Lehrwerke für den Unterricht der romanischen Schulsprachen - Christine Michler - E-Book

Lehrwerke für den Unterricht der romanischen Schulsprachen E-Book

Christine Michler

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Beschreibung

Das Forschungsinteresse wissenschaftlicher Lehrwerkbegutachtung ist beträchtlich. Lehrwerke sind insbesondere in der Anfangsphase relativ unangefochten die Grundlage des schulischen Fremdsprachenunterrichts. Mit den in den vielfältigen Einzelkomponenten vorhandenen Texten, Übungen und Aufgaben sowie der Präsentation von grammatischen Phänomenen und landeskundlich-interkulturellen Gegebenheiten beeinflussen sie maßgeblich Inhalte und Methoden des Sprachunterrichts und lenken so Lernprozesse und Unterrichtsgeschehen. Kritische, auf fachdidaktischen Grundsätzen beruhende Analysen von Fremdsprachenlehrwerken geben demnach Auskünfte über die Realität des Fremdsprachenunterrichts. Sie sind deshalb nicht zuletzt Ausgangspunkt für das Ziel einer optimalen Unterrichtsgestaltung sowie für die Anpassung der in Lehrwerken vorhandenen Inhalte und Verfahren an neue fremdsprachendidaktische Erkenntnisse und bildungspolitische Postulate. Die in diesem Band zusammengestellten Untersuchungen zu Lehrwerken für romanische Schulsprachen leisten einen wertvollen Beitrag bei der Einschätzung von und der Arbeit mit Lehrwerken. Sie richten sich dabei gleichermaßen an Studierende, die sich auf ein Lehramt vorbereiten, an Lehrkräfte im Schuldienst wie auch an im wissenschaftlichen Bereich tätige Fachdidaktiker.

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Seitenzahl: 281

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ibidem-Verlag, Stuttgart

 

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Literatur

I. Grundlagen

Zulassungsbedingungen von Lehrwerken für den Unterricht der romanischen Sprachen an staatlichen Schulen

Vorbemerkung

1. Stellenwert der romanischen Sprachen im schulischen Kontext – Konsequenzen für die Entwicklung von Lehrwerken

2. Der Begriff „Lehrwerk“ und seine Rolle im Unterricht der romanischen Sprachen

3. Lehrwerke und Schulbuchverlage: Der Markt

4. Bestimmungen für Lehrwerke allgemein und insbesondere für romanische Sprachen

5. Beispiele für die Umsetzung der Vorgaben durch Lehrwerke: Découvertes 1. Série jaune (Klett), ¡Adelante! Nivel elemental (Klett), In piazza 1, Ausgabe B (C.C. Buchner)

5.1 Aufmachung, Gliederung und Inhaltsverzeichnis

5.2. Wortschatzteil

5.3 Fakultative Inhalte und Möglichkeiten der Binnendifferenzierung

5.4 Kommunikative Fertigkeiten

5.5 Authentisches Textmaterial

5.6 Lernstrategien

6. Fazit

Anhang

Literatur und Quellen

Lehrwerke

... für Französisch

… für Spanisch

… für Italienisch

Amtliche Quellen

Sekundärliteratur und Internetquellen

Lehrwerke für den Französischunterricht an Gymnasien als Vermittler zwischen Unterrichtspraxis und Lehrplan

1. Der Begriff ‚Lehrwerk‘

2. Kriterien für die Zulassung eines Lehrwerks für den Französischunterricht an öffentlichen Schulen

3. Lehrplan vs. Lehrwerk als Steuerungselement des Unterrichts

4. Inhaltliche Vorgaben des Lehrplans für Lehrwerke

5. Ausgestaltung der drei Zielbereiche in den Französischlehrwerken Découvertes série bleue und Etapes Méthode intensive

5.1 Découvertes série bleue

5.2 Etapes Méthode intensive

6. Vergleich und Bewertung

7. Ausblick

Literatur

Lehrwerke

II. Untersuchungsfeld Textarbeit

Authentische und didaktisierte Texte in Lehrwerken für den Französischunterricht der Anfangsphase

1. Der Begriff ‚Authentischer Text‘ in Lehrwerken für den Anfangsun­terricht

2. Textcorpus

2.1 Textsorten und -themen

2.2 Das Angebot an authentischen Texten

3. Leistung von authentischen und didaktisierten Texten ...

3.1 ... für die interkulturelle Kompetenz

3.2 ... für die kommunikative Kompetenz

4. Übungen und Aufgaben zu den Texten in Lehrwerken

4.1. Aufgaben zu nicht authentischen, didaktisierten Texten

4.2 Aufgaben zu den authentischen Texten

5. Bewertung

6. Authentische vs. didaktisierte Texte?

Literatur

Lieder und Songs in Lehrwerken für den Italienischunterricht an deutschen Gymnasien

Erkenntnisinteresse

Lehrwerksanalyse

1. Bestand und vorgesehene Unterrichtsaktivitäten

2. Bewertung

Mögliche Impulse für den Italienischunterricht

1. Vorschläge ohne aktives, rhythmusbezogenes Handeln der Schüler

2. Vorschläge mit aktivem, rhythmusbezogenem Handeln der Schüler

Fazit

Literatur

Lehrwerke

Sekundärliteratur

(Inter)kulturelles Lernen im Italienisch- und Französischunterricht durch Lehrwerkfamilien

1. Die Rolle von Texten in Lehrwerken für den Fremdsprachenunterricht

2. Beispiele aus verbreiteten Lehrwerken für den Italienisch- bzw. Französischunterricht

2.1 Capito. Unterrichtswerk für Italienisch

2.2 Découvertes série bleue für den schulischen Französischunterricht

3. Zusammenfassung und Bewertung

Literatur

Illustrationen in Lehrwerken für den Französischunterricht in Deutschland

2. Leistungen und Aufgaben von Illustrationen

3. Untersuchung der Lehrwerke

3.1 À plus ! 1

3.2 Découvertes 1

4. Bewertung

Literatur

Lehrwerke

Sekundärliteratur

Förderung der Sehkompetenz durch Illustrationen in Lehrwerken für den Französischunterricht in Deutschland

1. Visuelle Medien in der Lebenswelt von Jugendlichen

2. Visual literacy im Fremdsprachenunterricht

3. Visuelle Kompetenz in ausgewählten Lehrwerken für den Französischunterricht

4. Arbeit mit Bildern

4.1 La montagne

4.1.1 Bildbeschreibung

4.1.2 Aufgaben

4.2. Les murs peints

4.2.1 Bildbeschreibung

4.2.2 Aufgaben

4.3 Männer bei der Essensausgabe

4.3.1 Bildbeschreibung

4.3.2 Aufgaben

5. Fazit

Literatur

Lehrwerke

Sekundärliteratur

III. Untersuchungsfelder autonomes Lernen und Sprachunterricht

Methodische Kompetenzen im Französischunterricht – Lernstrategien als Grundlage des lebenslangen Lernens

