Liebesglück im Doppelpack - Michelle Major - E-Book
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Liebesglück im Doppelpack E-Book

Michelle Major

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Beschreibung

Was für ein ungehobelter Kerl! Und gleichzeitig so anziehend! Seinen Vater wird Lucys Mutter an Weihnachten heiraten, doch Caden Sharpe lässt keine feierliche Stimmung aufkommen. Lucy muss wissen, warum der Rancher sie so ablehnt – obwohl sie Leidenschaft zwischen ihnen spürt …

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Seitenzahl: 172

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IMPRESSUM

Liebesglück im Doppelpack erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2017 by Michelle Major Originaltitel: „Sleigh Bells in Crimson“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA EXTRA, Band 65 Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer

Umschlagsmotive: GettyImages / Tijana87

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2021

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751512763

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Lucy Renner stellte ihren Leihwagen auf der Sharpe Ranch vor der riesigen Scheune ab und blickte sich neugierig um.

Auf dem Weg durch das malerische Bergstädtchen Crimson in Colorado hatte sie in der Bäckerei namens Life is Sweet einen kurzen Halt eingelegt und war wie eine alte Freundin begrüßt worden, obwohl sie sich wie eine Außenseiterin fühlte.

Katie Crawford, die Inhaberin, hatte ihr einen extrastarken Espresso mit einem ofenwarmen Keks serviert und sich erkundigt, was der Anlass für ihren Besuch in Crimson war und welche Pläne sie für die Feiertage hatte.

So nett diese Frau auch wirkte, Lucy traute betont zuvorkommenden Leuten nicht über den Weg. Auffällige Freundlichkeit bedeutet, dass man etwas von mir will. Zumindest in meiner Welt.

Deswegen schrillten bei ihr permanent die Alarmglocken, seit ihre Mutter drei Tage zuvor angerufen hatte, „nur um zu plaudern“. Denn Maureen meldete sich nur, wenn sie etwas brauchte. Und Lucy konnte einfach nicht Nein sagen.

Diesmal war sie in das idyllische Crimson beordert worden, das wie in Weihnachtsstimmung getaucht wirkte. Die Bäckerei wie das gesamte Zentrum waren über und über festlich dekoriert.

Unzählige Lichterketten, Tannengirlanden und kitschige Dekos machten Lucy noch missmutiger, als sie ohnehin schon war. Sie mochte Weihnachten nicht. Sie stand nicht auf den Zauber. Durch jahrelange Arbeit im Einzelhandel wusste sie, dass Weihnachtsstimmung nur eine Masche war, um den Kunden das hart verdiente Geld aus der Tasche zu ziehen. Und seit frühester Kindheit erlebte sie immer wieder, wie Maureen Fröhlichkeit verbreitete, nur um ihre jeweiligen Pläne voranzutreiben.

Damit wollte Lucy nichts mehr zu tun haben. Ihr einziges Bestreben für die Feiertage bestand darin, den Besuch zu überstehen und sich wieder in ihr beschauliches Leben in Tampa zurückzuziehen.

Sie stieg aus dem warmen Auto und zog wegen des harschen Winterwindes ihre dünne Jacke fester um sich. Das Tageslicht schwand allmählich, während sie stehen blieb und sich umsah. Hinter der Scheune stand ein zweistöckiges Farmhaus in einem Wäldchen, dessen kahle Bäume in der kalten Brise schwankten. Rauch kräuselte sich behaglich aus dem Backsteinkamin; bunte Lichter blinkten in einem Fenster.

Sie schrie erschrocken auf, als irgendetwas ihre Beine streifte, und blickte hastig zu Boden. Eine rote Tigerkatze drängelte sich zwischen ihren Füßen hindurch, trottete zum Scheunentor und zwängte sich durch einen schmalen Spalt hinein. Einen Moment später ertönte ein leises Wiehern, gefolgt von aufgeregtem Jaulen.

Impulsiv folgte Lucy den Geräuschen. Als Teenager hatte sie eine Zeit lang Reitunterricht, spendiert von Maureens Ehemann Nummer drei. Der Stallgeruch, diese betörende Mischung aus Heu, Leder und Tier, war ihr damals zum liebsten Duft auf der ganzen Welt geworden. Beim Abschied von dem Mietpferd, das sie als ihr eigenes erachtet hatte, war ihr das Herz sehr, sehr schwer geworden.

Inzwischen war sie wesentlich reifer und vorsichtiger in Herzensdingen, doch dieser Geruch machte sie noch immer glücklich.

