Leise Menschen – starke Worte - Sylvia Löhken - E-Book

Leise Menschen – starke Worte E-Book

Sylvia Löhken

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Beschreibung

Bewährte Strategien und Tipps für eine gelingende Kommunikation Jeden Tag treffen Menschen mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften, Neigungen und Fähigkeiten zusammen, ob im Berufs- oder Privatleben. Permanent stehen wir miteinander in Kontakt, im Diskurs – wir kommunizieren fortlaufend mit unserem Umfeld. Insbesondere für introvertierte Persönlichkeiten bedeutet es oft eine große Herausforderung, sich ständig von Neuem auf andere einzustellen und in einen Austausch zu treten. Das kann schnell zu Überstimulation, Erschöpfung und häufig in letzter Konsequenz zu Distanzierung und Rückzug führen. Dabei verfügen leise Menschen – Intros – über besondere Stärken, die gerade im persönlichen Kontakt mit anderen, in der Kommunikation in besonderem Maße von Vorteil sein können. Introvertierte haben u.a. häufig ein ausgeprägtes Maß an Empathie, können sehr gut zuhören, klar denken und haben einen ausgeprägten Sinn für Sprache – allesamt Eigenschaften, die sie zu guten Gesprächspartnern machen. Alles, was es braucht, um jede Gesprächssituation souverän und gewinnend zu meistern, ist, sich der eigenen Stärken bewusst zu werden und diese im Alltag richtig anzuwenden. Wie das geht, zeigt Sylvia Löhken Schritt für Schritt in diesem Trainingsbuch für Introvertierte. Sie klärt auf über die spezifischen Stärken introvertierter Menschen und zeigt, wie sie diese in unterschiedlichen Gesprächssituationen optimal zur Geltung bringen. Einfühlsam geschrieben und voller konkreter Umsetzungstipps hilft dieses Workbook Intros dabei, auf ihre gute Menschenkenntnis zu vertrauen und ihre Persönlichkeit im Gespräch mit anderen wirken zu lassen. Dazu gehören Anlässe, die besonders Intros schätzen: zum Beispiel die Kunst, eine Einladung freundlich abzulehnen oder ein Netzwerktreffen auf leise Weise zu gestalten. Mit ihrem weltweit erfolgreichen Bestseller und Standardwerk "Leise Menschen – starke Wirkung" hat Sylvia Löhken Pionierarbeit geleistet und ein Bewusstsein in der Gesellschaft dafür geschaffen, was Intros auszeichnet und womit sie punkten können. Dieser Ratgeber für die alltägliche Praxis gibt allen Intros einen konkreten Leitfaden an die Hand, um ihre Fähigkeiten zu trainieren und in jeder Situation zu überzeugen.

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Dem Andenken an Johanna Maria Edith Schlaeper, geb. Kessler (1918–1989), die Mutter meiner Mutter. In Dankbarkeit.

Wir übernehmen Verantwortung! Ökologisch und sozial!

Verzicht auf Plastik: kein Einschweißen der Bücher in Folie

Nachhaltige Produktion: Verwendung von Papier aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern, PEFC-zertifiziert

Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland: Herstellung und Druck in Deutschland

SYLVIA LÖHKEN

Leise Menschen – starke Worte

Das Kommunikationstraining für introvertierte Persönlichkeiten

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft.

Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss.

Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

© 2022 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2022 erschienenen Buchtitel »Leise Menschen - starke Worte. Das Kommunikationstraining für introvertierte Persönlichkeiten« von Sylvia Löhken © 2022 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-100-8

ISBN epub: 978-3-96740-180-6

Lektorat: Anke Schild, Hamburg

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Titelbild: rawpixel.com/Freepik; jo1/Shutterstock

Autorenfoto: Schafgans DGPh

Icon Aufgabe: iStock.com/fendy hermawan;

Icon Buffet: iStock.com/bubaone;

Icon Preisschild: creative commons

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

Copyright © 2022 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

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Inhaltsverzeichnis

Gebrauchsanleitung für Ihr leises Sprachcoaching

1.Die Basis: Innere Haltung, Wirklichkeit und Wirkung

Leise Wirklichkeit

Leise Stärken

Leise Hürden

Vom Gedanken zur Kommunikation

Die Blackbox

Innere Haltung und äußere Wirkung

2.Auch eine Sprache: Körpersignale

Haltung annehmen

Mit dem Körper eine Rolle gestalten

Sich selbst freundlich schützen

Extros imitieren als Strategie?