1. Lernerautonomie und Lernstrategien als Bestandteil des kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts

2. Lernerautonomie und Lernstrategien in der fachdidaktischen Diskussion

3. Lernstrategien in verbreiteten Lehrwerken für den Französischunterricht

3.1 Die Cornelsen-Lehrwerke

Präsentation der Strategien

Bestand an Lernstrategien

3.2 Die Klett-Lehrwerke

Präsentation der Strategien

Bestand an Lernstrategien

4. Vergleich und Bewertung

5. Fazit

Literatur

Lehrwerke

Sekundärliteratur

Anhang

Normsprache, français familier und Jugendsprache im Französischunterricht

I. Einleitung

II. Norm, Varietäten und Register im Französischunterricht

III. Français familier und Jugendsprache in Lehrwerken für Französisch

IV. Fazit der Lehrwerkuntersuchung

V. Vorschläge für Ergänzungen zum Lehrwerk in Hinblick auf Jugendsprache

VI. Schluss

Anhang

Literatur

Lehrwerke

Wörterbücher

Sekundärliteratur

Grammatikbetrachtung auf der Ebene der ‚Schulgrammatik‘. Vergangenheitstempora in Grammatischen Beiheften von Lehrwerken des Französischen, Spanischen und Italienischen.

1. Einleitung

2. Grammatische Beihefte als Ausformung einer didaktischen Grammatik

3. Die Tempora der Vergangenheit

4. Vergangenheitstempora in Grammatischen Beiheften von Lehrwerken

4.1 Französisch

4.2. Spanisch

4.3. Italienisch

5. Bewertung

6. Zusammenfassung und Ausblick

Literatur

1. Korpus

2. Forschungsliteratur

Mehrsprachigkeit in Lehrwerken für den Französischunterricht an Gymnasien. Mit einem Exkurs zu Lehrwerken für den Spanisch- und Italienischunterricht

1. Mehrsprachigkeit im Fokus unterrichtsbezogener Richtlinien

2. Mehrsprachigkeitsdidaktik

3. Mehrsprachigkeit im Unterricht der romanischen Sprachen

4. Untersuchung von Lehrwerken

4.1 Lehrwerkbände Französisch für den Lehrgangsanfang

4.2 Lehrwerkbände Französisch für fortgeschrittene Lerner

4.3 Die neueste Generation von Lehrwerken für den Französischunterricht

4.4 Exkurs: Lehrwerke für das Spanische und das Italienische

5. Fazit und Ausblick

Literatur

Zitierte Lehrwerke für den Französischunterricht

Zitierte Lehrwerke für den Spanischunterricht

Zitierte Lehrwerke für den Italienischunterricht

Sekundärliteratur

Nachweise der Erstveröffentlichung

I. Grundlagen

II. Untersuchungsfeld Textarbeit

III. Untersuchungsfeld Sprachunterricht und autonomes Lernen

RomSD Romanische Sprachen und ihre Didaktik

Impressum

Vorwort

Grundlage des Lernens und Lehrens einer fremden Sprache sind nicht erst seit der Erfindung des Buchdrucks Lehrbücher, die dem Benutzer grammatische Regeln, Wortschatz und Redewendungen zur Verfügung stellen. Den Bedarf an solchen Sprachlehr- und -lernbücher beweist die Anzahl der teilweise in schneller Folge auf den Markt gebrachten Produkte, von denen hier nur wenige erwähnt werden können.1 So gibt es beispielsweise von der erfolgreichen Anleitung zum Französischlernen Manières de langage drei sukzessiv erarbeitete Fassungen von 1396, 1399 und 1415 (Kristol 1995). Großen Bekanntheitsgrad erreichten auch die mehr als ein Jahrhundert später publizierten Lehrbücher For to learne, to rede, to pronounce and to speke French Trewly des Master Giles du Wes bzw. Gilles du Guez (1532) und Gallicae linguae institutio, 1550 von Jean Pillot herausgegeben (Colombat 2003). Circa zwei Jahrhunderte danach veröffentlichte Christian Lunckenbein schnell aufeinander folgend zwei Fassungen seines Französischlehrbuchs: „Neuer Versuch Die Französische Sprache auf eine angenehme und gründliche Art in kurzer Zeit zu erlernen: Zum Gebrauch Academischer Lectionen auf Eilf Tabellen entworffen“ (1751) und „Des neuen Versuchs, die Französische Sprache auf eine angenehme und gründliche Art in kurzer Zeit zu erlernen, vollständige Grammatik oder Sprachlehre, zum Gebrauch Akademischer Lectionen auf acht Tabellen entworfen, auf eine neue Art eingerichtet, und mit den berühmten Französischen Briefen der Mademoiselle Babet, samt einem Deutsch-Französischen Wörterbuch, nach Alphabetischer Ordnung vermehrt durch Christian Lunckenbein der Rechte beflissen“ (21752).

Auch im 21. Jahrhundert behaupten sich trotz der wachsenden Zahl von online-Sprachkursen (z.B. Rosettastone.com; babbel.com; lingorilla.de) nach wie vor Lehrbücher bzw. Lehrwerke als Grundlage der Aneignung fremder Sprachen. Vorwiegend in der Anfangsphase basiert schulischer Fremdsprachenunterricht – die nachstehenden Ausführungen beziehen sich auf den Unterricht in den romanischen Schulsprachen Französisch, Italienisch und Spanisch – auf einem gedruckten Lehrwerk als Leitmedium, dem der technischen Entwicklung folgend immer mehr multimediale Komponenten beigeordnet werden.

