Lebendig begraben. - Franz Hartmann - E-Book

Lebendig begraben. E-Book

Franz Hartmann

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Beschreibung

Das hier vorliegende Buch des bekannten Theosophen Franz Hartmann erschien in deutscher Sprache erschien in deutscher Sprache erstmalig vor über einhundertzwanzig Jahren. Trotz seines hohen Alters hat es nichts von seiner Aktualität und Brisanz verloren. Hartmanns Werk stellt in seiner Eindringlichkeit und der fürchterlichen Fallbeispielen die ganze Unzulänglichkeit der damaligen Schulmedizin bezüglich der Feststellung des Todes bloß und beweist stichhaltig, daß der Mensch weit mehr ist als reine Materie, wie die anerkannte Wissenschaft uns glauben machen will.

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Eine Untersuchung der Natur und Ursachen des Scheintodes und der Mittel zur Verhütung des Lebendigbegrabenwerdens.

Den Freunden der Feuerbestattung gewidmet von Dr. med. Franz Hartmann, Leipzig 1896.

Zum Autor.

Geboren am 22. November 1838 in Donauwörth, gestorben am 7. August 1912 in Kempten, führte Franz Hartmann ein sehr bewegtes Leben. Er diente in der bayerischen Armee, studierte Pharmakologie, arbeitete als Schiffsarzt und praktizierte eine Zeitlang als Mediziner in den USA. Sein übergroßes Interesse für die Esoterik brachte ihn in Bekanntschaft mit Helena P. Blavatsky, mit welcher er schließlich – als einer ihrer engsten Mitarbeiter – die Zentrale der Theosophischen Gesellschaft in Indien führte. Dort befaßte er sich intensiv mit den Lehren des Buddhismus, übersetzte verschiedene Sanskrittexte, wie die Bhagavad-Gita ins Deutsche, welche Studien sein weiteres Leben in großem Maße prägten und auch seine Hinneigung zum Glauben an die Seelenwanderung und Wiedergeburt beeinflußten. Einige Zeit später, wieder zurück in Deutschland, wurde er eine bedeutende Gestalt und treibende Kraft unter den Theosophen Deutschlands. Er pflegte gute Kontakte zu Rudolf Steiner, gründete die Theosophische Gesellschaft Deutschlands und war ferner Mitbegründer des bekannten „Ordo Templi Orientis“. Bis zu seinem Tode hielt er ununterbrochen in ganz Deutschland Vorträge über die Theosophie und hinterließ ein umfangreiches literarisches Erbe.

Inhaltsverzeichnis.

1.

Kapitel – Berichte über verschiedene Fälle zu frühzeitiger Bestattung.

2.

Kapitel – Philosophische Betrachtung des Todes.

3.

Kapitel – Die Anzeichen des Todes.

4.

Kapitel – Vorsichtsmaßregeln gegen das Lebendig begraben werden.

Entwurf zur Gründung einer Genossenschaft zwecks Verhütung des Lebendigbegrabenwerdens von scheintoten Personen.

Nachträgliche Bemerkungen des Verfassers.

Vorwort des Herausgebers.

Es gibt kaum ein schrecklicheres Los für ein menschliches Wesen, als das des Lebendigbegrabenwerdens. Gefangen in einem zu jedweder Bewegung unfähigen Körper, bar aller Möglichkeit, ein Lebenszeichen zu geben, wird der Unglückliche unbarmherzig in seinen Sarg gelegt, hört die Vorbereitungen, die getroffen werden, ihn in die Erde zu senken. Das Unvorstellbare geschieht – in seinem dunklen Verlies hört er die letzten liebenden Worte seiner Freunde und Verwandten, der Pfarrer erteilt den Segen, der Sarg wird hinabgelassen in das feuchte Grab, krachend wird die Erde auf den hölzernen Deckel geworfen, das Lärmen wird leiser, das Grab füllt sich mehr und mehr. Stille legt sich über den Sarg, der vermeintlich Tote ist gefangen; Verzweiflung und Wahnsinn, und keine Hoffnung auf Rettung – ist dies eine Fiktion? Leider nicht. Wie viele Menschen ein solch grausiges Schicksal schon erleiden mußten, kann unmöglich festgestellt werden, aber hier und da findet man, zum Beispiel bei archäologischen Ausgrabungen, die erschütternden Zeugnisse von zu voreiligen Begräbnissen.

