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Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 2533, 2534 und 2535.
Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!
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Seitenzahl: 377
Veröffentlichungsjahr: 2025
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben
Für die Originalausgaben:
Copyright © 2021 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2025 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Covermotiv: © Boada/Norma
ISBN: 978-3-7517-8237-1
https://www.bastei.de
https://www.bastei-luebbe.de
https://www.lesejury.de
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Lassiter 2533
Handlanger des Teufels
Lassiter 2534
Nacht der Entscheidung
Lassiter 2535
Der Einsatz ist dein Leben, Hombre!
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Contents
Handlanger des Teufels
Im flirrenden Licht der Mittagssonne zeichnete sich verwaschen die Gestalt eines Reiters ab, der schnell und bestimmt auf das Holzfällerlager nahe Midwest City zuhielt. Als er nur noch einen Steinwurf entfernt war, legte Noah Franklin seine Axt beiseite und verengte die Lider. Ein unbestimmtes Gefühl des Unbehagens stieg in ihm auf.
Der Reiter hielt und stieg aus dem Sattel. »Wer hat bei euch das Sagen?«, dröhnte seine kalte Stimme.
»Montgomery Pryce«, antwortete Franklin und trat einen Schritt näher.
Ein niederträchtiges Lächeln huschte über die Züge des Fremden. »Schaff ihn her!«, forderte der Mann. »Ansonsten werden die Dinge hier verdammt unfreundlich verlaufen!«
Franklin war kein Mann, der sich von plumpen Drohungen ins Bockshorn jagen ließ. Und für ein, zwei Augenblicke war er nahe daran, diesem arroganten Kerl eine heftige Gesichtsmassage zu verpassen. Indes, er überlegte es sich anders. Unter Umständen gab es Streitigkeiten, die nur Pryce und den Unbekannten etwas angingen. Darin wollte sich Noah Franklin nicht einmischen, wandte sich ab und tauchte zwei Minuten später in Begleitung des Campaufsehers wieder auf.
»Worum geht es?«, erkundigte sich Montgomery Pryce, ein Mann Mitte fünfzig, dessen dunkles Haar an den Schläfen silbrig verfärbt war. In sein grobporiges Gesicht hatten sich über die Jahre tiefe Falten eingegraben.
»Mein Name ist Ethan Fry«, erklärte der Ankömmling. »Vielleicht haben Sie schon von mir gehört...« Als Pryce die Schultern zuckte und verhalten seinen Kopf schüttelte, fuhr Fry fort: »Ganz bestimmt aber kennen Sie Mister Carrigan. Ich bin gekommen, um seine Interessen wahrzunehmen.«
Kurz tauschte Montgomery Pryce einen Blick mit Franklin. Dann sagte er: »Ich kann Ihnen nicht ganz folgen. Wir liefern Bauholz an Mister Carrigan. Darüber gibt es schriftliche Vereinbarungen. Anderweitige Absprachen haben wir nicht.«
Fry zeigte ein Lächeln. Freundlich war es nicht. »Es geht nicht um Zusatzvereinbarungen, sondern um eine Anpassung der bestehenden. Mein Auftraggeber ist kein Mann, der sein Geld verschenken kann. Als Bauunternehmer hat er eine große Verantwortung für die Stadt. Er hat neu kalkuliert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass er die Preise für Ihre Holzlieferungen nicht mehr bezahlen kann.«
»Carrigan will aus dem Vertrag aussteigen?«, entfuhr es Pryce. »Das kann unmöglich sein Ernst sein! Ich habe eine Menge Leute, die auf diesen Job angewiesen sind.«
Gereizt winkte Ethan Fry ab. »Natürlich bleibt der Vertrag bestehen. Mister Carrigan ist kein Unmensch. Dennoch besteht er auf einem Nachlass von dreißig Prozent. Das hört sich nach einer Menge an, doch ich bin sicher, Sie können den Ausfall mit Lohnkürzungen ausgleichen. Eine Last wiegt deutlich weniger, wenn sie auf viele Schultern verteilt ist.«
»Die Löhne sind bereits vor drei Monaten gekürzt worden!«, warf Noah Franklin ein, der bisher stumm zugehört hatte. »Wie oft wollen Sie dieses Spiel noch wiederholen?«
Pryce schob seinen Mitarbeiter zur Seite und stellte sich vor ihn. »Er hat recht! Irgendwann ist eine Grenze überschritten. Ich habe die Kürzungen damals in Kauf genommen, weil es mir um das Vorhaben ging. Meine Männer haben die Einschränkungen mitgetragen. Doch genau wie Carrigan trage auch ich Verantwortung. Abgesehen davon kann er sich nicht wie es ihm beliebt über vertragliche Vereinbarungen hinwegsetzen.«
»Da sind Sie absolut im Irrtum«, erwiderte Fry rau. »Die Anwaltskanzlei, die Mister Carrigan vertritt, kann Ihnen das Leben zur Hölle machen. Aber das ist es nicht, was wir wollen. Ich persönlich hoffe auf Ihre Einsicht. Es wäre wirklich bedauerlich, würden Sie meine Hoffnungen enttäuschen...« Mit einem leisen Nicken verabschiedete sich Ethan Fry, stieg in den Sattel seines Pferdes und ritt davon. Ratlos blieben Pryce und Franklin zurück.
»Was wirst du jetzt tun?«, fragte Noah Franklin. Besorgt wanderte sein Blick über die Hügel, auf denen die Arbeiter Bäume fällten, Rinde abschälten und Stämme ins Sägewerk trugen.
»Ich... muss nachdenken«, entgegnete Montgomery Pryce in sich gekehrt. »Sollte ich mich mit Carrigan anlegen, werden wir alles verlieren. Gehe ich auf seine Forderungen ein, haben wir zumindest eine kleine Chance zu überleben.«
Vehement schüttelte Franklin seinen Kopf. »Das können wir ihm nicht durchgehen lassen! In einem halben Jahr wird er mit neuen Bedingungen kommen. Irgendwann schuften wir nur noch dafür, dass wir ihm das Bauholz schenken dürfen.«
»Was soll ich denn tun?« Pryce funkelte sein Gegenüber an. »Der Hundesohn sitzt am längeren Hebel und hat vermutlich bereits einen anderen Lieferanten in der Hinterhand. Ich brauche dich jetzt mehr als jemals zuvor, Noah. Du kannst mit den Männern reden. Dir vertrauen sie. Wir müssen retten, was noch zu retten ist. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.«
Der Widerspruch stand Franklin deutlich ins Gesicht geschrieben, doch er behielt ihn für sich. Er würde Pryce nicht im Stich lassen. »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte er schließlich. »Versprechen kann ich nichts.«
»Dein Wort reicht mir.« Kameradschaftlich klopfte Pryce Franklin auf die Schulter. »Ich habe auch die Faust in der Tasche, aber gemeinsam schaffen wir das.«
Die Sicherheit, die Pryce zum Besten gab, konnte Noah Franklin nicht teilen. Schweigend nahm er seine Arbeit wieder auf und wollte auf einen günstigen Zeitpunkt warten, um den Arbeitern die schlechten Neuigkeiten mitzuteilen.
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»Gerechte Löhne für gerechte Arbeit!«, hallte es über die Mainstreet von Oklahoma City. Eine Prozession aus gut zwanzig Frauen marschierte über die Straße. Sie hielten Schilder über ihre Köpfe gereckt, auf denen in großen Lettern stand, was sie lauthals propagierten. Immer mal wieder erklang auch der Name Hugh Carrigan, der offenbar für den Aufmarsch der resoluten Damen verantwortlich war.