Lehrwerke sind im Unterschied zu Lehrbüchern, die Texte und Übungen für das Erlernen der Fremdsprache in einem Band zusammenfassen,2 komplexe Produkte. Sie bestehen in der Regel aus zahlreichen, größtenteils als Jahrgangsbände ausgewiesenen Komponenten, die teils für Lernende und Lehrer,3 teils nur für Lehrende erstellt wurden (u.a. Grammatische Beihefte, Übungshefte, Lehrerhandbücher, Selbstlernmaterialien, Vorlagen für Testaufgaben, Kompetenz- bzw. Prüfungstrainer, Folien, Tonträger, computergestütztes Material).4

Referenzband dieser Komponenten ist gemeinhin das jeweilige Schülerbuch mit seinen didaktischen Einheiten bzw. Lektionen, die progressiv grammatische, lexikalische und kulturelle Inhalte vermitteln und Übungen bzw. Aufgaben zu deren Fixierung bereitstellen. Feste Bestandteile der Schülerbücher sind außerdem chronologische und – fast immer – alphabetische Wörterverzeichnisse. Trotz solcher inhaltlichen Konstanten gibt es zwischen Lehrwerken beispielsweise der 1950/60er Jahre und heutigen Produkten große Unterschiede. Überwog damals etwa der geschriebene Text, dominieren heute oft stark bebilderte Seiten. Waren die Textinhalte früherer Lehrwerke nicht durchweg an die Lebenswelt der jugendlichen Lerner angepasst, bemühen sich die Schulbuchverlage gegenwärtig nachdrücklich, mit den präsentierten Inhalten die vermuteten Interessen der Schüler zu berücksichtigen. Lag der Schwerpunkt in Lehrwerken bis mindestens zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts auf reproduzierenden, der Sprachkorrektheit verpflichteten Übungen, gibt es jetzt zahlreiche Aufgaben mit kreativen Elementen und der Aufforderung zur freien Sprachproduktion.

Die relativ unangefochtene Position von Lehrwerken in der Praxis des schulischen Fremdsprachenunterrichts lässt sich hauptsächlich mit den Vorteilen begründen, die Lehrwerke für Lehrende und Lernende bieten. Lehrkräfte werden in ihrem Arbeitspensum durch die im Lehrwerk enthaltenen Texte und durch darauf abgestimmte Übungen bzw. Aufgaben entlastet, außerdem erhalten sie Orientierungshilfe beim Unterrichten und Unterstützung bei der Aufteilung des Stoffes auf das Schuljahr. Für die große Zielgruppe der Schüler bieten sie Lernsicherheit, Wiederholungs- und Nachschlagemöglichkeiten und sind bei entsprechender inhaltlicher und optischer Gestaltung nicht zuletzt Motivationsfaktor.

Wegen der offenkundigen Bedeutung, die Lehrwerke für die Unterrichtsrealität haben, wäre zu erwarten, dass ausführliche, auf den gesamten Komplex ‚Lehrwerk‘ bezogene und an fachdidaktischen Grundsätzen ausgerichtete Analysen von Lehrwerken für den Unterricht des Französischen, Italienischen und Spanischen in erheblichem Ausmaß vorhanden sind. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar gab es bis zum Beginn der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts und in den 1970/80er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland eine relativ lebhafte Auseinandersetzung mit Lehrwerken, die vor allem zur Entwicklung von Kriterienkatalogen als Raster für die Beurteilung von Lehrwerken führte. Diskutiert werden jedoch vornehmlich Produkte für den Englischunterricht und Deutsch als Fremdsprache (vgl. Forschungsüberblick in Michler 2005, 11–40). Gesamtanalysen von Lehrwerken für den Unterricht der romanischen Sprachen waren zunächst kaum Gegenstand der Forschung. Aufgearbeitet wurden allerdings Einzelaspekte wie beispielsweise Fragen des selbständigen Lernens im lehrwerkbasierten Unterricht (Nodari 1995), das Bild von Spaniern, das Lehrbuchpersonen vermitteln (Neuroth-Hartmann 1986) oder die interkulturelle Dimension in Französischlehrwerken (Fäcke 1999). Die umfängliche kritische Studie zu in den 1990er Jahren viel benutzten Französischlehrwerken durch Michler (2005) bezieht sich dann auf die für den Unterricht zentralen Komponenten (Schülerbücher, Grammatische Beihefte, Arbeitshefte) und deckt ein breites Spektrum von Themengebieten ab, die als essentielle Bausteine der Lehrwerkkonzeption gelten können, z.B. die Präsentation und Progression von Aussprache, Wortschatz und Grammatik plus entsprechender Übungen, die Darbietung von Lern- und Arbeitstechniken bzw. Lernstrategien, die Bereitstellung von landeskundlichen Inhalten und von Nachschlagekomponenten (z.B. Abkürzungs- und Symbolverzeichnis, Zusammenstellungen grammatischer Termini), Layout, optische Gestaltung und nicht zuletzt der Preis.

Wesentliche Impulse erhielt die systematische und eigenständige Lehrwerkforschung außerdem durch die Sammelbände Bausch et al. (1999), Börner & Vogel (1999), Fery & Raddatz (2000). Die dort publizierten Aufsätze reflektieren sprachübergreifend generelle Positionen zu Lehr- und Lernmaterialien, die Adressatengruppen, den Stellenwert und die Funktionen von Lehr- und Lernmaterialien sowie linguistische, didaktische, administrative und ökonomische Normen, denen ein Lehrwerk entsprechen muss. Diskutiert werden dort weiter die Leistungen von Übungen und Aufgaben, die Förderung des interkulturellen Lernens und derAnspruch, die Schüler mit möglichst viel authentischem Textmaterial zu konfrontieren. Immer wieder werden aber auch Defizite bei der Erforschung, Analyse und Evaluation von Lehrwerken für Fremdsprachen beklagt (z.B. Königs 1999). Darüber hinaus wird der Frage nach dem Gewinn eines möglichen Verzichts auf ein Lehrwerk nachgegangen (z.B. Bleyhl 1999) und mit einem Plädoyer für den Wechsel vom instruktivistischen zum konstruktivistischen Lernen verbunden (z.B. Wolff 2009). Dadurch soll vermieden werden, dass die am Unterricht Beteiligten durch die von den Lehrwerkautoren festgelegte Progression in einer flexiblen Nutzung des Unterrichtsmittels und, v.a. die Lernenden, in ihrem Mitteilungsbedürfnis behindert werden. Den Beitrag von Lehrwerken zum selbstständigen Lernen erforscht Fäcke in dem von ihr 2016 herausgegebenen Band, der mit der empirischen Untersuchung zur Rezeption von Lehrwerken aus der Perspektive der Lehrendeneinen bislang noch nicht gründlich aufgearbeiteten Aspekt der Lehrwerkanalyse verfolgt (Ansätze z.B. in Polletti 1993).

Die vorhandenen Ausführungen zu Leistungen und Grenzen von Lehrwerken machen deutlich, dass die verschiedenen Lehrwerkkomponenten den Fremdsprachenunterricht wesentlich beeinflussen. Indem systematische Lehrwerkanalysen und die Diskussion über Lehrwerke Aspekten nachgehen wie beispielsweise der Übereinstimmung eines Lehrwerks mit den Belangen eines modernen Unterrichts bzw. den immanenten Möglichkeiten, es daran anzupassen, tragen sie zur Erforschung und Verbesserung des Unterrichts bei (vgl. Michler 2005, 7; Fäcke 2016, 15). Da wertende Lehrwerkuntersuchungen zudem Lehrkräften Kriterien liefern, die sie bei der Beurteilung von und im kompetenten Umgang mit vorgefertigten Unterrichtsmaterialien unterstützen, ist das Erkenntnisinteresse kritischer Lehrwerkbegutachtungen unbestreitbar.

