Ungezieferwolken umschwirrt.

Je näher Yancy kam, desto stärker wurde der Verwesungsgestank. Sie nahm ihr Halstuch ab und band es sich vor Mund und Nase. Unwillkürlich zuckte ihre Rechte zur Hüfte und tastete über den Griff ihres Fünfundvierzigers. Der Colt gab ihr Zutrauen und Sicherheit, denn es war nicht ausgeschlossen, dass die Banditen an den Ort ihrer schändlichen Tat zurückkehrten. Da seit dem Überfall vier Tage vergangen waren und der Aufruhr sich gelegt hatte, mochte es ihnen einfallen, in den Trümmern nach Wertgegenständen zu suchen. In all dem Schutt und verbrannten Mobiliar war es durchaus möglich, persönlichen Schmuck, Silberdollars oder andere Dinge zu finden, aus denen sich Kapital schlagen ließ.

Yancy Haygood nämlich war aus einem ähnlichen Grund hier. Sie hatte mit Clarence Eaton kleine Amulette zum Beweis ihrer Liebe getauscht. Nichts Wertvolles, aber von großer emotionaler Bedeutsamkeit. Die junge Frau mit dem langen dunklen Haar konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass der zierliche Anhänger, das einzige Erinnerungsstück an ihren Verlobten, in die Hände eines Gauners geriet. Da Eaton ihn während seines Dienstes nicht hatte tragen dürfen, bestanden gute Aussichten, dass er sich noch auf dem Fortgelände befand. Und wenn es so sein sollte, würde Yancy ihn finden.

Ihr Vorhaben hörte sich einfach und vielversprechend an, doch je mehr Zeit verging, desto größer wurden ihre Zweifel an einem Erfolg. Anderthalb Handbreit hatte sich die Sonne gesenkt, als Yancy das Amulett unter einer Ascheschicht hervorholte. Ihre Überraschung, aber auch ihre Freude ließen ihr Herz gleich doppelt schnell schlagen. Sie säuberte den silberfarbenen Anhänger und das schmale Kettchen und steckte das Schmuckstück zu ihrem Brief.

Der Pappelhain einen Steinwurf entfernt schien ihr richtig, sich von den Anstrengungen der vergangenen Stunden zu erholen, Atem zu schöpfen und dem allgegenwärtigen Gestank zu entgehen. Nach einer kurzen Ruhepause würde sie sich auf den Weg nach San Antonio machen und hoffte, noch vor Einbruch der Dunkelheit einzutreffen.

Zwei Zigarettenlängen nahm sich Yancy Haygood Zeit, um im Schatten der Bäume zu verweilen, stemmte sich schließlich auf und erschauerte. Starr war ihr Blick auf den Horizont gerichtet.

Sofort suchte sie Schutz hinter einem Baumstamm, presste sich mit dem Rücken dagegen und versuchte, ihre beschleunigte Atmung unter Kontrolle zu bringen. Vorsichtig drehte sie sich zur Seite und wagte erneut einen Blick ins Freie.

Nein, sie hatte sich nicht getäuscht. Die verwaschene Silhouette des Reiters war immer noch da. Eine Meile vielleicht mochte er entfernt sein, doch er kam rasch herangeritten.

Yancys Verdacht schien sich zu bestätigen. Zumindest einer der Banditen war zurückgekehrt. An sich ein Glücksfall, denn mit einem einzigen Gegner konnte es die junge Frau ohne Weiteres aufnehmen. Sobald sie ihn kampfunfähig gemacht hatte, würde sie schon aus ihm herauspressen, wo sich der Rest der heimtückischen Mörder befand.

Bedächtig zog sie ihren Revolver aus dem Holster und legte den Lauf auf dem Rücken ihrer linken Hand ab. Yancy Haygood war keine geübte Schützin und würde abwarten müssen, bis der Fremde nahe genug herangekommen war. Das hieß aber auch, dass sie sich keinen Fehlschuss erlauben durfte. War der Bandit erst einmal gewarnt, gingen ihre Chancen, ihn zu überwältigen, gegen null.

Angespannt verharrte sie hinter dem Baum. Als ihr auffiel, dass ihr Pferd, das vor Blicken ungeschützt zwischen den Bäumen stand, sie verraten könnte, führte Yancy es einige Meter in dichteres Gehölz hinein. Kaum war sie an ihren Aussichtspunkt zurückgekehrt, war der Unbekannte auch schon aus dem Sattel gestiegen und führte sein Reittier an der Leine auf das Kasernengelände.

Irgendwie, so wirkte es auf Yancy, benahm sich der große Mann nicht wie ein Ganove. Seine Erscheinung war stattlich, und auf seinen Zügen spiegelte sich keine Verschlagenheit. Außerdem machte er nicht den Eindruck, auf Beutezug zu sein.

All diese Überlegungen wirbelten Yancy Haygood durch den Kopf und ließen sie zögern. Ihre Hand zitterte plötzlich. Einen gezielten Schuss hätte sie nicht mehr abgeben können.

Reiß dich zusammen!, zwang sie sich zur Räson. Der Kerl ist ein verfluchter Schlächter! Sie rief sich den Brief ins Gedächtnis, das Amulett und Clarence. Ihr Abzugsfinger zog den Stecher der Waffe zurück, die Trommel wanderte eine halbe Kammer weiter. Noch wenige Millimeter, und der Schlagbolzen würde auf die Patrone hämmern.

Schweißperlen bildeten sich auf Yancys Stirn. Mit einem Mal fühlte sie sich schwach und hilflos. Was war nur los mit ihr? Immer und immer wieder stellte sie sich diese Frage, bis sich ihr Zeigefinger entspannte und der Abzugsbügel in seiner ursprünglichen Position einrastete.

Keuchend wandte sich die Brünette ab und steckte ihren Colt ein. Sie hatte es sich leichter vorgestellt, auf einen Menschen zu schießen. Anscheinend gehörten mehr als ein Schießeisen und eine Überzeugung dazu, um abzudrücken.

Langsam sank sie an dem Baumstamm herab in die Hocke. Sie würde warten, bis der Fremde gegangen war und ihren Ritt nach San Antonio fortsetzen. Beim dort ansässigen Sheriff oder Marshal würde sie sich über den Stand der Ermittlungen erkundigen. Im Moment hatte es keinen Sinn, auf eigene Faust vorzugehen, dafür fehlte ihr einfach die nötige Abgebrühtheit. Doch Yancy nahm sich vor, an diesem Manko zu arbeiten.

Einmal noch warf sie dem Fremden einen Blick zu.

Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, dachte sie grimmig, werden die Karten neu gemischt …

***

Ike Turnbull war bekannt bis über die Staatsgrenzen hinaus, was ihm das zweifelhafte Vergnügen beschert hatte, vor nicht ganz zwei Jahren in einen Hinterhalt der Texas Rangers geraten zu sein. Kein Mann in der verbrieften Geschichte des Westens war von derart vielen Kugeln durchlöchert worden, wie es Turnbull an jenem verhängnisvollen Tag widerfahren war, als eine mutige Truppe eisenharter Gesetzeshüter seinen Weg gekreuzt hatte. Die nach ihm benannte Bande jedoch war nicht zerschlagen worden. Ein Kerl namens Keith Barrett hatte sich an ihre Spitze gestellt und das brutale Vorgehen in der Tradition von Turnbull fortgeführt.

