Leinen los! - Egbert Osterwald - E-Book

Leinen los! E-Book

Egbert Osterwald

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Beschreibung

Ferien an Bord einer Segelyacht auf der Ostsee? Anna und Ralf zögern. Ist das nicht alles ein bisschen eng und gefährlich? Und richtig... Der gemütliche Segeltörn ist gespickt mit Hindernissen. Das Ablegemanöver klappt nicht, die Fahrt über die Ostsee ist alles andere als "ruhig", Windstärke fünf ist keineswegs "fast Flaute" und die geplante Angeltour mit dem Schlauchboot wird unversehens zu einem riskanten Abenteuer. Doch als Anna durch ein Missgeschick allein an Bord zurückbleibt, kommt unerwartet ein Orkan auf. Sie muss um ihr Leben kämpfen und hat dabei nur eins im Sinn: Das Boot retten! Ein lustiges, aber auch hochspannendes Jugendbuch für alle, die gerne segeln oder segeln möchten und in dem sich viele Familiencrews wiedererkennen können. - Empfohlenes Lesealter: Ab 10 Jahren.

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Leinen los!

Die erste große Fahrt!

 

 

 

 

 

 

von

Egbert Osterwald

 

 

Impressum:

Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency

Foto: fotolia.de

Redaktion: Sabine de S.A. Pires

© 110th / Chichili Agency 2014

EPUB ISBN 978-3-95865-372-6

MOBI ISBN 978-3-95865-373-3

Urheberrechtshinweis:

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

 

 

Kurzinhalt

Ferien an Bord einer Segelyacht auf der Ostsee?

Anna und Ralf zögern. Ist das nicht alles ein bisschen eng und gefährlich?

Und richtig...

Der gemütliche Segeltörn ist gespickt mit Hindernissen. Das Ablegemanöver klappt nicht, die Fahrt über die Ostsee ist alles andere als „ruhig“, Windstärke fünf ist keineswegs „fast Flaute“ und die geplante Angeltour mit dem Schlauchboot wird unversehens zu einem riskanten Abenteuer.

Doch als Anna durch ein Missgeschick allein an Bord zurückbleibt, kommt unerwartet ein Orkan auf. Sie muss um ihr Leben kämpfen und hat dabei nur eins im Sinn: Das Boot retten!

Ein lustiges, aber auch hochspannendes Jugend-buch für alle, die gerne segeln oder segeln möchten und in dem sich viele Familiencrews wiedererkennen können.

Empfohlenes Lesealter: Ab 10 Jahren.

Ein neuer Anfang

Seit zwei Stunden sitze ich nun schon in meinem Zimmer und kaue an meinem Kuli. Üben. Und das am Sonntag. Morgen schreiben wir eine Deutscharbeit. Zeichensetzung. Kann mir einer erzählen, warum man diese blöden Kommas überhaupt setzen muss? Ich setze sie jedenfalls nach Gefühl. Aber anscheinend ist mein Gefühl nicht das von Herrn Dr. Michler. Der ist nämlich mein Deutschlehrer. Und morgen schreiben wir die letzte Arbeit. Es ist leider eine wichtige Arbeit, denn ich möchte gerne weiter aufs Gymnasium gehen, und so hat mich meine Mutter hier aufs Zimmer verbannt. Zum Lernen. Musik darf ich auch nicht hören. Wegen der Konzentration, sagt sie.

Meine Mutter ist Lehrerin. Es klingt schlimmer, als es ist. Bei uns Zuhause ist sie eigentlich ganz in Ordnung. Und wenn ich mal eine Arbeit nicht mitschreiben will, weil ich mir ohnehin nur eine Fünf einhandeln werde, schreibt sie auch gelegentlich eine Entschuldigung. „Lass es nur nicht zur Regel werden“, meint sie dann nur. (Vielleicht macht sie das ja morgen auch, aber das glaube ich allerdings nicht.)

