Lassiter Sammelband 1839 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1839 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2398, 2399 und 2400.
Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!

2398: Cormans teuflischer Plan
Draußen vor der Tür erklangen Schritte. Es hörte sich an, als schliche jemand auf Zehenspitzen über den Korridor der Hoteletage. Lassiter schlug die Augen auf und lauschte angespannt. Die Geräusche vom Flur verstummten. Jemand hatte vor seiner Tür Halt gemacht. Lassiter langte nach seinem Revolver, der schussbereit neben der Bibel auf dem Nachttisch lag. Ganz leise stemmte er sich aus dem Bett. Auf dem Gang knarrte eine lose Diele. Barfuß tappte Lassiter zur Tür.

2399: Willkommen in Eden
Mit leerem Blick stolperte die Frau über die Wiese der Farm entgegen. Ihr Kleid war an der linken Schulter aufgerissen, der lange Rock bremste ihre Bewegungen, und die Haare, denen man noch ansah, dass sie mit großer Sorgfalt frisiert worden waren, hingen ihr wie ein ramponiertes Blumengeflecht um den Kopf. Thomas warf die Sense beiseite und rannte ihr entgegen. Es gelang ihm gerade eben, sie aufzufangen. "Ma'am?", fragte er, während er sich Mühe gab, ihren schlanken Körper aufrecht zu halten.

2400: Die Dunkle Brigade
Dunkelheit senkte sich über Washington. Charles D. Matthews war spät dran und lenkte seinen Einspänner hektisch über die East Capitol Avenue. Er konnte bereits die Zinnen der Kongress-Bibliothek erkennen, würde aber noch einige Minuten benötigen, um das Konferenzzimmer der Brigade Sieben zu erreichen. Als Vater von zwei Kindern war es nicht immer leicht, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, doch die Dringlichkeit der Sitzung hatte Matthews keine Wahl gelassen, als sein Heim zu verlassen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 408

Veröffentlichungsjahr: 2022

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BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben

Für die Originalausgaben:

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covermotiv: © Boada/Norma

ISBN 978-3-7517-2990-1

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Lassiter Sammelband 1839

Cover

Impressum

Inhalt

Lassiter 2398

Cormans teuflischer Plan

Lassiter 2399

Willkommen in Eden

Lassiter 2400

Die Dunkle Brigade

Karte Washington D.C.

Guide

Start Reading

Contents

Cormans teuflischer Plan

Draußen vor der Tür erklangen Schritte. Es hörte sich an, als schliche jemand auf Zehenspitzen über den Korridor der Hoteletage.

Lassiter schlug die Augen auf und lauschte angespannt. Die Geräusche vom Flur verstummten. Jemand hatte vor seiner Tür Halt gemacht. Lassiter langte nach seinem Revolver, der schussbereit neben der Bibel auf dem Nachttisch lag. Ganz leise stemmte er sich aus dem Bett.

Auf dem Gang knarrte eine lose Diele.

Barfuß tappte Lassiter zur Tür. Den Colt im Hüftanschlag, horchte er nach draußen. Er glaubte den unterdrückten Atem eines Menschen zu hören.

Die Pistole lag in der linken Hand eines rothaarigen Mädchens von Anfang zwanzig.

Sie trug eine abgewetzte Nietenhose und eine erdbraune Jacke mit Fransen an den Ärmeln. Ihr Zeigefinger krümmte sich um den Abzug der Waffe. Der Lauf des Derringers zielte auf Lassiters Bauch.

Er hielt seinen Revolver etwas höher. »Kann ich Ihnen helfen, Miss?«, fragte er.

In den grünlichen Augen der jungen Frau funkelte es unstet. »Oh, Verzeihung, mein Herr«, sagte sie mit texanischem Akzent. »Sieht so aus, als hätte ich mich in der Tür geirrt.« Sie lächelte dünn.

Lassiter blieb wachsam. »Zu wem wollten Sie denn?«, wollte er wissen.

»Tom Corman«, sagte sie knapp.

»Einen Tom Corman gibt es im Flint House nicht«, erklärte er. »Wahrscheinlich sind Sie im falschen Hotel, Miss.«

Die Texanerin blickte den Gang entlang. Neben dem Zimmer, in dem der Mann von der Brigade Sieben logierte, gab es noch drei weitere Unterkünfte. In einem Zimmer wohnte ein Vertreter aus St. Louis, in dem anderen zwei Girls aus Virginia, die in Charley’s Palace einen Job als Animiermädchen ergattert hatten. Das dritte Zimmer hatte ein reiselustiges Ehepaar aus New York in Beschlag genommen.

Lassiter ließ seinen Colt sinken. »Nehmen Sie bei Ihren Besuchen immer eine Waffe mit?«, fragte er.

»Nein, nicht immer«, sagte sie. »Nur dann, wenn ich um mein Leben fürchten muss.«

Er nickte. »Wer ist Tom Corman? Ihr Bräutigam?«

»Gott bewahre, Tom ist mein Bruder.« Ihre Miene verhärtete sich. »Hab noch ein Hühnchen mit dem Raffzahn zu rupfen.«

»Mit dem Schießeisen?«

Sie atmete tief durch. »Wenn Tom Whiskey getrunken hat, ist er zu Dingen fähig, die jede Vorstellungskraft übersteigen.«

»Und trotzdem suchen Sie seine Gesellschaft?«

Die Texanerin schwieg einen Augenblick, dann sagte sie: »Tom hat etwas, das mir gehört. Ich möchte es zurück, so schnell wie möglich.«

Von draußen drang das Wiehern eines Pferdes an Lassiters Ohren. Die junge Frau warf einen Blick durch das mannshohe Vorderfenster im menschenleeren Foyer. Dann richtete sie ihre Augen auf den halb angezogenen Mann mit dem großen Remington-Revolver. Der Anblick amüsierte sie, und über ihre Lippen glitt ein mattes Lächeln.

»Tut mir leid, dass ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet habe, Mister«, sagte sie. »Will hoffen, Sie nehmen mir meinen morgendlichen Überfall nicht allzu krumm.«

Er sah sie an und fand Gefallen an ihr. Mit ihrem rotblonden Haar, dem fein gezeichneten Mund und den großen, ausdrucksvollen Augen erinnerte sie ihn an die berühmte Theaterschauspielerin Lotta Crabtree, mit der er in Virginia City einige höchst vergnügliche Stunden erlebt hatte. In einem hübschen Kleid sähe die Rotblonde bestimmt zum Anbeißen aus.

Lassiter hatte Feuer gefangen. Er entschied, die Bekanntschaft zu vertiefen. »Die Sache mit Ihrem Bruder interessiert mich«, sagte er. »Wie wär’s, wenn wir gemeinsam frühstückten? Dabei können wir über die Angelegenheit reden.«

Die Texanerin runzelte die Stirn. »Aber ich kenne doch nicht einmal Ihren Namen«, gab sie zu bedenken.

»Lassiter«, sagte er und grinste.

Sie musterte ihn kritisch.

In seiner Unterwäsche kam er sich einen Moment lang lächerlich vor. »Ich bin Ihnen nicht böse, wenn Sie mir einen Korb geben«, erklärte er.

»Warum sollte sich?« Sie warf den Kopf in den Nacken. »Mein Vater sagte einmal: Verbündete und Freunde kann man nie genug haben. Übrigens, ich heiße Viola. Viola Corman.«

»Ich freue mich, Sie kennen gelernt zu haben, Miss Viola«, sagte Lassiter artig.

Sie lächelte hintergründig. »Warten Sie’s ab, Mr. Lassiter«, erwiderte sie.

Als Lassiter den Gastraum betrat, war die Texanerin schon da.

