Lassiter Sammelband 1851 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1851 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2434, 2435 und 2436.

Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 406

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Jack Slade
Lassiter Sammelband 1851

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben

Für die Originalausgaben:

Copyright © 2019 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2023 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Covermotiv: © Norma/Boada

ISBN: 978-3-7517-4720-2

www.bastei.de

www.sinclair.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Lassiter Sammelband 1851

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Lassiter 2434

Kein Job für eine Lady

Lassiter 2435

Ein Strick für Lorna Blane

Lassiter 2436

Flammen über River Hill

Guide

Start Reading

Contents

Kein Job für eine Lady

Es brauchte drei Männer, um ihn festzuhalten. Ezekiel Cole wehrte sich nach Kräften. Er kämpfte wie ein Bär, um sich aus der Umklammerung der starken Arme zu befreien.

»Vater!« Cassandras verzweifelte Schreie wurden leiser, als sie sie fortschleppten. Die Vorstellung, sie zu verlieren, brachte ihn beinahe um den Verstand. Die Kerle würden sie umbringen, daran bestand für ihn nicht der geringste Zweifel. Vorher jedoch würden sie ihr unaussprechliche Dinge antun. Eine Erwägung, die seine letzten Kräfte mobilisierte. Mit einem wütenden Röhren riss er sich los und wirbelte herum, bereit, seinem Tod ins Auge zu blicken …

Der Hieb kam hart und unbarmherzig. Ihm blieb keine Zeit zum Ausweichen. Die Faust seines Kontrahenten traf Ezekiel Cole mitten im Gesicht. Ein wilder Schmerz explodierte in seinem Schädel. Er taumelte rückwärts, wankte wie ein angeschossener Büffel. Dann knickten seine Knie unter ihm ein wie Strohhalme. Bevor er wusste, wie ihm geschah, fand er sich auf dem verschneiten Bretterboden seiner Veranda wieder.

Irgendwo rechts von ihm stieß einer der Kerle ein heiseres Gelächter aus.

Ezekiel Cole schüttelte schwer den Kopf. Er stemmte sich hoch, bis er aufrecht saß, und spuckte Blut und einen abgebrochenen Zahn in den Schnee.

»Vat-« Eine harte Pranke erstickte den Schrei seiner Tochter.

Seine Sicht war verschwommen. Er blinzelte und bemerkte, wie die Banditen auf ihre Pferde stiegen. Zügig, jedoch ohne Hast. Sie waren sich ihrer Sache sicher, wussten, dass ihr Plan aufgegangen war. Einer von ihnen hatte Cassie quer vor sich über den Rücken seines Reittieres geworfen, als wäre sie ein Sack voll getrockneter Bohnen. Sie wehrte sich und strampelte, aber der Maskierte hielt sie fest und machte ein Entkommen unmöglich.

Ezekiel Cole wollte aufstehen, doch seine Beine mochten ihn nicht tragen. Sie rutschten immer wieder unter ihm weg.

Hilflos vor Wut und Verzweiflung reckte der Richter seine Faust in den Himmel. »Warum tut ihr das?«, brüllte er die maskierten Männer an. »Lasst meine Tochter gehen! Sie hat euch nicht das Geringste getan!«

»Du weißt, was wir wollen, Cabrón.« Der Kerl, dessen Faust er zu kosten bekommen hatte, stieg auf sein Pferd. Er war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Ein hagerer Mann, dem man nicht ansah, wie viel Kraft in seiner sehnigen Statur steckte. Seine Stimme rasselte wie Stiefelsporen. Er trug ein Tuch vor dem Gesicht, das nur seine Augen freiließ.

Und diese Augen waren es, die Ezekiel Cole nun einen Schauder über den Rücken jagten. Sie waren kälter als das Eis oben am Mount Helena. Als Richter hatte er schon mehr als genug Galgenvögel gesehen. Manche waren aus Not auf die schiefe Bahn geraten, hatten sich jedoch noch etwas Gutes in ihrem Inneren bewahrt. Dieser Kerl hier nicht. Was auch immer von ihm zu erwarten war, war gewiss nichts Gutes.

In den vergangenen zwanzig Jahren hatte sich Ezekiel Cole den Ruf eines hartgesottenen Mannes erarbeitet. Er galt als unbestechlicher Verfechter von Recht und Gesetz, der sich vor nichts und niemandem fürchtete. Nun jedoch schnürte ihm die Furcht um seine Tochter die Kehle zu wie ein unsichtbares Hanfseil. Nach dem Tod seiner Frau war ihm nur noch sein Kind geblieben. Er hatte sie immer behütet. Vielleicht zu sehr. Mit ihren siebzehn Jahren wusste Cassie kaum etwas von der Welt. Und nun war es zu spät …

Wie konnte ich so unvorsichtig sein? , haderte er mit sich. Warum habe ich das nicht kommen sehen?

Als hätte er alle Zeit der Welt, streifte der Maskierte seine ledernen Handschuhe über. In einer fast schon spöttischen Geste tippte er sich an den Hut, nahm die Zügel und lenkte seinen Rappen herum.

»Nehmt mich an ihrer Stelle!«, machte Ezekiel Cole noch einen Versuch.

Verächtliches Gelächter erklang. Nein, dieser Tausch war nicht nach dem Geschmack der Kerle, das war nicht schwer zu erraten.

Wie auf ein stummes Kommando drückten die Banditen ihren Pferden die Fersen in die Flanken. Schnee stob unter den Hufen auf, als die Tiere lospreschten.

Eines von ihnen trug seine Tochter einem ungewissen Schicksal entgegen!

Der Richter kämpfte sich unter äußerster Willensanstrengung auf die Füße, taumelte zurück in sein Haus und packte das Henry-Gewehr, das stets griffbereit neben der Eingangstür lehnte. Es klickte metallisch, als er repetierte. Er wankte zurück nach draußen und legte an. Vor seinen Augen verschwammen Schnee, Nacht und die Flüchtenden in einem weißen Nebel. Verdammt! So konnte er nicht schießen!

Grimmig wischte er sich mit der flachen Hand über das Gesicht, spürte eine klebrige, warme Flüssigkeit an seinen Fingern und zerbiss einen Fluch auf den Lippen. Trotz der kalten Windböen, die von Nordwesten heranwehten, schwitzte er. All sein Denken konzentrierte sich darauf, auf den Beinen zu bleiben und zu schießen. Ihm blieb nur die Gelegenheit für einen Schuss. Vielleicht zwei. Dann würden die Kerle außer Reichweite sein – und mit ihnen seine Tochter.

Ich muss sie aufhalten. Ich muss!

Ezekiel Cole legte wieder an und zielte. Sein Haus stand ein wenig außerhalb von Helena. Vor seiner Veranda erstreckte sich nichts als einsames, spärlich mit Pinien bewachsenes Bergland. Er hatte freies Sichtfeld, aber was hieß das schon bei dieser Dunkelheit? Er konnte kaum mehr als die Umrisse der Umgebung erahnen. Schnee bedeckte die einsamen Hänge rings um seine Heimatstadt.

Noch vor wenigen Jahren war Montana ein riesiges, aber ödes und unwirtliches Territorium gewesen. Weit abseits der großen Trailwege, die in den Westen führten. Dann hatten Prospektoren die ersten Goldfunde gemacht und damit einen Boom ausgelöst, der das Land von Grund auf verändert hatte. Innerhalb kürzester Zeit waren Siedlungen und Städte entstanden. In der ersten Zeit hatten die Waffen Recht gesprochen. In einigen Regionen war das noch immer so.

Richter Ezekiel Cole war entschlossen, das zu ändern. Er wollte Recht und Gesetz nach Montana bringen. Nicht jedem gefiel sein hartes Durchgreifen. Gewiss nicht den Männern, die in dieser Nacht in sein Haus eingedrungen waren und seine Tochter entführt hatten.

