Letzte Ausfahrt Neckartal - Thilo Scheurer - E-Book

Letzte Ausfahrt Neckartal E-Book

Thilo Scheurer

4,4

Beschreibung

Auf der Rastanlage Neckartal wird ein Toter gefunden. Die Rottweiler Kommissare Wolfgang Treidler und Carina Melchior übernehmen den Fall. Doch das BKA setzt den beiden einen Beamten vor die Nase, der an eine Verbindung zum islamistischen Terrorismus glaubt. Als Melchior ein undruchsichtiges Computerprogramm entdeckt, scheint sich der Fall in eine völlig andere Richtung zu entwickeln: Plötzlich taucht der Tote quicklebendig wieder auf, und die beiden finden sich inmitten eines internationalen Skandals voll tödlicher Gefahren wieder …

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Thilo Scheurer, Jahrgang 1964, lebt und schreibt in einer Kleinstadt am Rande des Schwarzwalds. Nach seinem betriebswirtschaftlichen Studium folgten Tätigkeiten in den Bereichen Marketing und Verkauf. Mit Dokumentationen und Werbetexten entdeckte er seine Liebe zum Schreiben. Inzwischen ist er Geschäftsführer und Gesellschafter eines kleinen Softwareunternehmens. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.   Dieser Roman wurde vermittelt durch die Agentur EDITIO DIALOG Dr.

© 2013 Hermann-Josef Emons Verlag Alle Rechte vorbehalten Umschlagmotiv: photocase.de/aremac Umschlaggestaltung: Tobias Doetsch eBook-Erstellung: CPI – Clausen & Bosse, LeckISBN 978-3-86358-305-7 Originalausgabe

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»Ihr habt keine Ahnung, was alles möglich ist.«

Edward Snowden, ehemaliger technischer Mitarbeiter des CIA und der NSA

Prolog

Die Luft stank nach verbranntem Fleisch und verkohltem Holz. Das Vieh in den Ställen brüllte erbärmlich. Die Flammen fraßen sich unaufhörlich weiter und sprangen von einem Haus zum anderen, als ob die Gebäude nur aus Papier bestünden. Es regnete, und im allgegenwärtigen Schlamm hinterließen die schweren Stiefel der Männer in ihren Tarnuniformen tiefe Abdrücke. Nur ein altes Ehepaar und zwei Frauen hatten sie im Dorf gefunden und auf dem Platz vor dem Gemeindehaus zusammengetrieben.

»Warum seid ihr noch hier? Das ist serbisches Gebiet.« Die Stimme des schmächtigen Milizkommandeurs hatte einen unmännlichen, leiernden Klang.

Ängstliche Blicke huschten hin und her.

»Ihr gehört doch alle zur UÇK.« Er ließ seine Worte eine Weile wirken. »Aber wenn ihr mir sagt, welches das Haus von Sulejman Thaçi ist«, sein Tonfall klang jetzt versöhnlicher, »dann könnt ihr gehen.«

Die Köpfe der Angesprochenen neigten sich zu Boden.

»Verdammtes Albaner-Pack. Redet!« Er lud seine Maschinenpistole durch und richtete sie auf die Gruppe.

Zitternd deuteten zwei der Frauen auf ein Haus am anderen Ende des Platzes.

Mit einer knappen Kopfbewegung schickte der Kommandeur einen seiner Männer auf den Weg. Das Gebäude gehörte zu den wenigen, die nicht brannten.

Der Kommandeur senkte die Waffe und musterte die Gefangenen. »Ihr liefert jetzt alles bei mir ab, was ihr in den Taschen habt. Und dann – haut ab!«

Die vier sahen sich an. Hoffnung glomm in ihren Augen auf. Der ältere Mann trat vor und reichte dem Kommandeur eine abgegriffene weinrote Brieftasche, die mit einem gelben Stoffband zusammengehalten wurde.

Statt das Ledermäppchen entgegenzunehmen, tauchte der Kommandeur seine Finger in einen kleinen Beutel an seinem Gürtel. Als er sie wieder herauszog, haftete weißes Pulver an seinen Fingerspitzen. Er rieb sich so lange die Hände, bis das Pulver gleichmäßig auf beiden Handflächen verteilt war. Erst dann entriss er dem Mann die Brieftasche und zog das Band ab. Er durchwühlte kurz den Inhalt. »Was soll ich damit? Da sind nur Briefe drin.« Missmutig warf er das Ledermäppchen in den Schlamm.

Mit ausdruckloser Miene blickte der alte Mann den Kommandeur an. Schließlich kniete er nieder, um die Brieftasche aufzuheben. Doch bevor er sich wieder aufrichten konnte, schlug ihm der Kommandeur den Schaft seiner Maschinenpistole in den Rücken. Der Mann klappte zusammen und fiel vornüber. Stöhnend blieb er liegen.