Sie saß vor einem Becher Kaffee und rauchte eine dünne, lange Zigarette mit Mundstück. Außer ihr befanden sich noch zwei Männer in grauen Gehröcken in dem Esslokal. Sie hatten ihre mit Goldringen bespickten Finger um ihre Kaffeepötte gelegt, als wollten sie sich die Hände wärmen. Obwohl Lassiter bereits eine ganze Woche im Flint House wohnte, hatte er die Zwei bisher noch nicht zu Gesicht bekommen. Vermutlich handelte es sich um Laufkundschaft: Passanten von der Straße, die hier spontan einen Kaffee genießen wollten.

Lassiter setzte sich zu der Frau an den Tisch.

Im Lokal standen fünf Tische, mit jeweils vier Stühlen, Marke Eigenbau. Die beiden Fenster gingen zur Mainstreet hinaus und waren mit beigefarbenen Gardinen verhangen. Im Hintergrund befand sich die Durchreiche zur Küche. Ein Koch in langer Schürze stand am Kohleherd und briet Zwiebeln in einer Gusseisenpfanne mit einem langen, geriffelten Holzstiel.

Viola Corman rauchte noch einen Zug, dann drückte sie den Stummel im Aschenbecher aus. »Ich habe nicht viel Zeit«, sagte sie und legte das Mundstück neben ihre Tasse. »Die Sache mit meinem Bruder lässt mir keine Ruhe.«

»Wissen Sie schon, wo Sie ihn finden können?«, fragte Lassiter. »Im Hotel ist er ja nicht.«

»Stimmt.« Sie nickte. »Aber ich hab gerade mit Manuel, dem Koch, gesprochen. Er sagt, Tom wäre bei einer Sidewalkdohle im Vergnügungsviertel untergekrochen.«

»Ein Bordell im Rotlichtbezirk ist kein guter Ort für eine anständige Frau«, meinte Lassiter. »Am besten, Sie warten, bis Ihr Bruder seinen Unterschlupf verlässt.«

»Kommt nicht in Frage.« Sie hob abwehrend eine Hand. »Mit Prostituierten habe ich keine Berührungsängste. Nach dem Essen rücke ich dem Schlawiner auf den Pelz. Mit den Damen aus dem horizontalen Gewerbe komme ich schon zurecht.«

Der Koch erschien.

»Haben Sie schon Essen bestellt, Miss?«, fragte Lassiter die Texanerin.

»Ich nehme Setzeier mit Speck, dazu Weizenbrot«, sagte sie.

Lassiter nickte. »Für mich bitte das Gleiche und einen Kaffee.«

Der Koch verschwand ohne ein Wort.

Viola sah ihm nach. »Manuel ist nicht gerade eine Quasseltasche«, sagte sie.

»Hauptsache, er versteht sein Handwerk.« Lassiter legte die Hände auf den Tisch. »Wie dem auch sei, ich habe heute nichts vor. Wenn Sie wollen, spiele ich Kavalier und eskortiere sie zum Freudenhaus.«

Sie nippte an ihrem Kaffee, wobei sie ihn aufmerksam beobachtete. »Darf man fragen, was Sie nach Topeka führt, Mr. Lassiter?«

»Geschäfte«, sagte er vage.

»Wie ein Geschäftsmann sehen Sie aber nicht gerade aus«, antwortete sie. »Eher hätte ich vermutet, dass Sie Offizier oder ein US-Marshal sind.«

»Fehlanzeige.« Er lächelte. »Ich bin nach Kansas gekommen, um für ein renommiertes Unternehmen aus Washington Geschäftsverbindungen zu knüpfen.«

Manuel brachte den Kaffee und ging zurück in Richtung Durchreiche. Auf halbem Wege blieb er stehen, hielt nach den anderen beiden Gästen Ausschau und trat dann an ihren Tisch.

»Zahlen«, sagte der Ältere von ihnen. Er zupfte an einem Ende seines gezwirbelten Schnurrbarts.

»Zwanzig Cents«, erwiderte der Koch.

Der ältere Mann legte eine Münze neben seinen Kaffeebecher, gab seinem Gegenüber ein Handzeichen und stand auf. Bevor er ging, sandte er einen flüchtigen Blick auf Lassiter und die Texanerin.

Der Mann von der Brigade Sieben hatte ein ungutes Gefühl. Das Verhalten der schweigsamen Gehrockträger kam ihm verdächtig vor. Für Typen dieses Kalibers hatte er im Laufe der Zeit einen sechsten Sinn entwickelt. Mit seinem geübten Auge hatte er entdeckt, dass sich die schemenhaften Umrisse von Revolvern unter den Schößen ihrer Jacken abzeichneten. Männer, die ihre Waffen verdeckt trugen, waren mit Vorsicht zu genießen. Möglicherweise handelte es sich bei den Burschen um Revolverhaie, die in Topeka eine Mission zu erfüllen hatten.

Manuel servierte die gebratenen Eier.

Nachdem Lassiter gesättigt war, tupfte er sich mit der Serviette die fettigen Lippen ab. Mit einem Schluck Kaffee spülte er das Essen hinunter.

Auch Viola Corman hatte die Mahlzeit beendet.

»Möchten Sie zum Abschluss noch ein Dessert?«, lockte Lassiter.

»Gut gemeint, aber ich verzichte.« Sie drückte ihr Rückgrat durch und senkte den Blick auf ihr Blusenhemd. »Mein Bauch fühlt sich schon an wie das Fell auf einer Indianertrommel.«

Ihr Humor gefiel ihm.

Und nicht nur das. Inzwischen hatte er festgestellt, dass sich unter Viola Cormans grober Hemdbluse und den leger geschnittenen Arbeitshosen überaus nett anzusehende weibliche Formen verbargen.

Sie rutschte unruhig hin und her. »Vielen Dank für Ihre freundliche Einladung«, sagte sie. »Aber jetzt wird es höchste Zeit für mich. Ich muss meinem rebellischen Bruder auf die Hühneraugen treten.«

»Was wollen Sie eigentlich von ihm?«, forschte Lassiter.

Sie rieb den Daumen am Zeigefinger.

»Geld?« Er hob die Brauen. »Schuldet Tom Ihnen Geld?«

Sie seufzte schwer. »Unsere Eltern sind bei einem Zugunglück in Texas ums Leben gekommen. Mein Bruder hat sich die Freiheit erlaubt, all ihre Ersparnisse an sich zu reißen, ohne mir einen lumpigen Penny zu lassen.«

»Gab es kein Testament?«

»Doch, gab es. Aber der Notar, in dessen Tresor es deponiert war, ist nach Nevada verzogen. Ich habe ihn gebeten, mir das Schriftstück per Expresspost zu schicken. Er hat versprochen, es unverzüglich zu tun, aber bis heute ist die Urkunde nicht angekommen.«

Lassiter wiegte den Kopf. »Vielleicht hat Ihr Bruder den Brief abgefangen?«

Viola zog eine Grimasse. »Ja, zuzutrauen wäre es ihm.« Mit diesen Worten erhob sie sich und rückte ihren Hosengürtel zurecht.

Lassiter rief nach der Bedienung.

Manuel trabte an, wischte sich die fettigen Hände an seiner Schürze ab und sah Lassiter fragend an.

»Die Rechnung, bitte!«

Der Koch nannte den Betrag, und Lassiter schob zwei Münzen neben seinen Teller.

Viola Corman stand auf und ging.

Lassiter folgte ihr zum Ausgang. Noch wusste er nicht, dass er auf dem Weg ins Verderben war.

Es war am frühen Vormittag, und der Amüsierbezirk von Topeka lag da wie ausgestorben.

Die ungepflasterte Straße war mit dem Unrat der letzten Nacht bedeckt: Wo man hinschaute, leere Flaschen, Glasscherben, zerbrochene Gläser, weggeworfene Zigarrenstummel, zerknülltes Papier, dazu die Pferdeäpfel der Vierbeiner, die ihre vergnügungssüchtigen Reiter hierher gebracht hatten. Am Zügelholm vor dem Spielcasino baumelte ein zerrissenes Halfter. Aus den Häusern mit den falschen Fassaden drang kaum ein Laut. Die Töchter der Nacht lagen noch erschöpft im tiefen Schlummer.

