Lernort Wald als pädagogische Herausforderung für Kindergarten- und Grundschulkinder - Alexandra Ludwig - E-Book

Lernort Wald als pädagogische Herausforderung für Kindergarten- und Grundschulkinder E-Book

Alexandra Ludwig

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Beschreibung

Examensarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Pädagogik - Allgemein, Note: 1,0, Universität Lüneburg (Institut für Erlebnispädagogik), Sprache: Deutsch, Abstract: Seit Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts lässt sich ein wachsendes Interesse der Bevölkerung am Wald feststellen. Staatliche Organisationen, Verbände, aber auch private Einrichtungen haben sich dieser erhöhten Aufmerksamkeit und Aktivität der Menschen angenommen und versuchen ihr mit der Entwicklung von Informationsmaterialien, der Durchführung von Seminaren und Weiterbildungsveranstaltungen bis hin zur Neugründung von Umweltbildungseinrichtungen gerecht zu werden. Besonders für Kinder hat der Wald als Lernort an Bedeutung gewonnen. Dies wird unter anderem an den sich seit 1993 in Deutschland rasant entwickelnden Waldkindergärten deutlich. Parallel dazu hat sich die Umweltbildung als fester Bestandteil in den Rahmenrichtlinien der allgemein bildenden Schulen etabliert. Wie auch andere Ziele in der Umweltbildung ist der Wald als Ökosystem seit 1993 als Bildungsauftrag im Niedersächsischen Schulgesetz verankert. Mit dieser zentralen Stellung des Waldes als Lernort und dem Aufkommen obiger Einrichtungen und Aktivitäten ist zudem eine eigens auf den Wald bezogene Pädagogik entstanden, die Waldpädagogik. Neben dem Ziel, Wissen über den Wald zu vermitteln und dem Umweltschutz zu dienen, prägt der Begriff des Erlebnisses seit einigen Jahren waldpädagogische Einrichtungen und Aktivitäten. Klassische Lehrpfade haben sich zu Walderlebnispfaden, Informationszentren zu Erlebniszentren und Waldschultage zu Walderlebnistagen entwickelt. Warum konnte sich die Waldpädagogik etablieren und warum gibt es keine Wiesen- oder Meerpädagogik? Warum hat der Wald als Lernort für Kinder an Bedeutung gewonnen? Welche Bedeutung hat das Erlebnis und damit die Erlebnispädagogik für die Waldpädagogik? Die oben beschriebene Entwicklung lässt auf einen besonderen Bedeutungsgehalt des Waldes für den Menschen schließen. So geht die vorliegende Arbeit besonders zwei Fragestellungen nach: Worin liegt sowohl die Bedeutung des Waldes für den Menschen als auch seine Bedeutung als Gegenstand der Pädagogik? Unter dieser Fragestellung soll genauer geklärt werden, um was für einen Lernort es sich beim Wald handelt, wodurch er sich auszeichnet und warum er für Kinder geeignet ist. Welche Institutionen gibt es einerseits und welche Aktivitäten andererseits, um Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter im Wald lernen zu lassen?

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Veröffentlichungsjahr: 2004

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Inhaltsverzeichnis

 

