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Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 2512, 2513 und 2514.
Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 412
Veröffentlichungsjahr: 2025
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben
Für die Originalausgaben:
Copyright © 2020 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2024 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Covermotiv: © Boada/Norma
ISBN: 978-3-7517-8097-1
https://www.bastei.de
https://www.luebbe.de
https://www.lesejury.de
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Lassiter 2512
Showdown in den Blackwater Hills
Lassiter 2513
Im Hass geboren
Lassiter 2514
Zwei scharfe Waffen
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Contents
Showdown in den Blackwater Hills
Dieser verdammte Regen! Er nahm einfach kein Ende! Paul Frenzeny äugte aus seinem Zelt. Fiebrige Schauer schüttelten seinen Körper, und einmal mehr bereute er es, sich mit seinem Kollegen auf dieses Wagnis eingelassen zu haben. Wir sehen etwas von der Welt, hatte Jules gesagt. Wir werden reich, hatte er gesagt. In Wahrheit sahen sie nichts als durchnässte Bergarbeiter, die dem Tode näher als dem Leben waren, und ihr einziger Reichtum bestand aus einem Sammelsurium nasser Socken. Obendrein klebte ihnen ein Trupp Revolverschwinger an den Hacken. Diese Halunken waren nicht zimperlich. Die würden sie bei der erstbesten Gelegenheit vom Leben zum Tode befördern. Und das alles nur, weil sie zufällig einen unglaublichen Fund gemacht hatten...
»Sie sind irgendwo da draußen«, brummte Paul Frenzeny. »Ich kann sie förmlich wittern.«
Sein Kollege stopfte seine Pfeife mit Tabakkraut. Zwischendurch hielt er inne, um in seinem Ohr zu pulen. »Was du witterst, ist der Fraß von Master Cheng, der von draußen hereinweht«, mutmaßte er. »Gemischt mit Männerschweiß und harter Arbeit.«
»Von wegen. Diese Halunken sind uns gefolgt. Sie wollen uns diese vermaledeite Karte abjagen.«
»Klar wollen sie das.« Jules riss ein Zündholz an seinem Stiefel an, hielt es an seine Pfeife und blies ein paar Mal, bis die ersten Rauchschwaden aufstiegen. Sein Kraut mischte er selbst nach einem Rezept, das er niemandem verriet. Nicht einmal Paul wusste, was sein Kollege alles hineinmischte. Auf jeden biss das Zeug in seinen ohnehin schon malträtierten Atemwegen.
Hustend spuckte er einen Schleimpfropfen aus.
»Ich finde, wir sollten ihnen die Karte überlassen.«
»Sie ihnen überlassen? Ist dir der Regen schon in den Schädel getropft, mon ami?«
»Ich meine es ernst. Sie bringt kein Glück. Sieh dir nur an, in welche Lage sie uns gebracht hat. Wir sitzen in diesem gottverlassenen Bergarbeiterkaff fest, in das man nicht mal seinen ärgsten Feind jagen würde. Seit Tagen schüttet es, was nur vom Himmel kommen kann. Die Trails sind überschwemmt. Und von unserer Ausrüstung ist kein einziges Stück noch trocken. Ganz zu schweigen von unserer Garderobe.«
»Das sind nur Unannehmlichkeiten. Die werden bald vergessen sein.«
»Ein Stein im Stiefel ist eine Unannehmlichkeit. Das hier ist eine ausgewachsene Katastrophe. Ich meine es ernst. Ich will mein Leben zurück, Jules.«
»Das wirst du. Und ein besseres obendrein. Stell dir nur mal vor, was wir uns alles leisten können, wenn wir die verborgene Stadt gefunden haben.«
»Gar nichts. Weil uns diese Halunken nämlich vorher den Bauch aufschlitzen werden.«
»So weit sind wir noch nicht.« Jules Tavernier zog gemächlich an seiner Pfeife, als gäbe es nicht den geringsten Grund, sich Sorgen zu machen. Sein üppiger Bart ließ ihn älter als neunundzwanzig wirken. Das jungenhafte Funkeln in seinen Augen verriet, dass er einem Vergnügen niemals abgeneigt war. Schon gar nicht, wenn dabei eine Frau im Spiel war. Geboren worden war er in Paris, aber er hatte Frankreich Anfang der Siebziger Jahre verlassen, um sein Glück in der Neuen Welt zu suchen. Als Illustrator war er ebenso wie Paul von dem New Yorker Magazin Harpers Weekly engagiert worden, um das alltägliche Leben im Westen zu dokumentieren. Seit einem halben Jahr bereisten sie die entlegensten Gegenden, in welche die Eisenbahn noch nicht vorgedrungen war.
Und dabei hatten sie diese verflixte Karte entdeckt...
»Hör zu«, fuhr sein Kollege fort. »Wir sind am Leben, und so soll es auch bleiben. Solange wir haben, was diese Raufbolde haben wollen, werden sie uns nichts tun. Geben wir ihnen die Karte jedoch, ist unser Leben keinen Cent mehr wert.«
Paul presste die Zähne aufeinander, dass es in seinen Ohren knirschte, und musste sogleich wieder husten.
An dem Argument war etwas dran, auch wenn er sich lieber ein Stück seiner Zunge abbeißen würde, als das zuzugeben.
»Dich plagt wieder die Melancholie, mon ami.« Jules bewegte seine Pfeife zum Eingang des Zeltes. »Dagegen hat der Herrgott den Whiskey und die Frauen erfunden. Warum gehst du nicht rüber zu Miss Lien und genehmigst dir einen Drink und eine Massage? Frag sie nach dieser speziellen Lotusbehandlung. Danach ist man ein neuer Mensch. Vertrau mir.«
Paul schnaufte nur. Bei Miss Lien herrschte um diese Zeit allerhand Andrang, und er hatte nun wirklich kein Verlangen danach, sich in die Schlange einzureihen. Zumal sich sein Körper offenbar nicht entscheiden konnte, ob ihm nun heiß oder kalt war.
Ein Schauer nach dem anderen rieselte ihm über den Rücken.
Und er musste schon wieder husten.
»Das hört sich an, als würdest du gleich deine Lunge ausspucken«, stellte Jules fest.
So ähnlich fühlte es sich auch an, aber das behielt Paul für sich.
Bis vor wenigen Jahren war er Artillerieoffizier in Maximilians Armee gewesen und hatte in Mexiko gekämpft. Früher hatte er geglaubt, Soldaten würden immerzu nur kämpfen, aber so war es nicht. Nein, die meiste Zeit über war man dabei, zu warten. Auf einen Marsch, einen Kampf... Paul hatte die Warterei genutzt, um seine Kameraden und die Landschaft zu zeichnen, und dabei eine Begabung im Umgang mit Kohle und Pinsel in sich entdeckt. Nach der Hinrichtung des Kaisers war er aus der Armee ausgeschieden und Maler geworden.
Der Regen trommelte auf die Plane ihres Zeltes wie Geschützfeuer.
In das Prasseln mischte sich ein gedämpftes Grollen, das ihm Unbehagen bereitete. Es hörte sich an, als würde der Berg gegen ihr Eindringen aufbegehren.
Das Kaff, in dem sie gestrandet waren, hieß Silverton. Ein Lager von Bergarbeitern, das sich an schroffe Berghänge schmiegte und aus grob gezimmerten Hütten und Zelten bestand. Es gab eine Schmiede und einen Saloon, in dem sonntags der Reverend predigte und unter der Woche zwei Tanzgirls auftraten. Jeden Freitag wurde der Lohn verteilt. Die Arbeiter waren ausnahmslos Chinesen, die in die Mine einfuhren und das Risiko nicht scheuten, von herabstürzendem Gestein verletzt, verschüttet oder verstümmelt zu werden.