Lassiter war gerade erst nach einem langen Ritt in der Stadt angekommen und hatte auf Anhieb den Eindruck, in den Strudel von Ereignissen gerissen zu werden, die unmittelbar mit seinem Auftrag in Zusammenhang standen. Tatsächlich hatte ihn die Brigade Sieben auf Carrigan angesetzt, allerdings nicht aus den Gründen, die die prozessierenden Ladys anführten.
Dieser Carrigan war ein Mann mit Einfluss und den nötigen finanziellen Mitteln, das Gesetz in für ihn genehme Bahnen zu lenken. Das hatte Lassiter seinem Dossier entnommen. Weiterhin gab es halboffizielle Mitteilungen darüber, dass Carrigan Indianerstämme gegeneinander aufwiegelte, um sie aus den ihnen von der Regierung zugesicherten Territorien zu vertreiben. Der daraufhin erfolgte Land Run der weißen Siedler hatte den Lebensraum der Ureinwohner weiter eingeschränkt.
Erstaunlich daran war, dass der Bundesstaat Oklahoma generell als unwirtlich galt, weshalb die native Bevölkerung dorthin umgesiedelt worden war. Doch so, wie es sich nun darstellte, hatte Oklahoma sprunghaft an Reiz gewonnen und zog eine Menge Menschen aus den umliegenden Staaten an. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der amtierende Präsident den Einheimischen neue Verträge zum Verkauf ihres Landes vorlegte.
Lassiter wandte seine Aufmerksamkeit erneut den demonstrierenden Damen zu. Besonders fiel ihm die Frau auf, die den Pulk anführte. Das lange dunkle Haar hatte sie hochgesteckt. Ihre Züge drückten Durchsetzungskraft und Entschlossenheit aus. Die Lady wirkte, als wäre sie mit Leib und Seele bei der Sache. Augenscheinlich besaß sie eine tiefgreifende Motivation für ihr Handeln.
Eine Weile noch stand Lassiter auf dem Boardwalk und schaute sich den Frauenumzug an, bis dieser sich auflöste. Mit einigen wenigen Begleiterinnen wechselte die Dunkelhaarige noch ein paar Worte und stolzierte im Anschluss hinunter zum Saloon. Genau der Ort, den auch Lassiter bereits im Blick gehabt hatte.
Als er durch die Schwingtüren eintrat, stand die Lady hinter dem Tresen und unterhielt sich mit dem Barkeeper. Rasch wurde sie auf Lassiter aufmerksam und schaute ihn abweisend an. »Wir haben noch geschlossen!«, rief sie ihm zu. »Kommen Sie in zwei Stunden wieder.«
»Für einen Drink und eine Zigarette werden Sie mir doch Einlass gewähren, oder?«, fragte Lassiter. »Sie werden gar nicht bemerken, dass ich anwesend bin.«
Etwas in dem Blick der Frau veränderte sich. Ihre Ablehnung schmolz dahin. Dennoch empfing sie ihren ersten Besucher nicht mit offenen Armen. »Von mir aus. Setzen Sie sich irgendwo hin und verhalten Sie sich ruhig. Ich habe noch eine Menge zu erledigen.«
»Sie sind die Betreiberin des Saloons?«, wollte Lassiter wissen, schlenderte hinüber zu einem Tisch und nahm Platz.
»Kaylee Thomas«, stellte sich die Frau vor. »Und ich bin nicht interessiert an einer Unterhaltung.«
»Sie sind mir eben auf der Straße aufgefallen«, ließ Lassiter nicht locker und bestellte im selben Atemzug einen Whiskey. Aus der Innentasche seiner Langjacke fingerte er einen Zigarillo hervor und entzündete ihn.
»Welche meiner Äußerungen haben Sie nicht verstanden?«, zischte Kaylee. »Dass Sie sich ruhig verhalten sollen oder dass ich nicht mit Ihnen reden möchte?«
»Sie tun es ja bereits. Daher kann ich Ihnen sagen, dass Ihr Protestmarsch gegen Hugh Carrigan meine Neugier geweckt hat. Um genau zu sein, bin ich nur wegen ihm in Oklahoma City.«
Spöttisch lachte Kaylee Thomas auf. »Das glaube ich Ihnen sofort! Der Mann mit der größten Brieftasche im Land zieht Geschmeiß an wie ein Haufen Fäkalien die Fliegen.«
»Sie irren sich«, meinte Lassiter. »Ich bin nicht hier, um mit Carrigan Geschäfte zu machen. Ganz im Gegenteil sogar. Falls Sie mir mit Informationen zu seinem Unternehmen dienlich sein könnten, würde ich es nicht abschlagen.«
Kaylees Augen verengten sich. Um ihre Mundwinkel zuckte es nervös. Dann fragte sie: »Wer, zum Teufel, sind Sie eigentlich?«
Der Barkeeper kam heran und stellte ein Whiskeyglas vor Lassiter ab. Sofort verschwand er wieder hinter der Theke, nahm ein Spültuch und wischte Gläser aus.
Erst nach einem Schluck Whiskey antwortete Lassiter und nannte seinen Namen. »Es gibt Kreise, die nicht gerade wohlwollend auf Carrigan schauen«, begann er. »Es ist von unlauteren Geschäftspraktiken die Rede, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Ich wurde berufen, mich dieser Sache anzunehmen. Und ich hätte Ihnen keinesfalls davon erzählt, wäre ich nicht der Meinung, dass wir auf derselben Seite stehen.«
Die Brünette senkte kurz den Blick, sah aber sogleich wieder auf. »Kommen Sie am Abend noch mal rein, damit wir uns ungestört unterhalten können.«
Lassiter nickte und trank aus. Mit einem knappen Gruß verließ er den Saloon.
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Worte! Nichts anderes war es gewesen, was Noah Franklin seinen Leuten aufgetischt hatte. Schöne Floskeln und gefällige Formulierungen, die sie gnädig hatten stimmen sollen. Doch in dem Holzfäller sah es völlig anders aus. Er ahnte, dass Carrigan sie alle ruinieren würde, sollten sie sich ihm beugen.
Mit dieser bedrückenden Einstellung ritt er am Ende eines langen Arbeitstages in die Stadt, um sich ein paar Drinks zu genehmigen und den aufkeimenden Zorn zu besänftigen. Er nahm eine ganze Menge Drinks in Kaylees Saloon zu sich und fiel allmählich in einen Dämmerzustand. Zwischen halb geschlossenen Lidern fiel ihm plötzlich eine Gestalt auf, die ihn schlagartig wieder nüchtern machte.
Es war dieser Ethan Fry, der Kerl mit der verschlagenen Miene und dem eiskalten Lächeln. Und er bewegte sich schnurstracks auf Kaylee Thomas zu, die dem Barkeeper tatkräftig zur Hand ging. Die Unterhaltung, die sich entwickelte, blieb Noah Franklin nicht verborgen.
»Mrs. Thomas«, sagte Fry. »Ich bin...«
»Ich weiß, wer Sie sind!«, entfuhr es der Salooninhaberin. »Ich habe schon fast alle von Carrigans Speichelleckern bedient!«
»Sie brauchen mich nicht zu bedienen«, antwortete Ethan Fry. »Ich bin nicht durstig.«
»Was wollen Sie dann?« Hätte Kaylees Zornesfunkeln einen Menschen töten können, wäre Fry auf der Stelle reglos zusammengesackt.
