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Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 2521, 2522 und 2523.
Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!
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Seitenzahl: 394
Veröffentlichungsjahr: 2025
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben
Für die Originalausgaben:
Copyright © 2020 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Für diese Ausgabe:
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Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Covermotiv: © Faba/Norma
ISBN: 978-3-7517-8197-8
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https://www.luebbe.de
https://www.lesejury.de
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Lassiter 2521
Die Killer- Brigade
Lassiter 2522
Glühende Sonora
Lassiter 2523
Zu schön zum Sterben
Start Reading
Contents
Die Killer- Brigade
Wie jeden Tag nach Einbruch der Dunkelheit begab sich Senator Cecil Holloway in sein Arbeitszimmer, um bei einem guten Buch und einem Brandy seinen Arbeitstag zu beschließen. Doch als er an diesem Abend das Petroleumlicht entzündete, schrak er beim Anblick einer Gestalt zusammen, die es sich in seinem Ohrensessel bequem gemacht und ihren Blick eindringlich auf ihn gerichtet hatte.
»Wer... wer sind Sie?«, entfuhr es Holloway. »Und wie sind Sie hereingekommen?«
Der Fremde verzog keine Miene, selbst dann nicht, als er antwortete. »Mir werden ständig genau diese Fragen gestellt, obwohl die am nächsten Liegende niemals zur Sprache kommt, nämlich: Was will ich von Ihnen?«
Der Senator war erstarrt und zu kaum einer Regung mehr fähig. In seinem Verstand herrschte plötzlich gähnende Leere, sodass er einzig dazu in der Lage war, die Frage des Unbekannten aufzugreifen: »Was wollen Sie von mir?«
»Mein Name ist Jake Reaper«, begann der Eindringling, der unleugbare indianische Wurzeln hatte. Zudem besaß er ein scharf geschnittenes Gesicht mit gefährlich funkelnden Augen und schulterlanges strähniges Haar, das ihm einen leicht verwilderten Ausdruck verlieh. »Man bedient sich meiner Fähigkeiten, wenn andere Mittel versagen...« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Sie erinnern sich an das lukrative Angebot eines gewissen Jacob Wiseman?«
Die Erwiderung erfolgte nach wenigen Sekunden, die Senator Holloway benötigte, um seine Gedanken zu sortieren. »Ich lasse mich nicht kaufen!«, platzte es aus ihm heraus. Seine Starre hatte er gänzlich überwunden. »Was bildet sich dieser Anwalt eigentlich ein, sich auf diese infame Weise in meine Politik einmischen zu wollen?«
Gelassen führte Reaper seine Hände vor der Brust zusammen und verschränkte seine Finger ineinander. »Mr. Wiseman hatte kein persönliches Interesse an Ihnen, Senator«, sagte er. »Ebenso wie ich führte er nur einen Auftrag aus. Seiner ist gescheitert...«
»Und Sie wollen das Werk vollenden?«, blaffte Holloway. »Mit welcher Summe gedenken Sie denn nun aufzutrumpfen?«
Immer noch blieben Reapers Gesichtszüge undurchsichtig. Er sprach ruhig und ohne Emotion. »Über finanzielle Verhandlungen sind wir bereits hinaus«, versicherte er, führte seine Rechte zum Holster und holte einen Revolver hervor. Die Waffe sah aus, als wäre sie aus purem Gold geschmiedet, und Reaper legte sie vor sich auf den Schreibtisch.
Cecil Holloway erschrak – doch nur für einen Moment. Sogleich setzte er ein spöttisches Grinsen auf. »Falls Sie mir drohen wollen«, meinte er süffisant, »sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Ich habe als Major der Konföderierten mehr als einmal vor einer Waffenmündung gestanden. Glauben Sie im Ernst, mich derart billig einschüchtern zu können?«
Jake Reaper verneinte. Ohne großes Aufheben und nur mit einem kaum merklichen Schütteln seines Kopfes. »Ich bin nicht hier, um Ihnen zu drohen«, ließ er sein Gegenüber wissen. »Ich bin gekommen, um Sie zu töten.«
Scharf sog der Senator die Luft ein. »Das... das werden Sie nicht wagen! Niemand erschießt einen Mann in meiner Position, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Man wird Sie jagen und gnadenlos zur Strecke bringen. Ihr Hals wird in der Schlinge landen, das kann ich Ihnen versprechen!«
»Machen Sie sich bitte um mich keine Sorgen«, entgegnete Reaper kühl und legte die flache Hand auf den Griff seines goldenen Colts. »Die Leute, die mich beauftragt haben, halten mir den Rücken frei. Sie kontrollieren hochrangige Persönlichkeiten, die einem bedeutenden Nebenverdienst äußerst aufgeschlossen sind. Sie zu bestechen, Senator, war lediglich ein Zeichen guten Willens, in der Hoffnung, Sie könnten den Tycoons mit Ihren politischen Verbindungen eine nützliche Unterstützung sein. Sobald Sie nun aber bei Ihren Ahnen sind, wird jemand Ihr Amt ausfüllen, der ohne Gewissen zuverlässig die Interessen meiner Auftraggeber verfolgt.« Ein angedeutetes Lächeln huschte über Jake Reapers Züge. »Es macht keinen Unterschied, ob man Sie für die Lüge bezahlt – oder die Wahrheit mit einer Kugel auslöscht.«
Das Blut in Holloways Adern schien zu Eiswasser zu gerinnen. Dennoch konnte er immer noch nicht glauben, dass dieser Kerl ihn kaltblütig abknallen würde. »Ich habe Angestellte, die den Schuss hören werden«, warf er keuchend ein. »Meine Haushälterin wohnt gleich über diesem Zimmer.« Der Senator deutete in die Höhe. »Und auch die anderen Bediensteten sind nicht weit. Sie können nicht ungesehen entkommen, Mr. Reaper.«
Der Angesprochene erhob sich und nahm beiläufig seinen Revolver auf. Er nickte verhalten, als würde er Holloway zustimmen. »Sie haben nicht ganz unrecht«, bestätigte Jake Reaper. »Ich werde nur für einen Mord bezahlt, nicht für den Tod Ihrer gesamten Belegschaft. Und glauben Sie mir: Ich würde nicht eine Sekunde zögern, jeden, der sich mir in den Weg stellt, ins Jenseits zu befördern...« Nachdenklich wanderte er um den Schreibtisch herum und blieb zwei Armlängen vor Holloway stehen. »Andererseits könnte ich Sie auf offener Straße niederschießen und würde nicht mal einen Tag im Jail verbringen.«
Ruckartig riss Reaper seinen goldenen Colt hoch und drückte ab. Die Kugel durchschlug die Stirn des Senators und trat aus dem Hinterkopf wieder aus.
Wie eine Gliederpuppe, deren Fäden man durchtrennt hatte, sackte Cecil Holloway zusammen und knallte auf die Dielen. Ungläubig waren seine Augen aufgerissen, und sein Blick war anklagend zum Himmel gerichtet.
Jake Reaper steckte seinen Revolver ins Holster und holte ein weißes Tuch hervor. Akribisch wischte er sich das Blut, das aus dem Schädel seines Opfers gespritzt war, vom Gesicht. Sorgsam faltete er es anschließend zusammen und schob es in die Innentasche seines Jacketts zurück.
Hektisch wurde die Tür des Arbeitszimmers aufgerissen. Im Eingang stand ein Schwarzer mit schlohweißem Lockenhaar. Seine Züge wirkten wie in Holz geschnitzt, und in seinen geweiteten Augen stand das Grauen. Seine Pupillen visierten den Killer an, wanderten hinunter zum Senator und wieder zurück.