Jules hüllte sich in eine Wolke Pfeifenrauch.
Paul krümmte die Zehen in seinen klammen Socken. »Wären wir bloß nie hergekommen«, haderte er. »Hier gibt es nichts als Wasser und den Tod. Wenn es noch lange regnet, werden wir bald den ersten Fisch unter unseren Decken finden.«
»Es ist unser Job, das Leben hier draußen zu dokumentieren.« Jules legte seine Mappe auf seine Beine, legte ein Blatt Papier obenauf und begann einen der Arbeiter zu malen, der im Regen stand und sich nachdenklich auf seine Haue stützte.
Paul wünschte, er könnte auch wieder malen, aber seine Finger zitterten vom Fieber dermaßen, dass er kaum einen Pinsel halten konnte.
Einmal mehr wünschte er sich zurück ins sonnige Paris, wo er jetzt am Ufer der Seine sitzen und den wunderschönen Frauen beim Flanieren zuschauen könnte.
Jules liebte das Abenteuer. Er hatte ihn überzeugt, den Auftrag der Harpers Weekly anzunehmen. Ein Jahr lang sollten sie durch den Westen reisen und das alltägliche Leben in ihren Illustrationen festhalten. Ihr europäischer Blick auf die Dinge war dem Herausgeber besonders wichtig. Sie malten Geistliche, die in den Rocky Mountains unter freiem Himmel predigten, einen irischen Holzfäller, der unter einen umstürzenden Baum gerät, eine Lehrerin, die ihre Schüler mit einem Seil aneinanderband und durch einen Schneesturm führte, Siedler, die auf ihrem Weg am Ende ihrer Kräfte waren, und von Gott und den Menschen verlassene Geisterstädte. Ihre Bilder zeugten vom harten Alltag im Westen – und stießen bei den Lesern im Osten auf ein ausnahmslos großes Echo. Ja, sie hatten Erfolg mit ihren Zeichnungen und Berichten. Doch um welchen Preis! Als Paul in den Auftrag eingewilligt hatte, war noch keine Rede von wochenlangen Regenfällen und überfluteten Landstrichen gewesen, die sie zwingen würden, hier oben Zuflucht zu suchen.
Während er innerlich grollte, wurden vor ihrem Zelt plötzlich Stimmen laut.
Zahlreiche Arbeiter strömten aus ihren Zelten und Hütten.
Paul steckte den Kopf aus seinem Quartier.
Unter wilden Rufen und besorgten Blicken trugen mehrere Männer einen chinesischen Bergarbeiter ins Lager und zur Hütte des Docs. Blutige Lappen am Kopf und an beiden Armen des Unglücklichen verhießen nichts Gutes. Anscheinend war wieder einer der Miner bei der Arbeit verletzt worden.
»Hier oben vergeht kein Tag ohne irgendeinen blutigen Zwischenfall«, murmelte Paul. »Diese Minen sind gefährlicher als eine Schwadron Bandoleros unten im Süden. Der Herr stehe dem armen Teufel bei.«
»Der Doc kümmert sich schon um ihn.«
»Eben«, gab Paul trocken zurück.
Sein Kollege streckte den Arm nach dem Whiskey aus und nahm einen langen Schluck. In der Flasche waren kaum noch zwei Handbreit enthalten.
»Wenn du so weiter trinkst, fließt bald purer Whiskey durch deine Adern«, warnte Paul.
»Das wäre nicht das Schlechteste«, gab Jules zurück und griente. »Ich trinke mir das Wetter schön.«
»So viel kann ein Mann gar nicht in sich hineinschütten, um diesen Wolkentürmen auch nur den kleinsten Sonnenstrahl zu entlocken.« Zweifelnd spähte Paul ins Freie. Ein Stück den Berg hinunter war Master Cheng dabei, unter einer Plane in einem geschwärzten Topf herumzurühren. Dampf stieg aus dem Gefäß auf, das groß genug war, um ein halbes Pferd auf einmal darin zu kochen. Cheng warf zwei Hände voll Kräuter hinein. »Ich möchte nicht wissen, welches Fleisch er in seine Suppe mischt.«
»Ich hab seine Vorräte gesehen«, erwiderte Jules, und sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter. »Glaub mir, das willst du wirklich nicht.«
Paul nahm ihm wortlos die Flache ab und trank einen Schluck.
Dabei wurde er das Gefühl nicht los, heimlich beobachtet zu werden.
Seit Nevada ging das nun schon so!
»Diese elende Karte. Ich wünschte, du hättest sie nie gefunden.«
»Das war einfach Glück. Meine alte Pfeife haben diese verflixten Roten zerstört. Also brauchte ich Ersatz und habe mir eine andere besorgt. Woher hätte ich wissen sollen, dass die irgendwann einmal diesem Alvarado gehört hat? Und dass der darin ein zusammengerolltes Pergament versteckt hat?«
»Das war kein Glück, sonst säßen wir wohl kaum hier fest, nicht wahr?«
»Wir sitzen nicht fest. Wir kommen nur momentan nicht weiter.«
»Und welchen Unterschied macht das?«
»Sobald die Flut zurückgeht, setzen wir unsere Suche nach dem verborgenen Tal fort, das auf der Karte verzeichnet ist.«
»Falls es überhaupt existiert.«
»Das tut es. Daran zweifle ich nicht. Du hast die Zeichen doch gesehen. Die Karte weist den Weg zu einer geheimen Stadt, und wenn ich mich nicht sehr täusche, besteht sie aus reinem Gold. Oder doch zumindest enthält sie eine Menge Gold.«
»Selbst wenn das stimmt, wissen nun nicht mehr nur wir beide davon, sondern auch diese Halunken, und das nur, weil du Mund nicht halten konntest.«
»Ich habe zu niemandem ein Sterbenswort gesagt. Nur zu Ava.«
»Und nun wissen es sämtliche Revolverschwinger westlich des Sacramento River.«
»Ich konnte doch nicht ahnen, dass sie alles ausplaudern würde.« Jules nahm die Pfeife herunter. »Wir werden das Tal finden und es uns ansehen, Paul. Das wird ein Abenteuer!« Sein Kollege hatte kaum ausgesprochen, als in der Nähe plötzlich erneut Schreie gellten. Ein dumpfes Rauschen mischte sich hinein, wurde rasch lauter und schwoll zu einem ohrenbetäubenden Tosen an.
Die Flut! Die Flut kam!
Julies riss den Kopf hoch und spähte aus dem Zelt. Als er wieder hereinschaute, war er so bleich wie der Mond in einer kalten Winternacht.
»Das war's«, murmelte er. »Für uns ist die letzte Messe gelesen. Nun werden wir nie erfahren, was es mit der geheimnisvollen Stadt aus Gold auf sich hat. Der Herr stehe uns bei. Das Wasser kommt!«
»Und wenn schon«, knurrte Paul. Er sprang auf seine Füße und verbiss das wilde Schwindelgefühl, das ihn sogleich packte wie ein Wolf, der sich in seine Beute verbiss und sie hin und er schüttelte. »Du hast selbst gesagt: Noch sind wir nicht tot.«
»Wir sind hier eingeschlossen.« Sein Kollege schaute vielsagend auf seine Füße. Das Wasser schlich sich in das Zelt wie ein ungebetener Gast. »Es ist aus mit uns. Wir können nirgendwohin.«
»Das«, meinte Paul entschlossen, »wollen wir doch mal sehen!«
☆
Vierzig Tage Regen. Der Pazifische Nordwesten wird derzeit von einer verheerenden Flut überschwemmt. Von Sacramento bis zum Columbia River sind Flüsse und Bäche über ihre Ufer getreten. Stellenweise steht das Wasser dreißig Fuß hoch. Die Telegraphenverbindung New York – San Francisco ist zusammengebrochen. Viele Rancher haben ein Viertel ihres Viehbestandes verloren. Und das Wasser steigt weiter. Eine Bergarbeitersiedlung nördlich von Sacramento wurde weggefegt. Mindestens zwanzig Miner starben bei der Zerstörung ihres Lagers...