Es grenzte an ein Wunder, dass sie ihn nicht erschossen hatten. Die Gelegenheit dazu hätten sie gehabt. Anscheinend wollten sie ihn jedoch nicht tot sehen. Nein, sie brauchten ihn noch, darüber machte er sich keine Illusionen. Das war der einzige Grund, dass er noch atmete.

Ezekiel Cole sog den Atem ein und sandte ein stummes Gebet zum Himmel, das Geschoss möge nicht seine Tochter treffen. Mit dem Ausatmen zog er den Stecher durch.

Der Schuss krachte. In der Ferne brüllte eines der Pferde getroffen auf. Seine Schreie klangen beinahe menschlich. Ezekiel Cole repetierte. Schoss ein zweites Mal. Wieder ein Brüllen. Unmöglich zu sagen, ob es von einem Menschen oder von einem Tier kam. Der Richter schauderte.

Doch seine Hoffnung, die Horde aufgehalten zu haben, erfüllte sich nicht. Die vermummten Gestalten verschmolzen mit den Schatten der Nacht. Und die Hufgeräusche wurden leiser und leiser, bis sie schließlich ganz verklangen.

Ezekiel Cole wankte ihnen nach, stolperte und stürzte in den Schnee. Cassie, bitte verzeih mir , schoss es ihm noch durch den Kopf, bevor er das Bewusstsein verlor.

Zuerst hörte er die Kojoten.

Ihr Heulen wehte von der anderen Seite einer verschneiten Anhöhe herüber. Die Kuppe war gut eine Meile entfernt von der Straße, die von Helena durch die Berge führte.

Der große Mann mit dem sandfarbenen Haar ließ seinen Appaloosa-Hengst neben einer verschneiten Pinie anhalten und lauschte. Es waren mehrere Kojoten, drei oder vier Tiere. Sie schienen sich um eine Beute zu streiten. Anders als Wölfe jagten sie nicht im Rudel, sondern meistens für sich. Ihre lautstarke Auseinandersetzung bedeutete, dass sie eine lohnende Beute gefunden hatten. Da oben musste etwas Sterbendes oder Totes liegen. Ein Büffel vielleicht; das wäre um diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich.

Lassiter richtete sich im Sattel auf, schob seinen Hut in den Nacken und blickte sich wachsam um.

Die Umgebung war karg und spärlich mit Pinien bewachsen. Die Hügel waren sanft geschwungen wie die sinnlichen Kurven einer schönen Frau. Der Schnee bedeckte sie wie ein weißes Tuch.

Vor wenigen Wochen waren die Temperaturen noch angenehm mild gewesen, aber dann hatte ein bitterkalter Nordwestwind das Wetter umschlagen lassen und heftige Schneefälle gebracht. Auch jetzt ballten sich über den Bergen Wolken zusammen, die nichts Gutes verhießen. Es war ratsam, sich einen Unterschlupf zu suchen. Vorher musste Lassiter aber herausfinden, was die Aasfresser angelockt hatte, damit es später keine unliebsamen Überraschungen gab.

Die unwirtliche Umgebung wirkte einsam und verlassen. Weit und breit schien sich keine Menschenseele aufzuhalten. Doch Lassiter ließ sich nicht täuschen. Die Männer, denen er auf der Spur war, waren vor weniger als vierundzwanzig Stunden hier durchgekommen. Sie hatten eine junge Frau bei sich, die nicht freiwillig mitkam. Vielleicht waren sie auch verletzt. Das machte sie langsam. Es war durchaus möglich, dass sie irgendwo in der Nähe ihr Lager aufgeschlagen hatten.

Er musste auf der Hut sein. Auf keinen Fall durfte er sich von ihnen entdecken lassen, sonst war seine Mission im Auftrag der Brigade Sieben vorbei, noch ehe sie begonnen hatte. Diese geheime Regierungsorganisation agierte überall dort, wo sich örtliche Gesetzesvertreter an einem Verbrechen die Zähne ausgebissen hatten. Ihre Agenten handelten ohne Rückendeckung und waren es gewohnt, für sich selbst einzustehen. Männer wie Lassiter.

Er kannte beide Seiten des Gesetzes und verfügte über einen ausgeprägten Instinkt, dem vertrauen konnte. Das hatte ihm schon mehr als einmal das Leben gerettet. Ein .38er Remington steckte griffbereit in seinem Holster, im Sattelschuh war eine Winchester verstaut. Alles Weitere, was er unterwegs benötigte, war hinter ihm am Sattel festgezurrt.

Das Pferd hatte er sich in Helena besorgt. Der gefleckte Hengst war ein eigenwilliges Tier, das sich nicht gern unterordnete und beim Satteln mehrfach nach ihm geschnappt hatte, aber der Händler hatte Lassiter versichert, dass es stets ruhig blieb und nicht einmal bei einer Schießerei die Nerven verlor. Das hatte den Ausschlag gegeben.

Mit leichtem Fersendruck lenkte er das Tier die Anhöhe hinauf, hielt dabei wachsam die Ohren gespitzt und die Augen offen. Noch immer veranstalteten die Kojoten hinter dem Hügel einen Heidenlärm. Ihre Beute schien sie in helle Aufregung zu versetzen.

Vor Lassiter lichteten sich die wenigen Pinien. Deckung gab es von hier an so gut wie keine mehr. Kurzentschlossen ließ er seinen Hengst anhalten und band ihn am Stamm eines krummen Nadelbaumes fest. Dann zog er das Gewehr aus dem Scabbard und rannte geduckt den Hang hinauf.

Das Bellen der Aasfresser wurde immer lauter.

Als Lassiter die Kuppe überwunden hatte, bot sich ein verschneiter Felsen als Deckung an. Lassiter kauerte sich dahinter, kniff die Augen zusammen und schaute sich um. Nun endlich konnte er sehen, was die Kojoten angelockt hatte.

Der Kadaver lag im Schnee. Die nackten Rippen spreizten sich auf wie bleiche Finger. Es waren die Überreste eines Pferdes. Vier Kojoten stritten sich darum. Die Tiere waren abgemagert. Der lange Winter hatte ihnen wenig Futter beschert. Der Hunger machte sie gefährlich. Selbst den Sattel, der im Schnee lag, hatten sie in ihrer Gefräßigkeit angenagt.

Lassiter runzelte die Stirn. Kein Mann ließ etwas so Kostbares wie seinen Sattel freiwillig zurück. Höchstwahrscheinlich war der Reiter verletzt oder gar tot. Doch so sehr Lassiter seine Blicke schweifen ließ, er konnte keinen anderen Menschen entdecken.

Schließlich näherte sich Lassiter dem Kadaver. Knurrend versuchten ihn die Kojoten auf Abstand zu halten. Er hielt inne. Schüsse würden die Tiere zwar vertreiben, aber auch jedem Revolverschwinger im weiten Umkreis verraten, dass er hier war. Keine gute Idee. Sollten sie ihr Werk beenden. Alles, was er noch tun konnte, war, nach Spuren zu suchen, die ihm verrieten, was hier geschehen war.

Der Schnee war zerwühlt, nicht nur von den Aasfressern, sondern von weiteren Pferden, die hier langgekommen waren, und zwei unterschiedlichen Stiefelabdrücken. Eine der Hufspuren, die vom Ort des Schreckens wegführten, war tiefer in den Schnee gegraben als zuvor. Von hier an hatte das Pferd zwei Reiter getragen. Einer war verletzt, denn Blutstropfen zeichneten eine Spur in den Schnee, der nicht schwer zu folgen war. Allerdings endete sie einige Yards später abrupt. Der Verwundete hatte sich wohl irgendwie zu helfen gewusst.