»Er hat nicht gelitten«, sagte Reaper trocken. »Leider war seine Zeit abgelaufen. Du musst dich nach einem anderen Arbeitgeber umschauen, schwarzer Mann.« Gemächlich ging er dem Hausangestellten entgegen, klopfte ihm im Vorbeigehen kameradschaftlich auf die Schulter und verließ das Anwesen. Reaper konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal derart leicht fünfzehntausend Dollar verdient hatte.
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Lovelace war eins dieser Nester, die man bereits durchquert hatte, wenn man sein Pferd nicht frühzeitig zum Stillstand brachte. Die staubige Mainstreet war gesäumt von windschiefen Adobehütten und einigen wenigen Backsteinbauten, die allesamt über eine Höhe von einem Stockwerk nicht hinauskamen.
Lassiters Handrücken wischte über seine Stirn. Der Ritt von Albuquerque bis hierher war beschwerlich gewesen. Gnadenlos brannte die Sonne vom Himmel herab und dörrte das Land aus. Der letzte Regen mochte bereits viele Wochen zurückliegen.
Unwillkürlich musste der Mann der Brigade Sieben grinsen. Er dachte zurück an Palita, die ihm den kurzen Aufenthalt in Albuquerque versüßt hatte. Auch sie hatte einen harten Ritt hinter sich – allerdings nicht auf dem Rücken eines Pferdes, sondern auf seinem Schoß. Vor Lassiters innerem Auge erschien der makellose und gebräunte Körper der jungen Frau, die sich ihm lustvoll und nicht ganz geräuschlos hingegeben hatte.
Der große Mann wischte die Gedanken beiseite, um sich nicht in seinen Erinnerungen zu verlieren. Seine ganze Konzentration musste er seinem bevorstehenden Auftrag widmen. Und der war keinesfalls ohne. Die spärlichen Unterlagen, die ihm zugespielt worden waren, sprachen eine deutliche Sprache. Dennoch würde Lassiter wie üblich anfangs im Trüben fischen müssen. Der verschollene Informant der Brigade Sieben hatte nur wenig Handfestes zutage gefördert.
Der Schweiß brannte Lassiter in den Augen, als er auf seinem Grauschimmel die Mainstreet entlangritt und auf einen Saloon zuhielt. Schnaufend stieg er vor dem Gebäude aus dem Sattel und leinte sein Pferd am Hitchrack an. Flüchtig glitt sein Blick über ein paar Gestalten hinweg, die mit gesenktem Haupt und in die Stirn gezogenen Sombreros auf dem Boardwalk hockten, dann stieß er die Schwingtüren des Saloons auf und trat ein.
Der Geruch von billigem Fusel und Zigarren lag in der Luft. Aber auch der Duft eines seltenen Parfüms, das Lassiter in diesem gottverlorenen Kaff nicht erwartet hatte. Die Person, die es verbreitete, war in der Menge der lethargisch an den Tischen sitzenden Trinker schnell gefunden.
Es war eine Frau, der das rotblonde Haar wie Engelsgespinst über die Schultern fiel. Sie saß an einem Tisch in der Mitte des Schankraums, gehüllt in ein grünes Oberteil mit schmalen Trägern, das sich eng um ihre vollen Brüste spannte. Einen ihrer Stiefel hatte sie ausgezogen und schien einen Splitter aus ihrer Fußsohle ziehen zu wollen. Als sich ihre Blicke mit denen von Lassiter rein zufällig kreuzten, hielt sie plötzlich gebannt inne.
Lassiter spürte die Faszination, die ihm diese Frau entgegenbrachte. Und auch er konnte sich dieser personifizierten Versuchung nicht entziehen. Es war, als hätten sich zwei Menschen gefunden, die schon ein Leben lang auf der Suche nach dem anderen gewesen waren.
Gemächlich setzte Lassiter einen Fuß vor den anderen und näherte sich dem Tisch, während die Blondine ihn atemlos ansah. Zwei Yards vor der Frau blieb Lassiter stehen.
»Ist der Platz noch frei?«, fragte er und deutete auf einen der vier Stühle, die den Tisch säumten.
»Ich sehe niemanden darauf sitzen«, erwiderte die Frau und machte eine einladende Handbewegung.
Lassiter setzte sich und stellte eine weitere Frage: »Darf ich Ihnen einen Drink spendieren?«
Sein Gegenüber verzog den Mund zu einem selbstgefälligen Lächeln. »Mehr hast du nicht zu sagen, wenn eine Lady dir schöne Augen macht...?«
Nun musste auch Lassiter grinsen. »Ich kann mich zurückhalten und falle nur gelegentlich mit der Tür ins Haus.«
»Mia«, sagte die Rotblonde. »Ich heiße Mia.«
Der Brigade-Agent stellte sich ebenfalls vor und winkte dem Barkeeper zu. »Zwei Whiskey!«, rief er. »Und nicht die gepanschte Brühe für deine normalen Gäste, sondern den guten!«
Gänzlich ungezwungen tastete Mia ihre Fußsohle ab, zupfte etwas daraus hervor und hielt es hoch. »Verdammter Kakteenstachel! Der nervt mich schon seit Stunden.«
»Sei froh, dass du nicht auf einen Skorpion getreten bist.«
»Dem hätte ich die Rübe abgebissen!« Mia lachte auf. »Du gefällst mir, Lassiter. Das sage ich ganz offen. Ich bin keine von denen, die erobert werden möchten. Ich nehme mir, was ich will. Und ich habe meinen Spaß dabei.«
Mit einem Mal lag in ihren Augen ein Verlangen, dem sich ein Mann nur schwer entziehen konnte. Lassiter wusste, was diese Frau von ihm wollte, und er war Gentleman genug, ihren Wünschen nachzukommen.
Unverhofft teilte eine schneidende Stimme die Luft im Saloon. »Jetzt reicht es mir aber!«, krakeelte ein junger Bursche, den Lassiter erst in diesen Momenten bewusst wahrnahm. Er hatte an der Theke gelehnt und mehrere geleerte Biergläser vor sich stehen. Nun hatte er eine aggressive Position eingenommen und seine Fäuste geballt. »Lass die Frau in Ruhe, sonst bekommst du es mit mir zu tun!«
Lassiter hob eine Braue und schaute Mia an. »Ein Freund von dir?«
Sie schüttelte den Kopf. »Eher nicht. Er hat sich wohl Chancen ausgerechnet und tut das anscheinend immer noch. Mit so einem Küken aber habe ich nichts zu schaffen.«
»Küken?«, blaffte der Kerl. »Ich bin ein ganzer Mann und werde es dir beweisen!«
Lassiter ruckte hoch und stellte sich breitbeinig auf. »Lass es gut sein, Junge! Niemand von uns will Ärger. Ich geb dir einen aus, okay?«
»Verpiss dich, Arschloch!«, kreischte der junge Mann. »Glaubst wohl, du bist was Besseres, aber die Schnecke gehört zu mir!«
Schon wollte Lassiter sich zwischen ihn und Mia stellen, um im Ernstfall eingreifen zu können, doch die Rotblonde winkte lässig ab. Sie zog ihren Stiefel an, stand auf und drehte sich ihrem Verehrer zu.
»Jetzt pass mal schön auf, Naseweis«, sagte sie freundlich lächelnd. »Ich habe keine Ahnung, wie du auf die Idee kommst, ich könnte mit dir etwas anfangen wollen, aber da du keine Ruhe gibst, sehe ich mich leider gezwungen, dir Nachhilfeunterricht zu geben.«
Ihre Rechte schoss vor und bohrte sich in den Magen des jungen Burschen. Der beugte sich ächzend vor und fing sich einen Kniestoß unters Kinn ein. Die Wucht des Hiebes schleuderte ihn gegen den Tresen, wo er einige Augenblicke benötigte, um wieder zu Sinnen zu kommen, und mit einem grollenden Schrei zum Angriff überging.
