LEICHTE SPRACHE verstehen -  - E-Book

LEICHTE SPRACHE verstehen E-Book

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Beschreibung

Leichte Sprache ist eine sehr leicht verständliche Sprache. Sie ermöglicht es Menschen, leichteren Zugang zu Informationen zu bekommen und damit selbstständiger handeln zu können. Das Netzwerk Leichte Sprache setzt sich seit 2006 für die Verbreitung und qualitative Weiterentwicklung von Leichter Sprache ein und erstellt auch für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den Leitfaden für Leichte Sprache. In diesem Buch stellt das Netzwerk seine Arbeit vor, zeigt vielfältige Beispiele aus dem Alltag und gibt konkrete Empfehlungen für die Praxis: Warum gibt es Leichte Sprache? Wie ist sie entstanden und was sind die aktuellen Entwicklungen? Wie erstellt man zum Beispiel Vorträge, Rechtstexte, Stadtführungen oder Arbeitsanweisungen in Leichter Sprache?

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LEICHTESPRACHEVERSTEHEN

Mit Beispielen aus dem Alltag,Tipps für die Praxis und zahlreichenTexten in Leichter Sprache

Herausgegeben vomNetzwerk Leichte Sprache

INHALT

Vorwort

Das Puzzle namens Sprache

Michael Wahl

Einführung

Der Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V.

Angelika Nelles-Rehbach

Warum haben wir dieses Buch geschrieben?

Angelika Nelles-Rehbach

Leichte Sprache

Warum gibt es Leichte Sprache?

Sven Bußmann

Was ist Leichte Sprache?

Petra Jacobi

Die Geschichte der Leichten Sprache

Elke Janßen, Doreen Kuttner

Schulungen und Qualität in der Leichten Sprache

Marina Schmitt

Aus der Praxis – für die Praxis

Wie ein Text in Leichter Sprache entsteht

Carola Nagel

Fünf schnelle Wege, wie Ihr Text leichter wird

Carola Nagel

Regeln weiterentwickeln

Anja Teufel

Leichtes Sprechen

Monika Misiak

Simultanes Dolmetschen in Leichte Sprache

Kirsten Czerner-Nicolas

Leichte Sprache im Alltag

Leichte Sprache im Gesundheitswesen

Petra Jacobi

Textbeispiel in Leichter Sprache: Organspende (Auszug)

Antragstellen leicht gemacht: Leichte Sprache bei Ämtern und Behörden

Annika Nietzio

Textbeispiel in Leichter Sprache: Wohngeld (Auszug)

Textbeispiel in Leichter Sprache: Rechtsbehelfsbelehrung (Auszug):

Politische Bildung in der Praxis

Tanja Blum

Textbeispiel in Leichter Sprache: Wir mittendrin! Informationen zu Flucht und Asyl in Leichter Sprache (Auszug)

Nachrichten in Leichter Sprache

Georg Wimmer

Leichte Sprache in Freizeit und Kultur

Nadja Quirein

Textbeispiel in Leichter Sprache: Museum Oberschönenfeld (Auszug)

Leicht sprechen an Schulen mit hohem Migrationsanteil

Marion Treche

Exkurs: Leichte Sprache in der Bildung am Beispiel eines inklusiven Gewaltschutzprojektes

Marianne Arndt

Exkurs: Das Projekt Fachkraft Leichte Sprache

Julia Hesse, Jessica Severin

Exkurs: Texte in Leichter Sprache leichter finden

Bettina Oehm

Textbeispiel in Leichter Sprache: Nutzungsbedingungen der Stadtteilbücherei Bensberg (Auszug)

Ein Blick in die Zukunft

Leichte Sprache auf dem Weg in die Zukunft der digitalen Barrierefreiheit

Stefanie Koehler

Wo soll die Reise hingehen? Studienprojekt: Forschung zum Thema Leichte Sprache

Lisa Albers

Texte in Leichter Sprache

Netzwerk Leichte Sprache

Warum haben wir dieses Buch geschrieben?

Warum gibt es Leichte Sprache?

Was ist Leichte Sprache?

Geschichte der Leichten Sprache

Schulungen in Leichter Sprache und Qualitäts-Siegel für Leichte Sprache

So wird eine Übersetzung in Leichte Sprache gemacht

So machen Sie Ihren Text leichter: 5 Tipps nach den Regeln der Leichten Sprache

Die Regeln für Leichte Sprache sollen genauer werden

Bitte leicht sprechen

Simultan-Dolmetschen in Leichte Sprache

Leichte Sprache im Bereich Gesundheit

Leichte Sprache beim Amt: Tipps für Anträge

Nachrichten in Leichter Sprache

Politik und Leichte Sprache

Leichte Sprache in Freizeit und Kultur

Leicht sprechen an Schulen

Leichte Sprache in der Bildung

Projekt Fachkraft Leichte Sprache

Texte in Leichter Sprache leichter finden

Leichte Sprache im Internet

Umfrage-Ergebnisse zum Thema Leichte Sprache

Tipps zum Weiterlesen in Leichter Sprache und Einfacher Sprache

Anhang

Allgemeine Tipps zum Weiterlesen

Adressen und Kontakte

Die Autor:innen

Danksagung

Bildnachweis

Literaturverzeichnis

Quellenangaben zu den Textbeispielen in Leichter Sprache

Ich war schon immer neugierig.

Durch die Leichte Sprache hab ich viel lernen können.

Es gibt ja so viel zu wissen: über Politik oder Erdkunde oder eben was so passiert in der Welt.

Ich verstehe Sachen in Leichter Sprache besser als in normaler Sprache.

Und das Tolle ist:

Durch die Sachen, die ich jetzt verstehe, werd' ich noch neugieriger und will noch mehr lernen.

Maria Hütter-Songailo, Prüferin für Leichte Sprache

VORWORT

Das Puzzle namens Sprache

Michael Wahl

Als Kind konnte ich noch besser sehen als heute und habe gerne gepuzzelt. Die vielen einzelnen Teile zu einem großen Bild zusammenzusetzen, empfand ich immer wieder als herausfordernd. Besonders dann, wenn es sehr viele Teile waren. Am liebsten waren mir die Puzzles, die nicht ganz so umfangreich waren und vor allem die, deren Teile mit einfachen Bildern und klaren Farben gestaltet waren. Diese konnte ich gut wahrnehmen und leicht zuordnen.