Das hier vorliegende Buch des bekannten Theosophen Franz Hartmann erschien in deutscher Sprache erst- und einmalig vor mehr als 120 Jahren. Mag es auch trotz seines hohen Alters und der in ihm behandelten zahlreichen Fallbeispiele, die hauptsächlich aus dem 19. Jahrhundert stammen, nicht mehr einem aktuellen Standard entsprechen, so hat es allerdings nichts von seiner Aktualität und Brisanz verloren: Denn daß solches heute noch genauso geschehen kann wie zu des Verfassers Zeiten, ist erschreckend, doch leider nicht unmöglich. Zum Beweis sollen hier an dieser Stelle nur einige wenige Fälle aus den letzten Jahren dienen:

Da wäre z. B. die 101-jährige Spanierin Micaela Velasco Corral aus Zamora zu nennen, zu welcher im Juni 1998 der Arzt gerufen wurde, da sie kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Dieser bescheinigte ohne weiteres das Ableben der alten Dame. Der Leichenbestatter kam und wollte sie gerade in den Sarg legen, als sie plötzlich wieder zu atmen begann. – Sie erholte sich wieder vollständig.

Weniger Glück hatte ein nach schwerer Krankheit „verstorbener“ 23 Jahre junger Haitianer im Januar 2005. Nachdem der für tot erklärte Mann in der Leichenhalle des Bestattungsunternehmens wieder erwachte, wurde er von den erschrockenen Totengräbern – die in ihm wohl einen „Wiedergänger“ vermuteten – erschlagen, was offenbar wurde, als seine Angehörigen während der Beerdigung bemerkten, daß Blut aus dem Sarg sickerte.

Desweiteren eine 72-jährige Frau aus Deutschland. Nach einem Bericht vom März 2002 wurde sie in einem Altenheim in Mettmann für tot befunden. Man verbrachte sie in die Kühlkammern des städtischen Friedhofes. Als der Leichenbestatter die Frau einige Stunden später einsargen wollte und sie warm und ohne Leichenstarre vorfand, alarmierte er den Notarzt. Leider kam die Hilfe zu spät, die Frau war kurz vor ihrer Auffindung im Kühlhaus gestorben.

Diese wenigen Beispiele sollen genügen, um zu zeigen, daß heute mit dem Tod nicht weniger sorglos umgegangen wird als vor mehr als hundert Jahren, wenn man auch mit der Beerdigung heute viel sorgfältiger verfährt.

Hartmanns Werk stellt in seiner Eindringlichkeit und den fürchterlichen Fallbeispielen die ganze Unzulänglichkeit der damaligen Schulmedizin bezüglich der Feststellung des Todes bloß und beweist stichhaltig, daß der „Mensch“ weit mehr ist als reine Materie, wie die „anerkannte“ Wissenschaft, wie er spöttelt, glauben machen will.

Dennoch scheint es bisweilen, als wäre Hartmann das Thema Scheintod nur ein Mittel zum Zweck, um den Leser auf etwas ihm noch viel wichtigeres aufmerksam zu machen, was damals wie heute nur zu gern geleugnet wird, nämlich: daß der Mensch Geist und der materielle Körper lediglich seine Hülle sei, sein Werkzeug, mit welchem er sich in der Sinneswelt behilft, um dort sein Leben in dieser führen zu können und letztlich wieder zu beschließen. Dies verschafft dem rechten Menschen, dem Geist und der Seele, die Freiheit von ihren fleischlichen Fesseln und führt ihn durch die in der Sinneswelt erhaltenen Lehren zu größerer Vollkommenheit.

Hartmann vertritt die platonisch-aristotelische Lehre von den „Dreigeteiltheit“ des Menschen in Körper, Geist und Seele. Das mag dem heutigen Leser etwas befremdlich erscheinen, daher möchte ich dies hier kurz ausführen. Der Autor setzt in seinem Werk die Kenntnis dieser hochinteressanten Lehre, welche seit ihrem Entstehen zu immer neu aufkommenden Kontroversen Anlaß gab, voraus, waren doch viele Gelehrte, Philosophen und andere Menschen von der Antike bis in die jüngere Vergangenheit Anhänger davon. Um es mit den Worten Dr. Johann Heinrich Jung-Stillings1, eines großen Kenners der menschlichen Seele, auszudrücken, so ist der Mensch: „... in drei verschiedene, aber doch miteinander verbundene Teile einzuteilen:

1. In den äußeren, mechanisch organisierten Körper, der keinen wesentlichen Vorzug vor den Tieren hat, wenigstens nicht wesentlich von ihnen verschieden ist; durch diesen ist der Mensch mit der Sinnenwelt verbunden, solange er lebt.