Lassiters Miene verzog sich, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Mia kannte kein Erbarmen und verdrosch den Kerl nach Strich und Faden. Er hatte nicht die geringste Chance gegen die Schläge und Tritte der Blonden und brach irgendwann röchelnd zusammen.
»Haben wir unser Verhältnis nun endgültig geklärt?«, erkundigte sich Mia. »Such dir was frisch Geschlüpftes, aber geh mir nicht weiter auf den Keks.«
Anerkennend nickte Lassiter. »Ich denke«, sagte er, »er hat's verstanden...«
Mia drehte sich zu ihm herum. Kurz massierte sie die Knöchel ihrer Fäuste. »Können wir jetzt los, Lassiter?«, wollte sie wissen. »Mich juckt's erbärmlich zwischen den Schenkeln.«
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Hart stieß Lassiter zu und entlockte Mia einen Schrei höchster Ekstase.
»O ja!«, stieß sie keuchend aus. »Ramm ihn mir tief rein! Ich brauch's so dringend!«
Die blonde Frau hockte auf Lassiters Hüften, hatte sich weit vorgebeugt und ließ ihr Gesäß auf und ab wippen. Ihre Finger krallten sich fordernd in Lassiters Brust, während ihr Liebhaber ihre Pobacken spreizte, um noch weiter in sie eindringen zu können. Bald schon drehte er sie zur Seite, knetete Mias Brüste und spürte ihr linkes Bein, das sich über seine Hüften legte. Sie öffnete sich ihm, so weit es ihr möglich war, und ließ ihn durch ihre abgehackten Lustlaute wissen, wie sehr ihr sein Liebesspiel gefiel.
Nicht lange, und Lassiter lag auf der Blondine, die ihre Schenkel über seinem Rücken kreuzte. Intensiv erwiderte sie seine Stöße und hauchte ihm ihren heißen Atem ins Gesicht. Ihren Kopf drehte sie von einer Seite zur anderen, biss sich das eine Mal vor Verzückung auf die Unterlippe und riss ihren Mund das andere Mal weit auf, um ihre Erregung in die Welt hinauszuschreien.
Noch war Lassiter weit davon entfernt, sich zu ergießen, und genoss jede Sekunde. Immer wieder wechselte er die Stellung und schien die für Mia richtige Position gefunden zu haben, als sie kniend vor ihm hockte und ihm ihren prallen Hintern entgegenreckte.
»Stoß zu, du Hengst!«, kam es geradezu flehend über ihre Lippen.
Sprunghaft kochte die Lust in Lassiter hoch. Mias Pobacken zuckten vor seinen Augen wie eine sündige Offenbarung. Fest packte er sie mit seinen Händen.
»Du willst es haben, Baby«, raunte er. »Ich gebe es dir!« Lassiter verdoppelte seine Anstrengungen und merkte, wie sich alles in Mia zusammenzog. Ihre Umklammerung seines Schafts wurde derart heftig, dass der Mann der Brigade Sieben fürchtete, zu einem vorschnellen Ende zu kommen.
Das aber ließ Mia nicht zu. Sie löste sich von ihm und wand sich keuchend auf dem Laken. Ein zufriedenes Lachen entrang sich ihrer Kehle, bis sie die Bettpfosten mit beiden Händen ergriff, ihre Beine in die Höhe reckte und ihre Schenkel spreizte. »Gib mir alles, was du hast!«, zischte sie. »Ich will so heftig kommen wie noch nie in meinem Leben!«
Lassiter hatte gar nicht richtig hingehört. Er war wie im Rausch und füllte Mia mit seiner Rute aus. Seine Muskeln spannten sich, und er ging nieder bis zu ihren Brüsten, um die harten Knospen mit seiner Zunge zu liebkosen.
»Gleich... gleich! Ja, ja, ja...!«, drang es gleich dem Stakkato einer Gatling Gun aus Mias Mund. »Ich bin gleich so weit! Besorg's mir, Lassiter! Hör nicht auf! Ich will es jetzt...!«
Machtvoll ergoss sich Lassiter. Mia wurde von ekstatischen Wogen geschüttelt und presste ihr Becken vor, als wollte sie mit ihm verschmelzen. Ihre Hände verkrallten sich in den rotblonden Haaren und zerrten an den Strähnen. Schließlich krümmte sie sich und richtete sich halb auf. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Mund schnappte nach Luft. Die Zehen ihrer nackten Füße glichen Raubtierkrallen.
Minuten vergingen, bis die erschöpften Leiber zur Ruhe gekommen waren. Sehnsuchtsvolle Arme verschränkten sich ineinander, schwitzige Körper suchten nach Nähe.
Mia legte eine Hand auf Lassiters erschlafftes Glied und streichelte zärtlich darüber. »Das war gut«, flüsterte sie. »Richtig gut...«
Nach dem Austausch einiger Streicheleinheiten schwang sich Lassiter aus dem Bett und schlüpfte in seine Hose. Das Hemd streifte er sich über die Schultern, knöpfte es zu und verstaute den Saum im Hosenbund.
»Willst du schon gehen?«, fragte Mia.
»Ich habe dringende Geschäfte zu erledigen«, erwiderte Lassiter.
Die blonde Frau lächelte anzüglich. »So genau wollte ich es nicht wissen...«
»Ich bin nicht zum Vergnügen in Lovelace«, präzisierte der große Mann. »Damit musst du dich zufriedengeben. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
Mia wurde hellhörig. »Das klingt nach einem gefährlichen Auftrag an«, meinte sie. »Pass auf, dass du nichts verlierst, was mir noch nützlich sein könnte. Immerhin besteht die Möglichkeit, dass wir uns wiedersehen.«
Eine Antwort gab Lassiter nicht, tippte an seinen Stetson und verließ das Zimmer. Gelassen trottete er hinunter in den Schankraum des Saloons und wandte sich dem Ausgang zu. Allerdings erreichte er ihn nicht.
»He, Mister! Kann ich kurz ein paar Worte mit Ihnen wechseln?«
Es war der Barkeeper, ein Mann, der schon bessere Tage gesehen haben mochte, aber mit seinem speckigen Hemd, seinem feisten stoppelbärtigen Gesicht und seinen klebrigen Fingern mit den schwarzen Nägeln immerhin auf Distanz blieb. Er beugte sich über den Tresen und hielt seine rechte Hand schützend – damit keines seiner Worte fremde Ohren erreichte – vor den Mund. »Nehmen Sie sich vor dem Girlie in Acht«, raunte der fettleibige Kerl. »Sie haben keinen Schimmer, mit wem Sie es zu tun haben.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, raunte Lassiter.
Der Barkeeper winkte ihn näher zu sich heran. »Das ist eine Braut, von der man besser die Finger lässt«, gab er Lassiter zu verstehen.