Übrigens: Ich heiße Anna. Ich bin zwölf Jahre alt und quäle mich gerade so mehr schlecht als recht in der 7. Klasse der Dorotheenschule in Hannover herum. In Hannover wohnen wir auch. Wir haben eine schöne große Wohnung in der List, das ist ein alter Stadtteil in der Nähe der Innenstadt. Da wohnen wir zu dritt. Oder eigentlich zu viert. „Wir“, das bin einmal ich, dann natürlich meine Mama und mein kleiner Bruder Ralf. Ralf ist ein Jahr jünger als ich und ein ausgesprochenes kleines Ekel. Sein einziger Sinn im Leben ist es, mich zu ärgern. In der Schule ist er natürlich super, er ist bei allen beliebt und seit Jahren Klassensprecher, und das wird mir bei passender Gelegenheit immer wieder vor die Nase gehalten. Außerdem wohnt bei uns noch Wichtel. Wichtel ist mein Dackel. Eigentlich hat er mal Mama gehört, aber die kümmert sich nicht so viel um ihn, und so führe ich Wichtel immer aus. Wichtel ist richtig süß. So ein kleiner, niedlicher Rauhhaardackel mit schönem Fell und jeder Menge Unfug im Kopf. Schuhe zerbeißen ist sein Lieblingssport. Und abends darf er in meinem Bett schlafen.

Einen Papa habe ich übrigens nicht mehr. Vor fünf Jahren ist er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Es war furchtbar, aber darüber will ich nichts schreiben, sonst muss ich gleich wieder anfangen zu weinen.

Jedenfalls kommen wir allein ganz gut zurecht. Wir vier. Seit einigen Wochen ist jedoch Mama wie verwandelt. Sie summt in der Küche, rast auch schnell zum Telefon, wenn ein Anruf kommt, und geht viel aus. Sie schimpft auch nicht mehr so viel und schreit auch nicht mehr bei jeder Kleinigkeit. Richtig supernett ist sie geworden. Diese Veränderung hat natürlich einen Grund: Ich glaube, sie hat jetzt einen Freund. Das hat sie zwar nicht so genau gesagt, aber ich merke das schon. Sie hat so das gewisse Leuchten in den Augen, wenn ihr wisst, was ich meine.

Heute scheint etwas Besonderes los zu sein. Jedenfalls hat sie Unmengen von Lebensmitteln gekauft, so als ob in den nächsten Wochen alle Läden geschlossen würden. Jetzt steht sie in der Küche und kocht. Ralf, dieses kleine Ekel, muss ihr helfen, ich „darf“ wenigstens lernen. Auch mal ein Vorteil.

„Heute bekommen wir Besuch zum Abendessen“, hat sie gesagt. Wer kommt, hat sie nicht gesagt. Aber es ist natürlich klar: Ihr neuer Typ. Einmal habe ich ihn schon gesehen, als er Mama abgeholt hat, so ein großer, ziemlich sportlicher Mann, aber so genau habe ich auch nun wieder nicht hingeschaut.

Nebenan klappert es schon. Wahrscheinlich muss Ralf jetzt die Teller hinstellen. An sich bin ich ja fertig, aber es ist sicherlich ganz gut, wenn ich noch ein bisschen hier in meinem Zimmer bleibe. Ralf kann auch mal etwas tun, denn er drückt sich vor allem.

Es klingelt. Wichtel macht wieder Rabatz und bellt, was das Zeug hält. Ich merke, dass Mama etwas länger als sonst braucht, um die Tür aufzumachen. Sie legt bestimmt die Schürze ab. Jetzt höre ich Stimmen. Offensichtlich ist er da. Am besten gehe ich jetzt auch hinaus.

Mama strahlt. Ihr Typ steht im Flur und legt gerade seine Jacke ab. Da schaut er auf und bemerkt mich. Einen Augenblick schaut er mich nur freundlich an.

„Das ist Anna“, stellt Mama mich vor. „Das ist Herr Wiechert.“ Sie sieht etwas verlegen aus.

„Hallo, Anna“, sagt er und lächelt sympathisch. Dann gibt er mir die Hand. „Weiß du, Herr Wiechert klingt so förmlich. Ich heiße Peter.“ Und dann drückt er mir noch einmal die Hand. Richtig gut sieht er aus. Groß, blond, sogar einen Bart hat er. Er ist bestimmt ganz nett. Ich glaube, Mama freut sich.

