Lassiter Sonder-Edition 77 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 77 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Der Anblick prägte sich unauslöschlich in Lassiters Gedächtnis ein. Die Haut spannte sich über seinen Kiefern, und ein harter Zug grub sich tief in seine Mundwinkel. Die Frau war noch so verdammt jung gewesen. Achtzehn oder neunzehn, soweit das noch zu erkennen war. Ihr Mann lag vor der Felsbarriere. Er hatte sich für sie buchstäblich in Stücke schlagen lassen. In den frühen Morgenstunden war Lassiter auf den von Indianern niedergemachten Treck gestoßen, zu dem die beiden gehört haben mussten. Es war erstaunlich, dass der Mann mit dieser kleinen zierlichen Frau zu Fuß noch so weit gekommen war. Lassiter stützte sich auf die Sattellehne und schaute angestrengt zurück. Er dachte darüber nach, ob er das Risiko eingehen sollte, Zeit zu opfern, um die beiden unter die Erde zu bringen.

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Seitenzahl: 197

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Inhalt

LASSITER UND DIE SCHMUGGLER-BRAUT

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

Vorschau

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Impressum

Cover

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

LASSITER UND DIE SCHMUGGLER-BRAUT

von Jack Slade

Der Anblick prägte sich unauslöschlich in Lassiters Gedächtnis ein. Die Haut spannte sich über seinen Kiefern, und ein harter Zug grub sich tief in seine Mundwinkel.

Die Frau war noch so verdammt jung gewesen. Achtzehn oder neunzehn, soweit das noch zu erkennen war. Ihr Mann lag vor der Felsbarriere. Er hatte sich für sie buchstäblich in Stücke schlagen lassen.

In den frühen Morgenstunden war Lassiter auf den von Indianern niedergemachten Treck gestoßen, zu dem die beiden gehört haben mussten. Es war erstaunlich, dass der Mann mit dieser kleinen zierlichen Frau zu Fuß noch so weit gekommen war.

Lassiter stützte sich auf die Sattellehne und schaute angestrengt zurück. Er dachte darüber nach, ob er das Risiko eingehen sollte, Zeit zu opfern, um die beiden unter die Erde zu bringen.

Schon seit Stunden hatte er von seinen Verfolgern nichts mehr gesehen. Das hieß aber nicht unbedingt, dass sie jetzt schon aufgegeben hatten – die Hundesöhne von Wells Fargo.

Er befand sich auf der Flucht. Ein Jagdkommando von Wells Fargo war hinter ihm her. Kein bunt zusammengewürfelter Haufen von Männern, die nur die Chance wahrgenommen hatten, sich ein paar Dollar zu verdienen. Diesmal bestand das Kommando aus einem Trupp erstklassiger Revolvermänner, bei denen es sich durch die Bank weg um entlassene Offiziere und um abgehalfterte US-Marshals handelte, die fest im Sold von Wells Fargo standen und für Salär und Prämien ritten.

Weit hinter Lassiter lag Utah, und die schwarze Linie am Horizont im Norden waren die Erhebungen des Grand Canyon. Er hatte den Colorado River südlich der Grand Wash Cliffs durchquert, auf einem Pfad, der nur den Indianern vertraut war, wie er bislang fest geglaubt hatte. Doch das war ein Irrtum gewesen. Die Bluthunde von Wells Fargo waren ihm auf den Boden von Arizona gefolgt und auf den Fersen geblieben, ohne Rücksicht darauf, dass er sie tiefer und tiefer in das Aufstandsgebiet der Roten lockte.

Der Norden von Arizona stand in Flammen!

Apachenhorden waren aus den Reservationen ausgebrochen. Überfallene Trecks, niedergemachte Siedlungen und erschlagene Weiße waren das Ergebnis. Die Roten hatten jedem Weißauge den Tod geschworen und waren entschlossen, Arizona für ihre Rasse zurückzuerobern.

Die Männer, die Lassiter verfolgten, wussten das. Also schreckte es sie nicht. Das hatte Lassiter auch nicht erwartet. Er kannte die Apachen, etliche ihrer Häuptlinge sogar persönlich. Zum Beispiel Navarro, diesen blutrünstigen Burschen, nach dessen Handschrift das hier alles aussah. Durch Apachengebiet hatte sich Lassiter immer mogeln können. Auf seine Weise, versteht sich. Und auch diesmal setzte er voll und ganz auf seine Fähigkeiten, mit den Roten oder eben gegen sie zurechtzukommen. Er machte sich nichts vor. Ein höllisches Wagnis war es, und er war es nur eingegangen in der Hoffnung, dass seine Verfolger dieses Risiko scheuen und kehrtmachen würden. Das sah aber nicht so aus.