Das waren im Großen und Ganzen die Informationen, die Lassiter von der Brigade Sieben erhalten hatte. Hinzu kam in jüngster Vergangenheit die Auslöschung eines unbedeutenden Grenzpostens, bei der Barrett allerdings jede Menge Waffen und Munition erbeutet hatte. In Washington hatte man sich besorgt gezeigt, da die US-Army alle Hände voll zu tun hatte, sich der Übergriffe durch Mexikaner und Indianer zu erwehren. Um marodierende Banditen konnte sich niemand kümmern, zumal diese ständig ihren Standort wechselten und bei gezielter Verfolgung lediglich die Eingreifreserven von Kavallerie und Infanterie zerstreut hätten.

Das Massaker von Fort McIntosh war noch frisch, sodass es für Lassiter unabdingbar war, dort mit der Spurensuche zu beginnen. Gleich im Anschluss wollte er nach San Antonio reiten, sich mit den Behörden verständigen und sein Möglichstes tun, die Kräfte der Ordnungshüter zu bündeln.

Stumm betrachtete der Mann der Brigade Sieben den Ort der Verwüstung. Aus seinen Unterlagen wusste er, dass das Fort nur ein kleiner, kaum befestigter Außenposten gewesen war und höchstens ein Dutzend Soldaten beherbergt hatte. Da die Garnison hauptsächlich als Waffen- und Munitionsdepot gedient hatte, war anzunehmen, dass die Kavalleristen ihren Verpflichtungen nicht mit sonderlichem Eifer nachgegangen waren. Keith Barretts Angriff musste sie kalt erwischt haben.

Er ging an den verkohlten Überresten der Palisadenzäune vorüber, ignorierte den bestialischen Verwesungsgeruch und stellte fest, dass es keine brauchbaren Spuren gab, um sich auf die Fährte der Banditen zu setzen. Die Hilfstruppen aus Fort Worth waren kreuz und quer über das Gelände geritten und gelaufen, hatten Karrenwagen vor sich hergeschoben und in den Trümmern gewühlt. Nicht einmal ein Indianerscout würde geeignete Hinweise finden.

Lassiter ging ein Stück weit in die Prärie hinaus, doch überall zeigte sich ihm das gleiche Bild. Selbst dort, wo die Einsatzkräfte nicht tätig gewesen waren, hatte der Wind jede Spur verwischt.

Mit gemischten Gefühlen ging er zurück zu seinem Grauschimmel und wurde mit einem Mal stutzig. In dem Gewirr aus Huf- und Stiefelabdrücken gab es frische Fußstapfen. Lassiter erkannte sie daran, dass sie scharf konturiert und weder mit Asche noch mit Flugsand bedeckt waren. Vor nicht allzu langer Zeit musste sich ein Unbekannter genauestens in den Ruinen umgesehen haben. Je länger Lassiter nach den Spuren Ausschau hielt, desto mehr fand er. Dabei schien es sich um eine einzelne Person zu handeln, und angesichts der relativ kleinen Abdrücke mochte es sogar eine Frau gewesen sein.

Sofort schwenkte Lassiters Blick hinüber zu den Pappelbäumen. Er verengte die Lider, konnte aber niemanden entdecken. Dafür aber sah er deutlich die Fährte, die vom Hauptgebäude der Garnison zu dem Hain führte.

Lassiter glaubte nicht daran, dass Barrett oder einer seiner Leute sich in der Nähe herumtrieb; vermutlich war ein Satteltramp vorbeigezogen und hatte nach Wertgegenständen Ausschau gehalten. Der Agent hatte in seiner langen Zeit bei der Brigade und auch davor genug Aasgeier kennengelernt, die sich an Toten bereichert hatten. Vom Kopf bis zu den Füßen hatten sie die Leichname ausgeplündert und ihnen nicht einmal die Unterwäsche gelassen. In den traurigen Überbleibseln von Fort McIntosh gab es zwar keine Leichen mehr, aber immer noch genügend halbwegs brauchbares Rüstzeug wie Sättel, Steigbügel und Pferdegeschirr.

Es hatte keinen Sinn. Lassiter wandte sich ab und stieg auf seinen Grauschimmel. Für einen kurzen Moment schlug sein Instinkt Alarm, als würde er sich in akuter Gefahr befinden. Doch ebenso schnell, wie das Gefühl aufgekommen war, verschwand es wieder.

Einmal noch schaute er hinüber zu dem Pappelhain, dann gab er seinem Hengst die Sporen. In San Antonio, so hoffte er, würden seine Ermittlungen ergiebiger sein.

***

Schüsse donnern! Der Mann in dem Nadelstreifenanzug, der sich schützend vor den kleinen Jungen wirft, wird in Brust und Kopf getroffen und knallt leblos in den Staub der Mainstreet. Das Kind stößt einen schrillen Schrei aus und stirbt noch im selben Augenblick in den Armen seiner Mutter. Das blütenweiße Kleid der entsetzten Frau ist blutbesprenkelt, und noch während sie sich zu ihrem toten Sohn hinabbeugt und tränenüberströmt ihr Leid hinausbrüllt, durchschlagen mehrere Kugeln ihren Körper.

Die johlende Horde, die wild um sich feuert, kennt keine Gnade. Passanten auf dem Boardwalk fallen um wie die Fliegen. Beherzte Bürger, die sich gegen die Bankräuber zur Wehr setzen, liegen bald darauf kalt und starr auf den Brettern.

Schützend legt die sterbende Mutter sich über ihr Kind, doch sie kann nichts mehr tun. Weder für ihren Sohn noch für sich selbst.

Ihr Blick bricht. Ihre Augen gleichen Glasmurmeln, die die Mörder noch im Tode verfolgen …

Keuchend fuhr Sheriff Matt W. Sheridan auf. Verstört wischte er sich über das Gesicht und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen.

Er war eingenickt. Für wie lange wusste er nicht. Dieses endlose Warten hatte ihn schläfrig gemacht, und er hoffte inständig, dass er seine Chance nicht verpasst hatte.

Kalt spürte Sheridan den Stahl seines Revolvers in der Faust und richtete seinen Blick auf das Bordell am Ende der Straße. Er wusste, dass Dillon »Icy Clay« Hicks dort verkehrte, nicht gerade zimperlich mit den Huren umsprang und auch schon mal eine von ihnen halb totgeschlagen hatte.

Aber das war es nicht, weshalb Sheridan hinter ihm her war.

Der Sheriff erhob sich aus seinem Lehnstuhl neben dem Grocery Store, wanderte einige Schritte über den Boardwalk und war drauf und dran, auf gut Glück in das Hurenhaus zu stürmen und jedes Zimmer nach Hicks zu durchsuchen.