Aber gleich wird mein Blick abgelenkt. Unser Flur ist ein langer Schlauch und macht direkt vor der Tür so einen Knick. Warum weiß kein Mensch, da war früher mal eine Art Kammer, jedenfalls kann man den Flur nicht sofort überblicken. Und auf einmal kommt ein Junge in meinem Alter daher. Richtig süß. Er sieht so ähnlich aus wie Peter.

„Das ist Florian“, meint Peter.

Florian ist etwas größer als ich. Er steht etwas unschlüssig und gelangweilt herum.

Ich begrüße ihn, wie sich das so gehört. Dann gehen wir alle ins Wohnzimmer. Mama und Peter tun dort ganz locker, aber ich merke schon, dass sie insgeheim gar nicht so locker sind. Peter versucht manchmal eine lustige Geschichte zu erzählen, aber sonst stehen wir doch mehr oder weniger nur so herum, bis Mama in die Küche geht und das Essen holt. Es gibt Lasagne. Die mag ich übrigens sehr gerne. Meine Mutter trägt auf, und wir setzen uns an den Tisch. Ich passe auf, dass ich neben Florian sitze. Mama kann gut kochen, und uns schmeckt es.

Florian stochert aber etwas verlegen in seinem Essen herum. Offensichtlich fühlt er sich nicht ganz wohl in seiner Haut. Vielleicht ist er ja ein bisschen schüchtern.

„Wohnst du auch in Hannover?“, frage ich ihn.

„Nö“, sagt er, „in Hamburg.“ Und dann säbelt er unentschlossen an seinem Lasagnestück herum. Vielleicht schmeckt es ihm wirklich nicht.

„Das ist ja ganz schön weit weg“, meine ich. „Warst du denn schon einmal hier in Hannover?“

„Nein“, entgegnet er, „das ist das erste Mal.“

„Und wie gefällt es dir hier?“

„Ich weiß nicht“, erwidert er, „ich habe ja noch nicht so viel gesehen. Papa hat mich heute einfach nur mitgenommen. Aber Hamburg finde ich schön. Einfach super, außerdem ist es nicht weit bis zum Meer und zur Ostsee. Wir haben da unser Schiff, ein ganz tolles. Eine Dehler 31. Ist ganz schnell.“

Ich merke, wie Ralf schon die Ohren spitzt und sich an unserem Gespräch beteiligen will.

„Ihr habt ein richtiges Schiff?“, fragt er und rückt etwas näher.

„Hast du doch gerade gehört“, sage ich nur. „Und jetzt halt mal den Mund.“

Aber Ralf lässt sich nicht abschütteln: „Mit Motor oder mit Segel?“

„Es ist eine Segelyacht“, meint Florian, und auf einmal sieht er gar nicht mehr schüchtern aus. Sondern ganz selbstsicher.

„Kannst du denn auch segeln? Und wie groß ist es denn?“, fragt Ralf sofort nach.

Blöde, diese Frage hätte ich auch stellen wollen, jetzt dreht sich Florian etwas von mir weg und schaut Ralf an.

„Sicher kann ich segeln“, meint er. „Ich habe auch schon einen Segelschein, für einen Opti, das ist so eine kleine Jolle, aber in einem Jahr, dann mache ich meinen richtigen Schein. Dann bin ich vierzehn. Davor darf man es nicht. Aber zusammen mit Papa kann ich auch unsere Dehler schon gut segeln.“

Er scheint zu strahlen. Über Segeln unterhält er sich wohl gerne.

„Und wie groß ist euer Schiff?“, frage ich.

„Neun Meter vierzig, 31 Fuß, deswegen auch Dehler 31, die Länge gibt man immer in englischen Fuß an. Und die Marke ist Dehler. Das ist die Werft, die es gebaut hat. Die größte Werft Deutschlands übrigens.“

Ich bin ein bisschen enttäuscht. Neun Meter klingt nun auch nicht gerade so groß.

„Sind neun Meter denn viel?“, frage ich. Ich ärgere mich über mich selbst, denn ich sehe, wie Florian etwas ungehalten wird. Natürlich springt Ralf sofort ein.

„Anna, frag nicht so blöd. Neun Meter, unser ganzer Flur ist gerade mal sechs Meter lang, da kannst du das Treppenhaus noch mitnehmen. Also von unserer Wohnzimmertür bis zur Treppe, das sind knapp neun Meter, das ist riesig.“

Ich merke, wie Florian richtig stolz aussieht.

