Lena die Feuerhexe - Earl Warren - E-Book

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Earl Warren

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Beschreibung

Schlimm ist es, wenn sich eine Frau leidenschaftlich in einen Mann verliebt und ihn unbedingt haben will, obwohl er glücklich verheiratet ist, Frau und Kind hat und absolut keine andere will. Noch schlimmer ist es, wenn diese Frau das nicht einsieht und von ihrer obsessiven Leidenschaft absolut nicht ablässt. Vor nichts zurückschreckt, um ihr Ziel zu erreichen – und wenn diese Frau gar noch eine Feuerhexe ist… Der Stockholmer Feuerwehrhauptmann Lars Falin und seine Frau Astrid erfahren das leidvoll, als Lena die Feuerhexe den Feuerwehrhauptmann begehrt. Ihre Liebe ist im wahrsten Wortsinn feurig und verbrennt alles, was sich ihr in den Weg stellt.

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Lena die Feuerhexe

 

Romantic Thriller

Earl Warren

 

 

 

 

Schlimm ist es, wenn sich eine Frau leidenschaftlich in einen Mann verliebt und ihn unbedingt haben will, obwohl er glücklich verheiratet ist, Frau und Kind hat und absolut keine andere will. Noch schlimmer ist es, wenn diese Frau das nicht einsieht und von ihrer obsessiven Leidenschaft absolut nicht ablässt. Vor nichts zurückschreckt, um ihr Ziel zu erreichen – und wenn diese Frau gar noch eine Feuerhexe ist…

Der Stockholmer Feuerwehrhauptmann Lars Falin und seine Frau Astrid erfahren das leidvoll, als Lena die Feuerhexe den Feuerwehrhauptmann begehrt. Ihre Liebe ist im wahrsten Wortsinn feurig und verbrennt alles, was sich ihr in den Weg stellt.

 

 

1. Kapitel

 

 

»Feuer! Feuer!«

Dichte Rauchwolken quollen aus dem Dachgeschoß des großen Fachwerkhauses in der Altstadt von Stockholm. Dann sah man die roten Flammen züngeln. Rasend schnell fraß sich das Feuer durchs Gebälk und ins hölzerne Treppenhaus hinunter.

Es war drei Uhr morgens. Aus dem Schlaf gerissene Hausbewohner stolperten notdürftig bekleidet aus dem Gebäude. Eine Frau führte ihr weinendes Kind an der Hand. Der Hausmeister stand beim Eingang und zählte die Personen, die das Haus verließen.

»Wo ist die alte Frau Eklund?«, fragte er. »Hat sie jemand gesehen?«

Niemand hatte sich um die Witwe gekümmert, die eine Mansarde bewohnte. Während rundum die Alarmsirenen schrillten und man schon das Geläute der heranjagenden Feuerwehr hörte, eilte der Hausmeister Knudsson ins Haus. Er wollte die alte Frau retten.

Der Rauch ließ ihn husten. Seine Augen tränten. Doch bis ins Dachgeschoß konnte er nicht mehr hinauf, es brannte schon lichterloh. Der Hausmeister, barfuß, nur mit Hose und Unterhemd bekleidet, hustete. Seine Lungen pumpten wie Blasebälge. Die Hitze war erstickend.

Er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, die Witwe zu finden. Er musste zusehen, dass er nicht selber sein Leben verlor. Immer wieder rief er nach ihr. Knudsson hielt sich am Treppengeländer fest. Über ihm züngelten die Flammen. Der Rauch war so dicht, dass er kaum drei Meter weit sehen konnte.

»Frau Eklund, so antworten Sie doch! Leben Sie noch?«

Ein ersticktes Geräusch antwortete Knudsson. Es kam aus dem Gang. Durch das Prasseln der Flammen hörte er undeutliches Keuchen und Ächzen. Knudsson rieb sich die Augen. Er rang nach Luft. Vergeblich versuchte er, den dichten Rauchvorhang mit seinen Blicken zu durchdringen.

Vor dem Haus quietschten Reifen, erschallten Kommandos. Das Geläut war ganz nahe. Die Feuerwehr kam. Doch sie konnte Knudsson nicht helfen, die alte Frau zu retten. Er war auf sich selbstgestellt.

Knudsson tastete sich mühsam weiter vorwärts. In dem raucherfüllten Gang stieß er dann plötzlich mit den Füßen gegen etwas Weiches und stolperte. Es war die Gesuchte. Er beugte sich besorgt über die Frau. Aber Anna Eklund konnte ihm nicht mehr antworten. Sie hatte das Bewusstsein verloren.