Der Brigade-Agent schmunzelte. »Es waren nicht nur meine Finger, die ich nicht von ihr gelassen habe...«
Auf dem Gesicht des Schankwirts erschien ein Ausdruck höchster Betroffenheit. »Sie haben ja keine Ahnung, worauf Sie sich einlassen! Diese Frau ist mit allen Wassern gewaschen und beileibe keine Unbekannte in Lovelace. Ich schätze mal, dass Sie auf der Durchreise sind. Und ich empfehle Ihnen, sich nicht länger als nötig bei uns aufzuhalten.«
Lassiter gab sich unwirsch. »Kommen Sie auf den Punkt!«, forderte er barsch. »Ansonsten betrachte ich unser Gespräch als beendet!«
Die Züge des Barkeepers schienen sich zu verdunkeln. Gleichzeitig erhöhte sich sein Herzschlag, was an seiner stoßweisen Atmung zu erkennen war. »Haben Sie schon mal vom ›Devil's Shelter‹ gehört, Mister?«
Lassiter verneinte und fügte hinzu: »Hört sich nach einem Ort an, den man lieber meiden sollte.«
Der fettleibige Barkeeper bestätigte und gab eine genaue Standortangabe, damit Lassiter nicht zufällig dorthin geriet. »Vertrauen Sie einem Mann, der in diesem Leben schon mehr gesehen hat als so mancher Greis.«
Lassiter bedankte sich und trat hinaus auf den Boardwalk. Devil's Shelter, ging es ihm durch den Kopf. Möglicherweise war diese Höllenpforte genau das, was ihn auf seiner Mission weiterbrachte.
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Irvin McShane saß behaglich in seinem Ledersessel und genoss einen sündhaft teuren Sherry. Er erfreute sich an den Lichtreflexen, die das Petroleumlicht in seinem Living Room auf dem Kristallglas hervorrief. Derart abgelenkt, reagierte er erst auf seinen Gast, als dieser ihn forsch ansprach.
»Was haben Sie für mich? Sie wissen, es geht nur ums Geld!«
»Wie nicht anders zu erwarten war«, meinte McShane versonnen und stellte sein Glas auf einen Beistelltisch. »Es bleibt viel zu wenig Zeit, sich den schönen Künsten und lieblichen Genüssen zu widmen.«
Sein Gesprächspartner, Mason Cooper, verzog abfällig die Mundwinkel. »Ich kann ein Gemälde nicht von einem ausgekotzten Frühstück unterscheiden«, brummte er. »Und Ihre Franzmann-Jauche tausche ich liebend gern gegen einen Kentucky Bourbon ein.«
Genießerisch schnalzte Irvin McShane mit der Zunge. »Die Spanier würden es Ihnen übelnehmen, dass Sie ihren Likörwein in Frankreich verorten«, gab er zu bedenken. »Ich bin jedoch sicher, dass Sie diesem winzigen Detail keine weitere Aufmerksamkeit schenken werden.«
»Da haben Sie verdammt recht!«, röhrte Cooper. Sein ohnehin finsteres Gesicht wurde noch eine Spur bedrohlicher. »Sie haben mich gerufen, um etwas zu erledigen. Meine Zeit kann ich mir nicht aus den Rippen schneiden, also kommen Sie zur Sache.«
McShane ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Mit spitzen Lippen nahm er einen weiteren Schluck Sherry, ergötzte sich erneut an der schillernden Farbe und drehte sein Gesicht schließlich Mason Cooper zu. »Wissen Sie, Mr. Cooper, ich bin nicht verpflichtet, Ihnen den Schutz meines Hotels zur Verfügung zu stellen. Es ist von meiner Seite ein nahezu unbezahlbares Angebot. Und das nur, weil ich Ihre Dienste zu schätzen weiß. Es würde mich daher freuen, wenn Sie auch mein Entgegenkommen zu schätzen wüssten.«
Ein Knurren kam von Mason Cooper herüber. Die löchrige Haut um seinen rechten Mundwinkel blähte sich auf. McShane wusste, dass die Verletzung von einem Brandeisen stammte, mit dem der Bürgerkriegspartisan gefoltert worden war.
»Meinen Respekt haben Sie«, sagte Cooper. »So wie die anderen Killer, die im ›Devil's Shelter‹ untergebracht sind. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
Irvin McShane nickte. »Das ist gut.« Er stand auf und machte ein paar gemessene Schritte durch das Zimmer. Kurz richtete er den Kragen seines Oberhemdes und glättete das Revers seines dunkelblauen Jacketts. »Obwohl wir umfassenden Schutz vor den Behörden genießen, gibt es hin und wieder Gruppierungen, die sich über das Gesetz hinwegsetzen...«
Verhalten lachend unterbrach Mason Cooper. »Das tue ich jeden Tag.«
»... und der Meinung sind, dort ansetzen zu müssen, wo offizielle Stellen versagen. Mir ist zugetragen worden, dass ein solcher Fall eingetreten ist. Um Konflikte vor Ort zu vermeiden, wäre es mir lieb, die Vigilanten würden erst gar nicht in die Nähe des Hotels kommen.«
»Ich soll sie abfangen und zu Würmerfutter verarbeiten?«, fragte Cooper.
McShanes Miene hellte sich auf. »Die Wahl der Mittel bleibt Ihnen überlassen. Von mir aus stellen Sie Ihre eigene kleine Armee zusammen und fegen unsere Gegner von der Landkarte. Sie formieren sich irgendwo bei Largo oder Coyote, also nur acht bis zehn Meilen von hier.«
»Das liegt im Nordosten«, erwiderte Mason Cooper. »In Jicarilla kenne ich ein paar eisenharte Höllenhunde, die nur darauf warten, ihre Messer wieder zu wetzen.«
Warnend hob Irvin McShane seine Rechte. »Nicht, dass wir uns falsch verstehen, Cooper. Ich werde Sie für den Job nicht bezahlen. Sie erledigen ihn, weil Sie mir etwas schuldig sind. Im Anschluss können Sie wieder Ihren eigenen Geschäften nachgehen und sich dabei vollkommen sicher fühlen...«
Eine finstere Wolke schien über Mason Coopers Antlitz zu ziehen, doch er stimmte zu. »Ich hätte früher nach New Mexiko kommen sollen«, fügte er in einer Mischung aus Demut und Sarkasmus hinzu. »Die Sternträger machen einen Bogen um mich und die Dollars strömen nur so in meine Taschen.«
»Erfreulich, dass Sie es so sehen«, bekräftigte Irvin McShane. »Die Türen meines Hotels stehen Ihnen für alle Zeiten offen.«
Cooper wollte sich erheben, doch ein spontaner Gedanken ließ ihn innehalten. »Was haben die anderen getan, um sich ihren Platz im ›Devil's Shelter‹ zu verdienen?«, wollte er wissen.
Ein Lächeln hob McShanes Mundwinkel an. »Fragen Sie sie selbst, wenn es Sie so brennend interessiert. Über meine Lippen wird in dieser Hinsicht kein Laut kommen...«
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Gleich drei Kugeln fegten heran. Eine zischte haarscharf über Noah Bishops Kopf hinweg, die beiden anderen hackten neben seinem Gesicht in die Holzhütte und rissen fingergroße Splitter heraus.
»Ergeben Sie sich, Bishop!«, donnerte die Stimme des Town-Marshals. »Sie haben keine Chance zu entkommen!«
Die Einschätzung kam nicht von ungefähr. Der Gesetzeshüter hatte noch eine Handvoll Deputies bei sich, die Bishop in die Zange genommen hatten. Somit gab es für den Kopfgeldjäger wenig aussichtsreiche Möglichkeiten. Entweder versuchte er, sein Leben zu retten, oder schnappte sich seine Beute und verlor es.
Ein Hechtsprung brachte ihn in eine schmale Gasse zwischen zwei Gebäuden. Sie war derart eng, dass er darin nicht einmal seine Arme zu den Seiten ausstrecken konnte. Voraus sah er mal links, mal rechts Kistenstapel an den Hauswänden stehen. Wenn seine Häscher die Verfolgung aufnahmen, konnten sie sich nur hintereinander nähern. Bishop würde es ein Leichtes sein, sie einen nach dem anderen aufs Korn zu nehmen.