0. Einleitung

1. Der Wald als Lebensraum

  1.1. Grundsätzliches

1.1.1.  Der Begriff des Waldes

1.1.2.  Die Wälder der Erde

1.1.3.  Der Wald in Deutschland

1.2. Der Wald als Ökosystem

1.2.1.  Der Stoffkreislauf

1.2.2.  Der Aufbau des Waldes

1.2.3.  Die Artenvielfalt im Wald

  1.3. Die Bedeutung des Waldes für den Menschen

 1.3.1.  Die Geschichte des Waldes

  1.3.2.  Die Bedeutung des Waldes in früherer Zeit

 1.3.2.1. Die mythische, traditionelle und religiöse Bedeutung

 des Waldes

1.3.3.  Die heutige Bedeutung des Waldes

 1.3.3.1. Der Wald als Wirtschaftsraum

 1.3.3.2. Der Wald als Erholungsraum

 1.3.3.3. Der Wald als Schutz unseres Lebensraumes

 1.3.3.4. Die kulturelle Bedeutung des Waldes

 1.3.3.5. Gefahren im Wald

1.3.4.  Neuartige Waldschäden

  1.3.4.1. Was ist gegen Neuartige Waldschäden zu tun?

  1.4. Zusammenfassung

2. Grundlegung von Waldund Erlebnispädagogik

2.1. Zur Waldpädagogik

  2.1.1. Die Waldschulbewegung als Ursprung der Waldpädagogik

2.1.2. Heutige Gründung von waldpädagogischen Bildungseinrichtungen

2.1.3. Der Begriff „Waldpädagogik“

2.2. Zur Erlebnispädagogik

  2.2.1. Zum Wesen des Erlebnisses

2.2.2. Abriss der Geschichte der Erlebnispädagogik

2.2.3. Das Erscheinungsbild der modernen Erlebnispädagogik

  2.3. Zum Verhältnis von Waldund Erlebnispädagogik

   2.4. Zusammenfassung

3. Der Wert des Waldes für Kinder

  3.1. Die Bedürfnisse der Kinder vor dem Hintergrund der

  „Veränderten Kindheit“

3.1.1. Das Bedürfnis nach Liebe, Geborgenheit und Sicherheit

3.1.2. Das Bedürfnis, Erlebtes, Stimmungen und Gefühle auszudrücken

3.1.3. Das Bedürfnis nach Freiheit, Grenzen, Selbständigkeit und

 Verantwortung

3.1.4. Das Bedürfnis nach Spannung, Abenteuer und Risiko

3.1.5. Das Bedürfnis, mit der Natur verbunden zu sein

3.1.6. Das Bedürfnis, herzustellen und zu gestalten

3.1.7. Das Bedürfnis zu spielen

3.1.8. Das Bedürfnis sich zu bewegen

3.1.9  Das Bedürfnis nach Gemeinschaft

3.1.10. Das Bedürfnis, friedlich für sich allein zu sein

3.1.11. Das Bedürfnis, die Welt zu entdecken und zu verstehen

3.1.12. Das Bedürfnis, vielfältig wahrzunehmen

  3.2. Auswirkungen der mangelnden Bedürfnisbefriedigung

  3.3. Befriedigung der Bedürfnisse im Wald

  3.4. Zusammenfassung

4. Zur Funktion von Naturerlebnissen in der Kindheit

  4.1. Definition des Begriffes „Naturerleben“

  4.2. Die Bedeutung von Naturerlebnissen

4.2.1. Die Bedeutung für den Umweltschutz

  4.3. Flow Learning

 4.3.1. Wie man Kinder begeistert

  4.4. Zusammenfassung

5. Waldkindergärten in Deutschland

5.1. Die Waldkindergartenbewegung

5.2. Formen des Waldkindergartens

5.3. Konzeptionelle Inhalte und Leitgedanken

5.4. Was alles zu einem Waldkindergarten gehört

5.4.1. Gesetzliche Grundlagen

5.4.2. Die Ausrüstung

5.4.3. Verhaltensregeln im Wald

5.5. Ein Tag im Waldkindergarten

5.6. Einbeziehung walderlebnispädagogischer Aktivitäten in den   

Waldkindergarten

5.6.1. Der Entwicklungsstand des Kindergartenkindes

5.6.2. Mögliche Spiele und Aktivitäten mit Waldkindergartenkindern

5.7. Der Waldkindergarten und Schulfähigkeit

5.8. Zusammenfassung

6. Integration walderlebnispädagogischer Aktivitäten in die Grundschule

6.1. Der Entwicklungsstand des Grundschulkindes

6.2. Funktionen und Organisation der Schule

6.3. Mögliche Aktivitäten im Wald

6.3.1. Das Waldklassenzimmer

6.3.2. Das Waldtheater

6.3.3. Der Naturerlebnispfad

6.3.4. Die Nachtwanderung

6.3.5. Der Walderlebnistag

6.4. Mögliche Aktivitäten im Unterricht als Folge von Waldgängen

6.5. Zur Praxis der schulischen Umweltbildung

6.6. Zusammenfassung

7. Ausblick

8. Zusammenfassende Thesen

9. Literaturverzeichnis

 