Unter Aufbietung aller Kräfte zog Knudsson die Bewusstlose hoch und legte sie sich über die Schulter. Er lehnte sich erschöpft an die Wand. Vor seinen Augen drehte sich alles. Die Hitze schien ihm jede Luft zum Atmen zu nehmen.

Knudsson keuchte. Dann vernahm er etwas, was ihn erschrocken aufhorchen ließ. Ganz deutlich hörte er eine Frauenstimme.

Sie sang: »Kein Feuer, keine Kohle kann brennen so heiß, falli, falla — wie heimliche Lieb’ von der niemand weiß, falli, falli, falla.«

Knudsson stutzte. Hatte er Wahnvorstellungen, eine Art Delirium? Stand er schon auf der Schwelle des Todes und trogen ihn seine Sinne? Er nahm die letzten Kräfte zusammen und trug die bewusstlose Frau ins Treppenhaus. Auf der Treppe, die nach unten führte, züngelten jetzt auch schon Flämmchen.

Knudssons Herz schlug wild. Seine Knie zitterten. Wenn er zusammenbrach, war er verloren. Dann würden er und die alte Anna qualvoll in den Flammen umkommen.

Eine Frau lachte oben im Feuer. Knudsson hörte es ganz deutlich. Gott, dachte er, was für ein Spuk narrt mich da? Das ist doch unmöglich.

»Brenne, brenne, altes Haus!«, rief die unheimliche Stimme. »Lösche Leib und Leben aus! Tanze, Flamme, Feuersglut, kühle Eifersucht und Wut.«

»Wer ist da?«, fragte Knudsson mit krächzender Stimme. »Was geht hier vor?«

Er setzte den Fuß auf die nächste Treppenstufe, um hinabzusteigen.

»Hans?«, fragte die Frauenstimme klagend aus den Flammen. »Bist du es, Hans? Warum hast du mir das angetan?«

Kaltes Grauen erfasste Knudsson, trotz der glühenden Hitze, als der Feuervorhang oben an der Treppe sich teilte. Eine Frau erschien, von Flammen umlodert, die aber vor ihr zur Seite wichen. Grüne Augen in einem schönen jungen Gesicht blitzten böse Knudsson an. Das Mieder der Unbekannten hob und senkte sich unter heftigen Atemzügen.

Ihre Wangen waren gerötet, ihr Haar feuerrot. Eine zierliche Hand streckte sich dem Mann entgegen.

»Du bist nicht Hans!«, rief die junge Frau, die Knudsson bis dahin noch niemals im Haus gesehen hatte, klagend. »Pfui, garstiger Mann!«

Knudsson deutete verzweifelt nach unten, um der Unbekannten zu verstehen zu geben, sie solle sich retten. Er begriff nicht. Er hielt sie für die Besucherin eines Hausbewohners, der die Angst die Sinne verwirrt hatte. Sprechen konnte Knudsson nicht mehr. Er wankte die Treppe hinunter. Er hoffte, dass ihm die seltsam gekleidete Schöne folgte.

Tatsächlich, er hörte sie wieder hinter sich.

»Bleib doch da!«, rief sie. »Es ist so schön hier. Komm, lass uns lustig sein. Meine Kinder, die Flammen, tanzen für uns. Wir wollen mit ihnen spielen. Hei, heißa, hei!«

»Verrücktes Weib«, ächzte Knudsson unverständlich.

Er drehte sich um. Die Rothaarige stand vor ihm. Durch ihren Körper hindurch züngelten hungrig die Flammen. Sie griffen nach Knudsson und der bewusstlosen Greisin, die er über derSchulter trug. Tödlicher Gluthauch wehte ihn an. Er bekam keine Luft mehr. Mit letzter Klarheit erkannte Knudsson, dass kein lebender Mensch vor ihm stand.

Er brach zusammen.

 

*

 

In einem schönen alten Haus auf Riddarholmen, einer der drei Inseln, auf denen die Stockholmer Altstadt liegt, stand eine blonde Frau am Fenster. Sie schaute über das Wasser hinüber nach Helgeandsholmen, einem andern Altstadtteil. Dort war der Himmel gerötet. Man hörte die Feuersirenen und die anfahrenden Löschzüge.

Astrid Falin hatte die Hände gefaltet. Der kalte Luftzug der Oktobernacht, der durchs offene Fenster drang, ließ sie frösteln. Aber sie schloss das Fenster nicht. Ihre Gedanken waren bei Lars, ihrem Mann, der das Feuer auf Helgeandsholmen zu bekämpfen hatte.