Das Ziel, mit der Lehrwerkforschung die Unterrichtspraxis zu ergänzen und zu verbessern, bildet auch den Hintergrund der Neuveröffentlichung der elf in diesem Band zusammengestellten Aufsätze, die zwischen 2005 und 2014 zu Teilbereichen ausgewählter Lehrwerke erstmals publiziert wurden. Durch den ca. zehnjährigen Entstehungszeitraum der Einzelanalysen unterstützt der Sammelband zum einen die diachrone Lehrwerkforschung. Mit den Untersuchungsfeldern „Grundlagen“, „Textarbeit“ und „Lernerautonomie und Sprachunterricht“ nimmt der Band zum anderen die aktuelle theoretische sowie unterrichtspraktische Ebene der Lehrwerkforschung in den Blick und entspricht mit der Verbindung von inhaltlichen und methodischen Fragen zentralen gegenwärtigen Anforderungen der Fachdidaktik.

Das erste Kapitel ‚Grundlagen‘ erläutert Bedingungen der Lehrwerkkonzeption. Lehrwerke für den Unterricht in einer romanischen Sprache müssen, wie Lehrwerke für jedes andere Schulfach auch, mit aktuellen fachdidaktischen und bildungspolitischen Positionen übereinstimmen. Davon ausgehend listet der erste Beitrag die vielfältigen Kriterien auf, die Verlage und Autorenteams bei der Erstellung eines Lehrwerks, das als lernmittelfreies Unterrichtsmittel an öffentlichen Schulen zugelassen werden soll, beachten müssen. Gleichzeitig werden die für Schulen und Lernende anfallenden Kosten bei der Anschaffung eines Lehrwerks durch eine repräsentative Hochrechnung veranschaulicht. Der zweite Aufsatz konzentriert sich mit einer Übersicht über die Umsetzung von fachlegitimierenden, pädagogischen und fachübergreifenden Zielbereichen in ausgewählten Lehrwerken für den Französischunterricht auf die Vermittlerrolle des Lehrwerks zwischen Unterrichtspraxis und Lehrplan.

Den thematischen Rahmen der fünf Aufsätze des zweiten Blocks bildet das für den Fremdsprachenunterricht unumgängliche Feld der Textarbeit im weiten Sinn. Eine Analyse des Verhältnisses von authentischen und didaktisierten Texten sowie der den Texten beigeordneten Aufgaben und Übungen in Lehrwerkbänden für den Anfangsunterricht des Französischen klärt den Gewinn, den Lernende daraus für ihre sprachliche Kompetenz ziehen können. Diese Zielrichtung verfolgt auch die nächste Erhebung über Lieder bzw. Songs und der ihnen angeschlossenen Übungen und Aufgaben in Italienischlehrwerken. Die Leistungen von sogenannten Lehrwerkfamilien, die hauptsächlich in Lehrwerken für den Anfangsunterricht einer Fremdsprache die Lektionen inhaltlich miteinander verketten und fremdkulturelle Lebensformen konkretisieren, stehen im Anschluss daran auf dem Prüfstand. Visuelle Texte (Fotos, Zeichnungen, Collagen usw.), die bei der Analyse von Lehrwerken für romanische Sprachen bislang nicht immer die Beachtung fanden, die sie verdienen, sind Gegenstand von zwei weiteren Beiträgen.5 Im ersten Aufsatz werden Illustrationen in Französischlehrwerken darauf hin kontrolliert, inwieweit sie anerkannte fremdsprachendidaktische Funktionen erfüllen. Fotos aus Französischlehrwerken sind anschließend Grundlage für Aufgaben und Übungen zur Bildwahrnehmung und Förderung der Sehkompetenz der Lernenden.

Das dritte Kapitel fokussiert zunächst Lernstrategien bzw. Lerntechniken als wesentliche Voraussetzung für die Aneignung einer Fremdsprache. Nach einem Überblick über deren Präsentation und Bandbreite in verschiedenen Französischlehrwerken wird abgewogen, inwieweit die vorhandenen Strategien die Autonomie der Lerner begünstigen. Mit der Wahl der Sprachnorm, die von Lehrwerken dem Unterricht zugrunde gelegt wird, greift der nächste Beitrag ein essentielles Problem des Sprachunterrichts auf. Gezeigt wird, welche Elemente ausgewählte Französischlehrwerke der Jugendsprache bzw. dem français familier zuordnen und welchen Stellenwert sie ihnen beimessen. Das schwierige Gebiet der Zeiten der Vergangenheit steht im Mittelpunkt einer Analyse von Französisch-, Spanisch- und Italienischlehrwerken in Bezug auf Inhalte, Erklärungen und Präsentation von imparfait – passé composé / passé simple, imperfecto – indefinido – pretérito perfecto, imperfetto – passato prossimo / passato remoto. Um Aspekte des Sprachvergleichs geht es auch im letzten Artikel. Vor dem Hintergrund der Absicht der Europäischen Union, die Mehrsprachigkeit der Bürger zu fördern, setzt er sich kritisch mit dem Angebot an mehrsprachigkeitsdidaktisch ausgerichteten Inhalten in Französisch-, Spanisch- und Italienischlehrwerken auseinander.

Alles in allem verdeutlichen die elf Beiträge die Notwendigkeit, allen Bereichen eines Unterrichtsmittels, das Lernende in ihrer Wahrnehmung und Wertschätzung einer Sprache und eines Landes stark beeinflusst, immer wieder eingehendes wissenschaftliches Interesse entgegenzubringen, nicht zuletzt, weil durch neu konzipierte Lehrwerke und mit jeder neu entwickelten Komponente die Herausforderungen für die Lehrwerkforschung wachsen. Diese reichen von der Überprüfung der im Lehrwerk vorhandenen Legitimation des Faches im schulischen Kanon, der adäquaten Vermittlung fachbezogenen Wissens bis zur Gewährleistung der eingangs erwähnten Weiterentwicklung bzw. Verbesserung des Unterrichts durch die im Lehrwerk immanente Gelegenheit zu einer inhaltlich und methodisch innovativen Unterrichtsgestaltung, die aktuellen gesellschaftlichen Anforderungen verpflichtet ist. Die aus kontinuierlichen Überprüfungen von Lehrwerken gewonnenen Erkenntnissen tragen folglich zu bildungspolitischen und fremdsprachendidaktischen Erneuerungen bei.