Ähnlich stelle ich mir dies bei der schweren Alltagssprache und der Leichten Sprache vor. Da gibt es das schwierige Puzzle namens Sprache und es gibt die Leichte Sprache. Sie vermittelt den Inhalt nach klaren Regeln. Diese sorgen dafür, dass Wörter und Sätze leicht wahrnehmbar, gut zu verstehen und damit für alle Menschen zugänglich sind. Dagegen gibt es unglaublich viele Texte und Informationen, die einfach nicht oder nur schwer zu verstehen sind: Steuerausfüllhilfen, Datensicherheitskonzepte, Allgemeine Geschäftsbedingungen – kann man da nichts machen?

Doch! Die Leichte Sprache kann. Für mich bedeutet es auch eine Menge Spaß und Lernfreude, wenn ich mich mit Texten in Leichter Sprache beschäftige. Vielleicht kommt da ein bisschen der Literaturwissenschaftler und ehemalige Journalist durch. Denn wenn man spannend und verdichtet schreiben möchte, ist ein klarer und knackiger Stil immer am besten. Oder schöner in Leichter Sprache: Damit eine Geschichte spannend ist, muss sie kurz und knackig sein.

Als Leiter der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik kümmere ich mich gemeinsam mit meinen Kolleg:innen um die Barrierefreiheit auf Webseiten, bei Apps und auch bei Computerprogrammen. Wir kontrollieren, ob Kommunikation und Informationen für alle Menschen zugänglich sind. Die Leichte Sprache ist hierfür ein wichtiger Baustein. Denn für viele Menschen und in vielen Bereichen des Lebens ist Leichte Sprache die einzige Möglichkeit, sich zu informieren und sich auszutauschen, also dabei zu sein und am bunten Leben teilzuhaben.

Dieses Buch zeigt die große Vielfalt der Leichten Sprache auf. Ob in der Freizeit oder wenn es darum geht, gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden. Leichte Sprache ist dabei der Schlüssel für so viele Menschen. Sehr spannend finde ich auch, wie ein Text in Leichter Sprache überhaupt entsteht. Es ist gar nicht so einfach, Texte in Leichte Sprache zu übersetzen.

Ich merke auch immer öfter, wie gut Leichte Sprache für mich im Alltag ist. Wenn ich die Worte und Sätze im Kopf leicht formuliere, gehen sie leichter über die Lippen oder aufs Papier und kommen bei den Menschen um mich herum klar und verständlich an. Das ist eine große Kunst, aber auch ein riesiger Gewinn. Wenn alle einfach klar und leicht sagen würden, was sie möchten, was wäre dies für eine wunderbare leichte Welt?

Dann erinnere ich mich daran, wie ich als Kind vor den schönen leichten Puzzles saß und an den Spaß am Verstehen und das tolle Gefühl, wenn das Puzzle fertig war. So muss auch unsere Sprache sein – egal ob gedruckt oder im Internet. Das Puzzle namens Sprache muss klarer werden und in bunten Farben leuchten – in den Farben der Leichten Sprache.

EINFÜHRUNG

Angelika Nelles-Rehbach

Der Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V.

Im Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V. arbeiten Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Sie alle haben den besonderen Wert und den Nutzen der Leichten Sprache erkannt. Der Verein fördert die Verwendung der Leichten Sprache und betrachtet es als Aufgabe, die Öffentlichkeit über die Notwendigkeit der Leichten Sprache zu informieren, diese zu verbreiten und die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren.

Derzeit verzeichnet der Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V. über 180 Mitglieder aus sieben europäischen Ländern. Vertreten sind Einrichtungen und Verbände aus dem Hilfesystem für Menschen mit Behinderungen und Übersetzungsbüros für Leichte Sprache sowie Menschen aus der Sprachwissenschaft als auch aus anderen Berufsrichtungen und Privatpersonen.

Zu den Mitgliedern zählt die Selbsthilfevereinigung Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V.1, deren Mitglieder nicht »geistig behindert« oder Menschen mit »Lernbehinderung« genannt werden wollen. Sie sehen sich als Menschen mit Lernschwierigkeiten, da sie nicht »regelmäßig vor Verständigungsbarrieren stehen, die sie auch mit großer Anstrengung nicht selbstständig überwinden können«. Für sie sind es »Vorurteile und Barrieren, vor allem in Form komplizierter Texte«, die es ihnen erschweren, »ihre intellektuellen Fähigkeiten zu nutzen«.2

Die Wortwahl »Menschen mit Lernschwierigkeiten« hat der Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V. übernommen. Dessen Geschäftsstelle befindet sich in Berlin.

2006 schlossen sich Befürworter:innen der Leichten Sprache zu einem Netzwerk zusammen. Von Beginn an ist die gemeinsame Arbeit von Menschen mit und ohne Lernschwierigkeiten im heutigen Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V. von besonderer Bedeutung. Menschen mit Lernschwierigkeiten haben die Expertise. Als Fachleute beurteilen sie, ob Sprache verständlich ist. Die Satzung des Vereins ist leicht formuliert.3

Im Verein treffen sich Mitglieder aus verschiedenen beruflichen und privaten Bereichen mit völlig unterschiedlichen Lebenserfahrungen. Sie bilden eine bunte Mischung aus vielen Teilen der Gesellschaft und verfolgen mit ihren jeweils eigenen Vorstellungen ein gemeinsames Ziel. Die praktische Zusammenarbeit von Menschen mit und ohne Lernschwierigkeiten verbunden mit sozialpädagogischen und sprachwissenschaftlichen Instrumenten kennzeichnen die besondere Arbeit und Haltung des Vereins.

Innerhalb des Vereins haben sich Arbeitsgruppen und regionale Netzwerkgruppen gebildet.

Die Arbeitsgruppe Regeln prüft wiederkehrend das vom Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V. entwickelte umfassende Regelwerk mit den Regeln für Schreiben, Layout und Typografie. Neu gewonnene Erkenntnisse hinsichtlich der Kommunikationsbedürfnisse von Menschen mit Lernschwierigkeiten werden angepasst. Änderungen erfolgen in gemeinschaftlicher Abstimmung mit allen Mitgliedern. Auch für die Arbeitsweise des Vereins wurden Regeln erarbeitet, die es in Leichter Sprache gibt. Sie sind auf der Internetseite des Vereins zu finden.4

Die Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit betreibt Aufklärung und setzt sich für die Verbreitung der Leichten Sprache ein. Sie fordert Leichte Sprache zum Beispiel in Anträgen und Gesetzen, Gebrauchsanleitungen, Nachrichten und vielem mehr. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde der Ratgeber für Leichte Sprache herausgegeben.

