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Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 2386, 2387 und 2388.
Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!
2386: Blutroter Fluss
"Ruhig ... Gebt ihnen noch etwas Zeit." Emily Vain wandte den Blick zu ihren Begleitern, die feixend mit den Gewehren in den Händen neben ihr auf der Lauer lagen. Die Gesichtszüge der jungen Frau waren wie in Stein gemeißelt und verbargen damit die Vorfreude auf das Kommende. Ihre Männer gehorchten und konzentrierten sich. Drüben am anderen Flussufer waren die Squaws mit dem Waschen von Kleidungsstücken beschäftigt, doch sie war davon überzeugt, dass es vergebene Lebensmüh war.
2387: Lockvogel für Lassiter
Dave Meeks lehnte an der Theke im Golden Star Saloon, als plötzlich die Tür aufflog. Ein Mann stürzte in das Lokal. Er war klein und dünn, trug einen breitkrempigen Stetson, eine Weste aus Rohhaut und ein knallrotes Halstuch. Er steuerte geradewegs auf den Schanktisch zu, an dem neben Meeks noch ein Mann namens Patterson stand. Geordie, der Barkeeper, duckte sich hinter die Theke. Der Fremde riss seinen Colt aus dem Holster, zielte auf Patterson und feuerte.
2388: Zwischen Leben und Tod
Der Häuptling der Tonkawa hatte seit einer guten Meile kein Wort gesprochen und ritt noch vor den Spähern, die Colonel Ranald S. McKenzie seinem Indianerscout an die Seite gestellt hatte. Die vierte US-Kavallerie näherte sich der Talkante des Palo Duro Canyon. An einem Felsvorsprung gebot der Tonkawa Halt. "Was ist los?", fragte McKenzie im schroffen Ton eines Mannes, der an diesem Morgen nichts außer Ungeduld empfunden hatte. "Die verdammten Indianerdörfer müssten längst in Sicht sein."
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Seitenzahl: 414
Veröffentlichungsjahr: 2022
Jack Slade
Lassiter Sammelband 1835
Cover
Impressum
Blutroter Fluss
Vorschau
Blutroter Fluss
»Ruhig … Gebt ihnen noch etwas Zeit.«
Emily Vain wandte den Blick zu ihren Begleitern, die feixend mit den Gewehren in den Händen neben ihr auf der Lauer lagen. Die Gesichtszüge der jungen Frau waren wie in Stein gemeißelt und verbargen damit die Vorfreude auf das Kommende. Ihre Männer gehorchten und konzentrierten sich.
Drüben am anderen Flussufer waren die Squaws mit dem Waschen von Kleidungsstücken beschäftigt, doch sie war davon überzeugt, dass es vergebene Liebesmüh war. Den Schmutz in den Seelen dieser Wilden konnte der Red River nicht auswaschen. Als eine der Rothäute wachsam den Blick hob, wusste sie, dass der Zeitpunkt gekommen war. »Feuer!«, stieß sie mit unterdrückter Stimme hervor und zog den Bügel ihrer Rifle durch.
Ein Kugelhagel ging auf das benachbarte Flussufer nieder, und die Frauen gerieten in Panik. Die Projektile peitschten in die Wasseroberfläche, die aufspritzte, als würden sich kleine Tiere mordgierig auf die Squaws stürzen wollen. Kopflos rannten sie kreischend durcheinander und ließen dabei alles stehen und liegen. Eine der jungen Frauen schien einen Streifschuss abbekommen zu haben; Sie schrie auf und geriet ins Taumeln, bevor sie von einer Gefährtin aufgefangen und mitgezogen wurde.
Emily Vain lachte heiser, als sie beobachtete, wie zwei der jungen Komantschen-Squaws in blinder Flucht zusammenstießen und dabei zu Boden gingen. Ein einziges Tohuwabohu, das ganz in ihrem Sinne war und wieder einmal zeigte, wie primitiv diese Wesen waren, von denen man behauptete, sie seien Menschen.
Nur ein kleines Feuerwerk, und man erzeugte Panik unter ihnen.
Es war so leicht wie ein Kinderspiel.
Ein kehliges Grunzen neben ihr ließ sie den Blick wenden. Es handelte sich unverkennbar um Jacks Stimme.
Jack »Redneck« Collins klopfte ihr rustikal auf die Schulter, was sie mit einem breiten Grinsen beantwortete. Der knapp sechs Fuß große, ehemalige Südstaatenoffizier war ein grober Klotz und wirkte mit seinem dichten rotbraunen Bart und dem wilden, kupferfarbenen Haar unter der Mütze aus Biberfell wie ein Waldschrat, war dabei aber viel intelligenter, als er aussah.
Die Männer neben ihnen feuerten noch ein paar Schüsse in Richtung des anderen Ufers ab, obwohl die jungen Frauen bereits hinter den Büschen in Richtung der Tipis verschwunden waren und sich damit außer Reichweite ihrer Gewehre befanden. Dann erhoben sie sich und eilten lachend mit schnellen Schritten zu ihren Pferden.
Jack packte sie, als sie bereits in den Sattel steigen wollte, und sie küssten sich voller Leidenschaft. Die Berührung fühlte sich an, als würde sie ihr Gesicht in trockenes Moos stecken, und sie wusste, dass sie noch heute Nacht – so schnell wie möglich – Sex haben würden, der so heiß und leidenschaftlich war wie der Hass auf die räudigen Rothäute am anderen Ufer des Red River.
Zwei Dinge gab es, die Emily und Jack miteinander verbanden: die schier unstillbare Lust an körperlicher Liebe sowie der Wunsch, das Volk der Komantschen ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen.
Was der Armee bei den blutigen Auseinandersetzungen im vergangenen Jahr nicht gelungen war. Die Komantschen unter ihrem Kriegshäuptling Quanah Parker hatten letztlich kapituliert und sich in ihr Reservat zurückgezogen, als sie erkennen mussten, dass sie der geballten Feuerkraft der uniformierten Truppen nichts mehr entgegenzusetzen hatten. Doch für Emilys Eltern war der Friedensschluss zu spät gekommen.
Redneck hob sie mit einer kräftigen Bewegung in den Sattel und klopfte ihr auf den Hintern, bevor er mit schnellen Schritten zu seinem eigenen Pferd ging. Emily sah ihm nach und fröstelte ein wenig, denn die Nacht war kühl. Sie warf einen kurzen Blick zum Fluss zurück und lächelte grimmig, als sie von dort aus erregtes Stimmengewirr wahrnahm.
»Weg hier, Leute!«, rief sie mit unterdrückter Stimme, und kurz darauf hatte die Dunkelheit die Reiter verschluckt.
Nachdem sie die Hügel jenseits des Flussufers überquert hatten, zügelten sie ihre Pferde. Unter ihnen lag die langgestreckte Senke, in der sich ihre Zukunft befand.
Borderline. Eine Siedlung unweit des Indianerreservats, die man den Siedlern und Büffeljägern zugestanden hatte, nachdem der Krieg gegen die Komantschen, Kiowa und Cheyenne beendet worden war.
Eine Vereinbarung, die allen hier lebenden Menschen zu einem friedlichen Miteinander verhelfen sollte. So klang es aus dem Mund der Regierung. Doch Emily war nicht bereit, diesen aus ihrer Sicht vergifteten Frieden zu akzeptieren.
Ihr Vater und ihre Mutter hatten nur ein paar Meilen weiter westlich den Tod gefunden, durch die Hand der Komantschen. Robert Vain hatte es als Büffeljäger zu bescheidenem Wohlstand gebracht und war einer der Gründer der kleinen Siedlung Borderline gewesen, die nun allmählich zu einer Stadt heranwuchs. Gemeinsam mit seiner Frau Eleanor hatte er sich gegen die Indianer zur Wehr gesetzt, die die Weißen nicht duldeten und das Land, aber vor allem die riesigen Büffelherden als ihr Eigentum ansahen. Immer wieder den heimtückischen Angriffen der Rothäute ausgesetzt, war ihr Vater froh gewesen, die Kinder Emily und Tolliver bei seiner Schwester in Gainesville zurückgelassen zu haben, obwohl er und Eleanor sie täglich vermissten.
