Lassiter Sammelband 1849 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1849 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2428, 2429 und 2430.

Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!

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Seitenzahl: 382

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Jack Slade
Lassiter Sammelband 1849

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben

Für die Originalausgaben:

Copyright © 2019 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2023 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Covermotiv: © Norma/Boada

ISBN: 978-3-7517-4718-9

www.bastei.de

www.sinclair.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Lassiter Sammelband 1849

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Lassiter 2428

Stadt in Aufruhr

Lassiter 2429

Lassiter und der Totemfluch

Lassiter 2430

Lassiter und der Dirnenkönig

Guide

Start Reading

Contents

Stadt in Aufruhr

Gegen die tiefstehende Sonne zeichnete sich der Mann nur als Schatten ab, als er die Tür des Saloons aufstieß. Ein kalter Luftzug, der ein paar Kerle aufsehen ließ, fuhr durch den Raum. Schweigend musterten sie den Besucher, konnten jedoch dessen Gesicht nicht erkennen. Erst als der Fremde die Türen schloss und im Licht der Petroleumlampen Konturen erhielt, waren die ersten Reaktionen auf sein Erscheinen zu hören.

»Hast dich wohl verlaufen, Kohlensack!«, grölte ein Cowboy und setzte ein verächtliches Grinsen auf.

»Die Baumwollfelder sind unten im Süden«, fiel ein anderer ein, der lässig an der Theke lehnte.

Der Schwarze ignorierte die Provokationen, ging mit schwerem Schritt zum Tresen und blieb davor stehen. Boshaftigkeiten dieser Art war er gewohnt. Aber er war durchaus in der Lage, seine Ehre zu verteidigen.

»Whiskey«, sagte er mit dunkler Stimme zum Barkeeper. Doch noch bevor dieser ein Glas hervorholen konnte, tönte es durch den Raum: »Kerle wie du werden hier nicht bedient!«

Der Schankwirt verharrte unschlüssig in seiner Bewegung. Der Schwarze sah ihn durchdringend an. »Einen Whiskey, bitte«, wiederholte er rau.

Zwei Kerle legten ihre Spielkarten beiseite, erhoben sich von ihrem Tisch und nahmen eine drohende Haltung an. »Bist du taub, Freundchen? Wenn du einen Drink willst, bedien dich draußen an der Tränke!«

Der Schwarze überhörte geflissentlich den Spott. »Den Whiskey!«, forderte er nachdrücklich und brachte den Keeper dazu, hastig einzuschenken. Dann drehte er sich herum, führte das Glas an die Lippen und nippte daran.

»Du machst uns echt wütend«, raunte einer der Cowboys. »Wäre besser, du stellst den Whiskey zurück und verschwindest schnell wieder in dem Rattenloch, aus dem du gekrochen bist!«

Weder gab der Schwarze einen Kommentar ab, noch machte er irgendwelche Anstalten, den Saloon zu verlassen. Stattdessen fixierte er den Mann, dessen rechte Hand über seinem Coltgriff schwebte, und fragte nach längerem Zögern: »Sagt dir der Name Martin Biggs etwas?«

Der Angesprochene verlor die Beherrschung, riss seinen Revolver aus dem Holster und richtete ihn auf den Fremden. »Bin ich eine verdammte Auskunft?«, schrie er. Sein Daumen spannte den Abzugshahn. »Zieh Leine, bevor du mit den Füßen voran rausgetragen wirst!«

Ohne Eile stellte der Schwarze sein Glas auf den Tresen. Die offensichtliche Drohung schien ihn nicht im Mindesten zu beeindrucken. Der Cowboy hingegen war der Annahme, sein Gegenüber sei eingeschüchtert und mache sich zum Gehen bereit. Der Colt in der Faust des Mannes senkte sich um einige Millimeter.

Und dann machte der Schwarze eine Bewegung, der mit bloßem Auge kaum zu folgen war. Plötzlich hielt er ebenfalls einen Revolver in der Hand, den er blitzschnell unter seinem Mantel hervorgezogen hatte. Die Mündung war auf den Kopf des Mannes gerichtet. »Wenn du mir erzählst, was ich wissen will, gehe ich.«

»Der Dreckskerl will Ärger, Zane«, zischte einer der Spieler.

»Den kann er haben«, antwortete Zane kehlig. Er wirkte fest entschlossen, abzudrücken, zögerte aber noch.

»Knallst du mich ab, nehme ich dich mit in die Hölle«, sprach der Schwarze Zanes Befürchtung offen aus. »Wir können beide leben, wenn du meine Frage beantwortest.«

»Uns alle erwischst du nie!«, fauchte Zane. Voller Genugtuung sah er mehrere Waffen auf den ungebetenen Gast gerichtet.

»Das brauche ich nicht. Du erschießt mich. Ich erschieße dich. Fair ist fair.«

Zane grinste unsicher. »Sag mir deinen Namen, Kohlensack! Ich will wissen, wen ich auf den Boothill schicke.«

»Makoto. Merk ihn dir, falls du den heutigen Tag überlebst …«

Atemlose Spannung erfüllte den Raum. Zane wog seine Chancen ab, Makoto zu erwischen, ohne selbst getroffen zu werden. Auf die kurze Distanz fast unmöglich. Daher hoffte er, dass nicht einer seiner Kumpane die Nerven verlor, blindlings schoss und ihn damit zum Tode verurteilte.

»Ich kenne keinen Martin Biggs!«, erwiderte Zane bissig. »Und jetzt verschwinde!«

Makotos Miene war wie in Stein gemeißelt. »Da gibt’s ein Problem«, teilte er gelassen mit.

»Ein Problem?«, keuchte Zane ungläubig. Der nachfolgende Adrenalinstoß ließ seine Colthand leicht zittern. »Was für ein Problem …?«

»Ich glaube dir nicht.«

Einen Lidschlag lang herrschte tödliche Stille. Dem plötzlich aufpeitschenden Schuss wich Makoto aus, als hätte er ihn vorausgesehen. Gleichzeitig brüllte sein Revolver auf. Die Kugel riss ein Loch in Zanes Stirn. Und noch bevor dieser schlaff auf die Dielen knallte, hatte Makoto drei weitere Schüsse abgegeben und ebenso viele Kerle durchlöchert.

»Sie … Sie suchen Biggs?«, fragte der Barkeeper eingeschüchtert und ließ seinen Blick über die Toten gleiten. Das Zittern seines Körpers konnte er kaum verbergen. »Der lebt in den nahen Wäldern. Ist ein Einsiedler. Hält sich meist von der Stadt fern.«

»Was noch?«, wollte der Schwarze wissen.

Stotternd fügte der Schankwirt einige Erklärungen hinzu, die das Auffinden des Gesuchten erleichterten. Makoto hob seinen Revolver an und zielte auf die Stirn des Mannes. Dann entspannte er den Abzug seiner Waffe, doch da war der Barkeeper bereits vor Schreck in Ohnmacht gefallen und dumpf aufgeschlagen.

In einem Zug trank Makoto seinen Whiskey aus und stiefelte wortlos zum Ausgang. Er stieß die Türen auf und verließ den Saloon. Beinahe mechanisch griff er in die Innentasche seines Mantels und holte ein Medaillon hervor, das an einer hauchdünnen Goldkette hing. Mit der Daumenspitze löste er den Verschluss und klappte es auf. Sekundenlang starrte er schweigend auf die kleine Fotografie seiner Eltern, schloss das Medaillon wieder und steckte es ein.