So oder so – der große Mann kannte nun die Richtung, welche die Fliehenden genommen hatten: weiter nach Nordwesten. Tiefer in die Berge hinein.

Eine eisige Windböe fauchte über den großen Mann hinweg und erinnerte ihn daran, dass die Nacht nicht mehr fern war. Er saß seit dem frühen Morgen im Sattel. Das war er gewohnt, trotzdem schmerzten seine Muskeln allmählich. Sein Körper forderte eine Pause und etwas zu essen, ehe er seine Suche fortsetzte.

Viel Zeit blieb ihm nicht, denn die Bande hatte einen Vorsprung, und er wusste nicht, ob sie sich eine Rast gönnten oder durchritten. Ersteres war wahrscheinlich, aber darauf verlassen konnte er sich nicht. Auf keinen Fall durfte er ihre Spur verlieren!

Eine Stunde , entschied er. Ich werde eine Stunde lagern, ehe ich weiterreite.

Ungefähr eine halbe Meile vor ihm zeichnete sich der dunkle Eingang einer Höhle zwischen den Felsen ab. Dort würde er sicher sein vor dem beißenden Wind, der wie die Krallen einer wütenden Raubkatze in die Haut schnitt. Lassiter kehrte zu seinem Pferd zurück, schwang sich in den Sattel und packte die Zügel fester.

Im selben Augenblick peitschten in der Ferne Schüsse!

»Mein Muli frisst von früh bis spät. Hey ho. Von früh bis spät.« Sam Whitfield sang ein Cowboylied, während er seinen Apfelschimmel neben dem Frachtwagen herlaufen ließ. Sein Gewehr lag quer über seinem Sattel. Teile des Textes schienen ihm entfallen zu sein, denn er summte hier und da, ehe er wieder in den Refrain verfiel. »Hey ho. Von früh bis spät.«

Eve zuckte es bei der schwungvollen Melodie in den Füßen. Ob ihr Begleiter über ein Muli sang, das einmal ihm gehört hatte? Bevor sie ihn danach fragen konnte, krachte es rechts von ihnen. Etwas fauchte haarscharf an Eves linkem Ohr vorbei und zackte in das Holz ihres Frachtwagens. Splitter flogen und verfehlten sie nur um wenige Inches.

Erschrocken zog die junge Frau den Kopf ein.

Da! Wieder ein Krachen! Diesmal wusste Eve Bescheid. Jemand schoss auf sie!

Unwillkürlich packte sie das Geschirr der Zug-Ochsen fester, aber an Flucht war mit den schwerfälligen Tieren nicht zu denken. Sie verfügten über genügend Kraft, um den voll beladenen Studebaker zu ziehen, allerdings waren sie langsam genug, dass ein Mensch nebenher laufen konnte. Einem Reiter zu entkommen war ihnen so unmöglich wie den Mount Helena zu versetzen. Bisher hatte Eve es nicht sonderlich eilig gehabt.

Das änderte sich gerade!

Sie drehte den Kopf und spähte um ihren Wagen herum. Mehrere Reiter preschten auf sie zu. Vier, nein fünf Männer waren es. Jeder von ihnen hielt eine Schusswaffe in der Hand. Und von der machten sie reichlich Gebrauch. Ihre Kugeln umschwirrten Eve und ihre Begleiter wie aufgebrachte Wildbienen. Noch waren die fremden Reiter ein gutes Stück entfernt, aber sie kamen mit jedem Atemzug näher!

Ein Ruck ging durch den Wagen, als die Ochsen, angespornt von dem Lärm, ihren Schritt beschleunigten, aber die schwere Fracht machte sie langsam.

An Flucht war nicht zu denken.

Was aber dann?

Eve umklammerte die Zügel. »Hey, yo, vorwärts!«, spornte sie ihre Zugtiere an. Ihr Ziel war Twin Rivers, eine Bergarbeitersiedlung im Westen von Montana. Doch ihre Reise stand unter keinem guten Stern. Zuerst hatten späte Schneefälle sie tagelang aufgehalten, und nun wurde sie angegriffen!

Gehetzt schaute sie sich um, suchte nach einem Versteck oder wenigstens einer Deckung, aber die wenigen Nadelbäume in der Nähe boten kaum Schutz. Genauso gut hätte sie sich die Augen zuhalten und hoffen können, der Gefahr dadurch zu entrinnen.

Vier Ochsenpaare waren vor ihren Wagen gespannt, der rumpelnd westwärts rollte. Ihr Reitpferd war daran festgemacht und trottete nebenher. Zwei bis an die Zähne bewaffnete Männer hatte sie als Begleitschutz angeheuert. Pete Shoemaker und Sam Whitfield. Während der grauhaarige Sam unterwegs gern plauderte oder sang, brachte Pete kaum die Zähne auseinander.

»Was sollen wir tun?«, rief Eve. »Kämpfen oder fliehen?«

»Die Kerle sind auf ihren Pferden schneller als wir«, polterte Sam. »Mit dem Frachtwagen können wir ihnen nicht entkommen.«

»Es kann nicht mehr weit sein bis Twin Rivers. Glauben Sie …« Eve stieß einen Schrei aus, als eine Kugel an ihrem Kopf vorbeischrammte. Das war knapp gewesen! Ihre Verfolger schossen sich allmählich ein! »Glauben Sie, wir schaffen es vor den Reitern in die Stadt?«

»Ausgeschlossen. Sie haben uns fast eingeholt. Wir müssen kämpfen! Oder wollen Sie den Frachtwagen zurücklassen, Mrs. Sandler?«

»Auf keinen Fall.«

»Dann haben wir keine Wahl.« Sam gab seinem Begleiter ein Zeichen. Die beiden Männer ritten jeweils links und rechts nach vorn zu den Ochsen und packten die Leittiere am Geschirr. Eve zog an den Zügeln. Zu dritt brachten sie die Tiere zum Stehen und sicherten sie. Dann sprang Eve vom Kutschbock und duckte sich hinter dem Wagen ab.

Sam und Pete folgten nur wenige Herzschläge später. Sie glitten aus dem Sattel und banden in aller Eile ihre Pferde fest, ehe sie Deckung suchten.

»Halten Sie den Kopf unten, Mrs. Sandler!«, rief Sam und brachte seine Winchester in Stellung.

Eve wollte sich jedoch nicht nur abducken. Auf dem Wagen befand sich alles, was sie besaß. Die Fracht sollte ihr Schlüssel in eine bessere Zukunft sein. Auf keinen Fall würde sie die kampflos aufgeben! Ihren fünfschüssigen Little Dragoon Revolver trug sie in einem Holster über ihrem Rock. Das Remington Percussions-Gewehr hatte einst ihrem Mann gehört. Eve hatte ein paar Mal damit geübt und auf Baumstämme gezielt. Ihr Ziel hatte sie meistens um etliche Yards verfehlt, aber jetzt musste sie ihr Glück einfach versuchen.

Die Verfolger waren nun nahe genug heran, dass Eve ihre bärtigen Visagen erkennen konnte. Die Reiter hatten ihre Gesichter nicht maskiert. Eve wurde flau. Sie war nicht dumm. Sie wusste genau, was das bedeutete: Die Kerle hatten nicht vor, einen von ihnen am Leben zu lassen.

»Ruhig Blut«, mahnte Sam. »Verschwenden wir keine Munition. Lassen wir die Schufte näher herankommen.«

Eves Herz pochte wild wie die Hufe eines fliehenden Wildes. Sie brachte ihr Gewehr in Position und zielte auf einen der heranpreschenden Reiter. Neben ihr tat Pete dasselbe. Sie konnte sein schweres Schnaufen hören.

»Noch nicht«, mahnte Sam.

Eve hielt den Atem an.