Als im Sommer des vergangenen Jahres endlich die Armee einschritt und unter General Miles einen Feldzug gegen die Präriestämme begann, der in Bezug auf Material- und Personaleinsatz alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte, hoffte Robert Vain, seine Familie schon bald wieder vereint zu sehen und hier am Ufer des Red River ein friedliches, gottgefälliges Leben führen zu können. Ein kleines Stück Land hatte er sich bereits von offizieller Seite registrieren lassen, und nach der Vertreibung der Indianer beabsichtigte er, sein Brot mit Viehzucht statt mit der Büffeljagd zu verdienen.
Die Armee hatte einen Tagesritt nördlich von Borderline am anderen Ufer des Flusses einen Stützpunkt errichtet, Fort Sill. Danach waren die Truppen mit gnadenloser Härte gegen die Indianer vorgerückt, und die Siedler und Jäger am Ufer des Red River wähnten sich in trügerischer Sicherheit. Der totale Sieg über die blutrünstigen Rothäute schien nur noch eine Frage von wenigen Wochen zu sein. Der letzte Brief ihrer Mutter, der Emily erreicht hatte, war erfüllt von freudiger Erwartung gewesen, obwohl sie sie und Tolliver noch um etwas Geduld gebeten hatte, weil dein Vater immer noch von innerer Unruhe und düsteren Ahnungen getrieben nur wenig Schlaf findet.
Möglicherweise hatte Robert Vain trotz der Beteuerungen der Armee, die die Region am Red River mittlerweile als sicher erklärt hatte, seinem Instinkt vertraut.
Wenn dem so gewesen war, hatte Emilys Vater Recht behalten.
Als sie die Nachricht vom Tod ihrer Eltern erhalten hatten, waren sie und Tolliver sofort aufgebrochen nach Borderline. Sie hatten nicht auf den nächsten Treck zum Red River gewartet, sondern ihre Ersparnisse und wenigen Habseligkeiten genommen, um zwei Pferde zu kaufen und auf eigene Faust an den Ort zu reiten, an dem ihre Eltern von den Rothäuten ermordet worden waren. Vater und Mutter hatten ihnen ein kleines Haus, einen Acre Land dahinter, etwas Geld und zwei Gräber am Rande der Stadt hinterlassen.
Borderline.
Ihre Mundwinkel zuckten, und ihr Gesicht verzog sich zu einer bitteren Miene.
Ein Name, der behauptete, für eine Stadt zu stehen.
Stattdessen war es das Wort für einen Krieg, der noch nicht beendet worden war.
»Besser, wir reiten zur Südseite«, knurrte Jack und warf ihr einen kurzen Blick zu. »Muss ja nicht gleich jeder wissen, wo wir gewesen sind.«
Sie nickte und zog an ihren Zügeln. In sanftem Trab lenkten sie und ihre Männer die Pferde auf den kleinen, entlang der Hügelkuppe verlaufenden Pfad.
☆
»Lassiter!«
Unter dem schneeweißen Schnauzbart des Mannes hinter dem Schreibtisch öffneten sich die Lippen zu einem erfreuten Lächeln, und Benjamin Nickelback erhob sich schwungvoll aus seinem Ledersessel. Durch das große Fenster hinter ihm schien die Abendsonne hinein und umrahmte die schmale Statur des Notars mit einer leuchtenden Aureole.
Lassiter schloss die Bürotür hinter sich und blinzelte. »Benjamin. Verdammt lang her …«
Nickelback trat am Tisch vorbei mit ausgreifenden Schritten auf ihn zu und ergriff die rechte Hand des Mannes der Brigade Sieben, um sie kräftig zu schütteln. »Es freut mich, dass Sie so schnell kommen konnten. Ein glücklicher Zufall, Sie ganz in der Nähe in New Mexico zu wissen. Deshalb erschien es mir ratsam, Ihre Unterstützung anzufordern.«
Der Advokat wandte sich halb um und deutete auf den anderen Gast, der auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch saß. »Darf ich die Gentlemen einander vorstellen?«
Lassiter blickte auf einen breiten Rücken, der sich langsam über der Stuhllehne aufrichtete, als der Mann aufstand und sich zu ihnen umwandte, wobei er den Anschein erweckte, dies nur widerwillig zu tun.
»Sheriff Steve Desmond, designierter Ordnungshüter von Borderline. Lassiter, ein … nun ja … Mann für spezielle Aufgaben im Dienste der Bundesregierung.«
Desmonds Mundwinkel hoben sich leicht zu der Andeutung eines Lächelns, das seine Augen nicht erreichte. Wortlos tippte er sich an die Krempe seines dunkelbraunen Stetsons, der von einem Hutband aus Silbermünzen geschmückt wurde.
Lassiter nickte unmerklich. Die beiden Männer starrten sich sekundenlang taxierend an, bis Nickelback Lassiter eine Hand auf den Rücken legte und ihn mit sanfter Gewalt in Richtung des Schreibtisches schob.
Es war offenkundig, dass der Notar bereits mit Desmond über ihn gesprochen hatte und der Sternträger alles andere als begeistert über seine Beteiligung an der bevorstehenden Mission war.
»Sie müssen sich nicht gleich um den Hals fallen und abküssen. Aber tun Sie mir bitte auch den Gefallen, hier in meinem Büro keinen Boxkampf zu veranstalten, Messieurs«, brummte Nickelback, weil ihm die scheinbar elektrisch geladene Luft zwischen den beiden Männern nicht entgangen war. Er schob sich die mit einem fein ziselierten goldenen Rahmen gefassten Brillengläser zurecht, bevor er an ein Sideboard trat, auf der ein paar Karaffen und Flaschen neben glänzend polierten Gläsern standen.
Er füllte drei Gläser zwei Finger hoch mit bernsteinfarbener Flüssigkeit, nahm zwei davon und wandte sich seinen Gästen zu, die sich immer noch schweigend gegenüberstanden. Angesichts ihrer Mienen wunderte er sich fast, dass sie nicht die Fäuste ballten. Er unterdrückte ein Seufzen und reichte seinen Besuchern ihre Drinks, bevor er sein eigenes Glas nahm und sich wieder hinter dem Schreibtisch niederließ.
»Würden Sie bitte Platz nehmen, Gentlemen?«, fragte er, und der Aufforderung wurde zögerlich Folge geleistet. Dabei nahm Nickelback die argwöhnischen Seitenblicke wahr, die sich Lassiter und Desmond zuwarfen wie Ringer, die man mitten in einem Kampf unvermittelt voneinander getrennt hatte.
»Also …«, begann der Notar und dehnte das Wort wie einen langen Satz. »Sie wissen beide, warum Sie hier sind. Der Versorgungstreck, der morgen nach Westen aufbrechen soll, wird angesichts der neuen Lage am Red River eine nicht ungefährliche Unternehmung darstellen. Es hat offenbar wieder Übergriffe von Indianern gegeben, vermutlich sind die Komantschen dafür verantwortlich. Um zu gewährleisten, dass die Menschen und die Versorgungsgüter wohlbehalten in Borderline ankommen, braucht es Männer wie Sie. Und zwar Sie beide.«
Lassiter nickte gleichmütig. »Ich habe das Telegramm gelesen, Ben. Beunruhigend, dass der gerade geschlossene Frieden mit den Präriestämmen schon wieder brüchig wird. Sie haben mich angefordert, weil ich Quanah Parker einmal begegnet bin, aber das heißt nicht, dass ich mit einem kurzen Gespräch alles wieder ins Reine bringen kann. Offenbar weiß niemand, wer dort zuerst die Faust gehoben hat, Weiße oder Rote, Komantschen, Cheyenne oder Kiowa? Trotzdem bin ich natürlich bereit, den Treck zu führen.«
Er unterdrückte ein Lächeln, als er den wütenden Blick seines Nachbarn aus den Augenwinkeln bemerkte.