Bewegungen und Blickkontakt

Virtuelle Präsenz

3.Das Fenster putzen: Eine gute Sprache finden

Drei Ebenen der Sprache

Von wirkungsschwach zu freundlich und klar

Die Rolle mit Sound füllen

Mit Worten Brücken bauen

4.Raum schaffen: Die Kommunikation weiten

Der eigene Raum als Königreich

Die Pause im Gespräch

Mächtiges Schweigen

Raumschaffer und Raumschrumpfer

Leise Sichtbarkeit

Noch mehr leise Sichtbarkeit

5.Geben und nehmen: Die Verbindung zu anderen gestalten

Soziale Kontakte wertschätzen

Geben als Prinzip

Auf eigenem Kurs bleiben

Auf Menschen zugehen

Vernetztes Leben

6.In leise Führung gehen: Verantwortung übernehmen

Zu Wort kommen

Leise Führungseigenschaften

Ein Anliegen ablehnen

Sachlich führen

Gruppenverantwortung schultern

Die Situation verbessern

7.Sicher unter Stress: In schwierigen Lagen souverän handeln

In heiklen Situationen sicher bleiben

Unerwartetes meistern

Mit Kritik umgehen

Umgang mit Gemeinheiten

Mit Aggression umgehen

Übersichten zu leiser Kommunikation

Intros und Extros: Biologische Unterschiede auf einen Blick

Intro-Stärken – Extro-Stärken

Intro-Hürden – Extro-Hürden

Alle Merksätze auf einen Blick

Zum Weiterlesen

Lösungsvorschläge

Index der Fälle

Stichwortverzeichnis

Über die Autorin

May your choices reflect your hopes, not your fears.

Nelson Mandela (1918 – 2013)

Gebrauchsanleitung für Ihr leises Sprachcoaching

Ein leises Sprachtraining? Ja. Eine Kommunikation, die speziell auf Introvertierte zugeschnitten ist, nützt Ihnen in vielerlei Hinsicht. Sie werden Situationen besser bewältigen, die Sie als leise Persönlichkeit als unangenehm oder schwierig empfinden. Sie erfahren, wie Sie dazu genau die Stärken nutzen, die Sie als Intro haben. Und Sie können Situationen und Beziehungen so gestalten, dass es für Sie selbst gut passt.

Damit das gelingen kann, werden Sie in diesem Training lernen, sich anders zu verhalten, als Sie es bisher getan haben. Das ist keine einfache Aufgabe. 30 bis 50 Prozent dessen, was wir täglich tun, ist durch Gewohnheiten bestimmt. Gewohnheiten gehören zum Autopilot-Modus unserer Gehirne und sind sehr nützlich: Denn sie helfen unserer Hochleistungszentrale im Kopf, viel Energie zu sparen.

Wenn wir uns verändern, verlassen wir den Autopilot-Modus – streng genommen ist die Veränderung also eine Störung im Gehirn. Diesen Aufwand nehmen wir nur dann auf uns, wenn wir gute Gründe dafür haben: Die Mühe soll sich lohnen. Klären Sie also gleich jetzt: Warum lohnt sich Ihre Mühe? Hier finden Sie einige gute Gründe:

Dieses Buch begleitet Sie in sieben Kapiteln auf Ihrem Weg zu Ihrer eigenen leisen Stimme: zu einer Kommunikation, die zu Ihnen passt, die Sie in der jeweiligen Situation angemessen finden und die die Ziele erreicht, die Sie haben. Dabei sehen wir vor allem auf Situationen und Aufgaben, die leise Menschen besonders anstrengend finden: zum Beispiel in einen Raum voller Unbekannter kommen, ein Bewerbungsgespräch führen, die eigene Leistung sichtbar machen oder mit einem Angriff umgehen.

Leichter geht es mit dem Neuen, wenn Sie einen echten Sinn darin sehen, etwas zu ändern. Wozu ist es gut, wenn Sie unter Stress ruhig bleiben, wenn Sie ein schwieriges Thema ansprechen oder sich dazu entschließen, dem Leitungsgremium Ihr Projekt vorzustellen? Finden Sie

Ihren

guten Grund. Er wird Ihnen über Widerstände hinweghelfen und Ihnen Lust darauf machen, andere Worte als bisher zu probieren und ganz neue Wege zu gehen.

»Introvertiert« bedeutet wörtlich

nach innen gewandt

. Das Nachinnenwenden können wir mit seinen Stärken für unsere Kommunikation nutzen: wenn wir im Meeting sitzen, ein Bewerbungsgespräch bewältigen oder es mit einem übergriffigen Vorgesetzten zu tun haben.

Sie polieren in diesem Buch nicht Ihre Oberfläche. Sie arbeiten nicht an perfektem Funktionieren oder gar an schauspielerischen Aktionen. Stattdessen erkennen Sie ungünstige Gewohnheiten und ersetzen sie durch bessere. Sie suchen in der Kommunikation Ihre eigene Stimme, mit der Sie kraftvoll in die Welt hineinwirken können.

Es geht ausdrücklich nicht darum, andere zu manipulieren oder gegen bestimmte Menschen in den Kampf zu ziehen. Stattdessen finden Sie hier eine menschenfreundliche und klare Kommunikation. Diese will offene, neugierige Dialoge, den Austausch von Argumenten, die Ausrichtung auf Ziele. Sie ist partnerschaftlich und beziehungsorientiert. Sie will aufbauen, nicht zerstören. Und sie entspricht Ihrer eigenen Persönlichkeit.

