Lassiter Sonder-Edition 40 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 40 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Und wieder griffen die Banditen an, sprangen schießend hinter ihren Deckungen hervor, rückten unaufhaltsam näher. Viele. Zu viele für Lassiter. Ihm blieb nur noch eine einzige Hoffnung: JERICHO! Dieses große, unheimliche Gewehr, dessen Ladung aus einem Bündel Dynamitstangen bestand. Aus dem noch kein einziger Schuss abgefeuert worden war. Der alte Büchsenmacher hatte Lassiter zwar tausend Eide geschworen, dass es funktionieren würde, aber selbst er hatte sich nicht getraut, es zusammen mit Lassiter auszuprobieren.
Entschlossen schob Lassiter die Waffe über die Deckung. Entweder war er in der nächsten Sekunde ein toter Mann, oder aber die Banditen erlebten eine höllische Überraschung.


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Inhalt

Cover

LASSITER UND DAS TEUFELSGEWEHR

Vorschau

Impressum

LASSITER UNDDAS TEUFELSGEWEHR

von Jack Slade

Sie belagerten ihn nun schon seit sieben Stunden. Und sie waren verdammt hartnäckig. Sie wollten einfach nicht einsehen, dass sie ihn auf diese Weise niemals bekommen konnten.

Am Morgen, als sie ihn angegriffen hatten, waren es noch zwölf Mann gewesen. Frech und herausfordernd waren sie ihm in dem schmalen Felsencanyon entgegengekommen.

Sie glaubten, leichtes Spiel mit ihm zu haben, wie das bisher immer der Fall gewesen war, wenn sie einen einzelnen Reiter anhielten, der aus den Diggercamps kam. Und vielleicht waren sie deshalb etwas zu leichtsinnig geworden, weil bisher immer alles so gut geklappt hatte.

Bei Lassiter hatten sie kein Glück gehabt.

Grinsend hatte er sein Pferd angehalten, und er hatte auch noch gegrinst, als sie ihn höflich, aber sehr bestimmt aufforderten, ihnen das Maultier zu übergeben, das hinter seinem Pferd trottete. Dieses lässige Grinsen war sogar noch auf seinem Gesicht gewesen, als er angefangen hatte zu schießen.

Bei diesem ersten Zusammenstoß hatten sie vier Mann verloren und später, als sie ihn in der Höhle angriffen, in die er sich zurückgezogen hatte, mussten weitere zwei Mann mit seinen Schießkünsten Bekanntschaft machen.

Nun waren es nur noch sechs. Sie hatten sich unterhalb der Höhle im Canyon verstreut und erinnerten ihn in regelmäßigen Abständen mit ein paar Schüssen daran, dass sie noch da waren.

Lassiter kümmerte sich nicht um sie. Er hockte gelassen hinter dem Felswall am Ausgang der Höhle, und vor ihm brannte ein kleines Feuer, über dem er den Hasen briet, den er am Morgen geschossen hatte.

Dieser verdammte Hase! Eigentlich war er daran schuld, dass die Banditen auf Lassiter aufmerksam geworden waren. Wäre der Hase nämlich nicht dicht vor Lassiter aus seinem Versteck gehüpft und hätte somit in ihm nicht den Appetit auf Hasenbraten geweckt.

Der Schuss auf den Hasen musste die Kerle herbeigelockt haben, aber vielleicht hätten sie ihn auch so entdeckt. Man erzählte sich nämlich in den Diggercamps, dass die Goldhyänen ein Netz von Spähern über die Cabinet Mountains verteilt hätten, durch das nicht einmal eine Maus ungesehen schlüpfen könnte.

Das war vielleicht etwas übertrieben, aber Tatsache war, dass seit acht Wochen keine nennenswerte Goldmenge mehr in Kalispel eingetroffen war. Selbst zwei stark bewachte Transporte waren überfallen und bis auf den letzten Nugget ausgeraubt worden. Die Transportbegleiter hatte man großzügig laufen lassen, sofern sie noch lebten, in Unterhosen und ohne Stiefel.