Auch sie mussten den Treck passiert haben. War ihnen der Anblick der vielen Leichen in die Knochen gefahren?

Sein Blick wanderte. Nirgendwo in dieser flirrenden Weite, in der die heiße Luft schon in einem Umkreis von nur einer halben Meile zitterte und tanzte, war Bewegung. Lassiter und sein Pferd schienen die einzigen Lebewesen zu sein.

Seine besondere Aufmerksamkeit galt den Klippen und Felsschultern, vor denen die beiden Leichen lagen. Aber auch dort rührte sich nichts. Er schob die Winchester in den Scabbard und schnallte den Klappspaten vom Packen.

Langsam stieg er ab, schaute sich noch einmal um und klappte den Spaten auf. Der Sand knirschte unter seinen Stiefeln, als er zu der Felsleiste schritt, an der die Leichen lagen.

Der Mann war älter. Vielleicht waren sie nicht Mann und Frau gewesen, sondern Tochter und Vater. Lassiter legte den Spaten auf den Fels und durchsuchte dem Toten die Taschen, um vielleicht feststellen zu können, wer sie waren und woher sie stammten. Doch einen Brief oder ein Schriftstück fand er nicht. Er stellte nur fest, dass der Mann bis zur letzten Patrone gekämpft hatte.

Als er sich aufrichtete und nach dem Spaten griff, erstarrte er.

Keine zehn Yard von ihm entfernt stand ein Apache zwischen zwei Felsschultern.

Lassiter lag der Magen wie ein Stein im Leib. In gebückter Haltung, die Hand auf dem Spatenstiel, stand er da und sah den Krieger an.

Der Apache war alt. Er trug eine grobe Köperhose mit Fransen an den Nähten. Sein Oberkörper war nackt. Die faltige Haut glänzte fettig. Auf dem Schopf trug er einen Feldhut der US-Grenzkavallerie. In den Händen hielt er eine Winchester.

Das von vielen Falten gekerbte Gesicht war Lassiter vertraut! Er grinste und richtete sich auf. »Natuk! Du Höllenhund, wo kommst du her?«

»Lassiter! Viele Monde nicht gesehen«, erwiderte der Rote mit reglosem Gesicht, sodass nicht zu erkennen war, ob ihn die Begegnung freute oder nicht.

Natuk hatte viele Jahre als Scout in Fort Yucca Dienst getan. Er war einer der zuverlässigsten Apachenscouts gewesen, die Lassiter je gekannt hatte. Doch als Lassiter das letzte Mal Fort Yucca besucht hatte, war Natuk nicht mehr da gewesen. Niemand hatte genau gewusst, wann Natuk das Fort verlassen hatte. Er war einfach verschwunden. Angeblich hatte er sich einer vorbeistreifenden Kriegerhorde angeschlossen.

Das fiel Lassiter natürlich sofort ein, und das warnte ihn auch.

»Bist du allein hier?«

»Natuk immer allein!«, erwiderte der Apache in seinem fürchterlichen Kauderwelsch-Englisch. »Du geben Schnaps, Lassiter! Du haben Schnaps für Natuk?«

Lassiter grinste. Er nickte. Natuks Vorliebe für den Höllenstoff hatte er nicht vergessen. Wie oft hatte der Scout tagelang stockbetrunken vor Lizzas Bordell auf dem Sideway gelegen.

Lassiter hatte eine Flasche Brandy in seinem Packen. Er nahm den Spaten von der Felsleiste und winkte dem alten Apachen. »Komm, ich habe Schnaps! Komm!«

Er ging zu seinem Braunen zurück. Natuk turnte über die Felsleiste und kam ihm nach. Lassiter öffnete den Packen und holte die Flasche heraus.

Das Gesicht des alten Apachen legte sich in tausend Falten, als Lassiter ihm die Flasche gab.

Natuk entkorkte sie mit den Zähnen und trank. Er trank die Flasche halb leer, und Lassiter dachte, dass es diesen alten Mann doch glatt umhauen müsste, der nun schon fast zwei Jahre wieder fern jeglicher Zivilisation lebte und in dieser Zeit bestimmt keinen Tropfen Alkohol auf die Zunge bekommen hatte.