Lars Falin aus Kiruna oben in Nordschweden, ein Berufsfeuerwehrmann, hatte erst vor kurzem die Stelle in der Hauptstadt erhalten. Mit achtundzwanzig Jahren schon zum Feuerwehrhauptmann befördert zu werden, und das in Stockholm, war eine große Chance für ihn. Er hatte in dieser Nacht, als einer der drei Hauptmänner Dienst, über denen rangmäßig in ihrer Sparte nur noch der Feuerwehrkommandant von Groß-Stockholm stand.

Astrid hatte immer Angst um ihren geliebten Mann, wenn er einen Brand bekämpfen musste. Er war sehr wagemutig. Diesmal würde er sich besonders hervortun wollen, um zu beweisen, dass man ihn zu Recht zum Hauptmann ernannt hatte. Astrid bebte.

»Mama, wo bist du denn?«, hörte Astrid die Stimme ihrer Tochter Kirsten. »Ich habe Angst.«

Die dreieinhalbjährige Kirsten war durch den Feueralarm geweckt worden. Jetzt öffnete sie die Tür des Kinderzimmers und lief zu ihrer Mutter. Sie rieb sich mit einer Hand die Augen, die andere streckte sie Astrid entgegen. Diese hob das Kind auf den Arm.

»Du sollst doch schlafen, Schatz. Es ist halb vier Uhr morgens.«

»Es brennt.« Kirsten hatte den Feuerschein entdeckt. »Macht Papa das Feuer aus?«

»Natürlich. Leg dich wieder ins Bett und schlaf, Mäuschen. Selbstverständlich löscht dein Papa den Brand. Du brauchst keine Angst zu haben.«

»Ich fürchte mich nicht«, bemerkte Kirsten, als ihre Mutter sie zurück ins Kinderzimmer trug. »Ich will das Feuer sehen.«

»Du musst schlafen. So spät in der Nacht haben Kinder außerhalb des Betts nichts verloren.«

Aber die Kleine ließ nicht locker. Sie war hellwach und wollte unbedingt aus dem Fenster sehen. Dabei bombardierte sie ihre Mutter mit Fragen nach dem Feuer. Vielleicht war es für die Tochter eines Berufsfeuerwehrmanns normal, Interesse an Bränden zu haben.

Astrid konnte das jedoch nur schwer annehmen. Jedes Mal, wenn es einen größeren Brand gab und ihr Vater im Dienst war, merkte Kirsten das und war ungewöhnlich unruhig. Als ob es zwischen ihr und ihrem Vater eine Gedankenübertragung gäbe. Sie beruhigte sich erst, wenn das Feuer unter Kontrolle oder gänzlich gelöscht war.

Schon als Säugling hatte sie geschrien, wenn der Vater zur Brandbekämpfung ausgerückt war. Sie erwachte in fiebriger Unruhe selbst aus dem tiefsten Schlaf, so wie auch in dieser Nacht. Astrid versuchte nicht länger, sie zum Weiterschlafen zu bringen. Es war zwecklos.

Sie zog Kirsten etwas über und trat dann mit dem Kind auf dem Arm ans Fenster und schaute zu dem vom Feuer geröteten Stück Himmel auf. Die Nacht war zum Leben erwacht. Man hörte Stimmen von der Straße. In anderen Wohnungen brannte Licht. Man unterhielt sich über den Brand. Neugierige fuhren zur Brandstelle.

Im Radio gab es sicher Meldungen über das Feuer. Doch Astrid schaltete es nicht ein, sie mochte die näheren Einzelheiten gar nicht erfahren. Sie wiegte Kirsten sanft in den Armen. Ihre Gedanken waren bei ihrem Mann. Tief in ihrem Innern lebte eine schreckliche Angst, dass sie Lars einmal durch das Feuer verlieren würde, dass er sich in seinem Eifer zu weit vorwagen oder durch ein Unglück unter zusammenstürzendes brennendes Gebälk geraten würde.

Es gab immer wieder Todesfälle bei Feuerwehrleuten. Lars hatte, wenn sie in der Anfangszeit ihrer Liebe ihre Angst erwähnt hatte, nur darüber gelacht. Er war überzeugt davon, dass ihm nichts zustoßen könne und hatte Astrid gutmütig verspottet. Seitdem schwieg sie und versuchte, ihre Furcht zu vergessen. Doch jedes Mal, wenn Lars einen Einsatz hatte, war die entsetzliche Angst wieder da.