2. In das ätherische Lichtwesen, welches das eigentliche körperliche Lebensprinzip ist, das der Mensch mit den Tieren gemein hat und für sich schon Seele genannt werden kann, und

3. In den ewigen Geist des Menschen, der vorzüglich nach dem Bilde Gottes erschaffen ist und eben deswegen in dieser sonderbaren Verbindung mit der Körperwelt steht, um sich seine verlorene, anerschaffene Würde wieder zu erkämpfen.

Das ätherische Lichtwesen und den Geist zusammen, die in Ewigkeit ein unzertrennliches Eins ausmachen, will ich nun forthin Menschenseele, zum Unterschied von der Tierseele, nennen...“ Diese interessante philosophische These wird sich nun dem Leser, beim gründlichem Studium des Buches, im folgenden weiter erhellen.

In jedem Falle verdient dieses Buch, das seit so vielen Jahren ungerechterweise in Vergessenheit geraten ist, wieder in einer neu überarbeiteten und kommentierten Form aufgelegt zu werden.

Nicolaus Equiamicus.

1 Geboren 12. September 1740, gest. 2. April 1817. Bekannter pietistischer Schriftsteller und Mystiker, obiges Zitat ist seinem 1808 erschienenen Werk Theorie der Geisterkunde entnommen.

Vorrede.

Nicht um die Wissenschaft zu bekehren, schrieb ich dieses Buch, sondern um die Unwissenheit aufzuklären. Ich zolle den wahren Gelehrten alle Hochachtung, jenen Männern, welche das aus früheren Zeiten überlieferte Wissen sich zwar zunutze machen, dabei aber doch nicht in den engen Gleisen der Vergangenheit steckenbleiben, sondern nicht aufhören, nach mehr Licht und Wahrheit zu forschen, und sich von orthodoxen Lügen, welche sowohl früher wie auch in unseren Tagen noch von einigen für die letzten Aussprüche der Wissenschaft gehalten werden, unabhängig machen; aber ich habe nicht die geringste Achtung vor dem Eigendünkel jener Art sogenannter Gelehrten, deren ganze Weisheit in Phantasien besteht, welche sie in den von ihnen „anerkannten“ Büchern aufgezeichnet gefunden haben, oder in eitlen Theorien, mit welchen sie ihr Gehirn vollgepfropft und verrammelt haben, wogegen sie es verschmähen, selbst ihre Augen aufzumachen und tiefer in die Geheimnisse der Natur einzudringen, oder auf irgend etwas zu hören, was über die Grenzen ihrer in der Schule angelernten Systeme hinausgeht. Wir müssen streng unterscheiden zwischen Wissenschaft und jenen Leuten, welche sich trotz ihrer Unfähigkeit zu selbständigem Denken dem Publikum gegenüber doch als Vertreter des gesamten menschlichen Wissens gebärden, deren Dünkel vielleicht auf Ehrendiplome und Titel gegründet ist, welche in Wahrheit jedoch nur die Vertreter der Beschränktheit unseres Zeitalters und des Konservatismus seiner Unwissenheit sind. Wahres Wissen macht keine Fehler; alle Fehler entspringen aus ungenügendem Wissen oder aus Mißverständnis von Tatsachen; der wahre Gelehrte verschmäht es auch nicht, nach der Wahrheit zu greifen, finde er sie, wo er wolle; aber der gelehrte Einfaltspinsel urteilt über Dinge, für die er noch gar kein Verständnis besitzt.

Ich wurde aufgefordert, ein Buch über den Scheintod zu schreiben und über die nur zu oft in seinem Gefolge vorkommende frühzeitige Beerdigung. Es wurde mir zugemutet, dasselbe vom Standpunkt der neuen medizinischen Wissenschaft aus zu schreiben und mich innerhalb der Grenzen der von dieser Wissenschaft bereits festgestellten Theorien zu halten, so daß es allen meinen Kollegen auch mundgerecht werden möchte. Ein solches Buch hätte aber unmöglich irgend etwas Neues bieten können, sondern müßte sich auf allgemein und jedermann bereits Bekanntes und Zugestandenes und nur auf solche Dinge beschränken, welche mit den bereits vorhandenen, oberflächlichen Anschauungen der modernen Medizin, sollten diese auch noch so irrtümlich sein, nicht im Widerspruch stehen. Ein solches Buch würde freilich von den ärztlichen Kreisen unzweifelhaft günstig aufgenommen werden, womit gesagt sein will, daß die gelehrte, aber kurzsichtige Kritik nichts an ihm auszusetzen, sondern sich mit seinem Inhalt einverstanden erklären, es in den Bücherschrank stellen und dort der Vergessenheit anheimfallen ließe.