Tabellenverzeichnis

Tab. 1:Bewegungsspiele

Tab. 2:Wahrnehmungsspiele

Tab. 3:Lernspiele

Tab. 4:Spiele zur Förderung der Gemeinschaft

Tab. 5:Spiel zur Förderung der Phantasie

Tab. 6:Spiel zum Erleben der Stille

Tab. 7:Das Thema „Wald“ im Fach Sachunterricht

Tab. 8:Das Thema „Wald“ im Fach Deutsch

Tab. 9:Das Thema „Wald“ im Fach Werken

Tab. 10:Das Thema „Wald“ im Fach Musik

Tab. 11:Das Thema „Wald“ im Fach Evangelische Religion

Tab. 12:

0. Einleitung

Seit Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts lässt sich ein wachsendes Interesse der Bevölkerung am Wald feststellen. Die Ursache ist in der Häufung von Neuartigen Waldschäden und der damit verbundenen verstärkten Medienpräsenz zu sehen. Dieses Interesse äußert sich darin, dass die Menschen den Wald verstärkt in ihrer Freizeit aufsuchen und Fragen zu ihm und seiner Bewirtschaftung stellen. Staatliche Organisationen, Verbände, aber auch private Einrichtungen haben sich dieser erhöhten Aufmerksamkeit und Aktivität der Menschen angenommen und versuchen ihr mit der Entwicklung von Informationsmaterialien, der Durchführung von Seminaren und Weiterbildungsveranstaltungen bis hin zur Neugründung von Umweltbildungseinrichtungen gerecht zu werden.

Besonders für Kinder hat der Wald als Lernort an Bedeutung gewonnen. Dies wird unter anderem an den sich seit 1993 in Deutschland rasant entwickelnden Waldkindergärten deutlich. Parallel dazu hat sich die Umweltbildung als fester Bestandteil in den Rahmenrichtlinien der allgemein bildenden Schulen etabliert. Wie auch andere Ziele in der Umweltbildung ist der Wald als Ökosystem seit 1993 als Bildungsauftrag im Niedersächsischen Schulgesetz verankert.

Mit dieser zentralen Stellung des Waldes als Lernort und dem Aufkommen obiger Einrichtungen und Aktivitäten ist zudem eine eigens auf den Wald bezogene Pädagogik entstanden, die Waldpädagogik. Neben dem Ziel, Wissen über den Wald zu vermitteln und dem Umweltschutz zu dienen, prägt der Begriff des Erlebnisses seit einigen Jahren waldpädagogische Einrichtungen und Aktivitäten. Klassische Lehrpfade haben sich zu Walderlebnispfaden, Informationszentren zu Erlebnis-zentren und Waldschultage zu Walderlebnistagen entwickelt.

Warum konnte sich ausgerechnet die Waldpädagogik etablieren und warum gibt es keine Wiesenoder Meerpädagogik? Warum hat der Wald als Lernort für Kinder an Bedeutung gewonnen? Welche Bedeutung hat das Erlebnis und damit die Erlebnispädagogik für die Waldpädagogik?

Die oben beschriebene Entwicklung lässt auf einen besonderen Bedeutungsgehalt des Waldes für den Menschen schließen. So geht die vorliegende Arbeit besonders zwei Fragestellungen nach:

Worin liegt sowohl die Bedeutung des Waldes für den Menschen als auch seine Bedeutung als Gegenstand der Pädagogik? Unter dieser Fragestellung soll genauer geklärt werden, um was für einen Lernort es sich beim Wald handelt, wodurch er sich auszeichnet und warum er für Kinder geeignet ist.

Welche Institutionen gibt es einerseits und welche Aktivitäten andererseits, um Kinder im Kindergartenund Grundschulalter im Wald lernen zu lassen?

Zunächst wird im ersten Kapitel der Wald als Lebensraum vorgestellt. Neben der Darstellung seines Vorkommens, seiner Merkmale und der Erläuterung seines Öko-systems, soll sowohl anhand eines Rückblickes auf die Geschichte des Waldes als auch mit Hilfe seiner verschiedenen Funktionen die Bedeutung des Waldes für den Menschen geklärt werden.