„Kann ich da auch mal mitfahren?“, fragt Ralf gleich noch. Aber bevor Florian noch etwas sagen kann, bringt meine Mutter schon den Nachtisch. Rhabarber mit Vanilleeis.

Florian hat übrigens sein Lasagnestückchen doch noch aufgegessen. Aber sonderlich geschmeckt scheint es ihm nicht zu haben. Komisch. Dafür macht er sich jetzt über den Nachtisch her.

Auf einmal klingelt Mama mit ihrem Glas.

„Alle mal herhören“, sagt sie.

Wir sind still, und dann blicken sich die beiden an und lächeln etwas verlegen.

„Also“, sagt sie, und dann schaut sie wieder zu Peter.

Was die für ein Getue machen. Dabei wollen die uns jetzt bestimmt nur sagen, dass sie sich kennengelernt haben und wir jetzt zusammenziehen oder einen Urlaub machen oder so etwas Ähnliches.

„Also vor einiger Zeit“, beginnt Mama von neuem, „da haben wir beide, Peter und ich, uns kennengelernt. Und wir wollen mal probieren, wie das so mit uns fünfen insgesamt so klappt. Und deswegen wollen wir den nächsten Sommerurlaub gemeinsam verbringen. Peter hat nämlich eine Segelyacht auf der Ostsee, und da hat er uns eingeladen, mit ihm und Florian drei Wochen Urlaub zu machen. Wir alle machen gemeinsam Urlaub auf einem Schiff. Ist das nicht eine gute Idee?“

„Toll“, ruft Ralf. „Super, Mama, das finde ich ganz toll.“

„Florian freut sich auch schon“, lässt sich Peter vernehmen. „Und was meinst du?“ Damit blickt er mich an. Er blickt freundlich und interessiert.

Ich bin eigentlich überrascht. Urlaub auf einem Boot, einem Segelboot? An sich wäre ich ja lieber mit Melanie auf dem Reiterhof. Melanie ist meine beste Freundin und hat einen wunderschönen Rappen. Er heißt Hanno und ist ein fünf Jahre alter Wallach. Wenn wir zusammen sind, darf ich ihn auch reiten. Ich sitze übrigens schon ganz gut im Sattel, und in den Sommerferien wollte ich auf einen Reiterhof, das hatte Mama mir versprochen, jedenfalls so gut wie. Aber immerhin, Florian fährt ja auch mit. Also nicke ich. „Doch, finde ich schon gut.“ Etwas anderes bleibt mir ja auch kaum übrig.

Peter und Mama scheinen befriedigt und unterhalten sich wieder miteinander.

Neun Meter. Vielleicht ist das doch nicht so klein. Unser Wohnzimmer ist schon ziemlich groß, sechs mal sieben Meter. Und das Schiff ist noch einmal ein paar Meter länger. Es hat sicherlich eine Reihe von Zimmern.

„Wie viele Zimmer habt ihr eigentlich auf dem Schiff?“, frage ich Florian.

Der überlegt etwas. Komisch, dass man bei so einer Frage überlegen muss.

„Drei“, sagt er schließlich. „Vorne eins, eins in der Mitte und hinten.“ „Außerdem haben wir noch ein Badezimmer“, fügt er hinzu. „Aber es heißt auch nicht ‚Zimmer‘, sondern ‚Kabine‘.“

Ich merke, wie Ralf etwas sagen will, bestimmt wird er wieder einen dummen Spruch machen wollen, aber dann gibt Mama das Startzeichen zum Abräumen. Wir packen schnell das Geschirr in die Spülmaschine und setzen uns noch einmal an den Tisch. Peter geht kurz aus dem Zimmer und kommt mit einer großen Papierrolle zurück. Es ist eine große Landkarte, die Deutschland und Dänemark zeigt, aber fast nur das Wasser. Und auf dem Wasser sind farbige Linien eingezeichnet und komische Abkürzungen. Gtn gr. ubr 2sm? Wie soll sich da einer zurechtfinden? Wenn das eine Karte sein soll, dann findet Peter hoffentlich auch den Weg.