Unbeeindruckt winkte der Kommandeur die anderen zu sich. Nur zaghaft kamen sie näher. Seine Ausbeute bestand aus zwei goldenen Ringen und einer silbernen Halskette. Er ließ den Schmuck in der Hosentasche verschwinden und richtete seine grauen Augen auf die Gefangenen. »Verflucht noch mal, haut endlich ab, bevor ich es mir anders überlege. Und nehmt den alten Sack mit.«

Mit einiger Mühe konnten die drei Frauen den Mann aufrichten. Stockend setzten sie sich in Bewegung.

Jeder Schritt, den die vier zurücklegten, schien eine Ewigkeit zu dauern. Doch die Angst um ihr Leben trieb sie weiter, immer weiter. Vielleicht würden sie den Waldrand erreichen. Die Hoffnung spornte sie an, und bald nahm das berauschende Gefühl des Triumphs von ihnen Besitz.

In dem Augenblick, als sie die Maschinenpistole hörten, fanden die Geschosse schon ihr Ziel. Die vier stürzten, fielen übereinander. Auf dem schlammigen Boden zuckten die Körper im Kugelhagel, bis sich kein Schuss mehr im Magazin des Kommandeurs befand. Das ohrenbetäubende Hämmern der Waffe erstarb. Zu diesem Zeitpunkt waren die Frauen bereits tot. Der alte Mann jedoch lebte noch fast zwei Stunden unter den drei Leichen weiter. Dann starb auch er. Und in seiner Hand hielt er fest umklammert die weinrote Brieftasche.

1

Mittwoch, 5.April

Trotz seiner jungen Jahre war sich Marek Kowalski bewusst, dass er zu den Besten der Welt gehörte – zur Crème de la Crème, zur Elite. Allerdings nicht in einer Sportart. Er verabscheute körperliche Betätigungen, obwohl seine hoch aufgeschossene Statur dafür die besten Voraussetzungen bot. Er hasste den Schweiß, die Anstrengung, den Vergleich von Kraft und Schnelligkeit. Diese niederen Konkurrenzkämpfe passten eher zu gewöhnlichen Menschen, die den ganzen Tag damit beschäftigt waren, nicht so gut zu sein wie er.

Seine Disziplin lautete Perl, genauer gesagt die Skriptsprache Perl, mit der er jede noch so schwierige Aufgabe innerhalb kürzester Zeit lösen konnte. Meist musste er sich eine Problemstellung nur anhören, und schon begann sich das Programm wie von selbst vor seinem geistigen Auge zusammenzusetzen. Die Lösung existierte in Form von Codezeilen, Anweisungen und SQL-Abfragen in seinem Kopf, bevor er die Tastatur überhaupt anfasste. Natürlich beherrschte er eine Reihe weiterer Programmiersprachen, und eine neue zu erlernen, fiel ihm nicht schwerer, als die Tageszeitung zu lesen. Mit dieser äußerst seltenen Begabung hatte er es in der digitalen Welt bereits weit gebracht. Dutzende Trojaner und Viren, mit denen er die Grenze der Legalität schon lange überschritten hatte, stammten aus seiner Feder.

Vor einigen Monaten erhielt seine letzte Kreation vom weltweit führenden Antivirenhersteller den ebenso klangvollen wie martialischen Namen FastDeath.X32. Vermutlich, weil dem Wurm kein Computer, egal mit welchem Betriebssystem, länger als ein paar Sekunden standhielt. Und nach Übermittlung des ausspionierten Anmeldenamens und Passworts schaltete er sich einfach ab.

Jeder in der Szene kannte Marek Kowalski. Allerdings weder sein Gesicht noch seinen richtigen Namen. Sein Pseudonym lautete NOP, wie die Assembleranweisung für No Operation, die immer dann benutzt wurde, wenn der Prozessor zu schnell arbeitete und auf Daten warten sollte – im Prinzip wie Marek. Seine Bekanntheit reichte inzwischen so weit, dass ihm kaum noch Zeit blieb, nur zum Spaß ein wenig mit dem Code zu experimentieren. Mittlerweile hatte er einige Auftraggeber, die gerne auf seine Fähigkeiten zurückgriffen und ihn gut bezahlten. Seit Kurzem konnte er sich sogar die lukrativsten Aufträge herauspicken.

Seine Auftraggeber jedoch kannte Marek Kowalski genauso wenig wie diese ihn. Die gesamte Abwicklung, von der Auftragsvergabe über die Lieferung bis hin zur Bezahlung, funktionierte anonym und immer auf die gleiche Weise. Unter der Internetadresse www.logbyte.ws existierte ein der Öffentlichkeit schwer zugängliches Forum. Dort wurden die Anfragen mit einem Link zu den Details eingestellt. Meist handelte es sich bei den Aufträgen um kleine, gemeine Anwendungen, die Zugangsdaten oder Transaktionsnummern abgriffen. Nach Fertigstellung seiner Arbeit verschickte Marek das lauffähige Programm an eine temporäre E-Mail-Adresse, die es schon nach wenigen Stunden nicht mehr gab. Seine Entlohnung erhielt er ein paar Tage später per Western Union. Den Betrag konnte er durch Nennung der Transaktionsnummer bei vielen Banken in bar abheben. Erst dann lieferte er den Quellcode nach. Es existierten keine Namen, keine Gesichter und keine Adressen. Das waren die einfachen Regeln. Und obwohl es ein Leichtes für Marek gewesen wäre, mehr in Erfahrung zu bringen, wagte er nie, an diesen Regeln zu rütteln. Bisher.