Der gellende Schrei einer Frau versetzte Sheridan einen Stich. Fast war es, als hätte Hicks ihm ein Zeichen gegeben, dass er sich im »Red Apple Inn« befand.

Eisige Kälte durchströmte den Sheriff; jede Menschlichkeit in ihm erstarb. Mechanisch griff er nach dem Fläschchen in seiner Brusttasche, schraubte den Verschluss ab und leerte es in einem Zug. Dann ging er mit ausgreifenden Schritten dem Bordell entgegen.

Beseelt von dem Gedanken auf Rache und erfüllt von verzehrendem Hass stieß er die Türen auf, hörte erneut die gequälten Schreie aus dem Obergeschoss und hetzte die Treppe hinauf.

Dumpf war eine wutentbrannte Männerstimme zu hören, die Flüche und Beschimpfungen ausstieß. Das Klatschen schallender Ohrfeigen wurde laut, danach ein Poltern, mit dem ein Körper zu Boden fiel.

Matt Sheridan rannte los, warf sich wie ein lebendes Geschoss gegen die Zimmertür, hinter der die Schreie aufgeklungen waren, und stürzte in den Raum. Auf der Schulter rollte er sich ab, riss seinen Colt hoch und feuerte.

Mit einem erstickten Aufschrei stürzte der Getroffene zur Seite, griff noch im Fallen nach seiner Waffe und fing sich Sheridans zweite Kugel ein.

»Ist nicht mehr so spaßig, wenn sich der Gegner wehrt, nicht wahr, Hicks?«, raunte der Sheriff frostig.

»Was willst du?«, keuchte »Icy Clay«. »Legst du mich um, bloß weil ich diesem Miststück eine verpasst habe?« Der Angeschossene blutete an Hüfte und Oberarm. Sheridan hätte ihn bereits mit dem ersten Schuss töten können, doch er wollte sich Zeit lassen.

»Dieses Miststück hat wohl nicht getan, was du dir vorgestellt hast.« Sheridans Blick streifte über Hicks’ offene Hose, aus der ein verkümmertes Schwänzchen hervorlugte. »Oder sie hat sich einen kleinen Scherz erlaubt …« Kurz drehte er sich der jungen Frau zu, die wimmernd neben dem Bett lag. Ihre Oberlippe war aufgeplatzt, die rechte Gesichtshälfte knallrot. Ihre nackten Brüste hoben und senkten sich unter schweren Atemzügen.

»Dann buchte mich doch ein!«, platzte es aus Hicks heraus. »Ich bin sowieso schneller wieder draußen, als du gucken kannst! Du hast nichts in der Hand! Einer Hure weint niemand eine Träne nach!«

Aus dem Stand setzte Sheridan nach vorn und trat wuchtig gegen die Hüfte des Verletzten. Der schrie gequält auf, tastete nach seiner Waffe und ließ einen zweiten Schrei folgen, als sich der Stiefelabsatz des Sheriffs in seinen Handrücken bohrte.

»Wahrscheinlich ist das so«, meinte Sheridan finster, spannte den Abzug seines Revolvers und richtete die Mündung auf Dillon Hicks’ Stirn. »Frauen und Kinder scheren dich einen Dreck, ist es nicht so? Du schießt sie über den Haufen, wie sie dir gerade vor den Lauf kommen.«

»Icy Clay« schnappte nach Luft. »Wovon, zum Teufel, redest du?«

»Du kannst dich nicht mehr erinnern?«, versetzte Sheridan tonlos. »Bedauerlich, denn das solltest du, wenn du zur Hölle fährst.«

»Warte!« Abwehrend hob Hicks beide Hände. »Du bist ein Mann des Gesetzes! Du kannst mich nicht abknallen wie einen räudigen Hund! – Hier!« Er reckte beide Arme vor. »Nimm mich fest! Ich leiste keinen Widerstand!«

Einen Moment zögerte der Sheriff, dann griff seine Linke nach dem Stern, löste ihn vom Jackenaufschlag und warf ihn auf die Dielen. »Hier und jetzt gilt nur ein Gesetz – nämlich meines!«

Düster war Matt Sheridans Blick, als er seinen Abzugsfinger krümmte. Unter dem Aufbrüllen seines Revolvers sackte Dillon »Icy Clay« Hicks leblos zusammen. Er würde sich nie wieder an den Schwachen und Wehrlosen vergreifen.

»Keine Sorge, Hicks«, presste der Sheriff verächtlich hervor, »du wirst in der Hölle nicht lange allein bleiben. Keith Barrett und sein Mordgesindel werden dir schon sehr bald folgen …« Er bückte sich nach seinem Stern und steckte das Abzeichen in seine Hosentasche. Flüchtig schaute er zu der Dirne herüber, die ächzend auf die Beine kam. Sie würde ihn aus ihren verquollenen Augen nicht einmal erkennen, hätte sie auf Tuchfühlung vor ihm gestanden.

»Wie ist dein Name, Mädchen?«, fragte Sheridan rau.

»Peggy«, röchelte die Blondine und massierte ihren Hals. Offenbar hatte Hicks sich nicht nur mit Schlägen begnügt, sondern sie außerdem noch gewürgt. »Peggy Sue …«

»Achte in Zukunft darauf, welche Sorte Kundschaft du dir aufs Zimmer holst. Es wird nicht immer jemand da sein, um dich zu beschützen …«

Er ging zur Tür, schloss sie hinter sich und verschwand ungesehen durch den Hinterausgang des Freudenhauses.

Es gab noch viel zu tun.

Die Jagd hatte gerade erst begonnen.

***

San Antonio, im Jahre 1718 gegründet, hatte eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Dem mexikanischen Unabhängigkeitskrieg, der 1821 mit der Zerschlagung der spanischen Besatzung beendet worden war, war bereits vierzehn Jahre später der texanische Unabhängigkeitskrieg gefolgt. Nach verlustreichen Kämpfen hatte sich Texas als unabhängige Republik behaupten können und war 1845 den Vereinigten Staaten von Amerika beigetreten.

Die Schlacht um die ehemals franziskanische Misión San Antonio de Valero – kurz The Alamo genannt – hatte große Namen und Kriegshelden hervorgebracht. Jim Bowie und Davy Crockett waren nur zwei von ihnen, die aber jedes Kind kannte. Ebenso war jedem der Kriegsschrei geläufig, mit dem die Texaner unter Sam Houston, ehemals Gouverneur des Bundesstaates Tennessee, die zahlenmäßig überlegenen Mexikaner auf dem Schlachtfeld von San Jacinto endgültig geschlagen hatten.

Remember the Alamo, rief sich Lassiter die berühmten Worte ins Gedächtnis. Schon beim Überschreiten der Stadtgrenze hatte er die geschichtsträchtige Atmosphäre San Antonios gespürt. Doch je weiter er in die Stadt vordrang, desto überwältigender wurde sie. Jedes Haus schien die Historie der Town auszuatmen, jeder Stein war lebendige Erinnerung an entschlossene, todesverachtende Streiter für Frieden und Gerechtigkeit. Für immer unvergessen würden jene zweihundert Männer sein, die in The Alamo bis zur unvermeidlichen Niederlage gegen General Santa Annas Truppen dem Feind getrotzt hatten.