Natuk rülpste laut und zufrieden, als er die Flasche hochhielt.

»Du nehmen auch Schluck, Lassiter!«, sagte er.

Lassiter tat ihm den Gefallen, doch nur, um nicht unhöflich zu sein und ihn etwa zu reizen. Lassiter verkorkte die Flasche danach und drückte sie ihm in die Hände.

»Wo bist du jetzt, Natuk? Wo hältst du dich auf? Warum hast du das Fort verlassen? Hattest doch ein gutes Leben dort.«

»Ich jetzt Dienste für Navarro!«, sagte Natuk. »Ich Scout für großen Häuptling. Du besser reiten schnell weg. Hier Krieg. Natuk dir zeigen Weg.«

»Zum Teufel, ja! Hier herrscht Krieg. Das habe ich gesehen. Aber warum, Natuk? Was ist passiert?«

»Navarro ist großer Häuptling. Kommen Cheyenne, aber Navarro Häuptling. Kommen Weiße mit viele Gewehre. Kommen mit Gewehre und Schnaps. Schnaps für Natuk. Das ist passiert! Weißer Mann Greenock, guter Mann für Apache. Schlechter Mann für Colonel in Fort Yucca.«

»Greenock bringt euch Schnaps und Gewehre?«, fragte Lassiter hellhörig geworden.

Natuk lachte. »Gewehre für Häuptling Navarro, Schnaps für Natuk. Aber du kommen, Lassiter! Weg von hier. Natuk zeigen Weg.«

Lassiter wies mit dem Spaten auf die Leichen. »Ich will sie begraben, Natuk.«

Der alte Apache schüttelte den Kopf und wies nach Osten. »Dort kommen Greenock und dort Navarro!« Er zeigte auch nach Westen.

Lassiter blickte in die gewiesenen Richtungen. Im Osten sah er nichts. Aber fern im Westen hing eine schmutzigbraune Staubfahne über den Hügelkämmen. Sie bewegte sich direkt auf ihn zu.

Der alte Apache machte kehrt, kletterte über die Felsleiste zurück und verschwand zwischen den Felsschultern, die Flasche Schnaps im Arm. Lassiter spähte in die Runde. Er wollte die Leichen wenigstens mit Steinen bedecken. Doch da tauchte Natuk schon wieder auf, ein Pony am Zügelstrick.

»Komm, Lassiter, komm!«, rief er und schwang sich in den Deckensattel, an dem etliche Skalps hingen, wie Lassiter mit gemischten Gefühlen feststellte. Damit stand fest, dass sich der alte Apache an den Raubzügen seiner Brüder beteiligte.

Lassiter brachte seinen Packen in Ordnung, schnallte den Spaten obendrauf, saß auf und trabte an Natuks Seite.

»Du kämpfst gegen Weiße, Natuk?«, fragte er, wobei ihm reichlich unbehaglich zumute war. »Du bist doch mal einer von uns gewesen!«

Natuk strich geradezu liebevoll über einen pechschwarzen Skalp. »Cheyenne!«, sagte er grienend und zeigte den einen Stummelzahn, den er noch besaß. Dann strich er über die anderen Haarbüschel. »Weiße!«

Lassiter sträubten sich die Nackenhaare. Wie alt war dieser Apache wirklich?

»Greenock!«, sagte Natuk und wies nach Osten.

Lassiter hob den Kopf. Nun war auch im Osten eine Staubfahne zu erkennen.

»Greenock!«, lachte der alte Apache. »Greenock! Greenock! Schnaps für Natuk. Viel Schnaps! Du reiten weiter. Immer weiter. Aber schnell!«

Von einem Augenblick zum anderen schien er Lassiter vergessen zu haben. Er brachte sein Pony in Galopp und jagte der Staubfahne entgegen, die da im Osten aufgetaucht war.

Lassiter hielt an und sah sich nach Deckung um. Hier trafen Weiß und Rot zu einem Geschäft zusammen. Waffen und Schnaps gegen Gold vermutlich! Da hatte er in unmittelbarer Nähe praktisch überhaupt nichts zu befürchten. Sicher wie im Auge eines Hurrikans, in dem stets absolute Windstille herrschte, war er da.