ZORK, sein jüngster Auftrag, sollte lediglich ein kleineres Stück Software werden. Schneller Umsatz, der bereits für den neuen Audi TT Coupé verplant war, da sein rostiger Opel Kadett die nächsten Monate vermutlich nicht überleben würde. Doch ein brillanter Programmierer wie Marek Kowalski sah nicht nur seinen eigenen Code, sondern er hatte auch einen Blick für das große Ganze, für den Zusammenhang dahinter. Und statt wie in den anderen Jobs einfach zu programmieren, auszuliefern und das Geld einzustecken, schaute er dieses Mal genauer hin. ZORK, ein Wort, das unter seinesgleichen schlicht »Dingsda« bedeutete, war keine Einmann-Show. Bestimmt eine Handvoll Programmierer steuerten Codes dazu bei. Iceman, der Mann hinter ZORK, war auf etwas gestoßen, das der Lizenz zum Gelddrucken verdammt nahekam. So einfach und doch genial. Und warum sollte Marek sich mit lächerlichen zwanzigtausend Euro abfinden lassen, wenn sein Auftraggeber ein Vielfaches mit dem Programm scheffeln würde?

Um den Standort von Icemans Computer zu ermitteln, benötigte er zehn Minuten und für eine gültige E-Mail-Adresse nochmals dreißig. Doch damit endeten auch schon seine Erkenntnisse. Der Rest seiner Nachforschungen verlief im Sande. Marek fand weder ein Bild von seinem Auftraggeber noch eine Identität bei einem sozialen Netzwerk. Gäbe es diese E-Mail-Adresse nicht, müsste er annehmen, dass er einem Phantom nachjagte.

Dennoch setzte er sich in einem Kattowitzer Vorort in ein Internetcafé und schrieb dem namenlosen Phantom eine E-Mail: Der Preis für den fehlenden Quellcode habe sich auf eine Million Euro erhöht; als Gegenleistung würde er alles vergessen, was er über ZORK wusste. Schließlich fügte er noch den Betreff an, mit dem Iceman bis zwanzig Uhr des folgenden Tages im Forum eine Antwort geben konnte.

Am nächsten Abend saß Marek Kowalski schon eine gute Stunde vor der vereinbarten Zeit im »Cyber Kafejka«. Für die Kommunikation mit Iceman verwendete er nie zweimal den gleichen Standort. Dieses Internetcafé lag mitten in der Kattowitzer Innenstadt, im fünften Stock des eleganten »Skarbek«-Kaufhauses. Mit seinen braunen Teppichböden, den bequemen Sesseln und ausreichend großen Tischen erinnerte es mehr an eine Cocktailbar denn an ein Internetcafé. Den absoluten Höhepunkt bildeten die raumhohen Fensterscheiben. Sie ermöglichten eine sagenhafte Aussicht hinunter auf das geschäftige Treiben der Stadt und hielten gleichzeitig den Lärm draußen.

Mareks Bildschirm zeigte die Webseite des Forums, er wartete auf Icemans Nachricht. Obwohl er den ganzen Tag über relativ entspannt dem Abend entgegengesehen hatte, schlug ihm jetzt sein Herz bis zum Hals. Er klopfte ein wildes Stakkato auf die Tischplatte. Wenn er nicht vor lauter Nervosität unter den Besuchern auffallen wollte, musste er schnell auf andere Gedanken kommen.

Vor ihm lagen die schrägen Schieferdächer der Stadt, seiner Stadt, die sich in den letzten Jahren sehr zu ihrem Vorteil entwickelt hatte. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatten Bergwerke und Schwerindustrie die Gegend geprägt. Auch er kannte sie noch, die rauchenden Schlote am Horizont, die ihr Gift und ihren Ruß über den Häusern abluden und einem die Luft zum Atmen nahmen. Wie eine Art Mahnmal fristeten sie verlassen und verdreckt weiterhin ihr trauriges Dasein. Doch bis auf wenige Ausnahmen waren die Bergmänner und Industriearbeiter verschwunden.

Anders als in vielen Gegenden Polens florierte jedoch in Kattowitz die Wirtschaft. Die Stadtväter hatten gleich nach dem Beitritt zur Europäischen Union gehandelt. Mit Steuererleichterungen und laxen Vorschriften zogen sie das Investmentkapital einiger ausländischer Firmen an. Und mit diesem Geld hatte sich Mareks Stadt binnen eines Jahrzehntes zu einer modernen Metropole gewandelt.