Lassiter besann sich auf seinen Auftrag. Die Dokumente der Brigade Sieben befanden sich nicht mehr auf dem neuesten Stand, daher war es erforderlich, einen Sheriff oder Marshal zur »Turnbull-Bande« zu befragen. Sie würden wissen, wo die Gesuchten zuletzt gesehen wurden. Sobald der Mann der Brigade Sieben eine heiße Spur hatte, würde er die Verfolgung aufnehmen. Ganz auf sich allein gestellt, das hatte er gesehen, verschwendete er nur unnötig seine Zeit.

Das Marshal’s Office war nicht besetzt, wie Lassiter bei seinem Ritt nach Downtown San Antonio feststellte. Vor dem Büro saß lediglich ein betagter bärtiger Kerl in einem Schaukelstuhl, der sich als Deputy vorstellte und eine Schrotflinte auf seinen Knien wiegte.

»Pike ist auf dem Weg nach Pearson Jarrett«, krächzte der Greis. »Ich darf aber nicht sagen, weshalb.« Er legte einen Zeigefinger auf seine gespitzten Lippen. »Geheime Mission, Mister, Sie verstehen?«

Lassiter verzog die Mundwinkel. »Darfst du mir wenigstens sagen, wo ich den nächsten Sheriff finde, alter Mann?«

»Ich bin der Deputy, das sagte ich doch! Was immer Sie wollen, können Sie es mit mir durchkauen!«

Ein Stück weit beugte sich Lassiter über sein Sattelhorn und sah den Alten an. »Ich darf nicht drüber reden, alter Haudegen. Geheime Mission – da müsste es doch bei dir läuten.«

Der Deputy wollte hochfahren, doch seine Beine machten nicht mit. Zwei Handbreit hob er ab, dann plumpste er zurück in seinen Stuhl. »Nun werden Sie mal nicht frech!«, krakeelte er. »Ich mache hier bloß meinen Job!«

»Der Sheriff!«, beharrte Lassiter. »Wo finde ich ihn?«

Unwillig gab der Mann Auskunft und dirigierte Lassiter in die Außenbezirke der Stadt. Abschließend meinte er: »Aber mit Sheridan ist nicht gut Kirschen essen, Mister. Er ist ein versoffenes Raubein und greift schon mal gern zum Colt, bloß weil Sie ihm um die Mittagszeit einen ›Guten Morgen‹ gewünscht haben.«

»Damit komme ich klar.« Lassiter zerrte seinen Grauschimmel herum und galoppierte grußlos davon. Unterwegs musste er mehrmals nach dem Weg fragen, da sich die Straßen und Gassen schier endlos verzweigten und die Beschreibung des Deputies recht vage gewesen war. Schließlich fand er das Office des Sheriffs, doch zu seiner Enttäuschung war auch Matt Sheridan nicht zugegen. Stattdessen wurde er von einem Clerk mit Schirmmütze empfangen, der über einem Stapel von Papieren brütete und sichtlich ungehalten war über die Störung.

»Ich muss mit dem Sheriff reden«, sagte Lassiter und nannte seinen Namen.

»Sie sehen doch, dass ich beschäftigt bin!«, entfuhr es dem Clerk barsch. »Ich habe wirklich Wichtigeres zu tun als Leute abzuwimmeln, das dürfen Sie mir glauben! Aber Sheridan kann man nun mal leider nichts abschlagen.« Säuerlich verzog der Mann das Gesicht.

»Wann wird er zurück sein?«, erkundigte sich Lassiter.

»Was weiß denn ich?« Unwirsch knallte der Clerk einige Zettel auf den Tisch, an dem er arbeitete, und seufzte gereizt. »Während ich hier sitze, geht’s in meinem Laden wahrscheinlich drunter und drüber! Meine Frau bekommt nicht einmal eine Gemüsekiste angehoben, und von meiner Tochter will ich erst gar nicht sprechen. Bei dem Wechselgeld, das sie den Kunden rausgibt, kann ich meine Waren auch gleich verschenken!«

»Lassen Sie’s gut sein«, winkte Lassiter ab. »Ich komme später wieder. Gibt es ein passables Hotel in der Nähe?«

In einer Geste der Verzweiflung breitete der Clerk seine Arme aus. »Herrje! Reiten Sie die Straße runter bis zum Blacksmith und biegen Sie links ab. Das ›Southern Glory‹ können Sie nicht verfehlen.«

»Thanks.« Lassiter tippte an seinen Stetson und verließ das Office. Gemächlich trabte er auf seinem Pferd die Mainstreet entlang und stand schon wenig später vor den Pforten des Hotels. Nachdem er seinen Grauschimmel in einem Stall untergebracht und sein Zimmer für zwei Tage im Voraus bezahlt hatte, streckte er sich lang auf seinem Bett aus. Er schenkte sich aus der Whiskeyflasche, die er von unten hochgenommen hatte, ein Glas ein und nahm einen kräftigen Schluck. Noch ehe er ein zweites Mal ansetzen konnte, ließen ihn Geräusche auf dem Hotelflur innehalten.

Dort draußen befand sich jemand, der sich äußerste Mühe gab, sich lautlos fortzubewegen. Trotzdem hatte Lassiter ihn gehört. Das verhaltene Knirschen der Dielenbretter unter dem ausgerollten Teppich war ihm nicht entgangen.

Er stellte sein Glas zur Seite, richtete sich unter dem Quietschen der Bettfedern auf und zog seinen Remington.

Noch im selben Moment donnerten Schüsse. Das Türschloss wurde regelrecht herausgesprengt, die Tür selbst von einem derben Tritt aufgestoßen. Eine Gestalt stürzte herein, plump und ohne jede Vorsicht. Der Brigade-Sieben-Agent hätte sie mit Leichtigkeit niederschießen können, doch er ließ seinen Revolver fallen und hob die Hände. Gefasst blickte er in die Mündung eines rauchenden Colts.

»Sagen mir, was du willst.« Lassiters Lippen deuteten ein schmales Lächeln an. »Vielleicht hält es mich davon ab, dir den Hintern zu versohlen.«

***

Er hatte die Schreie gehört und auch die Schüsse. Die Stille, die danach eingetreten war, hätte ihn beruhigen sollen, doch das Herz schlug Leo Rosenberg bis zum Hals. Er war weder ein hartgesottener Bursche, noch war er ein Kämpfer. Aus Streitigkeiten, ganz gleich, auf welche Weise sie ausgetragen wurden, hielt er sich heraus. Aber nicht selten, musste er zugeben und fand ein wenig seiner Selbstsicherheit zurück, war er der Auslöser für Zwist und Zank gewesen. Mit einem eigentümlichen Geschick, von dem der gerade einmal fünf Fuß kleine Mann glaubte, es sei ihm in die Wiege gelegt worden, verstand er es, Menschen gegeneinander auszuspielen. Wenn ihm seine Intrigen dann noch ein paar harte Dollars in die Kasse spülten, war er rundum zufrieden.