Der Leitfaden beinhaltet neben den Regeln für Leichte Sprache auch Regeln für Treffen und Tagungen sowie für Leichtes Internet. Zusätzlich sind im Ratgeber Meinungen von Menschen mit Lernschwierigkeiten zum Thema Leichte Sprache zu lesen.5

Der Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V. erstellt Listen mit Literatur und Informationsmaterial in Leichter Sprache und informiert, wo diese zu finden sind. Die Listen werden auf der Internetseite des Vereins veröffentlicht.6

Ein besonderes Augenmerk legt der Verein auf die Qualität von Texten in Leichter Sprache. Hierzu hat sich die Arbeitsgruppe Qualität gebildet. Zur Sicherung der Qualität wurde ein Gütesiegel für Leichte Sprache entwickelt: das Siegel Netzwerk Leichte Sprache. Nur bei Einhaltung der erarbeiteten Regeln für Leichte Sprache sowie der Regeln für die Zusammenarbeit mit den Auftraggeber:innen darf ein Text als Text in Leichter Sprache bezeichnet und mit dem Gütesiegel des Vereins Netzwerk Leichte Sprache e.V. als Qualitätsmerkmal versehen werden. Eine der Regeln beinhaltet die Prüfung eines geschriebenen oder übersetzten Textes in Leichter Sprache von Menschen mit Lernschwierigkeiten auf Verständlichkeit. Für ihre Prüfungstätigkeit werden sie als Prüfer:innen für Leichte Sprache qualifiziert ausgebildet und erhalten ein Zertifikat. Sie sind die Fachleute und entscheiden, ob ein Text ein Text in Leichter Sprache ist. Bei Leseschwierigkeiten muss ein Text nachgebessert werden.

Innerhalb der regionalen Netzwerkgruppen werden Projekte bearbeitet. Die jeweiligen Gruppenleiter:innen treffen sich einmal jährlich mit dem Vorstand des Vereins Netzwerk Leichte Sprache e.V.. Ebenso findet die ordentliche Mitgliederversammlung des Vereins mindestens einmal im Jahr statt.

Zusätzlich zu der qualifizierten Ausbildung für Prüfer:innen für Leichte Sprache organisiert der Verein zur Stärkung des Selbstbewusstseins von Menschen mit Lernschwierigkeiten Weiterbildungen in Leichter Sprache. Ziel ist es, allen Menschen Teilhabe in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und die Führung eines selbstbestimmten Lebens zu ermöglichen.

Für Interessierte und Lernwillige bieten Mitglieder des Vereins Schulungen zum Erlernen der Leichten Sprache an, sei es für die Übersetzung von Texten, für die mündliche Übersetzung von Vorträgen oder für Reden in Leichter Sprache. Nach Absolvierung einer Schulung erhalten die Teilnehmer:innen ein Zertifikat.

Die Arbeitsgruppe Forschung kann die inklusive wissenschaftliche Forschung unterstützen. Die Mitgliederstruktur des Vereins ermöglicht es, für Universitäten vermittelnd tätig zu sein. Möglich sind Befragungen unterschiedlicher Art, um zum Beispiel zu erfahren, ob Regeln geändert oder weiterentwickelt werden müssen oder welche weiteren Personengruppen von Leichter Sprache profitieren. Die Forschungsergebnisse werden erfasst und in Leichter Sprache veröffentlicht.

Auf der Internetseite des Gründungsmitglieds Holtz & Faust GBR ist zu lesen: »Barrieren in der Umwelt und Einschränkungen in der Mobilität oder Wahrnehmung behindern viele Menschen im Alltag. Ob bei der Arbeit oder in der Freizeit – auf vielen Gebieten werden behinderte Menschen ausgeschlossen. Unser Ziel ist eine Welt ohne Barrieren, in der alle Menschen an allen Angeboten teilnehmen können. Egal, ob sie jung oder alt sind, ob mit oder ohne Behinderung.«7 Dieses Ziel eines Einzelmitglieds kann als Ziel des gesamten Vereins Netzwerk Leichte Sprache e.V. formuliert werden.

Zusätzlich ist auf der Internetseite von Holtz & Faust ein Formular für die Sammlung von Unterschriften zu finden. Die Politik wird aufgefordert, Gesetze so zu formulieren, dass sie für alle Menschen leicht verständlich sind, weshalb es sie in Leichter Sprache geben muss.

Die gesamte Haltung des Vereins Netzwerk Leichte Sprache e.V. verbunden mit der beschriebenen Arbeitsweise entspricht dem Grundsatz der UN-Behindertenrechtskonvention: »Nichts über uns ohne uns!«8

Die Mitglieder des Netzwerks Leichte Sprache e.V. betonen, dass Leichte Sprache für viele Menschen wichtig ist. Alle Menschen sollen das verstehen. Die Mitglieder des Vereins werben für Leichte Sprache und wünschen sich mehr davon. Noch fehlt es an ausreichend Literatur und Informationsmaterial in Leichter Sprache. Das wollen die Mitglieder des Vereins ändern und weisen auf wichtige Regeln hin. Diese sind: kurze Sätze, große Schrift und Textprüfung durch Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Die Mitglieder des Vereins Netzwerk Leichte Sprache e.V. versäumen es nicht zu erwähnen, dass das Verfassen und Übersetzen von guten Texten in Leichter Sprache viel Arbeit bedeutet und für die Prüfung eines Textes lange geübt werden muss. Innerhalb des Vereins arbeiten Menschen, die Texte in Leichte Sprache übersetzen, und Menschen, die diese übersetzten Texte prüfen, zusammen. Die enge Verbundenheit führt zu hochwertigen Texten in Leichter Sprache.

1www.menschzuerst.de

2 People First: Wikipedia, 23.11.2020, https://de.wikipedia.org/wiki/Mensch_zuerst_%E2%80%93_Netzwerk_People_First_Deutschland

3https://www.leichte-sprache.org

4 ebd.

5https://www.bmas.de

6https://www.leichte-sprache.org

7www.holtz-und-faust.de

8https://www.behindertenbeauftragter.de

Warum haben wir dieses Buch geschrieben?