Der Angesprochene hielt mit seinem Anliegen nicht hinter dem Berg. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass sie heute mal wieder einen kleinen Protestmarsch abgehalten haben, um die Bewohner der Stadt gegen Mister Carrigan aufzuwiegeln. Das ist ein freies Land, und jeder darf seine Meinung äußern. Allerdings hat man mir auch gesagt, Sie hätten deshalb bereits eine Verwarnung erhalten. Daher frage ich mich, weshalb Sie sie nicht ernstnehmen...«
»Eine Verwarnung, ja?«, fauchte die Dunkelhaarige. »So nennen Sie das also! Zwei Ihrer Kumpane haben mir in einer Gasse aufgelauert und mir einen Revolver an die Schläfe gehalten!«
»Immerhin sind Sie noch am Leben«, wertete Fry den Überfall ab. »Soweit ich informiert bin, sollte ein Verstoß gegen die Forderung erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. Haben Sie das etwa bei Ihrem mittäglichen Rundgang vergessen?«
Kalte Wut kochte in Noah Franklin hoch. Instinktiv legte er die Rechte auf den Griff seines Revolvers. Niemand außer ihm schien von dem Gespräch Notiz zu nehmen, was den Waldarbeiter noch mehr aufregte. Er musste etwas unternehmen, ehe die Situation nicht mehr zu kontrollieren war.
»Es schert mich einen Dreck, was Sie oder Carrigans Kettenhunde von mir verlangen!«, regte sich Kaylee auf. »Ist Ihr Besuch etwa dem Umstand geschuldet, dass Sie den Worten dieser zwei Bastarde Taten folgen lassen wollen? Sind Sie hier, um zu vollenden, was vorher lediglich angedeutet wurde?«
Gemächlich winkte Fry ab. »Ich wollte mich nur persönlich davon überzeugen, dass Sie auf gut gemeinte Ratschläge nicht reagieren. Mister Carrigan wird nicht gerade erfreut sein. Und er legt großen Wert darauf, schlechte Neuigkeiten unverzüglich zu erfahren...«
Wie unter einem sengenden Peitschenhieb schoss Noah Franklin in die Höhe und riss den Colt aus seinem Holster. Metallisch krächzend rastete der Abzug seiner Waffe ein. Die Mündung war unmittelbar auf Ethan Fry gerichtet. »Jetzt reicht es!«, schrie Franklin. »Hauen Sie auf der Stelle ab, oder Sie werden es bereuen!«
Stuhlbeine schrammten über die Dielen des Saloons, als mehrere Gäste gleichzeitig aufsprangen. Einige verschanzten sich gleich darauf hinter den Tischen, andere standen starr gegen die Wand gelehnt. Lediglich Fry blieb gelassen und schaute gelangweilt über seine Schulter.
»Sieh an«, sagte er. »Du bist doch einer von Pryces Waldschraten. Solltest du nicht besser ein paar Baumstämme stutzen? Dafür hast du dir aber das falsche Werkzeug ausgesucht.«
»Ich weiß mit einem Schießeisen umzugehen, Fry!«, blaffte Franklin. »Und jetzt verzieh dich, bevor ich dir eine Kostprobe gebe!«
Ethan Fry drehte seinen Kopf wieder in die andere Richtung. »Haben Sie auch das Gefühl«, wandte er sich leutselig an Kaylee Thomas, »dass Unfrieden in der Luft liegt?«
Eine Antwort auf seine Frage wartete er nicht ab. Mit einer Geschwindigkeit, der das Auge kaum zu folgen vermochte, wirbelte er auf dem Absatz herum. Ehe die Bewegung noch vollendet war, hielt er bereits seinen Sechsschüsser in der Faust und drückte gnadenlos ab.
Die Kugel ließ die Whiskeyflasche auf Noah Franklins Tisch zerbersten und schlug zwei Handbreit neben ihm in die Wand. Dem zweiten Geschoss entging der Holzfäller nur, weil er sich blitzschnell aus der Schusslinie drehte und neben der Tischplatte auf die Knie fiel. Doch da hackte bereits heißes Blei in das Holz und riss wirbelnde Splitter heraus.
»Noah!«, gellte Kaylees Stimme. »Bring dich in Sicherheit!«
»Zu spät, Schätzchen.« Hinterhältig grinsend trottete Ethan Fry voran, offenbar im vollen Bewusstsein, jederzeit schneller als sein Gegner zu sein.
Für Noah Franklin aber war die Auseinandersetzung noch nicht zu Ende. Obwohl er in die schwarze Coltmündung seines Widersachers starrte, glaubte er immer noch, eine Chance zu haben. Ein paar Zentimeter nur musste er seine Waffe anheben.
Das Echo eines Schusses hallte durch den Schankraum. Im selben Moment noch versteinerte Ethan Frys Körper. Nur sein Kopf drehte sich ein kleines Stück zur Seite. »Wer sind denn Sie?«, stieß er zornig aus.
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Lassiter hielt seinen Remington auf einen Kerl gerichtet, der in offenkundiger Tötungsabsicht einen Mann bedrohte, der neben einem Tisch auf den Knien lag. Wer den Streit begonnen hatte, konnte der Brigade-Agent nicht sagen, doch die Exekution eines Wehrlosen würde er nicht zulassen.
»Ihr alle legt jetzt eure Kanonen zur Seite«, forderte Lassiter. »Ich möchte mich in dieser Hinsicht nicht wiederholen.« Er hoffte, dass die Kontrahenten sich friedfertig zeigen würden. Ein offener Schusswechsel hätte nur dazu geführt, dass Unbeteiligte ihr Leben verloren.
»Lassiter!«, rief Kaylee und winkte dem großen Mann zu. »Sie schickt der Himmel!«
»Ganz so groß sind die Mächte im Hintergrund nicht«, witzelte Lassiter und ließ den Revolverschützen dabei nicht aus den Augen. Der steckte auch brav seine Waffe ins Holster. Der Kniende tat es ihm gleich und stemmte sich auf die Füße.
»Verdammter Alkohol«, brummte er vor sich hin. »Fast hätte ich einen Menschen getötet...«
Lassiter kaufte ihm seine Reue ab. »Man fühlt sich stark und unüberwindlich«, konstatierte er, »bis man mit einem Bauchschuss am Boden liegt und am liebsten seine Innereien auskotzen möchte.« Auch er ließ den Remington in seinem Holster verschwinden. »Gehen Sie nach Hause und schlafen Ihren Rausch aus. Dieses Mal sind Sie dem Tod noch von der Schippe gesprungen.«
»Lassiter...«, murmelte der Gunslinger. »Mir ist, als hätte ich den Namen schon einmal gehört.«
»Da sind Sie mir gegenüber im Vorteil«, teilte der Mann der Brigade Sieben mit.
»Fry«, sagte der Mann. »Ethan Fry. Ich arbeite für Mister Carrigan. Er ist kein Unbekannter in der Stadt.«
Lassiter deutete ein Nicken an. »Ich kenne ihn. Nicht persönlich, nur gerüchteweise. Was ich aufgeschnappt habe, macht ihn mir nicht unbedingt sympathisch.«
»Er ist ein Wohltäter!«, behauptete Fry. »Seinem Engagement ist es zu verdanken, dass Oklahoma City in wenigen Jahren eine blühende Stadt sein wird. Er hat ein großes Bauprojekt angestoßen und zieht eine Schar von Siedlern an.«
»Sicher nicht immer zum Vorteil der Ureinwohner«, warf Lassiter ein.