Gelungenes Kommunizieren ist also authentisch, beziehungsorientiert und erfolgreich. Ausbuchstabiert heißt das: Sie kommunizieren günstig, wenn Ihre Worte, Ihre Stimme und Ihre Körpersignale Ihnen entsprechen (und übrigens nicht, weil Sie sich an ein Muster gewöhnt haben!); wenn Sie sich so verhalten, dass es den beteiligten Menschen und dem sozialen Umfeld angemessen ist – und wenn Sie außerdem Ihre Ziele erreichen.

Wie Sie dieses Buch nutzen können

Bei alldem unterstützt Sie dieses Buch mit seinen Trainingseinheiten. Die folgenden Punkte sind eine Gebrauchsanleitung. Mit ihr können Sie das Training so nutzen, dass es zu Ihnen passt und Ihnen bestmöglich hilft.

Auf unsere Bedürfnisse als Leise können wir besser achten, wenn wir sie kennen. Auch sie kommen deshalb vor. Alles, was Sie brauchen, ist in diesem Band. Sie benötigen kein Vorwissen und auch keins meiner anderen Bücher.

Alle Übungen können Sie allein machen. So können Sie von innen nach außen vorgehen – passend zu Ihrer Persönlichkeit. Erst denken und üben Sie, dann können Sie mit einer guten Sicherheit in wirklichen Situationen ausprobieren, was Sie herausgearbeitet haben.

Sie werden manchmal nach richtigen Worten suchen oder Ihre Körpersignale in den Blick nehmen. Sie werden Strategien entwickeln, mit denen Sie sich wohlfühlen. Und Sie tun, wenn Sie mögen, noch mehr als all dies: Sie fragen nach Ihren Gedanken, Haltungen und Bewertungen. Sie lernen, sich und anderen Menschen Raum zu geben.

Seien Sie dabei geduldig mit sich. Veränderungen brauchen Zeit und Beharrlichkeit. Beharrlichkeit ist eine leise Stärke. ☺

Die Übungen werden Sie in verschiedene Situationen einladen. Dazu gehören besonders solche, in denen Sie sich als introvertierte Persönlichkeit wahrscheinlich nicht so wohlfühlen. Oder solche, in denen Sie das Gefühl haben: Das fällt mir schwer.

Genau da üben Sie, Ihren eigenen Stil und Ihre eigene Sprache zu finden. Einige Übungen laden Sie auch zum Reflektieren ein oder helfen Ihnen, etwas über sich selbst zu entdecken. Auch diese Erkenntnisse unterstützen Sie dabei, Ihre Sprache zu entwickeln. Andere Übungen sind speziell auf Intros zugeschnitten. Ich halte es zum Beispiel für wichtig, eine (offizielle oder private) Einladung sozialverträglich absagen zu können. Wenn Sie das auch so sehen: Es gibt eine Übung dazu.

Am Ende des Buches finden Sie eine Übersicht der Fälle, die in den verschiedenen Kapiteln vorkommen. Sie können also auch nach konkreten Fällen suchen, wenn das besser für Sie passt als die Kapitelordnung.

Wie auch immer Sie vorgehen: Ihr Training profitiert davon, wenn Sie sich Notizen machen. Schreiben ist für uns Leise eine ideale Reflexionshilfe. Besorgen Sie sich am besten ein Notizbuch, das Sie gern in die Hand nehmen. Ein schönes Heft ist ebenfalls geeignet – oder wenn Ihnen das lieber ist, schreiben Sie in eine Datei. Welche Form auch immer Sie wählen: Ich werde Ihr Schreibmedium ab jetzt

Logbuch

nennen. Es ist

Ihr eigenes

Buch, das entsteht, während Sie mit diesem Buch arbeiten.

Nutzen Sie dieses Arbeitsbuch so, wie es zu Ihnen passt. Es gibt keine vorgegebene Reihenfolge, obwohl die Anordnung der Themen und Übungen einen Sinn hat und es manchmal Hinweise auf vorherige Kapitel gibt. Aber das ist weniger wichtig als Ihre Ziele. Alle Einheiten sind in sich abgeschlossen, auch wenn Sie manchmal Hinweise auf andere Übungen finden. Wenn ich einen Wunsch frei habe: Bitte beginnen Sie mit dem ersten Kapitel – und gehen Sie dann in die Bereiche, die Sie interessieren.

Testlesende fanden es nützlich, neben dem Logbuch noch ein kleines Notizbuch zu nutzen, das sie bei sich trugen. Dort können Sie aufschreiben, was Sie zu den verschiedenen Themen im Alltag beobachten und was Ihnen dazu einfällt. Die Notizfunktion im Mobiltelefon tut es auch, wenn Sie die gern mögen und nutzen.

Hier nun die erste

Aufgabe: Das Logbuch beginnen

Haben Sie Ihr Logbuch? Weihen Sie es direkt ein.

Mit folgender Frage: Welche Fragen zu meiner Kommunikation will ich in diesem Buch für mich beantworten?

Schreiben Sie mindestens eine Frage auf die erste Seite.