»Noch nicht!«

Die Reiter waren inzwischen nahe genug, dass man den weißen Atem sehen konnte, der vor den Nüstern ihrer Pferde aufstieg.

»Jetzt!«, brüllte Sam und richtete sich auf.

Eve krümmte den Finger am Abzug. Links und rechts von ihr krachte es ebenfalls. Der Rückstoß ließ Eve taumeln. Sie keuchte, fing sich wieder. Zeit zum Nachladen ihres Gewehrs hatte sie nicht. Entschlossen hob sie den Revolver, zielte und drückte ab. Einer der Reiter wurde auf seinem Pferd nach hinten gerissen und jaulte auf, hielt sich jedoch im Sattel. Aus seinem Colt flogen ihnen nun die Kugeln um die Ohren. Eine fand ihr Ziel: Pete sank getroffen in sich zusammen. Blut strömte aus einer grässlichen Wunde in seiner Wange. Bleiche Zähne und Knochen wurden sichtbar. Ein entsetzlicher Schmerz verwüstete seine Züge selbst im Tod.

»Nein!« Eve packte ihren Revolver fester, zog durch und schoss erneut. Ihre Kugel verfehlte das Ziel und schlug in den dürren Stamm einer Pinie ein.

In ihrem Schrecken hatte Eve nicht mehr auf ihre Deckung geachtet. Das rächte sich nun, denn unvermittelt schoss ein brennender Schmerz durch ihre linke Schulter. Sie begriff nicht gleich, starrte an sich hinunter und bemerkte das Blut, das sich auf ihrem Mantel ausbreitete. Sie war getroffen!

Und dann waren die Kerle da! Einer sprang unmittelbar vor Eve aus dem Sattel und hieb ihr mit einem wilden Schlag die Waffe aus der Hand. Vor lauter Schmerz wurde ihr übel. Doch so leicht wollte sie es den Banditen nicht machen. Sie packte das Gewehr, holte aus und hieb es dem Angreifer mit voller Wucht auf den Schädel. Der röhrte vor Schmerz und Zorn, ging jedoch nicht zu Boden, sondern wankte weiter auf sie zu.

Entsetzt wich Eve zurück.

Neben ihr blutete Sam aus mehreren Wunden, aber er kämpfte. Kämpfte wie ein wütender Bär. Sein Revolver spuckte Kugeln und Rauch.

»Kommt her und kämpft wie Männer!«, brüllte er und schwang drohend eine Faust.

Eine Kugel sauste heran, zackte Sam in die Brust. Gurgelnd sackte er in die Knie. Blut sickerte zwischen seinen Lippen hervor. Einmal noch krümmte er den Finger am Abzug. Seine Kugel raste in die abendliche Dämmerung davon, ohne Schaden anzurichten.

Nun war nur noch Eve übrig. Und sie hatte nicht vor, sich ohne Gegenwehr ins Jenseits befördern zu lassen. Panisch suchte sie den Boden nach ihrem Revolver ab, aber sie würde keine Zeit für einen weiteren Schuss haben. Nein, sie konnte nur noch eines tun: ihr Heil in der Flucht suchen!

Eve wirbelte herum, rammte dem Banditen, der ihr den Weg versperrte, schwungvoll ein Knie in seine empfindlichste Stelle. Dann stürmte sie mit wehenden Röcken davon. Damit hatten die Kerle nicht gerechnet. Das verblüffte sie dermaßen, dass sie nicht gleich handelten. Eve gewann einen Vorsprung.

Hinter sich hörte sie die Schufte johlen.

Kein Wunder, hatten sie doch gerade einen voll beladenen Frachtwagen in ihre Gewalt gebracht. Eve hielt sich nicht auf, sondern stürmte davon, so schnell sie nur konnte. Die langen Röcke hinderten sie. Energisch raffte sie sie hoch und rannte weiter. Dabei rechnete sie jeden Moment damit, eine Kugel in den Rücken zu bekommen. Sicherlich würden die Kerle keine unliebsame Zeugin davonkommen lassen. Oder?

Doch die Banditen hatten etwas anderes mit ihr im Sinn. Das erkannte sie, als sich eine schwere Pranke von hinten um ihren rechten Arm schloss und sie aufhielt. Einer der Männer war von seinem Pferd gesprungen und hatte sie zu Fuß verfolgt! Er packte sie nun so fest, dass sie nicht weiterkonnte. Eve fuhr herum, trat nach ihm, kratzte und biss, aber den Bärenkräften des Hünen war sie nicht gewachsen.

Es sah schlecht für sie aus. Sehr schlecht sogar.

»Lassen Sie mich los!«, rief sie und versuchte, sich loszureißen.

»Hey, die Kleine hat ja richtig Feuer.« Ein drahtiger Kerl im schwarzen Staubmantel kam heran und glitt ebenfalls aus dem Sattel. Sein breites Grinsen entblößte schwarze Zahnstummel. »Da hast du eine hübsche Wildkatze eingefangen, William.«

Eves Häscher lachte grollend. »Wär’ schade um sie, oder? Die bringen wir nicht um. Zumindest jetzt noch nicht.«

»Schau dir diese Haut an. Weiß wie Sahne. So was hab ich lange nicht mehr gesehen. Da möchte man direkt seine Zähne hineinversenken. Hör zu: Ich will zuerst auf sie drauf!«

»Träum weiter. Ich hab sie geschnappt. Sie gehört mir!«

»So haben wir nicht gewettet. Du hast noch was gutzumachen, Will. Vergiss das nicht. Ich will die Süße zuerst haben, verstanden?« Der Hagere beugte sich vor und betrachtete Eve begehrlich. »Ein Schneesturm zieht auf, aber keine Sorge, Täubchen. Ich werde dich schon warmhalten.« Er lachte heiser und streckte eine Hand nach ihr aus.

»Nimm die Pfoten von ihr, Joe«, polterte Will. Sein Halstuch war verrutscht und entblößte eine fingerbreite Narbe, die um seinen Hals herumzuführen schien. Wie von einer Schlinge. Hatte er schon einmal am Galgen gebaumelt?

Eve spürte einen kalten Schauder. Die grauen Augen des Mannes schienen schon viel zu viel Blutvergießen gesehen zu haben. Kalt waren sie, wie der Morgennebel über dem Fluss.

»Die nehme ich«, dröhnte einer der Banditen, die bis jetzt den Frachtwagen durchstöbert hatten.

»Stell dich hinten an«, murrte Joe. Seine Hand schnellte vor, packte eine von Eves Brüsten und knetete sie schmerzhaft. Eve wand sich, aber der Hagere hielt sie so fest, dass an ein Entkommen nicht zu denken war.

»Hey, das Kätzchen hat Krallen. Die muss wohl erst lernen, wo ihr Platz ist. Na, ich werde dir schon beibringen, was du wissen musst.« Zwei Reihen schwarzer Zahnstummel grinsten Eve entgegen. Der Hagere packte sie um die Taille und wollte sie zu sich heranziehen.

In diesem Augenblick zischte etwas an ihm vorbei und schlug in das Holz des Frachtwagens ein.

»Verdammt noch mal!« Joe schnellte herum und kniff die Augen zusammen wie ein misstrauisches Wiesel.

Aus der Dämmerung schälten sich die Umrisse eines Mannes. Er hielt eine Winchester in den Fäusten.

Sekundenlang war Eve nicht sicher, ob der Neuankömmling Hoffnung oder Tod bedeutete. Wieder krachte es. Dann fiel der Dürrländer mit den Zahnstummeln. Das kreisrunde Loch in seiner Stirn ließ keinen Zweifel daran, dass er nie wieder aufstehen würde.

Der Griff von Eves Peiniger lockerte sich.