Im zweiten Kapitel wird eine Annäherung an die Waldpädagogik sowie an die Erlebnispädagogik geleistet. Ausgehend von ihren jeweiligen Ursprüngen werden ihre heutigen Erscheinungsbilder, ihre Ziele und Inhalte dargelegt. Von besonderer Bedeutung für die Erlebnis-, aber auch für die Waldpädagogik scheint das Wesen des Erlebnisses zu sein. Ob und in welchem Maße beide miteinander verknüpft werden können, soll am Ende des Kapitels verdeutlicht werden. Ziel der Ermittlung des Verhältnisses  von Waldund Erlebnispädagogik soll eine genauere Bestimmung des Lernortes Wald sein.

Das dritte Kapitel widmet sich der Frage, inwieweit der Wald einen besonderen Wert für Kinder hat. Ausgehend von kindlichen Bedürfnissen werden die für den Rahmen dieser Arbeit wichtigsten Aspekte der „Veränderten Kindheit“ ausgeführt und auf ihrer Grundlage überlegt, ob die Bedürfnisse der Kinder befriedigt werden. Da anzu-nehmen ist, dass einige Bedürfnisse nicht befriedigt werden, scheint eine Auseinandersetzung mit der Frage sinnvoll, welche Folgen dies für die kindliche Entwicklung haben kann. Inwieweit der Wald den Bedürfnissen gerecht werden kann, ist Gegenstand des letzten Unterkapitels.

Im vierten Kapitel wird näher auf die Funktion von Naturerlebnissen in der Kindheit eingegangen. Unter diesem Aspekt wird Naturerleben definiert und seine Bedeutung für die kindliche Entwicklung und für den Umweltschutz dargelegt. Zusätzlich wird eine Methode zum Naturerleben vorgestellt.

Das fünfte Kapitel ist den Waldkindergärten vorbehalten. Um was für eine Einrichtung handelt es sich hierbei? Nach welchen Prinzipien wird hier gearbeitet? Nach einer Vorstellung der Institution „Waldkindergarten“ werden anhand des Entwicklungsstandes des Kindergartenkindes geeignete Spiele und Aktivitäten für den Wald vorgestellt. Besondere Aufmerksamkeit sei auch der Frage gewidmet, ob Kinder im Waldkindergarten weniger gut auf die Grundschule vorbereitet werden.

1. Der Wald als Lebensraum

 

Der Wald als Lebensraum wird zu Beginn dieser Arbeit recht ausführlich behandelt. Dies geschieht aus dem Grunde, weil die umfangreiche Darstellung verdeutlicht, welche Wissenspotentiale die Thematik „Wald“ beinhaltet. Der Leser kann sich Hintergrundwissen aneignen, das für die pädagogische Arbeit mit Kindern nutzbar ist. Der Geschichte des Waldes und seiner Bedeutung für den Menschen wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt, da sie die historisch gewachsene Verbindung zwischen Mensch und Wald verdeutlichen.

 

1.1. Grundsätzliches

 

1.1.1. Der Begriff des Waldes

 

Im Bundeswaldgesetz lässt sich zum Begriff des Waldes folgende Definition finden:

 

„Wald im Sinne dieses Gesetzes ist jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Als Wald gelten auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungsund Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen.“ [1]

 

Wald ist über diese Definition hinaus ein in sich geschlossenes System mit starken Abhängigkeiten und Wechselwirkungen. Daran haben der Waldboden und das Klima ebenso ihren Anteil wie auch die verschiedenen biologischen Kreisläufe.[2] Unterschiedliche Pflanzenund Tierarten spielen im Wald eine wichtige Rolle, entscheidend geprägt wird er aber durch seine Bäume, die das Erscheinungsbild, die vorhandenen Pflanzengesellschaften und das Kleinklima bestimmen. Aufgrund ihrer Größe und ihrer langen Lebensdauer beeinflussen sie das Leben im Wald durch Wasserverdunstung, Absorbierung der Sonnenstrahlung und Windschutz.[3]

 

„Insgesamt ist es ein „verflochtenes System“ das stabil ist, wenn sich die Artenvielfalt in ihren Lebensräumen im natürlichen Gleichgewicht befindet.“[4]

 

1.1.2. Die Wälder der Erde

 

Den Angaben der FAO[5] aus dem Jahre 2000 zufolge beträgt die globale Waldfläche 3,9 Mrd. ha. Das sind 30% der Landfläche der Erde.