Die Scheune war groß und überraschend warm dank der riesigen Heizgeräte an der hinteren Wand. Stallabteile säumten eine breite Gasse. Ein Pferd steckte den Kopf über die halbhohe Boxentür und schnaubte zur Begrüßung.

„Hey, du!“, rief Lucy ihm zu. „Du bist ja ein hübscher Kerl!“

Sie blickte sich um. Die Deckenbeleuchtung brannte, doch kein Mensch war zu sehen. Rechts führte eine Tür in ein Büro. Sie spähte hinein. Auf einem Schreibtisch lag ein sehr ordentlicher Papierstapel. Es gab keinen Hinweis darauf, wer diesen Raum benutzte.

Vielleicht Garrett Sharpe, der reiche Ranchbesitzer und Maureens Verlobter? Eher nicht. Angesichts seiner regen Geschäftstätigkeit in verschiedenen Branchen hatte er vermutlich einen Verwalter, der sich um die Ranch kümmerte.

Wer auch immer für die Stallungen verantwortlich zeichnete, war eindeutig ein sehr akkurater Mensch. Sogar das Zaumzeug, das an einer Wand hing, war fein säuberlich aufgereiht.

Lucy entdeckte neben der Bürotür einen Korb mit Äpfeln, nahm einen heraus und näherte sich dem Pferd. Es stampfte mit einem Huf auf und nickte mit dem Kopf, wie um sie anzulocken.

Sie präsentierte ihm den Apfel auf der flachen Hand, tätschelte ihm den Hals und genoss das seidige Fell unter den Fingern.

Ein Fiepen ertönte, gefolgt von einem ganzen Konzert aus Gejaule und Gequieke.

Sie ging weiter, von Box zu Box, griff durch die Gitterstäbe und streichelte jedes einzelne Tier, das sich ihr zur Begrüßung näherte. Sie zählte vier weitere Pferde und mindestens ein Dutzend Hunde.

Am Ende der Stallgasse befanden sich zwei Türen. Vorsichtig spähte sie in den ersten Raum. Hölzerne Käfige säumten die Wände; unzählige Kaninchenaugen blickten ihr entgegen.

„Was ist das denn für eine komische Ranch?“, flüsterte sie.

Wie als Antwort hoppelten die Häschen hin und her.

Neugierig wandte sie sich der zweiten Tür zu. Was mochte sich dahinter verbergen? Lamas? Alpakas?

Der Raum war voll von Katzen. Nun, vielleicht nicht ganz voll, aber es waren sehr, sehr viele. Während sie sich verwundert umblickte, flitzte ein schwarzes Kätzchen zwischen ihren Beinen hindurch in die Stallgasse.

Lucy schloss die Tür und bückte sich nach dem Ausreißer. Der entzog sich jedoch ihrer Reichweite, indem er unter ein breites, niedriges Regalbrett kroch.

Sie fühlte sich, als wäre sie unverhofft in jemandes Privatsphäre eingedrungen. In einen verwunschenen Tiergarten oder in das Schloss aus Die Schöne und das Biest. Wem auch immer dieser seltsame Ort gehört, du bist nicht Belle und dürftest nicht hier sein.

Doch sie konnte nicht gehen, ohne das Kitten unbeschadet in das Katzenzimmer zurückzubringen. Also ging sie auf Knie und Hände und spähte unter das Regal.

„Miez, Miez“, lockte sie, „komm zu mir.“

Der kleine Kater, der sich in den hintersten Winkel verkrochen hatte, starrte sie eine Sekunde lang aus seinen grünen Augen an. Dann hob er ein Bein und begann, seine Kronjuwelen zu putzen.

„Das kannst du später erledigen.“ Sie kroch tiefer unter das Regal. „Du Knirps bist noch viel zu winzig, um von deiner Mama getrennt zu sein.“

„Er ist sieben Wochen alt“, verkündete eine sonore Stimme hinter ihr.

Mit einem erschrockenen Aufschrei riss Lucy den Kopf hoch und stieß so hart an das Brett, dass sie Sterne sah.

Das Tier huschte an ihr vorbei, während sie sich unter dem Regal hervorzwängte. Mit pochendem Kopf und Tränen in den Augen, noch immer auf Händen und Knien, spähte sie über die Schulter. Der größte Cowboy, den sie je erblickt hatte, starrte mit gerunzelter Stirn zu ihr hinab. Das eigensinnige Katerchen lag in seine Armbeuge gekuschelt.