Makotos Magen verkrampfte sich. Biggs und die anderen würden für ihre Untat bezahlen.

Der Faustschlag traf den Indianer so hart, dass dessen Kiefer knackte. Der Mann wurde zurückgeschleudert und knallte mit dem Rücken gegen eine Backsteinwand. Die Flasche mit billigem Fusel entfiel seiner Hand und zersplitterte berstend auf dem Sidewalk. Auf der anderen Straßenseite blieben Passanten stehen und sahen herüber.

»Verkommene Rothaut!«, fluchte Sheriff Ranston Hart und rieb über die Knöchel seiner Hand. »Schlimmer als bettelnder Abschaum ist besoffener Abschaum!«

Der Indianer war an der Wand hinabgerutscht und saß benommen auf dem Boden. Seine Unterlippe war aufgeplatzt und blutete stark.

»Ich lasse nicht zu, dass abgewrackte Kerle wie du die öffentliche Ordnung untergraben!«, fuhr der Sheriff gereizt fort. »Ein paar Tage hinter Gittern machen dich nicht zu einem besseren Menschen. Aber vielleicht kann ich dir so viel Verstand eintrichtern, dass du dich von unbescholtenen Bürgern fernhältst.« Er packte den Indianer am Kragen, zog ihn hoch und zerrte ihn hinter sich her. Der Geprügelte ließ sich anstandslos in Gewahrsam nehmen. Unter der Einwirkung des billigen Branntweins stolperte er unbeholfen über den Gehweg.

Kaum hatte der Sheriff den Indianer in eine Zelle seines Office gestoßen, flog die Tür des Jails auf. Ein älterer Mann, den Rücken mit Biberfellen behangen, stürmte herein. »Sheriff! Da hat’s ’ne üble Schießerei draußen im Bergbaudorf gegeben!«, platzte es aus ihm heraus.

Ranston Hart warf die Zellentür ins Schloss und verriegelte sie. Den Schlüsselbund verhakte er an seinem Hosengürtel. »Immer langsam mit den jungen Pferden, Freddy«, erwiderte er barsch. »Haben da ein paar Cowboys über die Stränge geschlagen? Wir wollen doch nicht aus jeder Mücke einen Elefanten machen.«

»Nein!«, sagte Freddy Preston aufgeregt. »Kein Streit unter den Spielern! Irgendein Kerl hat wie wild um sich geschossen und ist danach in aller Seelenruhe davongestiefelt.«

»Krieg dich wieder ein! Was genau hast du gesehen?« Hart bedachte den Indianer mit einem scharfen Seitenblick und wandte sich dem Pelzhändler zu. »Schön der Reihe nach.«

»Ich hab nicht viel gesehen. Dafür aber ’ne Menge Schüsse gehört. Diesen Mistkerl, der aus dem Saloon kam, würde ich unter Tausenden wiedererkennen.«

»Du würdest nicht mal deine Mutter unter zehn Frauen finden«, entgegnete der Sheriff. »Also lass den Aufstand. Die Einsamkeit am Fluss und in den Wäldern bekommt dir anscheinend nicht besonders.«

»Der Bastard muss noch ganz in der Nähe sein!«, keuchte Freddy Preston, der immer noch nach Atem rang, so schnell war er gelaufen. »Ein großer starker Kerl, vermutlich ein Drifter oder Ähnliches.«

Ranston Harts Miene wurde zu Stein. »Du scheinst es wirklich ernst zu meinen«, raunte er. Seine Stimme klang düster. »Allmählich läuft in dieser Stadt alles aus dem Ruder. Das fremde Gesindel bringt mehr Unruhe mit sich, als gesund für uns ist.«

»Was werden Sie jetzt unternehmen, Sheriff?«, erkundigte sich Freddy Preston drängend.

Ein harter Zug legte sich um die Mundwinkel des Sheriffs. »Ich reite raus und sehe mir die Sache vor Ort an«, meinte er. »Und wenn du recht hast, hetze ich diesen Dreckskerl durch das gesamte County und verpasse ihm eine Kugel in seinen wertlosen Schädel!«

Klar und kalt war die Luft. Weit entfernt in nebligem Dunst lagen die Ausläufer der Rocky Mountains in Lassiters Rücken. Vor ihm breitete sich eine weiße Landschaft mit knorrigen Bäumen und schneebedeckten Tannen aus. Er verengte die Augen und erkannte vereinzelte Gebäude, die unterhalb des Horizonts auftauchten.

Er ließ seinen Grauschimmel ruhig traben. Es machte keinen Sinn, ihn jetzt zu hetzen. Die kleine Siedlung war nicht mehr weit.

Kaum hatte er sie erreicht, brandeten ihm laute Stimmen entgegen. Auf einem Platz, der das Kopfstück einer schmalen Straße bildete, waren ein Dutzend Menschen zusammengelaufen. Sie wichen auseinander, als zwei Männer erschienen, die einen leblosen Körper zwischen sich trugen.

Teilnahmslos ritt Lassiter voran. Sein einziger Antrieb war eine warme Mahlzeit und ein Schlaflager. Als er jedoch von den Leuten auf dem Platz bemerkt wurde, verfielen diese in Unruhe und Hektik. Aufgeregt deutete jemand in seine Richtung. Der Geste folgte ein Ausruf, der zwar laut, aber unverständlich war. Daraufhin wurden auch andere aufmerksam, drehten sich zu dem einsamen Reiter hin und nahmen eine drohende Haltung ein.

Macht bloß keinen Ärger, dachte Lassiter, verlagerte sein Gewicht im Sattel und hob einen Arm. »Keine Aufregung!«, rief er der Menge zu. »Ich bin nur auf der Durchreise und brauche eine Unterkunft.« Der Brigade-Agent registrierte die Unsicherheit jener, die offenbar einen Angreifer in ihm sahen, und wiegelte erneut ab: »Nur essen und schlafen. Mehr habt ihr von mir nicht zu erwarten.«

»Das muss er sein!«, schallte es zu ihm herüber. »Er ist zurückgekommen, um uns alle zu töten!«

Für Lassiter war nicht ersichtlich, wovon der Mann redete, doch es war offensichtlich, dass man ihn verwechselte. Seine Rechte fuhr hinab zum Remington, als die ersten Colts erhoben und auf ihn gerichtet wurden. Die Menge hatte ihr Urteil gefällt und wirkte entschlossen, den Mann der Brigade Sieben für eine Tat, die er nicht begangen hatte, zur Rechenschaft zu ziehen.

Plötzlich preschten zwei Reiter heran. Sie schossen aus dem nahen Wald hervor und galoppierten über den gefrorenen Erdboden. Vor den Versammelten zügelten sie ihre Pferde. »Auseinander!«, donnerte eine befehlsgewohnte Stimme.

Den Mann schickt der Himmel, dachte Lassiter erleichtert und ritt entlang der roh gezimmerten Hütten die Straße hinunter . Erst als er nur noch wenige Meter von dem Reiter entfernt war, bemerkte er den Revolver, den dieser in Höhe seiner Hüfte auf ihn angelegt hatte. In den Augen seines vermeintlichen Retters glommen Unerbittlichkeit und ein Funken von Hass.