Man spricht in Gelehrtenkreisen mit vielem Nachdruck von der Exaktheit des Wissens, aber eine Wissenschaft, die nur nach dem äußeren Schein urteilt, kann auch nur hinsichtlich des äußeren Scheines der Dinge exakt sein. Wenn wir hinter den Schleier der durch den äußeren Schein verursachten Täuschung blicken wollen, dann müssen wir uns auf einen höheren Standpunkt stellen und die verborgenen Ursachen dieser Erscheinungen untersuchen. Diese Ursachen nennt man okkult, weil sie jenseits des Gebietes sinnlicher Wahrnehmung liegen und wir sie nicht erkennen können, solange wir selbst am Fuße der Leiter stehenbleiben, welche uns in die höheren Regionen des Gedankens führt. Die Erweiterung unseres geistigen Horizontes hält gleichen Schritt mit unserem Wachstum in der Wahrheitserkenntnis, und wenn wir den Gipfelpunkt erreicht haben, werden Dinge, die den Bewohnern des dunklen Tales verborgen sind, im Licht der ewigen Wahrheit zu unserer eigenen Einsicht kommen.

Unter die vielen Ereignisse des täglichen Lebens, über welche bis jetzt im allgemeinen sehr wenig bekannt ist, gehören die Ursachen des Bewußtseins, des Lebens und des Todes. Solange wir nichts über ihr wahres Wesen wissen, haben wir auch noch kein Recht zu sagen, ein Mensch sei tot, wenn das Lebensprinzip aufgehört hat, seine Tätigkeit in einem menschlichen Körper kundzugeben; wir können höchstens sagen: Es hat den Anschein, daß ein Mensch tot ist; der Schein trügt nur zu oft. Dieser unglückselige, viel öfter, als gewöhnlich angenommen wird, eintretende Umstand ist die Ursache, daß Leute lebendig begraben werden, insbesondere in Ländern, in denen es keine gesetzlichen Vorschriften für öffentliche Leichenkammern oder für die Aufbahrung der für tot gehaltenen Körper gibt, bis die Anzeichen der Verwesung, welche die einzigen wahren und unfehlbaren Beweise sind, sich einstellen, aus denen wir wissen können, daß die Seele und das Lebensprinzip den physischen Leib für immer verlassen haben. Die Vorstellung von der Möglichkeit solcher Fälle von Scheintod und an das Erwachen zum Bewußtsein in einem Sarg, nachdem das Grab sich geschlossen hat, ist etwas so Schauderhaftes, daß die Menschennatur sich vor dem Gedanken an dasselbe aufbäumt; und eine von der Unfehlbarkeit ihres Urteils vollständig durchdrungene gewisse Klasse von Ärzten hat diese Möglichkeit gänzlich in Abrede gestellt und erklärt die Tatsache, daß man Leichen verkehrt in ihren Särgen gefunden hat, durch das Rütteln der Leichenwagen auf dem Wege zum Friedhof. Bei dieser Erklärung ist aber den begleitenden Nebenumständen, wie den ausgerissenen Haaren, den zerfetzten Leichengewändern, den Spuren von Bissen in Schultern und Armen, der infolge des Ringens nach Atem auf dem Gesicht zurückgebliebene Ausdruck von Verzweiflung etc. gar keine Rechnung getragen.

Es ist hohe Zeit, daß dieser Frage auch die ihr gebührende Aufmerksamkeit zuteilwerde, und ich wende mich daher an das Volk, in dessen Interesse es liegt, sich gegen das grauenhafte Los, zu Opfern ärztlicher Kurzsichtigkeit zu werden, indem sie lebendig begraben, einbalsamiert, seziert oder verbrannt werden, oder durch Bettung in Eis erfrieren müssen, sicherzustellen; ich wende mich aber auch an jene Mitglieder des ärztlichen Berufes, welche nicht in den engen Banden blinden Glaubens, fälschlich „wissenschaftlich“ genannt, befangen, sondern auch fähig sind, ihre eigenen Gedanken auszuführen, unbekümmert um das Lächeln der Toren, nur von dem Bestreben beseelt, ihr Wissen zum Wohle der Menschheit zu verwerten.