 

Die Wälder unserer Erde unterscheiden sich in verschiedenen Regionen stark voneinander. Abhängig vom jeweils herrschenden Klima, der Bodenbeschaffenheit und der Waldgeschichte sind sehr vielfältige Waldtypen entstanden. In einer ersten groben Einteilung unterscheidet man den Klimazonen entsprechend boreale (kaltgemäßigte) Wälder (30%), temperierte (gemäßigte) Wälder (22%) und tropische (einschließlich subtropische) Wälder (48%). Diese klimatischen Waldzonen werden in einem weiteren Schritt in Vegetationszonen untergliedert. Vom Polargebiet zum Äquator fortschreitend reicht die Bandbreite von den borealen Nadelwäldern des nördlichen Waldgürtels, über die sommergrünen und die immergrünen Laubund Mischwälder der mittleren Breiten, die Hartlaubund Lorbeerwälder bis hin zu den tropischen Trockenwäldern und den regenund immergrünen Feuchtwäldern. Diese Vegetationszonen erstrecken sich wie die borealen Nadelwälder im Norden teils als Gürtel rund um die Erde, andere, wie die sommergrünen Laubund Mischwälder, stellen kontinentale Blöcke dar und wieder andere treten als kleine isolierte Vorkommen auf.[6] In den extremen Kälteund Trockenzonen bestehen die Wälder aus wenigen oder auch nur einer einzigen Baumart. Im Gegensatz dazu wachsen in tropisch feuchten Zonen oftmals viele verschiedene Arten auf engem Raum.[7]

 

1.1.3. Der Wald in Deutschland

 

In den ursprünglichen Waldgesellschaften Deutschlands waren 80% der Waldfläche Laubwälder. Die Rotbuche nahm den breitesten Raum ein. Völlig naturbelassene Wälder gibt es heute aber aufgrund ihrer geschichtlichen Entwicklung kaum noch.[8] Die heutige Verteilung von Wald, landwirtschaftlichen Nutzflächen, Verkehrsund Siedlungsflächen ist das Ergebnis menschlichen Handelns über Jahrhunderte hinweg. Aus diesem Grunde handelt es sich heute nicht mehr um einen unberührten Urwald, sondern vielmehr um einen vom Menschen geprägten Wirtschaftswald.[9]

 

In Deutschland kommen atlantisch geprägte sommergrüne Laubund Mischwälder, aber auch nadelbaumreiche Gebirgswälder der temperierten Zone vor.[10] Die Schwerpunkte der Waldverbreitung liegen heute in den Mittelgebirgen, den Alpen und Teilen des Nordostdeutschen Tieflandes.[11] Die Wälder weisen verschiedene großund kleinräumig wechselnde Standortbedingungen und Waldgesellschaften auf.

 

Der heutige Wald nimmt gut 30% der Fläche Deutschlands ein. Damit ist der Wald der bedeutendste naturnah genutzte Lebensraum. 59 Baumund 97 Straucharten kommen in Deutschland überwiegend als Waldpflanzen vor. Angaben der letzten Bundeswaldinventur aus dem Jahr 1990 zufolge wird der Wald von vier Hauptbaum-arten geprägt. Fichte und Kiefer dominieren inklusive sonstiger Nadelbaumarten zu 35 bzw. 31%, Buche und sonstiges Laubholz zu 25% und Eiche zu 9%. [12]

 

1.2. Der Wald als Ökosystem

 

1.2.1. Der Stoffkreislauf

 

Der Aufbau eines Ökosystems besteht aus Produzenten, Konsumenten und Reduzenten. Produzenten bauen aus mineralischer Substanz organische Stoffe auf,

 

zu ihnen gehören in erster Linie grüne Pflanzen. Bei den Konsumenten werden die Konsumenten erster Ordnung, die Pflanzenfresser, und die Konsumenten zweiter Ordnung, die Fleischfresser, unterschieden. Die Reduzenten sind Zersetzer. Zu ihnen zählt man z.B. Würmer, Bakterien und Pilze. Sie bauen die Reste von Organismen ab und überführen sie wieder in ihre Grundbestandteile. Indem diese den Produzenten wieder als Nährstoffe dienen, wird der Stoffkreislauf des Öko-systems geschlossen. Sowohl Produzenten als auch Reduzenten sind der Atmosphäre und dem Boden ausgesetzt. Beide Umwelten beeinflussen das Wachs-tum und die Lebensfähigkeit der Organismen.