Astrid hatte manchmal Alpträume, in denen sie ihren Mann verbrennen sah. Sie hatte, seit sie als Kind einen Brand miterlebt hatte, panische Angst vor dem Feuer. Sie versuchte, sie zu überwinden. Sie zwang sich, mit offener Flamme zu hantieren, wenn sie den Gasherd oder Kerzen anzündete, obwohl sie keine mochte. Ihre Stockholmer Wohnung hatte einen Kamin.

Doch nur einmal hatten Astrid und Lars vor dem gemütlichen Kaminfeuer gesessen. Danach nicht wieder. Astrid war steif vor Angst gewesen. Sie hatte sich eine Närrin gescholten. Sie hoffte, dass sich ihre Phobie mit der Zeit legen würde.

Dass ausgerechnet sie einen Feuerwehrmann geheiratet hatte, war merkwürdig. Sie konnte Lars unmöglich bitten, seinen Beruf aufzugeben. Lars liebte seine Arbeit, und er war ein ausgezeichneter Feuerwehrmann, was seine Beförderung deutlich bewies. Astrid drückte ihre Tochter an sich. Die Feuersglut drüben auf Helgeandsholmen faszinierte und erschreckte sie gleichzeitig.

Sie war froh, dass sie weit von dem Brandherd entfernt war. Um nichts in der Welt hätte sie sich einem brennenden Haus nähern können. Für Lars war Feuer ein zwar gefährliches, aber nichtsdestoweniger natürliches Element. Astrid jedoch sah mehr darin.

Für sie hatte Feuer ein eigenes Leben und war von einer wilden Zerstörungswut und Heimtücke erfüllt. Das Feuer spottete über die Menschen. Es entzog sich immer wieder ihrer Kontrolle und richtete schlimme Verwüstungen an. Dann gab es noch etwas, was Astrid bisher niemals einem andern Menschen gegenüber erwähnt hatte. Sie gestand es sich selbst kaum ein, weil sie glaubte, dass solche Ansichten nicht normal seien.

Sie fürchtete sich nämlich nicht nur vor dem Feuer, sie war auch davon überzeugt, dass es sie hasste, mit einer dämonischen Intelligenz, die sich menschlichem Begreifen entzog. Astrid hatte Angst, dass das Feuer sie früher oder später umbringen oder ihr ein furchtbares Unglück zufügen würde.

Sie konnte sich vorstellen, was jetzt bei der Brandstelle vorging. Lars hatte es ihr oft genug geschildert, um sie zu einer sachlichen Einstellung zu bringen und ihr die Ängste zu nehmen. Ein dünner Schweißfilm überzog Astrids Gesicht. Sie beantwortete mechanisch Kirstens Fragen.

»Rettet die Feuerwehr auch Teddybären und Puppen aus brennenden Häusern?«, wollte Kirsten wissen.

»Warum sollte sie?«, fragte Astrid, einen Moment geistesabwesend.

»Na, wenn es hier brennen würde, soll meine Mimi aber nicht sterben. Sie ist zwar manchmal ungehorsam, aber das hat sie nicht verdient. Das täte ihr auch ganz, ganz furchtbar weh. Und andere Kinder haben ihre Bären und Puppen bestimmt genauso gern wie ich meine Mimi.«

Astrid küsste ihr Töchterchen.

»Bei uns brennt es nicht«, antwortete sie. »Und wenn doch einmal Feuergefahr bestehen sollte, nehmen wir die Mimi natürlich gleich mit fort. Das machen andere Eltern mit den Lieblingsspielzeugen ihrer Kinder auch. Und sollten sie doch einmal eines vergessen, dann holt es die Feuerwehr, wenn irgend möglich.«

»Hat Papa schon viele Teddybären und Puppen gerettet?«

»Frag ihn mal.«

Kirstens Geplapper lenkte Astrid von ihren Sorgen und Ängsten ab. Sie schalt sich wegen ihrer übergroßen Ängste.

 

*

 

Neben dem zusammenbrechenden Knudsson tauchte plötzlich eine schemenhafte Gestalt aus dem Rauch auf. Es war Lars Falin. Mit Feuerwehrhelm und Atemgerät, die Axt in der Hand, um niederstürzende brennende Balken abzuwehren, war er ins Haus eingedrungen, den Warnungen seiner Untergebenen zum Trotz.