Mit dieser Übung haben Sie dem, was kommt, Ihre persönliche Note gegeben. Sie wissen nun, welche Impulse Sie von diesem Arbeitsbuch vor allem erwarten, und sind auf Lösungen ausgerichtet. Ich bin zuversichtlich, dass Sie fündig werden – es erwartet Sie ein ziemlich großes Buffet verschiedener Situationen.

Apropos Buffet: Es gibt in der Kommunikation nicht »die« richtige Lösung. Stellen Sie sich stattdessen lieber ein, ja, Buffet an Möglichkeiten vor; und dann suchen Sie sich die Strategie aus, die für Sie persönlich am besten passt: Es gibt immer mehrere Wege zu einer gelungenen Kommunikation. Dieses Buch ist auch dazu da, Ihnen »leckere« Strategien auf dem Buffet zu präsentieren, damit Sie neue »Geschmacksrichtungen« ausprobieren können. Dazu gibt es eine eigene Rubrik: Bedienen Sie sich. Alles, was Sie unter »Buffet« finden, haben leise Menschen erfolgreich ausprobiert!

◼Es gibt immer mehrere Wege zu einer gelungenen Kommunikation.

Sie werden Situationen oder Schwierigkeiten unter die Lupe nehmen, mit denen Sie womöglich schon lange ringen. Es ist wahrscheinlich, dass es dauert, bis Sie neue Möglichkeiten nicht nur kennen und sehen, sondern auch umsetzen können. Seien Sie nett zu sich. Geben Sie sich Zeit. Geduldige Beharrlichkeit ist praktischerweise eine Stärke, die viele Introvertierte haben. Nutzen Sie sie! Sie werden sehen, dass Sie gerade dann vorankommen, wenn Sie sich nicht unter Druck setzen und einfach an einem Thema dranbleiben. Gehen Sie mit der Einstellung einer Entdeckerin oder eines Wissenschaftlers in die verschiedenen Situationen. Verhaltensänderungen kommen, wie erwähnt, im Gehirn erst einmal als Störung an: Denn sie kosten ja Energie. Deshalb braucht es Wiederholungen und Wiederholungen. Und Wiederholungen. Wenn die neue Datenbahn einmal gepflastert ist, werden Sie nach vielen kleinen, geduldigen Baumaßnahmen merken: Ich verhalte mich jetzt anders.

◼Erlauben Sie sich, Fehler zu machen.

Wenn Sie auf diese Weise neue Wege ausprobieren, kann es vorkommen, dass Ihnen manchmal etwas nicht so gut gelingt, wie Sie sich das gewünscht haben. Das gehört zum Experimentieren unbedingt dazu: Wir lernen nicht nur, was gut funktioniert, sondern auch, was nicht so gut klappt. Geben Sie sich diesen Freiraum.

Hier üben Sie, Wege zu finden, die zum Anlass passen, zu Ihrem Gegenüber – und vor allem auch zu Ihnen. Probieren Sie einfach verschiedene Strategien aus, so wie Sie von einem Buffet hier und dort etwas Neues kosten, was vielversprechend aussieht.

Jeder Weg, für den Sie sich entscheiden, bringt Ihnen mindestens einen Vorteil. Sonst würden Sie ihn nicht wählen. Womöglich kostet er auch etwas. Deshalb arbeiten wir mit einem Bild: dem »Preisschild«. – Was steht auf dem Preisschild?

Sie werden in diesem Buch immer wieder einen Hinweis auf mögliche Preisschilder bekommen, die mit bestimmten Kommunikationsweisen verbunden sind. Dann können Sie überlegen, ob Sie den Preis zahlen wollen. Oder Sie arbeiten darauf hin, sich günstiger zu äußern. Last, but not least habe ich noch eine Nachricht für Sie, wenn Sie zu den Menschen gehören, die sich selbst nicht so wichtig nehmen. Diese Nachricht werden Sie im Buch finden, doch sie ist so wichtig, dass ich sie hier an den Anfang setze:

Sie können anderen Menschen nur den Raum geben, den Sie sich selbst geben.

Bitte nehmen Sie sich und Ihre Anliegen wichtig. Bitte kümmern Sie sich um Ihre Bedürfnisse. Bitte gestalten Sie Ihre persönliche Kommunikation. Erst wenn wir uns selbst einen guten Raum geben, können wir auch anderen einen guten Raum geben. Wenn wir uns verbessern, verbessern wir die Dinge auch für die Menschen um uns herum. Und damit die Welt. ☺

Viele spannende Aussichten und Erkenntnisse wünscht Ihnen Ihre Sylvia Löhken

Ins Tun kommen: Jetzt starten

Haben Sie sich Ihr Logbuch schon besorgt? Wenn nicht, tun Sie es jetzt und erledigen Sie die oben genannte Aufgabe.

1.Die Basis: Innere Haltung, Wirklichkeit und Wirkung

Wie dieses Kapitel Sie weiterbringt

Dass Sie introvertiert sind, wissen Sie schon: Schließlich halten Sie ein Buch in der Hand, auf dem groß »Leise Menschen« steht. Wissen Sie auch, welche Eigenschaften Sie zu einer introvertierten Persönlichkeit machen? Dieses Kapitel gibt Antworten auf diese Frage. Und die wiederum sind eine gute Basis für weitere Fragen.