Ethan Fry bleckte seine Zähne, hob einen Zeigefinger und wedelte damit herum. »Das sind alte Geschichten, von denen Sie erzählen. Die Stämme der Muskogee, Seminolen und Cherokee sind der Besiedlung ihres Landes durchaus aufgeschlossen. Und sie werden dafür natürlich entlohnt. Mister Carrigan ist kein Pfennigfuchser. In Absprache mit der Regierung hat er für alle Beteiligten die besten Konditionen herausgeschlagen.«
Unwillkürlich musste Lassiter schmunzeln, spürte jedoch den faden Beigeschmack seiner Geste. Man konnte die Dinge drehen und wenden, bis sie ins vorgefertigte Bild passten. Allem Anschein nach gelang es Carrigan, nach außen hin sein Image zu polieren und sich zur selben Zeit auf Kosten anderer die Taschen zu füllen. Das Prinzip war immer das gleiche, nur die Namen änderten sich. »Man muss sich nur oft genug umschauen«, erwiderte er, »bis man wirklich alles gesehen hat. Es ist das, was die Reichen schon immer mit den weniger Begüterten und Armen dieser Welt angestellt haben. Anders als in der Natur, wo ein Gebirgsbach sich von oben nach unten ergießt, fließt der Strom aus Geld immer in die entgegengesetzte Richtung. Und was harte Dollars nicht bewirken, wird mit Blut vergolten.«
Ethan Frys nächste Bewegung alarmierte Lassiter, doch der Mann ging nicht zum Angriff über. Stattdessen trug er sein Mitleid vor. »Ich kann verstehen, dass die Wohltaten von Mister Carrigan Ihr Fassungsvermögen übersteigen. Dafür habe ich Verständnis. Dennoch sollten Sie nicht urteilen, bevor Sie alles über ihn wissen. Eine ganze Reihe von Leuten in Oklahoma City sind ihm zu Dank verpflichtet.«
Lassiter glaubte dem Mann kein Wort, ließ es aber bei der Stellungnahme bewenden. »Wir sehen uns wieder, Fry«, gab er ihm zum Abschied mit auf den Weg.
Carrigans Vollstrecker blieb eine Erwiderung schuldig. Einmal noch sah er hinüber zu dem Mann, den er um Haaresbreite erschossen hätte, dann stapfte er hinaus ins Freie.
»Lassen Sie uns reden, Lassiter«, raunte Kaylee Thomas hinter dem Tresen und deutete zur Treppe, die in den ersten Stock führte. »Wenn ich fertig bin, wird der Heiligenschein von Hugh Carrigan deutliche Risse zeigen...«
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Das Büro in der Woodlark Avenue war dunkel und wirkte unbewohnt. Ethan Fry benutzte den Hintereingang, schraubte sich eine Wendeltreppe hinauf und stieß an deren Ende auf eine Tür. Entschlossen drehte er den Knauf und betrat das Zimmer dahinter.
»Das wurde auch Zeit!«, brandete eine Stimme in der Dunkelheit auf. Das Ratschen eines Streichholzes war zu hören, gefolgt von einer blendenden Flamme. Kurze Zeit später wurde der Raum vom milden Licht einer Petroleumlampe erhellt. Schlagartig wurde das Gesicht von Hugh Carrigan aus der Finsternis gerissen.
»Es könnte Schwierigkeiten geben«, eröffnete Ethan Fry das Gespräch. »Einer aus dem Sägewerk von Pryce hat sich mit mir angelegt, als ich diesem Miststück die Leviten lesen wollte.«
»Ich will nichts hören von Schwierigkeiten!«, fauchte Carrigan. »Ich bezahle dich, damit du Probleme löst! Also tu was für dein Geld! Du wirst doch wohl mit einem minderbemittelten Axtschwinger fertigwerden!«
Klaglos ließ Ethan Fry den Wutausbruch seines Bosses über sich ergehen. Erst dann kam er auf den Punkt. »Die Hinterwäldler werden keinen Ärger machen«, bekräftigte er. »Aber zufälligerweise bin ich auf einen Mann gestoßen, von dem ich das nicht sagen kann. Keine Ahnung, wo er plötzlich hergekommen ist, aber mir drängt sich der Gedanke auf, dass er es auf dich abgesehen hat.«
Carrigan stutzte, aber nur für einen Augenblick. »Was soll das heißen? Wer ist der Kerl, und was will er von mir?«
»Das muss ich noch herausfinden. Ich glaube, schon einmal von ihm gehört zu haben. Wie dem auch sei, es ist äußerste Vorsicht angeraten. Womöglich hat er einflussreiche Leute im Rücken, die dir das Leben schwermachen könnten.«
Wieder ließ Hugh Carrigan einige Sekunden verstreichen, ehe er antwortete. »Das ist alles, was du mir zu sagen hast? Du hast nichts in der Hand und kommst mir lediglich mit unheilschwangeren Voraussagen? Kümmere dich darum und beseitige diesen Spürhund. Wir haben schon genügend Ärger mit den Behörden. Irgendwann steht die US-Army vor unserer Tür. Das fällt aber nicht in deinen Aufgabenbereich. Ich nehme die Angelegenheit selbst in die Hand.« Nach weiteren Momenten des Schweigens fügte er hinzu: »Diese Kaylee Thomas. Was ist mit ihr? Ich würde sie lieber heute als morgen fünf Fuß unter der Erde sehen.«
»Sie ist widerspenstig«, meinte Fry. »Selbst Todesdrohungen scheinen bei ihr nichts zu bewirken. Mit einer Frau wie dieser brauchst du dich gar nicht auf Verhandlungen einzulassen.«
»Dann schaff sie beiseite!«, wurde Carrigan laut. »Je öfter sie mit ihrer Truppe auf der Straße rumkrakeelt, desto mehr Leute werden ihr Gehör schenken. Das ist schlecht fürs Geschäft. Und das ist schlecht für dich. Wenn du die Sache nicht bereinigst, habe ich für dich keine Verwendung mehr!«
Mit verhaltenem Unwillen blickte Ethan Fry seinem Auftraggeber ins Gesicht. Er war schätzungsweise zwanzig Jahre älter als er selbst, trug einen buschigen silbergrauen Schnauzbart und hatte verkniffene Züge. Sicher hatte das Leben ihm einige Fallstricke in den Weg gelegt, doch das berechtigte ihn nicht dazu, andere wie Dreck unter den Fingernägeln zu behandeln. »Ich habe alles im Griff«, versicherte Fry und ordnete sich unter, obwohl sich mehr und mehr Widerstand in ihm aufbaute. »Du musst dir keine Sorgen machen.«
Überzeugt wirkte Carrigan nicht. Er stand auf und wanderte um seinen Schreibtisch herum. »Es gibt einen Grund, warum ich mich heimlich in meinem Büro aufhalte«, sagte er mit rauer Stimme. »Ich meine, ich verhalte mich wie ein Dieb, der den Schutz der Nacht sucht, um seinen Häschern nicht in die Fänge zu geraten. Nicht gerade ein Aushängeschild für jemanden, der eine Stadt aus dem Boden stampft und sich dabei auch noch den Repressalien der Bevölkerung aussetzen muss. Gar nicht zu reden von den Rothäuten. Diese Tiere muss man auslöschen, weil sie der Zukunft unseres geliebten Landes im Wege stehen!«
»Ich habe eine Einsatzgruppe zusammengestellt, die sich mit den Choctaw beschäftigen wird«, versuchte Ethan Fry zu beschwichtigen. »Von dieser Seite wird es keine Komplikationen geben.«
Generös tätschelte Hugh Carrigan die Wange seines Mitarbeiters. »Guter Junge«, sagte er. »Lass nur nicht zu, dass ich dir eines Tages nicht mehr vertrauen kann...«
Mechanisch ballte sich Ethan Frys Linke zur Faust. Ein harter Schlag gegen den Kehlkopf dieses blasierten Dollarhais hätte ihn unweigerlich zu Fall gebracht. Noch aber brauchte Fry die Unterstützung dieses Mannes. Er bezahlte gut. Das machte manche Demütigung wett.
