Lichtwellenleiter-Technik - Dieter Eberlein - E-Book

Lichtwellenleiter-Technik E-Book

Dieter Eberlein

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Beschreibung

Die Bundesregierung beschloss bis zum Jahre 2025 die Schaffung einer Gigabit-fähigen Infrastruktur. Das erfordert enorme Anstrengungen im Breitbandausbau der Fernnetze, aber auch bei der Realisierung größerer Übertragungsbandbreiten in der Fläche (vom Stadtnetz bis zum Teilnehmer). Große Streckenlängen und hohe Datenraten können nur mit Lichtwellenleitern realisiert werden. Nur der Lichtwellenleiter ermöglicht eine Infrastruktur, die die Anforderungen der nächsten Jahrzehnte erfüllt. Das Buch gibt eine Einführung in die Lichtwellenleiter-Technik. Der Stoff wird theoretisch fundiert aufbereitet, dann wird der Bogen gespannt bis hin zu konkreten praktischen Beispielen und Anwendungen. Der Leser kann den Stoff unmittelbar auf seine Problemstellungen anwenden. Eine Vielzahl neuer Aspekte sind berücksichtigt, wie aktuelle Normen, neue Fasertypen, Fiber-to-the-Home/Building, Mehrkanalübertragung über MPO/MTP-Stecker, Planung unter Berücksichtigung von Dispersionseffekten, neue Aspekte bei der Faserherstellung, Trends der lösbaren und nichtlösbaren Verbindungstechnik sowie Trends bei der Entwicklung und beim Einsatz von Transceivern, aktualisierte Messvorschrift der Deutschen Telekom zur Messung an FTTH-Netzen.

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Dieter Eberlein, Christina Manzke, Ralph Sattmann

Lichtwellenleiter-Technik

12., überarbeitete und erweiterte Auflage

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2020 · expert verlag GmbH

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autoren oder Herausgeber übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen.

Internet: www.expertverlag.de

eMail: [email protected]

Printed in Germany

ISBN 978-3-8169-3520-9 (Print)

ISBN 978-3-8169-8520-4 (ePDF)

ISBN 978-3-8169-0028-3 (ePub)

Vorwort zur 12. Auflage

Die Lichtwellenleiter-Technik spielt eine entscheidende Rolle in der Telekommunikation. Lichtwellenleiter werden genutzt zur Übertragung von Diensten mit hohen Datenraten sowohl über kurze als auch über lange Strecken. Cloud-basierte Anwendungen, Audio-Video-Dienste und Video-on-Demand führen zu einem unersättlichen Datenhunger. Die Nachfrage nach Lichtwellenleitern boomt.

Neben Weitverkehrsanwendungen dringt die Faser zunehmend in die Fläche ein. Die Fasern enden immer dichter an den Wohnungen, Büros und Funkmasten. Ein 1 Gbit/s bis zum Teilnehmer ist bereits Realität.

Die Errichtung von 5G-Netzen erfordert einen engmaschigen Ausbau der LWL-Netze. Die Faser wird genutzt, um die Daten an den Antennen zu sammeln und zu verarbeiten.

Der Lichtwellenleiter spielt auch eine große Rolle in Rechenzentren. Dort müssen zunehmend höhere Bandbreiten übertragen werden.

Durch Wellenlängenmultiplex, moderne Modulationsverfahren, Polarisationsmultiplex und kohärente Empfänger können riesige Datenmengen über Lichtwellenleiter übertragen werden. 400 Gbit/s-Systeme (pro Wellenlänge) sind angekündigt und werden getestet. Kommerziell verfügbare DWDM-Systeme ermöglichen eine Übertragungskapazität von 128 Wellenlängen á 100 Gbit/s je Faser (12,8 Tbit/s).

In der überarbeiteten und erweiterten 12. Auflage wurde unter anderem folgende Aspekte berücksichtigt:

•Trends bei der Entwicklung und beim Einsatz von Transceivern

•aktualisierte Messvorschrift der Deutschen Telekom zur Messung an FTTH-Netzen

•Aktualisierung der gültigen Normen

Den Mitautoren dieses Buches gilt mein Dank für die kollegiale Zusammenarbeit. Bei Herrn Christoph Schmickler (Netze BW GmbH) bedanke ich mich für seine hilfreichen Hinweise, bei meiner Tochter Julia für die Bearbeitung der Zeichnungen.

Dresden, August 2020

Dieter Eberlein

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 12. Auflage

Inhaltsverzeichnis

1Grundlagen der Lichtwellenleiter-Technik

Dieter Eberlein, Ralph Sattmann (Abschnitt 1.2)

1.1Physikalische Grundlagen der Lichtwellenleiter-Technik

1.1.1Prinzip der optischen Informationsübertragung

1.1.2Vor- und Nachteile der LWL-Übertragung

1.1.3Elektromagnetisches Spektrum

1.1.4Signalausbreitung im Lichtwellenleiter

1.1.5Dämpfung im Lichtwellenleiter

1.1.5.1Definition der Dämpfung

1.1.5.2Dämpfungseffekte im Lichtwellenleiter

1.1.6Zusammenfassung

1.2Materialien und Herstellungsverfahren für Lichtwellenleiter

1.2.1Quarzglas

1.2.2Herstellung von Quarzglas-Lichtwellenleitern

1.2.2.1Herstellung eines Kernstabes

1.2.2.2Herstellung der Vorform

1.2.2.3Faserziehen

1.2.2.4Verkabelung

1.3Lichtwellenleiter-Typen und Dispersion

1.3.1Stufenprofil-Lichtwellenleiter und Modendispersion

1.3.1.1Strahlausbreitung im Stufenprofil-LWL

1.3.1.2Dispersion im Stufenprofil-LWL

1.3.1.3Typen von Stufenprofil-LWL

1.3.2Gradientenprofil-Lichtwellenleiter und Profildispersion

1.3.2.1Strahlausbreitung im Gradientenprofil-LWL

1.3.2.2Dispersion im Gradientenprofil-LWL

1.3.2.3Numerische Apertur im Gradientenprofil-LWL

1.3.2.4Typen von Gradientenprofil-LWL

1.3.3Vergrößerung Bandbreite-Längen-Produkt

1.3.3.1Parabelprofil-LWL mit optimiertem Brechzahlprofil

1.3.3.2Materialdispersion

1.3.4Biegeunempfindlicher Multimode-LWL

1.3.5Standard-Singlemode-Lichtwellenleiter und chromatische Dispersion

1.3.5.1Wellenausbreitung im Singlemode-LWL

1.3.5.2Dispersion im Singlemode-LWL

1.3.5.3Wellenleiter Dispersion

1.3.5.4Chromatische Dispersion

1.3.5.5Eigenschaften des Singlemode-LWL

1.3.5.6Parameter Standard-Singlemode-LWL

1.3.6Singlemode-LWL mit reduziertem Wasserpeak

1.3.7Dispersionsverschobener Singlemode-LWL

1.3.8Cut-off shifted Lichtwellenleiter

1.3.9Non-zero dispersion shifted Lichtwellenleiter

1.3.10NZDSF für erweiterten Wellenlängenbereich

1.3.11Lichtwellenleiter mit reduzierter Biegeempfindlichkeit

1.3.11.1Kategorie A

1.3.11.2Kategorie B

1.3.11.3Praktische Aspekte

1.3.12Kategorien von Singlemode-LWL

1.3.13Trends bei der Faserentwicklung

1.3.13.1Weiterentwicklung des Standard-Singlemode-LWL

1.3.13.2Fasern mit reduziertem Coating-Durchmesser

1.3.13.3Fasern für Raummultiplex

1.3.14Polarisationsmodendispersion (PMD)

1.3.14.1PMD-Effekt

1.3.14.2PMD-Koeffizient

1.3.14.3Polarisationsmodendispersion optischer Bauelemente

1.3.14.4Auswahl der zu messenden Fasern

1.3.14.5PMD-Koeffizient langer Strecken

1.3.15Alterung von Lichtwellenleitern

1.3.15.1Materialeigenschaften

1.3.15.2Durchlauftest und Risswachstum

1.3.15.3Statistische Beschreibung der Ausfallwahrscheinlichkeit

1.3.15.4Richtlinien für zulässige Faserspannungen

1.3.15.5Richtlinien für zulässigen Biegeradien

1.3.15.6Effekte, die die Lebensdauer der Faser herabsetzen

1.3.15.7Allgemeine Hinweise zur Faserhandhabung

1.3.15.8Faserhandhabung beim Spleißen

1.3.16Zusammenfassung

1.4Optoelektronische Bauelemente

1.4.1Elektrooptische Wechselwirkungen im Halbleiter

1.4.2Lumineszenzdioden

1.4.3Laserdioden

1.4.3.1Arten von Laserdioden

1.4.3.2Kenngrößen und Eigenschaften von Laserdioden

1.4.4Empfängerdioden

1.4.4.1PIN-Photodiode

1.4.4.2Lawinen-Photodiode

1.4.4.3Wichtige Eigenschaften von Empfängerdioden

1.4.5Transceiver

1.4.5.1Übersicht Transceiver

1.4.5.2Gigabit Interface Converter (GBIC)

1.4.5.3Small Form Factor Pluggable (SFP)

1.4.5.4Nomenklatur von Ethernet-Transceivern

1.4.5.5Reichweiten entsprechend Ethernet-Standard IEEE 802.3

1.4.5.6Ausblick

1.4.6Zusammenfassung

1.5Literatur

2Lösbare Verbindungstechnik von Lichtwellenleitern

Dieter Eberlein

2.1Allgemeine Eigenschaften

2.2Koppelverluste zwischen Lichtwellenleitern

2.2.1Verluste zwischen Multimode-LWL

2.2.2Verluste zwischen Singlemode-LWL

2.3Stirnflächenkontakt

2.3.1Stecker mit ebener Stirnfläche

2.3.2Stecker mit physischem Kontakt

2.3.3Schrägschliffstecker

2.3.4APC/HRL-Stecker

2.4Verdrehsicherung

2.5Stift-Hülse-Prinzip

2.6Verringerung der Steckerdämpfung

2.6.1Ablageverfahren

2.6.2Prägeverfahren

2.7Dämpfungs- und Reflexionsklassen

2.8Steckertypen

2.8.1Farbmarkierungen

2.8.2Herkömmliche Steckertypen

2.8.3Small-Form-Factor-Stecker

2.8.4Spezielle Steckerlösungen

2.9Trends der lösbaren Verbindungstechnik

2.9.1Stecker für den Outdoorbereich

2.9.2Erhöhung der Faserpackungsdichte

2.9.2.1Datenübertragung in Rechenzentren

2.9.2.2Mehrfaserstecker

2.9.2.3URM-Stecker

2.9.2.4CS-, SN- und MDC-Stecker

2.9.3Stecker für die Leiterplattenkopplung

2.9.4Selbstreinigende Steckeroberflächen

2.10Sorgfalt im Umgang mit Steckverbindern

2.10.1Auswirkungen von Verschmutzungen

2.10.2Ursachen für Verunreinigungen

2.10.3Steckerreinigung

2.10.4Sichtprüfung an Steckerstirnflächen

2.11Literatur

3Nichtlösbare Glasfaserverbindung - Fusionsspleißen

Christina Manzke

3.1Einführung

3.2Fusionsspleißen

3.2.1Einflussfaktoren

3.2.1.1Intrinsische Faktoren

3.2.1.2Extrinsische Faktoren

3.2.2Spleißvorbereitung

3.2.2.1Vorbereitung des Arbeitsplatzes

3.2.2.2Kabelvorbereitung

3.2.2.3Faservorbereitung

3.2.3Spleißen

3.2.3.1Justage der Fasern

3.2.3.2V-Nut-Geräte

3.2.3.33-Achsen-Geräte

3.2.3.4Verschmelzen der Fasern

3.2.3.5Selbstjustageeffekt

3.2.3.6Becksche Linie

3.2.4Bestimmen der Spleißdämpfung

3.2.5Zugfestigkeit

3.2.6Spleiße mit hoher Festigkeit

3.2.7Schutz des Spleißes

3.3Spezielle Spleiße

3.3.1Faserbändchen

3.3.1.1Vorbereiten der Faserbändchen

3.3.1.2Spleißen der Faserbändchen

3.3.1.3Grenzwerte für die Spleißdämpfung

3.3.1.4Schutz des Spleißes

3.3.1.5Abschluss der Strecke

3.3.2Spleißen unterschiedlicher Fasern

3.3.2.1Standard-Singlemode-LWL auf biegeoptimierte Lichtwellenleiter (BIF)