 

Im Idealzustand befindet sich ein solches System im ökologischen Gleichgewicht. Dieses Gleichgewicht umfasst alle im Ökosystem ablaufenden Prozesse, wie z.B. die Regulierung des pflanzlichen und tierischen Artenbestandes und auch den Wasser-haushalt. Jedes Ökosystem kann auf Einflüsse von außen reagieren und sein Gleichgewicht auf einer neuen Stufe einrichten. Wird diese Fähigkeit zur Selbst-regulierung ab einem gewissen Punkt überschritten, ist das System nicht mehr in der Lage sich aus eigener Kraft zu erhalten. Bestimmte Arten nehmen dann überhand und entwickeln sich zu Schädlingen.[13]

 

1.2.2. Der Aufbau des Waldes

 

Das Hauptmerkmal des Waldes sind die Bäume. Denn durch sie herrschen andere Lebensbedingungen für die restlichen Bewohner des Ökosystems als zum Beispiel auf einer Wiese. Zu erwähnen sind hier die Lichtverhältnisse, die Temperatur und die sanfte Bewässerung.[14]

 

Durch das Kronendach wird das Sonnenlicht mehr oder weniger stark gemindert. So beträgt die mittlere Jahreshelligkeit 5-37% des Außenlichts. Diese Tatsache hat den größten Einfluss auf die übrige Pflanzenwelt, da mit diesen geringen Lichtmengen nur wenige Arten wie Moose, Flechten, Farne und Pilze zurechtkommen. Des Weiteren herrschen im Wald ausgeglichene Temperaturen. Aufgrund des Strahlungsschutzes der Baumkronen im Sommer, dem Windschutz im Winter und der hohen Luftfeuchtigkeit werden Temperaturschwankungen gemildert. Während im Sommer die Bodentemperaturen im Freiland 60-70°C betragen können, steigen sie im Wald selten über 18-20°C an. Im Winter kehren sich die Verhältnisse um, da der Waldboden zu dieser Jahreszeit nie so stark auskühlt wie der Boden im Freien.

 

Zur sanften Bewässserung lassen sich zwei Aspekte anführen. Zum einen beträgt die relative Luftfeuchtigkeit im Wald ständig an die 100%. Der Waldboden verdunstet also nur geringe Wassermengen, was dazu führt, dass der Wald bis in die oberste Schicht feucht bleibt, auch wenn es lange nicht regnet. Zum anderen wird starker Regen vom Kronendach des Waldes abgehalten und läuft an den Baumstämmen herunter zum Boden. Geringe Regenmengen werden vollständig im Kronenraum zurückgehalten und kommen über die feuchtigkeitsgesättigte Luft der Bodenfeuchte zugute. Diese sanfte Bodenbewässerung wird zusätzlich durch die Streudecke aus Laub, Nadeln und weiteren Pflanzenmaterialien gefördert, da sie den Waldboden wie eine Mulchschicht vor Austrocknung, Temperaturschwankungen und Ver-schlämmung schützen.[15]

 

Durch diese speziellen Lebensbedingungen wird eine Anpassung der Waldbewohner an die jeweiligen Standorte notwendig. Eine Einteilung dieser Standorte von Tieren und Pflanzen lässt sich durch den Stockwerkaufbau des Waldes vornehmen. Man unterscheidet grob Boden-, Kraut-, Strauchund Baumschicht.