»Sehe ich nur ein Zucken von dir, Freundchen«, rief der Reiter ihm zu, zog seinen Fellmantel mit der Linken auf und entblößte einen Sheriffstern, »findest du am Wegesrand ein kaltes Grab!«

»Ich sagte schon, dass ich nur eine Schlafstatt suche und ein wenig zu essen«, erwiderte Lassiter und versuchte, jedem Streit aus dem Weg zu gehen.

»Das ist er!«, entfuhr es dem Begleiter des Gesetzeshüters. Es war ein alter Mann, der leicht verkrümmt auf dem Rücken eines nicht minder alten Kleppers saß. An seinem Sattel hing ein zusammengeschnürtes Bündel aus Biberpelzen.

»Sieh mal einer an«, presste der Sheriff gehässig hervor und spannte den Hahn seines Revolvers. »Der Mörder kehrt an den Ort seiner Untat zurück. Wenn das mal kein ausgesprochener Glücksfall ist.«

In Lassiter regte sich Widerstand. »Lassen Sie den Unsinn!«, stieß er energisch hervor. »Ich will nichts von euch! Wenn ich hier nicht willkommen bin, sagt mir wenigstens, wo es zur nächsten Stadt geht.«

Ein Schuss bellte auf und fegte dem Brigade-Agenten den Hut vom Kopf. »Ich warne dich, Mistkerl!«, zischte der Sheriff. »Die nächste Kugel steckt in deiner Brust!«

Unwillig zügelte Lassiter seinen Grauschimmel, der unruhig auf der Stelle tänzelte. »Geht es um den Toten?«, fragte er und deutete auf die Leiche, die kurz zuvor von zwei Männern herangetragen worden war. »Damit habe ich nichts zu tun. Ich bin kein Mörder.«

»Hören Sie nicht auf ihn!«, entfuhr es dem greisen Pelztierjäger. »Er ist der Killer, darauf lege ich jeden Eid ab!«

Zorn stieg in Lassiter auf. »Das ist eine Lüge!«, rief er aus. »Ich bin gerade erst angekommen. Wie sollte ich unter diesen Umständen irgendjemanden erschossen haben?«

»Steig aus dem Sattel und leg die Hände hinter den Kopf«, befahl der Sheriff. »Der alte Freddy mag senil und schrullig sein, aber vorerst glaube ich ihm.«

Bei dem Mann namens Freddy musste es sich um den Trapper handeln. Lassiter konnte nicht nachvollziehen, weshalb er ihn ohne Grund beschuldigte. »Es wird doch irgendeiner unter den Versammelten sein, der bestätigen kann, dass ich nicht der Gesuchte bin.«

Einige Momente lang tuschelte der Sternträger mit zwei Männern, dann wandte er sich wieder Lassiter zu. »Ganz so einfach ist es nicht«, meinte er kalt lächelnd, »denn im Saloon ist außer dem Barkeeper niemand mehr am Leben. Und der wird wohl für einige Zeit nicht mehr plaudern können.« Ein dunkler Schatten legte sich auf die Züge des Sheriffs. »Und jetzt steig von deinem Gaul! Ich sage es nicht noch einmal.«

Vorsichtig glitt Lassiter aus dem Sattel, sammelte seinen Hut auf und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Zufrieden, Mister?«, fragte er anzüglich.

»Sheriff Ranston Hart«, stellte der Reiter richtig, stieg ebenfalls ab und trottete mit vorgehaltener Waffe auf Lassiter zu. Mit einer schnellen Handbewegung nahm er den Remington des Brigade-Agenten an sich. »Am liebsten hätte ich dich abgeknallt, aber vielleicht gibst du mir ja noch eine Gelegenheit, es mit gutem Gewissen zu tun.« Er gab Lassiter Anweisung, sein Pferd bei den Zügeln zu nehmen und vorauszugehen.

Während der hinterhältige Pelztierjäger sich verabschiedete und in den Wald hineinritt, saß Sheriff Hart wieder auf und trabte hinter dem Mann der Brigade Sieben her.

In Anbetracht der vielen Revolver, die auf Lassiter gerichtet gewesen waren, hatte er keine andere Wahl, als sich abführen zu lassen. Gegenwärtig war er zuversichtlich, dass sich die Situation aufklären würde. Und sobald das geschehen war, würde er sich diesen Trapper vorknöpfen.

Als Lassiter nach unruhigem Schlaf erwachte, streifte sein erster Blick die Stahlgitter seiner Zelle, der zweite den kauernden Indianer nebenan. Er erhob sich von der Filzmatte auf dem Metallbett, stellte sich vor die Gitterstäbe und umfasste sie mit beiden Händen. Nur wenige Meter sah er durch die offene Zwischentür Sheriff Ranston Hart auf einem Stuhl sitzen, die Füße lang über den Tisch seines Office gelegt und in ein Büchlein vertieft.

»Sie können mich hier nicht ewig festhalten!«, rief Lassiter erbost. »Auch Sie sind dem Gesetz verpflichtet und können sich nicht darüber hinwegsetzen!«

Hart sah kurz auf, klappte sein Buch zu und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ich könnte dich in deiner Zelle abknallen und würde noch einen Orden dafür bekommen«, brummte er, hob seine Lektüre hoch und deutete mit einem leichten Nicken darauf. »Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika. Da gibt’s ein paar Paragraphen, die mir alle Rechte verleihen, die ich brauche, um Kroppzeug auszumerzen. Selbst wenn ich dich hinterrücks niederschieße wie einen tollwütigen Hund, ist das Gesetz auf meiner Seite. In dieser Stadt bin ich das Gesetz, der Richter und der Henker. Willst du also den Aufsässigen spielen, hast du genau zwei Sekunden Zeit, Gott ein Stoßgebet zu schicken, bevor ich dich postwendend zu ihm schicke.«

Lassiter ließ die Gitterstäbe los. »Meine Verhaftung ist völlig aus der Luft gegriffen. Und Sie wissen es!«

»Ich wiederhole mich nur ungern«, reagierte Ranston Hart ungehalten, »aber solange ich in diesem Kaff zu sagen habe, bin ich niemandem Rechenschaft schuldig. Und da ich deine Visage nicht kenne, bist du zwangsläufig verdächtig. Über deine Schuld werden andere entscheiden.«

Lassiter lag eine scharfe Erwiderung auf der Zunge. In diesem Moment jedoch klopfte es an die Tür des Office, die sich kurz darauf öffnete. Herein kam eine junge Frau, ganz in Weiß gekleidet mit einem ebensolchen Spitzenhäubchen. Sie trug ein Tablett, auf dem ein Teller und ein Becher standen.

»Entschuldigen Sie, Sheriff«, sagte die Frau. »Ich bringe das Essen für die Gefangenen.«

»Immer herein, Heather«, antwortete Ranston Hart. »Füttere die Brut, damit sie uns noch lange erhalten bleibt.« Einen Moment überlegte er und fügte hinzu: »Die Rothaut kannst du auslassen. Der Kerl ist voll wie eine Haubitze und reihert uns nur den Boden voll, wenn er was zu essen bekommt.«

Heather nickte unmerklich und näherte sich Lassiters Zelle. Ihr Blick haftete einen Moment zu lange auf dem Brigade-Agenten. Sie bemerkte es, als sie den fragenden Ausdruck in Lassiters Augen sah, und senkte schüchtern den Kopf.