Der Verfasser.

1. Kapitel.

Lebendig begraben – Berichte über verschiedene Fälle zu frühzeitiger Bestattung.

Wenn ein Fall entdeckt wird, daß ein Mensch scheintot begraben wurde und nachher in seinem Grab wieder erwacht ist, so ist es oft sehr schwierig, die einzelnen Nebenumstände des Vorganges mit Genauigkeit festzustellen; aber die Wichtigkeit, welche manche Menschen diesen Nebenumständen beimessen, ist eine ganz eingebildete und kommt nicht in Betracht in Hinsicht auf andere Dinge. Wenn wir z. B. in einem Bericht über ein Eisenbahnunglück lesen würden, daß der Maschinist sich einen Arm gebrochen habe, so würde die Möglichkeit solcher Katastrophen durchaus nicht widerlegt, wenn es sich hernach herausstellte, daß sich derselbe nicht den Arm, sondern ein Bein gebrochen hat. So ist es auch von wenig Belang, ob die nachstehend angeführten Berichte in all ihren Einzelheiten völlig zutreffend sind oder nicht; sie sind alle hinreichend beglaubigt, um zu beweisen, daß solche Fälle nicht nur vorkommen können, sondern sich sogar viel öfter ereignen, als man gewöhnlich annimmt.

1. Ein Korrespondent des „Banner of Light“ erzählt:

„Lebendig begraben!“ – Welch unsagbarer Schauder! Wie viele Menschen werden lebendig begraben! Nach der Anzahl derjenigen, welche durch reinen Zufall vor diesem fürchterlichen Los bewahrt werden, nachdem man sie bereits in den Sarg gelegt hatte, können, ja müssen wir sogar schließen, daß bei weitem viel mehr Menschen mehrere Fuß tief in die Erde eingescharrt werden, um in ewigem Schweigen und Finsternis zu vollem Bewußtsein zu erwachen. Und dann oh dann! – dieser Kampf, dieses schauderhafte, langsame Ersticken! – Wie sorglos, wie geradezu kindisch gedankenlos sind wir doch bei vielen alltäglichen Vorkommnissen. Wie benimmt sich die nächste Umgebung des Lagers des für tot Gehaltenen? Wie hastig trifft man Vorkehrungen, um ihn fort und aus den Augen zu schaffen, und wie fest ist man überzeugt, daß der Tod wirklich eingetreten ist, so daß nur tatsächlicher Widerstand von seiten des Körpers uns von dieser Überzeugung abbringen könnte. Niemandem fällt es, sehr vereinzelte Fälle ausgenommen, auch nur im Traume ein, daran zu zweifeln. Erst vor wenigen Jahren wurde zu St. Josef ein junges Mädchen auf dem Wege zum Friedhof aus ihrem Sarg herausgenommen, nachdem der Leichenzug durch den hartnäckigen Einspruch der Mutter auf der Straße noch zum Stillstehen gebracht worden war. Soviel wir wissen, lebt das Mädchen noch und ist jetzt zur Frau herangereift. Der „Herald“ brachte damals eine ausführliche Beschreibung des Vorfalles.

2. Telegraphischer Bericht des „Herald“

„Whitehaven, Pennsylvania, 02. Juli 1893. – Aus Morrison, einem Ort drei Meilen westlich von Whitehaven, geht uns nachstehender Bericht über einen Fall von Scheintod zu: Eine junge Frau starb neun Monate nach ihrer Verheiratung. Ihr Gatte wurde von dem Glauben verfolgt, daß sie lebendig begraben worden sei. Er war nahe daran, den Verstand zu verlieren. Um ihn zu beruhigen, ließen seine Freunde das Grab noch einmal öffnen, überzeugten sich aber zu ihrem Entsetzen, daß seine angebliche Halluzination entsetzliche Wahrheit war. Unser Korrespondent untersuchte die Sache heute und fand sie dem Tatbestand nach richtig. Die Frau war begraben worden, ehe die natürliche Scheidung von Leib und Seele wirklich eingetreten war, und ihr Mann war tobsüchtig geworden.