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – kurz UN-BRK) ist ein wichtiger Meilenstein – nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern für die gesamte Gesellschaft. Die universellen Menschenrechte sind konkretisiert. Es wird klargestellt, dass Menschen mit Behinderungen ein uneingeschränktes und selbstverständliches Recht auf Teilhabe am Leben der Gesellschaft besitzen.

Das Leitbild der UN-BRK ist »Inklusion«. Nicht die einzelne Person muss sich anpassen, um teilhaben und gestalten zu können. Vielmehr geht es darum, dass sich die Gesellschaft öffnet und Vielfalt ein selbstverständliches Leitbild wird. Es geht um eine tolerante Gesellschaft. Alle Menschen mit ihren jeweiligen Fähigkeiten und Voraussetzungen sind wertvoll.9

Die meisten Menschen erkennen, dass eine Treppe für Menschen, die einen Rollstuhl benutzen, gesellschaftliche Teilhabe verhindern kann. Wenig nachgedacht wird über Personen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht lesen und schreiben können oder beim Lesen und Schreiben große Schwierigkeiten haben. Zusätzlich gibt es Menschen, die bei der mündlichen Kommunikation Inhalte nicht verstehen. Für die genannten Personenkreise kann der Zugang zu Informationen versperrt bleiben und zu Ausgrenzung in wichtigen Lebensbereichen führen. Massive Benachteiligungen können erwachsen.

Das vorliegende Buch richtet sich an Menschen, die diesen Benachteiligungen entgegenwirken, zwischenmenschliche Kommunikation verbessern und fördern wollen. Leichte Sprache kann dabei helfen. Das Buch verschafft einen ersten und einfachen Zugang zum Thema Leichte Sprache und dient als Anregung, insbesondere für Angestellte bei Ämtern und Behörden, Lehrende, Wohlfahrtsverbände und ihre Institutionen sowie für Medizinisches Personal.

Dieses Buch behandelt die Geschichte und die Entstehung des Sprachkonzepts der Leichten Sprache. Wichtige Gesetzesgrundlagen zur Anerkennung der Leichten Sprache werden ebenso dargestellt wie Standpunkte von Kritikern. Es gibt Texte in Leichter Sprache aus unterschiedlichen Alltagsbereichen mit praktischen Beispielen sowie Hinweise, wo Informationen zur Thematik der Leichten Sprache zu finden sind. Ferner gibt das Buch einen Einblick, wie ein Text oder eine Übersetzung in Leichte Sprache entsteht und wie mündliche Kommunikation in Leichter Sprache erfolgen kann.

Die vielfältige Mitgliederstruktur des Vereins Netzwerk Leichte Sprache e.V. spiegelt sich im Buch wider. Alle Autor:innen schreiben über Themen, die ihnen besonders am Herzen liegen. Das führt zu einer thematischen Vielfalt und zeigt, dass Leichte Sprache eine umfassende Bedeutung, nämlich für alle Lebensbereiche, haben kann.

9https://www.behindertenbeauftragter.de

LEICHTE SPRACHE

Warum gibt es Leichte Sprache?

Sven Bußmann

Welchen Zweck hat Leichte Sprache? Und warum machen wir uns die Mühe, Texte zu vereinfachen?

Wenn wir mit anderen sprechen, dann wollen wir in der Regel etwas mitteilen. Das macht aber nur Sinn, wenn uns unser Gegenüber auch versteht. Wenn Kommunikation fehlschlägt, führt das auf beiden Seiten zu Frustration. Deshalb ist es ganz natürlich, dass wir unsere Sprache an die Empfänger:innen anpassen. Im Gespräch mit einem kleinen Kind benutzen wir eine andere Sprache als im Austausch mit Kolleg:innen über ein Fachthema. Denn Sprache soll in erster Linie der Verständigung dienen. Es ist also ganz im Interesse der Sprecher:innen, die eigene Sprache so anzupassen, dass man auch verstanden wird.

Leichte Sprache als Brücke

Auf der anderen Seite transportiert Sprache nicht nur die reine Information. Wenn ich mit einem Erwachsenen wie mit einem Kleinkind spreche, wird er oder sie sich für dumm verkauft vorkommen. Es ist aber leider nicht immer möglich, den Sprachstil individuell an die Empfänger:innen anzupassen. Das mag im persönlichen Gespräch vielleicht noch gelingen, aber bei Schriftlichem, das sich an eine möglichst breite Masse wendet, ist das kaum umzusetzen. Da ist es das Klügste, den Text so einfach zu gestalten, dass er von möglichst vielen Menschen verstanden wird. Das genau ist das Ziel der Leichten Sprache. Wer sich von leichten Texten auf die Füße getreten fühlt, sollte Folgendes bedenken: Wir alle bewegen uns im Spannungsverhältnis herausfordernder und leicht verständlicher Texte. Die meisten, selbst geübte Leser:innen, haben mit bestimmten Texten Mühe. Juristische Literatur, ausgesprochen sperriges Ämterdeutsch oder philosophische Fachtexte bereiten den meisten Menschen Probleme. Selbst die breite Masse der Menschen ist punktuell auf Vereinfachung angewiesen.

Wie geht es da erst denen, deren Lesefähigkeiten nicht ausreichen, um die meisten Texte im Alltag zu verstehen? Das ist die eigentliche Zielgruppe der Leichten Sprache. Dazu gehören Menschen mit Lernschwierigkeiten, Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen, Demenzkranke, Menschen, für die Deutsch eine Fremdsprache ist, und Menschen, deren erworbene Lesefähigkeit für den Alltag nicht ausreicht. Genau diesem Personenkreis möchte die Leichte Sprache Informationen zugänglich machen. Texte sollen so weit es geht vereinfacht werden, damit sie von möglichst vielen Menschen verstanden werden. Das Textverständnis ist das wichtigste Ziel – ohne dabei die Aussage des Textes zu verfälschen oder zu verkürzen.