»Zwei müssen ihn von der anderen Seite packen!«, schoss der Marshal seinen Befehl ab. »Ich will diese Ratte erwischen, koste es, was es wolle!«
Bishop tauchte unter den sirrenden Bleigeschossen hinweg und fand hinter der ersten Reihe aufgetürmter Holzkisten Deckung. Mindestens zwei Revolver feuerten ihre Ladungen auf ihn ab, doch seinen Verfolgern musste mittlerweile klar sein, dass sie ihn auf diese Weise nicht stellen konnten.
Für Noah Bishop gab es keinen anderen Ausweg, als jeden, der sich ihm in den Weg stellte, ohne nachzudenken zu erschießen. Der Blutzoll in Carrizozo würde sich drastisch erhöhen, doch nach dem, was Bishop bereits angerichtet hatte, um den Outlaw Frank Driscoll zu erwischen, war es lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Mehr als ein Dutzend rechtschaffener Bürger war draufgegangen. Kein Wunder, dass der Marshal sich in das Gemetzel eingemischt hatte.
Aber noch war nicht alles verloren. Ganz im Gegenteil, gab es doch nicht allzu weit entfernt einen Ort, den der Marshal nur unter größter Gefahr und höchstem Einsatz für Leib und Leben aufsuchen konnte. Bishop war schon einmal dort gewesen, hatte sich aber mit den Gepflogenheiten dieses Schotten nicht abfinden können. Nun aber konnte das »Devil's Shelter« für Noah Bishop zum Rettungsanker werden. Einen kleinen Gefallen würde er McShane jedoch dafür erbringen müssen.
In Bishops Rücken wurden Schritte laut. Geröll knirschte unter den Stiefelsohlen heraneilender Männer.
Auf dem Absatz wirbelte der Kopfgeldjäger herum, sah einen huschenden Schatten und feuerte auf der Stelle. Mit einem erstickten Aufschrei stürzte der Angreifer in den Staub, erhielt aber noch in derselben Sekunde Unterstützung.
Mündungsblitze zuckten durch die Dämmerung. Ein heißer Schmerz stach durch Bishops linke Schulter. Aber auch sein Gegner war nicht davongekommen. Röchelnd ließ er seinen Revolver fallen und fasste sich an den Hals. Ein Blutstrahl pulste aus der Schlagader und spritzte gegen eine Holzwand.
»Bishop!«, dröhnte der Marshal aufs Neue. »Wenn Sie auch nur einem meiner Leute ein Haar gekrümmt haben, knüpfe ich Sie am nächsten Baum auf!«
Noah Bishop grinste in sich hinein. »Sie werden sich beeilen müssen! Ich habe nämlich nicht vor, in diesem Kaff zu versauern!« Zwei Schritte setzte er nach vorn, holte noch einmal weit aus und verschwand hinter dem nächsten Kistenstapel. Sein Pferd hatte er im angrenzenden Wald untergestellt. Bis dorthin waren es zwischen zweihundertfünfzig und dreihundert Yards.
Plötzlich stürmte ein übereifriger Deputy vor, glaubte Bishop mit einem Frontalangriff überwältigen zu können. Seine linke Handkante fächerte über den Abzug seines Revolvers. Er schaffte es, alles zu treffen – bis auf den Bounty Hunter.
Noah Bishop sagte nur ein Wort: »Vollidiot!« Dann legte er seine Waffe an und drückte ab.
Der Deputy wurde mitten im Lauf gestoppt und zurückgerissen. Hart knallte er auf den Boden, während das Blut aus seinem Schädel spritzte.
»Nummer drei, Marshal!«, rief Bishop. »Das Gesetz verliert an Boden!«
Noch während er sprach, kam er aus seiner Deckung hervor und rannte zum Ende der Gasse. Er brauchte nur noch die Straße zu überqueren und sein Pferd im Wald einzusammeln. Zwei Minuten später saß er bereits im Sattel und gab seinem Reittier die Sporen.
»Holt die Pferde! Wir heften uns an seine Fersen!«, drang die Stimme des Marshals an Bishops Ohren. »Dieser dreckige Bastard hat lange genug sein Unwesen getrieben!«
Der Kopfgeldjäger spornte sein Pferd zu Höchstleistungen an. Vermutlich würde es am Ziel zusammenbrechen, doch das war es Bishop wert. Er war gespannt, ob sich der Marshal auf eine Auseinandersetzung im Niemandsland einlassen würde. Dabei konnte er nur den Kürzeren ziehen, doch manche dieser gottverdammten Sternträger riskierten für eine Handvoll Dollar im Monat einfach alles.
Bishops Vorsprung war nicht groß, höchstens eine halbe Meile. Er durfte seinen fliegenden Galopp keinesfalls unterbrechen, um nicht zurückzufallen.
Der Marshal und seine beiden Begleiter zeigten sich äußerst hartnäckig. Sie verlangten ihren Tieren nicht weniger ab, als Bishop es tat. Hin und wieder wurden Schüsse laut, doch sie dienten nur der Einschüchterung. Vom Rücken eines Pferdes aus war es selbst mit einer Rifle nicht möglich, einen mehrere hundert Yards vorauseilenden Flüchtigen zu erwischen.
Endlich!, rief es in Noah Bishops Gedanken, als er die Silhouette eines Gebäudes sah, das einsam inmitten der Prärie stand. Devil's Shelter!
Annähernd fünfzehn Meilen war er wie ein Besessener durch die Steppe geprescht. Sein Pferd hatte Schaum vorm Maul und eine Schweißschicht auf dem Fell. Und als Bishop das Tier zügelte, warf es lediglich schnaubend seinen Kopf in den Nacken und brach zusammen.
Nur noch ein paar Yards!, sagte sich Noah Bishop, zog sein linkes Bein unter dem schweren Körper hervor und stolperte vorwärts. Er erklomm die Veranda des Hotels und trommelte mit beiden Fäusten gegen die Tür. »Aufmachen!«, brüllte er. »McShane! Öffnen Sie, verflucht noch mal!«
Nur wenige Sekunden vergingen, bis sich der Knauf drehte. Im Eingang erschien ein Schwarzer, livriert wie ein Butler. »Die Tür ist nicht verschlossen, Sir«, sagte der Mann gleichmütig.
Bishop stürzte vor und drängte sich an dem Diener vorbei. »Ich hab's geschafft!«, sagte er keuchend und lachte abgehackt. »Ich habe diese Regierungshure ausgetrickst!« Er machte einige Schritte durch die Vorhalle, nahm seinen schwarzen Stetson ab und wischte sich übers Gesicht. Als er wieder aufsah, sah er einen edel gekleideten Mann am Treppenabsatz zur Hotelgalerie stehen.
»McShane!«, rief Bishop. »Da sind Sie ja endlich! Ich benötige Ihre Hilfe!«
Der Schotte blieb ungerührt. »Sie kennen meinen Namen, Mister. Ich hingegen weiß nicht, mit wem ich es zu tun habe. Mir wäre es lieb, wenn Sie diesen Vorteil mir gegenüber aufgeben würden.«
»Bishop!«, tönte der Kopfgeldjäger. »Noah Bishop! Wir sind uns vor geraumer Zeit einmal über den Weg gelaufen.«
Die Erkenntnis blitzte in Irvin McShanes Augen auf. »Ich erinnere mich. Allerdings kann ich nicht behaupten, dass es eine sonderlich angenehme Erinnerung wäre...«
»Vielleicht habe ich damals einen Fehler gemacht«, meinte Noah Bishop. »Ich werde ihn jedoch nicht wiederholen. Ein Marshal ist mir auf den Fersen. Ich brauche Schutz – und dafür werde ich mich erkenntlich zeigen.«
Mit aristokratischer Würde schritt Irvin McShane die Stufen der ausladenden Treppe hinab. Flüchtig streifte sein Blick Bishop, dann ging er zur Tür und stellte sich auf die Veranda. »Ich sehe schon, wo Ihre Probleme liegen, Mr. Bishop«, sagte er über seine Schultern hinweg. »Seien Sie versichert, dass keinem Gast meines Hauses Ungemach droht.«
Hufschläge wurden laut, die abrupt verstummten. Noah Bishop konnte nicht sehen, was geschah, doch er hörte, was gesagt wurde.