Natürlich dachte er nicht daran, sein Schicksal herauszufordern. Deshalb wandte er sich wieder nach Süden. Er durchquerte die sandige Ebene und tauchte in dem zerklüfteten Terrain unter, das sich bis zu den Tipton-Bergen hin erstreckte. Die rissigen Felskegel waren durchweg nicht höher als fünfzehn Fuß. Hinter einem dieser Sockel hielt er an, glitt aus dem Sattel und nahm das Gewehr in die Faust.

Lassiter trat an die Felswand und spähte nach oben. Er wollte hinaufklettern, um von dort oben aus die beiden Staubfahnen zu beobachten, die sich nun nördlich von ihm aufeinander zubewegten.

»Das Gewehr weg, Lassiter!«, tönte da eine scharfe Stimme.

Lassiter senkte den Blick und starrte in das spärliche Gras, das vor dem Fels wuchs. Es war rostbraun. Die Sonne hatte es völlig verbrannt. Eine rötlich gefärbte Eidechse huschte aus dem Gras und verschwand in den Steinen.

»Wenn Sie sich auch nur einen Zoll falsch bewegen, pumpen wir Sie voll Blei, Lassiter!« Die Stimme war nur ein wildes Zischen.

Lassiter ließ das Gewehr fallen, hob die Arme und drehte sich um.

Sie waren zu viert. Hundesöhne von Wells Fargo! Lassiter grinste. Zwei waren verwundet. Der eine trug einen durchbluteten Kopfverband. Das Kommando war also an die Apachen geraten!

»Was soll das geben, Jungs!«, sagte Lassiter. »Ihr scheint nicht zu wissen, wo wir uns miteinander befinden.«

»Setzen Sie nicht auf die Apachen, Lassiter!«, sagte der eine, von dem Lassiter wusste, dass er Glenn Rosario hieß und aus Südtexas stammte. Es handelte sich bei ihm um einen gescheiten und gerissenen Burschen, dessen äußerliche Grobschlächtigkeit auf diese Eigenschaften jedoch keinesfalls schließen ließ. Stiernackig und breitschultrig war er wie ein Bär, und genauso bewegte er sich auf Lassiter zu. Er drückte ihm die Gewehrmündung in den Bauch und zog ihm den Colt aus dem Holster.

»Jetzt sind Sie erledigt, Lassiter!«

Lassiter griente. Das wusste er besser. »Ihr seid mal ein Dutzend Leute gewesen! Wo sind die anderen? Ich nehme an, die hat der Teufel geholt. Einen Teufel habe ich reiten sehen, und wenn ich mich nicht täusche, hatte er Joe Slatermeyers blonden Skalp am Sattelhorn hängen.«

Rosario starrte ihm in die Augen. »Vier Männer allein schrecken Sie wohl nicht?«

Lassiter schüttelte den Kopf. »Doch nicht mitten in der Hölle!«

»Die Hölle haben Sie noch gar nicht kennengelernt, Lassiter«, zischte Rosario grimmig. »Da bringen wir Sie erst hin.« Er winkte den anderen. »Los! Wir fesseln ihn, und dann nichts wie weg von hier.«

Die Männer waren fix und fertig. Nein, Verfolger waren das nicht mehr. Sie waren selbst Gejagte. Lassiter begriff, dass er den vier Wells-Fargo-Leuten nur durch Zufall vor die Gewehre geraten war. Der Mann mit dem Kopfverband konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Gegen einen Stein gelehnt, blieb er stehen und blickte aus müden, vom Alkalistaub entzündeten Augen auf Lassiter. Seine Jacke war verdreckt und wies große durchschwitzte Flecken auf. Seine Gefährten befanden sich in keiner besseren Verfassung. Einer machte kehrt und lief auf einen Felsen zu, hinter dem wohl ihre Pferde standen. Gewiss wollte er ein Lasso holen, damit sie Lassiter fesseln konnten. Der andere kam hinkend näher. Seine Hose war zerrissen. Um den rechten Oberschenkel trug er einen schmutzigen Verband. Schmerzhaft verzog er bei jedem Schritt das Gesicht. Zehn Yard noch von Lassiter und Rosario entfernt, musste er einhalten. Er keuchte stark und stützte sich auf das Gewehr.

Lassiter nahm seine Chance eiskalt wahr. Als Rosario kurz den Kopf wandte, um nach seinem Gefährten zu sehen, griff Lassiter zu. Mit beiden Fäusten umklammerte er den Lauf von Rosarios Winchester, riss die Waffe hoch und warf den überraschten Mann zurück.