Seitdem hatten sich keine Verrückten mehr gefunden, die bereit waren, für das Gold anderer Leute Kopf und Kragen zu riskieren.

Die Goldhyänen, wie man sie allgemein nannte, pflegten verdammt hart zuzuschlagen. Die beiden schwerbewaffneten Transporte hatte man mit Dynamit überfallen. Einfach ein paar Ladungen aus sicherer Deckung zwischen Pferde und Wagen geworfen, und das Durcheinander war perfekt.

Von den Banditen wusste man so gut wie überhaupt nichts. Herumgesprochen hatte sich lediglich die Tatsache, dass sich der Big Boss dieser Halunken Jack nannte. Und so war der Name Dynamit-Jack entstanden, weil er nun mal gerne mit Dynamit arbeitete.

Das alles wusste Lassiter von seinem Freund Pete Sunglow, der ihm geschrieben hatte, dass er wieder einmal im Begriff wäre, auf die Sonnenseite des Lebens zu steigen, und dass er einen zuverlässigen Mann brauche, der ihm half dabei. Denn es gäbe da einige Schwierigkeiten, die noch aus dem Wege zu räumen wären.

Die Schwierigkeiten kannte Lassiter jetzt. Trotzdem hatte er sich bereit erklärt, die zwei Zentner Gold, die Pete inzwischen aus seinem Claim geholt hatte, nach Kalispel zu bringen. In der Zwischenzeit wollte Pete fleißig weiterarbeiten und die dicke Ader, auf die er gestoßen war, weiter ausbeuten.

Pete war ein verdammt misstrauischer Bursche, und es wollte schon allerhand heißen, wenn er einem anderen Mann sein ganzes Vermögen anvertraute, wofür er zudem noch wie ein Chinesenkuli geschuftet hatte.

Während Lassiter den Hasen über dem Feuer drehte, erinnerte er sich an Petes Worte: »Wenn du es nicht schaffst, Amigo, dann schafft es keiner. Dann werde ich hier bis zum Jüngsten Tag auf meinem Gold sitzen oder so lange, bis Dynamit-Jack mit seinen Hundesöhnen kommt und uns alle bis aufs Hemd auszieht.«

Gerade fielen wieder Schüsse. Ein Teil der Kugeln klatschte gegen den Felswall, hinter dem Lassiters Feuer brannte. Die übrigen Geschosse trafen die Wände oder die Decke der Höhle und jaulten als Querschläger durch das Halbdunkel.

Lassiter erhob sich wieder einmal. Er nahm sein Gewehr, spähte aufmerksam durch einen Spalt zwischen den Felsen und wartete, bis er einen der goldhungrigen Burschen sah.

Er hatte schon ziemlich lange nichts mehr von sich hören lassen, und die Banditen waren erneut leichtsinnig geworden. Zwei von ihnen waren bereits bis auf knapp zwanzig Schritt herangekommen, und sie winkten jetzt den anderen zu, nachzukommen.

Lassiter schoss schnell und gezielt. Die beiden Burschen bäumten sich auf, fielen in sich zusammen und schrien fürchterlich. Dann begannen sie davonzukriechen, um sich bei ihren Kumpanen in Sicherheit zu bringen. Und um ihre Wunden verbinden zu lassen. Der große Mann hätte sie mit Leichtigkeit endgültig erledigen können, aber er verzichtete darauf. Erstens lag ihm so was nicht, und zweitens bedeuteten die beiden Halunken sowieso keine Gefahr mehr für ihn.

Nun waren es nur noch vier, und die bedeuteten keine große Gefahr mehr für ihn. Sobald es Nacht war, würde er seine Höhle verlassen und den Durchbruch riskieren.

Er wollte sich wieder dem Feuer zuwenden, stutzte aber gleich darauf.

Er lauschte.

Dann knurrte er einen leisen Fluch.