Ein Schwarm schwarzer Rabenvögel zog an der riesigen Fensterfront vorbei, und Marek zuckte zusammen. Es blieb ein leises Unbehagen, als er sich wieder dem Computermonitor zuwandte. Immer noch keine Nachricht von Iceman. Marek sah auf seine Armbanduhr, rief ein paar Internetseiten auf und versuchte sich mit den neuesten Videos auf YouTube zur Ruhe zu zwingen. Dabei verfolgte er mit einem Auge die Beiträge im Forum. Dann, eine Viertelstunde vor acht, tauchte der von ihm gewählte Betreff unter den neu eingestellten Nachrichten auf. Sofort beschleunigte sich sein Herzschlag, und vor lauter Aufregung benötigte er zwei Doppelklicks, um den zugehörigen Text zu öffnen. Nervös kaute er auf den Fingernägeln, während er las, doch mit jeder Zeile ließ seine Anspannung nach. Ja – er hatte es geschafft: Iceman war einverstanden. Und Marek musste sich zusammenreißen, um nicht vor lauter Freude in Jubelschreie auszubrechen. Es dauerte eine Weile, bis er realisierte, dass doch noch etwas Unangenehmes vor ihm lag: Iceman bestand auf der persönlichen Übergabe des Geldes. Dies alleine wäre kein Grund gewesen, sich allzu große Sorgen zu machen. Doch der Übergabeort verursachte Marek Bauchschmerzen. Iceman wollte nicht mit einem Koffer voller Geld die polnische Grenze passieren. Deshalb schlug er vor, sich irgendwo im Südwesten Deutschlands mit ihm zu treffen.

Marek fluchte innerlich. Seine Nachlässigkeit war schuld, dass er in der Zwickmühle saß. Keinen Gedanken hatte er daran verschwendet, dass eine Million Euro nicht per Western Union angewiesen werden konnten, ohne dass dies spätestens bei der Auszahlung auffiel. Und ein Aufsplitten des Betrages in mehrere hundert Anweisungen kam nicht in Frage. Sonst würde es Wochen, wenn nicht gar Monate dauern, bis er sein gesamtes Geld hatte. Sollte er nicht doch eine einfache Banküberweisung fordern? Nein, zu viele Spuren. Vielleicht auf ein Nummernkonto? Auch damit würde er seine Identität verraten. Verdammt, was brachte ihm jetzt die Fähigkeit, binnen Sekunden einen komplexen Programmcode zu analysieren, wenn sein Gehirn an solch banalen Problemen scheiterte? Nachdem er eine Weile mit sich gerungen hatte, beschloss er schweren Herzens, Icemans Vorschlag zu akzeptieren. Es gab keine andere Option.

Zum Schutz würde er einfach seinen Vetter Adam mitnehmen. Im Gegensatz zu Mareks schlaksiger Statur war der Sohn seiner Tante mit seinen gut und gerne vierzig Zentimetern Bizepsumfang jeder Bedrohung gewachsen. Und für ein paar tausend Euro hatte er sicherlich gegen einen Ausflug in den Süden Deutschlands nichts einzuwenden. Zumal Adam schon am Bodensee hatte zelten gehen wollen.

Zu Marek Kowalskis Schwächen gehörte fraglos eine gewisse Überheblichkeit, obwohl Freunde nie überdrüssig wurden, ihn davor zu warnen. Unterschätze nie dein Gegenüber, waren ihre Worte, die er sich besser zu Herzen genommen hätte, bevor er Iceman antwortete. Doch für Kowalski lag es schlicht nicht im Bereich des Möglichen, dass auf dieser Welt jemand existierte, der es mit seiner Genialität aufnehmen könnte. Und so ahnte er auch nicht, dass schon Sekunden später, etwa achthundert Kilometer südlich, der Empfänger seiner elektronischen Antwort zum Telefonhörer griff. Jedoch nicht um die eine Million Euro zu organisieren, sondern um eine elfstellige Mobiltelefonnummer mit serbischer Vorwahl zu wählen.

Bereits nach dem zweiten Rufton antwortete eine hohe, fast schrille Stimme: »Da?«

»NOP ist raus – kümmere dich darum. Ich schicke eine Mail.«

Ohne etwas zu erwidern, beendete der Serbe das Gespräch. Er legte sein Telefon auf den Tisch neben einen Stapel Straßenkarten. Zusammen mit dem einfachen Holzstuhl und dem obligatorischen Doppelbett bildete das zeichenblockgroße Möbelstück die gesamte Einrichtung des Zimmers. Die letzte Renovierung musste Jahrzehnte zurückliegen. Unübersehbar hatte die Vernachlässigung ihre Spuren an den Wänden und auf dem Fußboden hinterlassen. Die Schlichtheit und Trostlosigkeit des Raums würde sämtliche Touristen oder Geschäftsleute sofort vertreiben. Doch nicht ihn. Seit er diesem Job nachging, suchte er sich seine Unterkunft nach genau diesen Kriterien aus. Und er fand sie in jeder Stadt: die billigen Hotels, die sich nur durch ihre hochtrabenden Namen unterschieden, denen sie freilich nie gerecht wurden.