Gedankenschnell riss sich die junge Frau los und hechtete hinter ihren Wagen. Das war auch gut so, denn nun zischte Kugel um Kugel heran.

Wer auch immer da kam, hatte nicht vor, halbe Sachen zu machen.

Lassiter war noch zu weit entfernt zum Eingreifen, als er die Bedrängnis der Reisenden bemerkte. Berittene Banditen überfielen einen Frachtwagen. Schüsse krachten. Pferde wieherten. Ochsen brüllten. Die drei Reisenden wehrten sich nach Kräften. Eine junge Frau und zwei Bewaffnete waren es, doch sie standen auf verlorenem Posten. Wenn keine Hilfe kam, würde der Kampf kurz und endgültig sein.

Entschlossen drückte Lassiter seinem Pferd die Fersen in die Flanken. Er konnte nicht wegschauen, wenn Unschuldige angegriffen wurden. Um einen Plan zu schmieden, reichte die Zeit nicht mehr. Er musste improvisieren.

Unweit der Stelle, an der die Kerle den Frachtwagen überfielen, hielt Lassiter sein Pferd an und hobbelte es in aller Eile an. Dann zog er die Winchester aus dem Scabbard und eilte vorwärts. Die Dämmerung bot ihm Schutz. Außerdem waren die Banditen schwer beschäftigt und sahen ihn nicht kommen.

Er machte sich schussbereit.

Unterdessen waren die beiden bewaffneten Begleiter des Frachtwagens gefallen. Lediglich die Frau stand noch auf den Füßen. Gleich drei der Schufte machten sich an ihr zu schaffen. Einer hielt sie fest, während die anderen beiden über irgendetwas zu debattieren schienen. Lassiter hatte nicht vor, sie ihren Zank ausdiskutieren zu lassen. Solange das Girl zwischen den dreien stand, hatte er keine freie Schussbahn. Ihm blieb nur eins: einen Warnschuss abzugeben – und zu hoffen, dass die Frau verstehen und entsprechend handeln würde.

Lassiter zielte auf den Wagen und schoss. Seine Kugel jagte in das Holz und schreckte die Kerle auf. Wie er es gehofft hatte, duckte sich die Frau zur Seite weg. Damit war der Weg für ihn frei. Seine nächste Kugel traf einen der Kerle in den Kopf. Er sackte weg wie ein nasser Sack Kartoffeln.

Blieben noch vier Banditen übrig. Und die wollten sich nicht um ihre Beute bringen lassen. Sie schossen, was ihre Waffen hergaben! Lassiter hatte das kommen sehen und hechtete hinter eine windschiefe Kiefer. Kugeln fauchten an ihm vorbei, zackten in den Stamm oder verschwanden zischend in der Dunkelheit. In der Nähe brüllte ein Pferd getroffen im Todeskampf. Seinen Appaloosa musste es erwischt haben.

Lassiter presste die Kiefer so fest aufeinander, dass es knirschte.

Dunkle Stimmen riefen Befehle. Was sie brüllten, war nicht zu verstehen. Dafür war nun das Stampfen der Ochsenhufe zu hören. Räder quietschten. Das konnte nur eins bedeuten: Die Kerle wollten sich mit ihrer Beute davonmachen!

Lassiter schnellte aus seiner Deckung, rollte sich über den Boden und kam auf dem Bauch zu liegen. Er brachte seine Winchester in Anschlag. Mit einem Blick erfasste er die Lage: Zwei der Kerle gaben den Zugochsen die Peitsche und schossen wahllos hinter sich. Ihre Kugeln pfiffen mehrere Yards an ihm vorbei. Ihre beiden überlebenden Kumpane blieben zurück. Vermutlich wollten sie sich um Lassiter und das Girl kümmern. Mehrere Pferde preschten davon und verschwanden in der Dunkelheit.

Einer der Halunken tänzelte mit breitem Grinsen um die Frau herum. Sie schwang ihr Gewehr, als hielte sie einen Knüppel in der Hand. Ihre Augen schienen Funken zu sprühen.

Der zweite war hinter einem Felsbrocken am Rand des Trails in Deckung gegangen. Von dort fauchten nun wieder Kugeln heran. Die Position des Schurken war jedoch für seine Zwecke ungünstig. Aus seiner sicheren Lage heraus konnte er nicht genau ausmachen, wo Lassiter war, und der große Mann hatte nicht vor, es ihn herausfinden zu lassen. Er sprang auf die Füße, zielte und schoss.

Der Bandit heulte auf wie ein Kojote.

Lassiter hatte ihm das Ohr weggeschossen!

Blind vor Schmerzen taumelte der Getroffene rückwärts, während das Blut nur so spritzte. Er war jedoch noch nicht kampfunfähig. Im Gegenteil. Die Qual ließ ihn rot sehen. Mit einem wütenden Schrei stürzte er sich auf Lassiter. Er wollte schießen, hatte jedoch nicht mitgezählt. Sein Revolver gab nur noch ein metallisches Klicken von sich. Die Munition war ihm ausgegangen. Dafür zog er nun ein Messer aus seinem Gürtel. Mit wildem Geheul holte er aus – und fiel im nächsten Moment, als eine Kugel aus Lassiters Winchester in seinen Bauch fuhr.

Die Frau hatte sich ihren Peiniger unterdessen mit beherzten Hieben mit dem Gewehrkolben vom Leib gehalten. Als dieser sah, dass sein Kumpan getroffen war, stieß er ein wütendes Brüllen aus. Auch ihm schienen die Kugeln ausgegangen zu sein. Er tastete nach seinem Messer.

Lassiter hatte genug gesehen. Mit langen Schritten brachte er die wenigen Yards hinter sich und schmetterte dem Banditen seine Faust gegen das Kinn. Sein Kontrahent stürzte hintenüber, prallte mit dem Kopf gegen einen Stein.

Etwas knackte unschön.

Dann flirrte der Blick des Halunken ins Nichts.

Er hatte sich bei dem Sturz das Genick gebrochen.

Lassiter schaute sich um, vergewisserte sich, dass von den Revolverschwingern keine Gefahr mehr drohte. Dann wandte er sich der Frau zu. Sie blickte ihn aus großen, erschrockenen Augen an. Ein dunkler Blutfleck zeichnete sich an ihrer Schulter ab. Sie wich zurück, als er sich ihr näherte.

»Keine Sorge. Ich werde Ihnen nichts tun, Miss. Das verspreche ich Ihnen. Was ist mit Ihrer Schulter?«

»Ich weiß es nicht.« Sie taumelte plötzlich. Wie es schien, war sie nicht nur getroffen, sondern hatte auch eine Menge Blut verloren.

Lassiter zerbiss einen Fluch zwischen den Lippen. An eine Verfolgung der beiden verbliebenen Kerle auf dem Frachtwagen war nicht zu denken. Sie musste verbunden werden, sonst würde sie die Nacht nicht überstehen. Außerdem verriet ihm ein rascher Seitenblick, dass sie keine Pferde mehr hatten. Die Reittiere waren samt und sonders von Kugeln niedergestreckt oder geflohen.

»Mein Wagen!« Fassungslos schaute sie dem Studebaker hinterher, der sich immer weiter entfernte. »Wir müssen ihm nach!«

»Vorher sollten wir Ihre Wunden versorgen.«

»Aber meine Fracht …«

»Um die werden wir uns später kümmern.«

»Sie verstehen nicht. Auf dem Wagen ist alles, was ich habe! Ich brauche ein Pferd.« Ihr Blick irrlichterte umher. Dann weiteten sich ihre Augen. Sie hatte die Leichen ihrer beiden Begleiter entdeckt. »O nein! Nein!« Sie raffte die Röcke und rannte zu den beiden Männern. Beiden war nicht mehr zu helfen. »Sam … Pete …« Ihre Augen schimmerten feucht.