»Ich habe meinen Standpunkt vorhin bereits klargemacht, Mr. Nickelback«, stieß Sheriff Desmond hervor, mühsam um Beherrschung bemüht. Die Haare seines semmelblonden Schnurrbarts, der an den Mundwinkeln bis hinunter zum kantigen Kinn verlief, zitterten über den Lippen wie Gerste im Wind. »Es war vereinbart, dass ich den Treck anführe! Ich wurde als Sheriff für Borderline berufen und erhalte morgen den Stern des Marshals für die Region. Es gibt keinen Grund, mir jemand vor die Nase zu setzen, der …«
»Zügeln Sie sich bitte, Mr. Desmond«, fiel ihm der Notar ins Wort und hob mahnend die Hände. Sein scharfer Blick erreichte, was die Worte allein wohl nicht vermocht hätten: Der junge Sternträger schnaufte zwar wie eine Lok, die bei voller Fahrt in die Eisen ging, aber es gelang ihm immerhin, die Lippen zu schließen.
Nickelback sah abwechselnd seine beiden Besucher an und versuchte dabei, sie wortlos ins Gebet zu nehmen, bevor er fortfuhr.
»Für diese Unternehmung werden Sie beide gebraucht, meine Herren. Darüber sollten Sie sich möglichst bald bewusst werden. Hier sind keine Hahnenkämpfe gefragt, sondern Teamgeist. Ich werde kaum dazu in der Lage sein, Ihnen beizubringen, sich zu mögen. Aber wenn Sie – oder was viel wichtiger ist, die Menschen, die Ihnen ihr Leben anvertrauen – an Ihr Ziel gelangen wollen, müssen Sie sich zusammenraufen. Ich hoffe, dass Sie sich darüber bewusst sind.«
Lassiter und Desmond tauschten einen kurzen Blick aus verengten Augen aus, bevor sie sich wieder dem Notar zuwandten und fast gleichzeitig nickten, wenn auch mit sichtbarem Widerwillen.
»Na wunderbar«, seufzte Nickelback wenig überzeugt und beugte sich über die Papiere, die vor ihm lagen.
»Der Treck besteht aus einem guten Dutzend Planwagen und Lastkarren. Auf zwei Wagen sollten Sie besonders achten. Sie sind mit Waffen und Munition beladen, außerdem mit Medikamenten und Verbandszeug. Ansonsten werden eine Reihe von Gütern transportiert, die mir im Detail nicht bekannt sind. Genauere Informationen erhalten Sie von William Kennedy, der den Treck zusammengestellt hat und als Sprecher der Siedler fungiert. Er ist auch Ihr Ansprechpartner, wenn es Probleme gibt. Zwei Dutzend junge Rinder …«
»Wie bitte?«, fragte Lassiter. »Wir müssen uns auch noch um Vieh kümmern?«
Nickelback blinzelte. »Müssen Sie nicht, Lassiter. Vier Cowboys begleiten die Herde.«
»Gott sei Dank! Dann muss sich der feine Herr wenigstens nicht mit Tieren abgeben, bevor sie auf seinem Teller landen«, knurrte Desmond.
Der feine Herr? Lassiter setzte zu einer wütenden Antwort an, doch Nickelbacks mahnender Blick bewog ihn dazu, innezuhalten.
»Vierunddreißig Männer und Frauen, außerdem sechs Kinder zwischen acht und vierzehn Jahren werden mit Ihnen reisen, dabei handelt es sich um Familien von Siedlern und auch ein paar Angehörige der Einwohner von Borderline. Außerdem sind zwei Wagen mit sieben Damen dabei, die in der Stadt Ihrem Gewerbe nachgehen wollen.«
»Ihrem Gewerbe? Sie meinen …?«, fragte Desmond und hob neugierig die Augenbrauen.
Nickelback nickte und lächelte säuerlich. »Sie haben mich ganz richtig verstanden, Sheriff. Madame Poussard und ihre leichten Mädchen sind Prostituierte, die einen Sinn fürs Abenteuer haben. Der Inhaber des örtlichen Saloons, Mister …« Er sah kurz auf die Unterlagen vor sich, »Richard Havens wird sie in Empfang nehmen und hat für sie gebürgt.«
Lassiter registrierte die Information wortlos, verzog dabei aber leicht die Lippen. So sehr er attraktive weibliche Begleiterinnen schätzte, wusste er auch um das erhöhte Risiko, wenn es zu Begegnungen mit Indianern kam. Gerade bei Komantschen waren weiße Frauen als Squaws begehrt oder auch als Geiseln, die vermeintlich leicht zu kontrollieren waren.
»Die sechs Soldaten, die ich am Stall getroffen habe«, knurrte er. »Ist das etwa unsere gesamte Eskorte?«
Nickelback hob bedauernd die Hände, bevor er nickte. »Tut mir leid, Lassiter. Mehr Männer konnte Fort Sill offenbar nicht entbehren, aber es soll sich um hervorragende, kampferprobte Soldaten handeln. Meines Wissens hat auch Mr. Kennedy noch zwei bewaffnete Begleiter rekrutiert, aber das ist dann auch die Zahl an professioneller Unterstützung, mit der Sie auskommen müssen.«
Er beugte sich vor und sah die beiden Männer durchdringend an. »Ein Grund mehr, sich heute Abend zusammenzusetzen und die Hände zu reichen, meinen Sie nicht?«
Als sie das Büro des Advokaten verlassen hatten und gemeinsam aus dem Gebäude auf die Mainstreet von Wichita Falls traten, beschloss Lassiter, sich Nickelbacks Ratschlag zu Herzen zu nehmen. Er war der Ältere und stand damit wohl in der Pflicht, über seinen Schatten zu springen und den Anfang zu machen.
»Also, Desmond, der alte Ben hat wohl recht, meinen Sie nicht?«, brummte er. »Wie wäre es, wenn wir im Saloon noch ein Bier trinken und darüber reden, wie wir den Treck gemeinsam führen wollen?«
Desmond musterte ihn einen Moment lang. »Mr. Nickelback hat sich ziemlich vage ausgedrückt, was Ihre genaue Funktion angeht. Er hat etwas von einer Regierungsbehörde gemurmelt, und dabei wahnsinnig wichtig mit den Augen gerollt, als wären Sie direkt dem Präsidenten unterstellt.«
»Das stimmt so nicht ganz«, erwiderte Lassiter und verzog die Lippen. Wenn Nickelback den Sternträger nicht vollends aufgeklärt hatte, musste er davon ausgehen, dass es auch ihm nicht gestattet war, Desmond über die Brigade Sieben, eine streng geheime Gruppe, die im Auftrag des Justizministeriums arbeitete, in Kenntnis zu setzen. »Es tut mir leid, aber mehr als das, was Sie schon wissen, kann ich Ihnen auch nicht verraten.«
Desmond nickte, seine Miene verfinsterte sich. »Mir wurde klar gesagt, dass Sie der Boss sind. Also wüsste ich nicht, was wir weiter zu bereden hätten, Mr. Lassiter. Wünsche noch einen schönen Abend. Wir sehen uns morgen früh.«
Brüsk wandte er sich ab und stiefelte die Straße hinunter. Lassiter sah ihm einen Moment nach, bevor er achselzuckend die Mainstreet überquerte und durch die Schwingtüren des Sweety Mellow Saloons den Schankraum betrat.
☆
Gelbe Hand verengte die Augen, als er durch den dünnen Rauch des Lagerfeuers sah, wie die jungen Männer sich zwischen den Tipis am Rand des Dorfes zusammenrotteten. Ihre Stimmen waren gedämpft, doch die Sprache ihrer Körper verriet ihm, welcher Geist sich ihrer Herzen bemächtigt hatte.