Der Umfang der in diesem Sammelband neu veröffentlichten Texte ist jeweils abhängig von den Vorgaben für die Erstveröffentlichung. Vielleicht wird die fachdidaktische Forschung zu der lohnenden Vertiefung bestimmter Sachgebiete (z.B. von grammatischen Phänomenen, von interkulturellen Inhalten) oder zu neuen Analysen (z.B. zu pragmatischen Inhalten bzw. zur pragmatischen Progression) ermuntert.

Der langjährige Arbeitsschwerpunkt der Verfasserin in Bayern hat zur Folge, dass in den Aufsätzen immer wieder auf die Bedingungen des Unterrichts der romanischen Sprachen in diesem Bundesland Bezug genommen wird. Die Situation in anderen Bundesländer wird dabei stets im Auge behalten.

Vereinheitlicht wurden bei der Zusammenstellung der Beiträge das Layout und die Angaben in den Literaturverzeichnissen. Inhaltlich wurde an den Aufsätzen im Vergleich zur Erstpublikation nichts verändert. Vereinzelt kommen deshalb bestimmte Aspekte wiederholt zur Sprache, z.B. wenn in den bislang separat veröffentlichten Analysen grundsätzliche Voraussetzungen der Lehrwerkbegutachtung geklärt werden. Berichtigt wurden offensichtliche Druckfehler, außerdem, wenn notwendig, zusätzliche, klarstellende Verweise eingefügt. Um ein flüssigeres Lesen der Aufsätze zu gewährleisten, wurde die teilweise in der Erstveröffentlichung auf Wunsch der Herausgeber gebrauchte Genderisierung (‚Schülerinnen und Schüler‘ usw.) nicht übernommen, d.h. in allen Beiträgen wird nun nur das generische Maskulinum verwendet, wobei die weiblichen Formen immer mitbedacht werden. Auch eventuelle, vorgestellte Abstracts wurden gestrichen.

Ich danke den Herausgebern für die Aufnahme des Bandes in die Reihe „Romanische Sprachen und ihre Didaktik“ sowie den Mitarbeitern des ibidem-Verlags, insbesondere Frau Valerie Lange, für die stets kompetente und freundliche Beratung.

Literatur

ARRIAGADAESPINOZA, Melanie. 2013. Bachillerato. Spanisch für die Oberstufe. Stuttgart [u.a.]: Klett.

BALLIN, Susanne & BRUCKMAYER, Birgit. 2009. Horizons.Für den Einsatz in der Oberstufe. Stuttgart: Klett.

BAUSCH, Karl-Richard & CHRIST, Herbert & KÖNIGS, Frank G. & KRUMM, Hans-Jürgen. edd. 1999. Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen. Arbeitspapiere der 19. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Francke.

BLEHYL, Werner. 1999. „Das Lehrbuch im Fremdsprachenunterricht: Funktionen und Grenzen“, in: Bausch, Karl-Richard & Christ, Herbert & Königs Frank G. & Krumm, Hans-Jürgen. edd. 1999. Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen. Arbeitspapiere der 19. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Francke, 23–34.

BÖRNER, Wolfgang & VOGEL, Klaus. edd. 1999. Lehrwerke im Fremdsprachenunterricht – lernbezogene, interkulturelle und mediale Aspekte, Bochum: AKS Verlag.

COLOMBATBernard. ed. 2003. Jean Pillot,Institution de la langue francoise. Gallicae linguae institutio (1561). Paris: Honoré Champion, collection Textes de la Renaissance 72.

DUWES, Giles. 1532. An introductorie for to lerne, to rede, to pronounce and to speke French trewly. Réimpr. de l'éd. de Londres, 1532 Genève: Slatkine Reprints, 1972 [1532]1972.

FÄCKE, Christiane. 1999. Egalität – Differenz – Dekonstruktion: eine inhaltskritische Analyse deutscher Französisch-Lehrwerke. Hamburg: Kovač.

FÄCKE, Christiane. ed. 2016. Selbstständiges Lernen im lehrwerkbasierten Französischunterricht. Stuttgart: ibidem-Verlag.

FENNER-LEEB, Dorothee et al. 2013. Incontri. Italienisches Lesebuch für die Oberstufe. Bamberg: C.C. Buchners Verlag.

FERY, Renate & RADDATZ, Volker. edd. 2000. Lehrwerke und ihre Alternativen. Frankfurt a.M. [u.a.]: Lang.

GORINI, Umberto. 1997.Storia dei manuali per l'apprendimento dell'italiano in Germania: (1500–1950); un'analisi linguistica e socioculturale; una ricerca comparata sulla dimensione linguistica e socioculturale nei manuali per l'insegnamento/apprendimento dell'italiano in Germania dalla seconda metà del XVI alla prima metà del XX secolo con un breve profilo storico sugli inizi dell'insegnamento dell'italiano. Frankfurt am Main [u.a.]: Lang.

KÖNIGS, Frank G. 1999. „Artenschutz durch Artenvielfalt! Plädoyer für eine breit gefächerte Lehrmaterialforschung“, in: Bausch, Karl-Richard & Christ, Herbert & Königs Frank G. & Krumm, Hans-Jürgen. edd. Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen. Arbeitspapiere der 19. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Francke, 105–112.

KRISTOL Andres M. ed. 1995. Manières de langage (1396, 1399, 1415). Lon­don:Anglo-Norman Text Society.

LUNCKENBEIN, Christian. 1751. NeuerVersuchDie Französische Sprache auf eine angenehme und gründliche Art in kurzer Zeit zu erlernen:Zum Gebrauch Academischer Lectionen auf Eilf Tabellen entworffen Durch ChristianLunckenbeinJuris Candidat. und Lehrer dieser Sprache auf der Universität Leipzig. Leipzig: Lanckisch.

LUNCKENBEIN, Christian. 21752. Des neuen Versuchs, die französische Sprache auf eine angenehme und gründliche Art in kurzer Zeit zu erlernen, vollständige Grammatik oder Sprachlehre, zum Gebrauch academischer Lektionen auf acht Tabellen entworfen, auf eine neue Art eingerichtet, und mit den berühmten Französischen Briefen der Mademoiselle Babet, samt einem Deutsch-Französischen Wörterbuch, nach Alphabetischer Ordnung vermehrt. Leipzig: Lanckisch.

MICHLER, Christine. 2005. Vier neuere Lehrwerke für den Französischunterricht auf dem Gymnasium. Eine kritische Fallstudie mit Empfehlungen für zukünftige Lehrwerke. Augsburg: Wißner.

NEUROTH-HARTMANN, Birgit. 1986. Das Bild der Spanier in bundesdeutschen Spanischlehrbüchern (1960–1984).Eine Untersuchung von Lehrbuchpersonen in ausgewählten Spanischlehrbüchern der letzten 25 Jahre. Göttingen: Univ., Diss.