Nicht ein einziger Mensch ließ sich auf der Straße sehen.

Viola Corman blieb vor dem Eingang eines Gebäudes stehen, über dem ein Emailleschild mit der Aufschrift Crazy House prangte.

»Hier ist es«, sagte sie.

»Crazy House.« Lassiter schob seinen Hut höher. »Drinnen ist es still wie in einem Beinhaus«, meinte er. »Alles schläft. Ich nehme an, auch Ihr Bruder wird noch an der Matratze horchen.«

»Das käme mir sehr entgegen.« Die Texanerin griff nach ihrer Pistole. »Ehe Tom merkt, wie ihm geschieht, habe ich ihn am Haken. Wenn ich Glück habe, trägt er die Bucks sogar am Mann.«

»Er wird den Zaster nicht freiwillig herausrücken«, warf Lassiter ein.

Sie wog den Derringer in der Linken. »Mit der Bleispritze am Kopf wird ihm gar nichts weiter übrigbleiben«, sagte sie hart.

Lassiter blieb nicht verborgen, dass die Stimme der Frau vor Erregung zitterte. Offenbar verspürte sie eine unbändige Wut auf ihren raffgierigen Bruder. »Was geschieht danach?«, fragte er. »Ich meine, wenn Sie das haben, was Sie wollten?«

»Ganz einfach, ich verlasse die Stadt und komme nie wieder.«

»So wie Sie Tom beschrieben haben, wird er den Verlust des Geldes nicht so ohne weiteres hinnehmen.«

»Ich nehme nur meinen Anteil«, sagte sie. »Die Hälfte vom Erbe, so wie unsere Eltern es im Testament verankert haben.«

»Was ist, wenn er sie verfolgt, um Ihnen die Beute wieder abzujagen?«

Sie ließ die Pistole um ihren Zeigefinger rotieren. »Ich bin eine gute Schützin«, verkündete sie. »Schon als kleines Mädchen konnte ich besser schießen als die anderen Kinder. Mein Dad hat mir auf unserer Ranch im Panhandle eine Menge beigebracht. Wenn Tom Krieg will, soll er ihn haben.«

Lassiter erwiderte nichts. Er fragte sich, wie weit Viola gehen würde, sobald sie ihren Bruder aufgescheucht hatte. Nach ihrem Reden war er ein unberechenbarer Hitzkopf. Womöglich würde es einen Kampf um Gedeih und Verderb gehen.

»Ich gehe jetzt rein«, sagte Viola und trat an die Tür.

Auf Verdacht löste Lassiter die Schlaufe an seinem Holster. Er wusste nicht, was auf ihn zukam. Auf alle Fälle wollte er gewappnet sein.

Hinter der Frau trat er ins Haus.

Im Vorraum herrschte ein traniges Halbdunkel. Vor den Fenstern hingen dunkle Vorhänge. Es gab eine aus Walnuss getäfelte Schanktheke, auf der eine Handvoll ungespülter Gläser standen. Der Geruch von kaltem Tabakrauch und verschüttetem Bier lag in der Luft.

Lassiter blickte sich spähend um.

In der Sitznische neben einer unscheinbaren Seitentür hockte ein Mann mit zerzausten Haaren, den Kopf auf dem Tisch, und schlief seinen Rausch aus.

Viola Corman ging zu ihm.

Lassiter blieb an dem Pfeiler vor dem Tresen stehen. Er sah zu, wie die Frau dem Schlafenden an der Schulter rüttelte.

»He, Mister! Wachen Sie auf!«, rief sie. »Ich muss Sie was fragen!«

Der Mann hob schläfrig den Kopf. »Wie? Was zum Henker …?«

»Ich suche Tom Corman«, fuhr sie ihm über den Mund. »Den kennen Sie doch, oder?«

»Yeah«, lallte der Wuschelkopf und bleckte seine gelblichen Zahnstumpen. »Tommyboy hat sich die rote Nora unter den Nagel gerissen. Zehn Dollar hat er dem Hürchen hingeblättert. Was für eine Verschwendung.«

Die Texanerin fluchte wie ein Bierkutscher.

Erst jetzt bemerkte der wach gerüttelte Freier die Waffe in der Hand der Frau. »Wozu brauchen Sie denn das Schießeisen, Miss?«

»Vielleicht will ich jemand umlegen«, lautete Violas Antwort.

Der Mann rieb seine rote Säufernase. »Bei allen Teufeln! Sehen Sie sich vor, kleine Miss! Tom hat gestern ordentlich einen hinter die Binde gegossen. Ich kenne ihn. Er mag es überhaupt nicht, wenn er anderntags vor Mittag geweckt wird.«

»Auf seine Befindlichkeiten kann ich keine Rücksicht nehmen«, sagte sie. »Noras Zimmer, wo ist es?«

Der Mann wies mit dem Kopf zur Tür neben der Nische. »Dahinter ist ein kleiner Flur mit einer Wendeltreppe in den zweiten Stock. Wenn Sie oben sind, die erste Tür rechts, gleich neben der Garderobe mit dem Gobelin. Wenn ich mich nicht irre, ist darauf die Jungfrau Maria abgebildet.« Er schnaufte durch, während er auf ihren gezückten Zweischüsser blickte. »Bei allen Teufeln! Sie sollten jetzt nicht da hinaufgehen, kleine Miss!«

Doch Viola Corman schlug den Rat in den Wind. Sie wirkte fest entschlossen.

Im nächsten Augenblick stand sie an der Zwischentür und griff nach dem Knauf. Bevor sie ihn niederdrückte, warf sie einen Blick über ihre Schulter.

Lassiter ging zu ihr.

»Wäre nett, wenn Sie mir Rückendeckung gäben«, sagte sie. »Nur für alle Fälle.«

»Sind Sie auf eine Schießerei aus?«, fragte er. »Immerhin ist Tom Ihr Bruder.«

Sie ignorierte die Frage. »Also, ich gehe jetzt hoch und scheuche ihn aus den Federn. Wäre gut, wenn Sie an der Garderobe blieben und ein Auge auf ihn haben.«

Er überlegte. Der Plan gefiel ihm überhaupt nicht.

Du solltest jetzt nicht hier sein, meldete sich seine innere Stimme.

Doch zur Umkehr war es bereits zu spät. »Lassen Sie mich zuerst gehen«, schlug er vor.

Sie zögerte. »Es ist eine Familiensache.«

»Trotzdem«, beharrte er. »Ich würde mir ewig Vorwürfe machen, wenn Ihnen etwas passierte.«

»Ich bin hart ihm Nehmen«, gab sie zurück.

Lassiter zog seinen Remington. »Ich gehe zu Tom, nagle ihn fest, und dann können Sie die Angelegenheit im Guten mit ihm klären.«

Viola Corman kniff die Lippen zusammen. Im trüben Licht bemerkte Lassiter, dass ihre Augen wieder so unstet auffunkelten wie bei ihrer ersten Begegnung vor der Tür seines Hotelzimmers.

»Das kann ich nicht von Ihnen verlangen«, sagte sie leise. »Ich bin es gewohnt, die Kastanien allein aus dem Feuer zu holen.«

»Ihr Mut ist bemerkenswert«, erklärte Lassiter. »Doch in diesem Fall halte ich Ihr Vorhaben für zu gefährlich. Ich werde als Erster gehen.«

Sie starrte ihn an.

»Es hat nichts damit zu tun, dass ich Sie als Frau nicht respektiere«, fügte er hinzu.

»Also gut. Tun Sie, was Sie nicht lassen können.« Sie ließ ihm den Vortritt.

Er griff nach dem Türgriff. Leise knarrend ging die Tür auf. In der Diele dahinter war es dunkel wie in einem Fuchsbau. Nur der schmale Lichtbalken aus dem Vorraum fiel auf den Fuß der Treppe.