Er richtete sich in einer fließenden Bewegung aus dem Schneidersitz auf und schaute kurz in das Zelt hinter sich. Seine Augen trafen auf die seiner Squaw, Zwei-Steine-im-Bach, die seinen Blick beunruhigt erwiderte. Ihre Tochter Sternlicht hatte das Gesicht im Schoß seiner Frau gebettet, während Zwei-Steine-im-Bach ihre Platzwunde an der Stirn versorgte.
Er reagierte auf die Frage in ihren großen, tiefbraunen Augen nur mit einem Kopfschütteln, bevor er am Feuer vorbei zu den jungen Kriegern ging.
»Was habt ihr vor, Falkenfeder?«, fragte er den hochgewachsenen Krieger, von dem er wusste, dass er nicht nur der Rädelsführer der jungen Männer des Stammes, sondern auch jemand war, der das Temperament eines hungrigen Pumas im Herzen trug.
Falkenfeder schob sein Kinn vor und trat einen Schritt auf den Häuptling des Dorfes zu. Dann noch einen, bis er die unsichtbare Grenze zur Respektverletzung erreicht hatte.
»Wir werden den Weißen endlich antworten!«, zischte er, die Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammengezogen. »Sie schießen feige aus der Dunkelheit auf unsere Frauen, als wäre niemals ein Pakt geschlossen worden. Es passiert immer wieder, doch dies war das letzte Mal, dass wir es mit gebeugtem Haupt hinnehmen und tun, als wäre nichts passiert.«
Gelbe Hand legte die Stirn in Falten, bevor er langsam nickte.
»Also nehmt ihr jetzt eure Messer und Bögen, bevor ihr über den Fluss geht. Und was wird dann passieren, Falkenfeder? Werdet ihr in die Stadt reiten, all die Weißen mit ihren Feuerwaffen dort töten wie schlafende Hunde, ihre Skalps erbeuten und eine Schlacht gewinnen, obwohl wir im letzten Sommer den Krieg verloren haben? Hast du einen Zauber beschworen, der euch unsichtbar und unverletzbar macht?«
Die jungen Krieger hinter ihrem Anführer wirkten wie versteinert, doch Gelbe Hand sah die Unsicherheit in ihren Augen. Das Feuer jugendlichen Zorns brannte schnell und hell, doch es verging so rasch wie aufloderndes Präriegras.
Falkenfeder dagegen war aus anderem Holz geschnitzt. Seine Eltern waren im letzten Frühjahr von den Weißen getötet worden, ebenso drei seiner Schwestern.
Und unzählige andere ihres Stammes, bevor die Waffen endlich geschwiegen hatten. Er wusste, dass der junge Krieger nach Rache dürstete und den Friedensschluss nur scheinbar hingenommen hatte.
»Quanah Parker hat uns versprochen, dass wir in Würde leben können, wenn wir das Kriegsbeil begraben«, knurrte Falkenfeder. Er hob die Faust mit dem Messer in den nächtlichen Himmel, bevor er zum Zelt von Gelbe Hand deutete. »Ist es das, was er damit meinte? Deine eigene Tochter ist verletzt worden, Gelbe Hand! Und du willst es hinnehmen, dass sie uns behandeln wie ängstliche Hasen! Sie lachen über uns, weil wir schweigen und uns ducken, anstatt wie stolze Krieger zu handeln.«
Gelbe Hand senkte für einen Moment den Blick, weil er seinem Gegenüber nicht zeigen wollte, wie ihn dessen Worte trafen.
Denn Falkenfeder sprach die Wahrheit. Der Angriff am Abend war nicht der erste gewesen seit dem Friedensschluss zum Wechsel der Jahreszeiten. Offenbar gab es einige Weiße drüben auf der anderen Seite des Flusses, die diesen Frieden genau so wenig willkommen hießen wie viele in seinem Stamm.
Ihm war zugetragen worden, dass ein paar Kiowas bereits wieder auf dem Kriegspfad befanden, vielleicht lag darin auch die Ursache für die Übergriffe der Weißen. Doch Gelbe Hand war weise genug, um zu erkennen, dass es nur ein paar der Bleichgesichter waren, die das Feuer des Krieges wieder anfachen wollten. Diese wenigen dort auf der anderen Seite des Flusses wollten sie, die Komantschen, soweit reizen, dass sie sich zu Dummheiten hinreißen ließen.
Als er aufblickte und in Falkenfeders lodernde Augen sah, wurde ihm bewusst, dass dieses Vorhaben durchaus Erfolg versprechend war.
Er starrte den jungen Krieger eine Weile schweigend an, bevor er die Hand hob und auf dessen Arme deutete.
»Sehe ich da dichtes Fell, Falkenfeder? Oder lange Krallen an der Stelle deiner Finger?«
Falkenfeder senkte unwillkürlich den Blick und musterte verständnislos seine haarlosen, muskulösen Unterarme. Die Männer hinter ihm traten vor und trugen fragende Mienen zur Schau.
Gelbe Hand fixierte einen von ihnen mit ernster Miene, einen untersetzten jungen Mann mit frühzeitig dünn werdendem Haar, großen, eng zusammenstehenden Augen und einer dicken, stumpfen Nase. »Taumelnder Bär, eine Frage an dich«, brummte er, und der Angesprochene blinzelte verunsichert.
»Was tut dein Totem, wenn es an den Honig gelangt?«
Der junge Krieger dachte einen Moment nach, bevor er antwortete.
»Er begegnet den Bienen.«
Der Häuptling nickte. »Und die Bienen, was tun sie?«
»Sie … sie stechen ihn?«
Gelbe Hand neigte den Kopf. »Einige tun das, denn alles hat seinen Preis. Was tut er dann, wenn er nicht unnötig leiden oder gar sterben will für ein kleines, süßes Mahl?«
Die jungen Krieger starrten ihren Häuptling an, manche stirnrunzelnd, andere mit einem schmalen Lächeln, als ihnen bewusst wurde, worauf Gelbe Hand hinauswollte. Die meisten von ihnen hatten schließlich selbst bereits Honig aus einem Bienenstock erbeutet.
»Ein Bär, der um sich schlägt, wird den Zorn eines ganzen Bienenvolks heraufbeschwören. Wenn er aber ein paar Stiche über sich ergehen lässt, kommt er mit seiner Beute und Schmerzen davon, die bald vergehen werden.«
Falkenfeder schnaubte, und Gelbe Hand erkannte, wie die Wut in dem jungen Krieger immer noch loderte, als würden sich in den markanten Gesichtszügen kleine Wesen unter der kupferfarbenen Haut hin und her bewegen. Doch er sagte kein Wort mehr, und der Häuptling spürte, dass er die Auseinandersetzung zu seinen Gunsten entschieden hatte.
»Ich werde mit den Weißen sprechen, und ich verspreche euch, dass diese Überfälle aufhören werden«, sagte er mit fester Stimme. »Aber es ist nicht an euch, das Kriegsbeil wieder auszugraben. Jetzt geht zurück in eure Tipis und kühlt euren Zorn. Überlasst es weiseren Männern, für euch zu sprechen.«
Sein Blick wurde hart und streng, und die Krieger gehorchten.
Er sah ihnen noch für eine Weile nach, bevor er sich in sein eigenes Tipi zurückzog.
In dieser Nacht fand er nur wenig Schlaf. Er wusste, dass er sein Versprechen einlösen musste. Doch ob es ihm gelingen würde, blieb eine Entscheidung der Götter.
☆
Er warf sie rücklings auf das Bett, und die Federn unter der Matratze stöhnten auf, während er sich den Mantel abstreifte, aus den Stiefeln stieg und sich dann auf sie stürzte, als wären sie sich gerade zum ersten Mal begegnet und hätten seit Monaten keinen Menschen des anderen Geschlechts getroffen.