Ein toller erster Eindruck, Lucy! Sie rappelte sich hoch und reichte ihm die Hand. „Hi. Ich bin Lucy Renner. Ich bin …“

„Die Tochter der Goldgräberin“, warf er mit rauer Stimme ein, die an knirschenden Kies unter Autoreifen erinnerte. „Sie sehen genau wie sie aus – nur nicht so verlebt.“

Mit offenem Mund starrte sie ihn an. Sie konnte zwar nicht gutheißen, wie ihre Mutter die Männer wechselte, aber dieser Möchtegern-Marlboro-Mann, attraktiv wie die Sünde und doppelt so gefährlich, fiel gewaltig aus der Rolle.

Er schob sie recht unsanft beiseite, öffnete die Tür zum Katzenzimmer und beförderte das Kätzchen hinein. „Außerdem sind Sie unbefugt in meine Scheune eingedrungen.“

„Sie sind ungehobelt“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Das macht meine Worte nicht weniger zutreffend.“

Sie klopfte sich den Staub von der Hose, straffte die Schultern und starrte den Mann an. „Ich glaube nicht, dass es Mr. Sharpe gefällt, wie Sie über seine zukünftige Frau sprechen.“

Er wandte sich ab, doch sie packte ihn am Arm, denn sie wollte sich nicht von seiner mächtigen Gestalt einschüchtern lassen. Wenn sie eines gut konnte, dann war es, sich selbstsicherer zu geben, als sie sich fühlte. Falsche Zuversicht besaß sie im Übermaß, und auf keinen Fall wollte sie sich oder ihre Mutter von irgendeinem Rancharbeiter beleidigen lassen. „Wie heißen Sie? Ich werde dafür sorgen, dass heute Ihr letzter Arbeitstag für Garrett Sharpe ist.“

Der Mann starrte auf ihre Finger. Der pinkfarbene Nagellack wirkte total fehl am Platz auf dem groben dunkelbraunen Canvas seiner schweren Jacke. Dann begegnete er ihrem Blick. Seine durchdringenden grünen Augen wirkten hart wie Granit. Beinahe unhörbar leise antwortete er: „Mein Name ist Caden Sharpe. Garrett ist mein …“, er hielt inne, als würde ihm das Wort im Halse stecken bleiben, „… Vater.“

„Ich habe gedacht, Garretts Sohn wäre vor ein paar Jahren gestorben“, konterte sie spontan – und bereute es sofort, weil sie ihn zusammenzucken sah. Vielleicht hat Maureen da was falsch verstanden oder die Fakten bewusst verdreht, um mich herzulocken.

Mit nahezu unbewegten Lippen entgegnete er: „Das war Tyson. Mein Bruder.“

Und damit schüttelte er ihre Hand ab, als würde sie ihm körperliche Schmerzen zufügen, und stelzte davon.

Caden zwang sich, die Scheune in gemäßigtem Schritt zu verlassen, obwohl ihm kalter Schweiß über den Rücken rann und seine Hände zitterten wie Espenlaub.

Seit fast zwei Jahren war er wieder auf der Ranch und es daher gewohnt, dass jeder in der Gegend seine Vorgeschichte kannte. Folglich hatte Lucy Renners Frage ihn aus der Bahn geworfen. Sie brachte all die negativen Erinnerungen an seine Beziehung zu Tyson und sein Versagen zurück.

Vor einem Monat war Garrett von einer Geschäftsreise mit Maureen Renner im Schlepptau zurückgekehrt. Sie war eine auffällige, eitle Frau, gänzlich anders als seine erste Frau Julia, und lächerlich fehl am Platz auf einer Ranch.

An Thanksgiving hatten die beiden verkündet, dass sie an Weihnachten heiraten wollten. Seitdem hegte Caden, der Maureen von Anfang an mit Misstrauen begegnet war, keinerlei Zweifel mehr daran, dass sie nur an Garretts Bankkonto, nicht an seinem Leben als Hochland-Rancher interessiert war.

Ihm blieben noch zwei Wochen, um Garrett zu überzeugen, die Hochzeit abzublasen, und von diesem Ziel konnte ihn nichts und niemand abhalten. Ganz gewiss nicht eine zierliche Schönheit mit kastanienbraunem Haar, die nach einem teuren Parfum roch. Ihrem Aussehen nach gehörte sie zu den Reichen und Berühmten in eine piekfeine Lounge im benachbarten Skiort Aspen. Ganz gewiss passte sie nicht nach Crimson und schon gar nicht in Cadens Welt.