Lassiter wartete, bis sich seine Augen an die Düsternis gewöhnt hatten. Dann setzte er seinen Fuß auf die erste Stufe der Treppe.

Als er den anderen Fuß eine Stufe höher setzte, ertönte irgendwo über ihm ein metallisches Klicken.

Da spannte doch jemand den Hahn eines Revolvers!

Und im nächsten Augenblick öffneten sich die Pforten zur Hölle …

In schneller Folge krachten mehrere Schüsse.

Gleich an drei Stellen flammte Mündungsfeuer auf.

Das Schwirren von todbringenden Kugeln erfüllte die Luft.

Lassiter verspürte einen jähen Schmerz im linken Oberarm. Er warf sich auf die Stufen. Dicht neben ihm schlugen zwei Geschosse ein. Eine dritte Kugel zerfetzte eine Strebe des Geländers.

Splitter ritzten seine Wange. Er spürte, dass ihm Blut in den Kragen lief.

So schnell er konnte, rollte er sich auf die Plattform vor dem Treppenabsatz.

Das Kugelgewitter hielt unvermindert an.

Seine Gegner waren zu dritt. Sie schossen aus allen Rohren. Immer wieder zuckten Flammenblitze aus dem oberen Stockwerk.

Lassiter glitt auf dem Bauch zur Verbindungstür. Wenn er im Treppenhaus blieb, würde er den Tag wohl kaum als Lebender überstehen.

Er sah Viola Corman im Türrahmen. Aus starren Augen blickte sie ihn an.

Dann geschah das Unerwartete: Sie trat einen Schritt zurück – und schlug die Tür hinter sich zu!

Er hörte, wie sie von außen den Riegel vor die Tür legte.

Damit war ihm der Rückzug versperrt. Er war gefangen, schutzlos den Kugeln seiner Gegner ausgeliefert!

Mit einem Schlag kam Lassiter die Erkenntnis: Wie ein Greenhorn war er in eine Falle getappt. Die hinterhältige Texanerin hatte ihn mit einer raffinierten Lügenstory in eine ausweglose Situation manövriert.

Jetzt war er den Kugeln eines Mordkommandos ausgesetzt.

Schon spürte er den nächsten Einschlag in seinem Körper.

Ein Projektil hatte ihn am rechten Oberschenkel gestreift.

Er zwang sich zur Ruhe. Kaltblütig brachte er seinen Remington in Schussposition, zielte auf die Stelle, wo er eines der Mündungsfeuer ausgemacht hatte, hielt den Atem an und betätigte gefühlvoll den Abzug.

Ein Schmerzensschrei erklang.

Am oberen Ende der Treppe knirschte zerbrechendes Holz. Ein großer Menschenleib brach durch das Geländer. Er sauste wie ein Stein durch die Luft. Mit einem dumpfen Krachen prallte er auf den Boden.

Lassiter hatte nur einen kurzen Blick für den Killer übrig. Der Mann trug einen gezwirbelten Schnurrbart. Er lag mit unnatürlich verrenktem Kopf in seinem Blut. Beim Sturz hatte er sich das Genick gebrochen.

Von oben flammte neues Mündungsfeuer auf.

Lassiter jagte vier Kugeln durch das Treppenhaus. Mindestens eine davon erreichte ihr Ziel. Ein unterdrückter Aufschrei drang an seine Ohren.

Doch es blieb keine Zeit zum Aufatmen.

Nach wie vor befand sich der Mann von der Brigade Sieben in höchster Gefahr. Wild entschlossen griff er nach der Leiche und zerrte den schlaffen Körper wie ein Schild über sich.

Keine Sekunde zu früh!

Schon erbebte der Leib des Toten unter dem Aufprall von zwei Einschüssen.

Lassiter stemmte den Toten in die Höhe. Ein Kraftakt ohnegleichen. Seine Verletzung am Schenkel machte ihm höllisch zu schaffen. Der Mann mit dem Zwirbelbart war ein schwerer Brocken.

Doch der Leichnam erwies sich als nahezu perfekter Schutzschild.

Ein ums andere Mal wurde der entseelte Leib von einer Kugel durchbohrt, die Lassiter hätte töten können.

Mit einem Schlag hörten die Schüsse auf.

Lassiter lauschte angestrengt. Sein Herz schlug bis zum Hals. Über ihm, in der oberen Etage, polterten Schritte. Eine rauhalsige Stimme gab einen Befehl.

Kamen die Mordbrenner die Treppe hinunter oder zogen sie sich zurück?

Auf einmal herrschte Stille. Man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Die Zeit schien still zu stehen.

Lassiter atmete erleichtert auf.

Dem Anschein nach hatten die Attentäter den Rückzug angetreten.

Er wartete noch einige Sekunden, dann wälzte er die menschliche Last zur Seite. Er griff in seine Jackentasche, holte seine Streichhölzer hervor und riss ein Holz an.

Die Flamme beleuchtete das Gesicht des Mannes, den er heute Morgen im Esslokal des Hotels gesehen hatte. Jetzt war das Gesicht des Zwirbelbarts zur grausigen Fratze verzerrt.

»Fahr zur Hölle«, knurrte Lassiter.

Mühsam rappelte er sich auf die Beine. Er trat an die Tür, die die Texanerin zugerammt hatte.

So ein Biest! Er zerquetschte einen Fluch.

Die Wut verlieh ihm Riesenkräfte. Ungeachtet seiner Schussverletzungen verpasste er der Tür einen wuchtigen Fußtritt.

Die Tür sprang auf und federte zurück.

Vom Tageslicht geblendet, kniff Lassiter die Augen zusammen. Er blickte sich nach allen Seiten um. Von Viola Corman war nichts zu sehen. Die Frau, die ihn in die Falle gelockt hatte, war spurlos verschwunden. Auch der angesäuselte Freier hatte sich in Luft aufgelöst.

Schweren Schrittes tappte Lassiter zur Sitznische. Er setzte sich und lud seine Waffe nach. Er konnte noch immer nicht so recht fassen, was da eben über die Bühne gegangen war. Um ein Haar wäre das finstere Komplott der Mordbubis aufgegangen.

Viola Corman war die größte Enttäuschung seines Lebens.

Lassiter bemühte sich um einen klaren Kopf. Im Haus wurde es allmählich lebendig. Türen klappten. Erregte Stimmen erklangen.

Ein Mädchen mit einem französischen Zopf erschien. Sie war dünn wie eine Zaunlatte und schien nicht älter als achtzehn Jahre zu sein. Ihr hagerer Leib steckte in einem rot und schwarz gestreiften Korsett, das ihr wie ein Sack um den Leib hing.

Ängstlich blinzelte sie Lassiter an.

Er fasste sie fest ins Auge. »Hast du eben eine Frau weglaufen sehen? Eine Rotblonde in Männersachen?«

»Nein, Mister.«

Zwei weitere Mädchen erschienen. »An der Wendeltreppe liegt Phil Mycroft«, sagte die Größere tonlos. »Er hat sich den Hals gebrochen.«

Lassiter raffte sich auf. »Kennt jemand von euch Viola Corman?«

Die Mädchen starrten ihn an, ohne ein Wort.

»Viola Corman«, keuchte Lassiter. »Wer von euch kennt Viola Corman?«

All drei schüttelten den Kopf.

Lassiter taumelte zur Theke. Die wenigen Schritte strengten ihn an, als hätte er einen Sandsack auf den Schultern. An der hölzernen Barreling angekommen, packte er die Stange und klammerte sich fest.

Ein Anfall von Schwäche durchlief seinen Körper.

Für einen kurzen Moment legte sich ein schwarzer Schleier über sein Blickfeld.