Nebeneffekt der Leichten Sprache: Dinge auf den Punkt bringen

Ein Nebeneffekt der Leichten Sprache ist, dass in ihr die Chance der Konkretisierung liegt. Die Übersetzung in Leichte Sprache stellt den Originaltext auf den Prüfstand. Ungenauigkeiten werden entlarvt, die logischen Zusammenhänge überprüft. Wer einen Text vereinfachen möchte, muss erst einmal den Kern der Aussage aus dem Originaltext herausarbeiten. Texte, die konkrete Aussagen absichtlich zu vermeiden versuchen, werden auf diese Weise schnell enttarnt. Das kommt allen zugute, nicht nur denen, die zur eigentlichen Zielgruppe der Leichten Sprache gehören. Wer also einen Text zur Selbstdarstellung schreibt, wer Sprache als Statussymbol betrachtet und sich so von anderen abzugrenzen versucht, benutzt Sprache nicht als Brücke, sondern als Spiegel der Selbstbewunderung. Dafür gibt es in der Leichten Sprache keinen Raum. Leser:in und Botschaft sind wichtiger als Autor:in.

Teilhabe durch Sprache ermöglichen

Dabei ermöglicht die Leichte Sprache den einen, zum Beispiel Menschen mit Lernschwierigkeiten, Teilhabe, und bietet anderen, etwa Menschen mit einer anderen Muttersprache, ein Sprungbrett zu einer komplexeren Sprache. Die Leichte Sprache möchte auch Leselust wecken, einen ersten Zugang zum Schriftlichen bieten, auf den sich aufbauen lässt. Darüber hinaus wird der passive Wortschatz erweitert, denn Fachbegriffe werden nicht unterschlagen, sondern genannt und erklärt. Wissenschaftliche Texte gehen nach demselben Schema vor: Erst werden die Begriffe geklärt, dann wird auf dieser Grundlage die Argumentation aufgebaut.

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die auf Leichte Sprache angewiesen sind. Der Zugang zu Informationen ist eine wichtige Voraussetzung, um mitreden und für sich selbst Entscheidungen treffen zu können. Die Leichte Sprache erfüllt unter anderem die bedeutende Funktion, Menschen mit ihren Rechten vertraut zu machen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass beispielsweise Arbeitshilfen in Leichter Sprache zu größerer Selbstständigkeit und damit kritischerem Denken führen. So ist Leichte Sprache ein wichtiges Mittel, gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Sprache als Spiegel der Gesellschaft

Zuweilen hört man die Kritik, Leichte Sprache grenze aus. Menschen, die die Leichte Sprache nutzen, würden stigmatisiert. Das gesellschaftliche Problem ist jedoch nicht, dass es Menschen gibt, die die Leichte Sprache benutzen. Es besteht darin, dass auf diese Menschen herabgeblickt wird.

Die meisten Menschen geben ungern zu, wenn sie etwas nicht verstehen. So ziemlich jeder Mensch wird im Alltag jedoch mit Texten konfrontiert, deren Inhalte er nur schwer oder gar nicht verstehen kann. Nicht Leichte Sprache grenzt aus. Es ist umgekehrt: Schwierige, komplizierte Sprache grenzt aus. Sie wird meist nur von einem kleinen Personenkreis erfasst. Laien benötigen Hilfe, um einen solchen Text auch nur ansatzweise zu verstehen. Oder wann haben Sie es zuletzt geschafft, Schreiben Ihres Finanzamtes vollständig zu entziffern?

Leichte Sprache ist ein zusätzliches Angebot für Menschen, die ansonsten auf Informationen verzichten müssten. Es wird aber niemand gezwungen, Leichte Sprache zu benutzen.

Kein Einzelfall

Bei den Personengruppen, die von Leichter Sprache profitieren können, handelt es sich allein in Deutschland um Millionen von Menschen. Laut der Level-one-Studie Grotlüschen 2011/2019 sind 8,1% der deutschen Bevölkerung funktionelle Analphabeten (4,2 Millionen) und 20,5% (10,6 Millionen) können nur fehlerhaft schreiben. 12,1% der erwerbsfähigen Bevölkerung in Deutschland, das sind 6,2 Millionen Menschen, können nur einfache Sätze und keine zusammenhängenden Texte lesen. Wenn für diese Menschen Leichte Sprache der einzige Weg ist, sich Informationen selbstständig beschaffen zu können, dann ist Leichte Sprache notwendig.

Man kann die Leichte Sprache verstehen und lesen.

Und man weiß hinterher, worum es geht.

Heidi Wehling, Prüferin für Leichte Sprache

Was ist Leichte Sprache?

Petra Jacobi

Leichte Sprache – leicht verständliche Texte

Der Begriff »Leichte Sprache« sorgt häufig für Fragen und Missverständnisse. Was ist Leichte Sprache eigentlich?, fragen sich viele Menschen. Und: Heißt es nun »Leichte Sprache«, »leichte Sprache«, »leicht verständliche Sprache« oder »einfache Sprache«? Im Grunde ist es ganz einfach: Die sogenannte Leichte Sprache ist eine Sprachvariante der deutschen Sprache, die durch Anwendung bestimmter festgelegter Regeln die deutsche Sprache leicht verständlich macht. Die Idee zu einer Leichten Sprache, die allen Menschen die Teilhabe an Sprache und Kommunikation ermöglichen soll, wurde 1996 in den USA von der Selbsthilfegruppe für Menschen mit Behinderung People First entwickelt. Die englische Sprachvariante für Leichte Sprache heißt deshalb »Easy Speak«. Der deutsche Ableger der Initiative People First entwickelte ab 2001 das erste deutsche Konzept zur Leichten Sprache: Alle Menschen können Leichte Sprache verstehen, daher eignet sie sich nicht nur für Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern auch für andere Gruppen. Dazu gehören Menschen mit niedrigem deutschen Sprach- und Leseniveau, Menschen mit geringer Literalität (auch funktionaler Analphabetismus) und (ältere) Menschen mit Einschränkungen im Bereich Sehen und/oder Hören.