»Schieb den Fraß unter den Gitterstäben durch«, wies Ranston Hart die junge Heather an. »Und komm unserem Gast nicht zu nahe. Diese Galgenstricke hecken doch immer irgendeine Hinterlist aus.«

Vorsichtig, dass der Saum ihres Kleides kaum den Boden berührte, ging Heather in die Knie und schob das Tablett halb durch den Spalt. Lassiter bückte sich erst danach, als die Frau bereits wieder aufgestanden war.

»Was haben Sie getan, dass der Sheriff Sie festgenommen hat?«, fragte Heather.

Lassiter zog das Tablett in den Innenraum der Zelle und sah auf. »Wer will das wissen?«, stellte er eine Gegenfrage.

»Antworte schon!«, blaffte Ranston Hart den Mann der Brigade Sieben an, doch die Frau winkte ab.

»Mein Name ist Heather Valentine. Ich bin Mormonin. Wir leben außerhalb der Stadt in einer kleinen Siedlung.«

»Sie haben mich gerade eigentümlich angesehen«, fuhr Lassiter fort. »Besitze ich Ähnlichkeit mit einer Person, der Sie bereits zuvor begegnet sind?«

Die junge Mormonin wirkte, als hätte man sie bei etwas Verbotenem ertappt. Erneut ließ sie den Blick sinken. Aber der Sheriff füllte auf der Stelle die Sekunden betretenen Schweigens.

»Würg deinen Pamp runter, Drecksack! Wenn Heather dich verwirrt angesehen hat, dann nur, weil ihr noch nie ein verkommenerer Ganove über den Weg gelaufen ist.«

Lassiter nahm das Besteck auf dem Tablett zur Hand und löffelte das Stew vom Teller.

»Sie sind zu streng, Sheriff«, schritt Heather ein und versuchte mit äußerster Sanftmut auf Hart einzureden. »Und was die Beschuldigungen gegen den Mann angeht, bin ich sicher, dass sich alles aufklären wird.«

»Bist ’n gutes Mädchen«, zeigte sich Ranston Hart friedfertig, »aber was das Leben, den Westen und diese Pest angeht, musst du noch eine Menge lernen. Und jetzt geh zurück zum Charity House und gib acht, wenn du die Stadt verlässt. Dieses Ungeziefer lauert überall.«

»Ich passe auf, Sheriff«, sagte Heather brav und sah noch einmal vieldeutig zu Lassiter hinüber. Man sah ihr an, dass in ihrem Kopf ein Plan reifte.

»Bisher sind wir immer für den Frieden eingetreten und haben diese Einstellung geachtet und gelebt. Doch es hat Tote und Verletzte gegeben. Das können und dürfen wir in Englewood nicht dulden!« Mit brennendem Blick stierte Prediger Gordon Barkley von seinem provisorischen Podest gleich bei der Kirche in die Menge, aus der ihm zustimmendes Raunen entgegenschlug. Frauen, Männer und Kinder standen halbkreisförmig vor dem Redner, schauten ihn gebannt an und lauschten seiner flammenden Ansprache.

»Unbescholtene Bürger, die hart arbeiten und sich nur ein wenig Zerstreuung gönnen wollten«, fuhr Barkley fort, »wurden zur Zielscheibe eines Gesetzlosen, der immer noch frei herumläuft und womöglich seinen nächsten Anschlag plant. Wo wird er wieder zuschlagen? In Englewood? In der Bergbausiedlung? Oder auf irgendeiner Farm?« Der Prediger machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen, und sprach dann weiter. »Niemand von uns kann sich sicher fühlen, solange diese Bestie unter uns ist! Das Gesetz hat versagt und es nicht geschafft, den Frieden in unserer Stadt zu gewährleisten. Wir alle müssen um unser Leben bangen. Und um das Leben unserer Kinder. Ich frage euch, wie lange wir uns das noch bieten lassen sollen?«

Bekräftigende Rufe wurden laut. »Wir müssen uns zur Wehr setzen!«, schrie einer.

»Dem Terror muss endlich Einhalt geboten werden!«, machte sich ein Zweiter lautstark bemerkbar.

Beschwichtigend erhob Gordon Barkley seine Arme. »Ich sage euch, wenn wir jetzt vor der Gewalt die Augen verschließen, wird irgendwann das Blut der Unschuldigen an unseren Fingern kleben. Dann wird es nicht nur diesen einen wahnsinnigen Mörder geben, dann wird die Schuld auf unseren Schultern lasten, als wären wir selbst es gewesen, die gemordet haben!«

Barkleys Blick war lauernd, seine Gesten kraftvoll. Sein rechter Arm schoss vor, der ausgestreckte Zeigefinger seiner Hand deutete fordernd in die Mitte der Versammelten. »Du, du und du! Ihr alle seid gefordert, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen! Der Herr belohnt die Aufrechten, doch die Sünder schickt er ins Fegefeuer! Und jeder, der zuschaut, statt zu handeln, der ist ein gottverfluchter Sünder!«

Der letzte Satz kam einem gellenden Schrei gleich und stachelte die Versammelten an. Sie reckten ihre Fäuste in die Luft, johlten und schaukelten ihre Rage hoch.

Ein wenig abseits saß Heather Valentine auf ihrem Rappen. Sie war auf dem Weg zur Mormonensiedlung gewesen, hatte sich aber von dem Auflauf anziehen lassen.

Und plötzlich wusste sie, was sie zu tun hatte.

Der Zigarrenstummel lag in Ranston Harts Mundwinkel, als wäre er dort festgewachsen. Der eisenharte Sheriff kippte einen Whisky nach dem anderen, hatte den Hut tief in die Stirn gezogen und dämmerte allmählich weg. Daher verschluckte er sich fast an seiner Zigarre, als die Tür des Office aufflog und die völlig aufgelöste Heather Valentine hineinstürmte.

»Kindchen, was ist denn los?«, brummte Hart, schob seinen Stetson zurecht und drückte seine Zigarre aus. Dabei spuckte er einige Tabakkrümel auf den Boden.

»Die Leute proben den Aufstand!«, keuchte die junge Mormonin. »Sie wollen auf eigene Faust den Mörder jagen! Sie sagen, das Gesetz hätte versagt!«

Ranston Hart sprang auf. »Da platzt mir doch gleich der Kragen! Ich verkörpere in dieser Stadt das Gesetz. Wer behauptet, es hätte versagt, der meint, ich hätte versagt!«

»Sie müssen schnell handeln, Sheriff!«, stieß Heather aus und wollte sich nicht beruhigen. »Die Männer rüsten sich zum Kampf!«

»Wo sind diese verfluchten Aufrührer?«, erkundigte sich Hart.

»Vor der Kirche! Wenn Sie nichts unternehmen, wird es schrecklich enden!«

Sheriff Ranston Hart eilte zum Waffenschrank, langte nach seiner Winchester und betätigte den Repetierbügel. »Wenn mir einer ans Bein schifft, wird’s hässlich!«

»Sie werden doch nicht auf die Leute schießen?«, fragte Heather ängstlich.

»Nur ein paar Warnschüsse für die Uneinsichtigen«, knurrte Hart. »Den Rest erledige ich mit bloßen Fäusten.« Lässig legte er sich das Gewehr über die rechte Schulter. »Habe ein Auge auf unsere Gäste. Ich kümmere mich um den Mob.«

Es war die Gelegenheit, auf die Lassiter gewartet hatte. Zwar hätte er auch selbst eine Möglichkeit gefunden, aus dem Jail zu entkommen, doch diese Chance konnte er nicht ungenutzt verstreichen lassen. »Der Schlüsselbund!«, rief er der Mormonin zu. »Nehmen Sie ihn!«

Erst schien Heather Valentine unschlüssig, doch an ihrer darauffolgenden Reaktion erkannte der Brigade-Agent, dass sie nicht nur ins Sheriff’s Office zurückgekommen war, um Hart zu warnen. Die junge Frau schnappte nach dem Bund und eilte auf Lassiters Zelle zu. Ehe sie jedoch den Schlüssel ins Schloss steckte, ließ sie ihren Blick noch sekundenlang auf dem großen Mann verweilen.

