Lassiter Sonder-Edition 42 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 42 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Heftig schlang die Frau die Arme um Lassiters Nacken. "Geh nicht nach unten!", flüsterte sie. "Misch dich nicht in Pacos Angelegenheiten! Er ist zwar dein Freund, doch er würde auch dich töten wie all die anderen. Dann wird es auch für dich das Requiem geben."
Lassiter schob sie sanft von sich. Er sah ihren verlockenden Körper und spürte Verlangen in sich aufsteigen. Trotzdem sagte er: "Ich muss gehen. Ich darf nicht zulassen, dass ein Unschuldiger meinetwegen sterben soll..."


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Seitenzahl: 168

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Inhalt

Cover

KEIN REQUIEM FÜR LASSITER

Vorschau

Impressum

KEIN REQUIEMFÜR LASSITER

von Jack Slade

Lassiter lag zwischen den kargen Büschen am Talrand und beobachtete die kleine Hütte. Seit einer knappen Stunde befand er sich hier, und die Mittagssonne knallte erbarmungslos auf sein Genick und seinen Rücken herab.

Es war eine Tortur, so regungslos dazuliegen, aber er wusste gleichzeitig, dass alles verloren war, wenn ihn die Banditen dort unten entdeckten.

Es waren sieben Mann, und das war entschieden zu viel für ihn. Deshalb musste er warten, bis sich ihm eine bessere Chance bot. Die Schufte hatten Barbara in ihrer Gewalt, Barbara Killany, die einzige Tochter von Sam Killany, Lassiters Freund.

Vor zwei Tagen hatten sie das Mädchen entführt, und damit saß Sam Killany gewaltig in der Klemme. Ihm waren gewissermaßen die Hände gebunden, denn man hatte ihm gedroht, das Mädchen zu töten, sobald er einen Wirbel machte und den Sheriff unterrichtete.

Sam wurde erpresst, und in seiner Not hatte er an Lassiter geschrieben. Lassiter war seine letzte Hoffnung.

Soeben kam Barbara aus der Hütte. Ein Mann folgte ihr und blieb ständig in ihrer Nähe, als sie zum Creek hinunterging, um einen Eimer Wasser zu holen.

Das weizenblonde Haar des Mädchens leuchtete in der Sonne wie pures Gold. Sie trug ein schlichtes hellblaues Kleid, hochgeschlossen und am Hals und den dreiviertellangen Ärmeln mit weißen Rüschen besetzt. Ihre Bewegungen waren von einer anmutigen Geschmeidigkeit.

Sie war schön. Und jung. Vor kurzem erst achtzehn geworden. Fast noch ein Kind. Unschuldig.

Der Mann, der sie begleitete, sah gefährlich aus. Ein großer hagerer Bursche mit einem tiefgeschnallten Revolver an der Hüfte. Ein eiskalter, skrupelloser Schießer wie seine Kumpane.

Es musste Ty Lorimer sein, der Anführer von Richard O'Tooles Revolvermannschaft. Die Beschreibung, die Lassiter von Sam Killany bekommen hatte, passte jedenfalls auf den Mann.

Er beobachtete das Mädchen, während es sich bückte, um Wasser zu schöpfen. Lassiter konnte auf die Entfernung das Gesicht des Mannes nicht richtig sehen, aber seine ganze Haltung verriet eine lauernde Nachdenklichkeit.

Lassiter war ziemlich sicher, worüber der Bursche nachdachte. Im nächsten Augenblick erkannte er, dass er sich nicht geirrt hatte.

Der Revolvermann bewegte sich, als sich das Mädchen mit dem vollen Eimer aufrichtete. Er nahm ihm den Eimer aus der Hand, stellte ihn ab und streckte beide Hände nach Barbara aus. Er bekam ihre schmalen Schultern zu fassen. Er wollte sie zu sich heranziehen, aber sie riss sich mit einem jähen Ruck los, schrie zornig und rannte davon.

Der Mann holte sie mit ein paar langen Sätzen ein, packte sie an den Hüften und presste sie so fest an sich, dass sie kaum noch atmen konnte.

Lassiter knirschte mit den Zähnen.

Wut erfüllte ihn auf diesen Schuft, aber er konnte nichts unternehmen, wenn er das Mädchen nicht gefährden wollte.

Er musste weiterhin warten.

Aus der Hütte kamen drei Männer. Sie blickten neugierig zu den beiden hinüber. Der Mann ließ das Mädchen los und deutete auf den Eimer. Sie holte ihn und ging zur Hütte zurück.

