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Erhebendes spirituelles Lesefutter gefällig? Der Buchmarkt ist übervoll mit Literatur für spirituell interessierte Menschen. Aber welche Bücher lohnen sich für Alte Seelen wirklich? In ihrem "Leseführer für Alte Seelen" gibt Floriane Leland persönliche Empfehlungen zu Büchern mit geistiger Tiefe und hoher Schwingung. Denn der spirituelle Pfad ist einfach schöner, wenn man sie dabeihat: ein paar Bücher, die wie Freunde sind. In Band 1 des Leseführers geht es um eindrucksvolle Lebenswege, Momente des Erwachens, den Sinn des Lebens, Poetisches und Erleuchtendes, Berichte aus dem Jenseits, Einblick in die Chronik des Universums, Lebensbeichten, wahre Hingabe und mehr. Wir treffen auf jahrtausendealte Weisheiten ebenso wie auf moderne Sichtweisen des Wassermannzeitalters / der Luftepoche. Wir erhalten Einblick in östliche und westliche Philosophien, Lehren aus Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, jüdisch-christlicher und anderer Traditionen, und wir lernen diverse Möglichkeiten kennen, die eigene Spiritualität zu leben. Die Autorin beschreibt, worum es in den Büchern geht und was sie in ihr – ganz persönlich – ausgelöst haben. Weitere Bücher von Floriane Leland: • Alte Seelen finden ihren Weg. Erfahrungen, Ansichten und Einsichten einer Alten Seele in ihren besten Menschenjahren • Besinnliches für Alte Seelen. Gedanken, Gereim-tes und Geistesblitze • Dualseelen-Liebe, Dualseelen-Drama. Inter-view mit einer Alten Seele, die durch den Fleisch-wolf ging • Herzensruhe, Freiheit, Glückseligkeit. Ein kurzes Buch vom Tao
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2023
Inhaltsverzeichnis
Dem Fluss des Lebens vertrauen
Immer der Seele nach
Hier. Jetzt.
Randbemerkung: Warum Bücher?
Ab Lebensmitte alles anders
Zeitalter des Erwachens
Easy zur Einheit
Randbemerkung: Warum diese?
Worauf es im Leben wirklich ankommt
Wer du wirklich bist
Himmelsbeweis
Noch mehr „Beweise“ gefällig?
Randbemerkung: Namen für das Unbeschreibliche
40 Tage mit Tiefgang
Unfall oder Glücksfall?
Schreibt ein Yogi in sein Tagebuch…
Mit den Beatles in Indien
Sagt der Guru zu seinem Chauffeur…
Randbemerkung: Der eigene Filter
Männersache
In der Seelengeschichte blättern
Das Jahr der Befreiung
Randbemerkung: Alles gender, oder was?
Schnellkurs in Sachen Lebensglück
Randbemerkung: Schon wieder Wahrheit
Sanfter Genuss
Wenn Gott Kuchen backt
Einswerdung am Fluss
Fortsetzung folgt
Weitere Bücher von Floriane Leland
Leseprobe: Herzensruhe, Freiheit, Glückseligkeit
Wenn du einverstanden bist, legen wir gleich los, ohne Aufwärmen, ohne Vorwort, ohne Einleitung. Der Titel dieses Leseführers macht klar, worum es geht, also können wir direkt mit dem ersten Lesetipp einsteigen.
Es handelt sich um ein Buch, das für mich ein geschätzter Begleiter geworden ist: Das Experiment Hingabe, das zweite Buch von Michael A. Singer. Der Autor erzählt darin seine (spirituelle) Lebensgeschichte.
Michael Singers Erzählung beginnt 1970. Zu dem Zeitpunkt ist er 22 Jahre alt, Student der Wirtschaftswissenschaften und auf dem Weg, Universitätsprofessor zu werden. Ein analytischer Geist ohne jeden Hang zur Spiritualität. Eines Tages sitzt er mit seinem Schwager zu Hause auf der Couch, die Unterhaltung stockt, es entsteht ein unangenehmes Schweigen. In dieser Situation ist Michael zum ersten Mal bewusst Zeuge seiner Gedanken und Gefühle. Statt die Situation zu „retten“, nimmt er einfach nur wahr, was in ihm vorgeht; statt sich in seinen Gedanken und Gefühlen zu verlieren, bleibt er der Beobachter. Von außen betrachtet eine Kleinigkeit. Trotzdem ist sein Leben von diesem Moment an ein anderes. Er bleibt Zeuge. Er nimmt von nun an die immer präsente Stimme in seinem Kopf bewusst war, und schon nach kurzer Zeit beginnt sie, ihn zu nerven.