»Da ist nichts mehr zu machen, fürchte ich.« Lassiter blickte zum Himmel, der sich zusehends verdunkelte. Das orangefarbene Leuchten gefiel ihm gar nicht. Er wusste, was das bedeutete: »Ein Schneesturm zieht auf. Wir müssen hier weg.«

»Aber wir können Sam und Pete nicht so hier liegenlassen.«

»Wir können uns gleich dazulegen, wenn wir keinen Unterschlupf finden.«

»Aber …« Sie stockte und kämpfte sichtlich mit sich. Inzwischen war der Sturm heftiger geworden, zerrte an ihren Kleidern und stach wie Nadelspitzen in ihre Wangen. Die Zeit lief ihnen davon.

»Für die beiden können wir nichts mehr tun«, bedauerte Lassiter. »Wo wollten Sie eigentlich hin, Miss …«

»Sandler. Eve Sandler, heiße ich.«

»Ich bin Lassiter. Wo wollten Sie hin, Miss Sandler?«

»Misses«, verbesserte sie ihn leise.

»Ihr Mann?« Lassiter schaute auf die beiden erschossenen Wachleute.

»Nein, keiner von ihnen ist Henry. Mein Mann wurde vor ein paar Monaten in seinem Laden erschossen.«

»Das tut mir sehr leid, Ma’am.«

»Ich bin auf dem Weg nach Twin Rivers. Dort will ich einen Generalstore eröffnen und ein neues Leben beginnen.« Eve verzog das Gesicht. »Zumindest war das der Plan, aber nun haben diese Verbrecher meine Wachmänner ermordet und meine Waren geraubt. Mir bleibt nichts, wenn ich den Wagen nicht wiederbekomme. Ich muss ihnen folgen.«

»Das Unwetter wird sie genauso aufhalten wie uns.«

»Das ist ein schwacher Trost, Mr. Lassiter.«

»Lassiter genügt.« Er hätte ihr gern versprochen, dass sie ihre Besitztümer zurückbekommen würde, aber das konnte er nicht, weil er es schlicht nicht wusste. So stapfte er zurück zu seinem Pferd.

Wie er es befürchtet hatte, lag der Appaloosa in seinem Blut. Eine verirrte Kugel hatte ihn getroffen. Er war tot. Lassiter nahm ihm den Sattel und das Bündel mit seinen Sachen ab.

Auf dem Weg hierher hatte Lassiter eine Höhle entdeckt. Die würde ihnen Schutz vor dem Wetter bieten. Dort konnte er sich auch Eves Verletzung anschauen.

Sie nahm seinen Vorschlag schweigend zur Kenntnis.

Eve holte ihre Waffen und trottete ihm stumm nach. Sie schien schwer an den Ereignissen der vergangenen Stunde zu schlucken. Das konnte er ihr nicht verdenken.

Als sich die dunklen Umrisse des Höhleneingangs vor ihnen im Felsen abzeichneten, blieb Lassiter stehen.

Eve wollte an ihm vorbeigehen.

»Vorsicht«, hielt er sie zurück. »Man weiß nie, wer eine Höhle zuerst entdeckt hat.«

Alarmiert verharrte sie mitten in der Bewegung.

Lassiter hielt seinen Remington noch in der Hand. Vorsichtig schob er sich durch den schmalen Durchgang und kniff die Augen zusammen. Von draußen fiel spärliches Licht herein. Im Halbdunkel waren die schroffen Felswände nur zu erahnen.

Das Rascheln von Röcken hinter ihm verriet, dass Eve ihm gefolgt war.

»Sie sollten draußen warten«, raunte er.

»Zu zweit sind wir stärker. Falls wirklich jemand hier ist.« Eve trat hinter hin und spähte über seine Schulter in das dämmrige Halbdunkel der Höhle.

Plötzlich zuckte sie zusammen.

»Da! Weiter hinten!«

Lassiter nickte kaum merklich. Da war eine Bewegung! Kaum wahrnehmbar. Ein Schatten unter den Schatten. Er wusste jedoch, was er gesehen hatte.

Sie waren nicht allein hier drin.

Ein leuchtendes Augenpaar schälte sich aus der Dunkelheit. Lautlos näherte sich der Puma. Dichtes braunes Fell bedeckte seinen Körper. Ein geballtes Muskelpaket, das es vermochte, aus dem Stand über fünf Meter hochzuspringen. Dieses Tier konnte einen Menschen schwer verletzen, wie Lassiter sehr wohl wusste. Er war schon früher Berglöwen begegnet und hatte einige Narben, die das bezeugten. Er nahm den beißenden Geruch des Raubtieres wahr.

Sie waren in den Unterschlupf des Pumas eingedrungen!

Lassiter schob sich vor Eve. »Wir müssen den Ausgang freigeben«, raunte er und lotste das Girl zur Seite. Als der Durchlass frei war, hob er sein Gewehr und stieß ein lautes Gebrüll aus. »Hey, fort! Ab mit dir!«

Fauchend schnellte der Puma vor. Einen Herzschlag lang schien es so, als würde er sich auf die beiden Menschen stürzen, doch dann preschte er an ihnen vorbei und verschwand aus der Höhle.

Eve stieß hörbar den Atem aus.

Lassiter legte seinen Sattel ab. Dabei stieß er mit dem Fuß gegen einige Zweige. Auf dem Boden zeichneten sich die Umrisse eines alten Lagerfeuers ab. Offenbar waren sie nicht die Ersten, die hier Zuflucht suchten. In der Nähe lag Holz. Es war trocken und würde ihnen gute Dienste leisten. Lassiter holte den Feuerstein aus seinem Bündel und machte ein Feuer.

Von draußen drang das Fauchen des Sturms herein. Es wurde von Minute zu Minute lauter. Schneeflocken wirbelten herein. Sie hatten gerade noch rechtzeitig Schutz gefunden!

Wenig später prasselte ein munteres Feuer in der Höhle.

»Das wird den Puma fernhalten«, murmelte Lassiter.

»Das arme Tier. Wir haben es aus seinem Versteck vertrieben. Nun ist es dem Schneesturm ausgesetzt.«

»Es kommt da draußen besser zurecht als wir.«

»Hoffentlich.« Eve trat an die Flammen heran und reckte ihre Hände vor. Nun, wo die Anspannung von ihr abfiel, zitterte sie am ganzen Leib. Ob vor Kälte oder Furcht war schwer zu sagen. Vielleicht ein wenig von beidem.

»Ich sollte mir das ansehen.« Lassiter deutete auf ihre verletzte Schulter.

Bereitwillig nahm sie ihren Mantel ab. Er schob ihr Kleid über die Schulter zur Seite und betrachtete die Wunde.

»Es ist ein Streifschuss. Wir müssen das saubermachen und verbinden.« Lassiter hatte Whiskey und Verbandstoff in seinem Bündel. Behutsam tupfte er Eves cremeweiße Haut ab und wickelte den Verband um ihre Schulter. Sie gab während der ganzen Prozedur keinen Mucks von sich.

Schließlich hielt er ihr die Flasche hin. »Nehmen Sie einen Schluck. Der wärmt und hilft gegen die Schmerzen.«

Wortlos griff sie zu und trank.