Seine Reaktion auf sie war völlig unerwartet und auch nicht willkommen. So gern er es auch auf den Anblick schieben wollte, den sie ihm auf ihr perfekt gerundetes Hinterteil geboten hatte, musste er sich eingestehen, dass mehr dahintersteckte.

Seit Jahren hatte er nicht mehr eine derart mächtige Anziehungskraft verspürt. Nicht mehr, seit sein Verlangen nach einer Frau einen Keil zwischen ihn und Tyson getrieben hatte. Nichts konnte aufwiegen, was er aus Liebe verloren hatte. Oder – noch schlimmer – aus Lust.

Caden hatte sich geschworen, sich nie wieder von einer Frau derart bezirzen zu lassen. Doch als Lucy ihn mit ihren großen braunen Augen angesehen hatte, war in ihm das Verlangen förmlich explodiert. Er wollte es nicht, er konnte nicht damit umgehen, und es machte ihn umso entschlossener, sie und ihre Mutter für immer von der Ranch zu vertreiben.

Er konnte nicht zulassen, dass die beiden Frauen seine Welt auf den Kopf stellten und seine lieb gewonnenen Gewohnheiten durcheinanderbrachten. Vor allem im Winter führte er ein überwiegend einsames Dasein. Wäre da nicht mein Tierrettungsprojekt, würde ich außer Garrett und den Rancharbeitern wochenlang niemanden zu Gesicht bekommen.

Im schwindenden Tageslicht überprüfte er die Futtertröge und Tränken auf den abseits gelegenen Weiden, bevor er in die Scheune zurückkehrte, um die dortigen Tiere zu versorgen.

Lucys Duft hing noch immer in der Luft und erweckte Sehnsucht. Entschieden verdrängte er ihr Bild aus seinem Kopf und konzentrierte sich auf seine Aufgaben.

Er hatte nie geplant, ausgesetzte Tier zu retten, zumal er mit der Leitung der Ranch hinreichend ausgelastet war. Aber seit seiner Kindheit sammelte er Streuner. Vielleicht, weil ich selbst einer war, bis Garrett und Tyson mich bei sich aufgenommen haben.

Er nahm sich viel Zeit und widmete jedem einzelnen Tier seine Aufmerksamkeit. Die Hunde ließ er hinaus in das große eingezäunte Freigehege, das mit dem Stall verbunden war. Für eine Weile beobachtete er schmunzelnd, wie sie an der frischen Luft herumtollten.

Eine dünne Schneeschicht bedeckte den gefrorenen Boden. Für Anfang der nächsten Woche war ein heftiger Sturm vorausgesagt. Der Winter auf einer Bergranch bedeutete einen ständigen Kampf gegen die Elemente und die heimischen Raubtiere.

Caden nahm es sehr ernst, die Lebewesen in seiner Obhut zu beschützen und gut zu versorgen. Erst als alle wieder sicher in der Scheune untergebracht waren, ging er zum Haupthaus.

Mit jedem Schritt verkrampften sich seine Schultern mehr und mehr. Liebend gern hätte er in der Schlafbaracke übernachtet, um eine weitere Begegnung mit Lucy zu vermeiden, doch er hatte Garrett versprochen, zum Dinner zu erscheinen.

Goldenes Licht fiel durch die Fenster. An die Verandabrüstung hatte Maureen üppige, mit roten Glitzerschleifen dekorierte Girlanden aus Pinienzweigen drapiert, die das dumpfe Grau der Fassade unterstrichen.

Im Laufe der Jahre war Caden Tausende Male die Stufen zum Eingang hinaufgestiegen. Seit Tysons Tod konnte er keinen Fuß mehr in das Haus setzen, ohne von Reue und Schuldgefühlen geplagt zu werden.

Sobald er die Tür öffnete, dröhnte Garretts tiefe Stimme aus dem Wohnzimmer: „Das wurde aber auch Zeit! Komm her und sieh dir an, wie Maureen das Haus in ein Winterwunderland verwandelt hat.“

Caden stockte der Atem, als er den Raum mit den blassgelben Wänden betrat. Beinahe musste er mit der Hand seine Augen schützen gegen die grellen Lichterketten über den Fenstern und am Kaminsims. „Das ist ja alles pink“, stellte er entsetzt fest. Es sah aus, als hätte eine von Prinzessinnen besessene Fünfjährige dekoriert, nicht eine dreimal geschiedene Frau, die auf die sechzig zuging.