»Machen Sie schon!«, drängte Lassiter und riss die Mormonin mit seinen scharfen Worten in die Wirklichkeit zurück. Knirschend drehte sich der Schlüssel, dann schwang die Zellentür auf.

»Kommen Sie raus!«, zischte Heather gedämpft und konnte sich ein helles Lachen nicht verkneifen. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich es wirklich tue.«

Mit einem Satz stand Lassiter im Zellentrakt und hetzte ins Office. Dort riss er Schränke und Schubladen auf, bis er seinen Remington gefunden hatte. Rasch lud er die Trommel seines Revolvers nach und steckte ihn ins Holster. Dann wandte er sich an Heather Valentine. »Worauf warten Sie? Wir müssen fort!«

Die junge Frau sah ihn strahlend an. »Es ist alles so aufregend«, meinte sie atemlos. »Mein Herz vollführt einen Sprung nach dem anderen.«

»Wie viele es waren, können Sie mir auch nachher noch erzählen«, versetzte der Mann der Brigade Sieben. »Haben Sie ein Pferd? Ich habe keine Ahnung, wo der Sheriff meins untergebracht hat.«

»Ja …«, erwiderte Heather gedehnt, »aber ich weiß nicht, ob es uns beide tragen kann.«

»Darüber machen Sie sich mal keine Gedanken.« Lassiter ging zum Fenster und schaute die Straße hinauf. Er sah Ranston Hart, der auf einen Pulk von Männern, Frauen und Kindern zuschritt. Irgendein Kerl stand auf einem Podest und schien die Menge in seinem Bann zu halten.

»Was sehen Sie?«, erkundigte sich die Mormonin.

Lassiter drehte sich zu ihr herum. »Dass wir nicht allzu viel Zeit haben. Bringen Sie mich aus der Stadt, und setzen Sie mich ein paar Meilen weiter ab. Von dort schlage ich mich allein durch.«

Die Frau wirkte unschlüssig, rückte ihre weiße Haube zurecht und sagte: »Der Sheriff wird Sie aufspüren. In der Wildnis sind Sie nicht sicher.«

»Was schlagen Sie vor?«

»Ich bringe Sie zu meiner Gemeinde«, entgegnete Heather. »Man wird Ihnen Schutz gewähren, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.«

Lassiter hob eine Braue. »Ich soll mit Ihnen zu den Mormonen reiten?«

»Glauben Sie an Gott?«

»Ist das wichtig?«

Heather Valentine lachte. »Tun Sie wenigstens so. Sie brauchen ja nicht gleich zu konvertieren.«

Der Brigade-Agent wandte sich kurz ab, sah noch einmal aus dem Fenster und ließ seinen Blick schweifen. An einem schwarzen Pferd, das am Hitchrack angebunden war, blieb er haften. »Ihr Rappe?«, fragte Lassiter.

Die Mormonin bestätigte. »Ja, das ist meiner.«

Zufrieden nickte Lassiter. »Er wird uns beide tragen.« Mit einer Geste holte er Heather heran. »Leinen Sie das Tier ab. Sobald Sie im Sattel sitzen, springe ich auf.«

Zwischen den Versammelten vor der Kirche und der Mormonin wanderte Lassiters Blick hin und her. Er wusste, dass er sich mit seiner Flucht keinen Gefallen tat, aber er konnte unmöglich tatenlos in seiner Zelle hocken bleiben.

Wenn die Zeit auf seiner Seite war, würde er die Chance erhalten, sich zu rehabilitieren. War sie es nicht, würde es einen anderen Agenten geben, der seine bevorstehende Mission erfüllte.

Nach außen hin gab sich Ranston Hart gelassen, als er die Mainstreet entlangging. Innerlich aber war er in Aufruhr. Ging es an seine Ehre, konnte er teuflisch ungemütlich werden. Und da war es ihm egal, mit wem er sich anlegte. »Was zum Henker geht da vor?«, rief er von weitem.

Erschrocken ruckten mehrere Köpfe aus der Menge zu ihm herum. Doch es war Prediger Gordon Barkley, der das Wort ergriff. »Wir wollen lediglich die Sicherheit unserer Stadt wiederherstellen!«, rief er aus. »Anscheinend können wir uns in derartigen Belangen nur auf uns selbst verlassen.«

Ranston Hart hatte seine Winchester in die rechte Hand genommen und ließ sie am langen Arm baumeln. So harmlos er sich den Versammelten gegenüber gab, konnte er im Bruchteil eines Lidschlags die Waffe anlegen und abfeuern. »Barkley!«, raunte er kehlig. »Ich hätte mir denken können, dass Sie Ihre Finger im Spiel haben. Wer anders lockt die Menschen mit seiner Redegewandtheit an wie Scheiße die Schmeißfliegen?«

»Es ist uns ernst, Hart«, donnerte Barkley. »Wir schützen nur unser Heim, unsere Frauen und Kinder!«

Der Sheriff blieb stehen, keine zehn Schritte von Barkley entfernt. Die umstehenden Leute wichen respektvoll zur Seite.

»Jetzt ist Schluss mit dem Budenzauber!«, brüllte Hart. »Mischen Sie sich nicht in meine Angelegenheiten ein! Sie sollten mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich das auf den Tod nicht ausstehen kann.«

»Die Prioritäten haben sich geändert«, konterte Barkley. »Sie hatten Ihre Chance. Nun sind wir am Zug.«

»Einen Dreck seid ihr! Ich vertrete die Staatsgewalt. Wer sich mit mir anlegt, wird es bedauern. Das garantiere ich!« Rabiat bahnte er sich seinen Weg durch die Menge. Barkley verließ sein Podest und baute sich mit verschränkten Armen vor dem Sternträger auf.

»Was wollen Sie jetzt tun?«, fragte der Prediger herausfordernd. »Wie wollen Sie verhindern, dass wir uns den Kerl, den Sie eingebuchtet haben, holen und aufknüpfen?«

»Na gut«, meinte Ranston Hart. Es war das Einzige, was er sagte. Ein stahlharter Faustschlag traf die Magengrube des Predigers, der sich aufstöhnend krümmte. Sofort setzte der Sheriff nach, holte mit der Linken aus und rammte seine Faust von oben herab gegen den Barkleys Schädel. Ein Stiefeltritt in dessen Seite beförderte ihn endgültig zu Boden.

Doch Barkley gab nicht auf, biss die Zähne zusammen und sprang hoch. Sein Kopf bohrte sich in den Leib des Sheriffs, doch der reagierte augenblicklich und rammte dem Mann Gottes seinen Gewehrkolben zwischen die Schulterblätter. Schon wollte er ein zweites Mal zuschlagen, als ein lauter Aufschrei ihn innehalten ließ.