An dieser Stelle ein kurzer Einschub meinerseits. Ich gehe mal davon aus, dass, wenn Michael Singer von einer Stimme im Kopf spricht, er nicht im krankhaften Sinne „Stimmen hört“, sondern er den ständigen Strom an Gedanken in sich hat, den wir alle haben und an den wir normalerweise so gewöhnt sind, dass wir ihn als zum Leben selbstverständlich dazugehörig empfinden. Das sind ja keine „Stimmen“ im akustischen Sinne, sondern eben Gedanken. Mensch denkt halt. Die Gedanken werden dann zur Last, wenn sie anfangen, Karussell zu fahren, wenn sie zu einem reißenden Strom werden, wenn sie abends zur Schlafenszeit einfach nicht aufhören zu schnattern oder wenn sie unangenehme Gefühle nach sich ziehen.
Oft unterhalten sich ja zwei Gedankengänge miteinander, zum Beispiel so:
A: „Ich habe Angst, mich heute bei meiner Rede zu blamieren.“
B: „Ach was, ich bin gut vorbereitet, das wird schon klappen.“
Und dann folgern wir, dass A ein von außen kommender Gedanke war und B das eigentliche Ich, die Vernunft, mit der wir uns viel lieber identifizieren als mit der Angst. In Wahrheit sind natürlich beide nur Gedanken und haben mit unserem wahren Selbst bzw. unserem echten Sein (dem Beobachter) nichts zu tun. Einschub Ende. Weiter mit Michaels Geschichte.
Er bleibt also dauerhaft Zeuge seiner Gedanken und Gefühle. Auch wenn es ihm nicht immer gelingt, sich nicht von ihnen herumschubsen zu lassen, so rutscht er doch nie mehr ganz zurück in den alten Irrtum, dass er es sei, der da „spricht“. Die Gedanken tauchen einfach auf. Die Frage ist nur: Wie bringt man die zum Schweigen?
Die Antwort, die er findet, lautet – du ahnst es schon – Meditation. Michael macht seine ersten Erfahrungen mit Zen-Meditation. Kurze Zeit später erfährt er während eines Camping-Ausflugs, als er in der Natur meditiert, zum ersten Mal vollkommene Stille. Das verändert ihn so sehr, dass er nach dem Camping-Wochenende nicht in sein normales Leben zurückfindet. Zwar bleibt die Stille nicht dauerhaft bei ihm, aber zu wissen, dass es sie gibt und zu spüren, wie sie ihn unwiderstehlich anzieht, verhindert, dass er sich wieder auf das Hamsterrad des Alltags einlässt. Als seine Frau sich von ihm trennt, erlebt er dies als äußerst schmerzlich, nimmt aber gleichzeitig fasziniert wahr, wie sich durch den Schmerz seine bisherige Persönlichkeit verabschiedet. Das Zusammenbrechen seines alten Ichs ermöglicht ihm das seelische Wachstum, nach dem er sich so sehnt. Michael verbringt einen Sommer mit viel Rückzug, Yoga und Meditation in Mexiko. Hier wird ihm klar, dass eine Laufbahn als Uni-Dozent nicht länger sein Weg ist. Er schließt noch seine laufenden Kurse ab, dann spült ihn eine glückliche Fügung zu einem Stück Land, das er kauft, und zwar vom Rest des Geldes auf seinem Ausbildungskonto. Seine letzten Kröten investiert er in Holz für das Meditationshaus, das er mit Hilfe zweier Freunde auf seinem Stück Land baut. Dort lebt Michael für eineinhalb Jahre zurückgezogen und folgt einer strengen Zen-Meditationsroutine, stößt dann jedoch auf die Autobiographie des Paramhansa Yogananda (von dem später in diesem Leseführer noch die Rede sein wird) und vertieft sich in dessen Lehren. Nachdem sich Michaels Suche nach innerer Freiheit bislang ganz darauf konzentriert hatte, die Gedanken durch Meditation zum Schweigen zu bringen, beginnt er nun sein Experiment der Hingabe, akzeptiert alles was kommt, und er erlebt, wie sein Leben sich auf ungeahnte Weise entfaltet. Das Leben bringt ihm ein Geschenk nach dem anderen, in Form von Menschen und Möglichkeiten, einzigartigen Erfahrungen und – ja: Wundern. All das hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Nur so viel sei gesagt: Er schlüpft in viele Rollen. Von Dozent (nun also doch) über Tempel-Erbauer, Vater, Bauunternehmer bis Softwarekonzernchef ist alles dabei. Keine dieser Erfahrungen wäre möglich gewesen, wenn Michael auf seinen Verstand gehört hätte, das betont er immer wieder. Sie alle entstanden durch Zulassen bzw. Hingabe. Seine Ego-Gedanken sind zwar immer vorhanden, und der Verstand hört nicht auf zu plappern, aber Michael identifiziert sich nicht mit ihnen, sprich: Er sitzt nicht dem Irrtum auf, dass er selbst es sei, der da gedanklich spricht.