Er entdeckte den Karton mit der Aufschrift Weihnachten, den er vom Dachboden geholt hatte, ungeöffnet in der hintersten Ecke. Diese Schachtel enthielt die Dekoration, die normalerweise alljährlich zum Einsatz kam. Darunter befanden sich kindliche Schnitzereien vom Holz der Bäume an der Südgrenze sowie eine kleine Krippe, deren Figuren Tysons Mutter in dem Jahr vor ihrer Krebsdiagnose sorgfältig bemalt hatte.

Caden war erst einige Monate nach Julias Tod auf die Ranch gezogen und ihr nie begegnet. Trotzdem spürte er ihre Gegenwart wie eine wärmende Decke in kalten Nächten. In den zwanzig Jahren seit ihrem Tod hatte sich wenig im Haus verändert. Bis Maureen Renner über die Sharpe Ranch hereingebrochen ist.

„Mom liebt Pink“, erklärte Lucy, die mit glühenden Wangen dicht bei der Tür stand.

Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er glatt vermutet, dass ihr das Szenario ebenso zuwider war wie ihm.

Maureen legte Garrett eine manikürte Hand auf die Brust und säuselte: „Es ist eine kraftvolle Farbe. Strahlend und lebhaft. Diesem Haus muss dringend wieder etwas Leben eingehaucht werden.“

Schmunzelnd wandte Garrett sich an seinen Adoptivsohn. „Wir beide sind wohl ziemlich festgefahren in unseren Gewohnheiten, seit wir hier als Junggesellen hausen. Wir können eine Infusion an Schwung und Farbe gut gebrauchen, stimmt’s?“

„Wo zum Teufel kriegt man überhaupt pinkfarbene Weihnachtsdekoration?“, wollte Caden wissen.

Maureen warf ihm einen strafenden Blick zu und strahlte ihre Tochter an. „Weißt du noch, wie wir immer für Weihnachten geschmückt haben? Du hast es geliebt, den Stern auf die Spitze zu stecken.“

Lucy stieß ein Geräusch aus, das verdächtig wie ein Schnauben klang. „Sicher, Mom. Aber du hast keinen Baum.“

Um zu verhindern, dass Maureen einen künstlichen Baum mit noch mehr knallbunten Lichtern aufstellte, versprach er hastig: „Dad und ich werden nächstes Wochenende einen fällen.“

„Das geht leider nicht, mein Sohn“, wandte Garrett ein, „Maureen hat hier in Crimson kein Brautkleid gefunden. Deshalb fliege ich mit ihr für ein paar Tage nach New York City zum Shopping.“

„Wie bitte?“, riefen Caden und Lucy wie aus einem Munde.

„Ich muss meine Brautausstattung zusammenstellen.“ Maureen drückte ihrem Zukünftigen einen Schmatzer auf die Lippen.

Caden fixierte die übertrieben geschminkte Frau mit einem finsteren Blick, der ihr ganz genau zeigte, was er von ihr hielt. „Es ist Ihre vierte Ehe. Was zum Teufel kann Ihnen da noch fehlen?“

„Also wirklich, Caden!“, tadelte Garrett.

Mit einem strahlenden Lächeln meinte Maureen: „Lucy wird Ihnen helfen, den Baum aufzustellen. Sie liebt Weihnachten. Traditionen sind in unserer Familie sehr wichtig.“

Erneut ertönte ein unterdrücktes Schnauben von Lucy. „Mom, ich bin nur hergekommen, weil du mir gesagt hast, dass du Hilfe bei der Hochzeitsplanung brauchst.“ Ihre Stimme klang ruhig, doch ihre Hände waren zu Fäusten geballt. „Ich bleibe nicht hier, wenn du weg bist.“

Maureen verzog die grell geschminkten Lippen. „Ich brauche dich wirklich. Gerade weil wir in New York sein werden.“ Sie gab Garrett einen stürmischen Kuss. „Mein Teddybär und ich brauchen eine Auszeit.“

„Wieso? Ihr habt doch eine zweiwöchige Kreuzfahrt als Hochzeitsreise geplant.“

„Aber ich wollte schon immer die Weihnachtsvorstellung der Rockettes sehen. Verdirb mir nicht den Spaß, Honey.“

Lucy atmete tief durch, um Ruhe zu bewahren. „Ich habe ein eigenes Leben in Tampa. Das kann ich nicht bis nächstes Jahr auf Eis legen.“

Maureen verdrehte die großen grünen Augen. „Sei nicht albern. Du hast keinen anständigen Job mehr, seit du vor sechs Monaten gefeuert wurdest.“

„Und wessen Schuld war das?“

„Es war ein Missverständnis, das übertrieben aufgebauscht wurde. Ich weiß, dass du nicht wirklich mir die Schuld gibst.“

Die Atmosphäre knisterte förmlich vor Spannung zwischen den beiden Frauen.