NODARI, Claudio. 1995. Perspektiven einer neuen Lehrwerkkultur. Pädagogische Lehrziele im Fremdsprachenunterricht als Problem der Lehrwerkgestaltung. Aarau [u.a.]: Sauerländer.

POLLETI, Axel. 1993. „Französischlehrbücher im Urteil von Schülern und Lehrern. Bericht über eine Umfrage“, in: Praxis des Neusprachlichen Unterrichts 40, 183–190.

REINFRIED, Marcus. 1992. Das Bild im Fremdsprachenunterricht. Eine Geschichte der visuellen Medien am Beispiel des Französischunterrichts. Tübingen: Narr.

REINFRIED, Marcus. 2014. „European History of Romance Language Teaching“, in: Fäcke, Christiane. ed. Manual of Language Acquisition. (Manuals of Romance Linguistics 2). Berlin: De Gruyter, 255–273.

SCHMIEL, Sonja & STÖCKLE, Norbert. edd. 2012. In piazza, Ausgabe B. Unterrichtswerk für Italienisch. Schülerband 1. Bamberg: C.C. Buchners Verlag.

SCHRÖDER, Konrad. ed. 1980, 1982, 1983, 1985. Linguarum recentium annales. Der Unterricht in den modernen europäischen Sprachen im deutschsprachigen Raum. Augsburg: Universität.

WILLEMS, Aline. 2013. Französischlehrwerke im Deutschland des 19. Jahrhunderts – eine Analyse aus sprachwissenschaftlicher, fachdidaktischer und kulturhistorischer Perspektive. Stuttgart: ibidem-Verlag.

WOLFF, Dieter. 2009. „Zum Stellenwert von Lehrwerken und Unterrichtsmaterialien in einem konstruktivistisch orientierten Fremdsprachenunterricht“, in: Meixner, Johanna & Müller, Klaus. edd. Konstruktivistische Schulpraxis. Beispiele für den Unterricht. Weinheim und Basel: Beltz, 160–187.

 

1 Auf die große Anzahl gedruckter Grammatikbücher weist beispielsweise Reinfried hin und vermutet deshalb, dass es schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in zahlreichen deutschen Städten Französischunterricht gegeben hat (vgl. Reinfried 2014, 256). Zu Lehrwerken aus späteren Jahrhunderten vgl. Gorini 1997; Schröder 1980, 1982, 1983, 1985; Willems 2013.

2 Auf Lehrbücher gehen die Texte dieses Bandes nicht ein, da sie im schulischen Unterricht praktisch keine Rolle spielen.

3 Wegen der besseren Lesbarkeit wird auf Differenzierungen wie ‚Lehrerinnen und Lehrer‘ oder ‚Schülerinnen und Schüler‘ zugunsten des generischen Maskulinums verzichtet.

4 Lehrwerke für das Französische liegen vor allem für die zweite und dritte Fremdsprache sowie für den Unterricht an Realschulen vor. Für das Spanische und Italienische lassen die Verlage mehrheitlich Werke für die dritte oder spätbeginnende Fremdsprache erarbeiten. Teilweise fehlen aber auch genaue Angaben zum Einsatzbereich (z.B. In piazza1, Ausgabe B; Schmiel & Stöckle 2012). Daneben gibt es separate Lehrwerke für die Oberstufe (z.B. Horizons,Ballin & Bruckmayer 2009; Bachillerato,Arriagada Espinoza 2013; Incontri,Fenner-Leeb et al. 2013), die Lesetexte bzw. thematische Dossiers, die nicht auf einander aufbauen, zur Verfügung stellen. Auch Lehrwerke für die Erwachsenenbildung spielen in vielen Verlagsprogrammen eine bedeutende Rolle.

5 Eine grundlegende Aufarbeitung der Leistungen von Bildern bietet Reinfried 1992.

I. Grundlagen

Zulassungsbedingungen von Lehrwerken für den Unterricht der romanischen Sprachen an staatlichen Schulen

Schulbücher, Arbeitshefte und Arbeitsblätter

dürfen in der Schule nur verwendet werden,

wenn sie für den Gebrauch in der betreffenden

Schulart und Jahrgangsstufe

sowie in dem betreffenden Unterrichtsfach

schulaufsichtlich zugelassen sind.

(BayEUG, Art. 51)

II

Vorbemerkung

Das Thema „Bildungsmedien auf dem Prüfstand: Autorisierung, Verbot, Legitimierung und Delegitimierung“ hat eine hohe, mit finanziellen und ideologischen Aspekten verbundene bildungspolitische Relevanz: finanziell, weil für öffentliche Schulen autorisierte Lehrwerke einerseits für die Verlagshäuser Gewinn bedeuten, andererseits die Anschaffung der Schulbücher für die Schulaufwandsträger, und damit letztlich die Steue­rzahler, kostspielig ist; ideologisch-bildungspolitisch, weil die Inhalte von Bildungsmedien den vom Staat vertretenen Normen entsprechen müssen und sie das Weltbild der Jugendlichen mit prägen, so dass die Schulbücher Mitverantwortung für die aktuellen und späteren Lebensentwürfe Jugendlicher tragen. Lehrwerke sind also auch Mittel der Erziehung hin zu demokratischen und friedenssichernden Einstellungen der jungen Generation. Aus den genannten Gründen sind die kritische Begutachtung von Lehrwerken durch Behörden und Experten sowie eine konsequente öffentliche Debatte über Lehrwerke nicht nur wünschenswert, sondern mehr als berechtigt.1

1. Stellenwert der romanischen Sprachen im schulischen Kontext2 – Konsequenzen für die Entwicklung von Lehrwerken

Im deutschen Schulsystem nimmt zweifelsfrei das Englische als derzeit wichtigste internationale Verkehrssprache den bedeutendsten Rang unter den Fremdsprachen ein. Gute Kenntnisse in mindestens einer weiteren – vorzugsweise romanischen – Sprache sind für Schüler in erster Linie auf­grund der politischen, kulturellen und ökonomischen Kooperation in der EU, aber auch wegen der weltweiten Verbreitung des Französischen (Frankophonie) und des Spanischen (Hispanophonie) ein erstrebenswertes Ziel.

Hauptsächlich bei der Wahl der dritten Fremdsprache in den deutschen öffentlichen höheren Schulen3 wird allerdings eine unterschiedliche Beliebtheit der romanischen Sprachen ersichtlich (vgl. Michler 2014, 118; Michler 2015, 37f.), so dass zwischen den romanischen Sprachen ein Wettbewerb um Schülerzahlen herrscht.