Er hielt sich nicht damit auf, die Knöpfe an ihrem Männerhemd zu öffnen, sondern riss es ihr mit zwei kräftigen Bewegungen vom Leib. Sie trug keinen Büstenhalter, sodass seine großen Hände sofort auf zwei volle Brüste trafen, die er umfasste und lüstern knetete, während sie hastig die Knöpfe ihrer Denimhose löste und die Jeans über ihre Hüften hinab nach unten zog.
Breitbeinig kniete er über ihr, während sie nun mit fliegenden Fingern auch seine Hose öffnete. Als er merkte, dass sie Mühe hatte, das Leder über die gespreizten Beine zu ziehen, ließ er sich neben sie auf das Bett fallen und half ihr dabei.
Sie sprachen kein Wort, nur Keuchen und Grunzen begleiteten ihre hektischen Bewegungen.
Endlich hatte er sich seiner Beinkleider entledigt und sie griff sofort nach dem steinhart aufragenden Schaft. Mit festem Griff massierte sie ihn, während er eines seiner muskulösen Beine über ihre Oberschenkel legte und sie mit der Wade näher zu sich heranzog.
Er senkte sein bärtiges Gesicht auf ihr Dekolleté, öffnete die Lippen und umschloss damit ihre linke Brustwarze. Er saugte und lutschte daran, bis sie sich so hart aufrichtete wie sein erigierter Pint, der pulsierend von ihrer Faust umschlossen wurde.
Seine linke Hand umklammerte ihre rechte Brust und drückte zu, härter als nötig, sodass sie ein leichter Schmerz durchzuckte, der ihre Erregung nur noch steigerte.
Ihre Lippen öffneten sich zu einem lautlosen Schrei, und sie drückte zu, mit aller Kraft. Er stöhnte auf, ein Laut, der Schmerz und Lust in sich vereinte. Rasch bewegte sich ihre Hand auf und ab, sie wollte ihn aus der Reserve locken, dass er nicht mehr anders konnte, als ihren feuchten Schoß zu suchen.
Er packte ihre Hand, riss sie von sich fort, bevor er sich auf sie legte und sich mit angespannten Muskeln über ihr aufrichtete. Nun hielt er ihre beiden Handgelenke mit eisernem Griff umklammert und drückte sie auf die Matratze hinunter, links und rechts von ihrem Gesicht, das von der rotbraunen Löwenmähne umflossen wurde.
Sie spreizte ihre Schenkel und schloss die Augen, wehrlos seiner ungestümen Kraft ausgesetzt. Ein sanftes Kitzeln zwischen ihren Beinen, dann stieß er unvermittelt in ihren feuchten Schoß.
Sie schrie vor Lust, entriss sich seinem Griff und krallte ihre Hände in seinen behaarten Rücken. Ihre Fingernägel, obwohl kurz geschnitten, hinterließen blutige Bahnen auf seinen Schulterblättern, während er sich ungestüm in ihr auf und ab bewegte.
Er knurrte und stöhnte, und als sie ihre Hände auf seine Hinterbacken legte, um ihn noch tiefer in sich hineinzuzwingen, waren die Muskeln unter der Haut so hart wie Stein.
Als sie sich selbst schreien hörte, klang ihre eigene Stimme fremd und animalisch. Doch es war genau dieser Klang, der ihre Erregung zur Ekstase steigerte, die Lust in etwas verwandelte, was jenseits ihres Bewusstseins die Kontrolle übernahm und sie mit sich fortriss.
Dann die Explosion. Fast gleichzeitig spürten sie beide, wie sie über sie hinwegfegte wie ein Orkan. Die Herzen setzten aus, die mit Luft gefüllten Lungen hielten inne, und sekundenlang fühlte es sich an, als würde alles Leben aus ihren Körpern entweichen, bis …
Ein langgezogener Laut entrang sich Emilys Brust, und jeder Muskel ihres Körpers gab gleichzeitig klein bei. Es fühlte sich an wie die Ahnung des Todes, und es war herrlich.
Redneck verdrehte über ihr kurz die Augen, sodass nur das Weiße in ihnen zu sehen war, bevor er die Lider schloss und schlaff mit seinem ganzen Gewicht auf ihr niedersank.
Sie stöhnte auf, bevor sie ihn an der Schulter packte und von sich schob. Grunzend drehte er sich neben ihr auf den Rücken und strich geistesabwesend mit der linken Hand über ihre vollen Brüste, die vor Schweiß glänzten.
Ihre immer noch harten Knospen reagierten darauf nun auf andere Art empfindlich, weshalb sie seine Hand entschlossen und bar von Zärtlichkeit wegschlug.
Er brummte missmutig und erhob sich. Halb hob sie die Lider und sah, wie er nach seinem Hemd griff. Schweiß glänzte perlend auf dem feinen dunklen Haar seines Rückens.
»Hey, bist du beleidigt, Großer?«, murmelte sie. »Du kennst mich doch: Eine Katze mag nach dem Orgasmus ihre Ruhe.«
Redneck streifte sich das Hemd über und stand auf, bevor er ihr über die Schulter hinweg ein Grinsen zuwarf. »Kein Problem, Süße. Ich hab bloß noch eine Verabredung.«
Er langte nach der Hose, die unter dem Fußende des Bettes am Boden lag, und stieg steifbeinig hinein. Als er sie sich über die Beine zog, hatte er Mühe damit, sein immer noch in Habachtstellung befindliches Geschlecht zu verstauen.
Emily lächelte träge, während ihr Geliebter in seine Stiefel stieg. Dann legte sich allmählich ihre Stirn in Falten.
»Eine Verabredung? Es ist mitten in der Nacht! Mit wem zur Hölle willst du dich jetzt noch treffen?«
Redneck schloss den Revolvergurt und zog sich seinen Mantel über, bevor er nach der Biberfellmütze auf dem Tisch griff und sie sich auf den Schädel stülpte. Das dunkelrote Haar fiel ihm in dichten Strähnen über die Augen, und er strich sie sich aus dem Gesicht.
»Mit Tolliver. Keine Ahnung, was dein Bruder will, aber er hat mir gesagt, es sei wichtig.«
Emilys Augen verengten sich argwöhnisch. »Verheimlichst du mir etwas, Jack?«
Er hob die Hände und schüttelte den Kopf. »Ich schwöre dir, ich habe keinen Schimmer. Wenn es wichtig ist, wirst du davon erfahren.«
»Das will ich euch beiden auch geraten haben«, entgegnete Emily und griff nach der Bettdecke, um ihren nackten Körper zu bedecken.
Als sich die Tür hinter Redneck geschlossen hatte, starrte Emily aus dem Fenster, das dem Bett gegenüberlag, nachdenklich hinaus in die nachtschwarze Dunkelheit.
Schon seit längerem hatte sie den Verdacht, dass ihr Bruder Tolliver Jack für seine eigenen dunklen Geschäfte benutzte, aus denen er ihr gegenüber zunehmend mehr ein Geheimnis machte. Sie wusste, dass Tolliver mit den Kiowa Geschäfte machte, die oben im Nordwesten ihr Reservat hatten – einen halben Tagesritt von Borderline entfernt und auf dem Gebiet des Bundesstaates Texas. Im Gegensatz zum Reservat der Komantschen am anderen Ufer des Red River, das zum Staat Oklahoma gehörte.
Ihr Bruder hasste die Rothäute nicht weniger als Emily, und dabei war beiden egal, welchem Stamm sie angehörten. Tolliver verfolgte aber eine andere Strategie, um die Indianer zu bekämpfen: Er beutete sie aus, ohne dass sie es bemerkten.