Die meisten Entwicklungen, die Michael schildert, sind sehr weltlicher Art – wobei „weltlich“ natürlich auch nur ein Etikett ist, das wir den Dingen verpassen. In Wahrheit gibt es keine Trennung zwischen weltlich und geistig-spirituell.
Typisch amerikanisch werden das ganze Wachstum und die Millionenbeträge, um die es geht, von Michael positiv bewertet, wenngleich er sich nicht einbildet, das alles sei sein Erfolg, sondern alles nur staunend zur Kenntnis nimmt. Wie das jedoch so ist mit den großen Aufstiegen: Man kann auch tief fallen. Wo viel Licht ist, bäumt sich die Dunkelheit manchmal gewaltig und überfallartig auf. Michael wird eines Verbrechens bezichtigt, das er nicht begangen hat. Ein Softwareverkäufer, der Bestechungsgelder eingesackt hat, beschuldigt den Vorstand (eines der Vorstandsmitglieder ist Michael), ihn dazu angewiesen zu haben. Natürlich totaler Quatsch, aber leider glaubt die US-Justiz dem Betrüger und erhebt Anklage. Das Dilemma zieht sich über Jahre, und das ist dann der wahre Test für Michael Singers Hingabe. Er muss sich der Möglichkeit hingeben, unschuldig ins Gefängnis zu kommen …
Tja, was soll ich sagen. Zumindest in der ersten Lebenshälfte gilt wohl für viele von uns, dass wir versuchen, das Leben so zu gestalten, dass es unseren Vorstellungen entspricht. Alles unter Kontrolle. Daraus resultiert ein ständiges Streben, oft inklusive Anspannung und Kampf: Das, was ist, möchten wir verändern, damit es so wird, wie wir es haben wollen. Manchmal gelingt das sogar; dann entspannen wir uns ganz kurz, und schon geht es in die nächste Runde. Anstrengend.
Michael Singer hat sich Anfang der 1970er Jahre entschlossen, es anders zu machen. Anstatt zu strampeln, hat er einfach alles so entstehen lassen, wie es entstehen wollte. Er hat sich in den Fluss der Dinge begeben und seine Aufgaben darin gefunden. Daraus ist vieles entstanden, das unter Kontrolle und Lenkung nicht hätte entstehen können. Nachdem er gut 40 Jahre auf diese Weise gelebt hat, begann er, dieses Buch zu schreiben. Das Original The surrender experiment erschien 2015. (Im Deutschen ist es übrigens nicht nur unter dem Titel Das Experiment Hingabe erschienen, sondern auch unter dem Titel Das Leben wagen.) Es ist, wie eingangs erwähnt, Michael Singers zweites Buch. Sein erstes – und bekannteres – heißt Die Seele will frei sein und ist eine Art Standardwerk, eine Sammlung befreiender Wahrheiten über das wahre Selbst und den Verstand.
Sätze zum Mitnehmen: Vertrauen ist besser als Kontrolle. Die Situation ist perfekt, so wie sie ist. Die Personen, denen wir begegnen, wurden vom Universum ausgewählt. Sie treten zum exakt richtigen Zeitpunkt in unser Leben. Da ich weiß, dass die Situation perfekt ist (selbst wenn es anders erscheinen mag), gebe ich mich dem, was ist und was daraus entsteht, vollkommen hin. Wenn ich weiß, dass alles zum Besten ist, sowohl für die ganze Welt als auch für mich als Individuum, dann gibt es keinen Platz mehr für Begierden oder Ängste.