Tatsächlich. Er hatte sich nicht verhört. Dort näherten sich Reiter. Der Hufschlag wurde immer lauter. Mindestens zehn Mann.

Lassiters Belagerer hatten es ebenfalls gehört. Einer von ihnen jagte eine Kugel in die Luft und rief dann: »Hooiii, Boss, reitet nicht weiter. Da zeigt einer ganz gewaltig seine Zähne. Der putzt jeden weg, der ihm ins Blickfeld gerät.«

Der Hufschlag verstummte.

»Lohnt es sich überhaupt?«, rief jemand.

»Ich bin ziemlich sicher, Boss. Er hat ein Maultier dabei. Schwer bepackt. Der transportiert garantiert keinen Dreck.«

»Er hat euch ja schon ganz schön zugesetzt. Zum Teufel noch mal, habe ich es hier mit Anfängern zu tun?«

»Wir konnten nicht ahnen, dass er solch ein Tiger ist, Boss«, verteidigte sich der Sprecher. »Wir hielten ihn für einen Digger, der froh sein würde, wenn wir ihm das Leben schenkten.«

»Dann will ich ihn mir mal ansehen. Vielleicht ist er vernünftig und lässt mit sich reden.«

Nach diesen Worten hörte Lassiter Hufschlag. Seelenruhig schnitt er sich eine Keule vom Hasen, nahm in die andere Hand ein Stück von seinem Maisbrot und ließ es sich schmecken.

Durch eine der Ritzen im Felswall sah er den Reiter herankommen. Es war ein breitschultriger, muskulöser Mann von etwa dreißig Jahren. Er trug ein Wildlederhemd, das sich wie eine zweite Haut um seinen Oberkörper schmiegte, und die Hose war ebenfalls aus Leder. Ein breitrandiger Hut mit flacher Krone beschattete sein Gesicht. Trotzdem erkannte Lassiter, dass der Mann hohe Wangenknochen hatte und leicht geschlitzte Augen. Und die Haut war dunkler als die eines Weißen.

Ein Halbblut.

Er hatte volle Lippen und grinste unmerklich.

Der Bursche hatte Mut.

Er ritt so gelassen heran, als wäre er völlig allein auf der Welt. Als wäre nicht der geringste Grund zur Besorgnis vorhanden.

Lassiter ließ ihn bis auf fünf Schritt herankommen. Dann schleuderte er den Knochen der Keule über seine Deckung und traf genau die Stirn des schwarzen Pferdes, auf dem der Mann saß.

»Weit genug, Mister«, sagte er.

Das Halbblut hielt an. Er stützte beide Hände auf das Sattelhorn und zeigte damit deutlich, dass er vorerst keine feindlichen Absichten hatte.

»Ich will mit dir sprechen, Mister«, sagte er.

»Ich höre.«

»Du hast meinen Männern ziemlich übel mitgespielt.«

»Das war mein gutes Recht.«

Das Halbblut nickte.

»Der Meinung bin ich auch. In unserem Job muss man mit so etwas rechnen. Wer Gewalt sät, der erntet auch Gewalt, so heißt es doch in der Bibel, wenn ich mich recht erinnere.«

»Mindestens so ähnlich«, sagte Lassiter trocken. »Aber kommen wir zur Sache. Was willst du?«

»Mich zunächst mal vorstellen. Ich bin der Boss dieser Männer. Mein Name ist Jack.«

»Dynamit-Jack, wie?«

»Ah, ich sehe, du weißt Bescheid.«

»Einer deiner Erzeuger war 'ne Rothaut, wie?«

Dynamit-Jack nickte.

»Mein Vater war ein Häuptling der Cheyenne«, sagte er mit unverkennbarem Stolz. »Und wer bist du, Mister?«

»Man nennt mich Lassiter.«

Dynamit-Jack hob überrascht den Kopf.