»Das Sheriff’s Office!«, kreischte eine entgeisterte Stimme. »Ihr Gefangener bricht aus, Hart!«

Ranston Hart wirbelte auf dem Absatz herum, erkannte Heather und Lassiter und gab zwei Schüsse in die Luft ab. Als die Flüchtenden nicht anhielten, feuerte er gezielt. Doch da waren die beiden auf dem Rappen der Mormonin bereits zwischen den Gebäuden auf der anderen Straßenseite untergetaucht.

»Ihnen scheint die Kontrolle mehr und mehr zu entgleiten«, keuchte Barkley hämisch. Seine Züge waren vor Schmerz verzerrt. »Da werden wir uns wohl beizeiten nach einem anderen Gesetzeshüter umschauen müssen.«

»Halten Sie Ihr verfluchtes Schandmaul, bevor ich mich vergesse!« Gefährlich langsam drehte Hart sich zu Barkley um. »Die Mormonin ist harmlos, aber ihren Begleiter kaufe ich mir. Selbst Ihnen müsste klar sein, wohin die zwei reiten.« Ein Funken von Wahnsinn glomm in den Augen des Sheriffs. Das Lächeln, das er aufsetzte, unterstrich diesen Eindruck noch.

Aus blutunterlaufenen Augen starrte Gordon Barkley dem Sheriff nach, der die Straße zu seinem Office hinunterlief, neben dem Gebäude verschwand und kurz darauf auf seinem Pferd hervorpreschte. Wenige Minuten später verschluckte ihn die hereinbrechende Dämmerung.

Eine gute halbe Stunde waren Heather und Lassiter unterwegs und erreichten in schnellem Galopp die Mormonensiedlung. Sie passierten ein großes Tor der Einfriedung und wurden bereits wenige Minuten später von dem Mormonenführer Winston Peck in Empfang genommen. An seiner Seite befand sich ein junger Schwarzer, der in demütiger Haltung dastand und die Ankömmlinge aufmerksam betrachtete.

»Wen hast du uns mitgebracht, Heather?«, fragte der hochgewachsene Mann.

»Einen Gefangenen von Sheriff Hart«, erwiderte die junge Frau wahrheitsgemäß. »Er benötigt den Schutz der Gemeinschaft.«

»Du hast ihm zur Flucht verholfen?« Pecks Brauen zogen sich zusammen. »Bist du dir darüber im Klaren, eine Straftat begangen zu haben?«

Heather Valentine erschrak. »Daran habe ich nicht gedacht …« Ihre Stimme zitterte, doch rasch bekam sie ihren festen Klang zurück. »Ich hatte aber meine Gründe.«

Peck setzte ein mildes Lächeln auf. »Über diese Gründe kannst du mich bei Gelegenheit genauestens unterrichten.« Er sah Lassiter an. »Wie denken Sie über die Angelegenheit? Wurden Sie zu Unrecht festgehalten?«

»Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort«, meinte Lassiter lapidar, streifte mit seinem Blick den Schwarzen und stellte fest, dass dieser ihn nicht aus den Augen ließ. Der Mann wirkte äußerlich gelassen, konnte aber eine gewisse Anspannung nicht verleugnen. Wahrscheinlich wartete er nur darauf, dass Peck mit den Fingern schnippte, um ihn springen zu lassen.

»Das reicht mir vorerst«, gab sich Winston Peck zufrieden. »Die Verfolgten und Vertriebenen werden in unserer Mitte immer einen Platz finden.«

Lassiter verzog den Mund, als kaute er auf einem Kanten Brot. Er konnte nicht sagen, warum, aber da war etwas, das ihn an Peck störte. Es lag in seiner Ausstrahlung und seiner Gestik.

»Wir haben eine bescheidene, aber warme Unterkunft für Sie«, fuhr der Mormonenführer fort. »Um Nahrung brauchen Sie sich ebenfalls nicht zu sorgen. Seien Sie unser Gast, solange es Ihnen beliebt.« An Heather gewandt, sprach er weiter: »Führe diesen Mann bitte in sein Quartier. Du weißt schon, das Zimmer im Nordflügel.«

»Sicher.« Ein Strahlen legte sich auf Heather Valentines Gesicht. Sie forderte Lassiter auf, ihr zu folgen, überquerte den Innenhof und betrat das Hauptgebäude. Vor ihnen erstreckte sich ein langer Flur. Nur wenige Menschen hielten darin auf, grüßten verhalten oder murmelten Gebete vor sich hin.

»Warum haben Sie mir geholfen?«, fragte Lassiter, der die Antwort zwar ahnte, sie aber aus Heathers Mund hören wollte. »Sie kennen mich nicht. Vielleicht bin ich wirklich der, für den mich Ranston Hart hält«

Heather Valentine sah Lassiter kurz an, drehte den Kopf weg und blickte schüchtern zu Boden. »Ich habe gefühlt, dass ich das Richtige tue«, meinte sie schwach. »Ich kann es nicht erklären.«

Lassiter nickte schweigend. Ihm war durchaus bewusst, wie er Heathers Verhalten zu deuten hatte. Der Brigade-Agent war ein Mann, dem nur wenige Frauen widerstehen konnten. Doch er durfte sich von der verhaltenen Zuneigung der jungen Mormonin nicht ablenken lassen. Mit seinem Ausbruch aus dem Jail war er zum Outlaw geworden. Sheriff Hart würde ihn erbarmungslos jagen. Falls es Lassiter nicht gelang, seine Unschuld zu beweisen, würde es zu einer hässlichen Konfrontation kommen. Unterstützung von der Brigade Sieben konnte er nicht erwarten, wenn er mit dem Gesetz in Konflikt geriet. Daher war es nicht nur erforderlich, den wahren Täter zu finden, sondern sich auch diesen Trapper Freddy zur Brust zu nehmen, der eine wissentliche Falschaussage von sich gegeben hatte.

Am Ende des Korridors wies Heather Valentine auf eine Tür. »Ihre Kammer«, sagte sie einladend. »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause.«

Lassiter lächelte schmal und betrat den Raum. »Ich hatte schon lange kein Zuhause mehr …«

»Gewöhnen Sie sich daran«, sagte Heather Valentine und blieb in der Tür stehen.

Das Zimmer war karg ausgestattet, doch an Luxus lag Lassiter nichts. Er war es gewohnt, in der Wildnis zu überleben. »Wer ist eigentlich dieser Farbige, der nicht von Pecks Seite weicht?«, fragte er schließlich.

»Ach«, meinte die Mormonin, »das ist doch nur Jeremy. Der schaut immer so finster drein, aber Sie brauchen sich vor ihm nicht zu fürchten.«

»Lebt er schon lange in der Gemeinde?«

Einen Moment lang dachte Heather nach. »Er war schon vor mir und meinen Eltern da. Meine Güte, das ist alles schon so lange her …«

Lassiter nahm seinen Stetson ab und legte ihn auf eine Kommode. Auch von seinem Revolvergurt trennte er sich und hängte ihn über die Lehne eines Stuhls. »Leben Ihre Eltern noch?«, wollte der Brigade-Agent wissen.

Die Frau verneinte. »Mein Vater ist vor drei Jahren gestorben. Meine Mutter ist ihm wenige Monate später gefolgt.«

Der Blick der jungen Mormonin haftete an Lassiters Rücken, das spürte er deutlich. Das Gefühl legte sich erst, als der Brigade-Agent die Tür hinter sich ins Schloss fallen hörte. Er legte seinen Mantel ab und setzte sich auf die Matratze seines Bettgestells. Kurz darauf schlenderte er zu seinem Zimmerfenster und schaute hinunter auf den Hof.