»Haben Sie noch einen Wunsch, Sir?« Ein zarter Duft nach Sommer und Frau ließ Lassiter von seiner Lektüre aufblicken. Die bildhübsche Blondine, die im Dry Gulch Saloon bediente, war neben seinem Tisch stehengeblieben und schenkte ihm Kaffee nach. Dabei zwinkerte sie ihm zu. »Noch ein Stück Apfelkuchen vielleicht?«
Der große Mann griente. »Ich bin satt. Vielen Dank.«
»Sagen Sie es mir, wenn Sie Lust auf einen Nachtisch haben, ja?« Damit beugte sie sich vor und brachte ihr reizvolles Dekolletee geradewegs vor seine Nase. War das ein Wippen und Wogen! Dieser Anblick verfehlte seine Wirkung durchaus nicht. Nun, gegen diese Art von Nachtisch hätte er wirklich nichts einzuwenden gehabt.
Bevor sie jedoch dazu kamen, das Dessert genauer zu besprechen, polterte der Salooner hinter der Theke: »Schwing deinen Hintern hier rüber, Sally. Das Essen verteilt sich nicht von alleine!«
Sally richtete sich wieder auf und schenkte Lassiter ein sinnliches Lächeln, das ihm »Später« zu versprechen schien.
Dann kehrte sie hüftschwingend an ihre Arbeit zurück.
Lassiter beugte sich wieder über die Zeitung. Die Nachrichten spiegelten das wieder, was er am eigenen Leib erfahren hatte: Das halbe Land stand unter Wasser! Dort, wo es normalerweise nur Grün oder gar staubige Wüsten gab, drangen nun die Fluten vor und rissen alles mit sich, das ihnen in den Weg geriet.
Lassiter hatte einen höllischen Ritt hinter sich.
Zahlreiche Trails und Schienen waren überschwemmt. Er hatte meilenweite Umwege reiten müssen. Auch Sacramento war überschwemmt. Augenzeugen sprachen bereits vom Lake Sacramento, und das war nicht übertrieben. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wie das Wasser in die Stadt vorgedrungen war.
Sein neuer Auftrag hatte ihn tief in das Flutgebiet hinein geführt. Er sollte zwei Korrespondenten aufspüren, die für das New Yorker Magazin Harpers Weekly aus dem Westen berichteten: Paul Frenzeny und Jules Tavernier. Ihre letzte Nachricht war ein Hilferuf aus Silverton, einem Bergarbeiternest nordöstlich von hier gewesen. Die Siedlung war von den Fluten weggerissen worden. Kein Mann hatte überlebt. Die beiden Reporter wurden seitdem vermisst. Gerüchte besagten, sie hätten das Unglück überlebt und wären auf ihrer Reise auf ein Geheimnis gestoßen, hinter dem auch zahlreiche Banditen her waren. Eine Karte sollte es sein, die zu einem verborgenen Schatz führte. Lassiter gab nichts auf diese Gerüchte, aber für seine Auftraggeber war genug daran, ihn in Marsch zu setzen, um sie zu finden.
Unterwegs hatte er den Weg der Cahill-Bande gekreuzt. Ray, Rick, Ronnie und Roxane Cahill hatten zahlreiche Halunken um sich geschart, Schläger, denen ein Menschenleben nicht viel galt, und die Tochter eines Russen als Geisel genommen, um ein Lösegeld für sie zu erzwingen. Lassiter hatte ihren Plan vereitelt und die Bande zerschlagen. Zwei der Brüder waren dabei zu Tode gekommen. Damit hatte er sich Roxane Cahill und ihren Bruder Ray zu erbitterten Feinden gemacht.
Die Flut hatte ihre Wege getrennt.
Wenn sie überlebt hatten, waren sie sich vermutlich nicht das letzte Mal begegnet.
Nachdenklich nahm Lassiter einen Schluck Kaffee.
Nach einem viel zu trockenen Sommer brachte der endlose Regen nun die Wende. Unaufhörlich trommelte er von draußen gegen die Fenster des Saloons. Die kleine Stadt am Feather River war ein wichtiger Handelsposten. Etliche Schiffe und Züge führten von hier weg. Die Bürgersteige waren mit Planken verstärkt worden, aber das Holz war mittlerweile nass und rutschig und bot Passanten kaum noch Halt. Und die Mainstreet schien nur noch aus Schlamm und Wasser zu bestehen. Ein Stück die Straße hinunter war eine Kutsche mit den Rädern stecken geblieben. Drei Männer stemmten sich dagegen und mühten sich, sie wieder flott zu machen. Ruckelnd bewegte sich das Gefährt vorwärts – und alle drei landeten bäuchlings im Schlamm!
Lassiter hatte sich mit dem Rücken zur Feuerstelle gesetzt. Allmählich trocknete seine durchnässte Garderobe. Das Abendessen im Saloon hatte aus einem Teller Eintopf bestanden und seinen Magen gefüllt. Nun leerte er seinen Kaffeebecher und ließ den Blick durch die Gaststube schweifen. In einer Ecke klimperte ein Pianospieler auf seinem Instrument. Etliche Gäste schaufelten hungrig ihr Essen in sich hinein, ohne nach links oder rechts zu blicken. An der Bar saßen einige Männer und rauchten, stierten in ihre Gläser oder unterhielten sich.
Die meisten Tische waren ebenfalls besetzt. An einem runden Tisch saßen vier Pokerspieler beisammen. Drei waren Männer, die keine Miene verzogen, wenn sie an der Reihe waren. Die vierte jedoch war eine Frau. Und was für eine! Üppige rotbraune Locken ergossen sich über ihre Schultern, die von dem roten Seidenkleid unbedeckt gelassen wurden. Der Stoff wölbte sich über ihren herrlichen Brüsten, schien ihn förmlich einzuladen, sie davon zu befreien, zu küssen und zu liebkosen. Ihre Haut war weiß wie Alabaster und ihre schlanken Finger... oh, wie die sich anfühlten, wusste er nur zu genau.
Amanda!
Sein Körper reagierte sofort auf sie. Hitze schoss in seine Lenden, und sein Beinkleid saß mit einem Mal mächtig stramm. Erinnerungen stiegen in ihm hoch, trieben ihm das Blut wie Feuer durch die Adern.
Sie blickte hinter ihren Karten hoch und fing seinen Blick auf. Erkennen blitzte in ihren Augen, und ihre sinnlich geschwungenen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Ja, sie hatte ihn ebenfalls wiedererkannt.
Vor einigen Jahren hatten sich ihre Wege unten in Louisiana gekreuzt. Damals war er hinter einer Bande Bankräuber her gewesen. Amanda war von den Halunken überfallen worden. Lassiter hatte sie rausgehauen. Darüber waren sie sich näher gekommen. Und wie. Die sinnliche Frau hatte er nicht vergessen können.
Und nun war sie hier.
Lassiter senkte grüßend das Kinn.
Sie warf ihm einen Blick unter halb gesenkten Lidern zu, fuhr sich verträumt mit der Zungenspitze über die Lippen. Sein Pint zuckte, drängte, wollte in ihr versinken, sie ganz und gar spüren...
Langsam faltete die Spielerin ihre Karten zusammen. Dann sagte sie etwas zu ihren Mitspielern, die sie verblüfft anstarrten, aber sie hatte sich bereits von ihrem Platz erhoben und kam herüber. Als sie sich vorbeugte und Lassiter einen Kuss auf die Wange hauchte, wogten ihre Brüste.
»Wo warst du so lange?«, fragte sie mit einem Lächeln in der Stimme.