Das Französische, zu dessen Förderung der Deutsch-Französische Freundschaftsvertrag vom 22.1.1963 verpflichtet, ist gegenwärtig im schulischen Fächerkanon in den Sekundarstufen I und II Haupt- und Kernfach. Als erste, zweite, dritte und spätbeginnende Fremdsprache ist das Fach verhältnismäßig stark vertreten, auch weil es an fast allen weiterführenden Schulen standardmäßig zum Fächerkanon gehört. Durch die Tendenz zur Erhöhung des Fremdsprachenangebots an Gymnasien, besonders aber durch die erkennbare Hinwendung der Schüler zum Spanischen, geht die Zahl der Französischlernenden insgesamt zurück.

Das Spanische, dasin einigen Bundesländern als zweite (z.B. in Hamburg), mehrheitlich aber als dritte oder spätbeginnende Fremdsprache angeboten wird, hat seit mindestens einem Jahrzehnt deutlich an Beliebtheit zugenommen. Das Interesse kann v.a. an Schulen beobachtet werden, in denen die Wahlmöglichkeit zwischen dem Französischen und Spanischen besteht. So ermittelte das Statistische Bundesamt für das Schuljahr 2013/14 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang der Schüler mit Französischunterricht um -2,7 Prozent,4 während für das Spanische ein Plus von 1,8 Prozent verzeichnet wird (vgl. Statistisches Bundesamt). Da die Sprache im Gegensatz zum Französischen jedoch (noch) nicht an allen Gymnasien unterrichtet wird, bleiben die Prozentzahlen der Spanischlernenden bislang hinter denen der Französischlernenden zurück.

Im Vergleich zu diesen beiden romanischen Sprachen nimmt das Italienische, das ebenfalls überwiegend als dritte oder spätbeginnende Sprache an Gymnasien unterrichtet wird,5 einen minderen Rang an deutschen öffentlichen Schulen ein. So erscheint die Sprache insgesamt erkennbar seltener als das Spanische auf den Stundentafeln, und Schulen, die Italienischunterricht anbieten, sind nicht flächendeckend vorhanden. Außerdem lässt wohl das Interesse an der Sprache im Allgemeinen nach, denn das Statistische Bundesamt verzeichnet für das Schuljahr 2013/14 bei den Schülern mit Italienischunterricht eine Abnahme von -10,4 Prozent (vgl. Statistisches Bundesamt).

Die Präsenz der Fächer und der Zuspruch, den sie erhalten, haben Konsequenzen für den Lehrwerkmarkt. Die Traditionslinien der Verlags­häuser,6 insbesondere aber die Wechselbeziehung zwischen Nachfrage und Angebot führen dazu, dass fast alle bekannten deutschen Schulbuchverlage wie Klett (Stuttgart), Cornelsen (Berlin) und Diesterweg (Braunschweig) Lehrwerke für die verschiedenen Lehrgänge Französisch in Auftrag geben, d.h. für die erste und zweite Fremdsprache sowie für die dritte Fremdsprache an Gymnasien und für Französisch an der Realschule.7 Die Anzahl von Spanischlehrwerken ist verglichen mit den Französischlehrwerken geringer, wächst aber wegen des steigenden Bedarfs durch die Ausweitung des Spanischunterrichts. Hier engagieren sich ebenfalls hauptsächlich die Verlage Klett, Cornelsen, Diesterweg und zusätzlich C.C. Buchner. In Bezug auf die Erarbeitung von Lehrwerken für den Italienischunterricht an öffentlichen Schulen wird der Markt z.Zt. von C.C. Buchner dominiert, aber auch Cornelsen hat Produkte auf den Markt gebracht.8

2. Der Begriff „Lehrwerk“ und seine Rolle im Unterricht der romanischen Sprachen

Schulisches Fremdsprachenlernen wird in der Regel mehrere Jahre lang von „Lehrbüchern“ bzw. „Lehrwerken“ gesteuert,9 so dass für diesen Zeitraum neben dem Begriff „Spracherwerbsphase“ häufig die Formulierung „Lehrwerk- bzw. Lehrbuchphase“ verwendet wird.10

Die für den Unterricht der romanischen Sprachen konzipierten Lehrwerke umfassen im Allgemeinen mehrere, meist nach Lernjahren gegliederte Komponenten (Materialien für das erste Lernjahr, das zweite Lernjahr usw.), die teils für Lernende sowie Lehrer, teils nur für Lehrkräfte erstellt wurden. Für das Französische liegen, gemäß dem schulischen Bedarf, Lehrwerkreihen vor allem für die zweite und dritte Fremdsprache vor. Hinsichtlich des Spanischen und Italienischen überwiegen die Lehrwerke für die dritte oder spätbeginnende Fremdsprache.

Den Mittelpunkt einer Lehrwerksreihe bilden die Schülerbücher. Sie enthalten die didaktischen Einheiten bzw. Lektionen mit – von wenigen Plateauphasen abgesehen – progressiv präsentierten grammatischen, lexikalischen und kulturellen Inhalten, die darauf folgend in Übungen und Aufgaben gefestigt werden. Dazu kommen als verbindliche Bestandteile eines Schülerbuchs chronologische und alphabetische Wörterverzeichnisse. Weitere Komponenten sind Grammatische Beihefte,11 Übungshefte, Lehrerhandbücher, Selbstlernmaterialien, Vorlagen für Testaufgaben, Kompetenz- bzw. Prüfungstrainer, Folien, Tonträger und computergestütztes Material u.v.a.m. (vgl. Kataloge bzw. Homepages der Verlage).

Die zu einem Lehrwerk gehörende Produktpalette ist also vielfältig. Bevor alle oder einzelne Komponenten im Unterricht an öffentlichen Schulen eingesetzt werden können, müssen sie durch kultusministerielle Behörden autorisiert werden. Dies ist wegen der maßgeblichen Funktion von Lehrwerken für die Gestaltung des Unterrichts angemessen. Lehrwerke nehmen über Inhalte, Übungsgestaltung, Wortschatzauswahl, Grammatikprogression usw. unmittelbar Einfluss auf den Unterricht, belegen den aktuellen Sprachgebrauch, erklären landestypische kulturelle Besonderheiten, bieten ausgewählte Beispiele der fremdsprachigen Literatur und Musik, stellen Arbeitstechniken bzw. -strategien vor und beinhalten Nachschlagemöglichkeiten. Für Lehrende und Lernende sind sie eine strukturierende Hilfe. Sie unterstützen und entlasten durch die Systematisierung und die didaktische Aufbereitung der Unterrichtsinhalte sowie durch das Angebot an Begleitmaterialien Lehrkräfte in ihrer Arbeit. Lernenden helfen Lehrwerke bei der Bestimmung des Lernfortschritts und bei der Orientierung in Bezug auf den Lernstoff. Außerdem können die optische Aufmachung und die inhaltliche Gestaltung von Lehrwerken zum Sprachenlernen motivieren, vornehmlich wenn den Schülern verdeutlicht wird, dass sie die im Unterricht erworbenen Kenntnisse außerschulisch nutzbringend einsetzen können.