Wie in der Einführung ausführlich dargestellt, kümmert sich das Netzwerk Leichte Sprache e. V. seit 2006 um die Entwicklung und Verbreitung von Leichter Sprache im deutschen Sprachraum. Nachdem das erste verbindliche Regelwerk Leichte Sprache. Ein Ratgeber 2014 in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht wurde,10 ist »Leichte Sprache« der Fachbegriff für eine definierte Sprachvariante der deutschen Sprache. In den Medien wird Leichte Sprache dennoch immer wieder unabsichtlich, teilweise aber auch bewusst »falsch« geschrieben: Dann heißt es zum Beispiel »leichte Sprache« oder »einfache Sprache«. Das liegt zum einen daran, dass viele Menschen den Fachbegriff und die Regeln der Leichten Sprache (noch) nicht kennen. Zum anderen gibt es auch Menschen, die die Regeln und Ziele der Leichten Sprache ablehnen und eine ungeregelte Sprachvariante bevorzugen, also eine deutsche Sprache, die irgendwie »leichter« oder »einfacher« verständlich ist. Eine Sonderstellung nimmt die sogenannte Einfache Sprache ein: Diese Sprachvariante ist teilweise geregelt, unterscheidet sich aber von der Leichten Sprache. Die Einfache Sprache wurde 2016 in den Duden Leichte Sprache aufgenommen, auch um die Unterschiede zur Leichten Sprache deutlich zu machen.11 Die Einfache Sprache (mittlerweile ebenfalls ein Fachbegriff und daher großgeschrieben) hat weniger grammatikalische und sprachliche Einschränkungen als die Leichte Sprache. Gerade deshalb ist sie für viele Menschen immer noch schwer verständlich.

Sprachregeln machen Texte leichter verständlich

Leichte Sprache orientiert sich an den Bedarfen und Kommunikationserfahrungen von Menschen mit Lernschwierigkeiten und nicht an den Sprachniveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprache. Gleichwohl entsprechen Texte in Leichter Sprache dem Niveau A1 des GER, d. h. es werden vertraute, alltägliche Ausdrücke und einfache Sätze verwendet, die sich inhaltlich auf konkrete Bedürfnisse und Fragen beziehen. Das Regelwerk der Leichten Sprache besteht aus 30 Regeln zur Verwendung von Wörtern, Zahlen und Zeichen, Sätzen und Texten sowie 19 Regeln zur grafischen Gestaltung und zur Verwendung von Bildern. Es gibt Regeln, an die müssen sich Übersetzer:innen für Leichte Sprache halten, und es gibt Soll- und Kann-Regeln. Die wichtigsten Regeln lauten: Texte bestehen aus kurzen Aussagesätzen ohne Nebensätze. Ein Satz sollte möglichst in einer Zeile stehen können, ein Absatz wird mit einem anschaulichen Bild, das den Text illustriert, ergänzt. Der Konjunktiv soll vermieden, der Genitiv durch Dativ ersetzt werden, es werden möglichst keine Negationen verwendet und lange Wörter durch Bindestriche getrennt. Fremd- und Fachwörter werden entweder durch leicht verständliche Begriffe ersetzt und/oder erklärt. Texte in Leichter Sprache sind formal streng gegliedert, damit wird der Text übersichtlicher und leichter zu lesen. Bestimmte typografische Vorgaben, z. B. die Verwendung von leicht lesbaren Schriftarten und Schriftgrößen, Fettdruck und farbliche Markierungen, sorgen zusätzlich für ein klares Schrift- und Erscheinungsbild und damit für eine bessere Lesbarkeit.

Übersetzer:innen für Leichte Sprache lernen in speziellen Schulungen das Regelwerk der Leichten Sprache und wie sie komplexe Inhalte und Sachverhalte leicht verständlich formulieren. Sie müssen dabei Texte in Standard- oder Fachsprache medial, sprachlich und inhaltlich so modifizieren, dass sie den Regeln entsprechen und gleichzeitig keine wesentlichen Inhalte verloren gehen. Sie müssen also einerseits das Verständnis für die Bedarfe der Leser:innen haben (Was verstehen die Leser:innen?) und andererseits die Inhalte eines Textes transportieren (Was sollen Leser:innen nach dem Lesen wissen?). Die Kunst beim Übersetzen liegt darin, die wesentlichen Informationen zu erkennen und diese in leicht verständlichen Worten wiederzugeben.

Zum besseren Verständnis hier ein Beispiel für eine Übersetzung.

Ausgangstext:

Sprache ist der Schlüssel zur Kommunikation und die Grundlage für bessere Bildungschancen. Sie erschließt Kindern und Erwachsenen eine Welt voller Wissen. In Bibliotheken finden große und kleine Leser ein vielseitiges Medienangebot, das die Leselust weckt und den selbstverständlichen Umgang mit Büchern fördert.

Übersetzung in Leichte Sprache:

Menschen tauschen über Sprache viele Informationen aus.

Das Fach-Wort dafür heißt: Kommunikation.

Zur Kommunikation gehören Sprechen, Lesen und Schreiben.

Viele Informationen gibt es nur in schriftlicher Form.

In schriftlicher Form heißt:

Die Informationen stehen zum Beispiel in Büchern, Zeitschriften oder im Internet.

Kommunikation ist sehr wichtig für alle Menschen.

Denn dabei erhalten sie wichtige Informationen.

Sie lernen neue Themen kennen und sammeln Wissen.

Dadurch können sie die Welt besser verstehen.

Mehr Wissen heißt auch:

Man kann im Beruf weiterkommen.

In Bibliotheken gibt es viele Angebote zum Lernen.

Eine Bibliothek ist eine Bücherei.

Dort können sich Kinder und Erwachsene Bücher ausleihen.

In einer Bücherei gibt es auch noch andere Medien.

Zum Beispiel:

• Hörbücher

• Zeitungen und Zeitschriften

• Filme und Computer-Spiele

Es macht Spaß, eine Bücherei zu besuchen.

Ein Text in Leichter Sprache muss von Prüfgruppen für Leichte Sprache auf seine Verständlichkeit geprüft werden. In der Regel müssen Texte von mindestens zwei bis vier Prüfer:innen mit Lernschwierigkeiten begutachtet werden. Damit soll nicht nur die partizipative Teilhabe, sondern auch die Qualität der Texte in Leichter Sprache gewährleistet werden. Bislang übernehmen diese Aufgaben Prüfgruppen, die in der Regel von den Büros für Leichte Sprache organisiert werden. Ab 2020 werden Menschen mit Lernschwierigkeiten aber auch in einem Pilotprojekt der Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH und des Netzwerks Leichte Sprache, gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, in Augsburg zu sogenannten Büro-Praktiker:innen Leichte Sprache weitergebildet. Übersetzungen in Leichte Sprache erhalten nur dann ein Gütesiegel des Netzwerks Leichte Sprache, wenn die Übersetzung durch eine Prüfgruppe genehmigt wurde.