»Der Job. Du weißt ja.« Lassiter stand auf und zog ihr den Stuhl zurecht. Ihr rotes Kleid raschelte leise, als sie sich zu ihm setzte. An der Seite war es hoch geschlitzt und gestattete ihm einen verführerischen Blick auf ihre langen, schlanken Beine.
»Ja, ich weiß.« Ihre Stimme war dunkel und warm wie Honig mit einer Prise Schießpulver. »Bist du noch immer auf Achse?«
»Was soll ich sagen? Manche Dinge ändern sich nie.«
»Du schon.« Sie berührte das Wundmal an seinem Kinn, fuhr über die gezackte Linie an seiner Halsbeuge. »Ich sehe einige Narben, die früher noch nicht da waren. Die Zeit ist nicht sanft mit dir umgegangen.«
»Mit dir schon. Du bist noch sogar schöner als früher.«
»Schmeichler.« Ihre Augen leuchteten in seine. Sie strich über seinen Arm. Jede ihrer Berührungen war ein Versprechen, und er wusste, oh, er wusste nur zu gut, dass sie hielt, was sie versprach. Amanda machte keine halben Sachen. Sie liebte mit ganzem Herzen und sie hasste mit ganzem Herzen. Das hatten die Halunken, die ihr zu nahe gekommen waren, am eigenen Leib erfahren müssen.
»Was machst du in diesem entlegenen Winkel der Welt?«, erkundigte er sich.
»Ich habe eine Passage auf der Sacramento Princess gebucht und vertreibe mir die Zeit, bis mein Schiff einläuft. Und du?«
»Ein Auftrag hat mich hergeführt.«
»Und du darfst nicht darüber reden.«
»Du kennst mich gut.«
»Nicht einmal halb so gut, wie ich dich gern kennen würde.« Sie war ihm einen Blick unter halb gesenkten Lidern zu und hauchte: »Mit dir würde ich gern ein paar Monate im Bett verbringen, Lassiter. Ich möchte alles mit dir ausprobieren, was falsch und verwerflich ist und was sich in deinen Armen so wunderbar anfühlt.«
Sein bestes Stück zuckte.
»Ich hätte nichts dagegen einzuwenden. Leider habe ich einen Auftrag zu erfüllen.«
»Wer nur die Arbeit kennt, verliert die Lust am Spielen«, schnurrte Amanda und fuhr verführerisch mit einer Fingerspitze vom Kinn bis zum Ausschnitt ihres Kleides.
»Du willst also spielen?«
»Du kennst mich doch. Es liegt mir im Blut.« Sie fuhr mit der Zungenspitze über ihre Lippen und schaute auf seinen Mund. »Wo wird dich dein neuer Auftrag hinführen?«
»Das weiß ich noch nicht. Ich weiß nur, dass ich noch nicht aufgeben will.« Lassiter zerbrach sich den Kopf. Wenn die beiden Künstler der Bergarbeiterstadt lebend entronnen waren, mussten sie irgendwohin unterwegs sein. Und vermutlich reisten sie nicht mit der Postkutsche. Damit würden sie nicht weit kommen. Die meisten Trails waren überschwemmt.
Blieb der Fluss.
Womöglich wollten sie mit einem der Flussschiffe fahren?
Amandas Nähe machte es ihm schwer, klar zu denken. Sie hatte etwas an sich, das ihn betörte. Er bestellte Whiskey für sie, und sie schwelgten eine Weile in Erinnerungen. Viel Zeit blieb ihnen jedoch nicht. Lassiter durfte sich nicht lange aufhalten. Er musste herausfinden, was aus den beiden Künstlern geworden war.
So bezahlte er und küsste Amanda zum Abschied.
»Auf Wiedersehen«, sagte er rau.
»Ich hoffe, diesmal dauert es nicht wieder sieben Jahre bis dahin.« Ihr Lächeln vertiefte sich. Und ohne sich um die Blicke der übrigen Gäste zu kümmern, reckte sie sich und küsste ihn geradewegs auf den Mund!
Lassiter revanchierte sich mit einem Dauerbrenner, der ihr ein Keuchen entlockte.
Dann nahm er seinen Hut und trat hinaus in den Regen.
Die Abkühlung kam ihm gerade recht.
Sein Ziel war der Hafen.
Hier fragte er eine Weile herum, bis er auf einen hageren Oldtimer stieß, der gerade ein Fischernetz flickte. Am Regen schien er sich nicht zu stören. Den fragte er nach den beiden Künstlern und beschrieb sie ihm auch. Er kannte sie von Fotografien.
»Beide sind seit Monaten auf Reisen, deshalb ist ihre Garderobe sicherlich schon etwas abgetragen. Paul Frenzeny ist von sehniger Statur, trägt einen Vollbart. Jules Tavernier raucht gern Pfeife.«
»Sicher, die beiden kenne ich. Die waren hier.«
»Wirklich? Wissen Sie, wo sie hin wollten?«
»Flussabwärts. Haben jeder ein Ticket für die Belle Claire gebucht. Das weiß ich deshalb so genau, weil meine Liebste auch Claire heißt.«
Also sind sie der Flut tatsächlich entkommen, grübelte Lassiter. Ich frage mich, wie ihnen das gelungen ist, wenn so viele Miner ihr Leben verloren haben. Wie haben sie das angestellt?
»Sir?«, drang die dünne Stimme des Alten zu ihm durch. »Möchten Sie sonst noch etwas wissen?«
»Wie lange ist Ihre Begegnung mit den beiden her?«
»Ein paar Tage. Sechs oder sieben, glaube ich. Es war auch schon ein anderer Gentleman hier und hat nach den beiden gefragt.«
»Tatsächlich?« Alarmiert sah Lassiter sein Gegenüber an. »Wie sah er aus?«
»Wie einer, der zu Geld gekommen ist, aber dabei sein Gewissen verloren hat. Französischer Anzug, Lederschuhe, trug seine Haare in der Mitte gescheitelt.«
»Wer war er? Und was wollte er von den beiden?«
»Hat er nicht gesagt.«
»Verstehe. Können Sie mir sagen, wann das nächste Schiff von hier ablegt?«
»Heute Abend noch. Da drüben.« Der Alte deutete auf das Dampfschiff, das einhundert Yards weiter am Anleger festgemacht hatte. Im strömenden Regen schaukelte es gewaltig auf dem Wasser, das wild sprudelnd an den Planken vorüberschoss. Die Taue, die es am Steg hielten, ächzten hörbar.
Lassiter hatte sein Pferd im Mietstall untergestellt und dafür bezahlt, dass es gut behandelt wurde. Darum musste er sich nicht sorgen. Sein Gepäck trug er in einer Ledertasche bei sich. Er war bereit für die Passage, und so bedankte er sich bei dem Alten und lenkte seine Schritte zum Schiff hinüber.
Es dauerte eine kleine Weile, bis er mit dem Steward einig war und ihm die allerletzte freie Kabine gehörte. Der Steward wollte ihm die Fahrt geradezu ausreden und warnte ihn, dass es ungewiss sei, wie weit das Schiff kommen würde.
Lassiter war guten Mutes.
Die Überschwemmung sollte dem Schiff nicht allzu viel anhaben können.
Er ging an Bord und machte sich auf die Suche nach seiner Kabine. Der schwankende Boden lenkte ihn ab, deshalb bemerkte er nicht gleich, dass rechts vor ihm eine der Türen an dem langen Gang geöffnet wurde.
Lautlos.
Nichts warnte ihn vor.
Plötzlich packte ihn jemand am Arm und zog ihn in eine Kabine!
☆
Lassiters Hand schnellte an seinen Remington.
Pures Feuer schien durch seine Adern zu schießen, machte ihn hellwach.
Er war bereit für den Kampf...