3.3.2.2Standard-Singlemode-LWL auf NZDS-LWL

3.3.2.3Singlemode-LWL auf hochdotierte Spezialfasern

3.3.2.4Singlemode-LWL auf Multimode-LWL

3.3.3Spleißen polarisationserhaltender Fasern

3.4Ausblick

3.5Literatur

4Lichtwellenleiter-Messtechnik

Dieter Eberlein

4.1Allgemeine Hinweise

4.2Messung von Leistungen und Dämpfungen

4.2.1Definierte Anregung des Multimode-LWL

4.2.2Leistungsmessung

4.2.3Dämpfungsmessung

4.2.3.1Praktische Hinweise

4.2.3.2Auswertung der Messergebnisse

4.2.3.3Normen zur Dämpfungsmessung

4.2.3.4Dämpfungsmessungen an Steckern

4.2.3.5Dämpfungsmessungen an Leitungen

4.2.3.6Hoch genaue Dämpfungsmessung

4.2.3.7Allgemeine Hinweise nach DIN ISO/IEC 14763-3

4.2.4Zusammenfassung

4.3Optische Rückstreumessung

4.3.1Prinzip der Rückstreumessung

4.3.2Rückstreukurve als Messergebnis

4.3.3Interpretation der Ereignistabelle

4.3.4Gestreute und reflektierte Leistungen

4.3.4.1Rayleighstreuung

4.3.4.2Reflektierende Ereignisse

4.3.5Zusammenfassung

4.4Analyse von Rückstreudiagrammen

4.4.1Interpretation der Rückstreukurve

4.4.1.1Längenmessung

4.4.1.2Dämpfungsmessung

4.4.2Auswertung problematischer Rückstreudiagramme

4.4.2.1Prinzip der bidirektionalen Messung

4.4.2.2Vorteile der bidirektionalen Messung

4.4.2.3Änderung der Rückstreudämpfung an der Koppelstelle

4.4.2.4Quasibidirektionalen Rückstreumessung

4.4.3Kopplung von SM-LWL mit unterschiedlichen Modenfelddurchmessern

4.4.4Zusammenfassung

4.5Interpretation der Messergebnisse

4.5.1Vergleich zwischen Dämpfungs- und Rückstreukurve

4.5.2Mittelung der Messergebnisse

4.5.3Zusammenfassung

4.6Parameter und Definitionen

4.6.1Dynamik

4.6.2Impulswiederholrate

4.6.3Impulslänge und Auflösungsvermögen

4.6.4Totzonen

4.6.5Weitere Parameter

4.6.6Zusammenfassung

4.7Praktische Hinweise zur Rückstreumessung

4.7.1Allgemeine Hinweise

4.7.2Vor- und Nachlaufprüfschnur

4.7.2.1Vorteile

4.7.2.2Einseitige Messung mit Vorlauf-LWL

4.7.2.3Beidseitige Messung mit Vor- und Nachlauf-LWL

4.7.3Geisterreflexionen

4.7.4Auswertung und Dokumentation

4.7.5Fehlanpassungen

4.7.5.1Unterschiedliche LWL-Parameter

4.7.5.2Unterschiedliche Steckerstirnflächen

4.7.5.3Unterbrochener physischer Kontakt

4.7.5.4Gleiche Steckerstirnflächen

4.7.5.5Zusammenfassung

4.7.6Kriterien zur Beurteilung der Qualität der installierten Strecke

4.7.6.1Allgemeine Hinweise Abnahmevorschriften

4.7.6.2Vorschlag Abnahmevorschrift Multimode-LWL

4.7.6.3Vorschlag Abnahmevorschrift Singlemode-LWL

4.7.7Zusammenfassung

4.8Reflexionsmessungen

4.9LWL-Überwachungssysteme

4.9.1Dunkelfasermessung

4.9.2Messung der aktiven Faser

4.10Messungen an DWDM-Systemen

4.10.1Modifikation der herkömmlichen Messungen

4.10.2Spektrale Messungen

4.10.3Dispersionsmessungen

4.10.4Zusammenfassung

4.11Literatur

5Fiber-to-the-Home/Building

Dieter Eberlein

5.1Anforderungen an die Bandbreite

5.2Netzstrukturen

5.2.1Ethernet-Punkt-zu-Punkt (EP2P)

5.2.2Punkt-zu-Multi-Punkt

5.2.2.1Aktives optisches Netz (AON)

5.2.2.2Passives optisches Netz (PON)

5.2.3Vergleich der Varianten

5.3Offene Infrastruktur

5.4Wellenlängenbelegung bei FTTx

5.5Normen

5.5.1Breitband-PON

5.5.2Gigabit-PON

5.5.3Gigabit-Ethernet-PON

5.5.4Next-Generation PON

5.5.5Downstream 10 Gbit/s

5.5.6TWDM-PON

5.5.7Wellenlängenmultiplex-PON (P2P WDM-PON)

5.5.8Zusammenfassung FTTx-Varianten

5.6Passive Komponenten

5.6.1Steckverbinder

5.6.2Lichtwellenleiter

5.6.3Kabel für FTTx-Projekte

5.6.4Koppler

5.6.5Ratgeber für Planung und Bau (DTAG)

5.7Aktive Komponenten

5.7.1Sender

5.7.2Empfänger

5.7.3Optische Verstärker

5.8Faserabschluss beim Teilnehmer

5.8.1Pigtail mit Fusionsspleißgerät anspleißen

5.8.2Pigtail mit mechanischem Spleißgerät anspleißen

5.8.3Stecker mit Fusionsspleißgerät anspleißen

5.8.4Stecker mit mechanischem Spleißgerät anspleißen

5.8.5Verlegung vorkonfektionierter Kabel

5.9Budgetplanung

5.10Normung

5.11Messungen an FTTH/B-Netzen

5.11.1Allgemeine Hinweise

5.11.2Empfehlungen der Deutschen Telekom

5.12Förderung durch den Bund

5.13Zusammenfassung

5.14Literatur

6Optische Übertragungssysteme

Dieter Eberlein

6.1Planung von LWL-Strecken aus physikalischer Sicht

6.1.1Allgemeine Regeln

6.1.2Planung des Dämpfungsbudgets

6.1.3Pegeldiagramm

6.1.4Dispersion in Lichtwellenleitern

6.1.4.1Chromatische Dispersion

6.1.4.2Dispersionstoleranz

6.1.4.3Kompensation der chromatischen Dispersion

6.1.5Systemplanung

6.1.6Zusammenfassung

6.2Mehrkanalübertragung über MTP/MPO-Stecker

6.2.1Einsatzfälle

6.2.2Mehrkanalübertragung

6.2.3Beschaltungsmöglichkeiten

6.2.4Dämpfungsmessung an Mehrfaserkabeln

6.3Realisierung hoher Bandbreiten mit Multimode-LWL

6.3.1Von Ethernet zu 10-Gigabit-Ethernet

6.3.240/100-Gigabit-Ethernet

6.3.3Physikalische Begrenzungen

6.3.4Bandbreiten-Definitionen

6.3.4.1LED-Bandbreite

6.3.4.2EMB-Bandbreite

6.3.4.3minEMBc-Bandbreite

6.3.5Kategorien von Multimode-Lichtwellenleitern

6.3.6Zusammenfassung

6.4Systeme mit Kunststoff-Lichtwellenleitern

6.4.1Eigenschaften von Kunststoff-Lichtwellenleitern

6.4.2Komponenten für Kunststoff-LWL-Systeme

6.4.3Verbindungstechnik

6.4.4Passive optische Komponenten

6.4.5Einsatz von Kunststoff-Lichtwellenleitern

6.4.6Weitere Entwicklungen

6.4.7Zusammenfassung

6.5Optische Freiraumübertragung

6.5.1Vergleich mit herkömmlichen Verfahren

6.5.2Einsatzfelder

6.5.3Prinzip der optischen Freiraumübertragung

6.5.4Besonderheiten der optischen Freiraumübertragung

6.5.5Optische Freiraumübertragungssysteme

6.5.6Budgetkalkulation

6.5.7Zusammenfassung und Ausblick

6.6Literatur

7Anhang

Dieter Eberlein

7.1Abkürzungen

7.2Formelzeichen und Maßeinheiten

7.3Fachbegriffe

8Stichwortverzeichnis

9Autorenverzeichnis

1Grundlagen der Lichtwellenleiter-Technik

Dieter Eberlein, Ralph Sattmann (Abschnitt 1.2)

Der Lichtwellenleiter (LWL) durchdringt alle Lebensbereiche und löst zunehmend den Kupferleiter ab:

•Der Kunststoff-LWL (POF: Polymer Optical Fiber) dient der Kurzstreckenübertragung. Er wird millionenfach im PKW oder im Wohnbereich eingesetzt.

•Der PCF-LWL (PCF: Polymer Cladded Fiber) wird vor allem im industriellen Bereich mit starken elektromagnetischen Störungen verwendet.

•Herkömmliche Gradientenprofil-LWL dienen der Inhouse-Verkabelung bei geringen Anforderungen an die Bandbreite.

•Gradientenprofil-LWL mit optimiertem Brechzahlprofil sind für die breitbandige Inhouse-Verkabelung geeignet (Gigabit-Ethernet, 10 Gigabit-Ethernet, 40 Gigabit-Ethernet, 100 Gigabit-Ethernet), speziell in Rechenzentren.

•Mit Hilfe des Wellenlängenmultiplex (WDM: Wavelength Division Multiplex, CWDM: Coarse Wavelength Division Multiplex, DWDM: Dense Wavelength Division Multiplex) gelingt es, die Übertragungskapazität des Lichtwellenleiters zu vervielfachen und damit riesige Übertragungskapazitäten zu erreichen.

•Weltweit hat FTTH (Fiber to the Home) bzw. FTTB (Fiber to the Building) eine sehr große Bedeutung erlangt. Privathaushalte erhalten über einen Lichtwellenleiter direkt breitbandige Dienste wie Sprache, Daten und Video. International werden derzeit 100 Mbit/s als Standard-Zugangsrate betrachtet. 1 Gbit/s-Netze sind mittlerweile verfügbar.