Am spirituellen Weg führt sozusagen kein Weg vorbei. Das muss nicht in diesem Leben sein. Doch irgendwann ist jede Seele soweit, sehnt sich auf Erden nach dem Himmlischen und setzt ihren ersten bewussten Schritt auf diesen Pfad. Diesen Weg gehen wir allein, sind aber nie einsam. Es ist so, als ob ein innerer Kompass uns leitet. Und so heißt denn auch ein wundervolles Buch von Jorge Bucay: Der innere Kompass – Wege der Spiritualität.
Gesegnet, wem dieses Buch am Anfang des spirituellen Weges begegnet. Aber auch für „alte Hasen“ ist es wertvoll, weil es uns daran erinnert, dass alles geführt war und ist. Der Weg hat sich wie von selbst bis hierhin ergeben, und in der Rückschau entdecken wir die beeindruckende spirituelle Logik, die in ihm lag und liegt. Von hier aus werden wir die spirituellen Etappen, die noch vor uns liegen, bewusster dankbar zu schätzen wissen.
Jorge Bucays Buch bietet eine gute Einführung, zum Beispiel: Woher kommt die Dreiteilung in Körper-Seele-Geist? Er erklärt den Unterschied zwischen Spiritualität und Religion und berichtet vom Buddha, der den etablierten Religionslehrern die berechtigte Frage stellte: „Warum braucht es einen Mittler zwischen Gott und den Menschen?“
Für spirituell Erfahrene bietet Jorge eine gute Auffrischung wichtiger Grundsätze, beispielsweise (in meinen Worten):
Wenn du versuchst, es anderen recht zu machen, bewegst du dich von dir selbst weg.
Wenn dir jemand den Weg vorgibt oder Regeln vorschreibt, befreie dich. Jeder Mensch geht seinen ganz eigenen Weg. Du merkst, dass du auf dem richtigen (deinem!) Weg bist, wenn du glücklich bist, dich unabhängig und frei fühlst.
Ein Wunsch entspringt einem Gefühl des Mangels.
Wir befinden uns auf der Durchreise. Es reist sich besser mit leichtem Gepäck.
Der spirituelle Weg ist ein innerer Weg. Auch die vermeintlich von außen kommenden Schwierigkeiten im Leben kommen von innen, sind Projektionen auf das Außen.
Im Laufe der Zeit ändern sich die Fragen, werden weniger von Gier und Kontrollbedürfnis geformt. Das Verständnis von Liebe ändert sich.
Liebe befreit.
Lachen befreit.
Es ist, wie es ist.
Und das alles liebevoll gespickt mit vielen Weisheitsgeschichten. Die letzte dieser Geschichten hat mich zu Tränen gerührt. Die wichtigste Botschaft in Der innere Kompass ist meines Erachtens, dass, wer sich einmal auf den spirituellen Weg gemacht hat, nicht mehr umdrehen kann.
Kommen wir zu einem Kultbuch.
Sein Autor Dan Millman hatte eine behütete Kindheit und ein Vorzeige-Leben: Spitzensportler, Berkeley-Student. Eines Nachts begegnete er „zufällig“ seinem geheimnisvollen spirituellen Lehrer, den er Socrates nannte. Aus seinen Erlebnissen mit Socrates hat Dan Millman einen Roman gemacht: Der Pfad des friedvollen Kriegers.
Die Handlung des Romans ist schnell erzählt: Dan und Socrates führen Gespräche an einer Tankstelle, gewürzt mit ein paar Ausflügen. Wir werden Zeugen, wie jugendlich-hochmütig-eitle Besserwisserei (Dan) auf schonungslose Wahrheit und tiefe Weisheit (Socrates) trifft. Zwischendurch lebt Dan sein Studenten- und Sportlerleben weiter, inklusive Sinnkrise. Dann präsentiert ihm das Leben eine harte Prüfung. Socrates lehrt ihn, alles auf neue Art und Weise zu tun – essen, atmen, wahrnehmen, … Am Ende (das eigentlich ein Anfang ist), begibt sich Dan mit Socrates auf eine letzte Reise, um sein eigenes wahres Wesen zu erkennen.
Das Besondere an dem Roman: Die Gespräche haben es in sich. Socrates zeigt Dan den Weg des friedvollen Kriegers, einen Lebensweg ohne Probleme und Sorgen. Wir Lesenden können uns die Aspekte und Lehren herauspicken, die für uns gerade wichtig sind. Hier sind ein paar meiner Favoriten (in meinen Worten):
Wir müssen das Leben nicht verstehen.