Lassiter grinste zufrieden vor sich hin. Solange sie zu mehreren waren, würde sich keiner von ihnen an dem Mädchen vergreifen. Die meisten von ihnen waren wohl doch noch zu anständig geblieben, um solch ein Verbrechen zuzulassen.

Das Mädchen war in der Hütte verschwunden, und nach ein paar Minuten waren draußen alle sieben Banditen versammelt. Der Mann, den Lassiter für Ty Lorimer hielt, sagte etwas zu ihnen. Gleich darauf gingen fünf von ihnen zu dem kleinen Stangencorral, in dem ihre Pferde standen, und sattelten sie.

Lorimer und ein anderer Mann blieben zurück.

Als die fünf verschwunden waren, gingen Lorimer und der andere Mann in die Hütte.

Sekunden später hörte Lassiter einen entsetzten Schrei, und dann sah er Barbara aus der Hütte rennen.

Lorimer tauchte als erster hinter ihr auf. Er hielt sein Lasso in den Händen und ließ die Schlinge über dem Kopf kreisen. Dann segelte sie davon, tanzte kurz über dem laufenden Mädchen und senkte sich dann herab.

Sie fiel schreiend.

Seelenruhig holte Lorimer das Lasso ein und schleifte das Mädchen zu sich heran.

Sein Kumpan beobachtete die Szene lachend.

Lassiter erhob sich und setzte sich langsam in Bewegung. Sein Gesicht drückte finstere Entschlossenheit aus. Das Maß war jetzt endgültig voll.

Er hielt die Winchester im Hüftanschlag, und der metallene Lauf glitzerte im grellen Sonnenlicht.

Die beiden Schufte bemerkten ihn nicht.

Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Mädchen. Der eine Bursche hatte sie auf den Rücken geworfen, kniete hinter ihrem Kopf und presste ihre Arme an die heiße Erde.

Ty Lorimer nestelte an den vorderen Knöpfen ihres Kleides, aber als ihm das nicht schnell genug ging, riss er es einfach auseinander, und im nächsten Augenblick lag sie nackt vor ihm.

Sie schrie und versuchte zu treten. Lorimer hatte viel Mühe mit ihr, stieß einen Fluch aus und streifte ihr die Lassoschlinge um die Fußgelenke. Er zog sie fest zu, und nun lag sie lang ausgestreckt da und war unfähig, sich weiter zu bewegen.

Ihre Schreie wurden leiser und gingen in ein klägliches Wimmern über, als sich Lorimer über sie beugte.

Lassiter begann zu rennen. Als er bis auf zwanzig Schritt heran war, bemerkten ihn die beiden Schufte.

Er blieb stehen und sah, wie sie aufsprangen.

Sie rissen ihre Revolver aus den Holstern, und sie waren unwahrscheinlich schnell.

Lassiter feuerte sein Gewehr ab. Er durfte ihnen keine Chance geben. Er war gezwungen, hart und erbarmungslos zuzuschlagen.

Im Ganzen jagte er vier Kugeln aus dem Lauf. Beide Banditen wurden je zweimal getroffen. Es gelang ihnen zwar noch, ihre Revolver abzufeuern, aber die Kugeln flogen weit an Lassiter vorbei.

Dann lagen sie auf der heißen Erde.

Der Mann, den Lassiter für Ty Lorimer hielt, lebte noch. Lassiter beugte sich über ihn. Er sah in ein schmerzverzerrtes Gesicht, in Augen, die unnatürlich weit aufgerissen waren.

Lassiter empfand kein Mitleid.

»Lorimer?«, fragte er.

Der Mann nickte schwach.

»Und du?«, fragte er ächzend. »Wer bist du, Mister?«

»Lassiter.«

»Sei verdammt, Lassiter!«, keuchte Lorimer. »Dafür wird dich King Richard in die Hölle schicken. Arbeitest du für Killany?«

»Er ist mein Freund.«

Lorimer grinste böse.

»Dann hast du ein Todeskommando angenommen«, keuchte er, und seine Stimme wurde immer leiser. »Killany ist verloren. Richard O'Toole wird ihn vernichten. Er wird...«

Seine Stimme brach.

Ty Lorimer war tot. Genau wie sein Kumpan, der ein paar Schritte entfernt lag.

Lassiter blickte zu dem Mädchen hin.

Sie kauerte am Boden und weinte. Mit ihrem zerfetzten Kleid bedeckte sie notdürftig ihren Körper.