Da spürte er die weichen Lippen einer Frau, die sich auf seine legten. Ein schlankes Bein, das sich um seine Hüften schlang. Und sein Arm schloss sich um eine schmale Taille, die nur von hauchdünner Seide verhüllt wurde.
»Ich habe dich so vermisst, Lassiter.« Amanda strich über seine breite Brust, glitt tiefer und berührte seinen Revolver. »Den wirst du nicht brauchen.«
»Kann man nie wissen«, raunte er und zog sie näher an sich, bis sich alle Grenzen zwischen ihnen aufzulösen schienen. Er presste den Mund auf ihren, küsste sie und stieß in ihre warme Mundhöhle vor. Ein wahrer Dauerbrenner wurde es.
Amanda zog ihn vollends in ihre Kajüte und schlug die Tür hinter ihnen zu. Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sich zu ihrem Bett. Regen peitschte von draußen gegen das Bullauge. Amanda drückte ihn auf die Bettkante nieder und blickte ihm tief in die Augen. Was sie darin las, schien ihr zu gefallen. Sie küsste ihn wieder. Dann wandte sie sich um und nestelte an den Schnüren ihres Kleides. Sie wiegte sich in den Hüften, als würde sie zu einer unhörbaren Melodie tanzen.
Lassiter lehnte sich zurück und zog sein Beinkleid zurecht, das bereits mächtig spannte. Es war aber auch eine prächtige Aussicht, die sie ihm bot. Da konnte ein Mann das unerfreuliche Wetter im Handumdrehen vergessen.
Ihr prächtiger Hintern spannte sich unter dem Stoff. Verführerisch wie eine reife Frucht. Amanda kreiste mit den Hüften. Dabei schob sie ihr Kleid von den Schultern. Raschelnd glitt die Seide an ihrem schlanken Körper hinab. Ihre Locken fielen über ihre weiße Haut. Nun trug sie nichts mehr als einen schwarzen Strumpfgürtel und hauchdünne Strümpfe, in denen ihre Beine gar kein Ende nehmen wollten.
Ein Anblick, der ihm unter die Haut ging.
Hart drängte sich sein Pint gegen die mit einem Mal viel zu engen Lederhosen. Amanda drehte sich um, die Arme über ihren Brüsten verkreuzt. Ein Lächeln lag auf ihren sinnlich geschwungenen Lippen. Die Wirkung ihres Anblicks entging ihr nicht, und sie heizte ihre Lust an.
Sie tanzte vor ihm, räkelte sich und reckte die Arme zur Decke der Kajüte, dass ihre herrlichen Brüste schaukelten. War das ein Wogen und Wippen! Ganz anders wurde es dem großen Mann dabei. Amanda strich mit ihren Händen an sich hinunter, fuhr über ihre Taille, die Hüften und tauchte mit einer Hand zwischen ihre Beine. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen.
Lassiter zog eine Braue hoch.
Da blitzten ihre Augen. Sie stellte ein Bein neben ihm auf die Bettkante und bog sich zurück, dass ihre Locken den Boden berührten. Lassiter tupfte einen Kuss auf ihre blanke Liebesspalte, hörte sie stöhnen und packte sie bei den Hüften.
Sein Mund widmete sich ihrer empfindlichste Stelle. Sie ruckte ihm mit den Hüften entgegen, drängte sich an ihn, wollte mehr, viel mehr. Und Lassiter blieb dran. Streichelnd fuhr er ihre Schenkel hinauf und hinab, während er sie verwöhnte.
»Ooooh, Lassiter, das fühlt sich sooo guuuhuuut an«, juchzte sie. Dann konnte sie nicht mehr sprechen. Nur noch kleine spitze Liebesschreie entfuhren ihr, während ihre Hüften immer wilder kreisten und sie sich an ihn drängte. Das große Beben setzte ein. Stöhnend stürzte sie über die Klippe, von einem wilden Zucken geschüttelt.
Ihre Beine gaben nach.
Lassiter fing sie auf und sie sanken nebeneinander auf das Bett.
Amandas Wangen waren gerötet.
»Keiner ist wie du, Lassiter«, wisperte sie. »Das eben, das hat mich an unsere Nächte am Mississippi erinnert. Weißt du noch? Das Dinner mit dem Kapitän auf dem Flussschiff?«
»Du hast mir unter dem Tisch mit dem Fuß den Schwanz massiert und uns damit beinahe beide kompromittiert.«
»Es hat dir gefallen.«
»Und wie.« Grundgütiger! Amanda hatte ihn damals mitten in einer Gesellschaft zum Höhepunkt gebracht. Es hatte ihn all seine Beherrschung gekostet, seine Lust nicht laut kundzutun. »Später in der Kabine habe ich dein Kleid zerrissen.«
»Ich habe es später geflickt und noch oft getragen.« Amanda lächelte ihn verträumt an. »Damals habe ich gemerkt, dass ich gut mit Nadel und Faden umgehen kann. Ich will nicht ewig als Spielerin umherreisen. Eines Tages möchte ich meine eigene kleine Schneiderei aufmachen.«
»Das schaffst du, daran zweifle ich nicht.«
»Glaubst du wirklich?«
»Du arbeitest hart und kannst all deine Ziele erreichen.« Lassiter beugte sich über sie, strich ihr über die empfindliche Halsbeuge und zog mit den Lippen eine brennende Spur über ihre Haut.
Mit einem Mal begann das Schiff zu vibrieren.
Gemächlich setzte sich der Dampfer in Bewegung.
Sie legten ab!
Amanda öffnete sein Hemd und streichelte seine breite Brust. Dann streifte sie es ihm vom Körper und strich über seine Haut. Sie fuhr seine Narben nach, nicht etwa abgestoßen, sondern sanft, als wollte sie ihn die alten Schmerzen vergessen lassen.
Er legte sich auf sie, zwischen ihre Beine, die sie bereitwillig für ihn öffnete.
Noch war das Leder seiner Hosen zwischen ihnen, aber Amanda nestelte an den Schnüren. Lassiter bewegte die Hüften und streifte die Hosen ab. Befreit schnellte sein Pint in die Höhe. Amanda schlang die Finger um ihn, strich an ihm auf und ab.
»So groß«, hauchte sie. »Und so hart. O Lassiter, ich will dich in mir spüren.«
Lassiter setzte sich auf, packte sie bei der Taille und zog sie auf seinen Schoß. Die Spitze seines Phallus stieß gegen ihre heiße Liebespforte. Langsam ließ er sie sinken. Amanda stöhnte vor Wonne, als sein Schaft sie ausfüllte. Sie schlang die Beine um ihn, und sie küssten sich wieder.
Lassiter streichelte ihren Busen. Die Spitzen waren dunkelrot und hart wie Kirschen. Sacht kniff er hinein. Amanda wimmerte vor Lust. Sie grub die Finger in seinen Rücken. Und dann begann sie sich auf ihm zu bewegen.
Lassiter stieß ihr von unten entgegen. Da zog sie das Tempo an.
Das Schiff schaukelte unter ihnen, verstärkte die sinnlichen Bewegungen noch.
Bald räkelte sich Amanda immer heftiger, ihr üppiger Busen wogte und sie stöhnte laut. Lassiter bockte ihr entgegen und peitschte ihre Lust höher und höher. Mit einem Mal zuckte sie zusammen. Ein wildes Wogen und Beben erfasste ihren biegsamen Körper und ihre geheimen Muskeln massierten seinen Ständer, dass auch er sich nicht länger zurückhalten konnte. Einmal noch stieß er tief in sie, dann strömte sein Liebessaft aus ihm heraus.
Erhitzt und keuchend sanken sie eng verschlungen auf das Bett nieder, fanden erst nach und nach wieder zu sich.
Eine Weile spürten sie den Emotionen nach. Bis unvermittelt ein Ruck durch den Flussdampfer ging.