„Also“, sagt Peter, „Ihr habt euch sicherlich schon gefragt, wohin wir eigentlich fahren wollen.“

Das habe ich zwar noch nicht, aber ich schaue trotzdem interessiert zu. Außerdem merke ich auf einmal, wie Mama mich so merkwürdig ansieht.

„Ich bin schon ganz gespannt“, meine ich, aber irgendwie muss ich das auch noch falsch gesagt haben, denn sie schaut noch etwas merkwürdiger. Vielleicht haben wir, wenn Peter und Florian weg sind, noch ein „Gespräch“ miteinander, wie sie das nennt, wenn sie mir eine Standpauke hält.

„Dies ist eine Seekarte“, meint Peter und beugt sich über den Tisch und versucht die Ränder der Karte festzuhalten, denn die rollen sich blitzschnell wieder ein, als er sie loslässt. Mama holt die Weinflasche und die beiden Gläser, stellt sie auf die Karte, und jetzt bleibt sie liegen.

„Schaut mal her“, beginnt Peter noch einmal. „Hier ist Heiligenhafen, dort haben wir unser Schiff liegen.“ Er deutet auf einen kleinen Punkt links unten bei der Karte. „Wir fahren zunächst über die Ostsee, einmal quer rüber nach Dänemark und dann immer weiter nach Norden. Da liegt Fünen. Fünen ist die zweitgrößte dänische Insel, und da segeln wir einmal herum. Unser nördlichster Punkt wird Samsö sein. Hier.“

Er deutet auf eine kleine Insel hoch oben im Norden der Karte.

„Und dann fahren wir durch den kleinen Belt wieder zurück. Vielleicht fahren wir auch mal in Kiel vorbei.“ Noch einmal fährt seine Hand den Kurs ab. Von Heiligenhafen nach Norden, dort rechts an der großen Insel vorbei, Fünen, bis hin nach Samsö und dann schließlich auf der linken Seite wieder hinunter. Auch auf dieser Karte sieht die Ostsee ganz schön groß aus. Ich hoffe, er weiß, was er tut. Aber mit dem Reiterhof darf ich jetzt nicht kommen.

„Und nach dieser Karte steuerst du?“, frage ich Peter interessiert. Soll mir keiner hinterher kommen, ich habe nur gelangweilt rumgesessen.

„Nein“, sagt Peter. „Das ist nur eine Übersichtskarte. Ein sogenannter Übersegler. Damit kann man eine Reise planen, einen Törn, wie wir Segler sagen“, ich merke, wie Ralf schadenfroh grinst, dabei hat der das bestimmt selbst nicht gewusst, „aber zum Steuern brauchen wir andere Karten. Du kannst ja auch mit einer Deutschlandkarte aus dem Atlas keine Autofahrt nach Süddeutschland machen.“

Ich fühle mich ein bisschen blöde, aber die Frage war doch berechtigt, oder nicht?

Und dann erzählt Peter: Von der tiefblauen See, den herrlichen Häfen, den kleinen Orten, und davon, dass wir Kinder alle im Hafen mit dem Schlauchboot fahren können. Und dass das Wasser immer warm ist, oder jedenfalls meistens. Und dass wir vielleicht angeln können und Delphine sehen werden. Ich glaube ihm zwar nicht alles, aber es klingt ganz überzeugend.

Abends, als Peter und Florian wieder auf dem Weg nach Hamburg sind, gehe ich noch einmal durchs Wohnzimmer. Noch größer als unser Zimmer ist das Schiff. Neun Meter sind wirklich viel. Und sicherlich kann Peter gut segeln. Vielleicht wird es ja gut gehen. Ob Florian mich mag? Und was machen wir mit Wichtel?

An Bord

Die ganze Nacht vorher hatte ich schon schlecht geschlafen. Ich schlafe immer schlecht, wenn wir wegfahren. Aber ich war ziemlich aufgeregt, Ralf auch und sogar Wichtel ging es nicht anders. Er hatte sich vor die Tür gelegt, das macht er immer, wenn wir wegfahren, denn er hat Angst, dass wir ihn vergessen. Aber ich hatte so lange gebettelt, bis er auch mit durfte.