Rosario stieß einen wütenden Schrei aus, wankte aber nur und rang mit Lassiter um die Waffe. Lassiter hob das rechte Bein und trat ihm blitzschnell in die Magengrube.

Rosario sackte zusammen, ließ das Gewehr los, kippte zurück, und Lassiter verpasste ihm noch einen Kolbenhieb auf den Schädel, dass er die Augen schloss und in den Sand krachte. Staub quirlte hoch, als der schwere Mann aufschlug. Er blieb liegen und rührte sich nicht mehr.

Lassiter war mit einem Satz zurückgesprungen und hielt die Waffe schussbereit an der Hüfte.

Die beiden verletzten Männer rissen die Gewehre hoch, schossen aber nicht. Der dritte Kerl war nicht zu sehen. Er war hinter jenem Felsen verschwunden.

»Wir können es austragen!«, sagte Lassiter kalt. »Meinetwegen! Aber keine volle Meile von hier entfernt ist Navarro im Begriff, sein Lager aufzuschlagen.«

Die beiden ließen die Gewehre sinken. Die Apachen hatten ihnen schon gehörig eingeheizt und Furcht eingejagt. Das war ihnen deutlich anzumerken.

Lassiter nahm seine Waffen an sich und bewegte sich seitwärts auf sein Pferd zu. »Ich rate euch, macht euch nach Süden davon! Da hat ein Weißer noch am ehesten eine Chance. Aber folgt mir nicht!«

Ohne die Männer aus den Augen zu lassen, fischte er nach den Zügeln und stapfte langsam weiter. Da kehrte der Mann zurück, der zu den Pferden gegangen war, um ein Lasso zu holen.

Das Lasso in der Linken, das Gewehr in der herunterhängenden Rechten, trat er um den Felsen und blieb steif stehen. Mit einem Blick übersah er, was sich abgespielt hatte. Die warnenden Schreie seiner Gefährten kamen zu spät. Er ließ das Lasso fallen und rannte plötzlich los. Geduckt lief er auf einen drei Yard hohen Quader zu. Dabei feuerte er aus der Hüfte auf Lassiter. Seine Winchester blitzte und krachte. Bevor er den Quader erreichte, jagte er eine Serie von vier Schüssen hinaus, deren Krachen und Dröhnen die heiße Luft erfüllte. Mit peitschendem Schwingen fegten die Echos durch die Senke, hallten von den nahen Hügeln wider und wetterten zwischen den Felsen.

Aber auch Lassiter feuerte! Er ließ den Zügel los und warf sich auf die Knie. Das Krachen seiner Winchester mischte sich in das Peitschen der Schüsse. Bevor der Mann hinter dem Quader verschwand, traf Lassiter ihn zweimal. Der Mann stürzte schwer. Staub kräuselte über dem Quader.

Eine geradezu lähmende Stille lastete in der Senke. Die beiden verwundeten Männer schauten Lassiter an, blickten auf den Quader, hinter den ihr Gefährte gefallen und verschwunden war, und starrten Lassiter wieder an.

Lassiter schwang sich hoch, trat an sein Pferd und stieg in den Sattel. »Seht bloß zu, dass ihr wegkommt, wenn ihr den Apachen nicht in die Hände fallen wollt«, sagte er und trieb den Braunen um die rechte Hand. Er ritt in das Klippenfeld hinein, ohne sich nach den Wells-Fargo-Leuten umzusehen. Er änderte noch einmal die Richtung und machte den Braunen munter.

Natürlich waren die Schüsse gehört worden! Es dauerte nur Minuten, da erblickte Lassiter hinter sich die hellen Staubschleier heranjagender Reiter. Damit war das Spiel in Gang, das in diesem Land immer um Kopf und Kragen ging.

Lassiter hätte sich gern in die Büsche geschlagen. Doch hinter dem Felswirrwarr, bis hin zu den Tipton-Bergen, war das Land noch einmal so flach wie ein Kuchenteller. Er sah sich immer wieder um. Illusionen machte er sich nicht. Wenn nicht sofort, würden die Roten in Kürze dahinter kommen, dass sich ein Weißer allein von den anderen abgesetzt hatte. Er kam gar nicht auf den Gedanken, dass die Apachen seine Fährte übersehen würden.