Lassiter nahm die Decken aus seinem Bündel. Eine breitete er auf dem Boden aus. Die andere hing er Eve um die Schultern. »Besser so?«

»Danke.« Eve lächelte zum ersten Mal. Ihre grünen Augen leuchteten wie zwei Sterne. »Sind Sie auch verletzt?«

»Das sind nur Kratzer. Haben Sie Hunger?«

»Nein. Für einen heißen Kaffee gäbe ich jetzt allerdings mein letztes Hemd.«

»Ich auch. In der Tat. Leider haben wir keinen hier.«

»Ich hatte welchen in meinem Wagen. Arbuckle-Kaffee.«

»Ah. Das gute Zeug.« Lassiter nickte. Früher hatte es nur rohe Kaffeebohnen zu kaufen gegeben. Jedermann musste zusehen, wie er die Bohnen selbst röstete. Vor wenigen Jahren jedoch waren zwei Brüder namens Arbuckle aus Pennsylvania auf die Idee gekommen, die Bohnen vor dem Verkauf zu rösten. Sie besprühten die noch heißen Bohnen mit einer Mischung aus Eiweiß und Staubzucker und bewahrten auf diese Weise ihr Aroma. Nach einem langen Ritt gab es nichts Besseres als eine Kanne mit heißem Arbuckle-Kaffee.

»Auf meinem Wagen hatte ich zwei große Kisten mit Kaffee. Dazu schöne Stoffe, Lebensmittel, Messer und noch tausend andere Sachen.« Nun liefen Eves Augen doch über. Der Verlust ihrer Waren war gewiss bitter.

»Noch ist nicht alles verloren«, sagte Lassiter. »Hören Sie das? Der Schneesturm wütet immer schlimmer. Die Banditen werden mit ihrer Beute nicht weit kommen. Sie müssen lagern. Und mit den Ochsen sind sie ohnehin nicht sehr schnell. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass wir sie morgen finden und Ihren Wagen zurückholen.«

»Ich hoffe es.« Eve zog die Decke vor ihrer Brust zusammen. »Wohin waren Sie eigentlich unterwegs, Lassiter?«

»Ich bin auf der Suche nach jemandem.«

»Dann sind Sie bestimmt nicht froh über die Verzögerung.«

»Es nutzt nichts, sich über Dinge zu ärgern, die man nicht ändern kann. Heute Nacht sitzen wir hier fest. Damit müssen wir uns abfinden.« Tatsächlich verrieten die Geräusche von draußen, dass sich das Wetter zu einem Blizzard auswuchs. Der Winter mochte das Land noch nicht aus seinen Klauen lassen. Vorerst konnten sie nichts anderes tun, als durchzuhalten. Nun, es gab Schlimmeres, als mit einer bildhübschen Frau in einer Höhle festzusitzen.

Eve schien das ebenso zu sehen, denn sie sah Lassiter versonnen an. Ihr Blick verriet, dass ihr gefiel, was sie sah. Und er sagte noch etwas anderes: Ich will dich!

Sicherlich war sie einsam nach dem frühen Tod ihres Mannes. Ein Girl wie sie war nicht gern allein.

Ihr üppiger Busen hob und senkte sich verführerisch unter ihren schnellen Atemzügen. In ihren feuchten Augen stand Einsamkeit – und noch etwas anderes: eine Sehnsucht, die gestillt werden wollte.

Ihr Lächeln ging ihm unter die Haut. Da ließ er sich nicht lange bitten. Er nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuss, den sie leidenschaftlich erwiderte. Aber sie wollte mehr, viel mehr!

Eve schmiegte sich an den großen Mann, fuhr nach kurzem Zögern mit ihrer schmalen Hand über seinen harten, noch von der Hose gebändigten Schaft.

»Was ist mit deiner Verletzung?«, gab er zu bedenken.

»Welche Verletzung?«, erwiderte sie schelmisch. Sie reckte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn abermals. Spielerisch rangen ihre Zungen miteinander. Ein vorfreudiges Beben lief durch Eves Körper. Sie stöhnte wohlig, rieb sie sich an ihm. Und Lassiter wusste genau, wie er das Feuer, das er in ihr entzündet hatte, anheizen konnte.

Er machte sich an den Knöpfen ihres Kleides zu schaffen. Eve bog sich ihm entgegen und keuchte, als er ihr den Stoff von den Schultern streifte und ein kalter Luftzug ihre Haut traf. Doch sogleich waren seine Lippen da. Heiß und zärtlich erkundeten sie ihre weiche Haut und ließen Eve verzückt stöhnen.

Ihr Kleid glitt raschelnd zu Boden. Nun trug sie nur noch ihr Korsett. Das war mit seinen zahlreichen Häkchen und Schleifen eine Herausforderung für jeden Mann, aber schließlich fiel auch das. Eves weiße Haut schimmerte im Schein des Feuers. Ihre kurvenreiche Figur war wie gemacht für Lassiters streichelnde Hände. Ihre rötlichen Locken ringelten sich über ihre Schultern, darunter ragten keck die prallen Spitzen ihrer Brüste hervor.

Sie küssten sich, bis sie keine Luft mehr bekamen und nebeneinander auf das Deckenlager sanken. Lassiter liebkoste Eves schmale Taille und ihren herrlichen Busen. Sie streifte ihm geschickt die Hose von den Hüften und umschloss seinen harten Liebespfahl mit der Rechten.

»So ein großes Kaliber hatte ich noch nie«, hauchte sie mit glänzenden Augen. Im nächsten Augenblick stülpte sie die Lippen über sein bestes Stück und begann so sinnlich daran zu saugen und zu lecken, dass ihm beinahe Hören und Sehen verging. Während ihn ihre flinke Zunge reizte und verwöhnte, strichen ihre weichen Locken über seine Männlichkeit und schenkten ihm ungeahnte Wonnen.

Eve sollte jedoch auch auf ihre Kosten kommen, deshalb packte Lassiter sie kurzerhand und drehte sie auf den Rücken. Er tupfte eine Spur aus glühend heißen Küssen auf ihre Haut, strich über ihren schlanken Hals, die vollen Brüste und ihren flachen Bauch, bis er schließlich die Innenseiten ihrer seidigen Schenkel erreichte.

Eve stöhnte auf und krallte die Finger in seine Haare. Verlangend öffnete sie ihre langen schlanken Beine. Ihre Blüte glänzte feucht. Als seine Zunge unvermittelt vorstieß, schnappte sie halb empört, halb entzückt nach Luft.

Lassiter könnte ihr keine Rast. Er wusste genau, wie er das weibliche Geschlecht zu höchsten Verzückungen treiben konnte. Eve bäumte sich immer heftiger unter seinen Liebkosungen auf, zog ihn näher zu sich heran, stöhnte und warf den Kopf wild hin und her.

»Ja, Lassiter, o jaaaa … nicht aufhören!«

Ihr biegsamer Körper zuckte jäh zusammen wie unter einem Peitschenhieb.

Ein wildes Zucken und Beben lief durch sie hindurch und verriet ihre höchste Wonne. Lassiter rechnete fast damit, dass sie erst einmal zu Atem kommen musste, aber Eve war einmal mehr für eine Überraschung gut. Sie zog ihn zu sich hoch, klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende an einen Baumstamm und küsste ihn stürmisch. Zusammen wälzten sie sich über das Lager, streichelten und liebkosten sich.

Schließlich schwang sich Eve auf ihn und ließ sich langsam auf seinen harten Schaft sinken. Vor Wonne, ihn in sich zu spüren, verdrehte sie die Augen, dass fast nur noch das Weiße zu sehen war. Sie presste die Schenkel fest an ihn und begann einen stürmischen Ritt, immer schneller und schneller. Ihre üppigen Brüste wippten und zitterten im Rhythmus mit.

Lassiter packte ihre Hüften und bockte ihr von unten wie ein wilder Bronco entgegen. Da entfuhr dem Girl ein lustvoller Seufzer, und es legte noch an Tempo zu. So dauerte es nicht lange, bis der gemeinsame Orgasmus über sie hinwegfegte. Bei ihrem wilden Zucken und Beben hatte auch Lassiter die Zurückhaltung aufgegeben und verströmte sich heiß in sie.