Sie weinte und zitterte vor Aufregung.

Lassiter legte ihr sanft die Hand auf die Schulter.

»Steh auf, Barbara!«, sagte er. »Wir müssen weg von hier, bevor die anderen zurückkommen.«

Er half ihr auf die Beine. Sie lehnte sich an ihn und schmiegte ihre Wange an seine Brust.

»O Lassiter«, flüsterte sie. »Dich hat der Himmel geschickt. Welch ein Glück, dass du gekommen bist.«

In ihrer Stimme schwang noch immer die Aufregung nach, und Lassiter streichelte ihr beruhigend über das lange blonde Haar.

Das Zittern ihres Körpers hörte auf. Sie atmete wieder ruhiger und löste sich von ihm.

Ihr Kleid klaffte vorne auseinander, und Lassiter sah ihre straffen Brüste, den Bauch und den Ansatz der Schamhaare. Vor drei Jahren hatte Lassiter sie zum letzten Mal gesehen, und damals war sie noch ein dürres Fohlen gewesen. Jetzt aber war sie wie eine Rose, die ihre Knospe geöffnet hatte und kurz vor ihrer vollen Entfaltung stand.

Sie war verdammt schön, und allein ihr Anblick konnte einen normal empfindenden Mann schon aus dem Gleichgewicht bringen. Lassiter aber blieb gelassen.

»Du bist gewachsen, Mädchen«, sagte er lächelnd. »Aus dir ist ja eine richtige Frau geworden. Du brauchst bald einen Mann.«

Jetzt lächelte sie auch.

»Ich habe den Richtigen noch nicht gefunden«, sagte sie. »Bis heute kenne ich nur einen, den ich heiraten würde. Und derjenige bist du.«

Lassiter drohte scherzhaft mit dem Zeigefinger.

»Schlag dir den Gedanken lieber aus dem Kopf!«, sagte er. »Immerhin könnte ich dein Vater sein.«

»Jetzt übertreibst du aber!«, rief sie. »Oder warst du schon in der Jugend ein ganz Schlimmer?«

»Und ob«, sagte er, und beide lachten.

Er blickte wieder auf ihren Körper, und allmählich kostete es ihn doch Mühe, ruhig zu bleiben.

Jetzt erst merkte auch sie, dass das Kleid vorne auseinanderklaffte. Sie wurde rot und raffte den Stoff schnell zusammen.

Er ging hinüber zum Corral, um ein Pferd für Barbara zu satteln. Sein eigenes Tier hatte er eine halbe Meile von der Hütte entfernt in einem kleinen Seitental zurückgelassen.

»Die rote Stute ist es!«, rief sie ihm nach. »Und der kleine Sattel, der ganz links auf dem Sattelholm hängt.«

Während er das Tier einfing und sattelte, verschwand Barbara in der Hütte. Als sie wieder draußen auftauchte, trug sie eine derbe Baumwollbluse und eine zerschossene Levishose. Die Kleidungsstücke hatte sie mitnehmen dürfen, als sie von den Banditen mitten in der Nacht aus ihrem Schlafzimmer im elterlichen Ranchhaus entführt worden war. Aber bisher hatte sie nicht gewagt, sich umzuziehen, da ständig einer der Kerle in ihrer Nähe war und sie beobachtete.

Lassiter wartete bereits. Er saß auf einem sattellosen Banditenpferd und führte Barbaras Stute am Langzügel hinter sich her. Das Mädchen schwang sich geschmeidig in den Sattel, und dann ritten sie an.

Bis zu seinem eigenen Pferd wollte Lassiter das Pferd der Banditen benutzen und es dann laufen lassen.

Aber als sie dort ankamen, wartete eine unangenehme Überraschung auf ihn und auf das Mädchen.

Zuerst sah alles ganz friedlich und harmlos aus. Aber dann entdeckte Lassiter Spuren im harten Boden. Es waren kaum sichtbare Abdrücke von Stiefeln, aber Lassiters scharfen Augen entgingen sie nicht.

Er wollte sich seitwärts vom Pferd werfen, doch es war zu spät.

Das Lasso senkte sich bereits auf ihn herab, und im nächsten Augenblick zog sich die Schlinge um seinen Oberkörper zusammen.

Mit einem harten Ruck wurde er von dem sattellosen Pferd gerissen und stürzte schwer. Die Winchester entfiel seinen Händen, und er schlug mit dem Kopf so unglücklich auf, dass er für kurze Zeit das Bewusstsein verlor.