»Du bist Lassiter?«, fragte er erstaunt. »Ich habe schon einiges von dir gehört. Gut, dich kennenzulernen. Wir sollten uns zusammenschließen. Einen Partner wie dich könnte ich gebrauchen.«

Lassiter lachte. »Keine Zeit«, sagte er. »Und keine Lust.«

Jack zuckte gleichmütig die Schultern. »Wie du willst«, brummte er, »dann kann ich dir nicht helfen. Was hast du auf dem Maultier?«

»Dreimal darfst du raten.«

»Gold!«, rief Jack.

»Kluger Bursche«, gab Lassiter sarkastisch zurück. »Du hast recht, Jack. Ich habe tatsächlich Gold. Zwei Zentner, Jack. Möchtest du es gerne haben?«

»Du wirst es mir geben müssen, wenn du dein Leben behalten möchtest, Lassiter. Du hast die Wahl. Treib das Maultier ins Freie, und wir ziehen sofort ab.« Lassiter grinste wild.

Er nahm sein Gewehr und glitt lautlos zu einer Spalte, die groß genug war, um den Lauf hindurchzuschieben.

»Sieh hierhin, Jack!«, befahl er.

Der Kopf des Halbbluts ruckte herum. Er sah den Gewehrlauf im Licht der tiefstehenden Sonne glitzern, aber auf seinem Gesicht war keine Spur von Erschrecken festzustellen.

Er lächelte nur verächtlich.

»Du warst nicht nur unvorsichtig, sondern auch dumm, Amigo«, knurrte Lassiter. »Steig jetzt runter vom Pferd. Dann kommst du hierher und leistest mir ein wenig Gesellschaft.«

Jack blieb lässig im Sattel.

»Behandelt man so einen Parlamentär?«, fragte er. »Es ist auf der ganzen Welt üblich, dass auch im Krieg die Parlamentäre unbehelligt kommen und wieder abziehen dürfen.«

»Ich habe es mir angewöhnt, manchmal die Regeln über den Haufen zu stoßen«, antwortete Lassiter kalt. »In meinem eigenen Interesse, runter mit dir vom Pferd, Jack!«

»Du willst mich als Geisel benützen, Lassiter?«, fragte Jack höhnisch.

Lassiter spürte irgendwie, dass etwas nicht stimmte. Dieser Halbindianer war einfach zu ruhig, zu gelassen. Er plante bestimmt irgendeine Teufelei.

Was hatte er vor?

Ein Mann wie er begab sich nicht grundlos so unbesorgt in Gefahr. Er musste noch irgendeinen Trumpf im Ärmel haben. Er musste damit gerechnet haben, dass ein Mann wie Lassiter sich so schnell nicht geschlagen geben würde.

Warum hatte er es trotzdem riskiert?

Lassiter ließ seine Blicke durch den Canyon schweifen. Aber er konnte nicht jede Einzelheit im Auge behalten, da er ja auch auf das Halbblut achten musste.

»Steig vom Pferd!«, forderte er Jack erneut auf. »Aus dem Sattel mit dir, oder ich brenne dir eine Kugel aufs Fell.«

Jack hob abwehrend beide Hände.

»Reg dich nicht auf, Weißbauch!«, sagte er verächtlich. »Ich komme ja schon.«

Das Gefühl einer unbekannten Gefahr wurde stärker in Lassiter. Etwas war hier doch faul! Hier stank es gewaltig nach Verdruss. Und auf welch seltsame Art Jack die Hände gehoben hatte! Das war nur zur Hälfte eine Gebärde der Abwehr gewesen. War das nicht gleichzeitig auch ein Zeichen, mit dem er den Männern unten im Canyon etwas ganz Bestimmtes signalisierte?

Langsam stieg Jack von seinem schwarzen Pferd. Die Sonne stand mittlerweile so tief über dem gegenüberliegenden Canyonrand, dass die Strahlen genau auf Lassiters Deckung fielen und dass er die Augen zusammenkneifen musste, um noch gut genug sehen zu können.

Und so sah er nicht, dass sich unten in der Canyonsohle etwas bewegte. Dass plötzlich etwas von der Erde hochstieg und zischend die Luft durchschnitt.