Sie lernen also zunächst Ihre leisen Eigenschaften genauer kennen. Im nächsten Schritt finden Sie Ihre Stärken und damit wichtige Ressourcen für Ihre Begegnungen mit sich selbst und anderen. Direkt im Anschluss sehen wir auf die Schattenseite, die leisen Hürden. Das ist nicht so angenehm und doch besonders wichtig, wenn wir erfolgreich kommunizieren wollen.

Sie lernen, Ihre Wirklichkeit als Produkt Ihrer Gefühle und Gedanken zu sehen und ungünstige Gedanken durch günstige zu ersetzen.

Sie erfahren, wie Sie mit Ihrer inneren Einstellung Ihre Wirkung nach außen gestalten können. Damit verbunden ist ein Komplimente-Training: Sie üben, gute Dinge über andere zu sagen – und über sich selbst. Außerdem finden Sie heraus, wie Sie Komplimente gut annehmen können.

All dies bildet die Basis, um einer großen Frage auf die Spur zu kommen: Was ist gute leise Kommunikation?

Dies ist ein Kommunikationstraining. Sie wollen sich weiterentwickeln. Damit Sie das leicht und gern tun, steht in jedem Kapitel nach dem Kurzüberblick (den sie gerade gelesen haben) eine Frage. Beantworten Sie diese bitte in Ihrem Logbuch, bevor Sie weiterlesen. Hier ist sie:

Mein Ziel: Was will ich in diesem Kapitel über Haltung, Wirklichkeit und Wirkung lernen?

Am besten formulieren Sie Ihre Lernziele in Frageform. Beispiele: Wo liegen meine leisen Stärken? Wie nehme ich ein Kompliment an?

Sie werden sehen: Die Dinge lernen sich leichter und mit mehr Freude, wenn Sie vorher nach ihnen gefragt haben. Was uns interessiert, bleibt besser haften.

Wir sind Introvertierte. Nach innen gewandt. Fangen wir also innen an. Die Dinge, die wir tief innen denken – unsere inneren Einstellungen –, erschaffen unsere Wirklichkeit. Umgekehrt ausgedrückt: Unsere Wirklichkeit entsteht aus unseren inneren Einstellungen. Das klingt seltsam, lässt sich aber sehr handfest zeigen.

Wenn wir mit anderen in einer bestimmten Art und Weise umgehen, zeigen wir ihnen, wie wir mit uns selbst umgehen. Es ist also gut, wenn wir unseren Blick zunächst auf unsere Gedanken richten. Das ist ohnehin sehr introgerecht! Beginnen wir also da, wo wir ohnehin gern sind – und gehen wir dann nach außen.

Leise Wirklichkeit

Dieser Abschnitt gibt Ihnen eine Grundlage für alle Trainingseinheiten in diesem Buch: Sie bekommen einen genaueren Blick auf das, was Sie als introvertierte Persönlichkeit ausmacht – und auf dazu passende innere Haltungen, die Ihre Wirklichkeit prägen.

Dass wir unsere Wirklichkeit tatsächlich durch unser Denken und Fühlen schaffen, lässt sich beweisen: zum Beispiel am gut erforschten Placeboeffekt. Wir glauben daran, dass ein Eingriff oder ein Medikament uns heilen kann, und wir werden gesund. Und zwar selbst dann, wenn die Operation nur ein Schnitt oder die Tablette nur eine Zuckerpille ist. Wenn wir glauben, dass uns etwas Unangenehmes droht, bekommen wir per Noceboeffekt ebenso recht: Wer Nebenwirkungen eines Medikamentes erwartet, bekommt sie sehr häufig. Senioren, die Stürze fürchten, stürzen häufiger, stellt das hochseriöse British Medical Journal fest. Und ganz gruselig: Wer an die Wirksamkeit einer Verwünschung glaubt, dem kann sehr schnell ganz anders werden (siehe Löhken und Peters 2020, S. 46).

◼Ihre innere Haltung steuert Ihre Wirklichkeit.

Übertreiben macht deutlich. Worauf ich hinauswill: Bestimmte Gedanken und Gefühle, die wir uns jetzt ansehen, sind typisch für Introvertierte, denn sie wurzeln in unseren stabilen leisen Eigenschaften. Und sie bestimmen die Art, in der wir die Welt ansehen. Mit anderen Worten: Sie prägen unsere Wirklichkeit.

Die nachfolgende Aufgabe kann Ihnen Klarheit darüber bringen, welche leisen Eigenschaften Sie haben und wie die Gedanken und Gefühle, die daraus wachsen, Ihre Wirklichkeit prägen. Zugegeben, die Auswahl der für Sie zutreffenden Aussagen ist kein Sprachtraining. Doch diese Klärung schafft jetzt zu Beginn die Voraussetzung dafür, dass Sie Ihre eigene Sprache finden: Sie werden leichter verstehen, warum Sie bestimmte Situationen als angenehm oder unangenehm bewerten, und können mit Ihrer Wirklichkeit aktiv umgehen.