Als er wieder zu sich kam, war er an Händen und Füßen gefesselt. Um sich herum sah er zahlreiche Männerstiefel. Sein Blick wanderte höher, und er sah in finster starrende Gesichter.

»Der Kerl heißt Lassiter, Boss«, sagte gerade einer der Männer. »Ich habe ihn vor Jahren in Laredo gesehen. Ein gefährlicher Bursche.«

»Ich kenne ihn auch«, meldete sich ein anderer. »Besonders interessant an ihm dürfte sein, dass er mit Paco Santillo befreundet ist.«

Lassiter kannte die beiden Sprecher. Der eine hieß Rex Cannon und war ein geschmeidiger, pantherhaft wirkender Bursche, der einen zweifelhaften Ruf als Revolverheld genoss.

Der andere war ein rothaariger, sommersprossiger und verschlagen aussehender Halunke namens Curly Ryan. Von ihm hieß es, dass er sich stets auf die Seite der Mächtigen schlug, und dass er sich nichts daraus machte, einen anderen Mann in den Rücken zu schießen.

Insgesamt waren es zehn Mann, und zwischen ihnen hockte Barbara auf der Erde, die Hände auf den Rücken gefesselt. Voller Bitterkeit und Verzweiflung starrte sie vor sich hin.

Lassiter setzte sich auf, um besser sehen zu können. Niemand nahm von ihm Notiz. Alle blickten auf den großen, breitschultrigen Mann, den Curly Ryan und Rex Cannon eben angesprochen hatten.

Sie warteten auf ein Wort von ihm.

Lassiter beobachtete ihn.

Das also war Richard O'Toole, der Big Boss in diesem Lande. Der Mann, der sich am liebsten »King« nennen ließ.

Er war so groß wie Lassiter, und sein kantiges Gesicht war von einem pechschwarzen Vollbart eingerahmt. Er trug teure und gepflegte Kleidung und war alles in allem ein Mann, der unbezähmbare Kraft und einen eisernen Willen ausströmte.

Der Blick seiner graublauen, eiskalt wirkenden Augen war auf Lassiter gerichtet, und Lassiter erkannte die Todesdrohung darin.

King Richard O'Toole schien entschlossen, ihn umbringen zu wollen.

Jetzt deutete er auf Barbara.

»Wie hast du sie befreien können, Lassiter?«

Lassiter grinste wild.

»Ich habe zwei Männer erschossen«, erwiderte er. »Ty Lorimer und einen anderen Burschen, dessen Namen ich nicht kenne.«

»Aber es waren doch sieben Mann bei der Hütte. Was ist mit den restlichen fünf los?«

Lassiter zuckte die Schultern.

»Lorimer hat sie aus irgendeinem Grunde vorher weggeschickt«, sagte er. »Er wollte sich einen Spaß mit Barbara Killany erlauben. Sie hatte schon keinen Fetzen mehr am Leibe, als ich dazwischenfuhr.«

Das Gesicht O'Tooles wurde noch finsterer. Auch die Mehrzahl seiner Männer blickte verachtungsvoll. Obwohl sie wilde Burschen waren, hatten sie doch noch einen Rest von Anstand in ihrem Herzen bewahrt.

Der King wandte sich an Barbara.

»Stimmt das, was Lassiter erzählt hat?«

Sie nickte, schamrot im Gesicht.

»Und warum hat Ty Lorimer die anderen weggeschickt? Du hast doch bestimmt seinen Befehl gehört.«

Sie schüttelte den Kopf.

»Ich war in der Hütte, als er mit ihnen sprach. Und er redete so leise, dass ich ihn nicht verstehen konnte.«

»Hm«, brummte O'Toole und überlegte wieder.

Nach einer Weile wandte er sich an Lassiter.

»Ty Lorimer war einer meiner besten Männer«, sagte er. »Vielleicht sogar der beste von allen. Er ist mir viele Jahre treu gewesen, und ich habe mich immer hundertprozentig auf ihn verlassen können. Dafür sollte ich dich am nächstbesten Baum aufknüpfen lassen.«

»Nein!«, rief Barbara schrill. »Das dürfen Sie nicht tun, O'Toole!«

Lassiter zuckte gleichmütig die Schultern, obwohl es ihm ganz anders zumute war.

»Ich kann Sie nicht daran hindern, O'Toole«, sagte er rau. »Also geben Sie Ihren Männern den Befehl!«

Richard O'Toole schien überrascht zu sein über Lassiters Ruhe und Kaltblütigkeit.