Er sah das Mädchen an, das zuerst da gewesen war. »Wie heißt du?«

»Amanda.«

»Amanda, du musst mir helfen«, stöhnte er. »Lauf zum Flint House und sage Raymond, dem Laufjungen, Bescheid. Er soll sofort kommen und mich von hier abholen.«

Raymond war der Einzige in Topeka, dem er noch halbwegs vertraute. Für ein kleines Trinkgeld hatte ihm der gewitzte Boy hin und wieder eine Gefälligkeit erwiesen.

Das Mädchen zögerte.

»Raymond kennst du doch, oder?«

»Ja, Mister.«

»Beeil dich«, keuchte Lassiter, der fürchtete, gleich das Bewusstsein zu verlieren. »Bitte, mach so schnell, du kannst.«

Amanda sah ratlos an sich hinunter. »Soll ich etwa so nackig auf die Straße gehen?!«

Eine Blondine mit üppigem Busen reichte ihr einen Umhang mit Kapuze.

Amanda warf sich das fadenscheinige Gewand über und eilte zur Tür.

Lassiter ließ sich auf einen der herumstehenden Stühle sinken. Ihm war hundeelend zumute. Seine Hose war voller Blut. Auch der Blutfleck auf seinem Jackenärmel wurde zusehends größer.

Plötzlich verspürte er brennenden Durst. »Wasser«, keuchte er.

Die Mädchen standen da und starrten ihn an. Niemand rührte sich.

»Wasser!«

Es war die Blondine, die ihm ein Glas reichte.

Er leerte es in einem Zug. Im nächsten Augenblick überfiel ihn eine bleierne Müdigkeit. Er brachte nicht einmal mehr die Kraft auf, das Glas festzuhalten. Es entglitt seinen Fingern, fiel zu Boden und rollte unter den Tisch.

Und auf einmal war alles schwarz …

Als Lassiter die Augen aufschlug, wusste er nicht, wo er sich befand.

Er lag auf einem schmalen Bett in einer engen Kammer, mit einer Fensterluke, die nach Westen hinausging. Es roch nach einem billigen Duftwasser.

Lassiter hob den Kopf.

In dem Raum standen nur eine Truhe, zwei Hocker und ein runder Tisch, auf dem ein Strauß Feldblumen vertrocknete. An der einen Wand hing das rahmenlose Bildnis einer rothaarigen Frau, die lachend ein riesiges Bierglas in die Höhe hob.

Unsicher tastete er nach seinem verletzten Arm.

Jemand hatte ihm die Jacke ausgezogen und die Wunde notdürftig mit Stofffetzen verbunden. Bei dem Verband handelte es sich um einen in Streifen gerissenen Unterrock.

Auch die Wunde an seinem Oberschenkel war verbunden worden. Das rechte Hosenbein hing aufgeschlitzt über den Bettrand.

Lassiter geriet ins Grübeln. Bin ich noch in dem Bordell?, fragte er sich. Und warum hat das Zopfmädchen nicht Raymond geholt, so, wie ich es ihr aufgetragen habe?

Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Unwillkürlich ballte er die Fäuste. Oh, wie er es hasste, so hilflos dazuliegen, wie ein niedergerittenes Gürteltier auf dem Trail, angewiesen auf die barmherzige Hilfe fremder Leute.

Verdammt! Selbst die kleinste Anstrengung kostete ihm viel Kraft.

Er stemmte sich auf den linken Ellbogen.

Der Schmerz in seinem Leib brandete auf, als hätte man aus einem Kanister Petroleum auf ein Lagerfeuer gegossen. Nur mit Mühe unterdrückte er einen Aufschrei.

Ermattet sank er auf den Rücken zurück. In seinem Kopf wirbelte alles durcheinander, als tobte ein Tornado durch eine Boomstadt.

Schwer atmend richtete er seinen Blick auf die weiß gekalkte Zimmerdecke.

Vor seinem geistigen Auge erkannte er das verkniffene Gesicht von Viola Corman. Sogleich erinnerte er sich an das unstete Auffunkeln in ihren grünlichen Augen.

Ich hätte es wissen müssen, schalt er sich. Wie ein blutiger Anfänger war er in die Falle getappt, die die clevere Rotblonde ihm gestellt hatte.

Warum hatte sie das getan? Wem war er im Wege? Wer steckte hinter dem Attentat? Viola Corman hatte er noch nie zu Gesicht bekommen. Auch den Männern aus dem Esslokal war er nie begegnet.

Dennoch wünschten sie sich seinen Tod.

Sein Herz schlug ungestüm, und er zwang sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen.

Sobald es ihm besser ging, musste er unbedingt Kontakt zur Zentrale in Washington aufnehmen. Bestimmt wussten die Jungs aus dem Archiv des Hauptquartiers mehr über diese mordlustigen Corman-Geschwister, vielleicht auch über deren Hintermänner.

Doch zuallererst musste er an sich selber denken.

In diesem erbärmlichen Zustand war er nicht in der Lage, seinen schießwütigen Gegnern Paroli zu bieten. Die Attentäter würden ihre Wunden lecken und einen zweiten Mordversuch starten, sobald sie wussten, wo er sich verborgen hielt.

Verdammt, ich muss hier weg …

Als Lassiter sich aufsetzte, öffnete sich die Tür. Das dünne Mädchen mit dem geflochtenen Zopf trat ein.

»Amanda«, flüsterte er.

»Wie geht es Ihnen, Mister?«, erkundigte sie sich.

»Frag lieber nicht.« Er reckte den Hals. »Wo ist Raymond?«

»Keine Ahnung.« Sie hob die Achseln. »Im Flint House war er nicht. Ich hab jeden gefragt, der mir über den Weg gelaufen ist. Keiner konnte mir sagen, wo er hin ist. Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte mit Ihnen. Sie waren ohne Bewusstsein. Niemand kannte Sie. Da hab ich Sie zu mir in die Kammer genommen.«

Das Nachdenken strengte ihn an. »Sind wir im Crazy House?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, in dem Gebäude nebenan. Hier wohnen die meisten der Girls, die im Bordell anschaffen gehen.«

Er seufzte. »Ich danke dir, Amanda.«

Das Mädchen schob die Tür zu, kam näher und beugte sich über ihn. Mit einer Sorgenfalte auf der Stirn beäugte sie seine Verbände.

»Tut’s sehr weh?«, fragte sie mitleidig.

»Geht so.« Er sah zu ihr auf. »Weiß jemand, dass ich bei dir bin?«

»Nur Charlene.«

»Wer ist Charlene?«

Amanda deutete einen großen Busen an. »Das Mädchen, das Ihnen zu trinken gab, bevor Sie aus den Latschen kippten.«

Lassiter lehnte sich an das Bettgestell. »Hast du dem Doc Bescheid gesagt?«

»Na klar.« Sie warf ihren Zopf über die Schulter. »Doc Hollman ist im Bilde. Allerdings kann es eine Weile dauern, bis er anrückt. Er steckt gerade mitten in einer Operation.«

Lassiter ließ die Luft aus den Lungen. »Nett von dir, dass du dich um mich kümmerst, Amanda. – Mein Gott, heute scheint nicht mein Tag zu sein.«

»Nein, das ist nicht Ihr Tag.« Sie zupfte an seinem Armverband herum. »Wie in aller Welt konnte das alles passieren?«

Lassiter schwieg einen Augenblick, dann erzählte er die Geschichte von Anfang an. Viola Cormans Besuch im Flint House. Ihr vermeintliches Problem mit der Erbschaft. Dass sie ihren Bruder Tom bei der roten Nora im Crazy House aufscheuchen wollte. Wie die Killer im Treppenhaus über ihn hergefallen waren.