Winston Peck, murmelten seine Gedanken. Sobald ich meine eigenen Angelegenheiten geklärt habe, werde ich herausfinden, was du verbirgst …

Die eingeschneite Hütte lag einige Meilen von Englewood entfernt in den dunklen Wäldern Colorados. Weißer Rauch kräuselte sich aus dem Schlot, und die Fenster waren von warmem Schein erhellt. Martin Biggs saß an einem Tisch, rauchte Pfeife und stierte blicklos in die prasselnden Flammen des Kaminfeuers. Er hatte den vergangenen Nachmittag lang Holzscheite gehackt und wollte sich nun einen friedlichen Abend gönnen. Dennoch spürte er eine unbestimmte Anspannung. Er wollte den Kopf frei bekommen und dachte, die beruhigende Wirkung der züngelnden Flammen könnte ihm dabei helfen.

Als er endlich die Entspannung fand, die er gesucht hatte, ließ ihn ein Geräusch hochfahren. Sofort war die eigentümliche Nervosität wieder da, die bereits den ganzen Tag unterschwellig in ihm rumort hatte und nur ab und an abgeklungen war.

Einer Eingebung folgend schritt er zur Tür, öffnete sie und sah hinaus. Was immer er erwartet hatte – er wurde enttäuscht. Die Umgebung wirkte friedlich und ruhig. Da war nichts, das seine Unruhe in welcher Weise auch immer bestätigt hätte.

Biggs machte ein paar Schritte von der Hütte weg und versuchte, den düsteren Wald mit den Augen zu durchdringen. Aber immer noch konnte er nichts wahrnehmen, was ihm verdächtig erschienen wäre.

Nachdenklich wanderte er zur Tür zurück, wollte sich setzen, seine Pfeife aufrauchen – und erstarrte mitten in der Bewegung!

Vor dem Kamin stand ein Mann, ein Schwarzer. Er verdeckte den Feuerschein fast vollständig.

»Mein Name ist Makoto«, sagte der Farbige unaufgefordert.

Martin Biggs war verwirrt, aber nicht furchtsam. Nur sein Unbehagen steigerte sich. »Den Namen habe ich nie zuvor gehört«, meinte er nur, ohne den Mann nach dem Grund seines Besuchs zu fragen.

»Sie kennen ihn. Sie haben ihn nur vergessen.« Makoto holte sein Medaillon unter dem Mantel hervor. Er öffnete es und bedeutete Biggs, näherzukommen. »Schauen Sie sich die beiden Gesichter an. Vielleicht wird Ihnen dann einiges klarer.«

Biggs tat, wie ihm geheißen. Zuerst waren es nur fremde Konterfeis, die er sah – doch dann durchzuckte es ihn mit der Macht eines Blitzschlags! Er schrak zurück. Seine Stimme wollte versagen. Tief schaute er Makoto in die Augen, der das Medaillon wieder unter seinem Wams verschwinden ließ. Dann sagte Biggs mit brüchiger Stimme: »Ich wusste, dass du eines Tages kommen würdest …«

Makoto fixierte Martin Biggs aus kalten starren Augen. »Sie erinnern sich?«, fragte er dumpf.

»Eine Erinnerung, die ich verdrängt glaubte«, erwiderte Biggs. »Eine Vergangenheit, die ich aus meinem Gedächtnis gestrichen habe …«

»Aber jetzt sind die Bilder wieder da«, fuhr der Schwarze fort. »Gefällt Ihnen, was Sie sehen?« Ein lauernder Unterton lag in seiner Stimme.

»Das fragst du mich nach fast zwanzig Jahren?« Biggs legte den Kopf leicht schief. »Welche Antwort erwartest du darauf?«

Makoto zögerte nicht lange. »Dass Sie bereuen, Biggs …« Makoto umrundete den Mann schleichend und blieb hinter seinem Rücken stehen. Mit tiefdunklem Bass raunte er: »Und, Biggs, bereuen Sie …?«

Der Angesprochene schloss die Augen, drehte sich jedoch nicht um. »Das habe ich die letzten beiden Jahrzehnte getan. Tag für Tag …«

»Was fühlen Sie, wenn Sie zurückdenken?«, wollte Makoto wissen.

»Ich … kann es nicht genau sagen.« Biggs öffnete die Augen und stierte glasig in die prasselnden Flammen des Kaminfeuers. »Abscheu? Verachtung für mich selbst? Es sind viele Gefühle, die mich beherrscht haben und immer noch beherrschen.«

»Warum haben Sie getan, was Sie getan haben?«

»Auch darauf weiß ich keine Antwort. Ich war verblendet, habe mich vom Hass hinreißen lassen. Einem Hass, der nicht mein eigener war. Aber glaube mir, dass ich ein anderer Mann geworden bin. Ich bin in mich gegangen, habe mein Denken erforscht und es schließlich vorgezogen, in der Einsamkeit weiterzuleben. Ich dachte, alles würde besser. Ich hoffte, vergessen zu können. Aber das ist mir nicht gelungen.«

»Ich habe eine lange Reise hinter mir«, klang Makotos Stimme hinter Biggs auf, »habe eine blutige Spur hinter mir hergezogen. Es ist der Hass, der in mir brennt.«

»Wie hast du mich gefunden?«, wollte Martin Biggs wissen. Er strich sich das grauweiße Haar aus der Stirn. Schweißtropfen hatten sich darauf gebildet.

»Ich habe mich erst sehr spät auf die Suche gemacht. Doch einen nach dem anderen habe ich aufgespürt und immer eine Spur entdeckt, die mich weiterbrachte. Jetzt sind nur noch Sie übrig – und Ihr Boss. Derjenige, der euch angestiftet und das furchtbare Verbrechen begangen hat.«

»Wonach suchst du wirklich?«, erkundigte sich Biggs. Er konnte das leise Zittern in seinen Worten nicht unterdrücken. »Ich ahne, dass es nicht nur das Verlangen nach Genugtuung ist.«

»Nach einem jungen Mann, der fast noch ein Säugling war, als er entführt wurde«, erwiderte Makoto. »Nach meinem Bruder …«

Biggs schluckte hart. »Ich weiß nicht, wo er sich aufhält«, schob er rasch nach.

»Das will ich von Ihnen auch gar nicht wissen.«

»Dann bist du gekommen, um auch mich zu töten?«

Ein Schaben wurde hinter Biggs laut, als schleife Stahl über Stoff. »Ja, das bin ich.« Der Farbige sagte es mit äußerster Ruhe, als kommentiere er eine Belanglosigkeit.

Martin Biggs hielt für einige Augenblicke die Luft an und drehte sich herum. Aus Makotos rechter Faust ragte die handbreite Klinge eines Jagdmessers. Hastig atmete Biggs mehrmals ein und aus, wagte aber nicht, eine wie auch immer geartete Bewegung zu machen.

»Du musst das nicht tun«, hauchte er. »Ich habe in den letzten Jahren genug gelitten. Mehr als die, die starben und einen schnellen Tod hatten.«

»Aber Sie haben gelebt «, konterte Makoto. »Egal, was Sie durchgemacht haben, bleibt Ihnen die endgültige Bestrafung nicht erspart. Denn Gott hat versagt, indem er Sie nicht gerichtet hat. Dieses Versäumnis aber werde ich nachholen.«

Die blitzende Klinge stach vor und bohrte sich in Biggs’ Leibesmitte. Makoto drehte das Messer und beobachtete sein Gegenüber, das vor erschrecktem Erstaunen den Mund geöffnet hatte und einen Namen röchelte. Einen Namen, den der Schwarze niemals wieder vergessen würde.