Nachdem er eine Meile zurückgelegt hatte und sich tief in der Ebene befand, vernahm er Schüsse. Es hörte sich an, als ließe jemand Erbsen aus der Hand in eine leere Konservendose fallen. Das Geräusch kam aus dem Felswirrwarr im Norden, und es nahm an Heftigkeit rasch zu.

In der sandigen Ebene gab es keine Möglichkeit, die Fährte zu verwischen. Aber die Sonne sank und das wildzerklüftete Massiv der Tiptons trat immer deutlicher und klarer aus den perlgrauen Hitzeschleiern des Horizontes hervor.

Eine Stunde später sah er sie kommen! Ein Haufen von schwarzen Pünktchen, über denen ein graubrauner dünner Staubschleier hing. Lassiter schätzte die Entfernung auf drei bis vier Meilen. Der Anflug eines Lächelns glitt über seine Züge. Die Entfernung reichte, um sich die Burschen wenigstens für diesen Tag vom Hals zu halten.

Der Braune besaß Reserven. Lassiter ließ ihn noch einmal traben. Er ritt den wackeren Burschen seit dem Winter, und sie hatten sich beide aneinander gewöhnt. Der Braune an seinen ruhelosen Reiter, und Lassiter hatte sich mit dem eigenartigen bockigen und harten Zuckeltrab des Pferdes abgefunden, der ihm einfach nicht abzugewöhnen war. Es lag am Knochenbau, dass der Braune nicht weicher gehen konnte. Doch seine Anspruchslosigkeit, seine Zähigkeit und die Ausdauer, die er entwickeln konnte, machten diese schlechte Eigenschaft durchaus wieder wett. Der Braune brachte sich in Schwung, indem er laut schnaufte, den Kopf hochwarf und ein paar Schritte so hart bolzte, dass Lassiter das Gefühl hatte, es würde ihm sämtliche Knochen im Leib zerschlagen.

Dem Braunen waren die zottigen Mustangs der Apachen nicht gewachsen. Zunächst holte die Kriegerhorde auf. Doch als die Sonne wie eine rostrote Scheibe tief auf dem Horizont stand und Lassiter in die langen Schatten der Vorberge des Felsmassivs ritt, fielen die Verfolger zurück. Und damit war die Jagd für diesen Tag entschieden. Der Gewinner dieser Etappe war der Weiße auf seinem großen starkknochigen Braunen. Grund zum Triumph bestand jedoch nicht. Das wusste Lassiter auch. Aber eine natürliche Zuversicht erfüllte ihn, da die Voraussetzungen für ihn am anderen Tag viel günstiger waren.

Noch bevor es völlig dunkel wurde, hielt er an und saß ab. Er nahm dem Braunen den Sattel herunter, goss das letzte Wasser aus der Feldflasche in den Hut und ließ den Braunen saufen. Danach hängte er ihm den Futterbeutel um und gab ihm die letzte Portion Maiskörner.

Die Decke um die Schultern und gegen den Fels gelehnt, schlief er im Sitzen ein paar Stunden. Dabei hielt er das Gewehr in den Händen. Er verließ sich völlig auf seinen Instinkt und die Sinne, die das Leben in ständiger Einsamkeit und Gefahr besonders geschärft hatten. Die Nacht war still und einsam. Doch ein Mann wie Lassiter nahm trotzdem tausend Geräusche wahr – Geräusche, die ihm jedoch alle vertraut waren.

Es war noch nicht hell, als er erwachte, seine Sachen packte, den Braunen sattelte und weiter ritt. Er suchte harten, felsigen Boden, um keine Spuren zu hinterlassen. Dabei nahm er die Geräusche in Kauf, die der Braune mit seinen beschlagenen Hufen verursachte. Als die Sonne aufging, änderte er die Richtung, weil er Wasser brauchte. Er kannte eine Wasserstelle. Doch die Richtung schlug er erst ein, als er sicher war, dass ihn die Kriegerhorde verloren hatte.

Die Sonne stand bereits im Zenit, als er sich dieser Wasserstelle zu nähern wagte. Inzwischen herrschte längst wieder eine Hitze, die an die Temperaturen eines Backofens erinnerte. Die Augen brannten Lassiter vom Salz des Schweißes, und der scharfkörnige Staub juckte in den Bartstoppeln. Hunger spürte er nicht, nur einen quälenden Durst.

In einer Entfernung von einer Meile umritt er die Wasserstelle und suchte den Boden nach Spuren ab. Als er dann direkt darauf zuritt, wusste er, dass er dort zwei Reiter treffen würde. Weiße! Männer, die von Süden gekommen waren.