Amanda hatte sich auf die Kante der Pritsche gesetzt und hörte aufmerksam zu. Als Lassiter seinen Bericht beendet hatte, sagte sie:

»Übrigens, eine rote Nora gibt es im Crazy House nicht.«

»Hätte ich mir denken können.« Lassiter schüttelte den Kopf. »Das Ganze war von vorn bis hinten erlogen und erstunken. Ein abgekartetes Spiel.«

Amanda machte die Augen schmal. »Da hat sich aber jemand eine Menge einfallen lassen, um Sie ins Jenseits zu verfrachten.«

»Das kannst du laut sagen.« Er leckte über seine Lippen. »Kann ich einen Schluck Wasser haben?«

»Natürlich.« Sie stand auf. Vom Fensterbrett nahm sie einen Henkeltopf und goss Wasser in einen Becher mit abgeplatztem Goldrand. »Hier, bitte sehr, Mister …? He, ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen.«

»Lassiter.«

»Lassiter?« Sie hob die Brauen. »Sagten Sie eben, Lassiter?«

»Ja, das ist mein Name.«

»Seltsam.« Sie half ihm, das Glas an seine Lippen zu setzen. »Gestern habe ich gehört, wie sich zwei Männer auf der Straße unterhielten. Vor dem Gemischtwarenladen in der Turkey Street. Wenn ich mich nicht irre, ist beim Gespräch Ihr Name gefallen, Mr. Lassiter.«

Er war ganz Ohr. »In welchem Zusammenhang?«

»Sorry. Das habe ich im Vorbeigehen nicht mitbekommen.«

»Wer waren diese Männer?« Er hing an ihren Lippen. »Kanntest du sie? War dieser Gauner mit dem Zwirbelbart dabei?«

»Phil Mycroft? Nein, der nicht. Einer der Herren trug einen feinen Anzug, mit Krawatte und goldbesticker Weste. Wie ein Rinderbaron oder ein Fleischmakler sah er aus. Der andere hatte einen Rock an, mit einem Kragen, wie sie für gewöhnlich Priester tragen.«

»Ein Priester?«

»Jedenfalls war er so gekleidet.« Sie nahm ihm das leer getrunkene Glas aus der Hand. »Vielleicht war das auch nur eine Masche. Heutzutage gibt es mehr Schwindler als Löcher im Käse. – Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«

Er musterte sie prüfend. »Ich möchte dir keine Umstände bereiten, Amanda. Möglich, dass die Bande noch einmal auftaucht, und das ganze Spiel beginnt von vorn.«

In ihren Augen flackerte Angst.

»Wie lange war ich ohne Bewusstsein?«, erkundigte er sich.

»Knapp zwei Stunden.«

Er schwang die Beine aus dem Bett. »Höchste Zeit, dass ich in mein Hotel komme. Hat der Marshal schon nach mir gefragt?«

Sie trat zurück. »Marshal Gardner ist in Kansas City, zu einem Meeting mit dem Gouverneur.«

»Und seine Deputies?«

»Die spazieren noch im Bordell herum und stellen dumme Fragen.« Sie seufzte inbrünstig. »Ich habe ihnen nicht gesagt, dass ich Sie zu mir auf die Kammer mitgenommen habe«, fügte sie leise hinzu.

Lassiter horchte auf. »Wie hast du mich eigentlich hierher bekommen? Ich bin nicht gerade ein Fliegengewicht.«

»Charlene hat mir geholfen.«

»Warum habt ihr das getan?«

»Wir konnten Sie doch nicht so liegen lassen.« Sie strich sich ein einzelnes Haar aus dem Gesicht. »Immerhin waren Sie ohne Bewusstsein, dazu Ihre Schussverletzungen, die versorgt werden mussten. – Na ja, ich … ich fühlte mich irgendwie verantwortlich für Sie.«

Ihre Worte berührten ihn. »Ich wünschte, es gäbe mehr Menschen, die so menschlich handeln wie du.«

Das Lob ließ das Mädchen erröten.

Als Lassiter sich auf das gesunde Bein stellte, sprang sie beflissen hinzu, um ihn zu stützen.

Er stand da, wackelig wie eine Kiefer bei Sturm, und keuchte schwer. In diesem Zustand war er ein gefundenes Fressen für die Geier, die über ihm kreisten.

Mit Mühe und Not gelangte er zur Tür.

»Sie sollten vorläufig hier bleiben«, sagte das Mädchen. »Bei mir haben Sie alles, was Sie brauchen.«

Er stützte sich auf ihre schmale Schulter.

»Bleiben Sie«, wiederholte sie.

»Wahrscheinlich hast du Recht«, räumte er ein. »Bis zum Flint House ist es ein ganzes Stück Weg. Ohne Hilfe schaffe ich’s nicht.«

»Also los, kehrt Marsch!« Burschikos schob sie ihn zurück zur Bettstelle.

Er schleppte sich mühsam dahin.

»Am besten, Sie geben mir den Schlüssel zu Ihrem Zimmer«, schlug Amanda vor. »Ich laufe fix rüber und hole Ihre Sachen.«

Lassiter gab zerknirscht klein bei. »Ja, das ist wohl das Beste.«

Kaum war das hilfsbereite Mädchen fortgeeilt, erklangen trippelnde Schritte vor dem Haus.

Auf Verdacht griff Lassiter nach seinem Revolver.

Die Tür ging auf, und die fraulich gebaute Charlene trat in die Kammer. Als sie sah, dass eine Waffe auf sie gerichtet war, hob sie erschrocken die Hände. Sie trug kein Mieder, und ihr großer Busen wackelte wie Pudding unter ihrer Bluse.

»Nicht schießen!«, rief sie. »Ich wollte doch nur nach Ihnen sehen, Mister. Ich bin’s, Charlene, Amandas beste Freundin.«

Lassiter legte den Colt zur Seite. »Hallo, Charlene. Nett von dir, dass du nach mir schaust. Gibt es Neuigkeiten im Crazy House?«

»Die Bestatter waren da, haben Phil Mycrofts Leiche abgeholt.«

»Und die Leute des Marshals? Haben sie nach mir gefragt?«

»Ja, haben sie.« Sie kicherte. »Aber jetzt poussieren sie erst mal ’ne Runde mit den Mädchen herum. Madame Talbot hat eine Runde Schampus spendiert.«

»Wissen die Starmen, dass ich hier bin?«

»Bisher noch nicht.« Sie blieb am Kopfende des Bettes stehen und hob sichtbar erstaunt ihre gezupften Brauen. »Gütiger Gott, Sie sehen ja schon wieder ganz passabel aus.«

»Der Schein trügt«, grunzte er. »In Wirklichkeit fühle ich mich wie ein weggeworfenes Zigarillo. Sag mal, Charlene, weißt du etwas von den anderen beiden Hurensöhnen, die mich killen wollten?«

»Nein, nur dass Sie über Balkon und Veranda entkommen sind, mehr nicht.« Die Blonde bog ihr Rückgrat durch, sodass ihre beachtliche Oberweite den Stoff ihrer Bluse bis zum Zerreißen spannte.

Lassiter wurde schwindlig. Was für ein Weib, dachte er.

Befriedigt stellte er fest, dass er bereits wieder Freude beim Anschauen eines wohl geformten Frauenkörpers empfinden konnte.

Das war ein gutes Zeichen. Seine Genesung machte erstaunliche Fortschritte. Es ging spürbar bergauf mit ihm.

Charlene raffte den Rock höher und setzte sich auf den Bettrand.

Lassiter entging nicht, dass sich auch ihre Beine sehen lassen konnten. Sie waren leicht gebräunt, schlank und nahezu perfekt geformt. »Hat Amanda schon nach dem Doc geschickt?«, wollte sie wissen.