Informationen sind nicht Wissen. Um Wissen aufzunehmen, müssen wir zunächst unsere innere Informationsflut beseitigen.
Sind die vielen Dinge, die wir so zu tun haben, vielleicht nur Mittel, um uns von den Aspekten unserer Person abzulenken, die wir nicht ansehen mögen?
Das Gedankenkarussell entsteht, wenn wir uns innerlich gegen eine Situation auflehnen.
Wir sind nicht die Personen, die wir zu sein glauben.
Freiheit erreicht man durch Hingabe – indem man alle Gedanken loslässt, immer wieder.
Das Glück findet dich dann, wenn du alles andere aufgegeben hast.
In der Gegenwart gibt es keine Gedanken.
Unser Platz ist das Universum.
Wenn wir ungeduldig werden angesichts der Begriffsstutzigkeit, die Dan an den Tag legt, sagt das viel über uns selbst aus. Denn im Grunde verhalten wir uns doch allzu oft genauso: Wir wissen schon so viel über das spirituelle Leben, verhalten uns aber häufig so, als hätten wir von alledem noch nichts gehört.
Im Laufe der Geschichte lässt Dans Aufbegehren aber nach, und die wertvollen Lehren können einsickern. Ach, und fast hätte ich’s vergessen: Eine Liebesgeschichte gibt es auch.
Während der Lektüre des „Kriegers“ musste ich oft an eins meiner Lieblingssprichwörter (Ursprungsland: China) denken: Wahre Freiheit gewinnt der Mensch erst dann, wenn er das Interesse daran verliert, welchen Eindruck er erweckt. Dan Millmans Geschichte liefert ein paar schöne Beispiele dafür, dass die Meinung anderer über uns keine Rolle mehr spielt, sobald wir uns mit etwas wirklich Wichtigem befassen. Sobald wir also auf dem Pfad sind.
Genau genommen brauchen wir Bücher nicht – es steckt alles in uns, und nur im Innern können wir die Wahrheit finden. Mit anderen Worten: Bücherweisheit hat mit Weisheit wenig zu tun. Meines Erachtens geht es aber beim Genuss spiritueller Bücher auch nicht darum, im Außen die Lösung zu suchen, sondern darum, uns mit Hilfe dieser Bücher in eine Schwingung zu versetzen, die uns beim Nach-innen-Wenden hilft. Und dann findet uns manchmal ein Buch, das dem Leben eine neue Richtung gibt oder ihm eine neue Facette zufügt, das einem also hilft, die Antworten im eigenen Innern zu entdecken. Alles kein Zufall.
Für mich ganz persönlich gilt, frei nach Loriot: Ein Leben ohne Bücher ist möglich, aber viel weniger schön. Dieser Leseführer ist also nicht nur eine Sammlung von Empfehlungen, sondern gleichzeitig meine Liebeserklärung an das Medium Buch. So, höchste Zeit für einen weiteren Buchtipp.
In spirituellen Kreisen gibt es viele Leute, die das Ego ablehnen oder sogar eine regelrechte Ego-Aversion an den Tag legen, was nichts anderes ist als eine Reaktion ihres eigenen Egos auf das vermeintlich riiieeesige Ego ihres Gegenübers (Projektion lässt grüßen). Jeder Mensch, der an der Ego-Größe eines anderen Menschen Anstoß nimmt, kann sich sicher sein, selbst mit viel und aktivem Ego ausgestattet zu sein. Denn bekanntermaßen sieht man sich selbst im anderen; und die Dinge, die uns am Gegenüber stören, sind in der Regel die Dinge, an die wir in uns selbst nicht ranwollen und von denen wir uns einreden, wir hätten diese Eigenschaften gar nicht. Denkanstoß: Wer erklärt das Ego zum Feind? Es ist das Ego selbst, das das Ego zum Feind erklärt – wodurch es sich maskiert seine Daseinsberechtigung sichert. Clever, nicht wahr? Will sagen: Eine Ablehnung des Egos ist Beleg für ein rühriges Ego.
Viele Suchende haben es sich auf die Fahnen geschrieben, das Ego „zu besiegen“. Wenn jemand von sich behauptet, sein Ego besiegt zu haben, ist gesunde Skepsis angebracht, denke ich. Kein Problem, jeder in seinem Tempo, Einmischung ist da nicht angesagt.