»Das wird niemals geschehen«, antwortete er tonlos. »Drei Dinge muss ich auf meiner Liste abhaken: Kaylee Thomas, Lassiter und die Choctaw. Zur Einstimmung werde ich bei unseren roten Brüdern vorstellig.«
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Das Zimmer in der ersten Etage war geschmackvoll und hochwertig eingerichtet. Schwer vorstellbar, dass es für Besucher sein sollte, die ein Viertelstündchen mit einem Barmädchen zu verbringen gedachten.
»Ich habe schon immer Wert auf Stil gelegt«, meinte Kaylee, als hätte sie Lassiters Gedanken erraten. »Kunden möchte ich nicht nur einmal haben. Je wohler sie sich fühlen, desto öfter schauen sie vorbei.«
»Eine Geschäftsstrategie, die jeder beherzigen sollte«, teilte Lassiter der attraktiven Brünetten mit und folgte ihrer Geste, sich auf dem Sofa niederzulassen.
»Sie mögen einiges mitbekommen haben«, sagte Kaylee und setzte eine ernste Miene auf, »doch die Wahrheit hat viele Facetten und zeigt sich nicht auf Anhieb.« Die junge Frau ließ sich in einen Sessel neben dem Bett fallen und kreuzte die Beine übereinander. »Ich bin jetzt seit zwei Jahren in der Stadt und kann mir ein Urteil erlauben. – Meine Güte! Wie die Zeit vergeht...« Sie lachte. »Praktisch habe ich Oklahoma City erlebt, als die Mainstreet noch von Gerüstbauten gesäumt war.«
»Wie steht es nun um Carrigan?«, fragte Lassiter, um nicht in unnötigen Smalltalk abzudriften. »Was können Sie mir über ihn sagen, was ich noch nicht weiß?«
Mit der Rechten fuhr sich Kaylee über die Lippen, sah zur Seite, dann wieder voraus. »Ich hatte einen Verlobten«, fing sie an. »Er arbeitete im Sägewerk von Montgomery Pryce, wie so viele aus der Gegend. Gut bezahlt wird die Arbeit nicht gerade, doch mit meinem Verdienst aus dem Saloon hätten wir jede Hürde nehmen können. Carrigan, der der Hauptabnehmer von Holz aus der Region ist, meinte irgendwann, seine Zahlungen beschneiden zu müssen. Natürlich hatte das Auswirkungen auf die gesamte Belegschaft. Einige haben das Werk verlassen, die Meisten sind geblieben...«
»Ihr Verlobter gehörte zur letzten Gruppe?«, erkundigte sich Lassiter.
Stockend antwortete Kaylee: »Ja...« Sie rang mit ihrer Fassung. »Wissen Sie, Mister Lassiter, Josh war keine durchsetzungsstarke Persönlichkeit. Er hat alles genommen, wie es ihm vorgesetzt worden ist. Zufrieden war er ganz sicher nicht. Und vermutlich hat das dazu geführt, dass er... dass er sich...«
»... umgebracht hat?«, vollendete Lassiter den Satz.
Ein leises Schluchzen entrang sich Kaylees Kehle. »Er fühlte sich nicht wertgeschätzt! Und er wollte nicht von mir abhängig sein. Immer hat er mir gesagt, dass der Mann die Familie ernähren muss. Er muss furchtbar gelitten haben in dem Glauben, mir nicht gerecht werden zu können. Und eines Tages kam Noah Franklin – Sie kennen ihn und haben ihn vor Ethan Fry in Schutz genommen – mit einer schlechten Nachricht...«
Lassiter war aufgewühlt. Er konnte die Verzweiflung der Frau regelrecht spüren. Die Erinnerung an den Selbstmord ihres Verlobten musste sie schier in den Wahnsinn treiben. Er rückte zu ihr hinüber und legte behutsam seine Hand auf ihren Unterarm. »Ich verstehe nun, dass Carrigan ein rotes Tuch für Sie ist«, sagte er mitfühlend. »Nicht viele Menschen haben eine schreckliche Erfahrung wie diese gemacht...«
»Halten Sie mich fest, Lassiter«, hauchte Kaylee. »Ich muss die Nähe eines Menschen spüren, der zu mir hält.«
Der Mann der Brigade Sieben erhob sich von der Couch und stellte sich hinter den Sessel. Seine Arme, die sofort von Kaylee ergriffen wurden, legte er um ihren Oberkörper.
»Es fühlt sich gut an«, flüsterte die Saloonbesitzerin, »von einem echten Mann beschützt zu werden...«
»Solange ich in Ihrer Nähe bin«, versprach Lassiter, »wird Ihnen kein Leid geschehen.«
Kaylee küsste Lassiters Handrücken und legte ihren Kopf ein Stück weit in den Nacken. »Wie nah möchtest du mir denn sein...?«
Es war der Duft ihres Haars und das Aroma ihres Parfums, das wie eine sinnliche Versuchung in seine Nase stieg. Er wollte sich dagegen zur Wehr setzen, gerade auch, weil die tragische Geschichte, die Kaylee ihm erzählt hatte, ihn mitgenommen hatte. Aller Widerstand aber erwies sich als unnütz. Lassiter spürte das Begehren dieser Schönheit, die sexuelle Energie, die sich Luft machte und ihn zu vereinnahmen drohte.
Wenige Sekunden später kniete Kaylee Thomas im Sessel, umschloss Lassiters Gesicht mit ihren Händen und küsste ihn mit ihren vollen Lippen. »Ich will dich«, wisperte sie, knöpfte ihre Bluse auf und legte Lassiters Rechte auf ihren Busen. Spürbar genoss sie die Berührung seiner Hand, denn ihre Knospen richteten sich fordernd auf.
Kurz nur löste sich Kaylee von Lassiter und entkleidete sich. Bald schon war sie splitterfasernackt und legte sich mit angewinkelten Beinen aufs Bett.
Der große Mann konnte sich dieser Herausforderung nicht verweigern, zumal sein Pint sich bereits hart aufgerichtet hatte. Auch er entledigte sich seiner Kleidung und fand sich zwischen Kaylees Schenkeln wieder. Dort verharrte er jedoch nur für wenige Minuten, schob sich bald schon über den bebenden Körper dieser nackten Göttin und küsste ihre vollen Brüste.
»Ich will dich in mir spüren!«, stieß Kaylee aus und hob ihr Becken an. Dabei berührte ihre Scham die Spitze seiner Rute, die ekstatisch zu zucken begann.