Ihr Bruder gab sich den Anschein des ehrlichen Händlers. Dabei lieferte er den Rothäuten nur Müll: veraltete Waffen, billig hergestellten Alkohol, der zu Blindheit, Wahnsinn oder gar dem Tod führen konnte, verschimmeltes Getreide, das er von Gott-weiß-woher bekam. Dafür erhielt er Fleisch, Lederwaren und manchmal auch zugerittene Mustangs.
Emily war dieses Paktieren mit den Indianern zuwider, und sie fand die schmierige Art ihres Bruders zunehmend abstoßender. Sie wusste, dass ihr Vater das nicht gutgeheißen hätte – die Roten waren Feinde, die es zu bekämpfen galt. Aber mit offenem Visier, nicht auf diese perfide Art, die ihr Bruder bevorzugte.
Das hatte dazu geführt, dass sie Tolliver seit Wochen aus dem Weg ging. Und nun musste sie feststellen, dass ihr Bruder ihren Geliebten in seine dreckigen Geschäfte hineinzog.
Es gab Gerüchte in der Stadt. Von einem geheimen Ort irgendwo in der Prärie, den die Männer von Borderline aufsuchten, wenn die Begierde ihnen keine Wahl mehr ließ.
Die Frauen sprachen hinter vorgehaltener Hand und mit gesenkter Stimme davon, wenn sie am Morgen ihre Einkäufe tätigten. Emily hatte diese Gespräche belauscht, und als sie merkte, wie sie verstummten, nachdem man sich ihrer Anwesenheit bewusst geworden war, hatte sie verstanden, dass Tolliver dahinterstecken musste.
Sie schüttelte den Kopf. Was auch immer ihr Bruder trieb – sie würde es nicht zulassen, dass er Jack dabei zum Komplizen machte.
☆
Der Ortsausgang von Wichita Falls war von regem Treiben erfüllt, obwohl sich die Sonne gerade erst hinter dem Horizont erhob.
Jenseits einiger Pferde-Corrals erstreckte sich ein brachliegender Acker, der von ein paar dürren Bäumen und niedrigem Buschwerk umsäumt und fast zur Gänze mit Planwagen, Pferden, Maultieren und aufgeregt hin und her rennenden Menschen eingenommen wurde. Vor den Corrals herrschte aufgeregtes Gedränge, weil dort die Siedler ungeduldig darauf warteten, dass man ihnen ihre Reit- und Zugtiere zuführte.
Lassiter entdeckte Steve Desmond vor einem abgedeckten Brunnen. Der junge Ordnungshüter beugte sich über ein ausgebreitetes Pergament, vermutlich eine Landkarte, und diskutierte dabei angeregt mit einem untersetzten Burschen in mittleren Jahren, der einen altmodischen senffarbenen Hut mit kegelförmiger Spitze trug.
Gemächlich trat der Mann der Brigade Sieben zu ihnen und bemühte sich um eine freundliche Miene. »Wünsche einen guten Morgen, Gentlemen«, brummte er, und die beiden Männer schauten auf.
Desmond verzog leicht die Lippen, rang sich aber immerhin ein Kopfnicken ab. »Das ist Lassiter, William«, sagte er zu dem untersetzten Mann an seiner Seite. »Lassiter, William Kennedy, der Organisator des Trecks.«
Die Männer schüttelten sich die Hände. Kennedy hatte einen festen Griff und offene, freundlich blitzende braune Augen. »Freut mich, Sir«, sagte er und lächelte breit. »Offenbar scheinen wichtige Leute die Gefahr, die neuerdings wieder von den Indianern ausgehen soll, ernst zu nehmen. Nun, ich bin für jeden fähigen Mann dankbar, der für unsere Sicherheit sorgen will.«
»Wenn sich die Sorgen als unbegründet erweisen, wird wohl keiner von uns darüber traurig sein, Mr. Kennedy«, erwiderte Lassiter lakonisch. »Doch es ist besser, etwas zu viel Vorsicht walten zu lassen als zu wenig.« Er deutete auf die Karte, die auf den Brettern über der Brunnenöffnung lag. »Sie haben unsere Reiseroute gerade in Augenschein genommen?«
»Richtig.« Kennedy wandte sich zur Seite und breitete auffordernd die Hände aus. Lassiter trat näher heran und sah auf die Karte hinab.
»Wir werden uns im Wesentlichen westwärts am Red River entlang bewegen, in Richtung der Quellflüsse an der Grenze zu New Mexico. Das Flussbett des Red River sieht ein bisschen so aus wie der Kurs eines Mannes, der auf dem Weg nach Hause ist und vorher ein Dutzend Whiskey zuviel hatte.«
Lassiter registrierte die ausgedehnten Kurven und Schleifen auf der Karte und hob die Mundwinkel zur Andeutung eines Schmunzelns.
»Deshalb werden wir nicht stringent dem Flussufer folgen, sondern der untergehenden Sonne folgen. Es gibt über weite Strecken noch keine ausgebauten Straßen, sondern nur Prärie und Wiesen mit kniehohem Schilfgras, spröde und mit scharfen Halmen. Unangenehm für die Pferde, und ebenso für uns, weil wir dort nur langsam vorankommen werden.«
Kennedy deutet mit dem Finger auf ein Kreuz ganz in der Nähe zur Staatsgrenze von New Mexiko, in dem sich die zahlreichen Quellflüsse zum Red River vereinigten. »Borderline liegt genau hier.«
Lassiter runzelte die Stirn. »Wir dürften wohl zwei Tage für die Strecke benötigen.«
Kennedy nickte. »Wenn alles glatt läuft.« Sein Finger wanderte über die Karte und umkreiste ein Gebiet, das dem Kreuz gegenüberlag und mit einer gestrichelten Linie umrissen war. »Das Reservat der Komantschen auf der anderen Flussseite. Wir werden vermutlich bei Sonnenuntergang an deren Ostgrenze eintreffen.«
Lassiter strich sich über die Bartstoppeln. Es war nicht unbedingt wünschenswert, ihr Nachtlager direkt in Nachbarschaft der Komantschen aufschlagen zu müssen. Doch nach Lage der Dinge ließ sich das nicht vermeiden, wenn sie die Reise binnen zweier Tagen bewältigen wollten. »Okay«, brummte er und wandte sich an Steve Desmond. »Sher …« Er hielt inne, als er den glänzenden Stern an der Brust von Desmond bemerkte. »Verzeihung, Marshal Desmond …« Er unterdrückte ein Grinsen. »Haben Sie bereits mit den Soldaten gesprochen?«
»Yep«, gab Desmond knapp zur Antwort, hob die Hand und deutete auf die Uniformierten, die sich um zwei Planwagen am Rand des Ackers gescharrt hatten, deren rostrote Planen sie deutlich von den anderen Fuhrwerken unterschieden. »Captain Barley hält es für das Beste, wenn er und seine Männer die Wagen mit der Munition und den Medikamenten eskortieren.«
Lassiter legte die Stirn in Falten. Hatte Nickelback nicht von kampferprobten Männern gesprochen?
»Damit meint er wohl die beiden Wagen mit der schreienden Verkleidung? Vielleicht sollte man sie noch beschriften oder mit großen Gewehren bemalen?«
Er wandte sich an Kennedy. »Können Sie auf die Schnelle ein paar unauffälligere Planen besorgen, Sir?«
Kennedy wackelte mit dem Kopf, bevor er nickte. »Ich denke, das lässt sich machen.«
»Gut. Dann tun Sie das.« Er klopfte Desmond auf die Schulter. »Folgen Sie mir bitte, Marshal.«
Gemeinsam mit dem Sternträger bahnte er sich seinen Weg durch die Reihen der Wagen. Dabei fiel sein Blick auf ein Fuhrwerk links von ihm, vor dem drei junge Mädchen mit offenherzigen Kleidern in farbenfrohen Stoffen unschlüssig herumstanden, während stämmige Burschen Gepäckstücke auf die Ladefläche wuchteten.