»Wir haben angehalten.« Verwundert blickte Amanda zum Bullauge. Draußen senkte sich allmählich der Abend wie ein dunkles Tuch über den Fluss. »Warum haben wir angehalten?«
»Das würde mich allerdings auch interessieren.« Ein unliebsames Gefühl überkam den Agenten. Er wurde immer hellhörig, wenn etwas vom gewohnten Verlauf abwich. Meistens bedeutete das nur eines: Ärger! »Der nächste Halt kann das unmöglich schon sein.«
»Das glaube ich auch nicht.«
Lassiter richtete sich auf und griff nach seinen Hosen und seinem Hemd. Er streifte beides über, schnallte sein Holster um und stieg in seine Stiefel.
»Ich werde nachsehen, warum wir angehalten haben.«
»Kommst du wieder?«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
»Gut.« Sie lächelte ihm zu. »Ich werde auf dich warten...«
☆
»Ein Baumstamm ist in eines unserer Räder geraten.« Fluchend beugte sich der Matrose über die Reling. Regenwasser tropfte von seinem Hut, und seine Jacke war ebenso wie die Hosen dunkel und schwer vor Nässe. Selbst von seinem wild wuchernden Bart sickerte Wasser.
Lassiter spähte nach unten.
Tatsächlich hatte sich ein entwurzelter Stamm im Schaufelrad des Dampfers verfangen. Das dichte Geäst hatte sich tief in das Rad vorgeschoben und verhinderte, dass es sich drehte.
»Diese elende Flut«, schimpfte der Matrose. »Wir haben immer mit Grünzeug zu kämpfen, aber jetzt führt der Fluss viel mehr davon mit sich als üblich.«
Mehrere Arbeiter machten sich daran, dem Störenfried mit langen Stangen zu Leibe zu rücken. Sie versuchten, den Stamm wegzuschieben, aber das gelang nicht. Die Strömung drückte das Holz immer wieder gegen das Schaufelrad!
Unterdessen hatten sich etliche Passagiere an Deck versammelt. Alarmierte Blicke schweiften umher. Brände und explodierende Kessel sorgten jährlich für zahlreiche Todesfälle auf den Flussdampfern.
Der Kapitän kam an Deck, bellte einen Befehl.
Seine Männer machten sich daran, ein Beiboot klarzumachen und zu Wasser zu lassen. Zwei Matrosen mussten den Stamm von unten vom Schiff lösen.
Mit Beilen und Seilen bewaffnet machten sie sich ans Werk.
Das Boot wirkte auf dem Wasser kaum größer als eine Nussschale. Die Wellen trieben es auf und ab. Unbeirrt hackte einer der Männer auf den Stamm ein, während der andere ein Seil um mehrere Äste schlang.
Derweil kletterten drei weitere Matrosen in ein anderes Beiboot und ließen es zu Wasser. Sie nahmen das Ende des Seils auf und setzten damit ans Ufer über.
Während ihnen der Regen in die bärtigen Gesichter peitschte, stemmten sie sich zu dritt gegen den Stamm und zogen und zerrten. Im allgegenwärtigen Regen schienen die Uferlinie, der Fluss und das feste Land zu verschwimmen.
Knirschend löste sich der Stamm endlich von dem Schaufelrad, kam mit einem wilden Ruck frei und wurde sogleich von der Strömung mitgerissen. Flussaufwärts trieben weitere Stämme heran. Strauchwerk. Ein totes Longhorn.
All dies raste heran und trieb vorbei.
Das Wasser schien überall zu sein.
Die Matrosen kehrten an Bord zurück.
Und Lassiter war beruhigt. Kein Überfall und auch kein Unglück an Bord waren die Ursache des ungeplanten Aufenthaltes. Die nächsten Stunden konnte er mit Amanda verbringen, ehe sie den nächsten Halt erreichten und er sich nach den beiden Vermissten erkundigen sollte.
Lassiter stieg die drei Stufen hinunter in den Gang und stiefelte zurück zu Amandas Kabine.
Er klopfte an und stutzte, als die Tür vor ihm aufschwang. Sie war nur angelehnt gewesen, dabei war er sich sicher, sie hinter sich geschlossen zu haben.
Er trat über die Schwelle – und stockte in der nächsten Sekunde.
Amanda lag neben ihrem Bett. Die Arme um sich geschlungen, als wollte sie sich selbst schützen. Eine dunkelrote Lache breitete sich unter ihr aus. Und ein blutiger Riss zog sich quer über ihre Kehle. Ein grausames Lächeln, wie vom Tode selbst in ihre weiße Haut geritzt.
Sein Instinkt übernahm sein Handeln.
Sein Körper spannte sich, machte sich bereit zum Kampf, und seine Blicke flogen umher, aber in der engen Kabine gab es keine Verstecke, und niemand sonst hielt sich hier auf. Wer auch immer die Spielerin überfallen hatte, war auf und davon.
»Amanda!« Lassiter sank neben ihr auf die Knie und hob sie auf seinen Schoß.
Schlaff sanken ihre Arme herab.
Ihr Blick war starr in eine Ferne gerichtet, in die er ihr nicht folgen konnte.
Erschüttert schaute er auf sie nieder, während sich sein Verstand weigerte, das Unbegreifliche zu erfassen.
Er konnte ihr nicht mehr helfen. Diese Gewissheit ritzte sich wie ein blutiger Griffel in sein Herz.
Warum Amanda? Hatte sie Feinde an Bord? Sie hatte nichts dergleichen erwähnt, allerdings waren sie auch kaum zum Reden gekommen. Wer konnte ein Interesse daran haben, sie tot zu sehen?
Lassiter legte sie behutsam wieder hin, nahm die Decke vom Bett und breitete sie über ihr aus. Dann verließ er die Kajüte. Er wollte dem Kapitän Bescheid sagen. In der nächsten Stadt mussten sie Halt machen und den Marshal alarmieren.
Was jedoch, wenn Amandas Mörder sich dann von Bord schlich?
Das wollte er auf keinen Fall riskieren.
Im Gang kam ihm ein Paar entgegen. Beide waren im mittleren Alter und elegant gekleidet. Sie unterhielten sich über das Abendessen.
Lassiters Frage, ob ihnen jemand entgegengekommen war, verneinten sie.
Er strebte weiter. Die Sacramento Princess verfügte lediglich über ein Passagierdeck. Sie war flach genug, um auch bei Niedrigwasser die Flüsse zu befahren. Es gab mehrere Treppen, die an Deck führten. Dazu einen Abstieg zum unteren Deck, in dem die Vorrats- und Mannschaftskabinen untergebracht waren.
An der engen Stiege blieb er stehen und überlegte.
Wo lang? Wo konnte sich der Killer verbergen?
Der Überfall auf die Spielerin konnte nicht länger als ein paar Minuten her sein. Er war nicht allzu lange fort gewesen.
Ein Mann kam die Stufen von Deck herunter. Sein grauer Bart glitzerte vom Regenwasser. Er stützte sich auf einen schwarzen Gehstock mit silbrigem Knauf. Der Geruch einer Zigarre wehte von ihm herüber. Er hob die Arme.
»Ein Wetter zum Fürchten ist das, aber was soll man machen? Meine Frau mag es nicht, wenn ich in unserer Kajüte rauche. Also tue ich es an Deck.«
»Haben Sie zufällig jemanden gesehen, der in großer Eile war?«
»In Eile? O ja, durchaus. Den Matrosen saß der Kapitän im Nacken. Sie mussten das Schiff wieder flottmachen. Und dann war da noch dieser blasse Gentleman...«
»Was war mit ihm?«
»Nun, er schien mir außer sich zu sein und rempelte mich an, dass ich beinahe meine Zigarre verloren hätte. Er war ausgesprochen hager und wirkte kränklich.«
»Wo ist er hingelaufen?«
»Zum Ende des Gangs. In die letzte Kabine auf der rechten Seite.«
»Vielen Dank, Sir.«
»Gibt es Ärger mit dem Gentleman?«
»Das weiß ich noch nicht, aber möglich wäre es schon. Es wird besser sein, wenn Sie in Ihre Kabine gehen und dort bleiben, bis wir den nächsten Hafen ansteuern.«
Der Grauhaarige nickte kaum merklich und strebte davon. Sein Gehstock tappte auf dem Dielenboden.