»Danke«, sagte er knapp. Mit einem Ruck riss Makoto die Schneide aus Biggs’ Fleisch. Der knickte ein und fiel auf die Knie. Makoto packte ihn am Schopf, der lang in den Nacken fiel, und riss ihn zurück. Dann setzte er die Klinge an Biggs’ Kehle und zog sie kraftvoll durch.

Wenige Sekunden darauf erschlaffte der Mann. Der Schwarze ließ ihn los und Biggs krachte tot zu Boden. Sein Blut verteilte sich auf dem Untergrund und lief in die Dielenritzen.

»Ich brauche dich nicht mehr«, sagte Makoto. »Denn wo du bist, wird der andere nicht weit sein. Ich kenne nun seinen Namen. Sobald er mir gesagt hat, wo ich meinen Bruder finde, töte ich auch ihn.«

Er spuckte auf den Toten und wischte sein Messer an dessen Kleidung ab. Dann verließ er die Waldhütte.

Das Nachgrübeln über sein weiteres Vorgehen hatte Lassiter schläfrig gemacht. Dass er eingeschlafen war, bemerkte er erst, als er unter lautem Klopfen an seiner Zimmertür hochschreckte.

»Mister Lassiter!«, erklang eine Stimme. »Ich würde gerne mit Ihnen reden.«

Es handelte sich um Winston Peck. Lassiter hatte ihn gleich erkannt. »Kommen Sie herein«, forderte er den Mormonenführer auf.

Nahezu lautlos drehte sich die Klinke. Zaghaft wurde die Tür geöffnet und sofort wieder verschlossen. »Was ich mit Ihnen zu bereden habe, ist nicht für jedermanns Ohren gedacht«, begann Peck.

Interessiert richtete sich Lassiter auf. »Reden Sie weiter«, sagte er.

»Wir sind eine friedfertige Kolonie«, erklärte Winston Peck, »und allen Menschen gegenüber aufgeschlossen. Doch wenn Unfrieden und Gewalt unter uns hausen, müssen wir uns schützen.«

»Ich höre Ihnen weiterhin zu«, sagte Lassiter.

Peck straffte sich. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Wir sind die Letzten, die einer bedürftigen Kreatur den Unterschlupf verweigern würden. Doch in Ihrem Fall würden wir die Sicherheit der Unsrigen aufs Spiel setzen. Das ist nicht im Sinne unserer gottesfürchtigen Gemeinschaft.«

»Sie wollen, dass ich gehe?«, zeigte sich Lassiter verwundert.

»Sie können über Nacht bleiben. Dann sollten Sie uns verlassen.« Winston Peck zögerte einen Moment, als er in Lassiters unbewegliche Miene blickte. »Sie werden uns doch keine Schwierigkeiten machen …?«

»Keine Sorge. Ich respektiere Ihren Wunsch.« Nachdenklich strich der Brigade-Agent über sein Kinn. »Allerdings frage ich mich, wie es zu diesem Gesinnungswandel kommen konnte. Hat mich mein anfänglicher Eindruck getrogen?«

Peck winkte ab. »Heather ist ein gutes und gläubiges Mädchen. Als sie mit ihren Eltern zu uns kam, war sie acht oder neun Jahre. Von der Welt hat sie nichts gesehen. Und sie kennt auch nicht die finsteren Seiten der Menschen. Bei mir aber liegt die Sache anders. Ein Sträfling wie Sie übt keinen guten Einfluss auf die Gemeinschaft aus. Nur, um Heathers gutes Herz nicht zu kränken, habe ich Sie aufgenommen. Nun aber …«

»Ich soll ihr gegenüber erwähnen, dass ich aus eigenem Entschluss verschwinde?«, mutmaßte Lassiter.

Bedächtig nickte Peck. »Das wäre mir lieb. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Gute Nacht, Mister Lassiter.« Der Mormonenführer wandte sich ab und verließ den Raum.

Letztlich war es dem Mann der Brigade Sieben egal, dass man ihn verbannte. Er hatte sich ohnehin nur kurzzeitig bei den Mormonen aufhalten wollen. Vorrangig war es, seine Haut reinzuwaschen. Und gleich morgen würde er in dem Bergbaudorf damit beginnen. Unter Umständen mochte es dem Schankwirt bereits besser gehen, sodass er wichtige Hinweise geben konnte.

Erneut legte sich Lassiter aufs Bett, kam aber nicht zur Ruhe, denn wieder einmal klopfte es. »Kommen Sie herein, Peck!«, rief er und seufzte. Er stemmte sich hoch, lehnte sich gegen die Wand und staunte nicht schlecht, als Heather unerwartet eintrat.

»Störe ich?«, fragte sie verhalten.

Lassiter schmunzelte. »Gar nicht.« Er stand auf und reckte sich. »Was haben Sie auf dem Herzen?«

Schüchtern schaute Heather Valentine ihn an. »Niemand weiß, dass ich bei Ihnen bin …« Es hörte sich an wie ein unkeusches Geständnis. Die Finger der jungen Frau berührten den Türschlüssel und drehten ihn. Klackend schnappte das Schloss zu.

»Ich habe es gleich in deinen Augen gelesen«, meinte Lassiter und verzog die Lippen zu einem wissenden Lächeln. »Allerdings habe ich nicht erwartet, dass es so schnell gehen würde.«

»Ich habe keine Zeit zu verlieren«, erwiderte Heather, »und bereits viel zu lange auf einen Moment wie diesen gewartet …« Schon begann sie, ihr knöchellanges Kleid aufzuknöpfen. Kurz darauf konnte Lassiter sehen, dass sie nichts darunter trug.

»Wenn das mal kein Augenschmaus ist«, raunte er und streifte sich sein Hemd von den Schultern.

»Gefällt dir, was du siehst?« Heather drehte sich einmal im Kreis und strich mit den Handflächen über ihren nackten Hintern.

Lassiter streckte seine Rechte aus. »Komm zu mir«, sagte er sanft.

Heathers Blick flackerte. In ihren Augen spiegelte sich Begierde wider. Ohne Scheu setzte sie einen Fuß vor den anderen und reckte einen Arm vor, um die dargebotene Hand zu ergreifen. Lassiter zog die blutjunge Mormonin zu sich heran und streichelte ihr Gesicht.

Die nackte Frau geriet in Atemnot. Die Erregung wollte sie schier ohnmächtig werden lassen. Sie spürte Lassiters Hände auf ihren kleinen festen Brüsten und keuchte erregt. Eng drängte sie sich an den großen Mann und quittierte jede seiner Berührungen mit einem leisen Stöhnen.

»Gehen wir rüber zum Bett«, flüsterte Lassiter und schob die Mormonin sanft vor sich her. »Beim ersten Mal ist es angenehmer, eine weiche Unterlage zu haben.«

»Oh«, machte Heather, »es ist nicht das erste Mal.« Sie beugte sich über die Matratze, rutschte bis ans hintere Ende und setzte sich darauf. Dann lehnte sie sich zurück und spreizte ihre Beine. »Es liegt allerdings so lange zurück, dass ich mich kaum mehr daran erinnere.«