Das Ego ist – wie letztlich alles Materielle und Menschliche – eine Illusion. Eine Illusion zu bekämpfen, nährt die Illusion, verleiht ihr noch mehr Macht. Das, was man als unwahr erkannt hat, muss man erst einmal annehmen, anstatt es zu bekämpfen. Einfach freundlich nicken und dann ignorieren, das ist vielleicht das beste Rezept … wenn auch einfacher gesagt als getan. Das braucht ständige Entschlossenheit, denn das Ego wird immer wieder versuchen, die Oberhand zu gewinnen, und es wird hierbei häufig erfolgreich sein, zum Beispiel mit dem verführerischen Verlangen, Recht zu haben und andere zu überzeugen, „zu deren eigenem Besten“. Macht nichts. Wahrnehmen, anerkennen, abhaken, weitermachen. Das Ego sanft aus dem Chefsessel hieven und es zu einem hilfreichen Freund machen, dem man halt öfter mal Einhalt gebieten muss. Manche Freunde sind eben ein bisschen anstrengend, das macht die Würze des Lebens aus.
Spiritualität und ein großes Ego schließen meines Erachtens einander nicht aus – solange wir das Ego nicht für unser wahres Selbst halten und das Ego seinen hilfreichen Platz zugewiesen bekommt, den spirituellen Weg also nicht behindert. Das Ego sichert unser biologisches Überleben, dafür ist es nützlich, denn so können wir noch ein paar Tage länger auf diesem Planeten verweilen und menschliche Erfahrungen machen. Wir dürfen dem Ego halt, wie gesagt, nur nicht den Chefsessel überlassen.
Es ist ein Irrtum zu denken, dass Alte Seelen bereits grundsätzlich mit kleinem (oder gezügeltem) Ego auf die Welt kämen. Nein, jede und jeder von uns muss in jedem Leben den ganzen Prozess durchwandern – einige autobiografische Berichte der in diesem Leseführer vertretenen Autoren mögen beispielhaft als Beleg dafür dienen. Es ist eine Art Training. Der Unterschied ist jedoch: Je älter die Seele ist, desto deutlicher und bewusster nimmt sie den Unterschied zwischen den jungen (Ego-)Jahren und den späteren (Sinn-)Jahren eines Lebens wahr, desto grundlegender erscheint also der Wandel in der Lebensmitte. Nur Reife und Alte Seelen kommen übrigens in diesen Genuss; Junge Seelen bleiben bis zum Ende der jeweiligen Inkarnation auf dem Ego-Trip. Kein Problem, das ist alles Teil des Weges. Und zu denken, eine Alte Seele sei etwas „Besseres“, wäre natürlich wiederum der Ausdruck des Egos. Eine Neuntklässlerin ist nichts Besseres als ein Drittklässler, sie befindet sich einfach nur an einer anderen Stelle des Weges.
Ego und Lebensmitte – die wichtigen Stichworte sind gefallen, sodass wir jetzt zu Dr. Wayne W. Dyer kommen können.
Auf Wayne Dyer wurde ich aufmerksam durch einen Vortrag, den er zusammen mit Eckhart Tolle (um den es im nächsten Buchtipp gehen wird) gehalten hat, und den ich mir auf DVD ansah und anhörte. Was mir dabei sofort auffiel, war die unterschiedliche Mentalität dieser beiden Männer. Während Eckhart Tolle so viel Demut, Weisheit und universelle Liebe ausstrahlt, dass man ihn sofort bewundert und ins Herz schließt, ist Wayne Dyer eher einer, der aus seinem Ego keinen Hehl macht. Besser gesagt: Er war einer, denn Wayne Dyer ist 2015 im Alter von 75 Jahren gestorben, beziehungsweise, wie er selbst es vermutlich sagen würde, nach Hause zurückgekehrt, zum Ursprung, zum Tao.
Wayne Dyers großer Mitteilungsdrang jedenfalls hat der Welt viel Gutes beschert, d.h. viele Vorträge und Bücher, mit denen eine breite Masse von (vor allem) Amerikanern Zugang zu spirituellen Themen finden konnte. So untypisch amerikanisch er mit seiner nicht-religionsgebundenen Spiritualität auch ist, so typisch amerikanisch sind sein Drang auf die Bühne und die Tatsache, dass er keinen Anlass zu Bescheidenheit sieht; seine Erfolge und Errungenschaften finden oft Erwähnung, wenn auch nur in dem Zusammenhang, dass sie ihm nicht mehr wichtig sind. Wer sich an so etwas stößt, springe am besten gleich zum nächsten Buch. (Oder über seinen Schatten, hihi.)