Er riss seinen Blick los. »Ja, Doc Hollman kommt, sobald er seine Patienten versorgt hat.«

»Das ist gut.« Sie betastete den Verband an seinem Oberschenkel. Ihre Stirn umwölkte sich. »Hm, die Binden müssten mal wieder gewechselt werden. Gut wäre, wenn wir Sie aus den Hosen kriegen würden, Mister. Dann könnte ich Ihnen einen fachgerechten Verband anlegen.« Sie lächelte. »In meinem früheren Leben bin ich Schwester in einem Hospital gewesen.«

»Habe ich ein Glück.« Er stemmte sich etwas auf. »Okay, geht’s so?«

»Ich denke schon.« Die Blonde griff zu, öffnete seinen Gürtel und die Knöpfe am Hosenbund. Er zog den Bauch ein. Als Charlene ihm die Hose über die Beine streifte, beugte sie sich sehr weit vor.

Lassiter erhaschte einen Blick in ihren Ausschnitt.

Der Anblick der greifbar nahen Brustansätze ließ ihn erschaudern bis ins Mark. »Tod und Teufel«, ächzte er.

Charlene hielt inne. »Tu ich Ihnen weh?«, fragte sie besorgt.

»Nein, im Gegenteil«, sagte er und bedachte sie mit einem verlegenen Grinsen.

Charlene schüttelte seine Beine aus der Hose. »So, das hätten wir geschafft. Bleiben Sie schön liegen und bewegen Sie sich nicht. Klar?«

»Ich geb mir Mühe.«

Sie begann, den alten Verband abzuwickeln.

Die körperliche Nähe der attraktiven Frau blieb nicht ohne Folgen. Prompt spürte Lassiter, wie sich etwas zwischen seinen Lenden regte.

Verdammt, das hat mir gerade noch gefehlt!

Charlene bemerkte das untrügliche Zeichen der Gefühlsregung. Still lächelte sie vor sich hin.

»Ich kann nichts dafür«, murmelte er.

Sie wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht. »Versuchen Sie, an etwas Unverfängliches zu denken«, empfahl sie.

»Und an was?«

»Stellen Sie sich vor, ich wäre eine alte, verhutzelte Hexe.«

Er starrte eine Weile auf das wogende Fleisch unter ihrer Bluse. »Es geht nicht«, sagte er. »Du bist viel zu hübsch, Charlene.«

»So ein Charmeur.« Sie lächelte. »Machen Sie einfach die Augen zu, dann klappt’s schon.«

Er tat, wie ihm geheißen. Prompt erschien die blonde Samariterin, die ihn umhegte, vor seinem inneren Auge. In seiner Fantasie streifte sie langsam ihre Bluse ab, wobei sie ihm vielsagend zuzwinkerte.

Lassiters Blut geriet immer mehr in Wallung. Genüsslich inhalierte er den verführerischen Duft der jungen Frau.

Das Wonnegefühl wollte einfach nicht abflauen. Seine entzündete Fantasie gaukelte ihm die wildesten Bilder vor.

Keuchend riss er die Augen auf. »Es tut mir leid, ich glaube, ich bin ein hoffnungsloser Fall.«

Charlene kniff die Augen zusammen. »Ich weiß Rat«, sagte sie mit süßer Stimme.

Lassiter atmete schwer. Das Verlangen hatte ihn dermaßen gepackt, dass all seine Beschwerden wie durch einen Zauber verschwunden waren.

Er hob ein wenig den Kopf. Seine Männlichkeit beulte die Unterhose aus.

Charlene rieb nachdenklich an ihrer Wange. »Das kriege ich hin«, erklärte sie. »Aber Sie liegen still. Nicht anstrengen. Hören Sie?«

»Yeah.« Er war gespannt wie eine Banjosaite. Charlene würde doch nicht etwa …?

Plötzlich passierte es: Mit einem spitzbübischen Lächeln knöpfte sie ihre Bluse auf.

Lassiter japste nach Luft, als die fülligen Brüste hervorquollen. Die linke war einen Tick größer, aber das bemerkte man nur, wenn man ganz genau hinschaute.

»Rühren Sie sich nicht vom Fleck«, kommandierte Charlene.

Er krächzte etwas.

Ehe er sich versah, zog sie seine Unterhose auf seine Oberschenkel. Sein Stängel sprang hervor und zitterte vor Erregung.

Charlene brachte ihre Wonneproppen über seinen Schoß.

Er spürte, wie ihre Brustspitzen seinen Pilzkopf berührten.

Als er eine Hand hob, drückte Charlene ihn zurück auf das Laken. »Nicht bewegen!«, mahnte sie. »Haben Sie unsere Abmachung schon vergessen?«

Lassiter seufzte. Es drängte ihn, eine Hand um die fülligen Brüste zu legen. Mit angehaltenem Atem beobachtete er, wie die erfahrene Frau seinen erstarrten Mast in ihre Brustfurche legte.

»Charlene«, stöhnte er, als sie begann, sich auf und ab zu bewegen.

»Nicht anstrengen«, sagte sie.

Lassiter schloss die Augen, aber nur für einen kurzen Moment. Das Gefühl, das ihn durchlief, war so intensiv, dass ihm um ein Haar ein Lustschrei entschlüpft wäre.

Er kniff die Lippen zusammen.

»Wie ist es? Dauert es lange, bis Sie kommen?« Charlene kniff schelmisch ein Auge zu.

Was für eine Frage! Er überlegte, was er antworten sollte. »Das kommt ganz darauf an, wie ich mich fühle und was ich vorhabe«, sagte er schließlich.

Sie verdoppelte das Tempo ihrer Bewegungen. Während ihr Oberteil auf- und niedersank, blickte sie ihm offenherzig in die Augen. »Moment noch, passen Sie auf, Ihre Spannung wird gleich vorüber sein.«

Er krallte seine Finger in das Laken. »Was für eine Verschwendung«, keuchte er.

Sie hob die Achseln. »Ich muss Rücksicht auf Ihren Zustand nehmen«, verkündete sie. »Nach dem, was Sie im Crazy House durchmachen mussten, dürften Sie jetzt eigentlich kein Glied mehr rühren. Jeder Arzt wird Ihnen das bestätigen.«

Lassiter starrte wie gebannt auf das Schauspiel, das sich ihm bot. »Ich möchte dich anfassen«, stöhnte er nach einer Weile.

»Vergessen Sie’s.«

Er zog ein gequältes Gesicht. »Bestimmt werde ich sterben, wenn ich es nicht darf.«

Charlene stellte ihre Bewegungen ein. »Heißt das, dass Sie gern mit mir schlafen möchten? Ich meine, richtig mit mir schlafen?«

»Nun, ein bisschen Zärtlichkeit hat noch keinem geschadet«, entgegnete er. »Liebe ist und bleibt die beste Medizin.«

»Sie machen mich neugierig«, sagte sie.

Er ließ seine linke Hand wandern, bis sie ihr Knie erreichte. Dort legte er einen Zwischenstopp ein. Er atmete tief durch und ließ stoßweise die Luft aus seinen Lungen.

Charlene warf einen raschen Blick zur Tür. »Amanda wird mir den Kopf abreißen, wenn ich ihren Schützling verführe.«

»Sie ist ins Flint House gegangen, um meine Sachen zu holen.« Er grinste. »Es kann dauern, bis sie wieder da ist.«

Charlene blickte auf seine Hand, die auf ihrem Knie ruhte. »Ich sollte das nicht tun«, sinnierte sie leise. »Ich habe kein gutes Gefühl. Nicht, dass ich Sie auf dem Gewissen habe.«

»Im Gegenteil.« Seine Hand glitt etwas höher. »Etwas Zuwendung wird meine Genesung ungemein beschleunigen. Ich übernehme die Verantwortung.«

Charlene gab keine Antwort.

Lassiter schickte seine linke Hand auf Wanderschaft. Im nächsten Moment glitt sie unter den hochgeschobenen Rock. Das Mädchen trug keinen Schlüpfer.

Schon spürte er das gekräuselte Schamhaar an seinen Fingerkuppen.

Er streichelte die schlüpfrigen Fältchen.

Dabei fühlte er, dass seine Betreuerin auch schon Feuer gefangen hatte.

»Ich würde dich gern küssen, Charlene«, sagte er.