 

Die Bodenschicht enthält Nährstoffe für die Pflanzen des Waldes und nimmt gleichzeitig Pflanzenabfälle auf. Diese werden von den Reduzenten in anorganische Stoffe umgewandelt. Die Krautschicht ist abhängig vom Baumdach des Waldes. Mischund Laubwälder bieten die Voraussetzung für niedrig wachsende Pflanzen, da das Blätterdach der Laubbäume im Frühjahr noch nicht entwickelt ist und somit genügend Licht auf den Boden fällt, um den Kräutern das Wachstum zu ermöglichen. In dieser Schicht leben zwischen z.B. Moosen und Flechten, Buschwindröschen und Waldmeister auch Tiere wie Käfer, Schnecken, Mäuse, Spinnen und Kröten.

 

Das nächsthöhere Stockwerk, die Strauchschicht, ist ebenso wie die Krautschicht abhängig von den Lichtverhältnissen im Wald. Hier lassen sich Sträucher wie z.B. Schlehe, Hasel und Weißdorn finden. Diese Sträucher bieten auf der einen Seite Lebensraum für viele Insekten, Vögel und Wildarten, auf der anderen Seite fördern sie durch ihren jährlichen Laubabwurf die Humusbildung. 

 

Die wohl charakteristischste Schicht ist die Baumschicht. Auch hier sind die Ausprägungen der verschiedenen Schichten abhängig von den Lichtverhältnissen. Wird ein großer Baum gefällt, erhalten die Bäume aus dem Mittelstand mehr Licht und können besser wachsen. Auf diese Weise wird der Nachwuchs für die Baumschicht gesichert und außerdem eine vielfältige Altersstruktur erreicht. Grundsätzlich unterteilt man die Baumschicht in Nadelund Laubbäume, die sich im Wachstumstempo, ihrer Holzbeschaffenheit und in ihrem Wuchs unterscheiden. Diese Bäume bieten Insekten und Vögeln einen Lebensraum.[16]

 

1.2.3. Die Artenvielfalt im Wald

 

Die einzelnen Arten befinden sich im Wald in einem dynamischen Gleichgewicht, was bedeutet, dass die Zahl der Konsumenten vom Nahrungsangebot abhängt. Tiere wie der Igel sind dementsprechend abhängig vom Angebot an Bodenlebewesen, die wiederum abhängig sind von der Qualität der Waldstreu. In einem reinen Fichtenund Kiefernwald wird vielen Tieren der Lebensraum genommen und der Artenreichtum reduziert. Sind also wie in Kap. 1.2.2. erläutert, die einzelnen Stock-werke ausgeprägt, finden viele verschiedene Tiere Lebensräume und es gibt dadurch eine artenreiche Tierwelt. So entwickelt sich je nach Standort ein charakteristisches Artengefüge.[17]

 

Die nacheiszeitlichen Säugetiere wie Wisent, Auerochs oder Elch sind ebenso wie ihre natürlichen Feinde Wolf und Luchs in Mitteleuropa ausgerottet. Heute existieren in unseren Wäldern neben den größeren Tieren wie Hirschen, Rehen und Wild-schweinen auch Raubtiere wie Baummarder, Hermelin, Dachs, Fuchs und Iltis.[18] Während in den Bäumen viele charakteristische Vogelarten wie Waldlaubsänger, Haubenund Tannenmeise, Schwarzspecht oder Eichelund Tannenhäher leben, tummeln sich in der unteren Waldschicht Reptilien wie die Waldeidechse und Amphibien wie Erdkröte, Molch oder Salamander.[19] Allerdings stellen die Insekten die größte Vielfalt dar. Allein an der Eiche leben 1000 Insektenarten. Darunter befinden sich Maikäfer, Raupen verschiedener Nachtschmetterlinge, Pflanzenläuse und über 100 Arten von Gallwespen. Die Nonne, der Kiefernspinner und der Buchdrucker, als eine Art des Borkenkäfers, können aber aufgrund ihrer hohen Individuendichte zu Schädlingen werden. Als Larven fressen sie die Nadeln der Bäume ab, was aufgrund der Anzahl der Larven zu kahlen Bäumen führen kann.[20]

 

1.3. Die Bedeutung des Waldes für den Menschen

 

1.3.1. Die Geschichte des Waldes

 