Völlig erschöpft sank Eve schließlich neben ihn und barg das glühende Gesicht an seiner Schulter.

»So etwas habe ich noch nicht erlebt«, seufzte sie glücklich, als sie wieder einigermaßen zu Atem gekommen war.

»Mir hat es auch gefallen«, gab er zurück und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus der verschwitzten Stirn.

»Dich muss der Himmel geschickt haben, Lassiter.«

»Nun, der Himmel nicht gerade.«

»Deine Suche … worum auch immer es geht, ich bin froh, dass sie dich hierhergeführt hat.«

»Das bin ich auch.« Lassiter lauschte auf das Heulen und Fauchen des Sturms, der draußen tobte und sogar noch an Stärke zuzunehmen schien. Immer wieder wurden Schneeflocken durch den engen Durchlass hereingewirbelt. »Der Sturm wird sicherlich die ganze Nacht anhalten. Wir sollten uns besser warmhalten.«

»O ja!« Eves Augen schienen aufzuleuchten. Sie jauchzte, als er sie packte und herumwirbelte, bis sie auf ihm saß. Ihre roten Lippen verzogen sich zu einem freudigen Lächeln, als sie an ihrem Hinterteil deutlich spürte, wonach ihm schon wieder der Sinn stand.

Eine lange Winternacht lag vor ihnen, und Lassiter hatte nicht vor, Eve frieren zu lassen …

Irgendwann später in dieser Nacht wachte Eve auf, weil ihr ein kühler Schauder durch den Körper rieselte. Die Decke war über ihr verrutscht, sodass sie halb entblößt war. Lassiter saß am Feuer. Er war wieder vollständig bekleidet und schaute nachdenklich vor sich hin. Im Lichtschein der Glut gruben sich sorgenvolle Linien in seine Züge ein. Was mochte ihn so beschäftigen?

Eve wickelte sich die Decke um die Schultern und trat zu dem großen Mann ans Feuer.

Lassiter schob einen weiteren Ast in die Flammen. »Habe ich dich geweckt?«

»Das macht nichts. Wie sieht es draußen aus?«

»Der Sturm lässt allmählich nach. Morgen früh sollte er weitergezogen sein. Allerdings hat es kräftig geschneit. Der Trail wird schwer zu passieren sein.«

»Ist es dann überhaupt noch möglich, den Spuren der Banditen zu folgen?«

»Es wird schwierig, aber nicht unmöglich. Wir kennen die Richtung, in die sie verschwunden sind: nordwestwärts.«

»Würdest du mir helfen, meinen Wagen wiederzubekommen?«

»Ich habe schon einen anderen Auftrag.«

»Bitte, ich kann dich bezahlen.« Eve dachte an ihre Ersparnisse, die sie in den Saum ihres Rocks eingenäht hatte. Es war nicht viel Geld, aber genug für einen Neuanfang – und um Lassiter für seine Hilfe zu bezahlen.

»Es ist nicht wegen des Geldes, Eve. Meine Mission treibt mich weiter.«

»Kannst du sie nicht verschieben? Nur um ein, zwei Tage? Damit wäre mir vermutlich schon geholfen.«

»Das geht leider nicht, aber ich werde dich noch in die Stadt begleiten. Muss mir ohnehin ein neues Pferd besorgen. Dort kannst du dich an den Marshal wenden und ihn um Hilfe bitten. Er wird sicherlich einen Trupp aufstellen und alles tun, um deine Waren zurückzubringen.«

»Aber das wird Zeit kosten. Dadurch vergrößert sich der Vorsprung der Banditen weiter.«

»Das ist wahr, aber leider nicht zu ändern. Ich bin eine Verpflichtung eingegangen, die kann ich nicht einfach beiseiteschieben. Versteh das bitte.«

»Das tue ich.« Eve nickte. Der große Mann stieg noch in ihrer Achtung, weil er eine einmal eingegangene Verantwortung so ernst nahm. Sie wäre froh gewesen, wenn er ihr geholfen hätte, weil sie ihm vertraute. Aber was nicht sein konnte, war nun einmal nicht zu ändern. »Was ist das für eine Mission, die dich forttreibt?«

»Ich suche eine junge Frau. Ihr Name ist Cassandra. Sie ist die Tochter von Richter Cole aus Helena. Man hat sie aus dem Haus ihres Vaters entführt. Ich soll sie finden und nach Hause bringen.«

»Was wollen die Entführer mit ihr? Nein, warte, ich kann es mir denken.« Eves Nasenflügel bebten. »Diese Schufte!«

»Ganz so ist es nicht. Sie wollen den Richter unter Druck setzen.«

»Unter Druck?«

»Damit er ein Urteil nach ihrem Geschmack fällt. Sagt dir der Name Frank Billings etwas?«

»Cold-Eye?« Eve erschauerte sichtlich. »Ja, von dem habe ich schon gehört. Mehr, als mir lieb ist. Mein Mann ist seiner Bande zum Opfer gefallen. Henry war in seinem Laden, als sie durch unsere Stadt kamen. Er wurde überfallen. Man hat seine Leiche nie gefunden. Nur sein Blut. So viel Blut …« Eve schluckte. »Die Bande ist berüchtigt. Sie zieht mordend durch die Lande, überfällt Siedlungen und belauert Transportwege. Sie hat viele Leben auf dem Gewissen. Hier im Territorium und auch außerhalb.«

»Das ist wahr. Jahrelang wurde nach Frank Billings gesucht. In der Nähe von Helena wurde er schließlich gefasst und festgesetzt. Nun wartet er auf seine Verhandlung. Federführend soll Richter Ezekiel Cole sein. Von ihm hat Billings nur eines zu erwarten: ein Ende am Hanfstrick. Der Richter gilt als unbestechlich. Aber er hat eine Schwäche.«

»Seine Tochter.« Eves Hand fuhr an ihren Mund. »Also drohen die Schufte, ihr etwas anzutun, wenn er Cold-Eye nicht gehen lässt? Aber das darf nicht geschehen! Die Bande wird weitermorden, wenn er zu ihnen zurückkehrt.«

»Das steht zu befürchten. Deshalb muss ich Cassie unbedingt vor dem Prozess finden.«

»Glaubst du, der Richter würde Cold-Eye freilassen, um sie zu beschützen?«

»Ich weiß es nicht, aber es steht zu befürchten.«

»Das wäre eine Katastrophe. Frank Billings darf nicht freikommen. Hast du eine Idee, wo du Cassie finden kannst?«

»Ich bin den Kerlen durch die Berge bis hierher gefolgt. Sie reiten nach Nordwesten.«

»In Richtung Twin Rivers?« Erstaunt sah Eve den großen Mann an. »Was wollen sie denn dort? Sie können unmöglich in der Stadt sein, oder?«

»Das ist eines der Dinge, denen ich auf den Grund gehen muss.« Lassiter strich Eve über die Wange. »Wir werden zusammen nach Twin Rivers gehen. Dort müssen sich unsere Wege trennen. Wenn ich dir einen Rat geben darf, dann solltest du darüber nachdenken, nach Hause zurückzukehren. Es ist gefährlich hier für eine Frau allein.«

»Nach Hause? Dort habe ich nichts mehr.«

»Du setzt dein Leben aufs Spiel, wenn du den Räubern nachjagst.«

»Ich kann nicht anders. Genau wie du. Ich werde mir meine Fracht zurückholen. Irgendwie.« Eve ballte kämpferisch die Hände zu Fäusten. Sie hatte nur diesen einen Plan, und an den würde sie sich halten.

Das Feuer knackte leise. Die sanfte Wärme hüllte sie ein wie ein unsichtbarer Mantel.

Eve trat noch ein wenig näher an den großen Mann heran.

»Schlaf noch etwas«, schlug er ihr vor.