»Hat Sam Killany dich gerufen?«, fragte er. Lassiter nickte.

»Sam ist ein alter Freund von mir. Oder ist es ein Verbrechen, einem Freund zu helfen, der in Not ist?«

King Richard schüttelte den Kopf.

»Im Gegenteil, Lassiter. Das gefällt mir sogar an dir, obwohl es in diesem Fall gegen meine Interessen verstoßen hat. Bist du nicht ausreichend von Killany gewarnt worden? Hat er dir nicht gesagt, dass dein Leben kaum noch einen Cent wert sein würde, wenn du dich gegen mich stellst und wie ein Wolf in mein Reich einbrichst? Wusstest du nicht Bescheid über das, was dich hier erwartet?«

»Doch«, sagte Lassiter, »Sam hat mir alles gesagt, aber ich bin trotzdem losgezogen, um Barbara zu suchen.«

»Er ist eben ein harter Brocken«, bemerkte Curly Ryan grinsend aus dem Hintergrund. »Vielleicht sogar der härteste, den ich jemals kennengelernt habe.«

»Und Killany ist ein Dummkopf«, knurrte der Big Boss. »Ein verdammter irischer Dickschädel, der um keinen Preis nachgeben will.«

Lassiter kannte die Geschichte. Richard O'Toole und Sam Killany befehdeten sich seit Jahren. Damals war es um bestimmte Wasserrechte gegangen, und die waren vom Gericht Killany zugesprochen worden. Trotzdem hatte O'Toole nicht in seinem Streben nach immer mehr Macht aufgegeben.

Nach und nach kaufte er kleinere Nachbarsranch auf, und dass er in fast allen Fällen mit Gewalt nachgeholfen hatte, konnte ihm niemals nachgewiesen werden.

Jetzt war er beinahe der unumschränkte Herrscher in diesem Teil von Texas. Nur Killany war ihm noch im Wege.

Wenn er ihn noch schlucken konnte, würde bald alles nach seiner Pfeife tanzen.

Aber Killany war noch zu stark, um offen gegen ihn antreten zu können, was im Übrigen auch das Gesetz auf den Plan gerufen hätte.

Also griff O'Toole zu gemeineren Tricks.

Er ließ Barbara entführen, Killanys einziges Kind. Das Liebste, was er auf der Welt hatte.

Und Sam waren die Hände gebunden.

Er konnte nichts tun, um Barbara zu befreien. Er durfte den Sheriff in Unvalde nicht einweihen, und auch niemand aus seiner starken Mannschaft durfte etwas erfahren.

Mit jeder offenen Aktion hätte Sam Killany das Leben seiner Tochter aufs Spiel gesetzt.

Seine einzige Hoffnung war Lassiter gewesen, und nun stach auch diese Karte nicht mehr.

Das Schlimmste aber an der ganzen Angelegenheit war, dass Killany auch dann das Mädchen niemals wiedersehen würde, wenn Richard O'Toole sein Ziel erreicht hatte. Sam Killany selbst hatte noch nicht an dieses Ende gedacht, und Lassiter hatte den Gedanken nicht ausgesprochen, um den verzweifelten Mann nicht noch mehr zu beunruhigen.

»O'Toole«, sagte Lassiter. »Was haben Sie eigentlich mit dem Mädchen vor, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben?«

»Mr. O'Toole«, knurrte der bärtige Mann. »Merk dir das gefälligst. Ich bin nicht irgendjemand.«

»Also gut, Mr. O'Toole«, sagte Lassiter gelassen. »Wollen Sie Barbara etwa wirklich ihrem Vater zurückgeben, wenn Sie am Ziel sind?«

»Das geht dich einen Dreck an«, sagte O'Toole. »Die Antwort spielt für dich auch keine Rolle mehr, da du bald ein toter Mann sein wirst. Legt ihn auf seinen Gaul, Leute! Wir reiten zur Hütte. Der Kerl soll dort hängen, wo er Ty umgelegt hat.«

Lassiter wurde hochgehoben und bäuchlings wie ein Sack über den Sattel seines Pferdes gelegt. Es war eine unangenehme Stellung, und das Blut schoss ihm in den Kopf.

Er hörte, wie Barbara den Rancher um Gnade anbettelte. Aber O'Toole gab ihr nicht einmal eine Antwort.

Sie kamen bei der Hütte an, wo die beiden Toten lagen.