Als die beiden Männer an den Mädchen vorüber stiefelten, warfen sie ihnen interessierte Blicke zu und klimperten mit den Wimpern. Lassiter tippte sich lächelnd an die Hutkrempe, und die jungen Frauen kicherten, bevor sie die Köpfe zusammensteckten und zu tuscheln begannen.
Desmond grinste schief. »Madame Poussards Taubenschlag. Ziemliche Schönheiten – eigentlich hatte ich eher Frauen erwartet, deren horizontale Karriere dem Ende zugeht. Welcher Teufel mag sie reiten, dass sie sich auf ein derartiges Himmelfahrtskommando einlassen, nur um in einer Barackensiedlung am Ende der Zivilisation zu landen?«
»Möglicherweise derselbe, der Ihnen auf den Schultern sitzt, Marshal«, erwiderte Lassiter. »Die Lust am Abenteuer, der Wunsch, etwas Neues zu erleben, Grenzen zu überschreiten.«
»Wenn Sie mich für einen Glücksritter halten, liegen Sie falsch, Mister.« Desmond schüttelte den Kopf. »Der Stern an meiner Brust wurde mir praktisch in die Wiege gelegt. Mein Dad war Sheriff, genau wie Grandpa. Es ist Familientradition bei den Desmonds, das Gesetz zu verteidigen. Natürlich hätte ich das auch weiterhin hier in Wichita Falls tun können, doch ich hatte das Gefühl, dort im Westen dringender gebraucht zu werden.«
Und ein Marshalstern leuchtet etwas heller an der Weste, was sich auch in der Geldbörse niederschlägt, dachte Lassiter, ohne diesen Gedanken laut auszusprechen. Da sich das Verhältnis zu dem jungen Burschen gerade zu entspannen schien, wollte er dieses zarte Pflänzchen nicht sofort wieder zertreten.
Er war sich noch nicht im Klaren darüber, wie er Steve Desmond einschätzen sollte, doch es bestand kein Zweifel daran, dass sie sich in den kommenden Tagen aufeinander verlassen mussten.
»Captain Barley?«
Der Angesprochene, ein hoch aufgeschossener Bursche mit früh ergrautem, welligen Haar und blasiertem Gesichtsausdruck, hockte auf einer Futterkiste und sog an einem Zigarillo. Er blies gemächlich den Rauch in den Himmel, bevor er Lassiter aus verengten Augen musterte.
»Und Sie sind?«
»Lassiter«, antwortete Desmond statt seiner. »Er leitet wie gesagt den Treck.«
»Ach ja.« Barley erhob sich, warf den Glimmstängel zu Boden und reichte Lassiter die Hand. »Nun, Sir, wie ich Mr. Desmond bereits erläutert habe, sind wir dazu abgestellt worden, diese beiden Fuhrwerke sicher nach Borderline zu geleiten. Die Ladung besteht aus modernen Gewehren und passender Munition, außerdem dringend benötigten Medikamenten für die Siedlung, die wir sozusagen als zivilen Außenposten des weißen Mannes betrachten.«
Er grinste selbstgefällig, und Lassiter beschloss, den Captain nicht zu mögen. Seine freundliche Miene verriet allerdings nichts über seine Gefühle.
»Mr. Barley«, entgegnete er gedehnt und schob sich den Hut in den Nacken. »Ich habe angeordnet, dass die Planen ihrer beiden Fuhrwerke durch etwas dezenteren Stoff ersetzt werden. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, hätte ich diese Maßnahme eigentlich von Ihnen erwartet. Oder glauben Sie nicht, dass sich Indianer, wenn sie uns beobachten und überfallen wollen, als erstes für diese Wagen interessieren würden?«
Der Offizier sah sich unwillkürlich zu den beiden Fuhrwerken um, und sein Lächeln büßte gehörig an Strahlkraft ein. »Well, ich denke, da könnten Sie …«
»Außerdem werden Sie Ihre Kutschen auf unserer Reise in keinem Fall umkreisen wie hungrige Füchse einen Hühnerstall«, unterbrach ihn Lassiter. »Es sei denn, Sie möchten unsere Gegner mit Ihren Uniformen auf die bedeutsame Ladung der Fuhrwerke hinweisen. Und das liegt doch wohl kaum in Ihrer Absicht, oder?«
Barley knirschte mit den Zähnen. Aus den Augenwinkeln nahm Lassiter wahr, wie die dem Captain unterstellten Soldaten alle Mühe hatten, ihre Häme nicht zu zeigen.
Das war kein gutes Zeichen. Barley schien nicht nur unfähig, sondern auch unbeliebt bei seinen Männern zu sein. Gut möglich, dass die einfachen Soldaten ähnliche Bedenken gehabt und vielleicht gar geäußert hatten, ohne dabei bei ihrem Anführer auf offene Ohren gestoßen zu sein.
Ihm lagen noch ein paar weitere Sätze auf der Zunge, doch Lassiter wollte die Autorität von Barley nicht weiter untergraben. Er war auf ihn und seine Männer angewiesen.
»Ich möchte Sie bitten, mit zwei Ihrer Männer die Spitze des Trecks zu bilden«, sagte er daher mit sachlicher Miene. »Die anderen vier sollten uns den Rücken freihalten und deshalb das Ende des Trecks bilden, einen Steinwurf Abstand zu der Rinderherde haltend. Einverstanden?«
Barley salutierte mit verkniffener Miene. »Geht in Ordnung, Sir!«
Als sie kehrtgemacht und ein Dutzend Schritte zwischen sich und die Soldaten gebracht hatten, pfiff Desmond leise durch die Zähne. »Meine Güte, Lassiter. Dem haben Sie’s aber ganz gehörig gegeben. War das klug, oder können Sie nicht anders?«
»Es ließ sich nicht ändern«, gab Lassiter zurück. »Durch Barleys Gedankenlosigkeit verlieren wir wertvolle Zeit. Wenn ihm das bewusst geworden ist, strengt er sich vielleicht ab sofort etwas mehr an.«
Es verging noch fast eine Stunde, bis der Treck endlich bereit war zum Aufbruch. Lassiter lenkte sein Pferd die kleine Anhöhe hinauf, über die die Poststraße nach Westen führte, eine sandige Piste, die, wie er von Kennedy wusste, schon nach etwa zwanzig Meilen gen Süden abbog. In ihrer Richtung gab es dann nur noch das staubige Niemandsland der Prärie.
Er hob die Hand, und die Männer und Frauen auf den Kutschböcken, flankiert von unzähligen Reitern, nahmen die Zügel in die Hände.
Langsam setzte sich der Zug der Siedler in Bewegung, einem ungewissen Schicksal entgegen.
☆
Der Treck bildete mit seinen sechsundzwanzig Wagen und fast doppelt so vielen Reitern und Lasttieren, dazu der kleinen Rinderherde, einen sich träge fortbewegenden Bandwurm von rund einer viertel Meile Länge.
Captain Barlow ritt wie von Lassiter befohlen mit zwei seiner Soldaten voran, dahinter folgte Kennedy mit seinen Männern. Das erste Dutzend Kutschen war leicht beladen, in der Mitte befanden sich die jetzt unauffällig geplanten Armeewagen und die Lasttiere, hinter denen Steve Desmond und Lassiter ritten, wobei sie in regelmäßigen Abständen aus dem Tross ausscherten und an den Flanken des Trecks auf und ab ritten, um wachsam Ausschau zu halten und Kutscher oder Reiter zu ermahnen, die zu schnell oder zu langsam vorankamen.
Das Ende des Zuges führten die schweren Fuhrwerke an, die Eisenwaren, Holzfässer mit eingelegtem Gemüse, Alkohol, Mobiliar und Bohlen aus Hartholz mit sich führten, gefolgt von der kleinen Rinderherde, die von einem Quartett junger Cowboys in Schach gehalten wurde.