„Ich gebe mir selbst die Schuld“, sagte Lucy schließlich. „Aus mehreren Gründen.“

„Ich habe eine Aufgabe für Sie“, eröffnete Garrett. „Maureen hat gesagt, dass Sie richtig gut in Finanzdingen sind.“

„Stimmt. Ich bin geprüfte Bilanzbuchhalterin.“

„Ich suche schon länger jemanden, der meine Bücher in Ordnung bringt. Nichts ist mehr wie früher, seit Tyson …“ Seine Stimme brach.

Caden schloss die Augen vor dem Schmerz, den er ins Gesicht seines Vaters geschrieben glaubte.

„Oh, meine Tochter ist ein Rechengenie.“ Maureen schlang Garrett die Arme um den Hals. „Das ist die perfekte Lösung.“

„Nicht für mich“, widersprach Lucy.

Maureen löste sich von Garrett und ging zu Lucy.

Im Geist sah Caden einen Kojoten, der sich einem wehrlosen, in die Enge getriebenen Häschen nähert. Beinahe spürte er Lucy zurückschrecken, obwohl sie reglos dastand. Er hegte den seltsamen Drang, sich vor sie zu stellen, um sie vor einer unsichtbaren Macht zu beschützen. Er empfand eine seltsame Verbundenheit mit dieser hübschen, kratzbürstigen, undurchschaubaren Frau. Vorhin im Stall hatte sie ihre Mutter entschieden verteidigt; nun schien sie dieser Farce ebenso abgeneigt zu sein wie er.

„Du willst doch, dass ich glücklich bin. Stimmt’s, Süße?“ Maureen flüsterte ihr etwas ins Ohr und sagte dann in die Runde: „Ich habe eine Lasagne im Ofen. Wollen wir unser erstes gemeinsames Familienessen beginnen?“

„Ich habe Kopfschmerzen nach der langen Fahrt“, verkündete Lucy tonlos. „Ich gehe lieber ins Bett.“

„Achten Sie darauf, genug Wasser zu trinken“, riet Garrett ihr. „In dieser Höhe dehydriert man leicht. Vor allem, wenn man am Meer lebt und sie nicht gewohnt ist.“

„Das werde ich tun. Danke sehr, Mr. Sharpe.“

„Garrett bitte. Ich plädiere überhaupt dafür, dass wir uns alle untereinander duzen. Wir sind doch jetzt eine Familie.“

Noch nicht ganz, dachte Caden. Noch ist Zeit, das sinkende Schiff zu retten, und vielleicht ist gerade eine unerwartete Verbündete aufgetaucht …

„Aber du, mein Sohn, leistest uns Gesellschaft.“

Er hätte gern abgelehnt, aber er sah die Hoffnung in den Augen seines Vaters und wollte ihn nicht wieder enttäuschen. „Ich muss mich nur schnell waschen.“

Maureen zog Garrett mit sich in die Küche.

Wider Erwarten zog Lucy sich nicht in ihr Zimmer zurück, sondern ging zum Kamin und tippte mit einer Fingerspitze an einige bunte Lämpchen der Lichterkette.

„Sie können mir helfen, diesen Unsinn zu beenden“, sagte Caden in die Stille.

Sie straffte die Schultern und schüttelte den Kopf.

Er trat näher. „Sie müssen doch merken, was für eine Farce das Ganze ist.“

„Ihr Vater wirkt glücklich.“

Er öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder. Dass Garrett fröhlich gestimmt war, seit er Maureen an seiner Seite wusste, war nicht zu leugnen. Doch das zählte nicht. Es war nicht echt. Es war nicht richtig. Die beiden waren ganz gewiss nicht füreinander bestimmt. „Es wird nicht andauern. Angesichts ihrer Vorgeschichte wissen Sie das genauso gut wie ich. Sie müssen ihr ins Gewissen reden.“