Geboren 1940 als jüngster von drei Söhnen, lernt Wayne seinen Vater nicht bewusst kennen, weil dieser die Familie kurz nach Waynes Geburt auf Nimmerwiedersehen verlassen hat. Die Mutter schafft es nicht, die drei Kinder allein zu versorgen, weshalb der Älteste bei Verwandten untergebracht wird und die beiden jüngeren in diversen Kinderheimen und Waisenhäusern. Die Wut auf den Vater dominiert einen Großteil von Waynes Jugend. Er will den Vater aufspüren und zur Rede stellen, ihm seine Vorwürfe an den Kopf knallen und Erklärungen einfordern. Aber der Mann ist unauffindbar. Als Wayne schon erwachsen und erfolgreicher Psychologe und Hochschullehrer ist, erfährt er, dass sein Vater vor Jahren gestorben sei. Eine Reihe unglaublicher, wundersamer Fügungen führt ihn zum Grab seines Erzeugers, wo er seine ganze Wut herausschreit und den Toten nach Strich und Faden beschimpft. Kurz darauf, immer noch am Grab, findet er tiefen Frieden und ist von Liebe erfüllt. Ein Knoten ist geplatzt, er ist ein neuer Mensch. Mehr und mehr wird er vom psychologischen zum spirituellen Lehrer. Es folgen Jahrzehnte mit wachsender Fangemeinde in den USA. Wayne Dyer bringt zig Bücher heraus, hält Vorträge im Fernsehen usw.
Was mich besonders für Wayne Dyer einnimmt, ist die Tatsache, dass auch er voller Hingabe für den Tao ist, die universale Quelle, das Alles und das Nichts gleichermaßen. Das Tao-te-ching ist aus meiner Sicht ein durch seine Schlichtheit, Klarheit und Tiefe unsagbar bedeutendes Werk. Aus Wayne Dyers Worten spricht für mich stets eine ähnliche Tao-Verehrung, wie ich sie in mir fühle. Verehrung ist kein passender Ausdruck, aber so ist es halt: Je näher man dem Göttlichen kommt, desto mehr fehlen passende Worte.
2009 – Wayne ist Ende sechzig – kommt sein Spielfilm „The Shift – From Ambition To Meaning“ heraus, der, genau wie die deutsche Synchronfassung „The Shift – Das Geheimnis der Inspiration“ zum Zeitpunkt, da ich dies schreibe, in voller Länge kostenlos bei Youtube zu sehen ist (Suchbegriffe: „Wayne Dyer Shift“). In dem Film geht es um die Lebensmitte und den mit ihr verbundenen Auftrag, eine neue Richtung einzuschlagen.
Essenz: Die Rezepte, die uns in der ersten Lebenshälfte weitergebracht haben, versagen in der zweiten. Wir müssen uns ganz neu aufstellen. „The Shift“ erzählt von vier Menschen, die in der Mitte des Lebens (sagen wir mal grob: um die vierzig) eine unterschwellige Unzufriedenheit spüren und merken, dass sie eine Kurskorrektur vornehmen müssen. Da ist die Mutter, die vergessen hat, für sich selbst zu sorgen, weil sie sich für ihren Mann und ihre beiden Kinder aufopfert. Da sind der skrupellose, reiche Konzernchef und seine arrogante, verwöhnte Frau, die erkennen, dass ihre protzige, selbstsüchtige Lebensführung sie nicht glücklich macht. Da ist der gestresste Filmemacher, der sich und seinem Traum selbst im Weg steht. Sie alle verbringen ein paar Tage in einem idyllisch gelegenen Hotel an der kalifornischen Pazifikküste, wo der mysteriöse Hotelbesitzer ihnen ganz sanft ein wenig auf die Sprünge hilft. Wayne Dyer spielt in dem Film sich selbst; seine Rolle ist die des spirituellen Lehrers, über den ein Dokumentarfilm gedreht wird. Bei der Gelegenheit klärt Wayne gleich zu Beginn über das Ego auf – womit wir wieder beim Thema wären.