Das geschah im selben Moment, als Dynamit-Jack nur noch den rechten Fuß im Steigbügel hatte und mit dem linken gerade die Erde berührte.

Von einer Sekunde auf die andere überstürzten sich dann die Ereignisse.

Zuerst hörte Lassiter das leise Zischen in der Luft. Dann sah er den Pfeil, der schon fast die Höhlenöffnung erreicht hatte.

Und er erkannte im Bruchteil einer schrecklichen Sekunde, dass dies kein normaler Pfeil war.

Das Vorderteil, wo sich normalerweise die Spitze befand, war bedeutend dicker als normal, und eine winzige Rauchfahne zeigte die Flugbahn des seltsamen Geschosses an.

Für Lassiter gab es keine Möglichkeit der Abwehr mehr.

Er warf ich flach auf den Felsboden, bedeckte den Kopf schützend mit beiden Armen, und im nächsten Augenblick starb die Welt um ihn herum in einem berstenden Krachen. Die Höhlenwände schienen zu erzittern, ein Hagel von kleinen Gesteinsbrocken stürzte auf Lassiter herab, und das Letzte, was er spürte, war ein harter Schlag gegen den Kopf.

Er lag reglos da, wie tot. Staub und kleine Steine bedeckten seinen Körper vom Scheitel bis zur Sohle.

Im Hintergrund der Höhle wieherten schrill das Pferd und das Maultier. Er hatte sie dort an vorspringende Felszacken angebunden und ihnen außerdem die Vorderbeine zusammengehobbelt. Jetzt waren sie von Panik erfasst und versuchten verzweifelt sich loszureißen.

Dynamit-Jack drang als erster in die Höhle ein. Noch immer war die Luft von feinem Staub erfüllt, aber der Bandit achtete nicht darauf. Er warf einen kurzen Blick auf den reglos daliegenden Lassiter und ging sofort weiter nach hinten.

Das einzige, was ihn interessierte, waren die schweren Aparejos, jene große Tragesäcke aus ungegerbtem Leder, die prall gefüllt waren. Sie wogen zwei Zentner, aber für Jack schienen sie fast federleicht zu sein. Er wuchtete sie sich über die Schultern und ging damit nach draußen, um den Inhalt der Ledersäcke zu untersuchen.

Vor der Höhle warf er sie hin, öffnete einen der Behälter und sah sofort, dass er einen guten Fang gemacht hatte.

Die anderen Banditen starrten gierig.

»Worauf wartet ihr?«, fuhr Jack sie an. »Holt die Tiere aus der Höhle. Nehmt auch seinen Sattel und seine Waffen.«

»Ist er tot, Boss?«

»Was weiß ich«, brummte der Banditenboss gleichmütig. »Tot oder nicht, was macht das schon! Auf jeden Fall bewegt er sich nicht. Und sollte noch ein wenig Leben in ihm sein, so wird ihm das auch nichts mehr nützen. Ohne Pferd, Waffen und Proviant ist er in dieser Wildnis erledigt. Pardee, Cannon, Jim – holt jetzt die Sachen aus der Höhle! Beeilung, ich will wieder zurück. Ich habe eine neue Lady im Camp.«

Die drei Genannten holten Lassiters Pferd, das Maultier, seinen Sattel, die Waffen und den Proviant aus der Höhle.

Lassiter lag noch immer reglos unweit vom Feuer, das unter dem Gesteinsregen erstickt war. Der Hase war vom Spieß gefallen und lag in der schwarzen Asche.

Die Aparejos wurden auf das Maultier geladen. Ein dunkelhäutiger geschmeidiger Bursche, Halbindianer wie Jack, betrachtete anerkennend Lassiters graues Pferd. Der Mann war ähnlich gekleidet wie Jack, und auf dem Rücken trug er einen großen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen.

»Ein schönes Pferd«, sagte er kehlig. »Gehört es mir, Jack?«

Jack nickte.