Klingende Münze war auch der Ansporn, der Rosenberg trotz aller Furcht in das Bordell trieb, in dem gerade die Schießerei stattgefunden hatte. Es war nur eine Ahnung, was er dort vorfinden würde, doch er malte sich bereits aus, den größtmöglichen Vorteil aus jeder Information zu schlagen, die ihm zugetragen wurde.

Wie nicht anders zu erwarten, herrschte helle Aufregung im »Doll House«. Einige Liebesdienerinnen rannten verschreckt umher, wohingegen eine kleine Gruppe von ihnen mit schreckgeweiteten Augen und eng umschlungen auf Sofas saßen. Am oberen Treppenansatz erschien ein splitternacktes Girl, das offensichtlich mitten bei ihrer lustvollen Tätigkeit aufgeschreckt worden war und sich zitternd am Geländer abstützte.

»Hat wieder ein Freier Ärger gemacht?«, rief sie herunter und tappte vorsichtig die Stufen hinab.

»Gottverfluchte Revolverhelden!«, stieß eine ältere Dame hervor und richtete ihr Dekolleté, als sie Rosenbergs gieriges Starren bemerkte. »Peggy Sue ist als Einzige nicht bei uns. Ich hoffe, ihr ist nichts zugestoßen.«

»Dann geh rauf und sieh nach!«, herrschte One-eyed Jack sie an. Und obwohl er mit seiner Augenklappe zum Fürchten aussah, war er zwar kein mutiger, dafür aber ein herzensguter Mann.

»Geh doch selbst! Ich lasse mir bestimmt keine Kugel verpassen!« Die ältere Dame – ihr Name war Thelma, soweit sich Leo Rosenberg erinnerte – stemmte ihr Fäuste in die Hüften und stierte Jack herausfordernd an.

»Schon gut, schon gut«, gab sich der Einäugige geschlagen und zückte einen Sechsschüsser.

»Ich bin gleich hinter dir!«, bot sich Rosenberg an und wieselte heran.

Thelma musterte ihn abschätzig. »Was will denn der Wicht hier?«

»Sei nicht so unhöflich«, wies One-eyed Jack sie zurecht. »Du kennst doch Leo. Er war schon des Öfteren mit Judith auf dem Zimmer.«

»Na ja«, meinte Thelma und hob eine Braue, »war wohl für Judith nicht das reinste Vergnügen, wenn alles an Leo so klein ist, wie es den Anschein hat.«

Rosenberg warf ihr einen giftigen Blick zu und heftete sich an Jacks Fersen, der bereits die ersten Stufen zum Obergeschoss erklommen hatte.

»Hat irgendeine von euch etwas gesehen?«, wandte sich der Bordellbesitzer an die Frauen auf der Sitzgruppe.

»Irgendein Kerl ist durch den Hinterausgang abgehauen«, stieß eine Rothaarige weinerlich hervor. »Es ging alles so schnell. Ich konnte nichts Genaues erkennen.«

Jack schüttelte sich. »Und wie ist er reingekommen? Habt ihr Heulsusen die Köpfe wieder beim Kaffeekränzchen zusammengesteckt, dass keine etwas mitbekommen hat?« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern stieg die Treppe weiter hoch. Leo Rosenberg folgte ihm in gebührendem Abstand. Schritt für Schritt tasteten sie sich vor und erreichten eine aufgebrochene Tür.

»Keine Bewegung!«, rief One-eyed Jack. »Ich bin bewaffnet und habe keine Skrupel, meinen Colt auch einzusetzen!« Auf Zehenspitzen pirschte er zum Türrahmen vor und blinzelte in den Raum hinein. Sofort steckte er seinen Revolver wieder ins Holster.

»Ist die Luft rein?«, flüsterte Rosenberg ihm zu.

Jack nickte. »Ein Toter und eine flennende Hure. Mehr gibt es nicht zu sehen.

Rosenberg spitzte die Ohren, runzelte die Stirn und hörte leises, ersticktes Schluchzen. One-eyed Jack betrat das Zimmer, stellte sich neben Peggy Sue, die ihr Gesicht in ein Kopfkissen gepresst hatte, und legte ihr seine Hände auf die Schultern. »Alles in Ordnung, Kindchen. Niemand wird dir mehr ein Leid zufügen.«

Die Arme hinter dem Rücken verschränkt, watschelte Rosenberg durch die Tür und fühlte sich ganz als Herr der Lage. Er ging zu dem Leichnam, der an die Wand gelehnt auf dem Boden kauerte, und riss ihm am Haarschopf den Kopf in den Nacken. Noch im selben Augenblick versteinerte seine Miene.

Dillon Hicks!, pochte es in seinem Verstand. Ausgerechnet den zweiten Mann neben Barrett hatte es erwischt. Der Banditenboss würde ganz und gar nicht erfreut sein, wenn er von dem Vorfall hörte. Aber ganz sicher würde er ein hübsches Sümmchen springen lassen, sobald er den Namen des Killers erfuhr.

»Frag die Schickse, wer den Kerl umgebracht hat!«, redete Leo Rosenberg auf One-eyed Jack ein. »Sie muss ihn gesehen haben!«

»Hast du gehört, Liebes?«, fragte der Bordellinhaber. »Kannst du den Mann beschreiben, der geschossen hat?«

Zitternd drehte sich Peggy Sue auf den Rücken. Ihre Augen waren gerötet und geschwollen von den Tränen, die sie vergossen hatte. »Ich … ich habe nichts gesehen«, stammelte sie. »Alles war verschwommen und unwirklich …«

»Aber gehört hast du doch etwas!«, drang Rosenberg auf die Frau ein. »Haben die zwei miteinander geredet? Hat Hicks irgendetwas zu dem Mann gesagt?«

»Hicks …«, würgte Peggy Sue hervor. »Dieses Dreckschwein! Thelma hätte gewusst, wie sie mit ihm umgehen muss …«

Irritiert sah Jack zu Rosenberg. »Du kennst den Bastard.« Zaghaft lächelnd fügte er hinzu: »Hat er sich etwa für eines deiner Häuser interessiert?«

»Und wenn es so wäre?«, erwiderte Leo Rosenberg barsch. »Ich bin Makler! Und ich kann meine Häuser an jeden verkaufen, der sie sich leisten kann!« Er schob den Einäugigen beiseite und kniete sich auf das Bett. Eindringlich blickte er Peggy Sue an. »Worüber haben die beiden gesprochen?«

Die Prostituierte stierte an die Zimmerdecke und verlor sich in unergründlichen Fernen. Ihre Stimme war unmelodisch und bar jeden Gefühls. »Hölle … Kinder … Gesetz …«, gab sie einige Stichworte. Ihr Kopf fiel zur Seite, und sie wurde ohnmächtig.

»Hölle, Kinder, Gesetz?«, plärrte Rosenberg verständnislos. »Was faselt das Weibsbild denn bloß?« Er hievte seinen korpulenten Leib auf das Bett und rüttelte die Bewusstlose durch. »Du weißt doch mehr, dämliche Hure! Mach endlich dein Maul auf!«

Das Knacken eines Revolverhahns ließ ihn von einer Sekunde auf die nächste erstarren.