•5G erfordert massiven Ausbau der LWL-Netze.

1.1Physikalische Grundlagen der Lichtwellenleiter-Technik

In diesem Abschnitt beschreiben wir die physikalischen Grundlagen der Lichtwellenleiter-Technik. Ausgehend vom Prinzip der optischen Informationsübertragung werden die wesentlichen Bestandteile eines solchen Systems erläutert und die wichtigsten Vorteile gegenüber herkömmlichen Übertragungssystemen herausgestellt. Auch die Ursachen für die Begrenzung der Leistungsfähigkeit von LWL-Systemen werden erwähnt.

Die Darstellung des elektromagnetischen Spektrums zeigt, wo der optische Bereich, der für die LWL-Übertragung genutzt wird, einzuordnen ist.

Das Prinzip der Signalausbreitung im Multimode-LWL wird anhand der Totalreflexion veranschaulicht. Um diese zu gewährleisten, müssen bestimmte Anforderungen bei der Einkopplung des Lichts in den Lichtwellenleiter erfüllt werden.

So ist innerhalb eines Akzeptanzkegels einzukoppeln. Die Einführung des Begriffes der numerischen Apertur des Lichtwellenleiters zeigt, wodurch dieser Akzeptanzkegel beeinflusst wird.

Schließlich wird die Dämpfung im Lichtwellenleiter definiert, typische Dämpfungseffekte im Lichtwellenleiter erläutert und ihre Auswirkungen auf den spektralen Dämpfungsverlauf des Lichtwellenleiters gezeigt.

1.1.1Prinzip der optischen Informationsübertragung

Die optische Informationsübertragung ist mit Hilfe von Lichtwellenleitern oder über die Freiraumausbreitung möglich. Die nachfolgenden Betrachtungen beziehen sich im Wesentlichen auf den Lichtwellenleiter. Kurze Entfernungen können unter gewissen Bedingungen auch mit der optischen Freiraumübertragung überbrückt werden (Abschnitt 6.5).

Ein elektrisches Signal moduliert in einem Sendemodul einen optischen Träger und erzeugt damit ein optisches Signal. Die Modulation kann analog oder digital erfolgen.

Der Sender muss sehr kleine Abmessungen haben, um effektiv in den kleinen Kern des Lichtwellenleiters einkoppeln zu können. Darüber hinaus muss das Bauelement mit sehr hohen Datenraten (bis in den Gigabit-Bereich) modulierbar sein. Diese Anforderungen werden nicht von herkömmlichen Bauelementen (zum Beispiel Glühbirne) erfüllt.

Es wurden optoelektronische Bauelemente auf der Basis von Halbleitermaterialien entwickelt, die die genannten Kriterien erfüllen. Als Sender kommen Lumineszenzdioden oder Laserdioden zum Einsatz (Abschnitt 1.4.2 und 1.4.3).

Das optische Signal der Senderdiode wird in den Lichtwellenleiter eingekoppelt. Es ist auf eine hohe Qualität der Einkopplung zu achten, um die Koppelverluste möglichst gering zu halten. Das Prinzip der optischen Informationsübertragung wird in Bild 1.1 dargestellt.

Bild 1.1: Prinzip der optischen Informationsübertragung

Der Lichtwellenleiter kann für geringe Anforderungen ein Multimode-Stufenprofil-LWL, beispielsweise ein Kunststoff-LWL oder ein PCF (Polymer Cladding Fiber) sein. Für höhere Anforderungen kommt der Gradientenprofil-LWL zum Einsatz. Höchste Anforderungen bezüglich Dämpfung und Dispersion erfüllen Singlemode-LWL (vergleiche Abschnitt 1.3.5).

Am Ende der Übertragungsstrecke wird das optische Signal mit Hilfe des Empfängers in ein elektrisches Signal gewandelt, gegebenenfalls verstärkt und demoduliert. Die optisch-elektrische Wandlung übernimmt eine PIN- bzw. Lawinen-Photodiode (vergleiche Abschnitt 1.4.4).

Das Übertragungssystem kann dämpfungsbegrenzt oder dispersionsbegrenzt sein. Dämpfungsbegrenzung heißt, dass die maximal realisierbare Streckenlänge durch die Dämpfung im System begrenzt wird. Genauer gesagt: Die am Empfänger ankommende Leistung darf einen bestimmten Wert nicht unterschreiten, damit das Signal noch fehlerfrei oder mit einer noch zulässigen Fehlerrate detektiert werden kann.

Die Dämpfungsbegrenzung wird nicht nur durch eine zu hohe Streckendämpfung verursacht, auch die Höhe der eingekoppelten Leistung und die Empfindlichkeit des Empfängers spielen eine wichtige Rolle.

Dispersionsbegrenzung heißt, dass die maximal realisierbare Streckenlänge durch die Dispersion im System begrenzt wird. Dispersion verursacht eine Impulsverbreiterung während der Ausbreitung entlang des Lichtwellenleiters (vergleiche Bild 1.17).

Die Auswahl der geeigneten Komponenten (Typ des Senders, Lichtwellenleiters und Empfängers) wird durch die jeweiligen Anforderungen an das Übertragungssystem bestimmt. Dabei ist es sinnlos, einen hohen Aufwand zur Reduktion der Dämpfung zu treiben, wenn das System dispersionsbegrenzt ist und umgekehrt. Bei der Erfüllung der beiden Forderungen sollte man optimieren (Abschnitt 6.1).

1.1.2Vor- und Nachteile der LWL-Übertragung

LWL-Übertragungssysteme haben im Vergleich zu konventionellen, also auf Kupferkabeln basierenden Systemen eine Reihe gravierender Vorteile.

Mit elektrischen Multiplexverfahren werden heute 2,5 Gbit/s-, 10 Gbit/s-, 40 Gbit/s- oder 100 Gbit/s-Signale erzeugt. Mit optischen Multiplexverfahren (Wellenlängenmultiplex) können diese Signale erneut gebündelt werden, so dass bereits Übertragungskapazitäten von mehr als 10 Tbit/s auf einem einzigen Lichtwellenleiter realisiert werden konnten.

Die theoretische Bandbreite des Koaxialkabels liegt bei 1 GHz, die des Lichtwellenleiters bei 50 THz. Das entspricht einem Faktor 50.000! Deshalb ist der Lichtwellenleiter das Übertragungsmedium der Zukunft!

Die geringen Verluste des Lichtwellenleiters ermöglichen eine optische Übertragung über mehr als 100 km. In Verbindung mit optischen Verstärkern ist es möglich, mehrere 1000 km über einen Lichtwellenleiter rein optisch zu übertragen.

Die Dämpfung des Lichtwellenleiters hängt im Gegensatz zum Kupferleiter nicht von der Bandbreite des übertragenen Signals ab. Hier zeigt der Lichtwellenleiter seine Überlegenheit vor allem im Teilnehmerbereich. Die Dämpfung des Kupferleiters steigt mit zunehmender Bandbreite an und ermöglicht nur Streckenlängen von wenigen hundert Metern.

Da der Lichtwellenleiter ein Isolator ist, ermöglicht er eine Potenzialtrennung zwischen Sender und Empfänger. Es treten keine Potenzialausgleichsströme auf. Es besteht kein Zerstörungsrisiko der angeschlossenen Geräte bei Blitzeinschlägen.

Aber auch in Systemen, die an Datenraten und Streckenlängen nur geringe Anforderungen stellen, wird der Kupferleiter zunehmend durch den Lichtwellenleiter ersetzt. Vor allem in Umgebungen mit starken Störstrahlungen (Kraftwerke, Produktionsbetriebe) kommt die Unempfindlichkeit des Lichtwellenleiters gegenüber elektrischer Störstrahlung vorteilhaft zur Geltung.

Selbst im PKW wird der Kunststoff-LWL zur Vermeidung möglicher Störbeeinflussungen verwendet (Abschnitt 6.4).

Die Tatsache, dass Lichtwellenleiter keine Signale abstrahlen, hat den Vorteil, dass LWL-Systeme prinzipiell abhörsicher sind.

Bei hinreichend kleinen Leistungen (< (15…150) mW) ist ein Einsatz in explosionsgefährdeten Räumen möglich, da nicht die Gefahr der Funkenbildung besteht.

Der Lichtwellenleiter hat ein geringes Gewicht und Volumen. Der Materialeinsatz ist minimal. Mit einem Gramm Glas kann etwa die gleiche Informationsmenge übertragen werden, wie mit zehn Kilogramm Kupfer! Unter dem Gesichtpunkt „Green-IT“ (Energie und Ressourcen sparen) ist das ein sehr wichtiger Aspekt.

Die Nachteile der LWL-Technik ergeben sich aus den erhöhten technischen Anforderungen und einer aufwändigeren Messtechnik. Die Anforderungen ergeben sich aus den geringen Abmessungen des Lichtwellenleiters. Werden zwei Lichtwellenleiter miteinander verbunden, müssen die LWL-Kerne exakt zueinander positioniert werden.

Wegen der sehr kleinen Kerndurchmesser (Multimode-LWL: Kerndurchmesser typisch 50 µm oder 62,5 µm; Singlemode-LWL: Kerndurchmesser typisch 8 µm) ist das eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Daraus ergeben sich besondere Anforderungen an die lösbare Verbindungstechnik (Steckerkonfektionierung: Kapitel 2) bzw. an die nichtlösbare Verbindungstechnik (Spleißtechnik: Kapitel 3).

Ein weiterer Nachteil ist, dass über LWL-Verkabelung keine Stromversorgung möglich ist. Eine zusätzliche Kupferverkabelung ist erforderlich.

Das LWL-Kabel kann im Erdreich nicht geortet werden, sofern es kein Metall enthält.

Die Komponenten sind teurer, da zusätzlich elektrisch-optische bzw. optischelektrische Wandler benötigt werden.

1.1.3Elektromagnetisches Spektrum

Das elektromagnetische Spektrum überstreicht hinsichtlich Frequenz bzw. Wellenlänge 24 Zehnerpotenzen, beginnend vom niederfrequenten Bereich über die Rundfunkwellen, die optische Strahlung, die Röntgen- und γ-Strahlung bis zu den hochenergetischen kosmischen Strahlen.

In diesem riesigen Bereich nimmt das sichtbare Licht nur wenig Raum ein: Das ist der Wellenlängenbereich von 380 nm (violett) bis 780 nm (rot).

Daran schließt sich zu kleineren Wellenlängen hin die ultraviolette Strahlung und zu größeren Wellenlängen hin die infrarote Strahlung an.

Bild 1.2: Das Spektrum der elektromagnetischen Wellen

Während die Übertragung mit Kunststoff-LWL vorzugsweise bei 570 nm bzw. 650 nm, also im sichtbaren Bereich erfolgt, liegen die Übertragungswellenlängen bei Anwendungen für die Telekommunikation bei 850 nm, 1300 nm, 1550 nm und 1625 nm/1650 nm, also im nahen Infrarotbereich und sind deshalb unsichtbar.

Einen Überblick über das Spektrum der elektromagnetischen Wellen gibt Bild 1.2. Man beachte die logarithmische Darstellung der Frequenz- bzw. Wellenlängenskala.