»Ich bin hier, um einen Mörder in Gewahrsam zu nehmen«, vernahm er den Marshal. »Ich weiß, dass er bei Ihnen Unterschlupf gefunden hat. Geben Sie den Mann heraus, dann können wir uns hässliche Auseinandersetzungen ersparen.«
Irvin McShane legte eine Gelassenheit an den Tag, die ihresgleichen suchte. Aus seinem Jackett holte er eine Zigarre hervor, atmete ihren Duft ein, als er sie unter seiner Nase hindurchzog und zündete sie sich an. Er paffte mehrere Male, bis sich Glut gebildet hatte, dann nahm er einen tiefen Zug. »Dieser Ort«, sagte er in väterlichem Tonfall, »ist eine gesetzesfreie Zone. Nicht, dass es keine Regeln geben würde, doch für Sie, Marshal, und Ihre Deputies ist das ›Devil's Shelter‹ tabu...«
»Sie bilden sich eine Menge auf Ihren Status ein«, versetzte der Marshal und beruhigte seinen Fuchs, der unruhig auf der Stelle trabte. »Recht und Ordnung in diesem Land werden nicht mit zweierlei Maß gemessen! Und mir ist es vollkommen egal, welcher korrupte Frackträger mir dafür an den Kragen will!«
Verständnisvoll nickte McShane. »Dann ist es also beschlossene Sache...« Er winkte den Schwarzen heran und sagte für alle hörbar: »Constantine, bitte sorge dafür, dass die Herren bekommen, wonach Sie so vehement verlangen.«
Der Livrierte zog an dem Hotelbetreiber vorbei – und von der einen Sekunde auf die andere hielt er einen langläufigen Colt in der Hand, der augenblicklich aufbrüllte. Dreimal zuckte blitzendes Mündungsfeuer auf. Und ehe die Gesetzeshüter noch in der Lage waren, sich zu verteidigen, lagen sie bereits tot am Boden.
»Der Bursche ist verdammt schnell und hat Augen wie ein Adler«, konstatierte Noah Bishop.
»Er ist bereits seit einigen Jahren in meinen Diensten und war stets zuverlässig«, erwiderte McShane.
Bishop setzte seinen Hut wieder auf und strich mit der flachen Hand über sein stoppelbärtiges Gesicht. »Ich stehe in Ihrer Schuld, Mr. McShane.«
Auf Irvin McShanes Miene erschien ein gönnerhaftes Lächeln. »Ich werde es nicht vergessen...«
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Lassiters Eindruck von Mia ging keinesfalls in die Richtung, die der Barkeeper angedeutet hatte. Sie war eine Frau mit wachem Verstand, schlagkräftigen Fäusten und wusste genau, was sie wollte. Möglicherweise aber, so dachte er irgendwann, mochte sich hinter ihrer Fassade doch mehr verbergen, als auf den ersten Blick ersichtlich war.
Sein Gefühl wollte es nicht eingestehen, sein Verstand wägte nüchtern ab. Frauen waren schon seit jeher Lassiters wunder Punkt gewesen. Er konnte nicht einmal annähernd sagen, mit wie vielen er sich eingelassen hatte. Darunter waren auch solche gewesen, die ihn nur für ihre Zwecke benutzt hatten, andere wiederum, die ihn am liebsten ins Jenseits befördert hätten.
Echte Gefühle hatte Lassiter nur gegenüber einer einzigen Frau gehabt.
Mary..., wehte es durch seine Gedanken. Lange schon war sie tot. Ebenso Jay, der Sohn, den er mit ihr gezeugt hatte.
Bitterkeit kam in Lassiter auf. Die Bilder seines Lebens vollführten einen wilden Reigen in seinem Verstand. Und mit einem Mal entstanden Fragen in seinem Kopf, die er sich bisher viel zu selten gestellt hatte: Benutzte er die Frauen? Schlenderte er von einem Liebesabenteuer zum nächsten, um sich nicht mehr binden zu müssen und den Schmerz zu unterdrücken, den er in der Vergangenheit erfahren hatte?
Schlimmer noch: Entsprang seine Tätigkeit bei der Brigade Sieben lediglich Rachegelüsten? Ging es ihm nur darum, die Sidney Bloods dieser Welt auszulöschen, die ihm niemals seinen Frieden gönnen würden?
Zweifel kamen in dem großen Mann auf. Schlagartig sah er die Dinge in einem gänzlich anderen Licht. Vermutlich war es seinem Alter geschuldet, denn der junge Spund, der er noch zu Zeiten des Bürgerkriegs gewesen war, war lange passé.
Immer noch stand er auf dem Boardwalk und lehnte sich gegen die Wand des Saloons. Blicklos stierte er voraus. Die Situation, in der er sich unversehens wiederfand, kam auch für ihn überraschend. Sie war vergleichbar mit einem Dinner, bei dem man wahllos in sich hineinschaufelte und anschließend Bauchschmerzen hatte. Sie würden vergehen, wie auch die trüben Gedanken alsbald entschwanden...
Lassiter zwang sich, seine Konzentration zu verlagern. Er war nicht zum Vergnügen in New Mexiko. Irgendjemand – vielleicht sogar eine ganze Gruppe – hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Bundesstaat mit Plünderungen, Raub und Mord zu überziehen. In Washington wäre man nicht aktiv geworden, wenn das Ausmaß der Verbrechen nicht längst normale Grenzen überschritten hätte.
Womöglich war es einer dieser Zufälle, der Lassiter den Namen »Devil's Shelter« – Obdach des Teufels – zugespielt hatte. Es mochte sich um eine hochtrabende Bezeichnung handeln, genauso gut aber konnte sich dahinter verbergen, was Lassiter suchte.
Er schwang sich in den Sattel seines Grauschimmels und nahm die Fährte auf. Der Barkeeper hatte ihm den Weg zu dem Teufelshaus grob beschrieben. Nicht ganz eine Stunde später sah der Mann der Brigade Sieben, worum es sich handelte.
Mitten in der Prärie stand ein zweistöckiges Gebäude. Es wirkte wie ein Fremdkörper in der rauen Wildnis. Rote Ziegel zierten die Fassade, weiße Säulen, Balkone und Erker aus massivem Stein bildeten einen starken Kontrast. Es musste ein exzentrischer Bauherr gewesen sein, der einen solchen Palast in dieser Einöde errichtet hatte.
Fast ehrfürchtig näherte sich Lassiter, stieg vom Rücken seines Pferdes und ging die Veranda hinauf. Er klopfte an die Tür und wartete, bis geöffnet wurde.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte ein schwarzer Bediensteter. Er sah geradezu lächerlich aus und glich einer Karikatur, wie man sie täglich in den Gazetten fand. »Wir verfügen nur über eine geringe Anzahl an Zimmern, daher sollten Sie einen triftigen Grund für eine Beherbergung vorweisen können.«
Ein Hotel!, schoss es Lassiter durch den Kopf. Das »Devil's Shelter« war ein stinknormales Hotel. Vermutlich verdankte es seinen Namen einigen Lebedamen, die hier ihren Unterhalt bestritten. Dennoch war der Brigade-Agent nicht abgeneigt, sich einzuquartieren. Unter Umständen konnte er an diesem Ort Informationen erhalten, die es in der Stadt nicht gab.