Morrison ist ein Bauerndorf am westlichen Abhange des Berges Yeager gelegen. Karl Bogers Vater war vor zwei Jahren gestorben und hatte seinem Sohn die Sorge für den Hof überlassen. Dieser heiratete sechs Monate später Frau Katharina Leader. Beinahe ein Jahr verfloß, ohne daß eine Störung ihres Glückes eintrat, bis eines Tages Frau Boger krank wurde. Sie mußte sich zu Bett legen, um nie wieder aufzustehen.

Dr. James Willard, welcher seit Jahren Hausarzt in der Familie war, stand an ihrem Totenbett, und da ihr Mann es nicht glauben konnte, so machte er verschiedene Versuche, um ihn zu überzeugen, daß sie wahrhaft abgeschieden wäre. Unter anderen wurde auch die Probe des Diaphanus2 vorgenommen, bei welcher man die Hand der Verstorbenen an ein Licht hält. Aber es machte sich keine Rötung bemerkbar, und alles war dazu angetan, die Annahme zu bestätigen, daß der Tod in natürlicher Weise wirklich eingetreten sei.

Schon hatte es den Anschein, als ob sich Boger nach der Bestattung seiner Frau mit dem harten Schicksalsschlag, der ihn getroffen hatte, nach und nach aussöhnen würde, als eines Tages jemand zu ihm kam und ihm erzählte, daß Katharina vor ihrer Verehelichung an periodischen hysterischen Anfällen gelitten habe und daß demnach die Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlossen sei, daß man sie lebendig begraben habe.

Der entsetzliche Gedanke, daß seine Frau möglicherweise lebendig begraben worden sei, verfolgte ihn nun Tag und Nacht, bis er endlich tobsüchtig wurde. Er war in dem Wahn gefangen, man habe ihm seine Frau genommen, und behauptete immer und immer wieder, sie sei noch am Leben.

Er verfocht seine Anschauung mit solchem Nachdruck, daß sich seine Freunde schließlich zur Öffnung des Grabes bewegen ließen. Es begaben sich zu diesem Zweck zwölf derselben in Begleitung des wahnsinnigen Gatten auf den Friedhof. Während des Öffnens des Grabes verhielt er sich ganz ruhig, bis man auf den Sarg stieß. In diesem Augenblick wurde er so aufgeregt, daß man ihn kaum zu beruhigen wußte, bis der Deckel abgenommen war. Die Frau war wirklich lebendig begraben worden; alle Beweise, daß ein so schaudererregender Mißgriff gemacht worden war, traten offen zu Tage. Der Körper lag mit dem Gesicht nach unten; das Glas in dem Deckel war zerbrochen, die Kleider in Fetzen gerissen, Haare ausgerauft und das Fleisch zerschunden, so daß man deutlich sah, wie die Frau sich selbst zerfleischt hatte, nachdem sie sich ihrer grauenhaften Lage bewußt geworden war.“

Solche Fälle sind aber durchaus nicht so selten, und es leicht einzusehen, daß von der großen Anzahl von zu frühzeitigen Bestattungen nur ein geringer Prozentsatz auch entdeckt wird, weil ja in der Regel gar kein Grund zur Öffnung des Grabes vorliegt, ehe der in demselben ruhende Körper nicht ganz vermodert ist, und alle Anzeichen, daß die betreffende Person erst im Sarg wirklich gestorben ist, verwischt sind. Dessenungeachtet werden aber doch, sei es durch Zufall oder infolge von nach dem Begräbnisse auftauchenden Gerüchten oder Verdachtsgründen, derartige Entdeckungen gemacht.

3. H. R. Philips aus New York City, 59. East Street, schreibt:

„Fast jedermann hat die traurige Geschichte von Mollie Fancher aus Brooklyn gelesen. Sie war viele Jahre ans Krankenlager gefesselt und lebte fast ausschließlich von Flüssigkeiten. Man sagt, sie sei hellsehend gewesen, weigerte sich jedoch, ihre Fähigkeit zu irgendeinem Zwecke zu gebrauchen. Ihr Schwager war Kapitän auf einem Seeschiff. Während ihr Mann einmal auf einer seiner langen Reisen abwesend war, wurde die Frau krank, starb und wurde beerdigt. Nach seiner Rückkehr veranlaßte ihn irgendein Umstand, den Leichnam wieder ausgraben zu lassen. Er war entsetzt, aus der Lage des Körpers und aus anderen Umständen zu ersehen, daß sein armes Weib lebendig begraben worden war. Er wurde wahnsinnig und befindet sich bei Einlauf der letzten Nachrichten in einem Irrenhaus.“