Die jeweiligen Übertragungswellenlängen ergeben sich aus den (bei modernen Lichtwellenleitern allerdings kaum noch bemerkbaren) Dämpfungsminima der Lichtwellenleiter und werden optische Fenster des Lichtwellenleiters genannt.

1.1.4Signalausbreitung im Lichtwellenleiter

Der Lichtwellenleiter besteht aus einem Kern mit dem Durchmesser dK und einem Mantel mit dem Durchmesser dM (Bild 1.3). Der Durchmesser des Glasmantels beträgt bei Telekommunikationsfasern 125 µm. Unmittelbar nach dem Ziehen des Lichtwellenleiters wird eine zweistufige Schutzschicht auf den Mantel aufgebracht (Durchmesser 250 µm, neuerdings auch 200 µm (Abschnitt 1.3.13.2)).

Diese so genannte Primärbeschichtung (Coating) soll das Eindringen von OH-Ionen in den Lichtwellenleiter verhindern, was zu einer Dämpfungserhöhung führen würde. Außerdem gewährleistet das Coating einen mechanischen Schutz. Die Faser lässt sich problemlos biegen. Ohne Schutzschicht ist die Faser spröde und bricht schnell.

Bild 1.3: Struktur des Lichtwellenleiters

Bild 1.4: Aufbau der LWL-Faser

Die Schutzschicht ist eine zweischichtig aufgebaute Kunststoffhülle, die die Festigkeit des Lichtwellenleiters verbessert, nach innen Mikrobiegungen verhindert und nach außen eine einfachere Handhabung ermöglicht.

Das Prinzip der Signalausbreitung im Stufenprofil-LWL beruht auf der Totalreflexion.

Fällt ein Lichtstrahl auf eine Grenzfläche zwischen einem optisch dichteren Medium mit der Brechzahl n1 und einem optisch dünneren Medium mit der Brechzahl n2, so wird dieser Strahl in Abhängigkeit von seinem Einfallswinkel gebrochen oder reflektiert (Bild 1.5).

Bild 1.5: Änderung der Strahlrichtung zwischen zwei Medien

Dabei bedeutet optisch dichteres Medium eine höhere Brechzahl und optisch dünneres Medium eine geringere Brechzahl, also n1 > n2. Unter dem Einfallswinkel versteht man den Winkel zwischen dem Lot auf die Grenzfläche und dem einfallenden Strahl.

Der Zusammenhang zwischen dem Einfallswinkel α1 und dem Austrittswinkel α2 wird durch das Snelliussche Brechungsgesetz beschrieben:

Wird dieser Winkel überschritten, geht die Brechung in eine Totalreflexion über (Strahl 3). Dann gilt das normale Reflexionsgesetz. Das Licht tritt nicht mehr aus dem Medium mit der Brechzahl n1 aus, sondern bleibt in ihm gefangen.

Um das zu gewährleisten, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:

•Ein Glas mit höherer Brechzahl muss von einem Glas mit geringerer Brechzahl umgeben sein.

•Der Strahl muss auf die Grenzfläche zwischen den beiden Materialien hinreichend flach auftreffen.

Diese beiden Anforderungen wurden beim Entwurf des Lichtwellenleiters umgesetzt:

Auf das optisch dichtere Kernmaterial mit der Brechzahl n1 wird ein optisch dünnerer Mantel mit der Brechzahl n2 aufgebracht (Bild 1.6). So ist die Brechzahl des Kerns stets höher als die des Mantels. Die höhere Kernbrechzahl erreicht man durch Dotierung des Quarzglases (SiO2) mit Fremdatomen (meist GeO2).

Bild 1.6: Totalreflexion im Stufenprofil-LWL

Damit der Strahl hinreichend flach auf die Grenzfläche zwischen Kern und Mantel trifft, das heißt, damit der Grenzwinkel der Totalreflexion im Lichtwellenleiter αGrenz nicht unterschritten wird, darf der Einfallswinkel θGrenz (Akzeptanzwinkel) nicht überschritten werden. Durch nochmalige Anwendung des Brechungsgesetzes auf die Stirnfläche und unter Berücksichtigung der Winkelverhältnisse entsprechend Bild 1.6 gilt:

Als numerische Apertur NA des Lichtwellenleiters wird der Sinus des Grenzwinkels θGrenz definiert. Sie ist ein Maß dafür, wie groß der maximale Einfallswinkel auf die Stirnfläche sein darf, damit das Licht im Lichtwellenleiter noch geführt wird.

Strahlen, die unter einem zu großen Winkel auf die LWL-Stirnfläche auftreffen, werden im Lichtwellenleiter nicht total reflektiert, sondern in den Mantel hinein gebrochen. Das Licht gelangt zum Coating (dieses hat eine größere Brechzahl als der Mantel) und wird stark gedämpft. Um das zu vermeiden, muss das Licht innerhalb des so genannten Akzeptanzkegels eingekoppelt werden (Bild 1.7).

Bild 1.7: Akzeptanzkegel beim Multimode-LWL

Erfolgt die Einkopplung mit einem Winkel, der kleiner als θGrenz ist, wird das Licht an der Kern-Mantel-Grenze reflektiert, durchläuft den LWL-Kern, wird an der gegenüberliegenden Kern-Mantel-Grenze reflektiert und breitet sich so zickzackförmig durch den Lichtwellenleiter aus. Mit der Definition für die relative Brechzahldifferenz

kann man die numerische Apertur auch folgendermaßen darstellen:

Die numerische Apertur ist eine entscheidende Größe bei der Einkopplung von Licht in den Lichtwellenleiter und bei Kopplung von Lichtwellenleitern miteinander. Sie wird durch die Unterschiede zwischen den Brechzahlen von Kern und Mantel beeinflusst.

Das Prinzip der Totalreflexion, wie in Bild 1.6 dargestellt, funktioniert prinzipiell auch unter Verzicht auf den Glasmantel, da ja Luft eine deutlich kleinere Brechzahl (≈ 1) als das Kernglas hat und folglich die Funktion des Glasmantels übernehmen kann.

Jede Berührung des Glases würde aber an dieser Stelle den Effekt zerstören und einen Lichtverlust verursachen. Außerdem wäre wegen des großen Brechzahlunterschiedes zwischen Kern und Luft die numerische Apertur und damit die Modendispersion sehr groß (vergleiche Abschnitt 1.3.1.2).

1.1.5Dämpfung im Lichtwellenleiter

1.1.5.1Definition der Dämpfung

Die in den Lichtwellenleiter eingekoppelte Leistung P0 fällt entlang des Lichtwellenleiters exponentiell ab:

Diese Darstellung unterscheidet sich von Gleichung (1.8). Gleichung (1.8) bezieht sich auf die Basis des natürlichen Logarithmus (e ≈ 2,7183…) und Gleichung (1.9) auf die Basis des dekadischen Logarithmus. Man beachte, ob die Dämpfung in Dezibel oder Neper angegeben wird, wobei heute Neper kaum noch gebräuchlich ist. Durch Vergleich zwischen (1.8) und (1.9) ergibt sich folgender Zusammenhang:

Der Dämpfungskoeffizient oder Dämpfungsbelag α ist die auf die LWL-Länge bezogene Dämpfung und damit ein wichtiger Materialparameter. Ist dieser entlang des LWL konstant, so gilt:

Medium

Dämpfungskoeffizient

Abfall auf die Hälfte nach

Fensterglas

25.000 dB/km

0,00012 km

LWL um 1966

1.000 dB/km

0,003 km

modernes optisches Glas

700 dB/km

0,004 km

dichter Nebel

500 dB/km

0,006 km

LWL um 1970

20 dB/km

0,15 km

MM-LWL, 850 nm

2,5 dB/km

1,2 km

MM-LWL, 1300 nm

0,7 dB/km

4,3 km

SM-LWL, 1310 nm

0,33 dB/km

9,1 km

SM-LWL, 1550 nm

0,20 dB/km

15 km

SM-LWL, 1625 nm

0,22 dB/km

13,6 km

Weltrekord SM-LWL, 1568 nm

0,151 dB/km

19,9 km

Tabelle 1.1: Beispiele für Dämpfungskoeffizienten

Die Maßeinheit ist analog zu oben dB/km oder 1/km, je nachdem, ob a oder a’ im Zähler steht. Die Umrechnung zwischen diesen beiden Angaben ist zu beachten! In Tabelle 1.1 wurden typische Dämpfungskoeffizienten verschiedener Materialien zusammengestellt.

Während der Dämpfungskoeffizient von Fensterglas bei 25.000 dB/km liegt (Abfall auf die Hälfte nach 12 cm), beträgt der beste Dämpfungskoeffizient des Lichtwellenleiters 0,151 dB/km (Abfall auf die Hälfte nach 19,9 km). Dieser Wert ist mehr als fünf Größenordnungen geringer! Hieraus wird ersichtlich, welch große technologische Herausforderung es ist, ein derart reines Glas zu fertigen.

Aus der Definition entsprechend Gleichung (1.9) ergeben sich folgende Zusammenhänge zwischen linearer und logarithmischer Darstellung:

 

  100

 

   10

 

     1

 

        0,1

 

         0,01

 

           0,001

Aus den Beispielen ist zu erkennen, dass sich das Signal alle 10 dB um einen Faktor 10 verringert. Dämpfungen werden meist als positive dB-Werte und Verstärkungen als negative dB-Werte definiert.

Beispiele:

3 dB ≈ 0,5

 

 

 

6 dB ≈ 0,25

 

 

 

9 dB ≈ 0,125

 

 

 

12 dB ≈ 0,0625

=>

2 dB ≈ 0,625

 

15 dB ≈ 0,03125

=>

5 dB ≈ 0,3125

Beträgt die Dämpfung 10 dB (also Abfall auf ein Zehntel) und man verdoppelt den Wert (also Abfall auf ein Fünftel), so sind 3 dB zu subtrahieren:

Beispiele:

10 dB ≈ 0,1

 

 

 

7 dB ≈ 0,2

 

 

 

4 dB ≈ 0,4

 

 

 

1 dB ≈ 0,8

=>

 

 

-2 dB ≈ 0,8

=>

8 dB ≈ 0,16

Durch diese einfachen Überlegungen lassen sich plausible Näherungen für jeden einzelnen dB-Wert ableiten.

Eine logarithmische Darstellung der Leistung ist sinnvoll, da diese viele Zehnerpotenzen überstreichen kann. Dabei wird die Leistung auf 1 mW bezogen. Das Ergebnis ist der Leistungspegel L oder einfach der Pegel. Dieser hat die Maßeinheit dBm:

Entsprechend dieser Definition gelten die folgenden Zusammenhänge zwischen Pegel und Leistung:

 

100 mW

 

1 mW

 

1 µW

 

1 nW

Gemäß der Definition nach Gleichung (1.12) haben Pegel kleiner als 1 mW negative und Pegel größer als 1 mW positive dBm-Werte. So wird es möglich, Leistungsverhältnisse als Differenzen darzustellen (ergibt sich aus den Logarithmusgesetzen) und auf einfache Weise die Dämpfung zu berechnen:

Werden die Dämpfungen aus den Pegeln berechnet, reicht eine einfache Subtraktion entsprechend Gleichung (1.13) aus:

In einem weiteren Schritt zur Vereinfachung kann bei vielen Messgeräten der Pegel bei der Referenzierung auf null gesetzt werden und das Ergebnis der Messung sind dann relative dB (bezogen auf die Referenzierung). Es wird direkt die Dämpfung der Strecke angezeigt.