Leicht lesen und Leicht sprechen

Die meisten Kommunikationsangebote in Leichter Sprache erfolgen in schriftlicher Form. Der Schwerpunkt der Übersetzungen liegt also auf der Übersetzung von Texten aus Standard- und Fachsprache in Leichte-Sprache-Texte. Häufig werden auch Gespräche und andere Formen von lautsprachlicher Kommunikation protokolliert und in Leichte-Sprache-Texte übersetzt, um z. B. Inhalte von Arbeitsgruppen, Vorträgen oder Diskussionen in Standard- oder Fachsprache den Zielgruppen in Leichter Sprache zugänglich zu machen. Es gibt aber auch eine gesprochene Form der Leichten Sprache, das »Leichte Sprechen«.

Übersetzer:innen für Leichte Sprache erwerben in der Regel während ihrer Ausbildung auch Grundkenntnisse über das Leichte Sprechen. Leichtes Sprechen ist jedoch eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Übung und Erfahrung benötigt. Übersetzer:innen für das »Leichte Sprechen« spezialisieren sich daher durch Weiterbildungen auf die lautsprachliche Übersetzung Leichter Sprache. Dabei geht es nicht darum, sich durch einzelne Wörter oder rudimentäres Deutsch (»Ich dir helfen, besser zu verstehen«) mit Menschen mit geringen deutschen Sprachkenntnissen oder Menschen mit Lernschwierigkeiten zu verständigen. Es geht vielmehr darum, Barrieren im Gespräch abzubauen und Diskriminierungen zu vermeiden. Neben den Regeln der Leichten Sprache müssen dabei weitere Regeln beachtet werden:

• Langsam und deutlich sprechen.

• Die Wörter richtig betonen.

• Sprechpausen einlegen.

• Zeit für Verständnisfragen einplanen.

• Menschen mit Lernschwierigkeiten in die Kommunikation einbinden.

• Teilnehmer:innen mit »Sie« ansprechen und nur auf Wunsch duzen.

Leichte Sprache – (k)eine Lösung für alle?

Leichte Sprache ist mit einem hohen Anspruch verbunden: Sie soll Texte in Standard- oder Fachsprache in eine für alle Menschen leicht verständliche Sprache übersetzen.12 Obwohl Leichte Sprache mit und für Menschen mit Lernschwierigkeiten entwickelt wurde, erscheint sie »als Universallösung für alle Verständlichkeitsprobleme«13. Dieser Anspruch wird immer wieder kritisiert. Tatsächlich existieren bislang keine gesicherte rechtliche Grundlage für Übersetzungen und kaum wissenschaftlich fundierte Nachweise über eine erfolgreiche Anwendung und ihre Wirksamkeit. Texte in Leichter Sprache sind in der Regel nicht justiziabel und die Auswahl, die die Übersetzer:innen über die zu vermittelnden Informationen treffen, trägt Leichter Sprache häufig den Vorwurf ein, manipulativ zu sein.14 Die Kritik ist durchaus berechtigt, denn Übersetzungen haben ihre Grenzen. Leichte Sprache kann die inhaltliche Komplexität von Texten nicht immer durch sprachliche Einfachheit auflösen oder Fachsprache ersetzen. Texte in Leichter Sprache helfen aber, Barrieren abzubauen und können Menschen den Zugang auch zu komplexen Themen verschaffen. Der öffentlich zugängliche Regelkatalog zur Leichten Sprache verspricht, dass die Verwendung von Leichter Sprache Menschen mit Lernschwierigkeiten dabei hilft, »gut informiert und selbständig am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben«15. Das Ziel Leichter Sprache, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Lernschwierigkeiten an Kommunikation und damit am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, rückt jedenfalls näher: Mittlerweile belegen Studien aus den Sprach- und Sozialwissenschaften, dass Leichte Sprache »ein sehr großes Potenzial zur Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabe« besitzt, da sie den Weg zu mehr »Selbstständigkeit eröffnet (und damit) gleichsam neue Teilhabechancen und ein damit verbundenes Mehr an Selbstbestimmung«16.

Trotz der öffentlichen Kritik an Leichter Sprache und ihrem strengen Regelwerk, bewerten die Zielgruppen Leichte Sprache in der Regel positiv. Wie in vielen anderen Sprachen und Sprachvarianten gibt es zwar auch Probleme bei der praktischen Umsetzung einzelner Regeln, die daher fortlaufend vom Netzwerk für Leichte Sprache geprüft, weiterentwickelt und modifiziert werden. Aktuelle Studien17 bestätigen jedoch, dass Leichte Sprache dazu beiträgt, gesellschaftlich relevantes Wissen an die Zielgruppen zu vermitteln und sich »ganz deutliche Effekte auf die Zufriedenheit der KlientInnen mit dem wahrgenommenen Ausmaß an Selbstbestimmung in verschiedenen Lebensbereichen (zeigen)«18. Dass Leichte Sprache zum besseren Verständnis von Texten beiträgt, ist mittlerweile unstrittig: »Die Adressaten Leichter Sprache sind wie bei anderen Methoden und Hilfsmitteln von Barrierefreier Kommunikation (…) auf diese Form der Informationsaufbereitung angewiesen.«19

10 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Netzwerk Leichte Sprache (Hrsg.): Leichte Sprache. Ein Ratgeber. Berlin 2014. Im Internet: www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a752-ratgeber-leichte-sprache.pdf?__blob=publicationFile (22.11.2019)

11 Bredel, Ursula, Maaß, Christiane: Leichte Sprache. Theoretische Grundlagen. Orientierung für die Praxis. Berlin 2016

12 Rudolph, Tina: Leichte Sprache verstehen alle besser. Grenzen und Chancen von Leichter Sprache aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Semesterarbeit TU Darmstadt 2015.

13 Ebd.

14 Stefanowitsch, Anatol: Leichte Sprache, komplexe Wirklichkeit. By-nc-nd/3.0/de, Bundeszentrale für politische Bildung. Im Internet: www.bpb.de/apuz/179343/leichte-sprache-komplexe-wirklichkeit?p=all (18.01.2017)

15 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Netzwerk Leichte Sprache (Hrsg.): Leichte Sprache. Ein Ratgeber. Berlin 2014. Im Internet: www.kiwit.org/media/material-downloads/a752-ratgeber-leichte-sprache.pdf

16 Bergelt Daniel, Goldbach Anne, Seidel Anja: Leichte Sprache im Arbeitsleben. Analyse der Nutzung von Texten in Leichter Sprache im beruflichen Kontext von Menschen mit Lernschwierigkeiten. In: impulse, Magazin der Bundesgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung, Nr. 78/2016, S. 13-21.