»Ein guter Schuss, Bronco. Ich hatte schon befürchtet, du würdest es auf die Entfernung nicht schaffen, den Pfeil mit der Ladung richtig ins Ziel zu bringen. – Natürlich kannst du dir nehmen, was du möchtest. Du hast es dir verdient.«

Bronco, der Pfeilschütze, lächelte stolz.

»Ich will nur das Pferd und den Sattel, Jack.«

Er nahm den teuren, silberverzierten California-Sattel und legte ihn dem Hengst auf den muskulösen Rücken.

Ein anderer Bandit holte sich Lassiters Stiefel, ein dritter nahm den Revolvergurt an sich, und ein vierter konnte Lassiters fransenbesetzte Wildlederjacke gut gebrauchen.

Natürlich fanden sie auch sein Geld, zweitausend Dollar, die dem Boss überreicht wurden, der für die Beuteverteilung zuständig war.

Zehn Minuten waren seit der Explosion vergangen, und die Banditen zogen ab. Ihre Toten nahmen sie mit. Wie immer ließen sie nicht die geringste Spur zurück. Das gehörte zu den eisernen Gesetzen der Bande.

Dynamit-Jade hatte ehrgeizige Pläne, und er wusste, dass er sein Ziel nur erreichen konnte, wenn die Organisation bis ins letzte Detail stimmte. Und auch jetzt zeigte sein Gesicht wieder einmal tiefe Zufriedenheit.

Neben ihm ritt Bronco, der Pfeilschütze. Er war Jacks rechte Hand und der einzige Mann in seiner Bande, dem er hundertprozentig vertraute. Und Bronco war auch der wichtigste Mann. Die Pfeile, die er mit seinem mächtigen Bogen abschoss, waren Jacks große Geheimwaffe. Dagegen gab es kein Mittel. Auch Lassiter hatte es am eigenen Leibe erfahren müssen.

»Hätten wir diesen Mann nicht besser getötet?«, murmelte Bronco nachdenklich. »Ist es nicht Leichtsinn, solch einen Gegner leben zu lassen? Er wird uns bald folgen. Ich spüre es.«

Jack lachte sorglos.

»Ich glaube nicht, dass er noch die Kraft haben wird, überhaupt die Höhle wieder zu verlassen«, sagte er zuversichtlich. »Und sollte er trotzdem wieder auf die Beine kommen, so werden ihn unsere Späher keine Minute aus den Augen lassen. Vetter, seit wann fürchtest du dich vor einem unbewaffneten, halbtoten Mann?«

Bronco verzog ärgerlich den Mund.

»Ich fürchte mich nicht, Vetter. Ich habe mich noch nie gefürchtet. Das weißt du genau. Oder ist in deinen Augen Vorsicht dasselbe wie Furcht? Nur Schwachköpfe rennen blindlings ins Verderben.«

»Dann reite doch zurück und töte ihn!«

»Ich bringe keinen Wehrlosen um«, sagte Bronco verächtlich.

»Na also«, murmelte Jack.

Von nun an schwiegen sie. Und weiter zogen sie hinein in das unübersehbare Gewirr der tiefen Canyons, schroffen Felsgipfel und dunklen Wälder...

II

Lassiter schlug die Augen auf. In seinem Schädel war ein dumpfes Dröhnen und Rauschen. Am ganzen Körper verspürte er stechende Schmerzen.

Benommen drehte er sich herum. Er richtete sich mühsam auf, und kleine Steine und Staub rieselten von seinen Kleidern.

Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Der Geruch des verbrannten Sprengstoffs hing noch schwer in der Höhle. Ringsum herrschte tiefe Finsternis. Draußen war Wind aufgekommen und strich in immer stärkeren Böen an den Felswänden entlang.

Lassiter blieb eine Weile ruhig sitzen, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Er lauschte ins Innere der Höhle hinein, aber von seinem Pferd und dem Maultier war nichts zu hören.

Die Banditen hatten alles mitgenommen.