Das letzte Stück ritt er über einen Streifen Flugsand. Deshalb hörten ihn die beiden erst im letzten Augenblick. Der eine fuhr herum und riss das Gewehr hoch. Der andere – war eine Frau. Sie reckte den Kopf und sah Lassiter überrascht entgegen.

Lassiter hielt und hob die Hand. »Hallo, Nachbar!«, rief er. »Ich bin ein verdammt friedfertiger Bruder. Ich will nur Wasser.«

Der Mann nickte und ließ das Gewehr sinken. »Kommen Sie runter, wenn Sie schon mal hier sind.«

Lassiter brachte den Braunen wieder in Gang und ritt um einen Felskegel herum in die kleine Senke hinab, in der sich das Wasserloch befand. Als er um den Fels kam, war die Frau zu den Pferden gegangen, der Mann hatte das Gewehr wieder gehoben und legte auf ihn an.

Lassiter hielt sofort, grinste aber. »Mister, in dieser Gegend wimmelt es von räuberischen Apachen. Da sollten Weiße aber etwas mehr Zutrauen zueinander haben.«

»Reden Sie nicht!«, erwiderte der Mann. »Steigen Sie ab!«

Lassiter gehorchte.

Der Mann war ein großer breitschultriger Kerl mit schwarzen Haaren. Er trug Hosen und Stiefel eines Offiziers der US-Grenzkavallerie. Beim genauen Hinsehen erkannte Lassiter, dass er auch einen Feldrock trug, von dem aber Rangabzeichen und Divisionsnummern abgetrennt waren. Auf einem Stein lag sein Hut. Auch ihm fehlten sämtliche Paspelierungen.

»Schnallen Sie Ihren Coltgurt ab und lassen Sie ihn dort liegen«, verlangte er von Lassiter. »Dann können Sie sich Wasser nehmen. Doch verlieren Sie dabei keine Zeit, und verschwinden Sie wieder.«

Der Braune war nicht mehr zu halten. Er lief einfach ans Wasserloch und begann zu saufen.

Lassiter öffnete das Schloss und ließ den Gurt fallen. Dabei betrachtete er die Frau. Sie war blond, groß und phantastisch gewachsen. Bildhübsch war sie dazu noch. Die Bluse spannte sich über ihrem Busen. Zu dieser hellen Bluse trug sie ein paar Jeans, die reichlich knapp saßen, und dunkelbraune Texasstiefel. Das Haar reichte ihr bis über die Schultern. Mit einem geradezu ausdruckslosen Blick musterte sie Lassiter von oben bis unten.

Lassiter hatte sofort das Gefühl, dass die beiden sich aus irgendeinem Grunde nicht einig waren. – Doch was ging ihn das an! Er stapfte zum Wasser, ließ sich auf die Knie nieder und nahm den Hut ab. Der Braune soff und soff. Lassiter hörte das Wasser schon in seinem Leib kollern.

Lassiter wusch sich erst das Gesicht und den Nacken. Dann trank er. Der Mann blieb etwa fünf Schritt schräg hinter ihm stehen und bedrohte ihn die ganze Zeit mit dem Gewehr. Es war ein Sattelkarabiner der US-Armee. War dieser Mann ausgemustert worden, oder war er desertiert? Doch was wollte er mit dieser Frau mitten im Apachengebiet?

»Ziemlich leichtsinnig von Ihnen, allein mit Ihrer Frau durch diese Gegend zu reiten«, bemerkte Lassiter und wusch sich das Gesicht noch einmal gründlich ab. »Navarro hat mit seinen Kriegern die Reservation verlassen. Sieht schlimm aus im Norden. Wissen Sie das nicht?«

»Hören Sie auf zu quatschen und sehen Sie zu, dass Sie weiterkommen«, antwortete der Mann ungehalten.

Lassiter erhob sich. Der Mann trat einen Schritt zurück. Lassiter setzte den Hut auf und wischte sich das Gesicht mit der Bandana trocken.

»Geht mich ja nichts an, Mister!«, sagte er und drehte sich nach ihm um. »Ich wollte Sie nur warnen. – Darf ich meine Flasche noch füllen?«

Der Mann nickte.

Lassiter trat an den Braunen.

»Lassen Sie bloß das Gewehr stecken!«, warnte der Mann.