Nach 60 Mio. Jahren einer ausgewogenen Bewaldung in Mitteleuropa, sorgten mehrere Eiszeiten dafür, dass von dieser starken Bewaldung vor etwa 12 000 Jahren nichts mehr übrig war. Da aber manche Baumarten in wärmeren Gebieten wie in Frankreich und Italien überleben konnten und mit dem wärmer werdenden Klima nach Mitteleuropa zurückkamen, siedelten sich von 8000 bis 3000 v. Chr. erst wieder Kiefern und Birken, dann auch Eichen, Eschen, Ahorn und Linden an. Als es um 2000 bis 0 v.Chr. noch einmal kälter wurde, wurden die wärmeliebenden Bäume durch die kühlfeuchte Klimalagen bevorzugende Buche ersetzt.[21]

 

Um die Zeitenwende waren 70 bis 75% der mitteleuropäischen Gesamtfläche von Wald bedeckt.[22]  Julius Cäsar schrieb zu dieser Zeit:

 

„Niemand ist in diesem Teil Germaniens, der sagen könnte, bis ans Ende jenes Waldes gekommen zu sein, selbst wenn er sechzig Tagesreisen weit vorgedrungen ist, oder vernommen hätte, wo jenes Ende sich findet.“ [23]

 

Zu  ersten Veränderungen des Landschaftsbildes kam es durch die Römer, die das Holz als Baustoff und Energieträger nutzten und deswegen rodeten. Zu dieser Zeit galt der Wald als „locus neminis“, als Niemandsland. Da aber die Waldnutzung im frühen Mittelalter mit zunehmender  Bevölkerungsdichte immer stärker eingeschränkt wurde und große Waldgebiete von den Merowingern in Beschlag genommen wurden, dauerte der Zustand der Waldfreiheit und der schrankenlosen Nutzung nicht lange. Der freie Wald wurde im Mittelalter zum „gemeinen Wald“ und gehörte dem König. Privatbesitz gab es nicht. Aber jeder Bauer besaß das Recht auf Holzein-schlag zu Brennund Bauzwecken, als Viehweide oder für den Waldfeldbau. Auch heute sind einige dieser Bannwälder, wie z.B. der Harz, der Spessart oder der Teutoburger Wald noch erhalten geblieben. Erst später, mit dem verstärkten Aufkommen von Grundbesitz, wurden Grenzen innerhalb des Waldes markiert.

 

Nach den Rodungen durch die Römer fällt die erste größere Rodungszeit ins 11. bis 13. Jahrhundert. Ortsnamen, die auf –rode oder –reut enden, erinnern an diese Zeit. Die Ursache dafür war ein drastischer Bevölkerungsanstieg aufgrund wirtschaftlicher Stabilisierung. Im Landvolk war das Bewusstsein verwurzelt, dass der Wald allen gehöre.[24] Als der Adel im späten Mittelalter große Teile des Waldes vereinnahmte und der „gemeine Wald“ dadurch zurückgedrängt wurde, herrschten nun die Grund-herren über die Wälder und verlangten Pflichtdienste von den Bauern. Die Unzufrie-denheit der Bauern drückte sich in den Bauernkriegen des 16. Jahrhunderts aus.[25]

 

Als die Städte immer mehr Holz benötigten, wurden die Rechte der Bauern, im Wald Bäume zu fällen und Vieh einzutreiben, stärker eingeschränkt. Sie durften nur noch zweimal in der Woche in den Wald um Holz zu schlagen und mussten jede geschlagene Eiche durch sechs junge ersetzen. Trotzdem wurden die Wälder immer lichter. Nicht nur der Holzeinschlag, sondern auch das Abtragen der am Boden liegenden Laubstreu für die Fütterung der Tiere führte zur Verarmung des Bodens und damit zu Zuwachsverlusten und einem Rückgang der anspruchsvolleren Holzarten. Bei der Buche führte dies zu Zuwachsverlusten von bis zu 40%. Zusätzlich schwächte die Pechund Harzgewinnung die Wälder.[26]

 

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts begann der Kampf der westlichen Seemächte um die Weltherrschaft. Da besonders die Eiche für den Schiffsbau geeignet war, wurden ganze Eichenwälder abgeholzt. In dieser Zeit fiel dem Seehandel und seiner bewaffneten Beschützung in Europa eine Waldfläche zum Opfer, die viermal so groß ist wie die heutige Bewaldung in Deutschland.[27]