Zwei seiner Leute folgten Falin, doch alle waren noch ein Stück zurück. Falin fing den Bewusstlosen auf und packte auch die ohnmächtige Frau. Die rothaarige Schöne bemerkte er jedoch nicht. Der Feuerwehrmann sah nur die lodernden Flammen. In ihnen drehte sich ein Feuerbündel rasend schnell um sich selbst.

Ein Kreischen drang heraus, ähnlich wie das einer wütenden Frau. Aber Lars achtete nicht weiter darauf. Die Sinne konnten einem leicht einen Streich spielen, die zuckenden Flammen vermochten manchmal seltsame Reflexe zu erzeugen.

Die Feuersäule vor Lars zerstob unvermittelt in viele Funken. Sie wirbelten auf und zeigten sekundenlang die Umrisse einer weiblichen Gestalt. Aber Lars bemerkte es nicht. Er schaute sich besorgt nach seinen beiden Helfern um. Endlich kam einer zu ihm, der andere war vor der Höllenglut zurückgewichen. Lars erkannte den Oberfeuerwehrmann Carlsberg, einen Veteranen vieler Feuersbrünste, obwohl er bis zur Unkenntlichkeit vermummt war. Eine Geste genügte Lars, sich mit Carlsberg zu verständigen.

Er legte Carlsberg die bewusstlose Frau, deren Rocksaum bereits im Feuer glimmte, in die Arme. Dann hob er, während Carlsberg sich umdrehte und die Treppe hinunterstapfte, den schweren Mann hoch. Dank des Sauerstoffgeräts konnte Lars noch atmen, sonst hätte er es nicht geschafft.

Er wuchtete Knudsson über die Schulter. Dann stieg Lars ebenfalls die Treppe hinunter. Züngelnde Flämmchen leckten nach seinen Hosenbeinen. Lars hatte sich nicht die Zeit genommen, einen Asbestanzug anzulegen, als er hörte, dass zwei Menschen noch in den Flammen seien.

Er sah Carlsberg schon nicht mehr. Mühsam erreichte Lars das Erdgeschoß. Herabfallende Funken und Zugluft hatten auch hier schon Feuer entzündet. Draußen waren die Schläuche inzwischen angeschlossen. Wasserstrahlen zischten in die oberen Stockwerke, um dort das Flammenmeer einzudämmen.

Es zischte, brauste und prasselte. Lars glaubte plötzlich einen gellenden Wutschrei zu hören. Doch er tat es als eine Sinnestäuschung ab.

Aber dann hörte er etwas, was ihm die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Direkt hinter ihm sprach eine Frau.

»Bitte, bleib bei mir, Geliebter! Du bist es, ich liebe dich!«, flüsterte sie mit bebender Stimme.

Lars drehte sich um. Er sah nur Flammen und Rauch. Aber er hatte die Stimme deutlich gehört.

»Ist da jemand?«, fragte er erstaunt.

»Lena«, raunte es kaum hörbar, »Ich bin Lena, die feurige Braut. Hui, lass uns kosen.«

Lars sah niemanden. Vielleicht ist das Atemgerät defekt, dachte er, und ich habe eine Rauchvergiftung. Wie bei der Taucherkrankheit, die Halluzinationen und Rauschgefühle hervorrief, gab es auch bei Rauchvergiftungen Sinnestäuschungen.

Nichts wie raus hier, sagte sich Lars. Fast hätte er die Haustür in dem raucherfüllten Flur nicht gefunden. Er stieß gegen die Garderobe, riss schwelende Kleidungsstücke herunter und öffnete endlich die Tür. Ein jammernder Laut verfolgte ihn, als er ins Freie eilte.

Feuerwehrmänner liefen Lars entgegen und nahmen ihm den bewusstlosen Hausmeister ab, den sie zu einem Krankenwagen trugen. Lars ging dann weiter zu seinem Löschzug. Hier erst zog er die Maske vom Gesicht. Einer seiner Leute klopfte ihm Funken von der schwelenden Jacke. Lars spürte plötzlich einen Schmerz im Genick, aber er biss die Zähne zusammen.

Er stieg auf das Trittbrett an der Fahrerkabine des Löschzugs, um einen besseren Überblick zu haben. Die Befehle, die er gegeben hatte, bevor er ins brennende Haus vordrang, waren befolgt worden. Mehrere Löschzüge standen bereits in dieser Straße und in der Seitengasse. Den Sirenen nach zu urteilen, trafen weitere Löschzüge ein. Es war ein Großeinsatz der Stockholmer Feuerwehr, denn man musste ein Übergreifen des Feuers auf andere Gebäude verhindern.