Sie krauste die Nase. »Nehmen Sie immer die ganze Hand, wenn man Ihnen den kleinen Finger reicht?«

Er erwischte ihren Lustknopf und liebkoste ihn. »Wir Männer sind nun mal so«, erwiderte er.

Charlene lachte auf. Ihre Brüste wippten, als sie sich aufrichtete. Die rötlichen Nippel ragten keck aus den Vorhöfen.

Nach einem kurzen Moment der Besinnung langte das Mädchen nach seinem Pint. Behutsam, als könne sie etwas kaputt machen, rieb sie ihn.

Lassiter vergaß, dass sein Leben vor zwei Stunden noch auf des Messers Schneide gestanden hatte. Er zog seine Hand unter Charlenes Rock hervor.

»Komm auf mich rauf«, sagte er gepresst.

Sie zögerte nur kurz. Dann schob sie ihre Röcke hoch, kletterte zu ihm aufs Bett und setzte sich vorsichtig auf seine Leibesmitte. »Sobald etwas weh tut, schreien Sie, okay?«

Lieber werde ich mir die Zunge abbeißen, dachte er und saugte ihre linke Brustspitze in den Mund.

»Das kitzelt.« Charlene kicherte.

Lassiter wog ihre schweren Brüste in den Händen.

Charlene sah ihm dabei zu und lächelte.

Nach einiger Zeit zog sie den Bauch ein, griff zwischen ihren Leibern hindurch und lotste Lassiters Rammsporn zwischen ihre Schenkel.

Dann stützte sie sich mit beiden Händen links und rechts auf die Bettkante und fing an, sich rhythmisch auf- und abzubewegen.

»Entspannen Sie sich«, flüsterte sie. »Und nicht zappeln, das strengt Sie zu sehr an.«

Lassiter gehorchte und lag steif wie ein Brett. Die Spitzen von Charlenes maisblondem Haar strichen über seinen Hals.

Er nahm das Gesicht seiner Wohltäterin in die Hände und hob den Kopf, um sie zu küssen.

Charlene schürzte die Lippen und schloss sichtlich beglückt die Augen.

Ganz vorsichtig schob er ihr seine Zunge in den Mund. Es kam zu einem langen Kuss, der erst endete, als Charlene einen leisen Lustschrei ausstieß.

Sie rang nach Luft.

Lassiter gab sich ganz seinen Empfindungen hin. Bald gab Charlene ihre anfängliche Zurückhaltung auf.

Sie zog das Tempo an.

Im raschen Takt klatschten ihre erhitzten Körper gegeneinander. Sie atmeten beide stoßweise. Die Scheibe in der kleinen Dachluke war im Nu beschlagen.

Charlenes Hüften hoben und senkten sich immer schneller. Ihr langes Haar peitschte sein Gesicht. Lassiter fühlte sich großartig. Die Therapie, die seine Krankenschwester ihm zuteilwerden ließ, zeigte jetzt schon beste Ergebnisse.

Plötzlich hielt Charlene inne. Aus weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. Sie wirkte, als würde sie einen Blick in die Abgründe der Hölle tun.

Und dann, ganz unvermittelt, veränderte sich ihr Mienenspiel. Sie kniff die Augen zu, presste beide Hände vor den Mund und stöhnte, als hätte man ihr einen vereiterten Zahn gezogen.

Sie kam.

Lassiter wartete, bis seine Gespielin wieder die Kontrolle über sich erlangt hatte.

»Gütiger Gott«, keuchte sie. »Das hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr.« Sie küsste ihn flüchtig auf den Mund. »Und jetzt, Mr. Lassiter, jetzt sind Sie an der Reihe. Es gibt bestimmt etwas, das ich für Sie tun kann.«

Worte wie diese waren wie Balsam für Lassiters Ohren. Gerade wollte er dem blonden Liebesengel seine Vorliebe mitteilen, da wurden vor dem Haus Schritte laut.

»Amanda«, sagte Charlene tonlos.

»Nein«, Lassiter reckte lauschend den Hals, »das ist nicht Amanda. Es sind die Schritte eines Mannes.«

Inzwischen hatte Amanda das Hotel erreicht, in dem Lassiter Quartier bezogen hatte.

Sie schob sich durch die Pendeltür und eilte geschwind durch die kleine Halle. An der Treppe, die zum oberen Stockwerk führte, stand der Mann im Priesterrock, der mit einem anderen über Lassiter geredet hatte.

Amanda nickte ihm zu. »Guten Tag, Pater.«

Der Mann nickte stumm.

Amanda trippelte schnell an ihm vorüber.

Oben angekommen, hielt sie kurz Ausschau. Lassiters Zimmer befand sich auf der rechten Seite des schmalen Korridors. Sie holte den Schlüssel aus der Tasche, blieb vor der Tür stehen und schloss auf.

Bevor sie in den Raum schlüpfte, warf sie einen Blick über das Geländer ins Erdgeschoss. Der Mann Gottes stand noch immer an der Treppe. Er wirkte unschlüssig, als ob er nicht wusste, wohin er seine Schritte lenken sollte.

Seltsam. Amanda erinnerte sich an ihren Auftrag, den sie von Lassiter bekommen hatte.

Sie huschte in das Zimmer.

Auf dem Stuhl neben dem Bett stand der Reisesack ihres Schützlings. Die Klappe war geöffnet. Hastig räumte sie alle Sachen, von denen sie glaubte, dass sie Lassiter gehörten, in das Behältnis.

Unter dem Fenster lehnte ein lederner Scabbard, in dem ein Winchestergewehr steckte. Sie zog die Flinte ein Stück heraus.

Plötzlich ging die Tür auf.

Raymond, der Laufjunge, erschien. Er war ungefähr so alt wie Amanda – ein schmaler Bursche mit rotem Schopf und Sommersprossen auf Nase und Wangen. Neulich war er im Crazy House gewesen. Madame Talbot, die Chefin, hatte ihn mit in ihre Stube genommen. Sie liebte Jungen, die noch grün hinter den Ohren waren. Es wurde gemunkelt, dass es in Topeka nur wenige Jünglinge gab, die sie noch nicht verführt hatte.

»Was machst du hier, Amanda?«, fragte er.

»Mr. Lassiter hat mich gebeten, ihm seine Sachen zu bringen.«

Raymond machte die Augen schmal. Offenbar glaubte er ihr nicht so recht.

»Im Crazy House hat es eine Schießerei gegeben«, fuhr sie fort. »Er hat allerhand abbekommen. Jemand wollte ihn umbringen.«

Raymonds Skepsis legte sich. »Von der Ballerei hab ich gehört. Aber dass Mr. Lassiter dabei war, wusste ich nicht. Wie steht es um ihn?«

»Nicht so gut. Aber die Wunden sind nicht lebensgefährlich.«

»Ein Glück.« Raymond kratzte sich hinterm Ohr. »Wo steckt er jetzt, bei Doc Hollman?«

»Nein, bei mir«, sagte sie. »Er wollte, dass du ihm hilfst, ins Hotel zurückzuzukehren, aber du warst nirgends zu finden.«

»Madame Talbot hat mich um einen Gefallen gebeten«, druckste er.

Sie winkte ab. »Was das für ein Gefallen war, kann ich mir denken. Warum suchst du dir keine Freundin in deinem Alter?«

»Das geht dich nichts an«, knurrte er.

Amanda räumte Lassiters Waschutensilien in den Sack. »Du könntest mir helfen, das Ganze rüber in mein Zimmer zu bringen«, sagte sie. »Für mich allein ist das Gepäck ganz schön schwer.«

Raymond langte nach dem Scabbard. »Ein heißes Teil, diese Winchester. Ich wünschte, ich hätte auch so viel Bucks, um mir so ein Pusterohr zu kaufen.« Er hielt inne. »Weißt du, worum es bei dieser Schießerei ging?«, fragte er.