Er drückte seinen Rücken durch und verharrte regungslos. Einzig die Bauchdecke hob und senkte sich bei seinen langsamen, flachen Atemzügen. Er schloss die Augen. Stundenlang konnte er so sitzen, seine Atmung kontrollieren und sogar für einen längeren Zeitraum anhalten. In solchen Momenten fühlte er den Puls nicht mehr, und sein Herz schien stillzustehen. Die Harmonisierung von Körper und Geist und seine vollkommene Körperbeherrschung waren der Schlüssel zu allem in seinem Leben. Diese Fähigkeit hatte in jungen Jahren seinen Erfolg auf dem Trapez erst möglich gemacht. Und heutzutage war sie schlicht unentbehrlich.

Nur noch selten störten die Bilder, die sein Gehirn an der Grenze zwischen Wachzustand und jener Regungslosigkeit hervorbrachte. Dann hörte er die Zirkusmusik, roch die Tiere, das Sägemehl. Er spürte die Zuschauer um sich herum, wie sie ihm zujubelten, Beifall klatschten und ihn anfeuerten. Abend für Abend, bis er im Höhenrausch vergaß, seine Hände zu trocknen, und von der Trapezstange abrutschte.

Ein kurzer Piepston seines Smartphones holte ihn aus seinen Gedanken. Er öffnete die Augen. Auf dem Display zeigte ein gelber Umschlag den Empfang einer Nachricht an. Der Mann mit der Fistelstimme beugte sich nach vorne, tippte auf das Symbol und überflog die wenigen Zeilen. Sofort löschte er die Nachricht, zog eine Straßenkarte aus dem Stapel vor sich und entfaltete sie. Schnell fand er den Ort im Südwesten Deutschlands.

Bereits Minuten später machte sich der Mann mit einem handtaschengroßen braunen Lederkoffer auf den Weg hinunter zum Ausgang. Er hatte für die ganze Woche im Voraus bezahlt und würde nie mehr hierher zurückkommen. Zwar stimmte der Name auf dem Anmeldeformular mit dem in seinem Pass überein – aber er besaß eine ganze Handvoll von Pässen. Grußlos verließ er die Halle. Niemand hielt ihn auf. Niemand würde sich je an ihn erinnern.

2

Sonntag, 9.April

Die dichten pechschwarzen Haare des Mannes saugten den feinen Nieselregen auf wie Filz. Trotzdem musste er sich jetzt die Zeit nehmen. Langsam wanderte sein Blick über das Gesicht seines Opfers. Er suchte nach einem Lebenszeichen und – nach einer Bestätigung. Bereits die weit aufgerissenen Pupillen ließen keinen Zweifel aufkommen: Wie üblich hatte er seinen Auftrag mit nur einem einzigen Schuss zu Ende gebracht.

Schnell ließ er die Pistole mit dem merkwürdig schlanken und durch den Schalldämpfer überlangen Lauf in der Manteltasche verschwinden. Der Mann strich sich eine nasse Strähne aus der Stirn und schaute sich mit unbewegter Miene um. Seine Körpergröße reichte gerade noch aus, um über das Fahrzeugdach des alten Opels hinwegschauen zu können. Trotz des geringen Wuchses wirkte seine Erscheinung athletisch und strotzte vor Kraft. Die jahrelange Akrobatik auf den Seilen hatte den kleinen Körper geschmeidig und die Muskeln hart wie Stahl werden lassen. Behände, fast katzenhaft tänzelte der Mann um das Fahrzeug herum. Nur wer genau hinsah, erkannte, dass er es dabei vermied, sein rechtes Bein zu belasten. Nach seinem Unfall auf dem Trapez hatte der Arzt gesagt, dass seine restliche Lebenszeit nicht ausreichen würde, um die komplizierten Knochenbrüche vollständig zu heilen.

Das Handschuhfach hielt seinem Schraubenzieher keine zwei Sekunden stand. Dann brach der Deckel aus den Scharnieren. Serviceheft, Bedienungsanleitung, Straßenkarte, Notizbuch, Eiskratzer, Parkscheibe, der gesamte Inhalt fiel in den Fußraum des Wagens. Der Mann durchwühlte die Gegenstände, hob sie auf, drehte sie in jede Richtung und blätterte die Seiten durch. Was er suchte, konnte klein sein, ziemlich klein sogar. Ähnlich gründlich ging er bei den Ablagen an den Seitenteilen, dem Gepäck auf dem Rücksitz und im Kofferraum vor. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis der Mann das gesamte Fahrzeug durchkämmt hatte und aufgab. Er kramte in der Brusttasche nach seinem Mobiltelefon und wählte eine ausländische Nummer. Ein Knurren aus dem Hörer, und er sagte: »Erledigt.«

»Gut«, lautete die ebenso knappe Reaktion. »Hast du es gefunden?«

»Nein.«

»Bist du sicher?«

»Da. Ganze Auto durchsucht.« Der Mann sprach mit einem slawischen Akzent.

»Dann verschwinde. Ich melde mich.«

Der Mann legte auf und setzte sich in Richtung des schwarzen E-Klasse-Mercedes in Bewegung, den er am späten Abend am Stuttgarter Bahnhof gemietet hatte. Der Wagen stand erst seit einer knappen Stunde auf dem Parkplatz und sollte in der Dunkelheit niemandem aufgefallen sein. Vor dem Fahrzeug öffnete er den Deckel auf der Rückseite seines Mobiltelefons, zog die SIM-Karte unter dem Akku hervor und warf sie in hohem Bogen über das Dach. Als der Deckel wieder an seinem Platz saß, entriegelte er die Türen mit der Funkfernbedienung und ließ sich auf den Fahrersitz fallen.