Er tastete nach seiner Jackentasche und merkte jetzt erst, dass er nur noch sein Hemd trug und dass sie ihm auch die Stiefel ausgezogen hatten. Er trug nur noch Hose, Hemd und Socken. Alles andere hatten sie ihm genommen. Nicht einmal das Messer war ihm geblieben.

Er wusste jetzt schon, dass er in der Höhle gar nicht mehr nachzusehen brauchte. Er würde nichts mehr finden, was er gebrauchen konnte.

Der Wind trieb kühle Luft in die Höhle und ließ Lassiter leicht frieren. Er stand auf und ging schwankend auf den Ausgang zu, kletterte über den Felswall und sog tief die frische Luft ein.

Schwere Wolkenbänke trieben unter dem Himmel und wurden in unregelmäßigen Abständen vom Wind auseinandergerissen. Manchmal drang etwas Mondlicht durch, und Lassiter konnte die Sohle des Canyons überblicken.

Keine Spur mehr von den Banditen. Sie hatten alles mitgenommen. Jeden Gegenstand, der ihm das Leben irgendwie hätte erleichtern können. Der Wind wurde heftiger, und sein Fauchen, Pfeifen und Heulen erfüllte den ganzen Canyon. Dann fielen die ersten Regentropfen, und bald darauf ergoss sich ein wahrer Sturzbach über das Land.

Lassiter stieg in den Canyon hinab. Die Wasser, die von den Flanken der Schlucht herabflossen, sammelten sich unten zu einem Bach, der rasch anschwoll.

Die Abkühlung tat Lassiter gut. Er zog Hose Hemd und Unterzeug aus und legte die Sachen unter einen schützenden Felsbrocken. Dann stieg er ins Wasser des frisch entstandenen Creeks, tauchte mehrmals unter und rieb seinen Körper mit nassen Grasbüscheln ab.

Die Schmerzen schwanden aus seinem Körper, und auch der Druck unter seiner Schädeldecke ließ nach.

Er suchte seine Kleider, nahm sie unter den Arm und ging zurück zur Höhle. Dornen und spitze Steine bohrten sich in seine Fußsohlen. Grimmig fluchte er vor sich hin. Keine Stiefel mehr zu haben, war fast noch schlimmer, als ohne Waffen dieser Wildnis ausgeliefert zu sein.

In der Höhle breitete er seine Sachen aus, frottierte mit den Handflächen so lange seinen Körper, bis er einigermaßen trocken war.

Als er dann sein noch einigermaßen trockenes Unterzeug anzog, erfüllte eine wohltuende Wärme seine Haut und drang tief bis in die Poren.

Später rollte er sich wie ein Tier zusammen und schlief ein. Es war das einzige, was er im Augenblick tun konnte. Erst wenn es wieder Tag wurde, konnte er etwas unternehmen.

Schon sehr früh wurde er wieder wach. Noch immer rauschte der Regen. Die Luft war von Feuchtigkeit erfüllt. Der Himmel war etwas heller geworden. Aber es dauerte bestimmt heute länger als sonst, bis die Nacht endgültig dem Tag wich.

Lassiter richtete sich auf. Seine Glieder waren klamm und steif. Er machte ein Dutzend Kniebeugen und andere turnerische Übungen, damit seine Muskeln und Sehnen wieder geschmeidig wurden und damit sich sein Körper wieder erwärmte.

Licht sickerte in die Höhle.

Er sah den dunklen Fleck seines erloschenen Feuers und erinnerte sich an den Hasen, den er gebraten hatte. Das Fleisch lag in der Asche, aber er nahm es heraus, reinigte es, so gut er konnte, und begann dann zu essen. Es schmeckte nach Asche und war über Nacht kalt und zäh geworden, trotzdem war Lassiter froh, wieder etwas in den Bauch zu bekommen. Aber für wie lange würde das seine letzte Mahlzeit sein?

Zum Teufel auch! Hätten sie ihm doch wenigstens seine Streichhölzer gelassen!