17 Jacobi, Petra: Barrierefreie Kommunikation im Gesundheitswesen. Leichte Sprache und andere Methoden für mehr Gesundheitskompetenz. Heidelberg: Springer 2020, S. 50 ff.

18 Kosel, Judith: Leichte Sprache als Beitrag zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung illustriert am Beispiel der Caritas Wien. Diplomarbeit Universität Wien 2012. Im Internet: http://othes.univie.ac. at/20271/1/2012-05-06_0500525.pdf (14.03.2020)

19 Rudolph, Tina: Leichte Sprache verstehen alle besser. Grenzen und Chancen von Leichter Sprache aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Semesterarbeit TU Darmstadt 2015

Die Geschichte der Leichten Sprache

Elke Janßen, Doreen Kuttner

In der Aufbruchsstimmung der 1960er-Jahre setzten sich weltweit verschiedene gesellschaftlich an den Rand gedrängte Gruppen für ihre Rechte und für Selbstbestimmung ein, unter ihnen Menschen mit Lernschwierigkeiten. Die Bewegung der Menschen mit Lernschwierigkeiten gab sich den Namen People First, denn ihr Wunsch war es, in erster Linie als Menschen gesehen zu werden und nicht primär als Menschen mit Behinderung.

Deutschland

Die People-First-Bewegung erreichte Deutschland in den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts. Menschen mit Lernschwierigkeiten trugen ihre Forderungen zum ersten Mal mit Nachdruck auf einem Kongress der Lebenshilfe in Duisburg 1994 vor. Kurz darauf erschien das erste Buch zu diesem Thema mit dem Titel Wir vertreten uns selbst!. Darin wird in einfacher Sprache dargelegt, wie Menschen mit Lernschwierigkeiten Selbsthilfegruppen aufbauen können. Die Autorin Susanne Göbel konzipierte außerdem ein gleichnamiges vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziales unterstütztes Modellprojekt, das von 1996 bis 2001 durchgeführt wurde, koordiniert in gemeinsamer Trägerschaft von der Interessengemeinschaft Selbstbestimmt Leben Deutschland (ISL e.V.), der Bundesvereinigung der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung und der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen (Eltern gegen Ausgrenzung).

Ziele und Aufgaben des Modellprojekts waren, Menschen mit Lernschwierigkeiten bei dem Aufbau und der Vernetzung von People-First-Gruppen in Deutschland zu unterstützen. Sie sollten gefördert werden, um in für sie relevanten Gremien beispielsweise aus der Politik und der Arbeitswelt mitarbeiten zu können. 1997 wurde in diesem Projekt die Idee der Leichten Sprache aufgegriffen und auch das Stoppschild »Halt Leichte Sprache« ging daraus hervor. 2001 wurde das Netzwerk People First Deutschland e.V. gegründet. Einige wenige lokale People-First-Gruppen bestanden schon vorher und weitere kamen hinzu. Das Netzwerk People First Deutschland e.V. benannte sich 2005 schließlich im Sinne der Leichten Sprache in Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V. um.

Die Leichte Sprache hat ihre Wurzeln also in der Selbstvertretung von Menschen mit Lernschwierigkeiten, sie haben diese Sprachform eingefordert und von Anfang an die Regeln mitgestaltet. Mensch Zuerst gab bereits 2000 das erste Wörterbuch zur Leichten Sprache in Deutschland heraus.

Das erste Büro für Leichte Sprache in Deutschland gründete die Lebenshilfe Bremen 2004 und 2006 folgte die Gründung des Netzwerks Leichte Sprache. Darin schlossen sich zunächst der Verein Mensch zuerst – People First Deutschland e.V., Kassel, die Bundesvereinigung der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderungen und das Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Bremen sowie Holtz & Faust GBR, Münster und Capito Graz, Österreich zusammen. Heute zählt der Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V. mehr als 180 Mitglieder aus Deutschland, Österreich, Luxemburg, Italien, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz, und die Zahl der Mitglieder wächst stetig.

Gesetzliche Regelungen

Die Forderung nach Leichter Sprache und barrierefreier Kommunikation findet inzwischen ihren Niederschlag in verschiedenen Gesetzen, die die Leichte Sprache in den letzten Jahren auch mehr in das öffentliche Bewusstsein gerückt haben. So formulierte das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) 2002 das Recht auf Barrierefreiheit, auch bezogen auf die Kommunikation. Die UN-Behindertenrechtskonvention, die in Deutschland 2009 ratifiziert wurde, schreibt das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung fest. Für die Aufarbeitung von Texten fordert das Gesetz »plain language«, was in der deutschen Übersetzung mit »Einfache Sprache« wiedergegeben wurde.

Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung wurde 2011 in die BITV2.0 überarbeitet. Sie regelt die Barrierefreiheit der Internetauftritte und der öffentlich zugänglichen Angebote im Internet von Behörden der Bundesverwaltung. Sie enthält in der zweiten Anlage 13 Regeln zur Leichten Sprache. Damit ist die BITV der erste deutsche Verordnungstext, in dem die Leichte Sprache erwähnt wird. Allerdings ist keine Zielgruppenprüfung vorgesehen, und die meisten Bundesbehörden erfüllen leider nur die Minimalforderungen.

2016 schließlich wurde das BGG überarbeitet. Behörden werden darin nun explizit aufgefordert, auf Verlangen – wenn für das Textverständnis nötig – Dokumente in Leichter Sprache kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Das gilt u. a. für Bescheide und Vordrucke. Die einzelnen Bundesländer passen ihre Gesetze derzeit dem veränderten BGG an.

Verschiedene Strömungen der Leichten Sprache

Die Leichte Sprache in Deutschland hat verschiedene Strömungen. Neben den Regeln des Netzwerks Leichte Sprache verfügen Capito und auch die Lebenshilfe Gesellschaft für Leichte Sprache über eigene Regelwerke. Verschiedene europäische Länder haben sich unter Inclusion Europe zusammengeschlossen. Die Regeln der deutschen Leichten Sprache von Inclusion Europe unterscheiden sich von allen anderen. Alle vier Vertreter haben eigene Siegel, mit denen sie ihre Texte zertifizieren. Auch an der Universität Hildesheim mit ihrer Forschungsstelle zur Leichten Sprache wurden Regeln zur Leichten Sprache entwickelt.