Einer der Reiter hatte schon sein Lasso zu einer fachgerechten Henkerschlinge geknotet. Andere nahmen Lassiter die Beinfesseln ab und setzten ihn aufrecht auf sein schwarzes Pferd. Sie führten das Tier unter die große Sycomore neben der Hütte, warfen das Lasso über einen starken Ast, und zum Schluss kletterte Curly Ryan affengewandt hinter ihm aufs Pferd und streifte ihm die Schlinge über den Kopf.

Lassiters Magen krampfte sich zusammen beim Gedanken an die kommenden Minuten. Er hatte schon mehrmals gesehen, wie Männer gehängt worden waren, und das war noch nie ein schöner Anblick gewesen.

Und manche der Unglücklichen waren auf eine verdammt langsame und qualvolle Art gestorben.

»Angenehme Reise, Lassiter«, sagte Curly Ryan grinsend, während er die Schlinge festzurrte.

Dann sprang er vom Pferd und wartete auf das Zeichen des Bosses.

Aber der Boss zögerte noch. Er hörte gerade einem der Reiter zu, der sein Pferd an seine Seite getrieben hatte und leise auf ihn einsprach.

Hin und wieder nickte Richard O'Toole.

»Interessant«, sagte er schließlich laut, »wirklich kein übler Vorschlag, mein Junge.«

Der andere schien O'Tooles Sohn zu sein. Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem King war nicht abzustreiten. Und auch die Art, wie er ihn ansprach, ließ darauf schließen, dass es nicht irgendeiner seiner Leute war.

Jetzt trieb der King sein Pferd bis zu Lassiter.

»Mein Sohn Henry hat da einen Vorschlag gemacht, der dich vielleicht interessieren könnte«, sagte er, wobei ein diabolisches Grinsen um seine Mundwinkel zuckte. »Wenn du Lust hast, kannst du dich loskaufen, Lassiter. Was hältst du davon?«

Lassiter blieb nach außen völlig unbeeindruckt.

Was erwartete O'Toole von ihm?

Vielleicht war das alles nur ein grausames Spiel, um noch einmal Hoffnung in ihm zu wecken und ihn dann später trotzdem zu hängen.

»Worum geht es?«, fragte er ruhig.

»Um deinen Kopf natürlich«, erwiderte der King. »Ich würde dir eine Chance geben, wenn du bereit wärst, auf meinen Vorschlag einzugehen.«

Lassiter horchte auf.

In der Stimme O'Tooles war nicht mehr jener ironische Beiklang. Der Schuft schien es tatsächlich ernst zu meinen.

»Ich höre«, sagte er.

»Du kennst doch Paco Santillo«, sagte O'Toole.

Lassiter nickte.

Natürlich kannte er Paco Santillo. Paco war einer der ganz Großen jenseits der Grenze. Ein Banditenführer, der einen weiten Landstrich beherrschte. Ein verwegener, tollkühner, lebenslustiger Bursche, der von den Armen als Wohltäter gefeiert wurde.

Paco Santillo...

Leichtsinnig. Großzügig. Aber auch brutal seinen Feinden gegenüber. Ein Mann, der es mit allen möglichen Tricks verstand, stets auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen.

Lassiter hatte ihn vor gut einem Jahr kennengelernt. Paco war damals verwundet, am Ende seiner Kraft. Er wurde von mexikanischen Rurales verfolgt, als ihn Lassiter fand.

Ohne lange nachzudenken, brachte ihn Lassiter über die Grenze nach Texas in Sicherheit.

Und Paco Santillo versprach ihm ewige Freundschaft.

Lassiter fand bei ihm einmal Unterschlupf, als er selbst verfolgt wurde. Auch Lassiter war verwundet, und ohne Pacos Hilfe wäre er wohl verloren gewesen.

Die beiden Männer hatten sich gut verstanden. Lassiter wohnte zusammen mit Paco in dessen Haus. Und Paco teilte alles mit ihm wie ein echter Freund.

Lassiter sollte bei Paco bleiben. Und das war ehrlich gemeint von diesem wilden, schwarzhaarigen Burschen. Lassiter sollte als gleichberechtigter Partner zusammen mit Paco die Bande führen. Aber er hatte abgelehnt.

Solche Jobs waren nichts für ihn.

Er war auch kein Bandit, sondern er fühlte sich mehr als Abenteurer. Und als Einzelgänger.

Deshalb hatte er Pacos Angebot abgeschlagen, aber sie waren als echte Freunde auseinandergegangen.