Am Leistungsmesser kann eingestellt werden, ob die Anzeige in Milliwatt (Leistung), dBm (Pegel) oder relativen dB erfolgen soll.

Zusammenfassung und Beispiele:

•Angabe Leistung P in mW (absoluter Wert)

•Angabe Pegel L in dBm (relativer Wert; bezogen auf 1 mW)

•Leistung > 1 mW: Pegel ist positiv; Beispiel: 2 mW entspricht ≈ 3 dBm

•Leistung < 1 mW: Pegel ist negativ; Beispiel: 0,5 mW entspricht ≈ -3 dBm

•3 dB entspricht 0,5 (50 %)

•-3 dB entspricht 2 (200 %)

Beachte:

Vorsicht bei der Umrechnung zwischen Pegeln und Leistungen!

1.1.5.2Dämpfungseffekte im Lichtwellenleiter

Die LWL-Dämpfung begrenzt die Leistungsfähigkeit optischer Nachrichtenübertragungssysteme. Deshalb ist das Verständnis der Ursachen für die Dämpfung wichtig, um leistungsfähige Systeme zu entwickeln. Die Dämpfung wird durch Absorption, Streuung und Strahlungsverluste infolge Modenwandlung verursacht.

Verunreinigungen durch Ionen der Metalle Cu, Fe, Ni, V, Cr, Mn können Absorptionen bei bestimmten Wellenlängen bewirken. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten kann man hochreines Glas realisieren, so dass die Absorptionsverluste keine Rolle mehr spielen.

Problematischer sind die Verunreinigungen durch Hydroxyl-Ionen, das heißt durch Wasser und dessen OH-Radikal. Dadurch steigt die Absorption vor allem bei folgenden Wellenlängen stark an: 0,945 µm, 1,24 µm und 1,383 µm.

Da die so genannten Wasserpeaks eine endliche Breite besitzen, werden auch benachbarte Wellenlängenbereiche beeinflusst. Deshalb müssen die für die optische Übertragung genutzten Wellenlängen einen möglichst großen Abstand von diesen Dämpfungsmaxima haben.

Daraus ergeben sich begrenzte Wellenlängenbereiche, die genutzt werden können, die optischen Fenster. Bei Fasern, die ab dem Jahr 2000 gefertigt wurden, sind die Wasserpeaks sehr klein (Low-Water-Peak-LWL) und ein großer Wellenlängenbereich wird nutzbar (Abschnitt 1.3.6).

Außerdem bewirken Molekülschwingungen Eigenabsorptionen des LWL-Materials im ultravioletten und im längerwelligen Infrarotbereich. Letztere begrenzen den nutzbaren Wellenlängenbereich nach oben.

Während die bisher behandelten Dämpfungseffekte infolge Absorption durch Verbesserung der Technologie zunehmend unterdrückt werden, kann man die Verluste durch Streueffekte mit technologischen Maßnahmen nur bis zu einer physikalisch bedingten Grenze reduzieren.

Nichtlineare Streueffekte (Raman- oder Brillouinstreuung) können bei hohen Leistungen bzw. Leistungsdichten im Lichtwellenleiter auftreten (beispielsweise in Wellenlängenmultiplex-Systemen in Verbindung mit optischen Verstärkern) und sollen hier nicht weiter betrachtet werden.

Unvermeidbar ist jedoch die Rayleighstreuung, die durch Brechzahl- und Dichtefluktuationen im Glas hervorgerufen wird (vergleiche Kapitel 4). Sie wächst mit zunehmender Dotierung des Quarzglases mit Fremdatomen an, tritt jedoch auch im undotierten Quarzglas auf.

Bemerkenswert ist die starke Wellenlängenabhängigkeit der Rayleighstreuung: Sie fällt mit der vierten Potenz der Wellenlänge ab. Da in einem guten Lichtwellenleiter die Dämpfung im Wesentlichen durch die Rayleighstreuung bewirkt wird, nimmt die Dämpfung des Lichtwellenleiters vom ersten (850 nm) bis zum vierten (1625 nm) optischen Fenster stark ab.

Bild 1.8 zeigt den Dämpfungskoeffizient des Lichtwellenleiters als Funktion der Übertragungswellenlänge sowie die oben besprochenen dämpfungserhöhenden Effekte.

Bild 1.8: Dämpfungskoeffizient eines Lichtwellenleiters mit Wasserpeak als Funktion der Wellenlänge und typische Dämpfungseffekte

Prinzipiell vermeidbar sind die Strahlungsverluste durch Modenwandlungsprozesse. Hier unterscheidet man Makro- und Mikrobiegeverluste. Makrobiegeverluste treten bei einer Biegung des Lichtwellenleiters mit einem über eine größere Länge (sehr viele Lichtwellenlängen) konstanten Biegeradius auf.

Durch sorgfältige Verlegung und Installation sind zu enge Biegeradien vermeidbar. Die Dämpfungen durch Makrobiegungen sind im Singlemode-LWL besonders hoch. Sie wachsen mit zunehmender Übertragungswellenlänge an. Die gecoatete Faser darf einen Biegeradius von 30 mm nicht unterschreiten. Das wird durch geeignete Abmessungen der Spleißkassetten (Abschnitt 3.2.7) gewährleistet.

Auch wenn Dämpfungen durch Makrobiegungen im Multimode-LWL erst bei geringeren Radien auftreten, darf auch dieser nicht in zu engen Radien abgelegt werden. Zu kleine Biegeradien (< 15 mm) können längerfristig zu Mikrorissen und damit zum Faserbruch führen (Abschnitt 1.3.15).

Das bedeutet, dass der Multimode-LWL mit der gleichen Sorgfalt wie der Singlemode-LWL verlegt werden muss. Während man einen zu geringen Biegeradius beim Singlemode-LWL an einer erhöhten Dämpfung insbesondere bei Messung mit einer hohen Wellenlänge erkennt, ist dieser Installationsmangel beim Multimode-LWL oder beim biegeoptimierten Singlemode-LWL unter Umständen durch eine Messung nicht nachweisbar.

Die Faser kann, vor allem in Verbindung mit Feuchtigkeit, noch nach Jahren brechen. Deshalb ist unbedingt auf die Einhaltung der zulässigen Biegeradien zu achten.

Mikrobiegeverluste werden durch Biegungen verursacht, die sich entlang des Lichtwellenleiters periodisch oder statistisch verteilt, laufend ändern. Typische Biegeamplituden liegen bei 1 µm. Sie können zum Beispiel durch die Rauhigkeit der Kunststoffhüllen (Adern) um den Lichtwellenleiter hervorgerufen werden, sind im Allgemeinen durch technologische Mängel im Herstellungsprozess der Fasern/Kabel bedingt und durch die Installation nicht beeinflussbar.

Meist wird heute die Technik zur Herstellung der Fasern/Kabel so gut beherrscht, dass Mikrobiegeverluste keine Rolle mehr spielen.

Die optischen Fenster des Lichtwellenleiters werden folgendermaßen genutzt:

•erstes optisches Fenster:

Multimode-LWL (850 nm)

•zweites optisches Fenster:

Multimode-LWL (1300 nm)

Singlemode-LWL (1310 nm)

•drittes optisches Fenster:

Singlemode-LWL (1550 nm)

•viertes optisches Fenster:

Singlemode-LWL (1625 nm/1650 nm).

Wegen der hohen Makrobiegeempfindlichkeit des Lichtwellenleiters bei dieser Wellenlänge nutzt man das vierte optische Fenster zur Faserüberwachung und zur OTD-RMessung, um Installationsmängel zu erkennen.

Das erste optische Fenster wird ausschließlich vom Multimode-LWL und das dritte bzw. vierte optische Fenster ausschließlich vom Singlemode-LWL genutzt.

Im zweiten optischen Fenster erfolgt die Übertragung sowohl über Multimode- als auch Singlemode-LWL. Zur Kennzeichnung der Fasern/Kabel und Komponenten wurde vereinbart, dass die Angabe „1300 nm“ sich stets auf Multimode-Anwendungen und die Angabe „1310 nm“ auf Singlemode-Anwendungen bezieht. Die tatsächliche Wellenlänge des Senders kann von diesen Nennwerten abweichen.

Das Grobe Wellenlängenmultiplex (CWDM: Kapitel 7) nutzt auch den Wellenlängenbereich zwischen dem zweiten und dritten optischen Fenster (1271 nm, 1291 nm,…, 1611 nm). Das Anwachsen des Dämpfungskoeffizienten infolge der OH-Absorptionen stört.

Durch Modifikation des Herstellungsprozesses gelingt es, diesen Effekt zu vermeiden und den OH-Peak zwischen dem zweiten und dritten optischen Fenster stark zu unterdrücken (Low-Water-Peak-LWL: Abschnitt 1.3.6).

1.1.6Zusammenfassung

Die optische Nachrichtenübertragung wird realisiert durch die Wandlung eines elektrischen in ein optisches Signal mittels einer Lumineszenzdiode oder einer Laserdiode, durch Übertragung des optischen Signals über einen Lichtwellenleiter oder durch den freien Raum und eine abschließende optisch-elektrische Wandlung mit einer PIN- oder Lawinen-Photodiode.

Die Auswahl der Komponenten wird durch die jeweiligen Anforderungen an das System insbesondere bezüglich der Datenrate und der Streckenlänge festgelegt.

Die Vorteile der LWL-Technik ergeben sich aus den hohen übertragbaren Datenraten, den großen überbrückbaren Streckenlängen und der Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Störstrahlungen. Die Nachteile sind im Wesentlichen durch eine schwierigere Handhabbarkeit des Lichtwellenleiters im Vergleich zum Kupferleiter bedingt. Die Verbindungstechnik ist aufwändiger.

Das elektromagnetische Spektrum umfasst einen Frequenz- bzw. Wellenlängenbereich von 24 Zehnerpotenzen. Die optische Nachrichtenübertragung nutzt davon nur einen sehr kleinen Anteil, das nahe Infrarot und den Bereich des sichtbaren Lichts.

Das Prinzip der Signalausbreitung im Multimode-LWL beruht auf der Totalreflexion. Die Parameter Kerndurchmesser und numerische Apertur beeinflussen die einkoppelbare Leistung in den Lichtwellenleiter und seine Übertragungseigenschaften.

Die Dämpfung ist ein Maß für die Verminderung der optischen Signalleistung im Lichtwellenleiter. Der Dämpfungskoeffizient ergibt sich aus der Dämpfung, bezogen auf die Länge des Lichtwellenleiters.

Der Dämpfungskoeffizient des Lichtwellenleiters hängt stark von der Wellenlänge ab. Prinzipiell unvermeidbar ist die Dämpfung durch Rayleighstreuung. Absorptions- und Mikrobiegeverluste lassen sich bei Beherrschung des Herstellungsprozesses stark reduzieren. Makrobiegeverluste sind durch sorgfältige Verlegung des Lichtwellenleiters vermeidbar.