Ganz am Ende hielten vier Soldaten einen Steinwurf Abstand von der Herde, deren Hufe ihnen, vom Westwind unterstützt, dennoch den Staub in dichten Wogen in die Gesichter bliesen, und trabten mit missmutigen Mienen, die Gewehre schussbereit quer über den Sätteln liegend, dem Treck hinterher, die verengten Blicke aufmerksam in alle Richtungen wandernd.
Anfangs säumte noch gut mannshohes Buschwerk die Piste, doch nach ein paar Meilen wurde die Vegetation stetig karger, und im Norden bot sich in freier Sicht das flache, aber breite Bett des Red River dar. Wie eine bronzefarbene Schlange ringelte sich der Fluss dem Horizont entgegen, und die Wasseroberfläche glänzte im Sonnenlicht.
»Was grinst du so blöd, Gary?«, knurrte Captain Barley, denn er hatte die stille Amüsiertheit seines Adjutanten wohl bemerkt.
»Sorry, Sir«, beeilte sich Gary Taylor zu antworten. »Ich musste nur gerade an etwas Lustiges denken … nicht wichtig.«
Barley wandte sich im Sattel um. Kennedy und seine Männer hatten sich zurückfallen lassen und waren außer Hörweite. Er warf erst Taylor, dann Asher Cassidy, dem Soldaten, der links von ihm ritt, scharfe Blicke zu.
»Sprecht euch ruhig aus. Oder wollt Ihr mit Burton und Conway die Plätze tauschen und hinter der Herde reiten?«
Gary Taylors Augen weiteten sich für einen Moment, bevor er die Hand hob. »Sie wissen doch, dass wir ohne jede Einschränkung hinter Ihnen stehen, Sir«, versicherte er.
Asher Cassidy nickte eifrig. »Dieser Klugscheißer Lassiter wollte sich nur wichtigmachen, so sehe ich das.«
»Die Planwagen wurden nicht ohne Grund mit roter Plane ausgestattet«, bemerkte Taylor und hob dabei schulmeisterlich den Finger. »Die Armee hat sich etwas dabei gedacht. So werden sie in der Prärie leichter gefunden.«
»Und schließlich sind wir vor allem dazu abkommandiert worden, die Armeebestände zu schützen«, ergänzte Cassidy. »Und nicht ein paar Huren, Rindviecher und minderbemittelte Bauern aus Oklahoma.«
»Schnauze, Cassidy«, knurrte Barley, obwohl er froh war über die Solidarität, die ihm wenigstens von diesen beiden treuen Soldaten entgegengebracht wurde. »Lass das nicht die Leute hören, die hinter uns reiten.«
Cassidy rollte mit den Augen und lachte leise. »Die meisten können doch noch nicht mal mit ihrem Namen unterschreiben, Sir. Ich habe eine Menge Kreuze gesehen auf der Liste heute Morgen.«
Dumpfer Hufschlag, deren schneller Rhythmus verriet, dass sich ihnen jemand im Galopp von hinten näherte, ließ die drei Soldaten ihre Köpfe wenden.
Lassiter zügelte seinen braunen Wallach neben den Tieren der Uniformierten und schaute zu Barley hinüber. »Alles in Ordnung bei Ihnen, Captain?«, fragte er.
Barley zuckte wortlos die Achseln.
»Dann wäre es gut, wenn Sie das Tempo etwas steigern könnten.« Lassiter sah sich zu dem Treck um und winkte Kennedy zu. »Wir sind weit unter Plan, Sir. Wenn Ihre Pferde also noch nicht allzu erschöpft sind, würde ich um leichten Trab bitten.«
»Aber sicher doch, Lassiter. Kein Problem«, knurrte Barley und leckte sich dabei über die schmalen Lippen.
Die Männer starrten sich für ein paar Sekunden in die Augen, bevor Lassiter sein Pferd wendete und am Straßenrand zurückritt.
Barley drehte sich im Sattel um und sah ihm nach. Dabei trafen seine Blicke auf Kennedys argwöhnische Augen, und er grinste schmal, bevor er seinem Pferd die Hacken in die Flanken stieß.
»Ihr habt es gehört, Gentlemen«, brummte er. »Voran, immer voran!«
»Hallooo, Sir! Auf ein Wort!«
Die dunkelhäutige Frau auf dem Kutschbock hob ihre fleischige Hand, und Lassiter zügelte sein Pferd. Schnaubend kam der Wallach zum Stehen, und der Mann der Brigade Sieben hob fragend die Augenbrauen. »Was kann ich für Sie tun, Ma’am?«
Sie setzte ein verbindliches Lächeln auf und legte die Hand auf ihr ausladendes Dekolleté. »Mein Name ist Madame Poussard, Monsieur«, gurrte sie. »Und da wir uns gerade mit schneckengleicher Geschwindigkeit durch diese einschläfernde Landschaft bewegen, kam mir der Gedanke, ob eine kurze Rast nicht möglich wäre. Es macht wohl keinen allzu großen Unterschied, für ein paar Minuten gänzlich stehenzubleiben.«
Lassiter runzelte die Stirn. »Um ehrlich zu sein, habe ich gerade darauf gedrungen, dass wir ein wenig schneller vorankommen, Madame«, entgegnete er.
»Das ist zwar sehr erfreulich«, seufzte Madame Poussard und erhob sich leicht von ihrem Kutschbock. Lassiter sah erst jetzt, dass sich unter dem voluminösen Hintern der Dame ein dickes, rosafarbenes Satinkissen befand. »Allerdings haben einige meiner Begleiterinnen ein dringendes Bedürfnis zu verrichten, und da wir in Kürze die offene Prärie erreichen, wäre unser derzeitiger Standort«, sie deutete auf das niedrige Buschwerk am Straßenrand, »Vielleicht die letzte Möglichkeit, ihren menschlichen Bedürfnissen auf diskrete Art nachzukommen.«
Lassiter schob seinen Stetson in den Nacken und kratzte sich am Kopf, bevor er schließlich nickte.
»Also gut«, brummte er, erhob seine Stimme und brüllte: »Stopp! Zehn Minuten Rastzeit!« Er sah Desmond, der hundert Yards weiter hinten zu ihm herüberblickte und wedelte mit der Hand.
Der Marshal nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, und kurz darauf wurde die Nachricht bis zum Ende des Trecks weitergegeben.
Lassiter warf Madame Poussard einen mahnenden Blick zu, doch als drei liebreizende Gesichter hinter der Frau auftauchten und ihn anlächelten, wurden seine Züge binnen eines Augenblicks weicher. Dabei fiel ihm ein Mädchen besonders auf – ihre Augenfarbe changierte zwischen Grün und Gold, und sie lächelte ihn an wie eine Katze ihre sichere Beute.
»Jetzt aber hopp, Mädels«, knurrte er. »Wir haben noch einige Meilen vor uns, und die Sonne wartet nicht.«
Während die jungen Damen lachend hinten aus der Kutsche sprangen und sich in die Büsche schlugen, stützte Madame Poussard ihr Kinn auf die gefalteten Hände und musterte Lassiter unverwandt.
»Lassiter … Ich glaube, Ihren Namen zu kennen, Mister«, sagte sie.
»Nun ja, Ma’am, schätze, ich bin nicht der Einzige in diesem weiten Land, der so heißt«, entgegnete er.
Sie nickte. »Aber der Einzige, der so aussieht wie Sie und angeheuert wird, um einen Treck anzuführen«, murmelte sie und musterte ihn von Kopf bis Fuß.
Während er dem forschenden Blick der voluminösen Dame begegnete, dachte Lassiter darüber nach, ob er der Dame schon einmal begegnet war. Doch er kam zu keinem Ergebnis.
»Sie müssen mich wohl verwechseln, Madam«, sagte er und nickte ihr zu. »Treiben Sie die Mädchen zur Eile an. Wir müssen uns sputen, wenn wir im Plan bleiben wollen.«