»Ich bin auf der Durchreise und zufällig auf Ihre Unterkunft gestoßen«, log Lassiter. »Sie würden mir einen großen Gefallen tun, mir ein Zimmer für eine Nacht bereitzustellen.«
Ausdruckslos schüttelte der Schwarze seinen Kopf. »Es tut mir leid, Sir«, sagte er tonlos. »Wir können niemanden mehr aufnehmen.«
»Aber gerade sagten Sie noch, dass im Zweifelsfall Zimmer vorhanden wären«, warf Lassiter ein.
»Wie ich schon sagte: In Ihrem Fall sind wir ausgebucht.«
Einige Augenblicke lang starrte Lassiter den Bediensteten unverwandt an. Warum verweigerte er ihm den Zutritt? Was für eine Art von Klientel kam für gewöhnlich in diesem Hotel unter?
Noch einmal versuchte Lassiter sein Glück. »Es ist schon spät, Mister. In einer Stunde ist die Sonne untergegangen. Wollen Sie wirklich, dass ich in der Prärie mein Nachtlager aufschlage? Falls es eine Frage des Geldes ist, kann ich Ihnen versichern, dass ich durchaus in der Lage bin, Sie zu bezahlen.«
Die Äußerung förderte nicht einmal den Hauch eines Lächelns auf die Lippen des Hotelangestellten. »Ich denke«, sagte er, »wir haben uns verstanden, Sir.«
Ehe er die Tür wieder schließen konnte, erschallte ein Ruf. »Lassiter! Warum hast du nicht gesagt, dass du zum ›Shelter‹ willst?«
Der Schwarze bekam große Augen. »Mrs. Edwards! Dieser Mann ist ein Freund von Ihnen?«
Im Galopp kam die Blondine herangeritten und zog die Zügel vor der Veranda hart an. »Das ist er, Constantine«, meinte sie lapidar und grinste frech. »Irgendwie jedenfalls...«
»Nun gut, das ist etwas anderes.« Constantine trat zur Seite und wies Lassiter den Weg. »Willkommen im ›Devil's Shelter‹, Mr. Lassiter.«
»Erstaunlich«, sagte der große Mann, »wie die zarten Hände einer Frau selbst himmelhohe Hürden einreißen...«
Flapsig schlug Mia ihm auf die Schultern. »Komm rein! Ich stelle dir den Besitzer Irvin McShane vor. Er ist ein äußerst kultivierter Mann, nur manchmal etwas eigensinnig. Ich denke aber, ihr werdet euch mögen.«
Kaum hatte Lassiter die Schwelle überschritten, da wurde der Druck in seiner Magengrube übermächtig. Bereits zuvor hatte er ihn deutlich abgeschwächt gespürt, doch nun war es ihm, als wäre er durch die Pforte zur Hölle gegangen.
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Die spärlichen Informationen, die Irvin McShane ihm gegeben hatte, brachten Mason Cooper nicht weiter. Doch der von einem Brandeisen gezeichnete Mann, der seine Kampfkraft im Bürgerkrieg beiden Seiten zur Verfügung gestellt hatte, war es gewohnt, aus eigener Initiative zu handeln. Seine Augen und Ohren hatte er überall. Und so war es ihm innerhalb eines halben Tages gelungen, die Brutstätte der Vigilanten ausfindig zu machen.
Es war eine Farm in Largo. Sie lag im orangeroten Licht der untergehenden Sonne. Acht Pferde waren vor der Veranda angeleint, was darauf schließen ließ, dass eine verschwörerische Zusammenkunft stattfand. Jene, die McShane bereits vorweggenommen hatte.
Cooper war allein und sah nicht die Notwendigkeit, die Hilfe von kriminellen Elementen in Anspruch zu nehmen, die vorab die Hand aufhielten, um für ihren Einsatz ein paar Dollars zu kassieren. Mit geschätzten neun oder zehn Gegnern nahm Cooper es mit Leichtigkeit auf, zumal sie nicht ahnen konnten, dass man ihr hinterhältiges Spiel aufgedeckt hatte.
Indes – Cooper hatte gar nicht vor, mit der Wahrheit hinter dem Berg zu halten. Gelassen und nicht minder dreist klopfte er an und vernahm unverzüglich Getuschel. Er konnte nicht verstehen, was gesagt wurde, doch die Hektik in den gezischten Lauten war nicht zu überhören.
Als Mason Cooper bereits gedachte, sich durch ein Fenster auf der Hinterseite des Hauses Zutritt zu verschaffen, wurde ihm geöffnet. Ein hagerer Kerl mit fein ausrasiertem Bart schaute ihn durch die halb aufgezogene Tür an.
»Wer sind Sie und was wollen Sie?«, schnappte der Mann, dem die Nervosität aus jeder Pore triefte. Einen gewissen Anteil daran hatte sicher auch Coopers verunstaltetes Gesicht.
»Wer ich bin, ist nicht von Belang«, erwiderte der Söldner. »Eher das, was ich gehört habe...«
Die darauffolgenden Sekunden des Schweigens dehnten sich schier endlos.
»Wer ist denn da, Lou?«, rief jemand nach draußen.
Der Mann im Türeingang wirkte verunsichert. Sein Kopf ruckte zur Schulter. »Keine Ahnung. Irgendein Fremder. Er hat sich noch nicht vorgestellt.«
Mason Cooper kürzte die Prozedur ab und trat vor. »Nur keine Umstände. Ich kläre die Sache schon selbst auf.« Er riss die Tür auf und ging hindurch.
»He! Warten Sie!« Hände griffen nach Cooper und langten ins Leere. Zwei Sekunden später stand er in einem Zimmer, in dem acht Leute um einen Tisch versammelt saßen. Einige zuckten zusammen, andere gaben sich den Anschein von Abgeklärtheit.
»Würden Sie uns verraten, was dieser Auftritt zu bedeuten hat?«, erkundigte sich ein Kerl, der nicht nur durch seine elegante Kleidung auffiel, sondern auch durch seinen überaus schnellen Griff zum Holster.
Abwehrend hob Mason Cooper seine Hände. »Kein Grund zur Panik, meine Herren«, sagte er und grinste. »Ich bin kein Ausbund an Schönheit, das ist mir schon klar. Dennoch sollten Sie zuhören, was ich zu sagen habe. Es könnten die wichtigsten Worte Ihres Lebens sein...«
Atemlose Spannung. Lou, der von hinten an Mason Cooper herangetreten war, schob sich an diesem vorüber und blickte ihn ernst an. »Sie haben sich einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgesucht. Dies ist kein Kaffeekränzchen. Es geht um besorgniserregende Entwicklungen, denen wir vorzubeugen versuchen.«
»Aber deshalb bin ich doch hier«, trumpfte Cooper auf und zog die Aufschläge seines Staubmantels hinter den Rücken. »Mr. McShane möchte Ihnen allen ein Angebot unterbreiten.«
Die Stille, die sich plötzlich geradezu bedrohlich breitmachte, währte nur wenige Augenblicke. Der Mann im teuren Zwirn mit der rasanten Rechten schoss in die Höhe. »Sie kennen diesen Ganoven?«, keuchte er fassungslos. Nachdem er sich beruhigt hatte, verhärteten sich seine Züge. »Richten Sie ihm aus, dass wir uns nicht kaufen lassen! Ganz gleich, was sein kriminelles Gehirn sich ausgedacht hat, um uns zum Schweigen zu bringen – wir werden nicht darauf eingehen!«
Cooper leckte sich über die Lippen und deutete ein Nicken an. »Ich fürchte, dass hier ein Missverständnis vorliegt«, entgegnete er in gespieltem Bedauern. »Es gibt sicher finanzielle Anreize, die ein Ehrenmann schon aus Prinzip ablehnen würde, doch um ein solches Angebot handelt es sich in diesem Fall nicht. Wir reden nicht von Geld oder von der Erteilung bestimmter Privilegien. Und ganz bestimmt reden wir auch nicht davon, dass Mr. McShane reumütig sein Refugium aufgibt, weil sich eine kleine Schar von Selbstgerechten eingefunden hat, um ihm in die Suppe zu spucken...«
Lou wurde blass. »Wovon... reden Sie?« Auch die anderen wirkten stocksteif, als hätten sie stundenlang im tiefsten Montana-Winter ausgeharrt.