1.2Materialien und Herstellungsverfahren für Lichtwellenleiter

Lichtwellenleiter (LWL) werden heute für die unterschiedlichsten Anwendungen eingesetzt. Entsprechend vielfältig sind ihre Designs und verwendeten Materialien. Dabei lassen sich zwei Anwendungsbereiche unterscheiden, je nach Ziel der Lichtübertragung:

•Fasern für die Übertragung von Energie oder Leistung

•Fasern für die Übertragung von Daten / Information

Die Übertragung von Energie steht beispielsweise bei den folgenden Anwendungen von Lichtwellenleitern im Vordergrund: Beleuchtungszwecke, Übertragung von Laserstrahlung für die Materialbearbeitung, Übertragung von Strahlung für die Spektroskopie. Die Vielfalt an LWL-Typen, die für diese Fälle eingesetzt werden, reicht von Kunststoff-LWL bis zu Lichtwellenleitern aus Quarzglas oder Spezialglas.

Für die Übertragung von Daten werden ebenfalls unterschiedliche Designs und Materialien eingesetzt, je nach konkretem Anwendungsfall. So kommen für kurze Übertragungsstrecken - zum Beispiel innerhalb einer Maschine oder eines Fahrzeugs - auch Leiter aus Kunststoff oder Mischgläsern zum Einsatz. Für die Datenübertragung im Bereich Telekommunikation und Internet geht es aber um längere Strecken. Hierfür werden ausschließlich Leiter aus Quarzglas eingesetzt. Solche Lichtwellenleiter stehen im Fokus dieses Buches. Im Folgenden werden ihre Materialien und Herstellungsverfahren erläutert.

1.2.1Quarzglas

Ideales Quarzglas besteht nur aus zwei Elementen: Silizium und Sauerstoff, chemisch SiO2. In der Natur kommt SiO2 häufig kristallin vor, z. B. als Quarzsand. Quarz bzw. Bergkristall sind große SiO2-Kristalle. Im Unterschied zu der regelmäßigen Anordnung der Si- und O-Atome im Kristall sind die SiO2-Gruppen im Glas amorph, also unregelmäßig angeordnet. Deswegen unterscheiden sich viele Eigenschaften von Quarzglas vom Kristall.

Quarzglas kann durch Umschmelzen von Quarzsand oder zerkleinerten Bergkristallen erzeugt werden. Solches „natürliches“ Quarzglas weist allerdings Verunreinigungen auf, die bei einigen anspruchsvollen Anwendungen stören. Quarzglas kann auch „synthetisch“ erzeugt werden: durch die Verwendung hochreiner Ausgangsstoffe ist es möglich, Quarzglas mit Verunreinigungen im ppb-Bereich (10-9) herzustellen. Synthetisches Quarzglas wird z. B. für besonders hochwertige Linsen verwendet und ist auch das Standardmaterial der Lichtwellenleiter für die Telekommunikation.

Seinen Einsatz als Grundmaterial von Lichtwellenleitern verdankt Quarzglas einigen außergewöhnlichen Eigenschaften.

Hohe Transparenz

Zur Datenübertragung über längere Strecken muss der Lichtwellenleiter eine geringe Dämpfung aufweisen. Synthetisches Quarzglas hat eine außerordentlich hohe Transmission über einen großen Spektralbereich, deutlich höher als gewöhnliche Mischgläser. Im Jahr 1966 hat Charles Kao diese außergewöhnlich hohe Transmission vorhergesagt und zur Anwendung für die Datenübertragung vorgeschlagen, wofür er 2009 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde.

Hohe Reinheit

Synthetisches Quarzglas gehört zu den industriell hergestellten Materialien mit der höchsten chemischen Reinheit. Dies ist nicht nur eine Voraussetzung für die hohe Transmission, sondern auch für die Anforderung, kilometerlange Fasern herstellen zu können, ohne dass Verunreinigungen die Faser brechen lassen. Der Anteil aller metallischen Verunreinigungen liegt dabei deutlich unterhalb 1 ppm (10-6).

Gute Verarbeitbarkeit

Aufgrund seiner Reinheit, Homogenität und thermomechanischen Eigenschaften lassen sich aus Quarzglas sehr lange Fasern mit genau eingestellter Geometrie herstellen.

Darüber hinaus weist Quarzglas eine Reihe weiterer Besonderheiten auf (zum Beispiel eine hohe Erweichungstemperatur, chemische Beständigkeit, geringe thermische Ausdehnungskoeffizienten), die aber für die Anwendung in Lichtwellenleitern eine untergeordnete Rolle spielen.

Eine Grundtechnologie zur Herstellung von synthetischem Quarzglas ist die Umsetzung von SiCl4 oder anderen gasförmigen Si-Trägerstoffen in einer Knallgasflamme (H2-O2-Flamme) zu SiO2 gemäß folgender Reaktion:

Die Reaktion kann auch ohne Wasserstoff erfolgen, wenn die Reaktionsenergie anderweitig zugeführt wird.

Bei geeigneter Wahl der Prozessparameter bilden sich SiO2-Nanopartikel - "pyrogene Kieselsäure", auch Ruß- oder Sootpartikel genannt -, die auf einem Substrat abgeschieden werden können. Der aus den Nanopartikeln gebildete "Sootkörper" ist porös und erscheint aufgrund der Lichtstreuung in den Nanopartikeln weiß wie Kreide.

Der Sootkörper wird in einem Ofen thermisch und mit Gasen gereinigt. Meistens wird eine Heißbehandlung (ca. 800 °C bis 1100 °C) mit Chlorgas angewendet (häufig als Zumischung zu Helium für eine bessere Wärmeübertragung), um Restspuren metallischer Verunreinigungen und Hydroxyl-(OH-)Gruppen, die in bestimmten Wellenlängenbereichen die Transmission verringern, zu entfernen.

Anschließend wird der gereinigte Sootkörper bei einer Temperatur von 1400 °C bis 1600 °C zu einem transparenten Glaskörper gesintert.

Wie in Abschnitt 1.1.4 beschrieben, basiert die Lichtleitung auf Totalreflexion wegen unterschiedlicher Brechzahlen von Faserkern und Mantel. In Quarzglas lässt sich die Brechzahl durch Dotierung mit bestimmten Elementen einstellen: einige Elemente wie Germanium (Ge) erhöhen die Brechzahl, während andere wie Fluor (F) die Brechzahl absenken, vgl. Bild 1.9. Der Kern eines Standard-Singlemode-LWL ist mit ca. 4 mol-% GeO2 dotiert.

Im Folgenden werden die Verfahren zur Herstellung genauer dargestellt.

Bild 1.9: Brechungsindex von Quarzglas in Abhängigkeit von wichtigen Dotierstoffen und deren Konzentration.

1.2.2Herstellung von Quarzglas-Lichtwellenleitern

Dieser Abschnitt beschreibt die Herstellung von Singlemode und Multimode-LWL aus synthetischem Quarzglas für die Telekommunikation.

Jährlich werden einige hundert Millionen Kilometer solcher Glasfasern (davon ca. 99% Singlemode-LWL) hergestellt, im Jahre 2018 zum Beispiel ca. 600 Millionen Kilometer. Diese Länge entspricht etwa dem 14.000-fachen Erdumfang oder dem dreifachen Abstand Erde – Sonne!

Die Herstellung der Quarzglas-Lichtwellenleiter lässt sich in drei wesentliche Schritte unterteilen:

1.Herstellung eines "Kernstabs"

2.Aufbringung des Mantelglases zur Herstellung einer "Vorform"

3.Ziehen der Faser aus der Vorform

1.2.2.1Herstellung eines Kernstabs

Der Kernstab umfasst das Kernmaterial und einen kleinen (inneren) Teil des Mantelmaterials. Ein Kernstab für Singlemode-LWL hat typischerweise 30 mm bis 50 mm Durchmesser und eine Länge von 1 m bis 3 m.

Für die Herstellung des Kernstabs werden drei verschiedene Technologien angewendet:

a)Outside Vapor Deposition (OVD)

b)Vapor Axial Deposition (VAD)

c)Chemical Vapor Deposition (CVD)

Outside Vapor Deposition (OVD)

Beim OVD-Verfahren (Bild 1.10) wird mit dem im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Prozess aus SiCl4 ein Sootkörper auf einem rotierenden und oszillierenden Trägerstab - z. B. einem Keramikstab - aufgebaut. Dabei wird der Flamme anfänglich auch GeCl4 zugeführt, um die Brechzahlerhöhung im Kern zu erzielen.

Nachdem noch eine gewisse Schicht Mantelmaterial (also ohne GeCl4) aufgebracht wurde, wird der Aufbauprozess beendet und der Trägerstab aus dem Sootkörper gezogen. Danach wird der Sootkörper in einem vertikalen Ofen chloriert und gesintert. Der nun transparente Glaskörper wird zuletzt auf einer Glasdrehbank zu einem Kernstab umgeformt: durch gleichzeitiges Erweichen z. B. in einem Elektro-Ofen und Anlegen eines Unterdrucks an die Bohrung schrumpft der Körper zu einem Stab, der üblicherweise noch auf einen kleineren Enddurchmesser gestreckt wird.

Bild 1.10: Herstellung eines Kernstabs mit dem OVD-Verfahren

Oben links: Herstellung des Sootkörpers

oben rechts: sintern des Sootkörpers zum Glaskörper

unten: kollabieren des Glaskörpers zum Stab und Streckung zum Kernstab.

Mit dem OVD-Verfahren lassen sich Kernstäbe für Singlemode- und Multimode-Fasern herstellen.

Vapor Axial Deposition (VAD)

Beim VAD-Verfahren (Bild 1.11) erfolgt die Soot-Abscheidung aus zwei Brennern, die auf das Ende eines sich drehenden Glasstabes gerichtet sind. Einem Brenner wird zur Brechzahlerhöhung neben SiCl4 auch GeCl4 zugeführt, während der zweite Brenner nur undotiertes SiO2 für den inneren Mantelbereich abscheidet. Entsprechend des Wachstums des Sootkörpers wird der Glasstab mit dem Sootkörper langsam nach oben gezogen. Chlorierung und Verglasung erfolgen wie beim OVD-Verfahren.

Das VAD-Verfahren besitzt gegenüber OVD den Vorteil, dass der verglaste Körper kein zentrales Loch aufweist, das verschlossen werden muss und dabei anfällig für Verunreinigungen ist. Andererseits können mit VAD keine exakten oder komplexen Brechzahlprofile hergestellt werden, da der Aufbau nicht in vielen dünnen, chemisch gezielt einstellbaren Schichten erfolgt. Daher lassen sich mit VAD nur Kernstäbe für Standard-Singlemode-, aber nicht für Multimode-Fasern herstellen.

Bild 1.11: Herstellung eines Kernstabs mit dem VAD-Verfahren.

Links: Herstellung des Sootkörpers; rechts: sintern des Sootkörpers.

Chemical Vapor Deposition (CVD)

Bei den CVD-Verfahren (Bild 1.12) erfolgt die Abscheidung des Soots auf der Innenoberfläche eines Substratrohres aus synthetischem Quarzglas. Dazu werden die Gase durch das rotierende Quarzrohr geleitet, das lokal zum Beispiel mit einer Knallgasflamme, einem elektrischen Ofen oder einem induktiv gekoppelten Plasma geheizt wird.