Sanft tastete sich Lassiter vor, bis er tief in die dunkelhaarige Schönheit eindrang. Das Gefühl war überwältigend, Kaylees Leidenschaft berückend. Eng und feucht schloss sie sich um den Schaft, der mit festen Stößen in sie vordrang.
»Gib's mir!«, presste Kaylee hervor. »Mach fester! Stoß mich richtig durch!« Sie stöhnte inbrünstig und erwiderte Lassiters Stöße mit ihrem Unterleib.
Dann drehte sich Lassiter herum und zog seine Geliebte mit sich. Sie kam auf ihm zu sitzen und wippte mit ihrem Hinterteil auf und nieder. Lassiter umspannte ihre Backen und zog sie auseinander, was das lustvolle Keuchen der Brünetten noch steigerte.
»Ich will, dass du in mir kommst, Lassiter!«, flehte Kaylee und verstärkte ihren wilden Ritt. »Bitte, gib es mir!«
Selbst für Lassiter gab es eine Schwelle, die er nicht überschreiten konnte, ohne sich zügellos hinzugeben. Er umschlang Kaylees Schultern und zog sie zu sich hinunter. Ihre Brüste pressten sich gegen seine Haut, während er die Wucht seiner Stöße verstärkte und nicht nur seinen, sondern auch ihren Orgasmus herannahen spürte.
Lassiters Pint befand sich in einer begehrlichen Umklammerung, die sich von Atemzug zu Atemzug mehr verengte. Keine Sekunde darauf entlud er sich mit einer Gewalt, die er selten gespürt hatte.
»O ja!«, gab Kaylee einen spitzen Schrei von sich und erzitterte am ganzen Körper. Sie vergrub sich regelrecht in Lassiter und presste ihr Becken gegen seinen Schoß.
Lange Minuten nach dem Höhepunkt war das Paar immer noch vereint, bis sich die beiden Liebenden voneinander lösten und atemlos auf dem Laken lagen.
»Du bumst wie ein Gott«, keuchte Kaylee.
»Hast du es denn schon mal mit einem gemacht?«
Die Brünette lachte abgehackt auf. »Das nicht. Aber genauso stelle ich es mir vor...«
Minuten des Schweigens und zärtlichen Streichelns. Dann Kaylees Frage: »Wie lange bleibst du in der Stadt?«
»Ein paar Tage, schätze ich.«
»Du kannst hier im Saloon bleiben, wenn du möchtest. Dieses Zimmer gehört dir. Natürlich nur, wenn dich gewisse Geräusche aus den Nebenzimmern nicht stören...«
Nun musste auch Lassiter lachen. »Wenn's mir zu dumm wird, darfst du mich gerne besuchen.«
Kaylee küsste seine Brust und glitt mit der Fläche ihrer rechten Hand über seine immer noch nicht vollständig erschlaffte Rute. »Da sage ich nicht nein...«
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Rauchgraue Wolken zogen über den ansonsten blauen Himmel. Die Sonne war ein zumeist verwaschener Fleck und zeigte nur in seltenen Momenten ihr strahlendes Antlitz. Hinter grasbewachsenen Hügeln hatte sich eine Schar aus zwanzig Reitern eingefunden, die lose um einen Mann in ihrer Mitte verteilt waren.
»Hinter der Kuppe befindet sich ein kleines Dorf der Choctaw«, wandte sich Ethan Fry an die Umstehenden. »Ich werde mit vier, fünf Männern hineinreiten und das Gespräch mit dem Häuptling suchen.«
»Wieso willst du jetzt plötzlich mit den Roten reden?«, wollte einer der Reiter wissen. »Der Plan sah doch bis gestern ganz anders aus.«
Fry zeigte seine Zähne und verzog die Mundwinkel zu einem bösartigen Lächeln. »Der jetzige Weg ist sicherer und effektiver«, sagte er. »Im Dorf befindet sich bloß eine Handvoll Krieger, der Rest sind Greise, Frauen und Kinder. Für uns besteht keinerlei Gefahr. Viel wichtiger ist, dass ihr die Sachen, die ich euch gegeben habe, bei euch tragt.«
Die Leute öffneten ihre Satteltaschen oder holten die verteilten Gegenstände unter ihren Jacken hervor. Ethan Fry quittierte es mit einem zufriedenen Nicken.
»Barry, Lynch, Montana und Concho!«, rief er aus. »Ihr kommt mit mir. Die anderen warten auf mein Zeichen.« Die Männer versammelten sich um ihn und erklommen gemeinsam den Hügel.
Vor ihnen breitete sich weites Prärieland mit spärlichem Pflanzenbewuchs aus. Zwischen ihnen und der Horizontlinie war ein Lager aus gut fünfzehn Zelten errichtet. Kinder spielten dazwischen, die Frauen nähten und kochten. Ein paar Männer waren mit dem Gerben von Fellen beschäftigt, andere saßen kreisförmig verteilt im Zentrum des Dorfes. Ein wenig außerhalb standen kaum mehr als zehn Pferde und grasten.
Als der helle Ausruf eines jungen Choctaw auf den sich nähernden Pulk verwies, hob Ethan Fry grüßend seinen rechten Arm. Er und seine Begleiter hielten unbeirrt auf das kleine Dorf zu, auch als sich mehrere Indianer zu einer Rotte zusammenschlossen und nach ihren Waffen griffen.
In der Dorfmitte gebot Fry seinen Kumpanen, zu halten, und stieg aus dem Sattel. Er ging der Reihe der Bewaffneten entgegen und richtete das Wort an sie. »Ich möchte mit dem Dorfältesten sprechen. Ihr versteht doch, was ich sage, ja?«
Ein muskulöser Indianer mit nacktem Oberkörper und einem Tomahawk in der Hand trat vor. Beide Arme verschränkte er vor der Brust, wobei er das Kampfbeil umklammert hielt, als wäre es ein Teil seines Körpers. »Ich verstehe die Worte des weißen Mannes«, sagte er mit unüberhörbarem Akzent. »Die Sprache seiner gespaltenen Zunge ist uns schon seit langem nicht mehr fremd.«
»Ich möchte nur reden, von Angesicht zu Angesicht«, bekräftigte Ethan Fry. »Ich kann euch Wohlstand bieten, wie ihr ihn nie zuvor gekannt habt.«
Der Choctaw nahm die Arme von seiner Brust und spreizte sie vom Körper ab. Leicht beugte er seinen Oberkörper vor. Alles an seiner Haltung war abweisend und aggressiv. »Du versprichst Dinge, die du niemals halten wirst! Zu oft wurden wir enttäuscht! Wir leben in Harmonie mit dem Großen Geist. Wir brauchen und wollen euch nicht!«
Die Männer um den Sprecher nahmen Angriffsposition ein. Schleichend fächerten sie auseinander, um die Gruppe von Ethan Fry zu umzingeln. Erst ein strenger Ausruf, der hinter ihnen aufklang, gebot den Kriegern Einhalt.
»Geht auseinander!«, forderte ein alter Mann mit buntem Kopfschmuck. »Wir beantworten Friedfertigkeit nicht mit Gewalt!« Er trat von hinten an die Krieger heran und stieß sie energisch zur Seite, um sich Platz zu verschaffen. »Ich bin Tumbling Beaver«, stellte er sich vor. »Wie ist dein Name?«
»Ethan Fry«, antwortete Carrigans rechte Hand. »Ich war ein wenig besorgt, dass deine Leute uns töten wollten, doch nun sehe ich, dass die Vernunft gesiegt hat.«
»Welche Nachrichten überbringst du, Ethan Fry?«, fragte der Häuptling des Choctaw-Stamms.