Es fiel ihm leicht, Menschen zu töten. Er spürte keine Reue, keinen Zweifel. Und solange es dabei blieb, gab es keinen Grund, etwas daran zu ändern. So lautete die Vereinbarung, die er vor vielen Jahren mit sich selbst geschlossen hatte. Zufrieden mit dem Verlauf des Auftrags, zog er die Fahrzeugtür ins Schloss und griff nach der Wasserflasche auf dem Beifahrersitz. Über der Mittelkonsole, dort, wo er ein kartenspielgroßes goldenes Metallkästchen deponiert hatte, stockte er mitten in der Bewegung. Er hob den mit schwarzen und roten Ranken verzierten Deckel an. Er tupfte Zeige- und Mittelfinger hinein und verrieb das feine Pulver in den Handflächen. Ein innerer Zwang trieb ihn dazu, die Hände trocken zu halten. Früher hatte er sich vor jedem Auftritt die Finger gekalkt, heute tat er es auch danach. Als seine Haut das weiße Pulver fast gänzlich aufgenommen hatte, griff er nach der Wasserflasche. Der Mann trank jedoch nicht. Er benetzte nur seine Lippen und verstaute die Flasche in der Türablage.

Hätte er nach seiner Abfahrt ein weiteres Mal in den Rückspiegel geschaut, wäre ihm vermutlich der silberfarbene BMW318i aufgefallen, der seinen Parkplatz ansteuerte. Doch dafür hatte er keine Augen. Sekunden später fädelte er den schwarzen Mercedes in den bereits wieder zunehmenden Verkehr Richtung Stuttgart ein. Um halb fünf Uhr ging der erste Zug. Und den wollte der Mann unbedingt erreichen.

* * *

Mehmet Bayram fühlte sich großartig, als er seinen silbernen BMW auf dem Parkplatz der Rastanlage ausrollen ließ. Das lag nicht nur an dem Wagen, sondern auch an Vanessa, die neben ihm auf dem Beifahrersitz saß. Zuerst hatte sie sich zickig angestellt. Als jedoch ihre Freundin Sandra mit Viktor und seinem nagelneuen roten Golf GTI eine Spritztour zur nahen Raststätte machen wollte, hielt auch Vanessa nichts mehr in der Diskothek.

Fraglos besaß Viktor das teurere Auto, auch das mit mehr PS, aber Mehmet hatte einen BMW. Und die Mädels standen alle auf BMW – jedenfalls die, die er kannte. Dass der Wagen bald acht Jahre alt war, sah ihm bei Nacht niemand an. Eigentlich mochte Mehmet seinen BMW, wenn da nicht das eine oder andere wäre, das ihn ärgerte. Der Kratzer an der Fahrertür beispielsweise, oder dass der Wagen bald so viel Öl brauchte wie Benzin. Wenn er länger darüber nachdachte, wurde es immer mehr, was ihn an dem Auto ärgerte. Aus diesem Grund stritt er schon seit einem halben Jahr mit dem Verkäufer des Wagens herum. Aber Vanessa brauchte ja nicht zu wissen, dass der BMW mehr Probleme bereitete, als ihm lieb war.

Mehmet drückte im Stand ein paarmal das Gaspedal durch, drehte den Zündschlüssel, und der Motor erstarb. Hip-Hop wummerte aus den rückwärtigen Lautsprechern. Er wippte eine Weile mit dem Kopf im Takt der Musik und löste dabei den Gurt. Den linken Unterarm auf dem Lenkrad, warf er Vanessa das lässigste Lächeln zu, das er in seinem Repertoire finden konnte. »Voll krass der BMW. Hat Sportgetriebe, Sportkupplung und Sportstoßdämpfer. Alles Sport. Weisstu, wie isch mein?«

Vanessa antwortete nicht. Stattdessen blickte sie dauernd in den Rückspiegel.

»Is neu.« Mehmet fuhr sich über seinen schmalen Oberlippenbart. »So gut wie neu halt – nur zwei Jahr. Hundertachtzig PS und fahrt Spitze zweihundertfuffzig, ohn Scheiß.«

»Mann, hör auf, mich vollzutexten.«

»Wirklich, isch schwör.«

»Wo bleibt denn Viktor?«

Mehmet lief die Zeit davon. Falls er bei Vanessa noch landen wollte, musste er sich beeilen. Er drehte die Musik lauter und wippte wieder mit dem Kopf. »Geile Mucke – is voll fette Pioneer-Sound-System mit MP3-Dingens«, schrie er.

»Mach leiser, Mann!«

Er drehte die Lautstärke wieder zurück. Wenn es weiter so schlecht für ihn lief, hatte sich kaum der Sprit für die Fahrt hierher gelohnt. Und an den Ölverbrauch wollte er schon gar nicht denken. »Willstu mal schauen, wie leicht Gangschaltung bei meine BMW geht?«

Vanessa schüttelte den Kopf.