In der heißen Zone erfolgt die Umwandlung der Gase zu SiO2-Sootpartikeln, die sich hinter der heißen Zone auf der Innenwand abscheiden. Die Heizquelle wird langsam das Rohr entlang in Richtung der Gasströmung und damit über die neu abgeschiedenen Partikel geführt, wobei diese verglast werden.

Da beim CVD-Verfahren zuerst die Schichten für den (inneren) Mantelbereich aufgebracht werden, wird erst in der späteren Phase GeCl4 für den Kernbereich zugeführt.

Je nach Heizquelle unterscheidet man MCVD (Modified Chemical Vapor Deposition, die Energiezufuhr erfolgt mit einer Knallgasflamme), FCVD (Furnace Chemical Vapor Deposition, Energiezufuhr mit Elektro-Ofen) und PCVD (Plasma Chemical Vapor Deposition, die Energie wird mit einem mikrowelleninduzierten Plasma zugeführt).

Nach Abschluss der Schichtaufbringung wird die Gaszuführung abgestellt. Stattdessen wird ein Unterdruck angelegt und das beschichtete Rohr zu einem Kernstab kollabiert.

Aufgrund der schichtweisen Abscheidung mit sehr genau einstellbarer Dotierung jeder Schicht eignen sich die CVD-Verfahren besonders für die Herstellung von Multimode-Fasern.

Bild 1.12: Herstellung eines Kernstabs mit dem MCVD-Verfahren:

Oben links: Abscheidung der Quarzglas-Schichten für inneren Mantel und Kern

oben rechts: kollabieren zum Kernstab

unten: Sootbildung, Abscheidung und Schichtbildung.

1.2.2.2Herstellung der Vorform

Wie im letzten Kapitel beschrieben, beinhaltet der Kernstab in der Regel noch einen Teil vom Mantelmaterial. Dies ist notwendig, da - insbesondere bei Singlemode-Fasern - die Lichtmoden nicht nur im Kern verlaufen, sondern noch etwas in das Mantelmaterial hineinreichen, wie es durch den Modenfelddurchmesser (vgl. Abschnitt 1.3.5) beschrieben ist. Daher sind die Reinheitsanforderungen an den inneren Mantelbereich besonders hoch.

Für die Aufbringung des äußeren Mantelbereichs hingegen - den zweiten wesentlichen Prozessschritt - können etwas günstigere Prozesse angewendet werden. Hierbei sind drei Technologien großtechnisch im Einsatz:

a)Outside Vapor Deposition (OVD)

b)Advanced Plasma Vapor Deposition (APVD)

c)Rod-In-Tube (RIT) und Rod-In-Cylinder (RIC)

Outside Vapor Deposition (OVD)

Das Mantelglas kann mit dem im letzten Kapitel bereits beschriebenen OVD-Prozess direkt auf den Kernstab aufgebracht werden. Für eine höhere Soot-Abscheiderate werden dabei meist mehrere Brenner eingesetzt, die entweder im Block entlang des Kernstabs verfahren werden oder jeweils einzelne Bereiche beschichten.

Auch hier erfolgt nach der Soot-Abscheidung eine Chlorierung, bevor der Soot auf den Kernstab gesintert wird, womit die fertige Vorform entsteht.

Advanced Plasma Vapor Deposition (APVD)

Beim APVD-Verfahren wird der horizontal rotierende Kernstab mit einer Plasma-Flamme lokal erhitzt. In die Flamme wird Quarzglas-Körnung eingerieselt, die auf den Kernstab aufgeschmolzen wird. Dabei wird in der Regel Körnung aus gereinigtem, natürlichem Quarzsand verwendet.

Rod-In-Tube (RIT), Rod-In-Cylinder (RIC)

Bei diesen Verfahren wird das Mantelglas nicht direkt auf dem Kernstab abgeschieden, sondern in Form eines Quarzglas-Rohres bereitgestellt (Bild 1.13). Dabei ist es üblich, bei Durchmessern bis ca. 100 mm von Rohren (englisch "Tube") und bei größeren Durchmessern bis ca. 230 mm von (Hohl-) Zylindern (englisch "Cylinder") zu sprechen.

Der Kernstab wird in das Rohr oder den Zylinder eingeführt (daher RIT bzw. RIC). Dann werden Kernstab und Rohr miteinander verschmolzen, zumeist in einem vertikalen Prozess mit einem elektrischen Ofen als Heizquelle.

Durch gezielte Streckung von Kernstab und Überfangzylinder beim Verschmelzen lassen sich Vorformen beliebiger Durchmesser herstellen. Das Verschmelzen kann auch direkt beim Faserzug erfolgen, wodurch ein Prozessschritt eingespart wird.

Da es möglich ist, zwischen Kernstab und äußerem Hohlzylinder dotierte Zwischenrohre mit erhöhter oder erniedrigter Brechzahl anzuordnen, lassen sich mit dem RIC-Verfahren auf einfache Weise auch Fasern mit komplexen Brechzahlprofilen herstellen, wie sie zum Beispiel für biegeunempfindliche Fasern nach dem ITU G.657-Standard erforderlich sind (Abschnitt 1.3.11).

Bild 1.13: RIC-Verfahren. Links: Online-RIC zum Ziehen von Fasern; rechts: Offline-RIC zur Herstellung von Vorformen.

Nachdem das Mantelmaterial vollständig auf den Kernstab aufgebracht wurde, liegt eine fertige Vorform vor. Abmessungen von Vorformen liegen im Bereich von ca. 50 mm Durchmesser und 1 m Länge für Multimode-Fasern und bis über 200 mm Durchmesser und 3 m Länge für Singlemode-Fasern (RIC-Technik). Aus Vorformen dieser Größe lassen sich über 7000 km Fasern abziehen!

1.2.2.3Faserziehen

Das Faserziehen als dritter und letzter Schritt der Faserherstellung erfolgt auf einem Faserziehturm (Bild 1.14). Dieser umfasst von oben nach unten folgende Komponenten:

•Eine Vorrichtung zur Aufhängung und langsamen Zuführung der Vorform nach unten in den Faserziehofen.

•Einen elektrisch geheizten Faserziehofen. Im Ofen wird die Vorform auf eine Temperatur von ca. 2000 °C aufgeheizt und erweicht, um die Quarzglasfaser abzuziehen.

•Direkt unterhalb des Ziehofens können Vorrichtungen wie geheizte Rohre angebracht sein, um die Faser länger heiß zu halten, da damit die Dämpfung der Faser verringert werden kann.

•Üblicherweise erfolgt dann unterhalb der Heizstrecke eine aktive Kühlung der Quarzglasfaser, zum Beispiel unter Einsatz von Helium als Kühlmittel.

•Die Faser durchläuft sodann Düsen, in denen ein Acrylat - das für Standard-Telekom-Fasern übliche Schutzschichtmaterial („Coating“) - aufgebracht wird.

•Im weiteren Verlauf wird die Acrylat-Schutzschicht mit UV-Licht ausgehärtet. In der Vergangenheit wurden dazu mikrowellenangeregte UV-Lampen eingesetzt, die mittlerweile aber zunehmend von UV-LED-Systemen abgelöst werden.

•Die somit geschützte und damit mechanisch beanspruchbare Faser wird dann am unteren Ende des Ziehturms umgelenkt und aufgespult.

•Entlang des Ziehturms sind zudem verschiedene Messgeräte installiert, insbesondere zur Messung und Regelung des Durchmessers der "nackten" Quarzglas-Faser und der beschichteten Faser.

Bild 1.14: Ziehturm mit typischen Komponenten zum Ziehen von Singlemode-Fasern.

Singlemode-Fasern werden auf Ziehtürmen von über 30 m Höhe und mit Geschwindigkeiten von 2000 m/min bis 3000 m/min gezogen. Die in der Vorform vorliegenden geometrischen Verhältnisse von Kern und Mantel und das Brechzahlprofil bleiben beim Ziehen trotz der großen Änderung des Außendurchmessers erhalten. Für Standard-Telekom-Fasern sind folgende Abmessungen Standard: Durchmesser der Quarzglasfaser 125 µm, Durchmesser mit Coating 245 µm…250 µm. Dabei hat sich ein zweischichtiges Coating bewährt: die innere Schicht ist weich und bettet die Quarzglasfaser schonend ein, die äußere Schicht ist härter und schützt die Faser mechanisch.

Um kleinere Kabeldurchmesser (oder eine höhere Anzahl Fasern bei gleichem Kabeldurchmesser) zu ermöglichen, werden heute auch zunehmend Fasern mit 200 µm Coating eingesetzt. Da bei dünnerem Coating aber die Dämpfung bei Biegung und mechanischer Belastung steigen kann, werden für diese 200 µm-Fasern überwiegend biegeunempfindliche Fasern der Norm ITU-T G.657.A1 oder A2 eingesetzt (Abschnitt 1.3.11).

Nach dem eigentlichen Faserzug folgen weitere Schritte:

•Überprüfung der Zugfestigkeit in einem "Prooftest". Dabei wird die Faser unter einer definierten Kraft umgespult und dadurch kurzzeitig gestreckt. Die übliche Festigkeitsprüfung fordert eine Kraft von 100 KPSI (Kilopound force per square inch; vergleiche Abschnitt 1.3.15), wobei die Faser um ca. 1% gestreckt wird. Wenn die Faser dabei nicht reißt, kann davon ausgegangen werden, dass sie auch im verlegten Kabel eine angestrebte Lebensdauer von 25 Jahren und mehr erreicht, solange keine besonderen Belastungen auftreten.

•Falls die Faser nicht direkt beim Ziehen mit einem farbigen Coating versehen wurde, werden sie im Nachgang zur Kennzeichnung eingefärbt.

•Deuterium-Behandlung der Fasern. Dabei werden die Fasern eine bestimmte Zeit in Deuterium-Gas (D2) gelagert. Das Deuterium besetzt Störstellen im SiO2-Netzwerk, die ansonsten im Laufe der Zeit von Wasserstoffatomen besetzt werden würden, unter Bildung von Hydroxyl-(OH)-Gruppen. Wie bereits beschrieben, liegen OH-Absorptionsbanden nahe der verwendeten Übertragungswellenlängen. Durch die Deuterium-Behandlung wird die Bildung von OH-Absorptionsbanden verhindert.

•Umspulen der gezogenen Fasern auf handelsübliche Spulen von ca. 50 km Faserlänge.

•Überprüfung und Bestimmung der wichtigsten Qualitätsmerkmale wie insbesondere Dämpfung. Üblicherweise wird jede Faserspule einzeln gemessen und mit Zertifikat ausgeliefert.

•Eventuell werden mehrere Fasern (typischerweise 4, 8 oder 12) mit einer Acrylat-Schicht zu "Bändchen" (englisch "Ribbon") verschmolzen. Dies ermöglicht ein gleichzeitiges „Spleißen“ aller Fasern eines Bändchens und kompakte Kabel mit vielen Fasern (Kapitel 3).

1.2.2.4Verkabelung

Damit sind die Lichtwellenleiter bereit für die Verkabelung. Die Vielfalt an Kabeln ist dabei groß. Beispiele sind:

•Kabel mit nur einer oder wenigen Fasern werden z. B. für Verbindungen innerhalb von Rechenzentren oder den Anschluss von Einfamilienhäusern verwendet.

•Unterseekabel mit typisch 8 bis 24 Fasern sind durch Stahlseile und Metallmäntel besonders robust (die metallischen Komponenten dienen dabei auch der Energieversorgung für die erforderliche Signalverstärkung).