Lassiter wandte sich um und eilte zu der Kabine, die ihm der andere Mann bezeichnet hatte. Während er noch überlegte, ob er anklopfen oder einfach die Tür eintreten sollte, schwang diese plötzlich vor ihm auf und das grinsende Gesicht von Ray Cahill tauchte hinter dem schwarzen Lauf eines Colt Pacemaker auf!
»Nur herein«, sagte er spöttisch. »Wir haben dich schon erwartet, Sternschlepper!«
Lassiter begriff, dass er geradewegs in die Falle gegangen war.
Der Mord hatte rein gar nichts mit Amanda zu tun gehabt. Nein, sie war nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Ray Cahill hatte sie getötet, um ihn zu treffen.
Sie war seinetwegen gestorben!
Etwas in ihm ballte sich schmerzhaft zusammen.
»Rein mit dir. Na los!« Der Bandit schwenkte den Lauf seiner Waffe.
Lassiters Rechte zuckte.
»Versuch es ruhig«, knurrte sein Gegenüber.
Lassiter betrat die Kabine.
Roxane Cahill stand vor dem Bullauge und starrte ihn hasserfüllt an. Sie war eine bildschöne Frau mit langen schwarzen Haaren und Augen, in denen die Glut eines Feuers zu lodern schien. Doch in ihrer Brust schien kein Herz zu schlagen. Kaltblütig war sie, das hatte sie bewiesen. Zusammen mit ihren drei Brüdern hatte sie eine Bande Revolverschwinger angeführt und war mordend und plündernd umhergezogen.
Bis Lassiter ihnen die Entführung einer jungen Russin vermasselt und ihre Bande zerschlagen hatte. Zwei der Cahill-Brüder waren umgekommen. Das hatten sie ihm nicht vergessen. Nein, sie wollten seinen Tod. Und sie wollten ihn leiden sehen.
»Wie fühlt es sich an, jemanden zu verlieren, der einem wichtig ist?« Roxane spuckte ihm vor die Stiefel. »Das war erst der Anfang, Bastard!«
»Amanda hatte euch nichts getan. Ihr hättet sie nicht töten müssen.«
»Sie hat sich auf dich eingelassen. Das hat ihr Schicksal besiegelt.«
»So wie das deines Bruders?« Lassiter schaute Ray Cahill prüfend an. Der Schwarzhaarige war tatsächlich auffallend bleich. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Und auf seinem Hemd zeichneten sich dunkle Flecken ab, wie von geronnenem Blut. Bei ihrem letzten Zusammentreffen hatte Lassiter ihn verwundet. Seine Kugel war dem anderen Mann in den Bauch gedrungen. Es war ein Wunder, dass er noch lebte. »Du hast schon bessere Zeiten gesehen, scheint mir.«
»Oh, die werde ich auch wieder sehen, sobald du tot und verscharrt bist, Sternschlepper«, zischte der Bandit. »Dann brechen für Roxane und mich wieder goldene Zeiten an.«
»In euren Träumen vielleicht.«
»Zumindest können wir noch träumen. Auf dich jedoch wartet nichts als der Tod.«
»So weit sind wir noch nicht.«
»Glaubst du etwa, du wirst diese Kabine lebend verlassen?« Ray Cahill verzog spöttisch das Gesicht. »Unser Zusammentreffen ist kein Zufall. Wir sind dir gefolgt.«
»Das habe ich mir schon gedacht.« Lassiter spürte die Anspannung seines Gegenübers. Ray Cahill hatte Schmerzen. Außerdem schwelte ein unversöhnlicher Hass in ihm. Das machte ihn unberechenbar. Jede Sekunde konnte er abdrücken.
Lassiter hatte jedoch nicht vor, abzuwarten, bis sein Gegenüber zur Tat schritt. Unauffällig schaute er sich in der Kajüte um, sondierte seine Möglichkeiten. Ray Cahill stand auf einem schmalen, dunkelroten Läufer. Das war seine Chance! Lassiter bückte sich blitzschnell, packte den Läufer mit beiden Händen und zerrte kraftvoll daran.
Sein Kontrahent verlor das Gleichgewicht, wankte und stürzte rücklings hin. Unwillkürlich krümmte er den Finger am Abzug, aber er verriss den Schuss. Seine Kugel schlug in die Decke. Späne rieselten.
Roxane brüllte vor Zorn.
Lassiter packte den Stuhl und wollte ihn Ray Cahill über den Schädel ziehen. Der Bandit sah das Manöver kommen und rollte sich blitzschnell zur Seite. Dann sprang er auf seine Füße, wollte den Colt hochreißen, aber Lassiter trat ihm die Waffe geradewegs aus der Faust!
Polternd fiel der Colt auf den Boden.
Roxane hechtete vor, wollte den Sechsschüsser ergreifen, aber Lassiter kickte ihn mit der Stiefelspitze unter das Bett.
Ray Cahill nutzte den Augenblick, um sich auf ihn zu stürzen. Seine Rechte landete einen schmerzhaften Treffer am Kinn des Agenten, dann riss der seine Arme hoch und stieß den Banditen von sich.
Ray Cahill taumelte rückwärts.
Und Lassiter setzte nach: Er packte den anderen Mann am Kragen und schmetterte ihn von sich. Der krachte mit dem Rücken gegen die Tür. Das Holz barst. Ray Cahill landete rücklings auf dem Gang.
Irgendwo kreischte eine Frau auf.
Eine Tür schlug zu.
Lassiter zog seinen Remington aus dem Holster und folgte dem Banditen.
Der stolperte ein paar Schritte weiter, ehe er sich wieder fing und nur einen kurzen Blick auf die Waffe in der Hand des Agenten warf. Er fuhr herum und stürmte den Gang hinunter zur nächsten Treppe, die nach oben führte.
Lassiter fluchte in sich hinein.
Er schoss keinem unbewaffneten Mann in den Rücken. Das ging ihm gegen den Strich. Und so stürmte er dem Fliehenden nach.
Ray Cahill nahm zwei Stufen auf einmal und verschwand nach oben.
Lassiter folgte ihm.
Hinter ihm gellte Roxane etwas, das nicht zu verstehen war.
Ein Schuss peitschte. Die Kugel zackte dicht neben Lassiters Kopf in die Wand.
Er stürmte weiter, schlitterte auf den rutschigen Planken des nassen Decks.
Ray Cahill strebte davon, eine Hand auf seinen Leib gepresst.
Lassiter setzte ihm nach, holte auf und wollte auf ihn springen und ihn zu Boden reißen, als der Schwarzhaarige neben einem Passagier zum Stehen kam, diesen packte und herumwirbelte. Wie einen Schutzschild hielt er ihn vor sich!
Der fluchte lautstark.
»Mersafez! Schto tut prois-chodit?«
Bevor sich Lassiter von seiner Überraschung erholen konnte, peitschte hinter ihm ein Schuss aus einem Peacemaker.
Die Kugel schlug dicht neben Lassiter in die Reling ein.
Roxane! Sie hatte sich die Waffe gesichert, war ihnen gefolgt und schoss nun erneut. Diesmal folgte dem Knall ein dumpfer Einschlag.
Orlow brüllte auf. Ob vor Schmerz oder Wut war schwer zu sagen.