»Ich rede von einer Offerte, die Mr. McShane nicht leichtfertig anbietet.« Coopers Blick wanderte von links nach rechts, dann zurück zur Mitte der Versammelten. »Ein Angebot, das allein durch seine Nennung unmöglich abzuschlagen ist...«
Nur einer verstand auf Anhieb. Es war jener Kerl, der sich bereits erhoben und seine Handfläche auf den Griff seines Colts gelegt hatte. Er glaubte, die Situation unter Kontrolle zu haben und sich im Zweifelsfall auf seine Mitstreiter verlassen zu können.
Eine Einschätzung, deren fundamentales Scheitern er in dem Bruchteil seiner letzten Lebenssekunde lediglich zu ahnen vermochte.
Mason Cooper zog und schoss mit der Geschwindigkeit eines vom Himmel herabsausenden Blitzes. Sein Gegenüber wurde in die Brust getroffen und schmetterte gegen die Holzverkleidung der Wand hinter ihm. Ein Blutstrahl schoss aus seinem Mund und klatschte auf den Tisch, hinter dem nun alle anderen aufsprangen.
Vier von ihnen schickte Mason Cooper in die ewigen Jagdgründe, zerrte den verdatterten Lou vor sich und benutzte ihn als Schutzschild. Ächzend und röchelnd quittierte er die Kugeleinschläge, die seine verbliebenen Verbündeten in ihrem wilden Feuerrausch hervorriefen. Im Bestreben, den ungeladenen Gast niederzustrecken, durchlöcherten sie ihren Kameraden und bekamen gar nicht mit, dass Mason Cooper aus der Sicherheit seines menschlichen Schutzwalls heraus bereits zur Gegenwehr übergegangen war.
Nicht nur feuerte er die letzte Patrone seines eigenen Revolvers ab, sondern zerrte auch Lous Waffe aus dem Holster und nahm seine Gegner aufs Korn. Schließlich warf er den Zerschossenen von sich und sprang dem einzigen Mann entgegen, der wie durch ein Wunder den Kugelhagel überlebt hatte.
Der zog den Stecher seiner Waffe noch einmal durch, hörte ein metallisches Klacken und wurde von Coopers Aufprall zu Boden geschleudert. Mit Armen und Beinen strampelnd, versuchte er, sich zur Wehr zu setzen, doch Mason Cooper ließ erst gar nicht zu, dass sein Widersacher die Oberhand gewann. Seine Faust war wie ein Amboss, als sie in das Gesicht des Mannes krachte.
»Lassen... lassen Sie mich leben!«, entfuhr es dem Kerl, der nahe daran war, das Bewusstsein zu verlieren.
»Auge um Auge«, brummte Cooper, »Zahn um Zahn.« Er grinste bösartig. »Wobei ich die erste Methode wähle...« Er presste die Mündung seines Revolvers gegen das linke Auge des Mannes und drückte es ein Stück weit in die Höhle. Spannen und schießen war eins.
Mason Cooper zuckte zurück. »Verdammte Sauerei!«, beschwerte er sich. »Das spritzt doch sonst nicht so.« Er reinigte seinen Revolver an der Kleidung des Toten und wischte Hirnfetzen von seinem Mantel. »Offenbar gibt's doch noch ein paar Leute, die mehr als einen Hohlraum zwischen den Ohren haben...«
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Die Inneneinrichtung des Hotels beeindruckte Lassiter, vor allem die Bibliothek, in der er sich nun befand. Die Höhe der Wände schätzte er auf knapp sechs Yards, wundervoll vertäfelt mit edlem dunklen Kirschholz. Die niedergebrannte Bibliothek von Alexandria mochte nicht derart viele literarische Schätze beinhaltet haben wie dieses Schmuckstück von einem Zimmer.
Das aber war nur Lassiters anfänglicher Eindruck. Er musste zugeben, sich nicht an den letzten Besuch einer öffentlichen Bibliothek erinnern zu können. Gerade das aber machte seinen Besuch zu einem nahezu berauschenden Erlebnis.
»Sind Sie ebenfalls ein Bewunderer der schönen Künste?«, klang eine Stimme in seinem Rücken auf.
Nur flüchtig wandte Lassiter seinen Kopf zur Seite und konnte sich kaum losreißen vom Anblick der zahllosen Reihen archivierter Bücher, die bis unter die leicht gewölbte Decke ragten. »Ich habe nicht erwartet, in einem Hotel mitten im Nirgendwo die herausragenden Werke der Weltliteratur vorzufinden«, sagte er schwach.
»Zumindest ist es Ihnen aufgefallen«, erwiderte der Mann mit dem kurz geschnittenen Haar und den buschigen Koteletten. »Vermutlich werden Sie sich nicht wundern, dass ich Menschen beherberge, denen weder die aufwändige Vertäfelung noch die Bücher in den Regalen auffallen.«
»Sie sind Irvin McShane?«, fragte Lassiter, kaum dass er seinen Blick gelöst hatte.
Der Schotte bestätigte. »Wenn ich recht informiert bin, hören Sie auf den Namen Lassiter.« Er ging zu einem Ohrensessel, nahm Platz und wies Lassiter eine Sitzgelegenheit ihm gegenüber zu. »Ich verwehre mir die Frage, ob es sich um einen Vor- oder Nachnamen handelt. Es tut nichts zur Sache. Sie wissen, wer Sie sind. Für mich ist es vorerst unerheblich.«
»Es ist ein Nachname«, weihte Lassiter seinen Gesprächspartner ein. »Jeder, der mich kennt, verwendet nur ihn.«
»Ich verstehe.« Irvin McShane schlug die Beine übereinander und formte mit seinen Händen und Fingern ein Dreieck über seiner Brust. »Was genau hat Sie hierher verschlagen?« Über die Spitzen seiner Finger hinweg betrachtete McShane seinen Gast.
»Ich bin auf der Durchreise und suche eine Bleibe für die Nacht.« Schon als Lassiter die Worte aussprach, war ihm bewusst, dass McShane ihm keine Silbe glauben würde.
Die Äußerung des Hotelinhabers kam daher nicht überraschend. »In diesem Etablissement gibt es keine Gäste, die der Zufall hergeweht hat. Abgesehen davon, dass ich nicht an die Macht des Zufalls glaube, ist es so, dass jeder, der hierherkommt, dies mit einer gewissen Absicht tut. Einige haben vom ›Devil's Shelter‹ gehört und versprechen sich Schutz. Andere wissen seit Jahren unsere Diskretion und unseren Einfluss zu schätzen. Niemals aber haben wir Besucher, die auf der Durchreise sind...«
»Wie können Sie so sicher sein?«, wollte Lassiter wissen. »In der Prärie kann man leicht die Orientierung verlieren.«