•Kabel für Metronetze, die bis zu mehreren tausend Fasern umfassen können. Bild 1.15 zeigt den Aufbau eines Kabels mit 144 Fasern.

Für eine Identifikation der einzelnen Fasern eines Kabels sind die Fasern gefärbt und manchmal auch mit Ringmustern versehen, gruppenweise in Kunststoffröhrchen geführt und ähnliches. Die Fasern können "lose" in den Kunststoffröhrchen liegen, fest mit Kunststoff ummantelt, oder in einem Gel gelagert sein.

Bild 1.15: Aufbau eines LWL-Kabels am Beispiel eines verseilten 144-fasrigen Bündeladerkabels mit Quellflies (Quelle: Kabelwerk Rhenania GmbH)

1.3Lichtwellenleiter-Typen und Dispersion

Warum gibt es überhaupt verschiedene LWL-Typen? Um diese Frage zu beantworten, muss man die Dispersionseigenschaften des Lichtwellenleiters betrachten.

Unter Dispersion in der Physik versteht man die Abhängigkeit der Brechzahl eines Mediums von der Wellenlänge. In der LWL-Technik bezeichnet Dispersion die Effekte, die zu einer Impulsverbreiterung im Lichtwellenleiter führen. Durch die Dispersion wird die Übertragungsbandbreite des Lichtwellenleiters begrenzt und damit ist diese neben der Dämpfung ein wichtiger Parameter.

Die Entwicklungsarbeiten zur Reduktion der Dispersion führten ausgehend vom Stufenprofil-LWL zur Entwicklung neuer Lichtwellenleiter.

1.3.1Stufenprofil-Lichtwellenleiter und Modendispersion

1.3.1.1Strahlausbreitung im Stufenprofil-LWL

Zur Gewährleistung der Totalreflexion (Abschnitt 1.1.4) hat der LWL-Kern eine höhere Brechzahl als der LWL-Mantel. Sie ist über den Kernquerschnitt konstant und fällt stufenförmig an der Kern-Mantel-Grenze ab. Daraus ergibt sich der Name Stufenprofil-LWL. In Bild 1.16 rechts wird der Brechzahlverlauf dargestellt.

Bild 1.16 links zeigt den Strahlenverlauf im Stufenprofil-LWL. Auf die LWL-Stirnfläche auftreffendes Licht wird im Lichtwellenleiter geführt, sofern es in den Kernbereich eingekoppelt wird und innerhalb des Akzeptanzbereiches liegt.

Bild 1.16: Links Stufenprofil-LWL und rechts Brechzahlprofil

Das Licht breitet sich nur unter bestimmten Winkeln innerhalb des LWL-Kerns aus. Das wird verständlich, wenn man den Wellencharakter des Lichts berücksichtigt: Die beteiligten Lichtwellen müssen sich konstruktiv überlagern. Das ist nur bei ganz bestimmten Neigungswinkeln gegen die optische Achse möglich.

Sie müssen einen definierten Phasenunterschied aufweisen, andernfalls erfolgt Auslöschung. Die ausbreitungsfähigen Lichtwellen werden Moden (Eigenwellen) genannt. Sie lassen sich mit Hilfe der Maxwellschen Gleichungen berechnen.

Die Moden unterscheiden sich durch ihre Neigungswinkel zur optischen Achse, durch ihren Ort sowie durch eine azimutale Komponente, die immer dann vorhanden ist, wenn das Licht schräg in den Kern eingekoppelt wird. Schräg eingekoppelte Strahlen breiten sich schraubenlinienförmig im Lichtwellenleiter aus.

Die Anzahl der ausbreitungsfähigen Moden beträgt im Stufenprofil-LWL einige Hundert bis einige Millionen. Sie ist abhängig vom Kerndurchmesser, der numerischen Apertur, dem Brechzahlprofil und der Übertragungswellenlänge.

Beim Stufenprofil-LWL mit Kerndurchmesser 50 µm, einer numerischen Apertur von 0,2 und einer Wellenlänge 850 nm sind es knapp 700 Moden.

Das gibt dem Lichtwellenleiter den zweiten Teil seines Namens, nämlich Multimode-LWL. Exakt spricht man also vom Multimode-Stufenprofil-Lichtwellenleiter. Anstelle Multimode-LWL wird seltener die Bezeichnung Mehrmoden-LWL oder Vielmoden-LWL verwendet.

1.3.1.2Dispersion im Stufenprofil-LWL

Die Multimodigkeit bewirkt den stärksten Dispersionseffekt im Lichtwellenleiter, die Modendispersion: In Bild 1.16 links wurden mögliche Strahlwege dargestellt. Die Grundmode verläuft entlang der optischen Achse, legt den kürzesten Weg zurück und hat damit die geringste Laufzeit.

Der Strahl mit maximalem Neigungswinkel gegen die optische Achse, der durch die numerische Apertur begrenzt wird, muss infolge der Zickzack-Ausbreitung einen wesentlich längeren Weg zurücklegen und benötigt dafür eine längere Zeit, da die Ausbreitungsgeschwindigkeit beider Strahlen gleich groß ist.

Koppelt man Licht in die Faser ein, so verteilt sich die Leistung auf alle Moden. Jede Mode überträgt einen bestimmten Anteil der Leistung. Die Mode, die den kürzesten Weg zurückzulegen hat, trifft zuerst am Empfänger ein. Mit Verzögerung kommen die weiteren Moden an. Das führt zur Impulsverbreiterung.

Bild 1.17 zeigt die Impulse zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten im Lichtwellenleiter. Je mehr Zeit verstrichen ist und je weiter sich der Impuls im Lichtwellenleiter ausgebreitet hat, umso breiter wird er.

Das ist zunächst kein Problem. Da aber nicht nur ein einzelner Impuls, sondern eine Impulsfolge übertragen, das heißt eine bestimmte Datenrate realisiert wird, folgen viele Impulse hintereinander.

So kommt es zur zunehmenden Überlappung benachbarter Impulse. Zum Zeitpunkt t4 ist die Überlappung so stark, dass der Empfänger die beiden Einzelimpulse nicht mehr trennen kann.

Bild 1.17:Impulsverbreiterung und -überlappung entlang des Lichtwellenleiters zu verschiedenen Zeiten. Dargestellt sind die einzelnen Impulse und das resultierende Signal.

Der Empfänger bildet die Summe aus beiden Impulsen und registriert einen Anstieg, ein Plateau und einen Abfall. Zum Zeitpunkt t4 registriert der Empfänger nur noch einen einzelnen Impuls. Durch die Dispersion wird die realisierbare Streckenlänge begrenzt.

Es ist nahe liegend, den Abstand zwischen den benachbarten Impulsen zu vergrößern. Dann kann man größere Streckenlängen realisieren, ehe es zu einer störenden Überlappung der Impulse kommt. Ein größerer zeitlicher Abstand zwischen benachbarten Impulsen entspricht jedoch einer geringeren Datenrate bzw. Bandbreite.

Große Bandbreiten B sind über geringere Streckenlängen L oder geringe Bandbreiten über größere Streckenlängen realisierbar. Die beiden Parameter sind näherungsweise umgekehrt proportional zueinander: B ~ 1/L.

Das Bandbreite-Längen-Produkt ist ein Faserparameter, der in jedem Datenblatt des Multimode-LWL steht. Ein typischer Wert für den Stufenprofil-LWL beträgt 50 MHz · km. Eine Bandbreite von 50 MHz kann über 1 km oder eine Bandbreite von 10 MHz über 5 km übertragen werden.

Der Lichtwellenleiter verhält sich wie ein Tiefpass. Als Bandbreite wird diejenige Frequenz definiert, bei der die optische Leistung des am Empfänger eintreffenden Signals im Vergleich zur Leistung bei der Übertragungsfrequenz Null auf die Hälfte abgefallen ist.

Der Effekt der Impulsverbreiterung durch unterschiedliche Laufzeiten der einzelnen Moden wird als Modendispersion bezeichnet.

1.3.1.3Typen von Stufenprofil-LWL

Infolge der hohen Dispersion und des geringen Bandbreite-Längen-Produktes kommen Stufenprofil-LWL für Anwendungen in der Telekommunikation nicht in Frage. Bevorzugte Einsatzfelder sind die Sensor- und Medizintechnik. Aber auch lokale Netze können mit Stufenprofil-LWL aufgebaut werden, beispielsweise in der Büro- oder Computervernetzung. Die Norm „Fachgrundspezifikation: Lichtwellenleiter“ DIN EN 60793-2 teilt die LWL-Typen in verschiedene Kategorien ein (Tabelle 1.2).

Kunststoff-Lichtwellenleiter (DIN EN 60793-2-40)

Der Kunststoff (K)-LWL (optische Polymerfaser: POF) (Kategorie A4a bzw. OP1) ist eine preiswerte Variante des Stufenprofil-LWL. Mit seinem großen Kerndurchmesser erlaubt er die Verwendung preiswerter Komponenten und Montagetechniken. Sein Nachteil ist die große Dispersion sowie eine besonders hohe Dämpfung.

Der Kunststoff-LWL hat einen Kunststoff-Kern und -Mantel. Man unterscheidet zwischen Stufenindex-, Multistufenindex- und Gradientenprofil. Die Klassen A4a bis A4h unterscheiden sich durch unterschiedliche Kerndurchmesser, numerische Aperturen, Brechzahlprofile und Wellenlängenbereiche. Kunststoff-LWL mit Gradientenprofil: vergleiche Abschnitt 1.3.2.4.

Standard-Kunststoff-LWL (Kategorie A4a; OP1):

•Manteldurchmesser: 1000 µm; Kerndurchmesser: 15 µm…35 µm kleiner als der Manteldurchmesser

•Dämpfungskoeffizient bei 650 nm: ≤ 180 dB/km

•geeignet für geringe Streckenlängen: 100 m

•geringes Bandbreite-Längen-Produkt: ≥ 0,4 MHz bei 650 nm

•numerische Apertur: 0,5

•Material: Polymethylmethacrylat (PMMA)

•Einsatz unter anderem im Homeoffice-Bereich (Japan) und im PKW

Zum Einsatz von Kunststoff-LWL vergleiche Abschnitt 6.4.5.

Polymer Cladded Fiber (DIN EN 60793-2-30)

Der PCF-LWL hat einen Quarzglaskern und einen Kunststoffmantel und damit deutlich bessere optische Parameter als der Kunststoff-LWL. Es lassen sich deutlich größere Strecken als mit Kunststoff-LWL überbrücken.

Der PCF-LWL lässt sich im Feld mit der Crimp- & Cleave-Technologie einfach und schnell konfektionieren.

Eine große Bedeutung hat der PCF-LWL mit einem Kern-/Manteldurchmesser von 200/230 µm (Kategorien A3c/OH1, A3d; A3e). Typische Parameter:

•Kerndurchmesser 200 µm: reines Quarzglas

•Manteldurchmesser 230 µm: hartes Kunststoffmaterial (Hard Polymer). Spezialpolymer, das chemisch mit dem Kern verbunden ist und eine gute Haftung haben muss.

•Durchmesser ETFE-Umhüllung: 230 µm bis 500 µm

•Übertragungswellenlänge: 850 nm, (650 nm)