Wenn Sie sich systematisch orientieren wollen, finden Sie im letzten Kapitel Übersichten über die biologischen Unterschiede zwischen Intro- und Extrovertierten, außerdem auch über die Stärken und Hürden, die mit ihnen verbunden sind.

Aufgabe: Was macht mich introvertiert?

Die folgenden Aussagen treffen auf viele leise Menschen zu. Bitte markieren Sie diejenigen, die für Sie gut passen – also Aussagen, die für Sie immer wieder gelten. Diese Klärung hilft Ihnen in den einzelnen Übungen: Sie können verorten, warum Ihnen etwas schwerfällt oder Sie stresst. Noch wichtiger: Sie entdecken Ihre starken Seiten und finden heraus, wie Sie mit Ihren Eigenschaften so mit anderen reden, dass es gut zu Ihnen passt – also Ihre gute leise Kommunikation.

Ruhe

Ich brauche viel Ruhe, wenn ich erschöpft bin.

Ich brauche viel Ruhe, wenn ich gestresst bin.

Ich schreibe lieber, als dass ich rede.

Ich arbeite gern längere Zeit an einer Sache.

Ich schätze mich als geduldig und beharrlich ein.

Stimulation

Ich bin oft angestrengt, wenn zu viele Eindrücke auf einmal auf mich einprasseln.

Ich mag keine Störungen oder unerwarteten Situationen.

Ich bin von zu vielen oder zu lauten Gesprächen oft erschöpft.

Ich meide, wenn es eben geht, größere Menschenmengen.

Ich finde es oft anstrengend, an einer Feier oder einer Veranstaltung teilzunehmen.

Nachdenken

Ich kann gut zuhören und beobachte auch gut.

Ich denke in der Regel nach, bevor ich etwas sage.

Ich denke allgemein gern nach und gehe den Dingen auf den Grund.

Ich denke oft darüber nach, was Menschen brauchen oder wie es ihnen geht.

Ich mag keinen Small Talk.

Sicherheit

Ich nehme Angriffe oft persönlich.

Ich bin ein eher vorsichtiger Mensch.

Ich finde es oft anstrengend, mich auf neue Umgebungen oder Menschen einzustellen.

Ich kann mich zwar freuen, bin aber selten richtig begeistert.

Ich spreche nicht gern vor einem großen Publikum.

Kontakt

Ich kann gut mit mir allein sein.

Ich rede lieber mit einer Person als mit mehreren.

Ich pflege lieber gute und tiefe als viele Freundschaften.

Ich werde oft müde oder gereizt, wenn ich längere Zeit unter Menschen bin.

Ich lasse mich manchmal zu sehr von den Erwartungen oder Gefühlen anderer unter Druck setzen.

Soziale Rolle

Ich nehme oft wahr, dass andere mir nicht so gut zuhören.

Ich glaube, andere halten mich manchmal für zu ruhig, langweilig,

distanziert oder schüchtern.

Ich habe einen Blick für Kleinigkeiten.

Ich baue eher langsam Vertrauen auf.

Ich bin oft Vertrauensperson und gebe anderen Sicherheit.

Welche Aussagen treffen auf Sie zu? Schreiben Sie diese in Ihr Logbuch.Halten Sie anschließend dort fest: Was bedeuten »Ihre« Aussagen für Ihre innere Einstellung – für die Gefühle und Gedanken also, die Ihre Wirklichkeit prägen?

Beispiel: Ich bin von zu vielen oder zu lauten Gesprächen oft erschöpft.

→ Ich mag die Meetings unserer Abteilung nicht, weil dort alle durcheinanderreden.

Und die Weihnachtsfeier neulich: schrecklich!

Wenn Sie einen genaueren Blick auf Ihre leisen Seiten werfen wollen, dann können Sie meinen umfassenden Online-Test machen. Hier ist der Link:

https://www.intros-extros.com/intros-und-extros/online-test

Leise Stärken

Nun geht es um Ihre Stärken: um Verhaltensweisen und Fähigkeiten, die Sie als leise Persönlichkeit besitzen und die Ihnen im Umgang mit anderen Menschen weiterhelfen. So erkennen Sie eine leise Stärke:

Leise Stärke:

Sie ist stabil und gehört zu Ihrer Persönlichkeit.Sie bestimmt oft Ihr Verhalten.Sie hilft Ihnen, leichter, schneller oder besser zu handeln.Sie fühlt sich positiv an.

Aufgabe: Intro-Ressourcen finden

Schreiben Sie in Ihr Logbuch alle Eigenschaften, die Sie für leise Stärken halten. Nutzen Sie dabei gern die Kategorien, die Sie aus dem vorangehenden Abschnitt kennen: also Ruhe, Stimulation, Nachdenken, Sicherheit, Kontakt und soziale Rolle. Am Ende des Buches finden Sie im Übersichtskapitel eine Auflistung von zehn leisen Stärken, die Ihnen eine umfassende Auswahl bietet. Vielleicht mögen Sie aber auch eigene Bezeichnungen finden? Schreiben Sie zu jeder Stärke mindestens einen Vorteil, den sie Ihnen in der Kommunikation bringt. Wahrscheinlich fallen Ihnen mehr Vorteile ein.