Er bäumte sich auf, schmetterte Ray Cahill die Faust gegen den Unterkiefer.
Der Kopf des Banditen wurde zurückgerissen. Doch er fing sich sogleich wieder, packte den Russen und warf ihn über die Reling!
Der Verletzte stürzte in die Fluten und ging sogleich unter wie ein Stein.
Lassiter musste sich entscheiden. Zwei Leben nehmen oder eines retten?
Bevor er sich recht besinnen konnte, setzte er über die Reling und sprang dem Ertrinkenden nach. Sogleich zog ihn die Strömung mit sich. Wasser schäumte und gurgelte um ihn. Weitere Schüsse peitschten. Lassiter tauchte unter und riss die Augen auf, aber der Fluss war aufgewühlt vom Regen und so schwarz wie seine Hosentasche. Die Fluten zerrten ihn mit sich. Eine Urgewalt war das.
Der Mann der Brigade Sieben wurde gegen einen Stein geschleudert. Ein scharfer Schmerz raste durch seine rechte Schulter, schnappte unwillkürlich nach Luft, inhalierte Wasser und musste husten. Er wurde weitergerissen, wollte sich nach oben kämpfen, aber wo war das? Oben und unten vermischten sich zu einem einzigen Wirbel. Lassiter trat kräftig aus, aber der Fluss riss ihn unbarmherzig weiter. Von Orlow war nichts zu sehen. Lebte der Russe überhaupt noch?
Lassiter stemmte sich gegen das Wasser, spürte seine Kräfte erlahmen. Sein Körper bettelte um Sauerstoff. Er musste nach oben. Er musste. Doch er wurde immer weiter mitgerissen, kam nicht dagegen an.
Hier in den schwarzen Fluten schien für ihn Endstation zu sein!
☆
Der Fluss war ein gefräßiges Ungeheuer.
Er verschluckte alles und gab nur wenig wieder frei.
Lassiter wurde von den strudelnden Wassermassen mitgerissen. Er schien geradewegs in die Hölle zu trudeln.
Es war ein Kampf, den er nicht gewinnen konnte.
Aus diesem Grund stemmte er sich nicht länger gegen die Strömung, sondern ließ sich von ihr tragen. Sie brachte ihn endlich wieder nach oben. Und nach einer Weile sogar in Ufernähe. Hier floss das Wasser immer noch schnell, aber es gelang ihm, zu einem Stamm zu schwimmen und sich daran festzuhalten. Während er weitergetrieben wurde, schaute er sich um und entdeckte den Russen.
Entschlossen kraulte er zu ihm hin.
Der Passagier schlug auf das Wasser ein, um sich oben zu halten. Doch seine Kräfte erlahmten. Lassiter war noch gut fünfzig Yards entfernt, als der andere Mann plötzlich versank und nicht wieder hochkam.
Lassiter folgte der Strömung und kraulte zu der Stelle, an der sich der Russe eben noch befunden hatte. Hier tauchte er, bekam einen Arm zu packen und zog den Ertrinkenden mit sich nach oben.
In diesem Augenblick stampfte die Sacramento Princess an ihnen vorbei.
Anscheinend war es an Bord noch nicht bemerkt worden, dass sie über Bord gegangen waren. Das Flussschiff fuhr ohne sie weiter.
Lassiter unterdrückte einen Fluch. Er brauchte jedes bisschen Atem, um den Russen und sich selbst ans Ufer zu bringen und an Land zu.
Hustend zog er den Verletzten in sichere Entfernung vom Fluss zu einer Gruppe Kiefern. Dann sank er auf die Knie und spuckte einen Schwall Flusswasser ins Gras.
Dem Russen ging es nicht besser.
Hustend rang er um Atem.
Der Mann war für Lassiter kein Unbekannter.
Vor einer Woche war Orlows Tochter Alina von der Cahill-Bande entführt und in den Bergen festgehalten worden. Ein Lösegeld wollten sie von dem schwerreichen Bordellbesitzer erpressen, aber Lassiter war ihnen in die Parade gefahren und hatte die junge Frau zu ihrem Vater zurückgebracht. Dabei war herausgekommen, dass Alinas hoch verschuldeter Verlobter die Entführung eingefädelt hatte. Sein Plan war ihn teuer zu stehen gekommen: Ray Cahill hatte ihn mit drei Kugeln niedergestreckt.
Wie kam Igor Orlow nun auf das Flussschiff?
Diese Frage stellte er ihm nun.
»Ich habe Nachforschungen angestellt«, schnarrte der Russe. Mit seiner tiefen Bassstimme schien er die Worte auszuspucken wie fette Fleischbrocken. »Ich wollte mir die Banditen vornehmen, die sich an meiner Tochter vergriffen und ihren Verlobten ermordet haben. Doch dieser Ubljudok war schneller. Er hat mich erwischt.«
»Lassen Sie mich das einmal ansehen.« Lassiter beugte sich über den Verletzten und besah sich die Wunde. Verdammt! Orlow verlor Blut. Viel Blut. Lange würde er das nicht durchhalten. »Die Kugel steckt in Ihrer Brust, scheint die Lunge aber verfehlt zu haben, sonst wäre bereits kein Atem mehr in Ihnen.«
»Also besteht noch Hoffnung, meinen Sie?«
»Wenn wir Sie zu einem Doc schaffen können, sicherlich.« Lassiter riss einen Streifen seines Hemdes ab und verband den Russen damit. Allerdings machte er sich keine Illusionen. Der Stoff war nass vom Flusswasser und würde den Blutstrom kaum lange aufhalten können. Sie mussten so schnell wie möglich eine Siedlung und trockene Sachen finden, sonst war es um den Russen geschehen.
»Wir dürfen nicht hier bleiben. Sie brauchen Hilfe und trockene Verbände.«
»Ein paar Meilen flussabwärts steht eine Fischerhütte«, schnarrte der Russe, der zusehends blasser wurde. »Dort leben gute Menschen. Freunde. Sie werden helfen.«
»Sie brauchen mehr als das. Sie brauchen einen Arzt.«
»Ich bin nicht wichtig. Sie... Sie brauchen Boot, Lassiter. Müssen Banditen auf Flussschiff verfolgen.«
Roxane und Ray Cahill.
Sie hatten ein weiteres Menschenleben auf ihr Gewissen geladen.
Amanda. Etwas in Lassiter zog sich schmerzhaft zusammen. Die Spielerin hatte nicht verdient, was mit ihr geschehen war. Sie hätte ihre Träume verwirklichen sollen und nicht blutig auf einem Dampfer enden dürfen.
Lassiter ballte die Hände zu Fäusten.
Amanda würde das letzte Opfer der Cahill-Bande sein. Dafür würde er sorgen.
»Kommen Sie, Mr. Orlow. Ich werde Sie in die nächste Siedlung bringen und Ihnen einen Arzt besorgen.«
»Nicht Siedlung. Fischerhütte. Dort ich kann Ihnen bezahlen Boot. Sie müssen Fahrt fortsetzen.« Der Russe beugte sich vor und krallte die Finger in Lassiters Arm. »Sie müssen.«
»Ich werde Sie nicht Ihrem Schicksal überlassen.«
»Fischer gut. Fischer wird mir Arzt rufen. Sie sorgen dafür, dass dieser Ubljudok und alle, die ihm folgen, ihre Strafe bekommen. Meine Alina ist todunglücklich. Das nicht gut. Gar nicht gut.«
»Ich werde es versuchen.«
»Nicht versuchen. Tun Sie es. Ich weiß, Sie können das. Sie sind richtiger Mann dafür.« Der Russe reckte das Kinn. Wie es aussah, war er fest entschlossen, Lassiter zu einem Boot zu verhelfen, mit dem er der Flussdampfer folgen konnte.