»Lass sie in Frieden«, sagte One-eyed Jack ruhig. »Mehr bekommst du aus ihr nicht raus. Das Girl ist mein Kapital. Ich werde nicht zulassen, dass du dich an ihr vergreifst.«

»Aber das, was sie sagte, ist nicht genug!«, zeigte sich Rosenberg störrisch, vermied es jedoch, eine unbedachte Bewegung zu machen. »Ich muss mehr wissen!«

»Raus aus dem Bett!«, forderte Jack streng. »Du hast doch sicher noch ein paar Kunden, die du übers Ohr hauen kannst.«

Fieberhaft überlegte der Makler, wie sich aus der Situation Profit schlagen ließ. Wo Barrett untergetaucht war, wusste niemand. Aber der Aufenthaltsort von einem seiner Bandenmitglieder war Rosenberg bekannt. Jetzt kam es nur noch darauf an, die spärlichen Informationen möglichst teuer zu verkaufen.

»Steck deine Bleispritze ein«, raunte Rosenberg und schob sich mit seinem Hinterteil voraus über die Bettkante. »es gibt keinen Grund, gewalttätig zu werden.« Er sackte hinab auf seine Knie, hob demonstrativ beide Arme und stemmte sich schwankend auf die Füße.

»Hau schon ab!«, rief Jack ihm nach, als Leo Rosenberg bereits durch den Flur rannte.

Kaum war der Makler wieder auf der Straße, trat ein gieriger Glanz in seine Augen. Er würde improvisieren müssen, um Blue Lou Doyle einige knisternde Scheine aus dem Ärmel zu leiern.

***

Sie war aufregend wie die Wildnis der Rockys und besaß die Schönheit eines sonnenverwöhnten Tages. Dummerweise hielt sie einen Revolver in der Hand – und die Mündung deutete unmittelbar auf Lassiters Brust.

»Du bist wohl kaum in der Lage, mir zu drohen, Drecksack!«, stieß die Brünette hervor. »Schieb deinen Colt mit dem Handrücken von dir fort und leg dich flach aufs Bett! Keine Mätzchen, Freundchen, sonst verpasse ich dir ein paar Luftlöcher, wo du sie am wenigsten gebrauchen kannst!«

Lassiter kam der Aufforderung nach, konnte sich aber ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen. »Haben wir ein gemeinsames Kind, das seinen Vater kennenlernen möchte?«

»Halt’s Maul!«, entfuhr es der Dunkelhaarigen, die Lassiter mehr und mehr in Erregung versetzte. »Ich will Antworten! Und du wirst sie mir geben!«

Der Mann der Brigade Sieben hob den Kopf an und wiegte ihn leicht. »Das wird schwierig, wenn ich das Maul halten soll.«

»Reiz mich nicht!«, fauchte die Frau. »Sag mir, wo ich Keith Barrett, deinen Boss, finde!«

Schlagartig verging Lassiter die heitere Stimmung. »Er ist nicht mein Boss! Ich bin selbst hinter ihm her.«

»Netter Versuch. Aber du wirst es nicht schaffen, deinen Hals aus der Schlinge zu winden!«

Vorsichtig richtete Lassiter seinen Oberkörper auf und lehnte sich gegen das Bettgestell. »Es ist die Wahrheit. Willst du mich nur aufgrund eines Verdachts erschießen oder hast du Beweise für das, was du mir vorwirfst?« Er konnte es in den Augen der Frau sehen: Sie war keine eiskalte Mörderin. Ohne Grund würde sie nicht abdrücken, und der Agent hatte nicht vor, ihn ihr zu liefern.

»Was hattest du in der Ruine von Fort McIntosh zu suchen?«

»Spuren«, antwortete Lassiter. »Aber außer deinen habe ich keine brauchbaren gefunden.« Ihm fielen wieder die zierlichen Stiefelabdrücke ein und das zeitweilige Gefühl einer nicht greifbaren Bedrohung. An dieser Stelle also lüftete sich das Geheimnis.

»Blödsinn!«, blaffte die Schönheit, aber rechte Überzeugung sprach nicht aus ihren Worten.

»Ich war beim Marshal und beim hiesigen Sheriff, aber beide glänzten durch Abwesenheit«, fuhr Lassiter fort und schwang seine Beine vom Bett. Dabei verschränkte er die Arme hinter dem Kopf und stand auf. »So, wie es für mich aussieht, kämpfen wir auf derselben Seite. Ich weiß nicht, was Barrett dir angetan hat, aber du solltest genau überlegen, ob du dich gegen deine Verbündeten wendest …«

Die Unsicherheit stand der Brünetten ins Gesicht geschrieben. »Woher weiß ich, dass ich dir vertrauen kann?«

»Du weißt es nicht«, entgegnete Lassiter. »Deshalb heißt es ja Vertrauen.«

»Wie lautet dein Name?«

Lassiter nannte ihn.

»Yancy Haygood«, stellte sich die Frau vor. Ihr Zutrauen schien zu wachsen, aber restlos zufriedengestellt war sie noch nicht.

»Yancy?«, tat Lassiter verwundert. »Wollten deine Eltern dich für irgendetwas bestrafen?«

»Spar dir den Spott! Es ist der Name meines Großvaters. Er hat in hohem Alter auf der Seite der Nordstaatler gekämpft, und meine Mutter wollte in mir sein Andenken bewahren.«

»Für ein Kind des Nordens hat es dich weit in den Süden verschlagen«, ließ Lassiter sie wissen. »Gibt es dazu eine Geschichte, die du mir erzählen möchtest?« Auffordernd schaute er Yancy an. Und die junge Frau war inzwischen nicht mehr so verschlossen, wie sie sich anfangs gegeben hatte.

»Ein Mann wie du«, sagte sie, hielt ihren Revolver aber weiterhin erhoben, »kann wahrscheinlich nicht begreifen, wovon ich spreche. Aber wenn dein Herz nur noch für die Liebe zu einem anderen Menschen schlägt, fallen alle politischen Schranken.

Ja, ich komme aus dem Norden. Doch meine Liebe galt einem Mann aus dem Süden …«

»Galt?«, hakte Lassiter nach. »Er ist … tot?«

»Ermordet bei einem feigen Überfall auf das Fort, in dem mein Verlobter diente.«

Die Zusammenhänge wurden klarer. Der Brigade-Sieben-Agent musste nicht rätseln, um zu wissen, wer hinter dem Anschlag steckte. »Barrett hat deinen zukünftigen Ehemann auf dem Gewissen. Du willst Barrett zur Strecke bringen. Und mich hältst du für einen seiner Komplizen.«

»Ist das so abwegig?«, fragte Yancy Haygood. »Ein Täter kehrt immer an den Ort seines Verbrechens zurück. Du warst in Fort McIntosh. Folglich gehörst du zu der Bande.«

»Jeder hätte in den Ruinen stöbern können«, widersprach Lassiter. »Wie viele willst du töten, weil dein Hass nur Feinde kennt?« Unerschrocken ging er auf Yancy zu, bis der Lauf ihres Colts seinen Vormarsch stoppte.