»Hey, Schnecke, warum machstu nix los?« Er drückte auf den Knopf neben dem Sitz, und der Gurt rollte sich auf. Mehmet beugte sich nach vorne und legte vorsichtig seine Hand auf Vanessas Schenkel.

»He, lass den Scheiß!« Schnell schob sie seine Hand weg.

»Warum? Was los, Schnecke?«

»Ich bin nicht deine Schnecke. Und lass die Finger von mir, du Loser.«

Durch die Heckscheibe drang Scheinwerferlicht, das rasch heller wurde und den gesamten Innenraum in gleißendes Licht tauchte. Mehmet kam nicht mehr dazu, einen weiteren Versuch bei Vanessa zu starten. Viktor brachte seinen Wagen direkt hinter dem BMW zum Stehen. Er ließ den Motor des Golf GTI ein paarmal aufheulen und betätigte unentwegt die Lichthupe.

»Also los, er ist da. Fahr mich jetzt wieder zurück«, sagte Vanessa scharf.

»Nix mehr Party machen?«

»Du bist so was von unterirdisch.« Vanessa schüttelte den Kopf und tippte sich an die Stirn. Ihr Blick wanderte nach draußen in den feinen Nieselregen.

Mehmets Chancen waren auf null gesunken. Widerwillig drehte er den Zündschlüssel um. Der Anlasser reagierte nicht. Auch nach dem zweiten und dritten Versuch machte der Wagen keine Anstalten zu starten.

»Wie lange dauert das noch?« Vanessas Geduld schien am Ende.

»Will net mehr.«

»Was?«

»Auto startet net.«

Vanessas Kopf fuhr herum. »Du willst mich wohl verarschen, du blöder Hacker.«

»Nein, ohn Scheiß.«

»Zuerst fummelst du an mir rum, und jetzt machst du auf kaputtes Auto. Für wie doof hältst du mich eigentlich?«

»Kann nix für.«

»Die Scheißkarre kannst du in die Tonne treten.«

»Is keine Scheißkarre.«

»Ach ja – was dann?«

»BMW drei achtzehn i.«

»Ach, verpiss dich doch. Ich fahr bei Viktor mit.« Vanessa stieg aus und schlug die Fahrzeugtür derart stark zu, dass die Karosserie ein paarmal in den Federn hin und her wankte.

»Ja, mach dich vom Acker, du blöde Tuss, du Nullchecke«, fluchte Mehmet vor sich hin und versuchte weiterhin, den Wagen zu starten. Doch bei jedem Versuch setzte die Musik aus, und das Licht im Innenraum wurde schwächer, bis es schließlich ganz erstarb. Die Batterie hatte ihren Dienst quittiert.

Hinter ihm stieg Vanessa in den roten Golf. Im nächsten Moment fuhr Viktor mit den beiden Frauen los. Mehmet wollte nach seinem Mobiltelefon in der Mittelkonsole greifen, doch in der Bewegung fiel ihm ein, dass Vodafone den Vertrag gekündigt hatte und er seit Tagen nicht mehr telefonieren konnte.

Jetzt blieb nur noch, einen anderen Autofahrer um Starthilfe zu bitten. Allerdings besaß er kein Überbrückungskabel. Auch würde es schwierig werden, überhaupt einen geeigneten Wagen zu finden. Denn es konnte nicht sein, dass ein popeliger Kleinwagen, womöglich ein ausländischer Schuhkarton, seinem BMW318i den Strom für den Startvorgang zur Verfügung stellte. Eher würde er die sieben Kilometer zu Fuß nach Hause gehen.

Mehmet kletterte aus dem BMW und stieß ein paar Flüche gen Himmel. Er hoffte inständig, dass ihm keiner dabei zusah, wie er um Starthilfe bettelte. Aber es war wie verhext. Nicht ein Auto fuhr an die Zapfsäule, niemand bog auf den Parkplatz ein. Bald lähmte der Nieselregen seine Antriebskraft, und der kalte Wind zerrte an seinem dünnen weißen T-Shirt. Er setzte sich in den BMW, ließ jedoch die Fahrertür offen stehen.

Minuten später tauchten im Rückspiegel ein Paar Autoscheinwerfer auf, die schnell größer wurden. In Mehmet keimte Hoffnung auf, die jedoch nicht lange währte. Bei dem Wagen handelte es sich um einen grasgrünen Ford Fiesta mit Hamburger Kennzeichen, der zu allem Übel einen Parkplatz in seiner Nähe ansteuerte.

Aus den Augenwinkeln beobachtete Mehmet einen älteren Mann mit einem silbernen Haarkranz um seine Halbglatze, der sich umständlich abschnallte.

Eine gefühlte Ewigkeit später stieg der Mann aus und schaute zu ihm herüber.

»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte er mit einer klanglosen, brüchigen Stimme.

»Klar, Opa, alles paletti«, entgegnete Mehmet und schlug die Fahrertür zu. Ford Fiesta – welche Schmach würde die Nacht noch für ihn bereithalten?