»Sehr gute! Sie werden euch große Vorteile bringen. Ich wünsche mir, dass du offen für Gespräche bist. Allerdings wäre es gut, wenn deine Krieger ihre Waffen ablegen würden. Umso offener und entspannter können wir uns unterhalten.«
Tumbling Beaver machte eine herrische Geste, der die jungen Männer ohne zu murren folgten. Tomahawks, Messer und Speere fielen zu Boden.
»Schon viel besser«, raunte Fry gefährlich leise. »Das macht alles wesentlich einfacher...«
Ehe die letzte Silbe verklungen war, riss er seinen Revolver aus dem Holster. Seine Begleiter folgten seinem Beispiel. Im nachfolgenden Kugelhagel stürzten der Häuptling und seine Krieger blutend zu Boden. Wer noch einen Funken Leben in sich trug, wurde unbarmherzig aus nächster Nähe erschossen.
Das Kreischen von Frauen wurde laut. Da tauchten auf der Hügelkuppe bereits ein Dutzend Gewehre auf und entfesselten einen tödlichen Feuersturm.
»Macht alles nieder!«, donnerte Ethan Fry. »Keiner darf überleben!« Er und seine vier Begleiter sprengten auseinander. Ihre Revolver streckten nieder, was ihnen vor die Mündungen kam. Gleichzeitig wurde das Stampfen von Hufen laut, als fünfzehn Reiter über die Hügelkuppe stürmten und wie besessen um sich schossen.
Innerhalb weniger Minuten war der Prärieboden mit Leichen übersät. Die ersten Zelte gingen in Flammen auf. Wie eine Horde Höllenhunde fielen Frys Schergen über die Indianer her. Wer von einer Kugel getroffen wimmernd im Staub lag, wurde erstochen. Bald schon war der harte Untergrund von Blut getränkt.
»Verteilt jetzt die Sachen, die ich euch gegeben habe!«, schrie Ethan Fry. »Es muss aussehen, als wären die Muskogee über die Rothäute hergefallen. Werft Federschmuck und Stammeszeichen in die brennenden Hütten. Es darf nicht aussehen, als wäre eine falsche Fährte gelegt worden!«
Er spürte eine Berührung an seinem Bein und sah hinab. Eine junge Frau griff in einer verzweifelten Geste nach seinem Stiefel, als könnte sie ihn dadurch aufhalten.
Fry versetzte ihr einen Tritt ins Gesicht, sodass sie zur Seite fiel. Dann richtete er seinen Revolver auf das schmerzverzerrte Gesicht der jungen Indianerin und drückte gleich dreimal hintereinander ab.
Hustend stieß ein Mann durch die dichten Rauchwolken und erstattete Bericht. »Wir haben den Muskogee-Krempel verteilt, Ethan! Lass uns abhauen! Der Qualm wird immer dicker! Und für heute habe ich genug Tod gesehen!«
Frys Linke packte den Mann am Kragen und zog ihn zu sich heran. »Du hast heute keine Menschen getötet, kapierst du? Das sind wilde Tiere! Es ist unser verdammtes Recht, sie abzuschlachten!«
Der Angesprochene erbrach sich. Ethan Fry stieß ihn von sich, wirbelte seinen Revolver um den Zeigefinger und schob ihn in derselben Bewegung zurück ins Holster. »Du hast recht. Wir müssen weg. Die Rauchwolken sind meilenweit zu sehen. Wenn uns die benachbarten Choctaw erwischen, war der ganze Plan umsonst!«
Der zwanzigköpfige Trupp bestieg die Pferde und jagte davon. Zurück blieben Tod und Zerstörung, wie nur seelenlose Menschen sie bewerkstelligen konnten.
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Nach seiner erotischen Eskapade und weiterführenden Gesprächen mit Kaylee Thomas war es für Lassiter naheliegend, das Waldarbeitercamp nahe Midwest City aufzusuchen. Es lag nur einen Katzensprung von Oklahoma City entfernt und war zu Pferde in weniger als einer halben Stunde erreichbar.
Der Erste, dem Lassiter in den Wäldern über den Weg lief, war ausgerechnet jener Mann, den er am Tag zuvor vor Ethan Fry gerettet hatte. Die Überraschung aufseiten des Brigade-Agenten war nicht gespielt.
»Wie klein die Welt doch ist«, meinte er. »Von allen Leuten, denen ich hätte begegnen können, sind Sie es, der...«
»Noah Franklin«, unterbrach der Holzfäller. »Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet. Sie heißen Lassiter, richtig?«
Der große Mann nickte. »Erfreulich, dass Sie sich an mich erinnern. Allzu betrunken können Sie demnach nicht gewesen sein.«
»Betrunken genug, um einen fatalen Fehler zu begehen«, erwiderte Franklin. »Was führt Sie zu uns?«
Einige Augenblicke überlegte Lassiter, dann sagte er: »Ich habe mit Miss Thomas gesprochen. Da sie Sie kennt, gehe ich davon aus, dass Sie miteinander bekannt sind.«
»Das stimmt. Ich habe ihren Verlobten eingewiesen. Traurige Sache, was mit ihm geschehen ist...« Der Mann senkte seinen Kopf und schüttelte ihn verhalten.
»Ich kann Ihnen nicht alles sagen«, begann Lassiter. »Ich möchte Ihnen nur vermitteln, dass ich auf Ihrer Seite bin. Meine Auftraggeber führen eine Untersuchung gegen Hugh Carrigan durch. Mir wurde die Aufgabe zuteil, Beweise für rechtswidrige Handlungen zu sammeln und diverse Gerüchte zu bestätigen. Was können Sie dazu beitragen?«
Noah Franklin holte weit aus und berichtete zum Schluss von den Ereignissen, die sich am vergangenen Tag zugetragen hatten. »Es wird erneut auf Lohnkürzungen hinauslaufen, doch es ist nicht abzusehen, wo Carrigans Forderungen enden. Praktisch könnte er alle paar Wochen auftauchen und meinen Boss unter Druck setzen. Irgendwann wird er sein Sägewerk schließen müssen, um es für einen Apfel und ein Ei an Carrigan zu verkaufen. Der besetzt es mit seinen eigenen Leuten und kann billiger denn je produzieren. Dafür aber werden fünfzig Familienväter auf der Straße sitzen und nicht mehr wissen, wie sie Frau und Kind ernähren können.«
»Wird Pryce auf Carrigans Forderungen eingehen?«, wollte Lassiter wissen.