»Ich … ich schieße …«

Bedächtig schüttelte Lassiter den Kopf. »Das wirst du nicht. Ich werde dir nichts tun. Und du weißt es.«

Yancy Haygoods Augen füllten sich mit Tränen. Einmal noch stieß sie den Lauf vor, wich schließlich zurück und senkte die Waffe. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll!«, entfuhr es ihr lauthals. »Clarence war ein guter Mann, den ich bis zum Lebensende geliebt hätte! Warum musste er sterben?« Bitterkeit spiegelte sich in ihrem Blick und das Unverständnis über eine Entscheidung des Schicksals, die ihr alles genommen hatte.

Sanft streichelte Lassiter über Yancys Wange. Er fühlte mit der Frau, fand aber kaum Worte, um ihr Leid zu mildern. »Halte dich fern von Barrett! Du bist keine Gegnerin für ihn. Er wird dich ebenso töten, wie er es mit deinem Verlobten getan hat.«

»Im Jenseits … werden wir wieder beisammen sein«, brachte die Frau mit den langen dunklen Haaren im Brustton der Überzeugung hervor. »Glaubst du an ein Leben nach dem Tod, Lassiter?«

Der Mann der Brigade Sieben blieb die Antwort schuldig, blieb jedoch nicht stumm. »Du musst nicht sterben. Dein Tod ist sinnlos. Bleib an meiner Seite, und du wirst deine Rache bekommen …«

Yancy Haygood verstand. Ihre Tränen versiegten. Ein dankbares Lächeln umspielte ihre Lippen.

Lassiter betrachtete ihre Regungen mit gemischten Gefühlen. Lieber wäre es ihm gewesen, sie wäre in ihre Heimat zurückgekehrt und hätte den Schmerz niedergerungen, der ihre Seele zerfraß. Zu viele Menschen hatte Lassiter auf ähnliche Art verloren, Menschen, die mit unerbittlicher Entschlossenheit ihr Ziel verfolgt hatten und letztlich Opfer ihres eigenen Rachedurstes geworden waren.

Er nahm sie in die Arme und spürte, wie nötig sie diese Nähe gebraucht hatte. Dennoch konnte er nicht verleugnen, dass es sich wie ein Abschied anfühlte …

***

Sie war Mexikanerin, blutjung, mit sonnengebräunter Haut und einem schmachtenden Blick, der Blue Lou Doyle versprach, wovon er bisher nur hatte träumen können. Seine stahlblauen Augen, die ihm seinen Spitznamen eingebracht hatten, beobachteten jede Bewegung der heißblütigen Frau. Der Länge nach ausgestreckt, lag Doyle auf drei Strohballen, die notdürftig mit einer fleckigen Decke überzogen waren.

Dieses namenlose Bordell war eine der übelsten Absteigen in San Antonio, doch wenn man mit dem Gesetz auf Kriegsfuß stand, gab es kaum einen besseren Unterschlupf. Nur selten kam es vor, dass sich ein Sternträger hierher verirrte, denn bei der Vielzahl an zwielichtigen Gesellen, die sich größtenteils für längere Zeit einquartiert hatten und generell allergisch auf Polizeiabzeichen reagierten, konnte jeder Sheriff froh sein, seinen Abstecher in dieses Etablissement zu überleben. Town Marshal Dexter Pike hatte sich zu Beginn seiner Amtszeit ein paar goldene Sporen verdienen und eine Handvoll schwerer Kaliber dingfest machen wollen. Nach der Abreibung, die man ihm verpasst hatte, war er für alle Zeiten kuriert gewesen.

»Du bist sehr nachdenklich, Güero«, gurrte die Mexikanerin, die neben Doyle kniete und über die harte Ausbeulung in seiner Hose streichelte.

»Güero?«, fragte er mit tiefer Stimme.

»Blonder«, erklärte das Girl und nestelte an den Hosenknöpfen ihres Freiers.

Blue Lou Doyle gab ein zufriedenes Brummen von sich. »Wie heißt du, meine Hübsche?«

»Maria«, hauchte sie mit lockendem Augenaufschlag. Außer einer lose um ihre Schultern flatternden weit geöffneten Bluse trug sie keinen Faden am Leib. Sie ging in die Hocke und beugte sich über Doyles Lenden. Dabei streiften ihre festen nackten Brüste seinen Oberschenkel.

»Habt ihr eigentlich noch andere Vornamen als ›Maria‹?«, erkundigte sich der Bandit belustigt. »Eure Großmütter heißen Maria, eure Mütter ebenfalls – und anscheinend ist ihnen nichts anderes eingefallen, als ihre Kinder ebenso zu benennen.«

»Ich finde ihn schön.« Sie wollte noch etwas hinzufügen, geriet aber ins Stocken, als sie Doyles Rute hervorholte. »Hijole!«, stieß sie aus. »Du bist wirklich ein ganzer Mann!«

Doyle grinste. »Zu viel für dich?« Unter den Berührungen der Mexikanerin richtete sich sein Schaft zuckend auf.

Ein hintergründiges Lächeln erschien auf Marias Zügen. Sie sagte nichts, gab ihm aber trotzdem eine Antwort. Doyle stöhnte auf, als er die samtweichen Lippen und die kreisende Zunge spürte. Die Frau mochte außergewöhnlich jung sein, doch an Erfahrung mangelte es ihr nicht. Alles, was zwischen seinen Beinen stand und baumelte, bezog sie kundig in ihr Liebesspiel ein. Allein dieser kleine Vorgeschmack zeigte Blue Lou Doyle, dass seine bisherige Wahl auf die falschen Frauen gefallen war.

Beinahe enttäuscht bemerkte er, dass sich Maria plötzlich von ihm löste. Doch die Entschädigung ließ nicht lange auf sich warten. Sie stellte sich aufrecht neben das provisorische Bett und streifte aufreizend ihre Bluse ab. Aus schmalen Lidern schaute sie auf Doyle herab und massierte ihre herrlichen Brüste. »Sie gehören dir«, flüsterte Maria, glitt mit einer Hand über ihren Bauch bis hinunter zu ihrer Scham. »Und meine Pussy auch …«

Doyles Pint reckte sich noch ein Stück weiter in die Höhe und wollte fast explodieren, als Maria auf die Strohballen kletterte und den harten Kolben zwischen ihre Schenkel nahm. Noch aber verwehrte sie ihm die Pforte zur Glückseligkeit, rieb mit zwei Fingern über die Spitze und sank herab auf Doyles behaarte Brust. Maria küsste seinen Hals, arbeitete sich nach oben und knabberte zärtlich an seinem Ohrläppchen. Feucht drang ihre Zunge in seine Ohrmuschel ein, während ihre Pobacken entlang seines Freudenspenders rieben.