Er wartete, bis der Mann durch den Eingang zur Toilette verschwunden war, und versuchte ein weiteres Mal, seinen BMW zu starten. Diesmal reagierte der Anlasser nur mit einem leisen Klacken.

Vielleicht war es doch nur ein loses Kabel. Mehmet entriegelte die Motorhaube und stieg aus, um die Verkabelung im Motorraum zu überprüfen. Sein Blick fiel auf ein fingernagelgroßes grellgelbes Etwas am Boden. Er bückte sich und musterte das winzige Stück Kunststoff: ein Chip mit fünf parallelen Metallstreifen und auf einer Seite eine abgeschrägte Kante. Natürlich – eine SIM-Karte für ein Mobiltelefon.

Mehmet zog sein Motorola Klapphandy aus der Mittelkonsole und tauschte die SIM-Karten. Und tatsächlich: Die neue funktionierte, war nicht durch eine PIN geschützt und zeigte als Guthaben achtundvierzig Euro an. Der Abend meinte es doch noch gut mit ihm.

Jetzt konnte er Hedi anrufen. Sein Kumpel würde vorbeikommen und ihm Starthilfe geben. Mehmet wählte die Nummer, die er schon seit Jahren auswendig kannte, und lauschte den Wahltönen. Mit jedem verhallenden Klingelton schrumpfte seine Zuversicht. Doch plötzlich knackte es am anderen Ende.

»Hedi?«, rief er schnell.

»Ja«, kam mit einiger Verzögerung die verschlafene Stimme Hedis aus dem Hörer.

»Was geht?«

»Bist du das, Mehmet?« Hedis Stimme klang nur wenig aufnahmebereiter.

»Klar, Kumpel. Was machstu?«

»Schlafen. Es ist drei Uhr morgens.«

»Schon?«

»Ja, seit über zehn Minuten.«

»Du, Hedi, hab Problem.«

»Schon wieder?«, kam es mit einem lang gezogenen Seufzer aus dem Telefonhörer. »Das letzte Problem hattest du mit dem Russen, der dir diese Scheißkarre …«

»Nix Scheißkarre, is BMW drei achtzehn i.«

»Also, welches Problem?«

»Auto lauft nix an.«

»Wo bist du?«

»Raststätte – kannstu Starthilfe gebe?«

»Muss das sein?«

»Ja, muss sein«, sagte Mehmet energisch. Wieder regte sich der Zorn auf den Verkäufer des BMWs in ihm. Denn inzwischen war der Typ auch daran schuld, dass Vanessa nichts von ihm wissen wollte und er hier alleine im Nieselregen herumstehen musste. Wütend auf den Russen und das Auto sagte er: »Aber weisstu, was ich morgen mach?« In seiner Rage ließ Mehmet die Antwort gleich folgen. »Isch lass diese Scheiß-Russen alle hochgehen, isch schwör. So wie Tschetschenen in Theater Moskau. Nix mehr nur labern, sondern des macht nächste Tage richtig großen Knall, ohn Scheiß.«

»Inschallah, aber wie willst du das anstellen?«

»Schon vorbereitet – verlass dich drauf. Scheiß-Russen, is Krieg. Und isch werd gewinnen. Also kommstu?«

»Klar, Mehmet, ich helfe dir«, versprach Hedi und beendete das Gespräch.

Mehmet klappte sein Mobiltelefon zusammen. Nach dem Wutausbruch ging es ihm besser. Und bald würden sein Kumpel und er das Auto wieder zum Laufen bringen. Zufrieden ließ er die Motorhaube ins Schloss fallen.

Vor ihm tauchte erneut der ältere Mann mit Halbglatze auf. Er hielt inne und warf ihm ein hilfsbereites Lächeln zu. »Ist immer noch alles in Ordnung?«

Mehmet antwortete nicht, sondern stieg in seinen BMW und knallte dem verdutzten Mann die Tür vor der Nase zu. »Scheiß-Fiesta«, murmelte er und lehnte sich zurück in den Sitz.

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Montag, 10.April

Hektisch schob sich der Scheibenwischer über die Frontscheibe von Treidlers dunkelblauem 190er-Mercedes. Doch das altersschwache und längst poröse Gummi schaffte es nicht, den Wasserfilm zu beseitigen. Jedes Mal blieb eine Handvoll daumendicker Schlieren zurück und beeinträchtigte die Sicht auf den vorausfahrenden Verkehr. Der schwarze Belag der vierspurigen A 81 glänzte durch die fleckigen Glasscheiben und verstärkte den Effekt weiter. Nach über zwölf Stunden hatte es erst vor Kurzem aufgehört zu regnen. Es war kein starker Landregen gewesen wie sonst im April, sondern ein feiner Nieselregen, der an allem und jedem haftete wie Schweiß. Trotzdem brachte es auch diese Art von Niederschlag auf eine enorme Wassermenge innerhalb eines Tages. Und bei den lausigen Temperaturen würde es noch gut und gerne ein paar Stunden dauern, bis alles abgetrocknet war.

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