Beispiel: Ich bin vorsichtig.

→ Ich gehe mit Menschen rücksichtsvoll um. Ich mag Kompromisse. Ich falle nicht mit der Tür ins Haus.

Durch Ihre Auflistung bekommen Sie einen guten Überblick und können immer wieder nachschlagen, wenn Sie sich fragen, wie Sie mit einer Situation umgehen wollen. Außerdem tut es Ihrem Selbstwertgefühl gut, wenn Sie über Ihre eigenen starken Seiten Bescheid wissen. Gerade Intros halten diese guten Eigenschaften allzu oft für selbstverständlich oder für nichts Besonderes.

Das Wissen über die eigenen Stärken hilft Ihnen außerdem, Ihre persönlichen Eigenschaften in der Kommunikation bewusst zu nutzen: Sie können besser erkennen, wie Sie den Austausch mit anderen günstig gestalten können – mit Mitteln, die Ihnen sowieso zur Verfügung stehen.

Leise Hürden

Kein Licht ohne Schatten. Wo versperrt Ihr Leisesein Ihnen womöglich den Weg? Darum geht es in der nächsten Reflexion. Und auch hier gilt: Dies ist noch keine Sprachübung. Doch Sie ermöglicht es Ihnen, Fußangeln und empfindliche Punkte zu erkennen, die für Ihre Kommunikation ungünstig sind.

Vielleicht überlegen Sie gerade, ob Sie diesen Abschnitt nicht einfach überspringen sollten. Warten Sie noch einen Moment!

Auch die Schattenseiten gehören zu einer leisen Persönlichkeit. Es lohnt sich gleich doppelt, sie zu kennen. Erstens: Nur wenn wir unsere wunden Punkte kennen, können wir mit ihnen auch umgehen. Zweitens: Andere Menschen können unsere schwächeren Seiten nicht mehr so leicht gegen uns verwenden, wenn wir sie selbst kennen und einen entsprechenden Umgang mit ihnen entwickeln – durch innere Haltungen, die sich günstig auswirken. Hier ein Beispiel:

Der ehrliche Blick auf leise Hürden

Eine starke leise Persönlichkeit kennt ihre schwachen Seiten und geht mit ihnen um:

Sie prüft ihre innere Haltung: Gibt es Glaubenssätze, die auf den Hürden beruhen?

Beispiel: Hürde Angst Eine Veränderung ist zu gefährlich.

Sie lässt die Vergangenheit Vergangenheit sein. Denn sie weiß, dass Veränderungen zum Besseren jetzt und in der Zukunft passieren.Sie arbeitet an Veränderungen zum Guten.

Beispiel: Hürde Konfliktscheu → Ich trainiere es, Grenzen zu setzen.

Sie ist gelassen: Alle Menschen haben schwache Seiten. Das macht sie menschlich. Und dies gilt auch für sie selbst.

Aufgabe: Der ehrliche Blick in den Schatten

Schreiben Sie in Ihr Logbuch alle Eigenschaften, die Sie für leise Hürden halten. Nutzen Sie auch hier die Kategorien, die Sie aus dem vorangehenden Abschnitt kennen, also Ruhe, Stimulation, Nachdenken, Sicherheit, Kontakt und soziale Rolle.

Notieren Sie zu jeder Hürde mindestens einen Nachteil, den sie Ihnen in der Kommunikation bringt. Wahrscheinlich fallen Ihnen aber mehr Nachteile ein.

Beispiel: Ich meide Konflikte.

→ Ich traue mich manchmal nicht, Grenzen zu setzen, obwohl ich eigentlich weiß, dass das nötig ist. Gerade bei meiner Schwester!

Im Überblickskapitel am Ende des Buches finden Sie eine Auflistung leiser Hürden. Vielleicht mögen Sie sich von ihnen inspirieren lassen und Ihre Liste vervollständigen?

Vom Gedanken zur Kommunikation

Nun wissen Sie, wie Ihre Eigenschaften Ihre Gedanken und Gefühle prägen. Sie kennen Ihre Stärken und Hürden und haben damit Ihre persönlichen Grundlagen für Ihr Sprachtraining geschaffen.

Gehen wir einen Schritt weiter: Nach dem Blick nach innen kommen weitere Menschen hinzu. Im ersten Training stimmen Sie Ihre innere Haltung wie ein Instrument. Sie erfahren, wie Sie damit Ihre Wirklichkeit und damit Ihren Umgang mit einem (hier: extrovertierten) Menschen verbessern können.

Aufgabe: Der Extro-Onkel

Erster Schritt: Bitte stellen Sie sich vor, zu Ihrem erweiterten Verwandtenkreis gehört auch Ihr extrovertierter Onkel Egon. Den treffen Sie auf der Hochzeit einer Cousine wieder.