3. Lehrwerke und Schulbuchverlage: Der Markt

Aus der Bandbreite der Lehrwerkskomponenten, der notwendigen Abstimmung der aufeinander aufbauenden Jahrgangsbände und der Beachtung der Funktionen wird deutlich, dass die Erarbeitung eines Lehrwerks für eine romanische Sprache arbeits- und auch kostenintensiv ist. Die Aufwendungen eines Schulbuchverlags für die Erstellung eines Lehrwerks enthalten neben den Materialkosten die Honorare für die Beschäftigung zahlreicher Autoren sowie anderer redaktioneller Mitarbeiter, denn für die Gestaltung von Lehrwerken sind Autorenteams verantwortlich. Oft sind mindestens drei, meist aber mehr – größtenteils nebenberufliche tätige – Autoren an der Konzeption und Ausarbeitung der vielfältigen Bestandteile eines Lehrwerks beteiligt.

Trotz des Arbeitsaufwands und der entstehenden Kosten ist die Produktion eines Lehrwerks, das für den Unterricht an öffentlichen Schulen genehmigt werden soll, für Schulbuchverlage in den meisten Fällen ein gewinnversprechendes Geschäft. Die Zulassung bedeutet in der Regel, dass mindestens Schülerbücher und Grammatische Beihefte lernmittelfrei an die Schüler ausgegeben werden.12 Diese Komponenten werden also in hohen Auflagen an die Schulen verkauft und müssen aufgrund des Verschleißes dort regelmäßig nachgekauft werden.

Um welche Gesamtbeträge es sich dabei handelt, soll am Beispiel der für das erste Lernjahr erarbeiteten Bestandteile des Lehrwerks Découvertes. Série jaune (2012) aus dem Klett-Verlag belegt werden. Selbst wenn dieses Lehrwerk nicht in allen Schulen im Anfangsunterricht benutzt wird, sondern in vielen Schulen beispielsweise die Produkte aus dem Cornelsen-Verlag für den Unterricht verwendet werden, kann eine Hochrechnung auf der Basis der auf der Homepage des Klett-Verlags angegebenen, für 2015 gültigen Preise für die Lehrwerkkomponenten zu Découvertes 1. Série jaune die Summen verdeutlichten, um die es insgesamt für die Verlage geht. Als weitere Grundlage der Berechnung werden Zahlen des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung bzw. des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus sowie des Statistischen Bundesamtes zu Klassenstärke und Anzahl von Gymnasien herangezogen.

In der – bis Ende 2015 neuesten – Aufstellung Aktuelles zum Schuljahr 2013/14 benennt das Bayerische Staatsministerium eine durchschnittliche Anzahl von 26 Schülern pro Klasse in Gymnasien. Das Schülerbuch des Lehrwerks Découvertes 1. Série jaune wird für 18,25 €, bzw. mit flexiblem Einwand für 17,25 €, verkauft, das dazu gehörende Grammatische Beiheft für 6,68 €. Für eine 6. Jahrgangsstufe (erstes Lernjahr Französisch) entstehen demnach den Schulaufwandsträgern Kosten pro Klasse von 474,50 € (bzw. 448,50 €) für Schülerbücher und 173,68 € für Grammatische Beihefte.13

Rechnet man nun diese Kosten pro Klasse auf die Gesamtzahl der vom Statistischen Bundesamt angegebenen Anzahl von 3.124 Gymnasien im Bundesgebiet hoch, wird die wirtschaftliche Bedeutung des Schulbuchmarktes ersichtlich: Die Zahl von 3.124 Gymnasien mit einer angenommenen durchschnittlichen Klassenstärke von 26 Kindern ergibt für die 6. Jahrgangsstufe bundesweit die Summe von 1.482.338 € (bzw. 1.401.114 €) nur für die Schülerbücher und von 542.576,32 € für die Grammatischen Beihefte. Sicher müssen Abstriche gemacht werden, da nicht alle Gymnasiasten in der 6. Klasse Französisch lernen; andererseits übersteigt wahrscheinlich die Schülerzahl pro Klasse oft die Marke von 26. Außerdem sind in der für die Hochrechnung herangezogenen Zahl der Gymnasien weder Schularten mit verschiedenen Zweigen (Integrierte Gesamtschulen etc.) noch Privatschulen inbegriffen.

Zusätzlich kaufen die Schulen Folien und/oder Wandbilder, Lernsoftware usw. zumeist in mehreren Exemplaren. Ferner müssen in fast allen Klassen privat von den Schülern die Übungshefte erworben werden (Einzelpreis des Cahier d’activités mit MP3-CD und Video-DVD: 8,75 €), da sie vielfach Grundlage von Hausaufgaben sind.14 Die Kosten für die Übungshefte belaufen sich für eine 6. Klasse mit 26 Schülern auf 227,50 €. Für alle Gymnasien ergibt sich die Summe von 710.710 €. Privat, wenn auch sicher nicht von allen Lernenden, werden weiter Schüler-CDs, Vokabellernhefte sowie andere Materialien angeschafft und von vielen Lehrkräften die Lehrerbücher.

Trotz der Herstellungs- und Personalausgaben ist der mit dieser Beispielrechnung verdeutlichte zu erwartende Umsatz ohne Zweifel ein hinreichender Anreiz für ein Verlagshaus, sich dem Aufwand der Herstellung eines Lehrwerks auszusetzen.

4. Bestimmungen für Lehrwerke allgemein und insbesondere für romanische Sprachen

Bei der Konzeption eines Lehrwerks für eine romanische Sprache sind die Verlagshäuser gehalten, sich an aktuellen fachdidaktischen Positionen und an wegweisenden bildungspolitischen Richtlinien wie dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GeR) und den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (vgl. KMK 2004) zu orientieren. Maßgeblich ist weiter die Ausrichtung an den Fachlehrplänen der verschiedenen Bundesländer, da die Kultusministerien sonst die Zulassung des Produkts verweigern und die Anstrengungen der Verlage erfolglos bleiben. Die Redaktionen für Lehrwerke müssen deshalb der schwierigen Aufgabe gerecht werden, der aus dem Föderalismus erwachsenden Vielfalt der Bildungslandschaft zu genügen, und dies in einer in der Regel einheitlichen Ausgabe, denn landesspezifische Versionen von Lehrwerkskomponenten sind aus finanziellen Gründen selten. Innerhalb des Rahmens der teilweise recht präzisen Anordnungen seitens der Kultusministerien der Länder müssen Lehrwerkautoren konkrete Inhalte für die Unterrichtspraxis entwickeln.