Es ist ein Thema, mit dem Wayne Dyer sich gut auskannte, zumal er selbst ein großes Ego besaß und er sich psychologisch und spirituell forschend mit dem Phänomen auseinandergesetzt hat. Seine Ausführungen kurz zusammengefasst: Das Ego will uns einreden, dass es darauf ankäme, zu leisten, zu haben und den Erwartungen anderer zu entsprechen bzw. diese anderen zu besiegen, da wir von ihnen allen und vom göttlichen Ursprung getrennt seien. Im weiteren Verlauf des Films betont Wayne, wie wichtig es ist, sich nach der ersten Lebenshälfte (in der wir uns vom Ego haben antreiben lassen) auf Sinn und Bestimmung zu konzentrieren. Wer seine Bestimmung kennt, für den ist Siegen unwichtig geworden.
Ganz nebenbei gesagt: schöne Filmmusik.
So, und nun komme ich endlich zu dem Buch, das ich dir hier jetzt vorstellen möchte. Es ist das Buch zum Film; es entstand 2010, im Anschluss an die Dreharbeiten, und trägt den Titel Shift – Der Augenblick, in dem sich alles verändert. Das Buch beschreibt die Phasen, die wir durchlaufen, um unsere Agenda für die zweite Lebenshälfte zu finden, z.B.: Was passiert, wenn das Ego die Regie übernimmt und woraus wir dann fälschlicherweise unseren Selbstwert beziehen. Woran man merkt, dass man bereit für den Wandel ist, also des Ego-Spiels überdrüssig. Wie man den Wandel hinbekommt.
Es geht um das Umlegen des Schalters, den „Shift“ hin zu einer nun passenden Lebenseinstellung. Wo in der ersten Lebenshälfte Ehrgeiz war, soll nun ein tieferer Lebenssinn Einzug halten. Wir merken, dass Geld und Ansehen nicht das Sehnen nach Sinn befriedigen können. Das Sehnen nach Sinn lässt sich in der ersten Lebenshälfte meist noch einigermaßen unterdrücken oder von weltlich-materiellen Zielen in den Hintergrund drängen, aber in der zweiten Hälfte klappt das halt nicht mehr – jedenfalls nicht bei Reifen und Alten Seelen. Gut so. Wir erkennen, dass das Sein wichtiger ist als Leistung. Wir sollen zurückkehren zum Ursprung, zu der Einheit, aus der wir entstanden sind, zum reinen Sein, zur schöpferischen Quelle allen Seins (manche sagen dazu Gott). Es ist wichtig, dass wir immer echter werden, dass wir immer mehr von unserer wahren Natur sichtbar und spürbar werden lassen. Unsere wahre Natur? Das ist natürlich unsere spirituelle Natur, das Ewige und Unzerstörbare in uns.
Das Buch führt uns durch die Welt der niedrigen und der hohen Schwingungen, des Materiellen und des Geistig-Göttlichen. Der Weg der Reifung verlangt von uns spirituellen Menschen, uns wieder mit unserem Ursprung zu verbinden. Es gibt nichts, das wir lieber täten, oder?
Das Wort Erleuchtung ist leider etwas abgegriffen. Dennoch benutze ich es hier mal.
Erleuchtete schreiben in der Regel keine Bücher und treten nicht öffentlich auf. So wenige Erleuchtete auf Erden wandeln – von noch viel weniger werden wir öffentlich jemals etwas mitbekommen. Die allermeisten Weisen sind schweigsam. Wenn doch mal einer oder eine von ihnen berufen ist, der Welt etwas aktiv mitzuteilen, dann dürfen wir das als großes Glück betrachten.
Falls unter den westlichen Autoren, deren Bücher ich hier vorstelle, Erleuchtete sind, dann gehört wohl Eckhart Tolle dazu. Und eben dieser Eckhart Tolle würde sich selbst sicher niemals als „erleuchtet“ bezeichnen, und begründen würde er es vermutlich damit, dass es Erleuchtung nicht gibt, dass das einfach nur ein weiteres Konstrukt des Verstandes ist. „Erwacht“ wäre vielleicht eher eine Beschreibung, der er zustimmen könnte (wobei er solche Definitionen und das Thematisieren seiner Person sicherlich für ganz überflüssig halten würde). Eckhart Tolle hatte vor vielen Jahren einen Moment plötzlichen Erwachens, der sich am Ende einer Phase tiefster Verzweiflung unerwartet einstellte.