4. George C. Warren aus Kansas City, Missouri, erzählt folgenden Fall:

„Während der großen Cholera-Epidemie, welche sich im Jahre 1860 über ganz Amerika und Europa ausgebreitet hatte, floh mein Großvater mit meiner Großmutter von Louisville, Kentucky, an einen kleinen Ort, der Heimat von Verwandten, dem etwa 20 Meilen entfernten Hopkinsville, Kentucky. Aber die Seuche verfolgte sie auch dorthin; sie starben beide und wurden begraben. Nach einigen Monaten wurden die Särge wieder ausgegraben, um nach Louisville überführt zu werden, und da fand es sich, daß meine Großmutter sich nach der Seite gewendet hatte, sowie auch Beweise eines kurzen Kampfes. Die Leiber meiner Großeltern sind nun in ihrer Familiengruft auf einem alten Kirchhofe zu Louisville, 18. Jefferson Street, zur Ruhe gebettet.“

5. Einen beinahe noch schrecklicheren Fall berichten die Wiener Blätter:

„Im Jahre 1893 starb in einem kleinen Dorf in der Steiermark ein junges Weib während ihrer Schwangerschaft und wurde nach Ablauf der herkömmlichen dreitägigen Frist auf dem Kirchhof beerdigt. Einige Tage nach dem Begräbnis verbreitete sich das Gerücht, sie sei von ihrem Mann vergiftet worden, weshalb das Grab von Amtswegen geöffnet wurde. Es stellte sich nun heraus, daß sie erst vor ganz kurzer Zeit gestorben sein konnte, und der Zustand ihres Körpers gab Zeugnis, daß ein entsetzlicher Kampf stattgefunden hatte. Außerdem hatte sie im Sarg ein Kind geboren. Der Arzt, welcher den Totenschein für sie aus gestellt hatte, wurde zur Strafe für seine Leichtfertigkeit mit einigen Wochen Gefängnis belegt.“

Es gibt keine noch so augenfällige Wahrheit, welche nicht von einem dummen, unwissenden Menschen geleugnet werden könnte; aber niemand braucht besondere Umwege zu machen, um sich selbst genügendes Beweismaterial zu verschaffen, daß Fälle von zu frühzeitiger Bestattung nicht nur oftmals schon vorkamen, sondern sich auch jetzt noch ereignen; denn wenn er nur im Kreise seiner Freunde und Bekannten Umfrage hält, so wird er gewiß unter ihnen einzelne finden, die von einer solch traurigen Geschichte zu erzählen wissen. Die nächstfolgenden Beispiele haben sich in der Nachbarschaft des gegenwärtigen Aufenthaltsortes des Verfassers dieses Buches zugetragen.

6. Vor einigen 20 Jahren verstarb in Salzburg die Frau des Herrn Zeller, eines der ersten Kaufherren der Stadt, und wurde am dritten Tage begraben. Die Leichenfeier ging mit großem Pomp vor sich, und man gab der Frau einen kostbaren Fingerring mit ins Grab, welchen sie zu ihren Lebzeiten besonders gern getragen hatte. Der Knecht des Totengräbers hatte jedoch den kostbaren Ring bemerkt und faßte den Entschluß, in der dem Begräbnis folgenden Nacht die Leiche zu berauben. Mit den nötigen Werkzeugen versehen, ging er um Mitternacht an das Grab, um es zu öffnen. Als er den Sargdeckel abhob, erwachte durch den Eintritt der frischen Luft die Frau aus ihrem bewußtlosen Zustand und setzte sich im Sarg auf. Der Leichenräuber ergriff die Flucht, die Frau aber kletterte aus dem Grab heraus und ging in ihrem Leichengewande nach Hause, zog die Hausglocke und setzte, nachdem sie Einlaß gefunden, ihre ganze Familie in nicht geringe Bestürzung.

Zur Erinnerung an diesen Vorfall wurde an der Außenseite des Hauses, in welchem die Frau wohnte, ein großes vergoldetes Kreuz angebracht, und jeder Fremde, welcher nach Salzburg kommt, kann es heute noch sehen. Es ist das Haus Nr. 1 am Dreifaltigkeitsplatz.