Nehmen Sie wahr, wie Sie sich den Onkel vorstellen. Ist er groß? Klein? Alt? Dünn? Kahlköpfig? Bärtig? Spitznasig? Hier können Sie ganz konkret sehen, wie sehr unsere innere Welt unsere Wahrnehmung prägt. Denn mit großer Wahrscheinlichkeit hatten Sie vor Ihrem inneren Auge einen Menschen, der Sie an einen Extro in Ihrem eigenen Leben erinnert – und der nun als Blaupause für Ihre Vorstellung vom Extro-Onkel Egon dient.

Zweiter Schritt: Nehmen wir nun an, Onkel Egon sagt zwischen zwei Bissen Torte zu Ihnen: Sag mal, diese ständige Geschichte mit dem Klimaschutz – habt ihr Jüngeren nichts Besseres zu tun?

Stellen Sie sich diese Situation in allen Einzelheiten vor. Beantworten Sie in Ihrem Logbuch folgende Fragen: Wie fühlen Sie sich? Was denken Sie über Onkel Egon?

Dritter Schritt: Probieren Sie nun die folgenden vier inneren Haltungen zu Onkel Egon aus. Halten Sie in Ihrem Logbuch fest: Wie wirken sich die verschiedenen Haltungen auf Ihre Gefühle und Gedanken über Onkel Egon aus?

Innere Haltung 1: Alter weißer Mann. Trottel. Was kann man erwarten?

Innere Haltung 2: Der Arme. Seit Tante Amalie ihn verlassen hat, ist er nicht mehr der Alte.

Innere Haltung 3: Er verhält sich gerade nicht günstig. Wahrscheinlich hat er einen guten Grund. Mal sehen, ob ich den herausfinde.

Innere Haltung 4: Hm. Interessante Eröffnung. Ich ziehe den Humor-Joker.

Ich bin sicher: Sie haben einen Unterschied in Ihrem inneren Klima bemerkt. Gleichzeitig behaupte ich ausdrücklich nicht, dass Sie alle seltsamen oder befremdlichen Verhaltensweisen entschuldigen sollen. Nein. Mein Anliegen ist es, Sie auf den Unterschied zwischen Haltung 1 und den Haltungen 2, 3 und 4 aufmerksam zu machen.

Erkennen Sie den Unterschied? Bitte aufschreiben!

Hier einige Gedanken dazu:

Erste Lösung: Die erste Haltung bezieht ein ungünstiges Verhalten auf mich selbst: Meine Haltung ist eine andere, deshalb ist mein Gegenüber schlechter als ich. Das funktioniert auch in entgegengesetzter Richtung: Wenn Onkel Egon sich über den Geschmack Ihrer selbst gebackenen Torte beschwert, halten Sie sich womöglich für dumm, unfähig oder im Allgemeinen minderwertig.

Merken Sie? Es ist ungünstig, wenn jeder, der etwas Ungünstiges äußert, jederzeit die Macht hat, Knöpfe in unserem Inneren zu drücken – egal, ob es der Ärger über den alten weißen Mann oder die Scham wegen eines Tortenaromas ist.

Eine innere Haltung, die das Gesagte vom Persönlichen trennt, ist günstiger. Sie könnte zum Beispiel so lauten: Das hat nichts mit mir zu tun.

Zweite Lösung: Die innere Haltung 1 unterscheidet sich auch dadurch von den drei folgenden, dass sie Onkel Egon mit seinen Sprüchen gleichsetzt. Der Onkel sagt etwas Blödes, also ist er auch blöd. Auch diese Haltung ist nicht günstig. Menschen sind nicht identisch mit ihren Äußerungen. Zum Glück. (An dieser Stelle bin ich dankbar, dass die vielen ganz und gar nicht druckreifen Äußerungen meines Erwachsenenlebens in diesem Buch unsichtbar bleiben …)

Die zweite, dritte und vierte Haltung unterscheiden dagegen zwischen Onkel Egon und dem, was Onkel Egon sagt. Haltung 2 sieht einen Grund des ungünstigen Verhaltens in seiner unglücklichen Situation. Haltung 3 geht einfach davon aus, dass es irgendeinen Grund geben wird. Haltung 4 sieht das Gespräch als Spielfeld und fragt nach dem nächsten Zug. Auch im Spiel ist der Spieler nicht sein Spielzug – die Distanz zwischen Person und Gesagtem ist auch hier spürbar.

Eine innere Haltung, die bei ungünstiger Kommunikation das Gegenüber nicht mit dem Gesagten gleichsetzt, könnte zum Beispiel lauten: Menschen haben für das, was sie tun, einen guten Grund.

Mit diesem Satz entkommen wir der Falle, andere nach unseren eigenen Maßstäben zu bewerten. Wir gehen davon aus: Der andere hat aus seiner Sicht recht. Auch wenn die Sicht vielleicht nicht die beste ist – aber das mag für unsere eigenen Perspektiven ja ebenso gelten!

In der nächsten Aufgabe sehen Sie auf Ihre eigenen guten Gründe – und außerdem beginnen wir mit dem ganz konkreten Sprachtraining!

Die Blackbox