»Vermutlich schon«, gab Franklin zu. »Er ist am Vormittag nach Oklahoma City geritten, um sich mit Carrigan auszutauschen. Unter Umständen kann Montgomery noch einen winzigen Profit aushandeln, aber für uns Arbeiter bedeutet es, dass wir mehr Leistung für deutlich weniger Geld erbringen müssen. Verstehen Sie mich nicht falsch, Mister Lassiter. Niemand von uns ist gierig. Wir wollen bloß unsere Liebsten ernähren, ab und zu einen trinken gehen und unsere Arbeit machen. Es würde für alle ein Gewinn sein.«
Betroffen winkte Lassiter ab. »Ich kenne Menschen ihres Schlags. Sie sind aus tiefstem Herzen ehrlich und besorgt um ihre Nächsten. Nicht einmal im Traum würde ich Ihnen unterstellen, aus Profitgier zu handeln. Doch es sind Kräfte am Werk, die sich über menschliche Beweggründe hinwegsetzen. Eine von ihnen trägt den Namen Hugh Carrigan. Aus diesen und anderen Gründen muss diesem Mann Einhalt geboten werden...« Lassiter stockte, sammelte seine Gedanken und sprach weiter: »Versprechen Sie mir, dass Sie und Ihre Männer nicht eigenmächtig gegen Carrigan vorgehen werden. Falls Sie die Möglichkeit haben, die Arbeiter im Zaum zu halten, so machen Sie davon Gebrauch.«
»Es kommt ganz darauf an, mit welchen Neuigkeiten Pryce zurückkehrt«, gab Noah Franklin zu bedenken. »Die Mannschaft ist zwiegespalten. Ich habe bereits mit ihnen geredet. Es mag ein einziger Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.«
Lassiter sog die Luft zwischen seinen gefletschten Zähnen hindurch. »Es ist ein Spiel mit dem Feuer, das ist Ihnen klar«, meinte er. »Carrigan wird nicht zögern, massive Gewalt einzusetzen, sollten Sie sich ihm verweigern. Die Auswirkungen könnte jeder Einzelne von Ihnen mit dem Leben bezahlen.«
»Wir sind uns der Situation bewusst«, versicherte Franklin. »Was aber haben wir zu verlieren? Jeder würde lieber sterben, als sich jahrelangem Siechtum hinzugeben und damit jene zu unterstützen, die dies billigend in Kauf nehmen. Wer sich auf Kosten anderer bereichert und deren Elend fördert, der hat nicht das Recht, unter Menschen zu verweilen...«
Dem Argument konnte Lassiter nicht widersprechen. Allein das, was er in jungen Jahren mit der Wells Fargo & Company erlebt hatte, hätte ausgereicht, seine Sicht auf die Welt für immer zu verändern. Doch in jedem Winkel der Vereinigten Staaten und auch Mexiko hatte er Ähnliches erlebt. Geld und Gier beherrschten den Planeten. Und es gab so wenige, die die Macht hatten, dagegen vorzugehen.
»Versuchen Sie trotzdem, Ihre Leute zu beschwichtigen, ganz gleich, was Pryce Ihnen unterbreitet«, entgegnete Lassiter. »Mir ist klar, dass ich viel verlange, doch mir ist auch klar, dass wir einen Privatkrieg verhindern müssen. Es gilt, Opfer zu vermeiden. Das Wohl des Einzelnen steht über dem Wohl der Allgemeinheit...«
Irritiert zog Noah Franklin seine Brauen zusammen. »Sie meinen«, fragte er, »dass die Allgemeinheit sich dem Einzelnen unterordnen muss...?«
»Ganz und gar nicht«, widersprach Lassiter. »Geht es dem Individuum gut, geht es allen gut. Das wollte ich zum Ausdruck bringen.«
Franklin schien zu begreifen. »Vielleicht«, sagte er, »ist es angebracht, dass Sie mit den Männern reden. Sie haben die richtigen Worte.«
Lassiter verneinte. »Die Leute vertrauen Ihnen. Mich kennen sie nicht. Ich bin lediglich ein Fremder, der daherfaselt. Doch Sie dürfen meine Anregungen benutzen, gekleidet in Ihre eigenen Worte.«
»Es gibt keine Garantie«, machte Noah Franklin deutlich, »doch es ist ein Ansporn.«
Lassiter tippte an seinen Stetson und schwang sich auf den Rücken seines Grauschimmels. Die allgemeine Lage war weiterhin unstet, und es stand zu befürchten, dass sie in kürzester Zeit außer Kontrolle geriet.
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»Ich möchte Ihnen danken, dass Sie mich empfangen haben«, sagte Montgomery Pryce kleinlaut und fühlte sich als Bittsteller leidlich unwohl vor dem ausladenden Schreibtisch Carrigans, der gottgleich auf seinem Sessel thronte und die Anwesenheit seines Gegenübers mit einem mildtätigen Lächeln zur Kenntnis nahm. »Die Botschaft Ihres Gesandten hat für Verwirrung gesorgt. Daher hoffe ich, dass wir die Einzelheiten in einem persönlichen Gespräch klären können.«
»Natürlich«, erwiderte Hugh Carrigan überheblich. »Es ist mir wichtig, dass die Leute, die für mich arbeiten, mit vollem Eifer bei der Sache sind.«
»Wissen Sie«, fuhr Pryce fort, »ich habe hohe Kosten. Da sind meine Mitarbeiter, denen ich verpflichtet bin, aber auch das Sägewerk. Ich habe Schulden bei der Bank, mein Equipment muss regelmäßig überprüft und gegebenenfalls repariert werden. Es geht eine Menge Holz durch die Maschinen. Da treten immer mal wieder Störfälle auf.«
Hugh Carrigan schenkte sich einen Brandy ein, machte jedoch keine Anstalten, seinem Gast ebenfalls ein Getränk anzubieten. Er nippte an seinem Glas, stellte es wieder vor sich auf den Tisch und holte eine Zigarre hervor. Mit einem Streichholz brannte er sie an, paffte genießerisch und ließ sich erst danach zu einer Antwort herab.
»Sie erzählen mir nichts Neues«, sagte er grinsend, gab sich aber erst im Anschluss den Ausdruck von Bestürzung. »Probleme wie die Ihren sind mir aus der täglichen Praxis bekannt. Es gibt Widernisse, die man zwar einkalkuliert, mit denen man aber nicht wirklich rechnet.« Er machte eine theatralische Pause, um dann erneut anzusetzen. »Vorbereitung ist alles, Mister Pryce. Wenn man nicht vorbereitet ist, kann einen auch das kleinste ungewollte Ereignis aus der Bahn werfen.«
Stumm hatte Montgomery Pryce zugehört. Es war ihm anzusehen, dass er mit Carrigans Äußerungen gewisse Probleme hatte. Dennoch versuchte er, sie schonend in seine Kritik zu verpacken. »Seien Sie mir nicht böse, doch wie kann ich auf eine Kürzung meiner Bezüge von dreißig Prozent vorbereitet sein? Dazu bräuchte ich enorme Reserven, die ich nicht habe. Zudem beschäftige ich mehr als fünfzig Leute, die Monat für Monat auf ihren Lohn warten. Ich müsste mindestens ein Dutzend entlassen und bei dem Rest Zahlungskürzungen vornehmen. Das ist schwer zu vermitteln, da werden Sie mir sicher zustimmen.«
Carrigan klopfte seine Zigarre über einem Ascher ab und sog kräftig daran. Den Rauch blies er seinem Besucher ins Gesicht. »Ich bin auf Sie angewiesen, darüber dürfte doch wohl kein Zweifel bestehen«, teilte er Pryce mit. »Sobald Sie nicht mehr produzieren, gerät der Bau ins Stocken. Das kann ich mir nicht leisten. Ich habe Verträge mit dem Staat Oklahoma. Über die kann ich mich nicht einfach hinwegsetzen. Sie müssen Ihre kleingeistige Sicht überwinden und das große Ganze sehen. Nur so kann es funktionieren.«
»Dreißig Prozent Einbußen kann ich nicht tragen«, wurde Montgomery Pryce konkret. »Wenn Sie mir nicht entgegenkommen, muss ich meine Arbeit einstellen. Eine Menge Leute werden ihren Job verlieren. Ich habe es in einer langen Nacht durchgerechnet. Es gibt keine Alternative.«