»Willst du mich jetzt nehmen?«, hauchte sie verlangend. »Willst du es mir besorgen?«

Der Aufforderung hätte es nicht bedurft, denn Blue Lou Doyle war mehr als bereit. Er musste einzig acht darauf geben, den Akt nicht frühzeitig zu beenden, denn seine Erregung befand sich auf dem Höhepunkt und würde sich nur allzu schnell entladen.

Halb wahnsinnig vor Lust packte er seinen prallen Riemen, aber Maria gebot ihm Einhalt. »Lass mich es tun«, stöhnte sie, hob ihren Oberkörper an und stützte sich mit einer Hand auf Doyles Brust ab. Die andere verschwand hinter ihrem Gesäß und griff nach dem Objekt ihrer Begierde.

Einen Moment lang hielt Blue Lou Doyle die Luft an und stieß sie schlagartig aus. Er spürte die warme Feuchtigkeit, die sich Zentimeter für Zentimeter über seinen Schaft senkte. Maria warf ihren Kopf in den Nacken, stieß ein heiseres Lachen aus und zeigte mit jeder Regung, dass sie ihre beginnende Ekstase nicht spielte, sondern sich leidenschaftlich hingab. Erst langsam, dann immer schneller werdend stieß ihr Becken auf und ab. Mit jeder verstreichenden Minute wurde sie enthemmter.

Als wäre Maria ein Spielzeug und ohne Gewicht, hob Doyle sie an und legte sie auf die Seite, sodass sie ihm den Rücken zuwandte. Erneut drang er in sie ein, dieses Mal kraftvoll und in einem Ruck. Hart umspannten seine Handflächen ihre Brüste und pressten ihren Körper an den seinen. Abgehackte, tiefe Laute drangen aus seinem Mund. Völlig ungezügelt erhöhte er den Takt seiner Stöße, bis er sich mit einem erleichterten Knurren in sie ergoss.

Kurz noch wollte er sich dem Moment der abklingenden Erregung hingeben, da schnitt eine schrille Frauenstimme durch den Raum: »Aguas, Gringo! Du hast Besuch!«

Blue Lou Doyle wollte seinen Ohren nicht trauen, zog seine Hose hoch und schwang sich von seinem Schlaflager. »Ist Barrett endlich da?«, rief er der Frau zu, die er erst jetzt als Alejandra erkannte. Sie kochte und putzte für die Liebesmädchen und war gelegentlich auch in dem Bretterverschlag anzutreffen, der eine Bar darstellen sollte.

»Nein, nicht Barrett!«, erwiderte sie und rückte ihre verrutschte Kopfhaube zurecht. »Ein kleiner dicker Mann …« Alejandra hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da kam der Kerl, von dem die Rede war, bereits um die Ecke gelaufen.

»Rosenberg?«, entfuhr es Doyle ungläubig. »Hast du deinen gottverdammten Verstand verloren, hier aufzutauchen?«

Der Makler trippelte an der Köchin vorbei, stemmte seine Hände in die Knie und schnaufte. Als er wieder zu Atem gekommen war, sagte er: »Ich komme gewiss nicht aus Spaß an der Freude in dieses finstere Loch. Mir fallen auf Anhieb tausend Orte ein, an denen ich lieber wäre!«

»Was willst du dann?« Grimmig schaute Lou Doyle sein Gegenüber an. »Außer leichten Mädchen und locker sitzenden Colts wirst du hier nichts finden.«

Geruhsam nahm Leo Rosenberg seine Melone vom Kopf und nestelte am Hutband. »Du hast mir gesagt, ich solle dich aufsuchen, wenn mir etwas über eure Bande zu Ohren kommt …«

Gereizt winkte Doyle ab. »Das hast du von Fat Freddy, nicht von mir! Und dass du mich gefunden hast, zeigt eindeutig, dass der Kerl zu viel quasselt!«

»Mir egal!«, blieb Rosenberg standhaft. »Ich habe Informationen, die euch einiges wert sein könnten.«

Verächtlich verzog Blue Lou Doyle das Gesicht. »Du kleiner, schmieriger Bastard! Ich hätte mir gleich denken können, dass es dir nur ums Geld geht!« Einen Augenblick überlegte er. »Spuck schon aus, was du zu sagen hast!«

Rosenberg setzte ein anzügliches Grinsen auf. »Ich sag’s dir, wenn du mir sagst, was du springen lässt.« Abwartend blickte er Doyle aus listigen Augen an. »Die näheren Umstände, die zu Hicks’ Tod geführt haben, sind nicht für ein paar mickrige Dimes zu haben.«

Für eine Sekunde war es Blue Lou Doyle, als hätte man ihn mit Eiswasser übergossen. »Hicks ist tot?«, fragte er fassungslos, gewann seine Beherrschung aber sofort wieder zurück. »Lass dir was Besseres einfallen, Spinner!«

»Es ist wahr!«, ließ sich der Makler nicht beirren. »Vor nicht ganz einer Stunde wurde er im ›Doll House‹ zusammengeschossen.«

»Blödsinn! Warum sollte er ausgerechnet dorthin gehen?« Bei genauer Überlegung konnte sich Doyle die Frage selbst beantworten. Er kannte Dillon Hicks’ sadistische Ader. Die Mexikanerinnen hätten ihm die Augen ausgekratzt, wäre er mit seinem aufbrausenden Temperament über sie hergefallen. Bei den weißen Huren hatte er sich offenbar bessere Chancen eingeräumt.

»Was auch immer ein Mann im Freudenhaus suchen mag«, erwiderte Rosenberg sarkastisch, »ist es genauso geschehen, wie ich es erzählt habe. Du kannst es glauben oder es sein lassen. Aber dann wirst du niemals erfahren, wer Hicks das Lebenslicht ausgeblasen hat.«

»Und du weißt es?« Argwöhnisch musterte Doyle den Makler. »Ich könnte One-eyed Jack fragen. Der gibt mir auch Auskunft, ohne dafür bezahlt werden zu wollen.«

»Vergiss es, der hat nichts gesehen!«, behauptete Leo Rosenberg selbstsicher. »Er war nämlich nicht am Hinterausgang, als der Killer geflüchtet ist.«

Blue Lou Doyle wurde unsicher. Es war schwer, den windigen Makler einzuschätzen. Er mochte die Wahrheit sagen, konnte sich aber genauso gut eine Geschichte zurechtzimmern, um sich die Taschen zu füllen. Dennoch musste Doyle mehr wissen und kramte einige Dollarscheine hervor. Rosenberg trat näher und zupfte sie ihm aus den Fingern. Emsig zählte er die Banknoten durch und stopfte sie in seine Hosentasche.

»Der Mörder ist kein gewöhnlicher Bürger«, holte er aus. »Keiner von denen, die mit dem Mut der Verzweiflung einen Glückstreffer landen, die Hosen aber gestrichen voll haben.«

»Komm schon zur Sache!«, forderte Doyle.

Rosenberg leckte sich über die Lippen. »Der räudige Köter hat einen Stern getragen!«, sprach er die entscheidenden Worte betont aus. »Ja, du hast richtig gehört! Es war einer unserer allseits beliebten Ordnungshüter …«

Pike!,